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Alexander Trost »Ich habe das Gefühl, dass...«. Gefühle und die TZI Aspekte von Neurobiologie und Selbstregulation 28076 Themenzentrierte Interaktion Gib mir mein Gefühl zurück ... 23. Jahrgang, 1/2009, Seite 717 Psychosozial-Verlag ZEITSCHRIFTENARCHIV

»Ich habe das Gefühl, dass«. Gefühle und die TZI Aspekte von … · 2019. 12. 27. · Heft 1 · Frühjahr 2009 7 Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“ Alexander

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  • Alexander Trost

    »Ich habe das Gefühl, dass...«. Gefühleund die TZI – Aspekte vonNeurobiologie und Selbstregulation

    28076

    Themenzentrierte InteraktionGib mir mein Gefühl zurück ...23. Jahrgang, 1/2009, Seite 7–17Psychosozial-Verlag

    ZEITSCHRIFTENARCHIV

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    Alexander Trost

    „Ich habe das Gefühl, dass …“

    Gefühle und die TZI – Aspekte von Neurobiologie und Selbstregulation

    Zum AutorAlexander Trost, Facharzt Kin-der-/Jugendpsychiatrie & -psy-chotherapie & Psychosomatische Medizin, Prof. KFH-NW, Syste-mischer Familientherapeut, NLP-Master-Practitioner, Supervisor (DGSv), RCI- Lehrbeauftragter, Gestalttherapeut. Leiter eines Weiterbildungsinstituts für sys-temische Beratung & Therapie (www.sinnsystem.de).Anschrift: An der Siep 44, 41238 Mönchengladbach, [email protected]

    „Es gibt keine Wahrnehmung ohne Gefühl oder Erinnerung und es gibt kein Gefühl ohne Gedächtnis oder Denken, es gibt kein Wollen ohne Wahrnehmung, Erinnern oder Bewerten“ (H. Pöppel).

    In der TZI ist der Umgang mit Gefühlen von großer Bedeutung für den Ablauf von Gruppen- und Lernprozessen. Neuere Ergebnisse aus der Erforschung von neurobiologischen Entwicklungsprozes-sen, Selbstregulation und Bindung bestätigen die Richtigkeit des TZI-Ansatzes und erklären dessen Erfolg als Konzept lebendigen Lernens.

    In TCI the handling of feelings has an important impact for group learning processes. Recent results of research in neuro-biology, self-regulation and attachment theory confirm the ac-curacy of TCI as a concept of group leading and its success in living learn ing.

    Einleitung

    Dieser Satzanfang ist vermutlich eine der am häufigsten benutzten Phrasen in TZI-Gruppen. Geht es hierbei wirklich um Gefühle oder was meint die SprecherIn eigentlich? Sicher ist: Gefühle spielen in der TZI eine bedeutsame Rolle. Das gilt seit Neuerem auch (wieder) für die psychologische Wissenschaft. Nach zwei Dekaden Dominanz der Kognitionspsychologie wurden vor eini-gen Jahren die Gefühle wiederentdeckt. Sie waren auf dem Hin-tergrund ihrer – auch wieder reaktiven – Überbetonung in der humanistischen Psychologie der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts zwischenzeitlich etwas in Verruf geraten. Auch im gesellschaftlichen Diskurs sind Gefühle en vogue, teils in ihrem gezielten Einsatz für wirtschaftliche und politische Prozesse oder in der hilflosen Feststellung, dass die Börse im Wesentlichen auf der Basis von Gefühlen („irrational”) funktioniere, teils in ihrer Negierung: „Cool-Sein” als Abwesenheit intensiver Gefühle

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    Themenschwerpunkt: Gib mir mein Gefühl zurück …

    wird in der jungen Generation als erstrebenswertes Ziel ange-sehen.

    1. Was ist ein Gefühl?

    Der Begriff „Gefühl” wird für verschiedene körperliche und seelische Phänomene verwendet: Sinnesempfindungen, Gemüts-bewegungen und emotionale Verfassungen, Selbst(wert)gefühl, intuitives Erfassen („ein komisches Gefühl haben“), sicheres Wis-sen und sogar Kompetenzen („…ein Geschick für etwas haben“). Das Wort signalisiert eine Verbindung zur taktil-kinästhetischen Wahrnehmung, es ist damit verwandt mit der Empfindung und verweist auf die immer auch körperliche Dimension des Ge-fühlserlebens und des Gefühlsausdruckes. Anders als Affekte sind Gefühle immer bewusst und verbunden mit Bewertungen, somit gerade nicht im – viel beschworenen – Gegensatz zum Denken. Beides sind Kognitionen und höchstens Pole auf dem Kontinuum der Skala zwischen Rationalem und Irrationalem, Subjektivem und Objektivem, praktisch immer aber miteinander verbunden. Gemeinhin werden Gefühle in positive und negative eingeteilt, dabei sind viele durchaus ambivalent besetzt. Eine weitere Di-chotomie betrifft den Lust-/Unlustcharakter von Gefühlen. Wut kann z.B. ein lustvolles negatives Gefühl sein, das sich nach eini-ger Zeit meist wandelt, in Trauer, Scham oder Befriedigung.

