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Itistochemie 2, 136--142 (1960) Aus der II. Medizinisehen Klinik und Poliklinik der Freien Universitgt Berlin (Direktor: Prof. Dr. H. BARTELtIEIMER) HISTOCHEMISCHE ASPEKTE BEI DER AZANFXRBUNG DES KNOCHENS Von KLAvs LO~NTZ Mit 1 Text~bbildung (Eingegangen am 19. September 1960) Einleitung Im Gegensatz zu vielen eingehend untersuchten F~rbungen ist der Mechanis- mus der Azanfgrbung nach I~EIDENHAI~ weitgehend ungeklKrt und verwickelt. Dies gilt vor allem ffir ihre Anwendung am Knochen, wie Kx]ss]~ (1959) kfirzlich feststellte. Auch frfihere l)berlegungen (DETTMER U. Mitarb. 1956; LOnE~TZ 1958), die yon der physikalischen F~rbungstheorie ausgingen, waren nicht geeig- net, eine befriedigende Interpretation zu geben. Es soll daher in dieser Arbeit, analog zu den Untersuchnngen von MoN~g und SLAUTTEI~BACK (1950) an Seeigel- eiern, der Versuch einer histochemischen Deutung der Azan/iirbung am lamelliiren Knochen unternommen werden. Material und Methoden Die Untersuchungen wurden durchgefiihrt an 10 # dicken Knoehenschnitten aus dem Femur und Caleaneus amputierter raenschlieher Extremi~gten. Die Aufarbeitung gesehah en~sprechend den Angaben yon DETTMER U. Mitarb. (1956): Fixierung: Forraalin 1:9, 4--6 Tage. Entkalkung: 5%ige Salpetersgure, 48 Std ira Vakuura. Wasserung: flieftendes Leitungswasser, 12 S~d; 5%iges Lithiumsulfat, 16 Std. En~wgsserung: reines Pyridin, 3 S~d; reines Benzol, 3 Std. Einbettung: weiehes Paraffin, 2 Std; mittelhartes Paraffin, 2 Std; hartes Paraffin, unbegrenzt. Schneiden: Mikrotora, Schnittdieke I0 #. Die entp~raffinierten Schnitte wurden rai~ fo]genden 6 Methoden untersueht: 1. Fgrbung rait Azokarmin (pH 5,82, 0,01%ige L5sung, 18° C Teraperutur, 2 Std Dauer). 2. Fgrbung rait Anilinbl~u (pg 4,89, ira fibrigen wie Azokarrain). 3. Fgrbung rai~ Goldorange (pg 5,79, ira fibrigen wie Azokarmin). 4. Az~nfiirbung n~eh H~IDE~HAIN (S. ROMEIS 1948) rait Azokarrain (pH 2,58) und Anilin- blau-Goldorange (pH 2,25). 5. Aldehydn~ehweis rait dera Sehiffschen Reagens (hergestellt nach GRAUMANN 1953, zit. naeh L~I~). 6. Biuret-Reaktion naeh LlSO~ (1953). Vor diesen Fgrbungen wurden auBer einer nichtbehandelten Kontrollgruppe alle Pri~parate verschiedenen Verfahren unterworfen, ura gewisse chemisehe Gruppen ira Gewebe zu bloekieren. A. Blockierung der OH-Gruppen nach McMANus und CAsos (1950). (Einstellen der Schnitte fiir 45 min bei 180 C in ein Gemiseh yon 13,5 ml Essigsgureanhydrid und 20 ml Pyridin.) A1. Entaeetylierung der n~ch A behandelten Schnitte (1950). (Einstellen der Schnitte ffir 45 min in 0,1 n Kalilauge. Prgpara~e werden sehr s~ark angegriffen.) B. Blockierung der NH2-Gruppen naeh HUGHES [S. H~RmOT (1947) raodifiziert]. (Einstellen der Schnitte ffir 8 Std bel 18s C in ein Gemisch von I00 ml Essigsi~ureanhydrid, 90 ral Eisessig und 10 ml n NaOH).

