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73 II. Theoretische Ansätze zur Erklärung der institutionellen Marktanpassung Es finden sich in der Literatur verschiedene theoretische Ansätze zur Erklärung des Marktverhaltens von KMU in Auslandsmärkten. In Kapitel II findet eine Diskussion der unterschiedlichen Theorieströmungen mit der Zielsetzung statt, ihren jeweiligen Erklärungswert für die institutionelle Marktanpassung von KMU im europäischen Kontext darzustellen. Mittels der wesentlichen Argumentationsgrundlagen wird aufgezeigt, welche Bestimmungsfaktoren den unterschiedlichen Erklärungsansätzen zugrunde liegen und inwieweit diese zur Analyse der institutionellen Marktanpassung von KMU herangezogen werden können. Abbildung 11: Ablaufmodell Kapitel II •Charakteristika von KMU •EU-Rahmenbedingungen •Formen institutioneller Marktanpassung Kapitel I •Theoretische Ansätze zur Erklärung der institutionellen Marktanpassung Kapitel II Kapitel III •Typische Internationalisierungspfade •Typen institutioneller Marktanpassung •Einflußfaktoren der institutionellen Marktanpassung Kapitel IV •Implikationen Kapitel V •Konzeptioneller Bezugsrahmen •Variablen des Forschungsansatzes •Untersuchungsdesign

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II. Theoretische Ansätze zur Erklärung der institutionellen

Marktanpassung

Es finden sich in der Literatur verschiedene theoretische Ansätze zur Erklärung

des Marktverhaltens von KMU in Auslandsmärkten. In Kapitel II findet eine

Diskussion der unterschiedlichen Theorieströmungen mit der Zielsetzung statt,

ihren jeweiligen Erklärungswert für die institutionelle Marktanpassung von

KMU im europäischen Kontext darzustellen. Mittels der wesentlichen

Argumentationsgrundlagen wird aufgezeigt, welche Bestimmungsfaktoren den

unterschiedlichen Erklärungsansätzen zugrunde liegen und inwieweit diese zur

Analyse der institutionellen Marktanpassung von KMU herangezogen werden

können.

Abbildung 11: Ablaufmodell Kapitel II

•Charakteristika von KMU•EU-Rahmenbedingungen

•Formen institutioneller Marktanpassung

Kapitel I

•Theoretische Ansätze zur Erklärungder institutionellen Marktanpassung

Kapitel II

Kapitel III

•Typische Internationalisierungspfade

•Typen institutioneller Marktanpassung

•Einflußfaktoren der institutionellen Marktanpassung

Kapitel IV

•Implikationen

Kapitel V

•Konzeptioneller Bezugsrahmen•Variablen des Forschungsansatzes

•Untersuchungsdesign

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1. Überblick über die Entwicklungslinien

„The theory of transnational corporation (TNC) seeks to explain the existence

and growth of transnational corporations. The theory of the activities of TNC´s

aim to identify and evaluate the determinants of the foreign-owned production

of such corporations“.166 Eine zweite Definition lautet: “Eine Theorie der

Unternehmenstätigkeit sollte insbesondere Erkenntnisse über die Bestimmungs-

gründe für die Wahl zwischen alternativen Formen der Auslandsmarkt-

bearbeitung sowie empirisch gehaltvolle Aussagen über deren institutionelle

Ausgestaltung vermitteln“.167 Die theoretisch zu erklärenden Phänomene

internationaler Unternehmenstätigkeit reichen von deren reiner Existenz über

Bestimmungsfaktoren und Formen des Auslandsengagements bis zu deren

Koordinationsmechanismen sowie der Erklärung des internationalen Handels.168

Einen Überblick über die verschiedenen Entwicklungslinien der Inter-

nationalisierungstheorien verschafft Abbildung 12.