    „Affekt” wird definiert als spontane, nicht kontrollierte Ge-fühls- und Gemütsbewegung von großer Brisanz, geringer La-tenz und energetisierender Dynamik, einhergehend mit ein-geengter Wahrnehmung (Aufmerksamkeitsverzerrungen und Tunnelblick), ggf. einer Überforderung der Willenskontrolle und starker Ausdruckskraft. Dazu kommt eine Beteiligung des moto-rischen, vegetativen und hormonellen Systems.

    Das Wort „Emotion” wird bisweilen synonym mit „Gefühl” gebraucht (v. lat.: ex „heraus” und motio „Bewegung, Erregung”). Dies ist ein psychophysiologischer Prozess, der durch die be-wusste und/oder unbewusste Wahrnehmung und Interpretation eines Objekts oder einer Situation ausgelöst wird und mit physio-logischen Veränderungen, spezifischen Kognitionen, subjektivem Gefühlserleben und einer Veränderung der Verhaltensbereitschaft einhergeht. Eine Emotion hat üblicherweise eine kognitive, eine physiologische, eine Gefühls- und eine motivationale Kompo-nente. Das bedeutet: emotional bewegte Personen➢ haben bewertende Gedanken,➢ bemerken körperliche Veränderungen,➢ erleben ein meist definierbares und benennbares, subjekti-

    ves Gefühl,

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    ➢ zeigen in der Folge der Emotion häufig ähnliche Verhal-tensweisen.

    Die „Innerlichkeit” des Gefühls unterscheidet sich von dem be-obachtbaren Ausdruck von Emotionen, der wiederum von kul-turellen Faktoren beeinflusst wird. Diese Emotionen sind eng mit gleichzeitig auftretenden neuronalen Prozessen gekoppelt. Man geht davon aus, dass die fundamentalen Emotionen einen engen Zusammenhang zum dazugehörigen Gesichtsausdruck aufweisen und dass der mimische Ausdruck der Grundemotio-nen universal ist.

    Emotional intelligent ist jemand soweit, wie er seine eigenen Emotionen im Denken, Erkennen und sozialen Handeln „rich-tig” gebraucht (nicht unbedingt ausgiebig) und darin, dass er die Emotionen anderer erkennen kann und angemessen mit ihnen umgeht. „Emotionale Intelligenz” (Goleman, 2004) bildet ein kontrastierendes Modell zur rationalen Intelligenz des „nüch-ternen” Verstandes, der von Emotionen unbeeinflusst bleiben will. Intelligenz nennt man dementsprechend dann „emotional”, wenn sie Emotionen benutzen soll oder als unersetzlichen Be-standteil haben soll.

    Fühlen konstituiert Werterfahrungen und es hat weitere Funk-tionen: 1. Gefühle, Emotionen, Stimmungen und Affekte sind ein Teil

    zwischenmenschlicher Kommunikation. Sie begleiten Er-kenntnisprozesse, beurteilen Ereignisse als evident oder un-wahrscheinlich. Auch die Intuition, der noch die expliziten Erkenntnisschritte fehlen, beruht wesentlich auf „bestäti-gendem” oder „verneinendem” Gefühl.

    2. Gefühle zeigen Ermüdung, Überlastungen, Stresszustände und Krankheiten an.

    3. Gefühle und Emotionen zeigen uns an, ob wir im Einklang mit den gesellschaftlichen Verhaltensnormen und morali-schen Maximen sind.

    4. Gefühle bestimmen unsere Motivation.5. Der individuelle Charakter ist über weite Strecken geprägt

    durch ein individuelles Gefühlsprofil. Neigungen und Fä-higkeiten werden wesentlich durch Gefühle mitbestimmt.

    2. Neurobiologische Aspekte

    Wir erleben seit längerem, dass psychische Phänomene auf triviale Weise biologisch, insbesondere genetisch erklärt werden. Dabei ist heute klar, dass Gene keine starren Baupläne sind. Sie unterlie-gen psychosozialen Einflüssen; viele werden nur „nach Bedarf ” angeschaltet („exprimiert”). Exprimierte Gene veranlassen die

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    Themenschwerpunkt: Gib mir mein Gefühl zurück …

    Produktion von Molekülen, wie z.B. Neurotransmittern. Dies ge-schieht, vereinfacht gesagt, in Abhängigkeit von der Nutzung be-stimmter Verschaltungen und Bahnen, d.h. auch von motorischen, kognitiven und vor allem emotionalen Verstärkungsmechanismen. Hirnforscher wie Manfred Spitzer (2000), Gerhard Roth (2006) oder Gerald Hüther (1998) betonen immer stärker die psychischen Voraussetzungen für eine adäquate somatische Entwicklung des Gehirns. Mit diesen und anderen Erkenntnissen bekommen die Fortschritte der Neurowissenschaften eine unabschätzbare Bedeu-tung für den Blick auf den Menschen und seine Entwicklung