Histochemische Aspekte bei der Azanfärbung des Knochens

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Page 1: Histochemische Aspekte bei der Azanfärbung des Knochens

Itistochemie 2, 136--142 (1960)

Aus der II. Medizinisehen Klinik und Poliklinik der Freien Universitgt Berlin (Direktor: Prof. Dr. H. BARTELtIEIMER)

H I S T O C H E M I S C H E A S P E K T E B E I D E R A Z A N F X R B U N G D E S K N O C H E N S

Von

KLAvs LO~NTZ

Mit 1 Text~bbildung

(Eingegangen am 19. September 1960)

Einleitung I m Gegensatz zu vielen e ingehend un te r such ten F~rbungen is t der Mechanis-

mus der Azanfgrbung nach I~EIDENHAI~ wei tgehend ungeklKrt und verwickel t . Dies gi l t vor a l lem ffir ihre Anwendung a m Knochen , wie Kx]ss]~ (1959) kfirzlich feststel l te . Auch frfihere l )ber legungen (DETTMER U. Mitarb . 1956; LOnE~TZ 1958), die yon der phys ika l i schen F~rbungs theor ie ausgingen, waren n icht geeig- net, eine befr iedigende I n t e r p r e t a t i o n zu geben. Es soll daher in dieser Arbei t , analog zu den Unte r suchnngen von MoN~g und SLAUTTEI~BACK (1950) an Seeigel- eiern, der Versuch einer histochemischen Deutung der Azan/iirbung am lamelliiren Knochen u n t e r n o m m e n werden.

Mater ia l und Methoden Die Untersuchungen wurden durchgefiihrt an 10 # dicken Knoehenschnitten aus dem

Femur und Caleaneus amputierter raenschlieher Extremi~gten. Die Aufarbeitung gesehah en~sprechend den Angaben yon DETTMER U. Mitarb. (1956):

Fixierung: Forraalin 1:9, 4--6 Tage. Entkalkung: 5%ige Salpetersgure, 48 Std ira Vakuura. Wasserung: flieftendes Leitungswasser, 12 S~d; 5%iges Lithiumsulfat, 16 Std. En~wgsserung: reines Pyridin, 3 S~d; reines Benzol, 3 Std. Einbettung: weiehes Paraffin, 2 Std; mittelhartes Paraffin, 2 Std; hartes Paraffin, unbegrenzt. Schneiden: Mikrotora, Schnittdieke I0 #.

Die entp~raffinierten Schnitte wurden rai~ fo]genden 6 Methoden untersueht: 1. Fgrbung rait Azokarmin (pH 5,82, 0,01%ige L5sung, 18 ° C Teraperutur, 2 Std Dauer). 2. Fgrbung rait Anilinbl~u (pg 4,89, ira fibrigen wie Azokarrain). 3. Fgrbung rai~ Goldorange (pg 5,79, ira fibrigen wie Azokarmin). 4. Az~nfiirbung n~eh H~IDE~HAIN (S. ROMEIS 1948) rait Azokarrain (pH 2,58) und Anilin-

blau-Goldorange (pH 2,25). 5. Aldehydn~ehweis rait dera Sehiffschen Reagens (hergestellt nach GRAUMANN 1953,

zit. naeh L~I~). 6. Biuret-Reaktion naeh LlSO~ (1953). Vor diesen Fgrbungen wurden auBer einer nichtbehandelten Kontrollgruppe alle Pri~parate

verschiedenen Verfahren unterworfen, ura gewisse chemisehe Gruppen ira Gewebe zu bloekieren. A. Blockierung der OH-Gruppen nach McMANus und CAsos (1950). (Einstellen der

Schnitte fiir 45 min bei 180 C in ein Gemiseh yon 13,5 ml Essigsgureanhydrid und 20 ml Pyridin.)

A 1. Entaeetylierung der n~ch A behandelten Schnitte (1950). (Einstellen der Schnitte ffir 45 min in 0,1 n Kalilauge. Prgpara~e werden sehr s~ark angegriffen.)