Es stellt sich hier die Frage, welche Ansätze zur Erklärung der institutionellen

EU-Marktanpassung in Betracht zu ziehen sind. Mangels wissenschaftlicher

Arbeiten mit direktem Themenbezug wird nachfolgend ein Bogen von den

allgemeinen Theorien der Internationalisierung bis hin zu konkreten

Erklärungsansätzen zur internationalen Unternehmenstätigkeit gespannt. Die

Arbeit beschränkt sich dabei auf die Auseinandersetzung auf Theorien und

Konzepte, die im vorliegenden Anwendungszusammenhang einen Beitrag zur

Problemlösung versprechen.169

166 Dunning (1993), S. 1. 167 Macharzina (1982), S. 112. 168 Für eine ausführliche inhaltliche Darstellung der verschiedenen Theorieansätze wird auf die

zahlreichen Arbeiten auf diesem Gebiet verwiesen: vgl. zur Übersicht Perlitz (1997); Winkelmann (1997); Johanson / Vahlne (1990); Wolter (1996); Weiss (1995); Dunning (1993); Roxin (1992); Schoppe (1991); Macharzina (1982); Staehle (1976); Aharoni (1966). Kritische Wertung der Ansätze bei Hauler (1997).

169 Der Autor greift auf mikroökonomische und verhaltenswissenschaftliche Arbeiten zurück, die sich mit der Internationalisierung aus einzelwirtschaftlicher Perspektive auseinandersetzen.

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Abbildung 12 Internationalisierungstheorien im Überblick

Internationalisierungstheorien unter Betrachtung unterschiedlicher, internationaler Marktanpassungsformen

Statische Ansätze Dynamische Ansätze

Transaktionskostentheorie

Eklektische Theorie

Kontingenzansatz

Phasenmodelle der Internationalisierung

Internationalisierungstheorien unter Berücksichtigung einer internationalen Marktanpassungsform

Theorien des internationalen Handels

Theorien der Direktinvestitionen im Ausland

Theorien für den Abschluß von internationalen Technologieverträgen

Quelle: Hauler (1997).

Den gedanklichen Ausgangspunkt für die Entwicklung des Orientierungs-

rahmens bilden die theoretischen Ansätze zur Internationalisierung der

Unternehmenstätigkeit. Da diese Theorien nur einen generellen Rahmen für die

konkreten Internationalisierungsaktivitäten deutscher KMU in Schlüssel-

märkten der EU bilden, konzentriert sich deren Darstellung auf die wichtigsten

mikroökonomischen (statischen) Erklärungsansätze unter Betrachtung

unterschiedlicher, internationaler Marktanpassungsformen.170 Bei unterschiedl-

icher Perspektive und Schwerpunktsetzung steht hier die einzelne

170 Es erfolgt ein Konzentration auf Ansätze, die einen Status beschreiben (entscheidungszeitpunkt-

bezogen). Die makroökonomischen Erklärungsansätze haben ihren Ursprung in der Theorie der komparativen Kostenvorteile von Ricardo (1817) und wurden in den sechziger Jahren über die Theorie der Faktorproportionen von Heckscher (1966) und Ohlin (1952) bis hin zum Economies of Scale-Ansatz von Hufbauer (1970) und Linnemann (1966) weiterentwickelt. Die makro- ökonomischen Erklärungsansätze haben Länder und nicht Unternehmen zum Unter- suchungsgegenstand. Damit liegt diese Betrachtung auf einer grundlegend verschiedenen Ebene zum Untersuchungsgegenstand. Für die Analyse realer Internationalisierungsaktivitäten von Unternehmen sind diese Erklärungsansätze somit nicht geeignet. Vgl. für eine ausführliche Darstellung makroökonomischer Erklärungsansätze Perlitz (1997), S. 78ff.; Dülfer (1996), S. 87f..

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Unternehmung im internationalen Wettbewerb im Mittelpunkt der

Betrachtung.171 Insbesondere die dynamischen Internationalisierungstheorien

bilden wiederum die konzeptionelle Grundlage für die sequentiellen

Markteintritts- und Marktanpassungsmodelle. Die Internationalisierungs-

theorien unter Betrachtung unterschiedlicher, internationaler Marktanpassungs-

formen sollen in den nachfolgenden beiden Abschnitten ausführlich dargestellt

und ihre zentralen Aussagen hervorgehoben werden. Die theoretischen Ansätze

sollen auf ihre Anwendbarkeit für die Erklärung der institutionellen

Marktanpassung von KMU analysiert werden.172 Der Themenbezug soll

begründet und verdeutlicht werden.