    Die Erkenntnisse der Neurobiologie, vor allem mittels bildge-bender Verfahren („Neuro-Imaging”), die ein Echtzeit-Monito-ring aktueller Denk-, Fühl- und Verhaltensprozesse ermöglichen, lassen mittlerweile auch das Lernen in Gruppen in neuem Licht erscheinen. Neuronale Prozesse und sogar Strukturbildungen wer-den in großem Umfang sowohl von Lebenserfahrungen, also auch von signifikanten Erfahrungen in und mit Gruppen bestimmt. Das Zauberwort heißt „nutzungsabhängige Plastizität des Gehirns”. Psychische, soziale und biologische Faktoren und Einflüsse sind in wechselseitigen Abhängigkeiten miteinander verflochten. Die über Jahrhunderte aufrechterhaltene Trennung von Leib und Seele ist ebenso wenig zutreffend wie die Unterscheidung zwischen or-ganisch und psychisch bedingten seelischen Störungen. Damit ist auch klar, dass die primären und sekundären Sozialisationsgruppen, Familie, Kindergarten und Schule eine erhebliche Bedeutung für die Ausbildung lernrelevanter Hirnstrukturen haben. Es ist damit sogar vorstellbar, dass Psychotherapeuten, oder vielleicht auch Lei-ter intensiver Gruppenprozesse, durch ihre Tätigkeit zu Spezialisten für gezielte Veränderung der Gehirnfunktion bei bestimmten Stö-rungen werden: Interventionen werden zu Triggern für die Reor-ganisation neuronaler Verschaltungen (Hüther & Rüther, 2004).

    Drei, teilweise miteinander verbundene Aspekte liefern eine naturwissenschaftliche Fundierung der Ethik, der Axiome und auch der Methodik der TZI.1. Der Stellenwert emotionaler Prozesse für eine Hirnent-

    wicklung, die ein Menschsein mit vollem psychosozialen und kreativen Potential ermöglicht

    2. Die Bedeutung der erst kürzlich entdeckten Spiegelneu-rone

    3. Bedingungen für gutes Lernen aus neurobiologischer Sicht

    2.1 Emotionale Prozesse stellen eine wesentliche Komponente für die Fokussierung von Aufmerksamkeit, Verarbeitungstiefe von Ereignissen und für Motivation dar. Die günstigsten Effekte scheint dabei ein mittlerer Erregungspegel zu haben. “Was uns

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    Hüther erklärt, dass „Liebe ein Naturgesetz ist und das Gehirn ein Sozial

    organ”.

    Menschen umtreibt, sind nicht Fakten und Daten, sondern Ge-fühle und vor allem andere Menschen”, sagt Hüther. Die Be-deutung von Aufmerksamkeit und Motivation für Lernen im Kontext von Gruppen oder von Beratung kann nicht hoch ge-nug eingeschätzt werden. Maßnahmen, die die Aufmerksamkeit verbessern, führen zu messbaren Veränderungen der neuronalen Aktivität in aufgabenrelevanten kortikalen Arealen.

    Die primär bedeutsamen Hirnstrukturen für die genannten Funktionen werden unter dem Begriff des „limbischen Systems” zusammengefasst. Es besteht aus einer Vielzahl sehr unterschied-licher Areale, die funktionell zusammenhängen. Es erfüllt fol-gende Aufgaben:a) Regulation der vegetativen Grundfunktionen wie

    Ruhe, Aktivität, Anspannungb) Regulation affektiver Zustände wie Flucht, Verteidi-

    gung und Angriffc) Kontrolle der Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung,

    Brutpflege, Stressregulationd) Emotionale Konditionierung, motivationale Verhal-

    tenssteuerung und Verhaltensbewertunge) Emotionale Steuerung und Beeinflussung kognitiver

    und exekutiver Leistungen (Roth, 2006).

    Vor allem die höheren Leistungen (d, e) werden unter substanti-eller Beteiligung des präfrontalen Cortex erbracht (das Stirnhirn, vor dem wir bisweilen „ein Brett davor” haben!). Mit fortschrei-tendem Alter gewinnt diese Präfrontalregion langsam die über-geordnete Steuerungsfunktion über das limbische System. Das ältere Gehirn lernt langsamer, integriert aber besser. Der „zor-nige junge Mann” und die „Altersweisheit” sind also keineswegs „nur” psychologische Phänomene; sie beruhen vielmehr auf neurobiologischen Entwicklungsprozessen.

    Gerald Hüther erklärt, dass „Liebe ein Naturgesetz ist und das Gehirn ein Sozialorgan”, d.h. es ist vom Aufbau her optimiert für die Entwicklung von zwischenmenschlichen Beziehungen und nicht etwa primär für das Denken (Hüther, 1999). Unser Gehirn benötigt emotionale Sicherheit in den ersten Lebensjahren für den Aufbau sämtlicher höherer Funktionen, beginnend mit der Wahrnehmung und der Motorik. Hüther hat viele Jahre zu den Grundlagen von Hirnentwicklungsstörungen geforscht und her-ausgefunden, dass eine wesentliche Ursache dafür in mangelnder Fürsorge liegt, mangelnder Geborgenheit. In einer Welt, in der die Geborgenheit und verlässliche, rhythmische Abläufe verloren gehen, kann Hirnentwicklung nicht mehr normal verlaufen. Wir bleiben gesund und am Leben, solange unsere Regelsysteme die von außen kommenden Störungen ausgleichen können. Neben

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    Themenschwerpunkt: Gib mir mein Gefühl zurück …

    Ich finde begeisternd, dass die

    Wissenschaft uns naturwissenschaftliche Beweise für

    ein Menschen und Gesellschaftsbild

    bietet, das aus der humanistischen Psychologie heraus ent

    wickelt wurde.

    biologischen Störungen gehört dazu vor allem psychosozialer Stress. Übermäßig stressende Verstörungen kann unser Gehirn auf die Dauer nicht mehr ausgleichen. Dies bedeutet Entwick-lungsstillstand, Regression auf primitivere Verhaltensstufen und, in letzter Konsequenz, Krankheit, Tod, Aussterben.