B. Blockierung der NH2-Gruppen naeh HUGHES [S. H~RmOT (1947) raodifiziert]. (Einstellen der Schnitte ffir 8 Std bel 18 s C in ein Gemisch von I00 ml Essigsi~ureanhydrid, 90 ral Eisessig und 10 ml n NaOH).

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Histochemische Aspekte bei der Azanf~rbung 137

B 1. Ent~cetylierung der nach B. beh~ndelten Schnitte nach LILLXE (1958). (Einstellen der Schnitte fiir 10 Std bei 60 o C in ein Gemisch yon 20 Teilen 28%iger Ammoni~klSsung und 80 Teilen ~bsoluten Alkohols.)

C. Behundlung mit heil~em Essigsgureanhydrid n~ch Entp~raffinierung mit Petrol~ther (DA~IELLI, nach LIPp 1954). (Einstellen der Schnitte ffir 14 Std bei 800 C in ein Gemisch von 10 ml Essigs~ureanhydrid und 90 ml Pyridin.)

C 1 . Behundlung der nuch C acetylierten Schnitte mit verdiinnten Sguren. (Einstellen der Schnitte fiir 45 rain bei 600 C in ein Gemisch yon 1 ml Eisessig, 1 ml n HC1 und 98 ml Aqu~ dest., pg 2,4---2,7.)

D. Oxyd~tion der Amino- und Iminogruppen mit sMpetriger Si~ure (vAn SLYKE). (Ein- stellen der Schnitte fiir 14 Std bei 300 C in eine frisch bereitete n/20 HNO2-LSsung. )

D 1 . Wiederherstellung der Iminogruppen durch Reduktion (LILLIE 1958) der n~ch D behandelten Prgparute. (Einstellen der Schnitte fiir 12 Std bei 180 C in eine 1%ige N~trium- azid-LSsung.)

E. Zerst6rung freier ~-Aminogruppen bei freien C~rboxylgruppen nach YASUMA und IegIKAWA (1953). (Einstellen der Schnitte fiir 14 Std bei 60 o C in eine 0,5%ige Ninhydrin- 15sung.)

F. Veresterung yon Alkoholgruppen mit konzentrierter Schwefelsgure nach K~A~n~ und W~D~V~ (1954). (Auftropfen yon konzentrierter H~SO4 ffir i rain bei 18 o C ~uf Pur~ffin- schnitte. 5I~chfolgend Entp~r~ffinierung mit Petrolgther.)

G. Blockierung yon Aldehydgruppen mit schwefliger S~ure. (Einstellen der Schnitte fiir 15 rain bei 18 o C in eine 10%ige LSsung yon 5Iutriumbisulfit und einigen Tropfen n HC1.)

Aul~er diesen Verfahren wurden bei der Azanf~rbung und den F~rbungen mit ihren einze|- hen Komponenten (Azokurmin, Anilinblau und Goldor~nge) alle mSglichen Kombin~tionen yon Acetylierung (A), Entacetylierung (A~) und Einwirkung yon schwefliger S~nre (G) vor- genommen. Diese Beh~ndlung erfolgte vor, ngch, sowie vor und nach Einwirkung yon Azo- kgrmin. Auch wurde ein Schritt der Vorbeh~ndlung (z. B. A) vor, der andere (z. B. G) nach dem Azok~rminbsd durchgefiihrt, so dM~ Mle Xombin~tionsmSglichkeiten erschSpft wurden.

Schlieltlich erfolgte noch eine vereinf~chte Aza~ffgrbung, bei der die Phosphorwolfr~msgure durch destilliertes W~sser ersetzt wurde.