2. Statische Internationalisierungsansätze unter Betrachtung unter-

schiedlicher, internationaler Marktanpassungsformen

2.1 Transaktionskosten- bzw. Internalisierungstheorie

Die Transaktionskosten- bzw. Internalisierungstheorie basiert auf dem

Transaktionskostenansatz von Coase und befaßt sich grundsätzlich mit der

Frage, unter welchen Umständen Wertschöpfungsaktivitäten intern in

multinationalen Unternehmen durchgeführt werden und in welchen Fällen eine

getrennte Leistungserstellung von unabhängigen Marktpartnern und damit der

internationale Handel vorzuziehen ist.173 Coase betrachtet die Effizienz

unterschiedlicher Transaktionsformen, indem Transaktionskosten auf dem

Markt mit den Kosten von innerorganisatorischen Transaktionen verglichen

171 Es erfolgt einen Konzentration auf Ansätze, die einen Entwicklungsprozeß beschreiben. Vgl. Dülfer (1996), S. 86ff.; Rottmann (1998). 172 Vgl. zum Erklärungswert der ausgewählten Studien die detaillierten Übersichten im Anhang der

Arbeit. 173 Vgl. für einen Überblick Winkelmann (1997), S. 14ff.; Wolf (1994), S. 36ff.; Dunning (1993), S.

67 ff.; Macharzina (1993), S. 52ff.: Roxin (1992), S. 216ff.. Wichtige Vertreter des Transaktions-kostenansatzes sind Coase, Williamson, wichtige Vertreter transaktionskostentheoretisch begründeter Internationalisierungstheorien sind Buckley, Casson, Rugman, Teece.

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werden.174 Die Transaktionskosten beider Varianten werden gegenübergestellt,

um zu einer Entscheidung über die effizienteste Form der Abwicklung von

Wertschöpfungsaktivitäten zu gelangen.

Der Transaktionskostenansatz wurde von Williamson aufgegriffen und in der

Verfeinerung des Coaseschen Grundmodells zum Markt-Hierarchie-Paradigma

weiterentwickelt.175 Die jeweils auf eine primär nationale Geschäftstätigkeit

bezogenen Ausführungen von Coase und Williamson zur Abwicklung von

Transaktionen wurden durch Buckley, Casson und Teece auf das Erkenntnis-

objekt „internationale Geschäftstätigkeit“ erweitert.176 Die auf Buckley und

Casson zurückgehende Internalisierungstheorie basiert prinzipiell auch auf einer

Transaktionskostenanalyse, wurde aber eigenständig und völlig losgelöst von

dem Gedanken Williamsons entwickelt. Unter Internalisierung wird allgemein

die Substitution eines Leistungsaustausches über den Markt durch eine interne

Organisationsform verstanden.177 Buckley und Casson kommen zu der

Erkenntnis, daß Direktinvestitionen im Ausland getätigt werden, wenn

Zwischenprodukte und immaterielle Ressourcen, wie bspw. Wissen und

Erfahrung, unternehmensintern international kostengünstiger als über die

Auslandsmärkte disponiert werden können.178 Buckley und Casson zufolge

führt die Internalisierung von Märkten über Ländergrenzen hinweg zum

Entstehen von Direktinvestitionen, die wiederum multinationale Unternehmen

generieren. Die Größe und Struktur der multinationalen Unternehmung wird

dabei von dem Kosten- und Nutzenverhältnis der Internalisierung bestimmt. Im

Optimum entsprechen die Grenzkosten der Internalisierung dem Grenznutzen.

174 Vgl. Wolter (1996), S. 5. 175 Vgl. Williamson (1975), S. 1537. 176 Vgl. Buckley/Casson (1976), S. 32ff; Teece (1983), S. 51 ff.. 177 Vgl. Williamson (1971), S. 112; Perry (1989), S. 185. 178 Mit Hilfe einer Regressionsanalyse haben Buckley und Casson ihre Theorie getestet und kommen

zu dem Ergebnis, daß internationale Unternehmen in Branchen mit einer hohen Forschungsintensität einen höheren Internationalisierungsgrad aufweisen, vgl. Buckley/ Casson (1976), S. 30 ff.