    René Spitz zeigte schon in seinen Deprivationsstudien in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts auf, dass Hirnfunktionen irreversible Schäden erleiden, wenn während der frühkindli-chen Entwicklung interaktionelle Erfahrungen aus der Umwelt vorenthalten werden, beispielsweise bei taktilen oder visuellen Wahrnehmungsprozessen. Ähnliches gilt für emotionale Depri-vation. Die noch junge Disziplin der Psychoneuroimmunologie

    weist nach, dass länger andauernder psychosozialer Stress auch körperlich krank macht: das Immunsystem wird an-gegriffen. Mittlerweile ist empirisch belegt, dass emotio-nal belastende Erfahrungen der Kindheit das Risiko für epidemiologisch bedeutsame somatische Störungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes nahezu li-near erhöhen (Egle et al. 2002, Felitti 2002).

    Hüther meint, dass wir ein Weltbild und mit ihm eine Gesellschaft verabschieden müssen, die allein auf Kon-kurrenz, Wettbewerb und materielle Werte setzt, wenn wir unser plastisches, komplexes und lernfähiges Gehirn bis ins hohe Alter weiterentwickeln wollen. Die laut pro-pagierte materielle und psychische Unabhängigkeit als höchster Wert postmoderner Lebensführung führt auf die Dauer zum Zerfall. Nur wenn die soziale Verankerung ei-

    nes Menschen breit genug ist und wenn die Person über ein umfangreiches Wissen und vielseitige, insbesondere auch emo-tionale Kompetenz verfügt, wird sich das herausbilden, was eine Gesellschaft zusammenhalten kann: Die Fähigkeit zur Wahrneh-mung sozialer Verantwortung.

    Ich finde es geradezu begeisternd, dass die Wissenschaft uns naturwis-senschaftliche Beweise für ein Menschen- und Gesellschaftsbild bietet, das aus der humanistischen Psychologie heraus entwickelt wurde, und das Ruth Cohn zur Basis ihrer Methode gemacht hat. Endlich wird das, was Menschen spüren, von Autoritätsinstanzen, die heute akzeptiert werden, bestätigt und nicht abqualifiziert! Natürlich sind wir noch weit von einer politischen Umsetzung dessen entfernt, aber immerhin gibt es eine argu-mentative Basis. Förderliche Entwicklungen finden nur dann statt, wenn sie von emotionaler und entwicklungsangemessener Strukturgebung und Orientierung gerahmt werden. Nur dann kann sich Vertrauen als Basis eines sozialen Wachstumsprozesses bilden.

    2.2 Spiegelneurone: Die neurobiologische Basis für eine „gute” menschliche Entwicklung liegt einmal im Zusammenspiel des

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    „Resonanz” ist auch eine schöne Um

    schreibung für gut laufende Gruppenprozesse in der TZI.

    limbischen System mit der Präfrontalrinde, zum anderen in der vernetzten Aktivität der erst kürzlich entdeckten „Spiegelneuro-nen”. Beim Menschen steuern Spiegelneurone nicht nur Wahr-nehmung und Ausführung von Bewegungen, sie spielen auch eine große Rolle beim Verstehen und beim Erlernen von Bewe-gungsabläufen, und einige Forscher führen sogar das Entstehen von Sprache und menschlicher Kultur auf die Spiegelneurone zurück. J. Bauer (2005) fasst zusammen:➢ Spiegelzellen unseres Gehirns versorgen uns mit in-

    tuitivem Wissen über die Absichten von Personen, deren Handlungen wir beobachten, sie erlauben ein Denken „vom Anderen her” (Theory of Mind).

    ➢ Sie melden uns, was Menschen in unserer Nähe fühlen, und lassen uns deren Freude oder Schmerz mitempfinden.

    ➢ Sie sind entscheidende Vermittler bei der nonverba-len Verständigung (Körpersprache)

    ➢ Spiegel-Nervenzellen sind die Grundlage emotionaler In-telligenz und der Fähigkeit zu lieben.

    ➢ Spiegelungsphänomene sind von zentraler Bedeutung für die Aufnahme und Weitergabe von Wissen, denn sie bilden die neurobiologische Basis für das „Lernen am Modell”.

    Biologisch angelegte Spiegelung durchzieht die gesamte Biologie, beginnend bei der Erbsubstanz DNA mit ihrer spiegelnd ange-legten Doppelhelix, bis hin zu komplexen biologischen Systemen wie dem Menschen. Spiegelung, dies ist Bauers Schlussfolgerung, scheint das „Gravitationsgesetz lebender Systeme” und ein „Leit-gedanke der Evolution” zu sein. Nicht „survival of the fittest”, sondern „survival of resonance” sei der tiefe Sinn der Evolution.