Ergebnisse Bei der Beur te i lung der Ergebnisse wurde nur die ac idophi le Knoehengrund-

subs tanz (K i t t subs t anz oder Mat r ix m i t e ingelager ten kol lagenen Fibr i l len) berf icksicht igt , w~thrend die st/~rker basophi len E lemente (Kit t l in ien, Knochen- zellen, -h6hlen und -kan~lchen) aul~er B e t r a c h t bl ieben. U m eine Beziehung der a m Knochen erhobenen Befunde mi t denen des h is toehemisch besser erforsehten Kol lagens herzustel len, wurde auch das Verha l ten des Per ios ts im selben Pri~p~rat beobach te t . D a es nur bei der Az~nf~rbung ein anderes VerhMten Ms der l~mel- l~re Knochen zeigte, i s t es do r t besonders aufgefi ihr t . Die nachs tehende Tabel le g ib t eine Zusammenfassung der e rha l tenen Ergebnisse .

Einzelne Befunde sollen zur besseren ~ b e r s i c h t besonders hervorgehoben werden.

1. Der Ausfal l der Azanf~rbung ver i inder t sieh dureh Ace ty l i e rung in de r t t i t ze , E inwi rkung yon Schwefels~ure, Oxyd~t ion m i t sa lpet r iger S~ure und bei der folgenden l~edukt ion m i t Na t r i umaz id .

2. Ace ty l i e rung in der Hi tze u n t e r b i n d e t alle F~rbungen , ausgenommen die mi t heiBem A z o k a r m i n bei der A z a n m e t h o d e erziel te Rot f / i rbung des Knochens . Die Schi f f -F~rbung b le ib t negat iv , die schwach posi t ive B iu r e t -Re a k t i on wird negat iv . Verdf innte S~uren heben die W i r k u n g der Ace ty l i e rung wieder auf.

3. Vorbehand lung m i t konzen t r i e r t e r Schwefels~ture se tz t die Fi~rbung des Knochens m i t Ani l inb lau s t a rk herab, heb t die mi t Azoka rmin fast v611ig und die

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138 KLAVS LORENTZ :

Tabelle. Aus/all verschiedener F~irbu~Nen am lamellgren Knochen nach chemischer Vorbehandlung

Ohne Vorbeh~ndlung . .

A Aeetylierung naeh McMA~vs u. C~so~

A t Entacetylierung . . . B Acetylierung nach

HVG]:[ES mod.

B~ En~acetylierung . . .

Azo- Anilin- Gold- kar- blau orange rain

+ ÷

+ + + +

+ + + +

C Acetylierung in der Hitze ( D A N I E L L I ) . . . 0

C~ Einwirkung verdiinn~er Sguren . . . . . . . . ( + ) +

D Ni t ros ie rung. 0

D 1 Nitrosierung und l~eduktion . . . . . . ( + ) +

E Ninhych'in-Reaktion YASUMA U. ICItIKAW& . + @

F Einwirkung yon Schwefels~ure n~ch K~A~R u. WI~D~UM (+)

G Einwirkung yon schwefliger Sgure . . + +

+ ÷

+ +

+ +

÷ + + +

(+)

+ + +

+

÷ +

+

÷ +

÷ +

÷ + + +

+ + + +

0

( + ) +

0

(+)

+ +

0

+ +

Azanfgtrbung

l~nochen Periost Sehiff btau

+ + +

+ +

+ +

+ + +

+ + +

0

+

÷

rot [ blau

+ + + +

+ + + + + +

+ + + +

+ + + +

+ 0

+ + (+)

( + ) + + (+)

( + ) + + (+)

( + ) + (+)

( + ) + + ( + ) +

(

÷ + + ]

BJure~

0 ÷

0 (+)

0 (+)

0 0 0 0

0 0

0 0 + (+)

(+) (+)

(+)

(+)

¢ +

mit Goldorange ganzlich auf. Die Azanfarbung ist in ihrer Intensit~t bei relativem Uberwiegen yon Anilinblau absolut abgesehw£ch~. Die Schiff-Farbung fallt negativ, die Biuret-Reaktion schwach positiv aus.