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Neben dieser grundlegenden Arbeit hat Teece mit seinem Ansatz der Ableitung

von Standortfaktoren entscheidend zur Weiterentwicklung der Transaktions-

kostentheorie beigetragen.179 Teece versucht, durch Zuhilfenahme des

Transaktionskostenansatzes relevante Standortfaktoren abzuleiten, die zu einer

Aufteilung der Produktion auf mehrere ausländische Märkte führen und die die

Produktionsaktivitäten in den verschiedenen Märkten erklären.180 Teece sieht in

dem Standortfaktor „Rohstoffverfügbarkeit“ einen Internalisierungsvorteil

bezogen auf die Versorgungssicherheit. Dabei kann eine auf Rohstoffverfüg-

barkeit begründete Direktinvestition im Ausland zu niedrigeren Transaktions-

kosten führen, als dies durch den Markt gegeben wäre. Die Entscheidung über

die Form der Marktanpassung wird nach Ansicht von Teece ferner durch die

Unsicherheit über zukünftige Ereignisse wie z.B. das Verhalten der

Marktpartner, die Spezifität des Produkts bzw. der eingesetzten Technologie,

die Häufigkeit der durchzuführenden Transaktionen sowie der Inter-

dependenzen zwischen diesen Parametern bestimmt.181

Die Transaktionskostentheorie hat insgesamt eine breite Berücksichtigung in

der internationalen Literatur gefunden. Innerhalb der Literatur wird die Trans-

aktionskostentheorie häufig zur Analyse der unterschiedlichen Formen von

Direktinvestitionen verwendet, wobei sie durch weiterführende Variablen

ergänzt wird.182 Kritisch betrachtet werden muß im Beurteilungszusammenhang

mit KMU die mangelnde Operationalisierbarkeit der Transaktionskosten sowie

die unzureichende empirische Gültigkeit.183 Trotz hoher Transaktionshäufigkeit

179 Vgl. Teece (1981), S. 3 ff.; Teece (1983), S. 51 ff.; Teece (1986), S. 21ff.. 180 Vgl. Teece (1986), S. 21ff.. 181 Vgl. zu den Ursache-Wirkungs-Beziehungen sowie ihres Einflusses auf die Gestaltung von

Marktanpassungsaktivitäten u.a. Anderson/Gatignon (1986), S. 2ff.. 182 In einer Vielzahl von Erweiterungen wurden zusätzliche transaktionskostenbestimmende

Einflußfaktoren, wie bspw. handelsbezogene Aspekte, politische Risiken etc. zur Erklärung von Marktanpassungsformen berücksichtigt. Vgl. Anderson/Coughlan, (1987), S. 71 ff.; Hennart, (1988), S. 361 ff.; Contractor (1985); Davidson/Mc Fetridge (1985); Hill/Kim (1988).

183 Vgl. Hwang (1988); Contractor (1990), der in seiner Arbeit die Notwendigkeit der Verbindung von Transaktionskostentheorie und Ansätzen des strategischen Managements analysiert.

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und großer Investitionsspezifität externalisieren etwa Automobilproduzenten

die Herstellung von wichtigen Komponenten wie Elektronik, Bremsen etc. zu-

nehmend an externe Systemlieferanten.184 Ein weiterer Kritikpunkt an den

Modellen der Transaktionskostentheorie setzt an ihrer statischen Betrachtungs-

weise an. Die Faktoren, die die Wahl der institutionellen Marktanpassung

beeinflussen, werden als statische Größen behandelt, während Änderungen von

umwelt- und unternehmensspezifischen Einflußvariablen (z.B. rechtliche,

wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Technologie) im Zeitablauf eine

dynamische Analyse erfordern. Zudem werden wichtige verhaltens-

wissenschaftliche Einflußfaktoren vernachlässigt, insofern die Inter-

nalisierungstheorie auch als „Semi behavioural“ bezeichnet wird. Ein weiterer

Problembereich der Transaktionskostentheorie liegt in ihrer isolierten

Modellierung der einzelnen Bestimmungsfaktoren.

Viele Forscher sehen in der Transaktionskostentheorie eine Theorie der

multinationalen Unternehmung.185 Die Theorie ist auf die Erklärung von Direkt-

investitionen ausgerichtet. Daher wird die Transaktionskostentheorie häufig in

Untersuchungen der verschiedenen Formen von Direktinvestitionen verwendet.