    „Resonanz” ist auch eine schöne Umschreibung für gut laufende Grup-penprozesse in der TZI. Das Prinzip des Widerhalls von Empfindungen, Gedanken und Gefühlen ist konstituierend für das Zusammenspiel der ICHs, des WIR und des ES im Kontext des jeweiligen Seminars. Die TZI-Methodik ist von vielen Elementen durchzogen, die Spiegelung anregen, ermöglichen, geradezu fordern. Dazu gehören Runden, Paar- und Kleingruppenübungen mit anschließendem Plenum zum selben Thema, eigentlich alle Feedbackinterventionen. Das Ergebnis guter TZI-Arbeit besteht nicht selten gerade in einem gemeinschaftlichen Erlebnis von Re-sonanz, Einander-Verstehen und doch unterschiedlich sein können. Die Beachtung der Körpersignale fördert diese Verständigung.

    2.3 Lernprozesse: Lernen ist nichts anderes als eine Veränderung in der Repräsentation von Ereignissen bzw. Wissen in hochkom-plexen neuronalen Netzwerken. Abhängig von der Intensität, der Dauer und der affektiven Einbettung des Lernreizes kann sich

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    Themenschwerpunkt: Gib mir mein Gefühl zurück …

    diese Veränderung auf der Ebene flüchtiger Aktivitätsmuster, re-lativ stabiler neuronaler Repräsentation von Inhalten, der funk-tionellen, ja sogar strukturell-anatomischen Ebene ereignen. Ent-scheidend ist dabei die Rolle des Neurotransmitters Dopamin, im so genannten Belohnungssystem. Kurz gesagt: Gelernt – im Sinne von neuen Möglichkeiten, Erweiterung der Handlungsoptionen, Kulturtechniken – wird, wenn positive Erfahrungen gemacht wer-den. Dabei vollzieht sich menschliches Lernen immer schon in Gemeinschaft. Gemeinschaftliches Handeln ist ein bedeutsamer „Verstärker” (Spitzer, 2004). Lernen ist somit immer eingebettet in emotionale Bewertung durch andere und durch mich selbst.

    Spitzer benennt die wichtige Vermittlerfunktion des Hippocampus für Lernprozesse und deren Repräsentation im Langzeitgedächtnis. Der Hippocampus ist die „Wahrnehmungssortiermaschine” des limbischen Systems. Er ist eng mit affektiven Motivationssystemen verknüpft, dazu wichtiges Orientierungswerkzeug und Trainer der Großhirnrinde bei der Abspeicherung von Lernprozessen. Chro-nischer Stress zerstört neuronale Strukturen des Hippocampus und verursacht damit organisch begründbare Lernstörungen. Un-ter Stressbedingungen greifen wir so auf einfache, archaische, das Überleben sichernde Regulationsmuster zurück, die häufig einem differenzierten persönlichen und sozialen Wachstum diametral ent-gegenstehen. Andererseits begünstigt ein gutes, ganzheitlich ausge-staltetes Lernumfeld die Ausbildung stabiler exekutiver Funktionen im Sinne einer funktional effektiven „Zusammenarbeit” zwischen dem Hippocampus, der Amygdala als emotional bewertendem Zentrum und dem Frontalhirn: Aufmerksamkeit und Motivation sowie die Langzeitspeicherung neuer Erkenntnisse werden besser.

    Die hier referierten Erkenntnisse enthalten Grundwissen für TZI-Ausbildungskandidaten: Die TZI gestaltet mit ihrer Gruppenarbeit explizit Lernräume und Lernatmosphäre. Lebendiges Lernen ist dann möglich, wenn der Einzelne sich in der Gruppe so weit getragen und so geleitet fühlt, dass er Vertrauen entwickeln kann, um sich auf die Lernaufgabe zu konzentrieren. Störungen werden so früh wie möglich erkannt und aufgelöst, weil ansonsten die Stressbelastung dafür sorgt, dass primäre Sicherungsinteressen sich Vorrang vor dem Erlernen des Neuen nehmen. Vertrauensbildend wirken dabei viele Elemente: Die Themenstellung und -einführung, die verbalen und nonverba-len Signale der LeiterIn, die Beachtung der Balance im 4-Faktoren-Modell, die unterschiedlichen Arbeitssettings usw.

    3. Selbstregulation

    Von der Säuglingsforschung kommend, hat das Konzept Selbstre-gulation mittlerweile Einzug in den pädagogischen, psychologi-schen und neurobiologischen Diskurs genommen. Selbstregulie-

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    1 Die gleichfalls bedeutsame Rolle des Vaters kann hier aus Platzgründen leider nicht erläutert werden.

    rung beginnt vermutlich bereits pränatal, sie kann als Vorläuferin und gestaltende Komponente der Bindungsentwicklung gesehen werden. Die Förderung der Selbstregulierung gilt heute als die zentrale Aufgabe der kindlichen Entwicklung. Affekte regulieren zu lernen, scheint eine wesentliche Entwicklungsaufgabe der ers-ten Lebensjahre zu sein. Dafür bedarf das Kind aber zunächst einer ko-regulierenden Bezugsperson, die mit dem Kind intensiv und adäquat kommuniziert. Daniel Stern (1998) nennt diesen Prozess, der bereits im Laufe des ersten Lebensjahres zunehmend dialogisch wird, Affektabstimmung. Deren Gelingen hängt von vielen Faktoren ab: auf der Seite des Kindes von Temperamentsfaktoren, von seeli-scher und somatischer Gesundheit, auf Seiten der Bezugspersonen von einem feinfühligen Verhalten (Ainsworth, 1977), von der Be-reitschaft zum Halten („Holding”, Winnicott, 1977) und der Ver-fügbarkeit der „Intuitiven Elterlichen Kompetenzen” (Papoušek, M., 2001). Diese umfassen ein Spektrum von typischen Verhal-tensmustern, wie z.B. dem je nach Alter des Babys unterschiedlich passenden Dialogabstand zwischen Erwachsenem und Säugling. Dazu gehören auch die Ammensprache, eine prototypische Me-lodik und Mimik und das gegenseitige Imitieren. Zum Intuitiven dieser Kompetenzen gehört, dass die Bezugsperson automatisch entwicklungsphasenspezifische Anpassungen und Erweiterungen der Verhaltensmuster vornimmt (M. Papoušek, 1995).