4. Einwirkung yon salpetriger Saure fiihrt zu deutlich positiver Sehiff-F~rbung und zur Zunahme der Azokarminkomponente bei der Azanf/~rbung. Die Biuret- reaktion bMbt schwach positiv. Nachfolgende Reduktion mit Natriumazid ver- st£rkt die Azokarminwirkung und erm6glicht die vorher unterbundene F/irbung mit einer 0,01%igen L6sung. Die positive Schiff-F/~rbung wird dagegen bei un-

vermindert sehwaeher Biu- ,%h/T/~ Scb/'/'/ ( + ) Ych/U + ,.ccb/'f/" c +) feb~f/~r ret- Reaktion geringer. £/uret + &'uret(+) &ikre/ + B/l/re/(+) Bi'ure/ z 5. Ninhydrin-Vorbehand-

I I I I

okarm/n

" ~ " ~,.. .. .An /i/n b lau

Azun Azun nach Azan n~ch Azgn n. ~qalp. gzan z. Ace- All~hydr/17 ~a~etr. 2. ~'b'dre u. N~ /fh'grung b.

AZl6" 80 °C Abb. 1, I)er EinfluB vel;sehiedener Vorbehandlungen auf die

Az~nf~rbung des l~mell~ren Knochens

lung ffihrt zu einer quanti- ta t iv sehw/~cheren Ver~tnde- rung der Azanf~rbung als die Einwirkung salpetriger S£ure. Die Schiff-F~rbung ergib~ ein schwach positives Resultat.

Das nebenstehende Dia- gramm soll diese Verh/~It- nisse veranschaulichen.

Page 4: Histochemische Aspekte bei der Azanfärbung des Knochens

Histochemische Aspekte bei der AzanfErbung 139

Ffihrt man die Azanfi~rbung ohne Phosphorwolframs/iure durch, so wird der Knochen vSllig rot, das Periost rein blau gefi~rbt.

Von den iibrigen Verfahren ist lediglich die Vorbehandlung mit schwefliger Saute (G) yon Interesse. Vor und nach dem Azok~rminbad bei der Azanfgrbung angewandt, ffihrt sie zu einer Verst~rkung der Anilinblaukomponente. D~sselbe, nicht sehr eindrucksvolle l%esultat tritt bei den genannten verschiedenen Xombinationen yon Acetylierung, Entscetylierung und Einwirkung yon schwefliger Saure ein, besonders wenn sie vor dem Azok~rminbad stattfinden. Nach letzterem sind die farblichen Veranderungen gering und inkonstant.

Die Ergebnisse der zuletzt erw~hnten Verfahren sind ebenso unbefriedigend wie die Azanfarbung selbst. Wie bei jener kommt es zu einer wiUkfirlichen fleckigen Verteilung der Farbstoffe im Knoehen ohne Beziehung zu dessert sicht- barer Struktur. Die Osteoidsgume sind jedoeh konstant blau gef~rbt.

Diskussion Fiir eine Deutung der vorliegenden Ergebnisse erscheint eine kritisehe Betrach-

tung fiber die Spezifit~t der angewandten Vorbehandlung unumg~nglieh. Bei den hierdurch erzielten Ver~nderungen des Gewebes bat das Verhalten der Amino- gruppen besonderes Interesse gefunden. Sie seheinen als Tr~ger positiver Ladun- gen am ehesten geeignet, mit den negativ geladenen Sulfos£uregruppen der sauren Farbstoffe Azokarmin (Dinatriumsulfosaures Phenylrosindulin, Atomzahl 58), Anilinblau (Trinatriumsulfosaures Triphenylpararosanilin, AtomzahlS1) und Goldorange (Dimethylaminosulfosaures Natrium, Atomzahl 36) feste salzartige Bindungen einzugehen. Blockierung oder Vernichtung der Amino- und anderer basiseher Gruppen kSnnten demnaeh eine F~rbung mit sauren Farbstoffen ver- hindern, die auf Salzbindung beruht.