Die Theorie ist ungeeignet für den Vergleich von Export und ausländischen

Direktinvestitionen aufgrund der unterschiedlichen (Länder-)Produktionsstand-

orte.186

Die Transaktionskosten- bzw. Internalisierungstheorie bietet insgesamt wenig

konzeptionelle Hilfestellung für die vorliegende Arbeit. Der Ansatz liefert

allen-falls eine grobe Erklärung für die Wahl unterschiedlicher Formen des

Markteintritts bzw. der Marktanpassung. Die Transaktionskosten- bzw.

184 Vgl. Macharzina (1993), S. 54ff.. 185 Vgl. Casson (1990), S. 5; Buckley (1990), S. 657. 186 Vgl. Erramilli/Rao (1993), S. 20.

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Internalisierungstheorie bildet jedoch einen wichtigen Baustein des nachfolgend

dargestellten eklektischen Internationalisierungsansatzes.

2.2 Eklektische Theorie

Der erste Ansatz zur integrativen Modellbildung internationaler Unternehmens-

aktivitäten basiert auf der Eklektischen Theorie von Dunning187. Dieser

multikausale Ansatz stellt den Versuch einer Verbindung unterschiedlicher

Theorieteile dar, der als Antwort auf die bis dahin vorherrschenden

monokausalen Theorien entworfen wurde. Ziel dieses Ansatzes ist es, in

Abhängigkeit von drei unternehmensspezifischen Vorteilskategorien -

firmenspezifische Eigentums- und Wettbewerbsvorteile, Internalisierungs-

vorteile und Standortvorteile - zu klären, welche Marktanpassungsformen -

Exporte, Lizenzen oder Direktinvestitionen - von den Unternehmen in

Auslandsmärkten gewählt werden.188

Firmenspezifische Eigentums- und Wettbewerbsvorteile, wie z.B. patentierte

Technologien, überlegene Produkte, etablierte Markennamen, überlegene

Vertriebstechniken sowie F&E-Ressourcen werden von Dunning als Grund-

voraussetzung für jegliche Form der Internationalisierung herangezogen. Deren

konkrete Ausprägung und somit die Art und Weise der Verwertung der

firmenspezifischen Eigentums- und Wettbewerbsvorteile wird maßgeblich

durch die Höhe der Transaktionskosten alternativer Marktanpassungsformen

bestimmt. Im Sinne der zuvor skizzierten Transaktionskosten- bzw.

Internalisierungstheorie tätigen Unternehmen gezielte Direktinvestitionen im

187 Vgl. Dunning (1980), (1981) und (1985). 188 Die erste Fassung von 1980 wurde von Dunning nach Kritik an der Eklektischen Theorie 1988 erst

zum „Faktorausstattung/Marktversagen-Paradigma (OLI-Konzept)“ erweitert und danach, ebenfalls 1988, als interdisziplinärer Ansatz zum „eklektischen Paradigma“ konzipiert. Für eine ausführliche inhaltliche Darstellung des OLI-Konzepts wird auf die zahlreichen Arbeiten auf diesem Gebiet verwiesen: Vgl. zur Übersicht Dunning (1981), S. 111; Dunning (1988), S. 12f.; Macharzina (1993), S. 695.

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Auslandsmarkt, sofern die Kosten der internen Leistungserstellung im Ausland

die des Kompetenztransfers an externe Dritte unterschreiten. Im anderen Falle

wird der Eigentumsvorteil in Form der Lizenzvergabe verkauft. Länder-

spezifische Standortvorteile determinieren schließlich den Schlüsselmarkt bzw.

die Region der Leistungserstellung.189 Die Vorteilskategorien, die zur

Bewertung der Marktanpassungs-formen verwendet werden, fügt Dunning in

das Ownership-Location-Internalization-Konzept (OLI-Konzept) ein. Die

Abbildung 13 verdeutlicht den dargestellten Zusammenhang.