    Unter hinreichend entspannten und ressourcevollen Bedin-gungen gelingender Mutterschaft kommt es nach der Geburt zur „individuell abgestimmten Orchestrierung der dispositionellen Partitur” (H. Papoušek, 1993), d.h., Säugling und Mutter stim-men sich in hochkomplexen Rückkoppelungsprozessen indivi-duell aufeinander ab. Während der Säugling diese Erfahrungen im prozeduralen Gedächtnis speichert und zur – präverbalen – Grundlage seines „Arbeitsmodells” der Bindungserfahrungen macht, bezieht die Mutter ihre eigenen Bindungserfahrungen unbewusst, aber wirksam prägend in den Kommunikationspro-zess ein.1 Affektiv-emotionale Lernprozesse strukturieren so das Erleben der äußeren und inneren Welt des Kindes.

    Chronisches Misslingen von Affektabstimmung kann zu gra-vierenden Problemen in der Orientierung bezüglich der sozi-alen und dinglichen Umwelt führen: Durch Über- und Unter-stimulierung wird der Aufbau des Selbstvertrauens des Kindes behindert, das zur Ausbildung von Neugier und Interesse not-wendig ist. Dies sind aber wesentliche Ressourcen, um sich auf sich ändernde Umwelten einzustellen und die eigene Entwick-lung aktiv zu gestalten. Neurobiologisch formuliert heißt das: anhaltend negative Beziehungserfahrungen in der Frühkindheit behindern den Gehirnaufbau und die Lernfähigkeit in jeglicher Hinsicht. Sie führen zu Bindungsunsicherheit, wodurch wiede-

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    Themenschwerpunkt: Gib mir mein Gefühl zurück …

    Das Chairpersonpostulat ist das QuasiSynonym zum Begriff der

    Selbstregulation.

    rum die Erwartungshaltungen an andere Menschen und an die Welt schlechthin ungünstig strukturiert werden. K.H. Brisch (1999) hat in seinem Buch „Bindungsstörungen” erstmalig an-hand von psychotherapeutischen Fallgeschichten aus allen Le-bensaltern belegt, dass Bindung ein lebenslanges Thema ist. Die meisten psychischen Störungen lassen sich heute als Bindungs-störung beschreiben; vielleicht ist es gerade der verbindungsstif-tende Handlungsstil der TZI, der diese Nachreifung, gerade auch bei belasteten Menschen, fördernd, heilend wirken lässt.

    Das Chairpersonpostulat ist das Quasi-Synonym zum Begriff der Selbstregulation: „Sieh nach innen, nimm nach außen hin wahr und entscheide dann!” Allerdings weiß die TZI um die Utopie diese Postu-lates: „Es dauert nie länger als ein ganzes Leben, wenn Du heute damit anfängst!”(Cohn 1975b).

    Zur Affektabstimmung: In der TZI haben wir es für gewöhnlich nicht mit Säuglingen zu tun, dennoch spielt Stimmigkeit im Sinne der Orchestrierung der thematischen Partitur eines Kurses z.B. eine große Rolle. Immer wieder stimmt das ICH sich mit dem ES und der Gruppe, dem WIR, ab. Ob ein Unterthema, eine Übung abgeschlossen werden

    kann, signalisiert der Einzelne, aber auch der Gesamtorganismus Gruppe dem/der LeiterIn, teilweise verbal, überwiegend aber auf analogem Wege. Diese Affektabstimmung in der Gruppe geschieht teilweise bewusst, teilweise auch unbewusst. Auch hier entsteht, wie in der Interaktion zwischen Mutter und Kind, ein Gefühl des Flusses und der Verbundenheit im Arbeitsprozess. Übersti-mulierende Gruppensituationen, z.B. eine schnelle Abfolge von nicht organisch abgestimmten Übungen und unterschiedlichen Gruppensettings, oder unterstimulierende, wie z.B. ein nicht enden

    wollender langweiliger Vortrag, hinterlassen bei den „Opfern” oft ähnliche Gefühle, wie sie bei Kleinkindern beschrieben wurden. Bei der Intensität und Bewusstwerdung dieser Abstimmung gibt es sicher Unterschiede, je nachdem, ob es sich um eine Gruppe mit therapeutischer Thematik oder einer mit einem Sachthema handelt. Störungen signalisieren das – partielle – Misslingen der Abstimmung; ihre Bearbeitung ermöglicht ein neues „Tu-ning In”. Das Menschenbild der TZI, wie es in den Axiomen formuliert ist, entfaltet eine suggestiv-hypnotische Kraft, wenn es glaubhaft durch eine/n TZI-LeiterIn verkörpert wird. Gute TZI-Arbeit vertraut auf das Entwicklungspotential des Einzelnen und der Gruppe, greift Anzeichen von Entwicklung auf und fördert sie.