So bloekierten M o ~ und SLAUTTE~BACK (1950) die Azanf~rbung yon See- igeleiern dureh Vorbehandlung mit EssigsKureanhydrid bei 800 C. - - Aueh der Knochen verliert durch diesen Eingriff die F~higkeit, sich mit eehten LSsungen anzuf/irben und gewinnt sie erst naeh Einwirkung heil]er verd/innter S~uren zurfick. Bei der Azan-Methode nimmt er Azokarmin auf, wi~hrend das kollagenreiche Periost farblos bleibt. Dieses Verhalten wird mSglieherweise dureh Untersehiede der Kittsubstanzen yon Knochen und Kol]agen verursacht. Der andere interes- sante Befund, dab eine Azokarminl6sung bei PH 2,58 und 600 C den Knochen f~rbt, bei pg 5,82 und 180 C dagegen nicht, legt die Vermutung nahe, dab in der Ititze bei stark saurem p~ eine Abspaltung der einge/i~hrten Acetylreste durch den sauren Farbstoff mSglieh ist. Daffir sprieht auch die Wirkung verdfinnter Sguren in der Hitze. Die zur Spaltung anscheinend nStige thermische Energie fehlt sowohl bei den F~rbungen mit den benutzten eehten LSsungen - - nur Anilinblau f/~rbt ganz gering - - als auch bei der Anwendung des Anilinblau-Goldorange-Gemisehes, dem letzten Schritt der Azanmethode. Es wgre andererseits auch eine Hydrolyse der Kittsubstanz durch die verdfinnten Si~uren denkbar, ohne dab eine gleiehzeitige Abspaltung der Aeetylreste eintritt. M o s ~ und SLAUTTERBACK (1950) f/ihrten den negativen Ausfall der Azanfarbung bei der Aeetylierung in Hitze auf eine Blockierung der Aminogruppen zurfick. Sis kann aber kaum als spezifiseh gelten; denn der negative Ausfall der Biuret-Reaktion laBt auf gleichzeitige Veri~nderun- gen an den Peptidbindungen schliel~en.

Nach Angaben yon HUGHES (zit. nach HERRIOT 1947) sind die Aminogruppen jedoch ohne Denaturierung des Proteins mit Essigs~ureanhydrid oder Natrium-

t/istochemie. Bd. 2 10b

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140 KLAuS LORE~Z:

acetat in der Kglte zu blockieren. WEISS u. Mitarb. (1954) erreichten dasselbe mit Essigsgureanhydrid bei 37 ° C in 12 Std. Weder das Verfahren naeh HUGHES, das OLCOTT und FRAENKEL-CoN~AT (1947) als spezifiseh f/ir NH2-Grupl0en an- sehen, noeh die Methode von McMA~us und CAso~ (1950), die nach Meinung der Autoren nut Hydroxylgruppen, naeh SELIGMA~ (1950) aber auch Aminogruppen erfal~t, haben hingegen irgendeinen Ein~lu~ auf die Azanfi~rbung des Knoehens. Ebensowenig veri~ndern sie den Ausfall der Fgrbungen mit echten L6sungen yon Azokarmin, Anilinblau oder Goldorange. Dieser Befund wird noch durch don fehlenden Effekt der Entacetylierung nnterstrichen.

Es ist daher zu kl~ren, ob andere chemisehe Gruppen ffir die Azanf~rbung entscheidende Bedeutung besitzen, oder ob die Acetylierungsverfahren bei 18 ° C unzureichend sind.