    Auch die LeiterIn einer TZI-Gruppe benötigt so etwas wie intuitive Kompetenzen, die, aufbauend auf den biologisch angelegten, durch eine solide TZI-Ausbildung erworben und durch Erfahrung gefestigt und verfeinert werden. Dazu gehört die gründliche Kenntnis der typischen Phasen eines Gruppenprozesses, der damit einhergehenden Reaktions-bereitschaften und Ängste bei den TeilnehmerInnen und die Kompetenz, damit förderlich umzugehen.

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    Alexander Trost, „Ich habe das Gefühl, dass …“

    Ruth Cohn stellt schon früh fest: „Die TZI enthält einen Ansatz zur pädagogisch-therapeutischen Erziehung und Nacherziehung”. Bonnie, eine junge Kollegin führt an, sie selbst und Menschen, die Teilnehmer in ihren TZI-Gruppen waren, hätten sich im Laufe der gemeinsamen Arbeit stärker, fröhlicher und effektiver erlebt und seien auch von anderen in ihrem Alltag so erlebt worden (Cohn, 1975a). Das klingt nach einem persönlichen und gemeinsamen Wachstumsprozess, der in der Tat entfes-selnde, befreiende Wirkungen hat. Offensichtlich bietet die TZI in Haltung, Methode und Werkzeugen das notwendige Maß an Beziehungsangeboten, Haltgebung und Lösungsorientierung (Trost, 2007), das diese heilsamen Kräfte freisetzen kann. Auf „neurobiologisch” gesagt: … das die zeitlebens vorhandenen Entwicklungspotentiale unseres Gehirns zu integrativen Reifungsprozessen anregt.

    Literatur

    Bauer, J.: Warum ich fühle, was Du fühlst. Hamburg (Hoffmann & Campe) 2005. Cohn, Ruth: Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion. Stuttgart 1975a.Cohn, Ruth: Arbeitsblatt für die erste Sitzung eines Gruppenleiter-Workshops an der L’Ecole d’humanité.

    1975b.Egle, U. T., Hardt, J., Nickel, R., Kappis, B, Hoffmann, S. O.: Früher Stress und Langzeitfolgen für die Gesundheit.

    Z Psychosom Med Psychother 48/2002, 411–434. Felitti, V: Belastungen in der Kindheit und Gesundheit im Erwachsenenalter: Die Verwandlung von Gold in Blei.

    Z Psychosom Med Psychother 48/2002, 359–369. Förstl, Hautzinger, Roth (Hg): Neurobiologie psychischer Störungen. Heidelberg 2006.Goleman, D.: EQ – Emotionale Intelligenz. München 1997.Hüther, G., Rüther, E.: Die nutzungsabhängige Reorganisation neuronaler Verschaltungsmuster im Verlauf

    psychotherapeutischer und psychopharmakologischer Behandlungen. In: Schiepek, G.: Neurobiologie der Psychotherapie. Stuttgart 2004.

    Hüther, G.: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn, Göttingen 2001. Hüther, G.: Biologie der Angst. Göttingen 1998. Hüther, G.: Die Evolution der Liebe. Göttingen 1999.Papoušek, M.(2001): Intuitive elterliche Kompetenzen – Ressource in der präventiven Eltern-Säuglings-Beratung

    und Psychotherapie. http://www.liga-kind.de. Robert C. Solomon: Gefühle und der Sinn des Lebens. Frankfurt/Main 2000, 109.Roth, G., Dicke, U.: Funktionelle Neuroanatomie des limbischen Systems. In: Förstl, Hautzinger, Roth (Hg):

    Neurobiologie psychischer Störungen. Heidelberg 2006, 65.Spitzer, M.: Geist, Gehirn und Nervenheilkunde, Stuttgart 2000.Spitzer, M.: Neuronale Netzwerke und Psychotherapie. In: Schiepek, G.: Neurobiologie der Psychotherapie.

    Stuttgart 2004.Stern, D.: Die Lebenserfahrung des Säuglings. Stuttgart 1998.Trost, A.: Therapeutische Dimensionen der Themenzentrierten Interaktion. TZI in therapeutischen Prozessen.

    In: Lotz, W., Wagner, Ch. (Hg.): Themenzentrierte Interaktion in der Beratung und in therapeutischen Prozessen. Mainz 2007.

  • Walltorstr. 10 · 35390 Gießen · Tel. 0641-969978-18 · Fax 0641-969978-19 [email protected] · www.psychosozial-verlag.de

    Bertrand Cramer, Francisco Palacio-Espasa

    Psychotherapie mit Müttern und ihren Babys

    Christine Ann Lawson

    Borderline-Mütter und ihre Kinder

    2009 · 393 Seiten · Broschur ISBN 978-3-89806-822-2

    Die Autoren legen in diesem Buch die Praxis der gemeinsamen Psychotherapien von Mutter und Kleinkind dar, deren Technik durch die frühen Psychopathologien bestimmt wird. Sie zeigen auf, dass die Dyade aus Mutter und Baby ein instabiles System ist, das für innere und äußere Einflüsse außerordentlich empfäng-lich ist und sich infolgedessen bestens für eine Praxis und Theorie psychischer Veränderung eignet. Im Laufe gemeinsamer Kurztherapien, deren Technik anhand von Fallgeschichten vorgestellt wird, lassen sich oft bedeutsame Veränderungen erreichen.