Zuverlgssige Ergebnisse erhglt man dutch die Anwendung yon salpetriger Si~ure (l~itrosierung). Neben Phenol- und Sulfhydril- werden vor ahem Amino- gruppen zerstSrt, wobei nach Diazotiernng nnd hydrolytischer Spaltung tIydroxyl- gruppen entstehen. Iminogruppen werden dagegen nur zu Nitrosogruppen rever- sibel oxydiert. M o ~ und SLAUTTERBACK (1950) beobaehteten aueh hierbei ein v611iges Ausbleiben der Azanf~rbung yon Seeigeleiern. LILLIE (1958), der ver- sehiedene Acetylierungs- und Nitrosierungsprozesse mit anderen Fi~rbungen ge- prfift hat, beriehtet fiber ~hnliche Ergebnisse am Kollagen. Aueh der Knochen n immt aus eehten L6sungen von Azokarmin und Goldorange keinen Farbstoff auf, wghrend eine geringe Anfgrbung dureh Anilinblau stattfindet. Es dfirften daher zur Bindnng dieses Farbstoffes neben den Amino- a~tch andere Gruppen f~hig sein. Diese Hyl0othese wird noeh wahrscheinlicher, wenn man beachtet, dal~ weder die Acetylierung bei 800 C noch eine Vorbehandlung mit konzentrierter Schwefe]s£ure die Anilinblauf~rbung des Knochens v6llig unterbindet. Als wahr- scheinhche Ursache dieses Verhaltens ist die zuletzt yon PUCHTLE~ und ISLE~ (1958) betonte amphotere Natur des Anilinblaus anzusehen. Sie ist dureh die gleiehzeitige Anwesenheit von 3 sauren l tSO 3- und 3 basisehen Phenylarnin- gruppen bedingt. Letztere kSnnen mit sauren Gruppen des Gewebes reagieren. Bei Azokarmin (eine PhenylaminogrupFe ) und Goldorange (eine Dimethylamino- gruppe) ist dagegen die Bindungsf~higkeit ffir saure Gruppen weitaus geringer. Vorbehandlung des Substrats mit schwefliger S~ure, d.h. mit HSOa-Ionen, ver- mag deshalb in besehr~nktem Mal~e die Ha~tpunkte ffir die HSO3-Gruppen, abet nicht ffir die substitnierten Aminogruppen der 3 Farbstoffe zu bloekieren. Es resultiert daher eine Verschiebung der Azanf~rbung zugunsten des Anilinblaus bei vorgiingiger Behandlung mit sehwefliger S£ure. Die Tatsache, dal~ Anilinblau - - auch ohne Phosphorwolframsi~ure - - naeh dem Azokarminbad eine intensive Blauf£rbung des Bindegewebes hervorrufL sprieht ebenfMls ffir die Wirkung basischer Gruppen im Farbstoffmolekfil. Sie linden yore Azokarmin nicht zu besetzende saure Gruppen im Gewebe vor. Umgekehrt sehlieBt die prim~re F~rbung mit Anilinb]au eine Aufnahme yon Azokarmin aus. Bei der ,,umgekehr- ten Azanf~rbung" (LORENTZ 1958) erseheint der Knoehen zuerst braun - - Gold- orange di~fundiert auf Grund seiner niedrigen Atomzahl rascher ins Gewebe als das gleichzeitig einwirkende Anilinblau - - und ~drd naeh AbsehluB der Differen- zierung blau.

Bei der origin£renAzanf/~rbung kommt es - - gem~l~ Vorstellungen von PVCHT- LE~ und ISLE~ (1958), gewonnen an der Phosphormolybd/~ns~ure - - fiber die

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Histochemische Asloekte bei der Azanfiirbung 14:1

Brficke der siebenwertig elektronegativen Phosphorwolframsaure aueh zur Bin- dung zwischen basisehen Gruppen im Gewebe und Farbstoff. Damit ist vor allem die Aufnahme yon Anilinblau durch den Knoehen bei der Azanf~rbung dort zu erklaren, wo ohne Anwendung yon Phosphorwolframsaure nut Azokarmin gebun- den wurde. Es werden dabei Stellen bevorzugt,, die bei der Praparation, mikro- skopisch erkennbar, ladiert worden sind. Anscheinend begfinstigt eine so erzeugte Aufreigung der Struktur und Verminderung der Schnittdieke die Zugangliehkeit des Gewebes fiir Anilinblau. Eine Anwendung dieser ~berlegungen auf die unter- sehiedliehe Farbung yon Kollagen und lamell/iren Knoehen wiirde zu dem SehluB ffihren, dab die Kittsubstanz des Knochens einen grogen Tell yon ,,anilinblau- positiven" Gruppen der - - in ihr eingebetteten - - Kollagenfibrillen besetzt und dadureh nur den Zutri t t yon Azokarmin bei der Azanfarbung erlaubt.