    Auswirkungen und Grenzen dieser Thera-pien werden anhand von Evaluationsstudien zu den therapeutischen Veränderungen und anhand der Diskussion der Therapieindika-tion und des Scheiterns von Therapien dar-gestellt.

    4. Aufl. 2011 · 274 Seiten · Broschur ISBN 978-3-89806-256-5

    Die erste Liebe in unserem Leben ist unsere Mutter. Es ist für uns überlebenswichtig, ihr Gesicht, ihre Stimme, die Bedeutung ihrer Stimmungen und ihre Mimik zu erkennen. Christine Ann Lawson beschreibt einfühlsam und verständlich, wie Kinder von Borderline-Müttern unter den Stimmungsschwankungen und psychotischen Anfällen leiden und ver-zweifelt nach Strategien der Bewältigung dieser Erlebnisse suchen. Borderline-Mütter treten dabei ihren Kindern in vier verschiedenen Fi-guren gegenüber: als verwahrloste Mutter, die Einsiedlerin, die Königin und die Hexe. Law-son zeigt, wie man sich um die Verwahr loste kümmern kann, ohne sie retten zu müssen, und um die Einsiedlerin, ohne ihre Angst zu verstärken; wie man die Königin liebt, ohne ihr Untertan, und wie man mit der Hexe lebt, ohne ihr Opfer zu werden.

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    Markus Dederich, Heinrich Greving, Christian Mürner, Peter Rödler (Hg.)

    Heilpädagogik als KulturwissenschaftMenschen zwischen Medizin

    und Ökonomie

    Thomas Mesdag, Ursula Pforr (Hg.)

    Phänomen geistige BehinderungEin psychodynamischer Verstehensansatz

    2009 · 282 Seiten · BroschurISBN 978-3-8379-2054-3

    Heilpädagogik untersucht, wie die sich wan-delnde Gesellschaft institutionalisierte Um-gangsformen mit »Behinderung« hervorbringt. Im Bereich der Medizin bilden lebenswissen-schaftliche Forschungen und biomedizinische Therapien eine besondere Herausforderung. Im Gesundheits- und Bildungsbereich sehen sich die dort Tätigen heute gezwungen, funk-tionell allein nach wirtschaftlichen Kriterien zu arbeiten. Diese Medizinisierung und Ökono-misierung der Kultur ist deshalb unter der Per-spektive der Teilhabe genau zu betrachten.

    2008 · 221 Seiten · BroschurISBN 978-3-89806-777-5

    Der Begriff der Geistigen Behinderung ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Er gilt zu Recht als der problematischste Begriff der Heil- und Sonderpädagogik. Psychodynamische und gesellschaftliche Faktoren, die an der Entste-hung einer geistigen Behinderung immer mit beteiligt sind, werden ignoriert und Entwick-lungspotenziale dadurch nicht erkannt. Das Buch möchte dazu beitragen, geistige Behin-derung wieder verstärkt als soziale Kategorie wahrzunehmen und dazu einladen, sich auf die verschiedenen Dimensionen von geistiger Behinderung einzulassen.

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    Theo R. Payk

    BurnoutBasiswissen und Fallbeispiele

    Gabriele Junkers

    Die leere CouchDer Abschied von der Arbeit

    als Psychoanalytiker

    2013 · 317 Seiten · GebundenISBN 978-3-8379-2181-6

    Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Alterungsprozess bleibt für viele Psycho-analytiker ein Tabuthema. Fehlende insti-tutionelle Vorschriften und das Schweigen der psychoanalytischen Gemeinschaft zu diesem Problemkomplex kommen erschwe-rend hinzu. Dieses Buch thematisiert die Auswirkungen des demografischen Wandels auf den Analytiker selbst wie auf die insti-tutionalisierte Psychoanalyse. Aus der Sicht von Patienten und Ausbildungskandidaten wird berichtet, welche Traumata entstehen, wenn man einen kranken Analytiker erlebt oder ihn durch seinen unerwarteten Tod verliert. Aber welche Konsequenzen erge-ben sich daraus für die Verantwortung von Therapeuten und Institutionen?

    2013 · 84 Seiten · BroschurISBN 978-3-8379-2259-2

    Sozialmedizinischen Statistiken zufolge haben psychische Störungen in Form von seelischen Erschöpfungszuständen wäh-rend der letzten Jahre rapide zugenommen. Hierdurch alarmiert, werden inzwischen verschiedenste gesundheitliche Beeinträch-tigungen infolge beruflicher oder ander-weitiger Überbeanspruchung als Burnout deklariert. Das vorliegende Buch informiert über Entstehungsbedingungen, Symptome und Begleiterscheinungen sowie therapeu-tische Besonderheiten dieses Phänomens. Besondere Berücksichtigung finden dabei psychosoziale und gesellschaftliche Einflüsse. Fallbeispiele runden die Lektüre ab und tragen zu einem vertieften Verständnis von Burnout-Beeinträchtigungen bei.