Fiir die Bindung yon Azokarmin sind offensiehtlieh neben Amino- auch Imino- gruppen yon Bedeutung, da die Reduktion yon nitrosiertem Substrat mit Natrium- azid zur neuerliehen Farbbarkeit mit Azokarmin fiihrt. Dabei werden die Imino- gruppen im Gewebe wiederhergestellt.

~hnliehe Ergebnisse wie die Nitrosierung ergibt eine Vorbehandlung mit Ninhydrin, doeh werden hierbei nieht alle freien Aminogruppen zerst6rt, wie bei der Einwirkung yon salpetriger Saute, sondern nut die in c~-Stellung zu einer freien Carboxylgruppe befindliehen (¥xsu~a und Icm~Awa 1953). Deshalb treten gleiehartige aber quantitativ geringere Veranderungen der Azanfarbung als bei der Nitrosierung auf.

Allen Vorbehandlungen ist gemeinsam, dab eine heiBe, stark saure L6sung yon Azokarmin, wie sie bei der Azanmethode angewendet wird, den Knoehen noah dann farben kann, wenn die kalte 0,01%ige L6sung versagt. Es ware deshalb zu erwagen, ob nieht dutch das heiBe, stark saure Azokarminbad, wie dureh verdiinnte Sauren, eine hydrolytische Spaltung oder Depolymerisation der Kittsubstanz start- finder, die dem Farbstoff weitere aktive Gruppen erschlieBt und die Kollagen- Kittsubstanz-Bindnng 16st.

Diese l~berlegung gewinnt an Wahrscheinliehkeit, wenn man beaehtet, dag am Periost beide AzokarminlSsungen die gleiehen geringen Wirknngen zeitigen, da sieh die Kittsubstanz dort wesentlieh geringer als im lamellaren Knoehen finder. Es handelt sieh vielmehr um kollagene Fasern, deren farberisehe Stabilitat durch das Fehlen freier Aminoendgrnppen (GRAssMAN~ 1955) und das reiehliehe Vor- kommen von Prolin sowie Oxyprolin bedingt ist. Beide Aminosauren sind gegen die Mehrzahl der angewandten Vorbehandlungen jedoeh resistent.

Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, in weleher Weise ehemische Grup-

pierungen der Grund- nnd Kittsubstanz die Azanfarbung des lamellaren Knoehens beeinflussen.

Es wnrde dabei gezeigt, dab ffir die Aufnahme yon Azokarmin Amino- und Iminogrnppen groge Bedentnng besitzen. Ihre Zerst6rung fiihrt zum Verlnst der Azokarminfarbnng bei 180 C und pg 5,82. Mit heiBen L6sungen dieses Farb- stoffes yon pg 2,58 hingegen (Azokarminbad bei der Azanfarbung) ist noeh eine Anfarbung des Knoehens herbeizuffihren. Sie gelingt aneh mit der erstgenannten L6sung nach Einwirkung verdfinnter Sanren bei 600 C. Die Aufnahme yon

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]49~ KLxvs LOR~'TZ: Histoehemische Aspekte bei der Azanf~rbung

A z o k a r m i n bei der Azanme thode wird daher auf eine Ver/ inderung der Kitt- substanz des Knoehens dureh das heiBe F £ r b e b a d bezogen.

Ani l inb lau wird ebenfal ls yon den A m i n o g r u p p e n des Gewebes gebunden, es kann jedoch auch dureh seine basischen P h e n y l a m i n o g r u p p e n eine B indung mi t sauren Gruppen des Subs t r a t s eingehen. Die Anwendung yon Phosphorwol f ram- s/iure m a c h t dem Ani l inb lau auBerdem v e r m e h r t basische Gruppen zugi~nglich. Eine vorhergehende Azokarminf~irbung e r l aub t daher oft noch eine Aufnahme yon Ani l inb lau durch den Knochen. A m kol lagenen Bindegewebe f inder wegen der ger ingen Anzah l der Aminog ruppen keine H e m m u n g durch Azoka rmin s t a t t .

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Dr. med. KL~US LORENTZ, II. Medizinische Klinik der Freien Universit/~t Berlin, Berlin-Charlottenburg 9, Spandauer Datum 130