Dunning vollzieht mit seinem Ansatz einen Brückenschlag zwischen den

einzelnen Grundrichtungen der Internationalisierungstheorien, der

Management-, Organisations-, Finanzierungs- und Marketingtheorie sowie den

Rechts-, Regional- und politischen Wissenschaften.190 Bezüglich der Analyse

von Marktanpassungsformen liegt der eindeutige Verdienst des OLI-Konzeptes

in dem direkten Bezug zu den möglichen Alternativen der Marktanpassung

sowie deren Bewertung und Vergleich. Über das OLI-Konzept lassen sich

Aussagen über die Wahl einer Marktanpassungsform formulieren. Dadurch

erzielt das Modell Dunnings allerdings auch eine Komplexität, die nachweislich

Redundanzen aufweist.191

189 Dunning betrachtet länderspezifische Standortvorteile als eine notwendige Bedingung, damit es zu

einer Direktinvestition im Gastland kommt. Diese notwendige Standortarbitage begründet er mit höheren Informationskosten im Vergleich zum Export bzw. Lizenzvergabe. Bei fehlendem Standortvorteil ist der Export die günstigere Marktanpassungsform für das Unternehmen. In diesem Punkt unterscheidet sich die Eklektische Theorie von der Hymer-Kindleberger-Theorie. Letztere bezieht sich ausschließlich auf firmenspezifische Wettbewerbs-vorteile als ausreichende Begründung für eine Auslandsinvestition. Vgl. Dunning (1988); Dunning (1993); Perlitz (1997).

190 Vgl. zu dieser Einschätzung Schanz (1995), S. 124 ff.; Kutschker (1994), S. 224. 191 Zu den Kritikpunkten an der Eklektischen Theorie von Dunning vgl. Perlitz (1997), S. 131ff.;

Hauler (1997), S. 26; Macharzina/Engelhard (1991), S. 27f.; Itaki (1991), S. 445ff. Itaki kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis, daß in dem OLI-Konzept die firmenspezifischen Eigentums- und Wettbewerbsvorteile bereits über die Internalisierung erklärt werden.

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Abbildung 13 Eklektische Theorie192

Markanpassungs-

formen

Ausländische

Direktinvestitionen

Exporte

Lizenzen

Firmenspezifische

Eigentums- und

Wettbewerbsvorteile

Yes

Yes

Yes

Internalisierungs-

vorteile

Yes

Yes

No

Ausländische

Standortvorteile

Yes

No

No

Die Kritik der Eklektischen Theorie richtet sich in erster Linie gegen die

unscharfe Abgrenzung der Begriffe und die mangelnde empirische Evidenz des

Erklärungsansatzes.193 Der Ansatz Dunnings liegt nur in Gestalt umfangreicher,

verbal kaum kommentierter Tabellen vor, die eine Vielzahl möglicher Einfluß-

faktoren der Internationalisierungsentscheidung auflisten. Der Eklektischen

Theorie wird zudem ein homo oeconomicus unterlegt, womit der Ansatz den

verhaltenswissenschaftlichen Aspekt eindeutig vernachlässigt. Die unre-

flektierte Übertragung dieser Annahme auf den europäischen Kontext ist

abzulehnen in Anbetracht der offenkundigen kulturellen Unterschiede. Die

Eklektische Theorie besitzt zwar generell Gültigkeit für alle

192 Vgl. Dunning (1993), S. 389ff.; Dunning (1994), S. 77f.; Wolter (1996), S. 8. Dunning hat sein

Paradigma in späteren Arbeiten um diverse relevante Forschungsansätze weiterentwickelt. Begründet wird dies von Dunning mit der Notwendigkeit, auch nichtökonomische Variablen zur Erklärung des Wachstums und Mustern der internationalen Produktion heranzuziehen. Konkret sind dies Aspekte der externen Umwelt (Politik, Recht, Kultur, Ideologie) und interne Erfolgspotentiale des Unternehmens (Management, Marketing, Finanzen). Auch Hill / Hwang / Kim sowie Lecraw haben zusätzliche Einflußfaktoren - internationale Marktanpassungsformen, erwartete Wettbewerbsvorteile, ergänzende Umweltvariablen des Gastlandes (z.B. Nachfrageverhalten), Verhalten der Gastlandbehörden - in den Ansatz von Dunning integriert. Vgl. Hill/Hwang/Kim (1994), S. 117ff.; Lecraw (1991); Helpman/Krugman (1985).

193 Vgl. Macharzina (1993), S. 695.

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Unternehmenstypen, jedoch geht es zu wenig auf die führungsspezifischen

Besonderheiten von KMU ein, die zusätzlich integriert werden müßten.194

Sowohl die vorab dargestellte Transaktionskosten- bzw. Inter-

nalisierungstheorie als auch die Eklektische Theorie tragen weder der

verhaltenswissenschaftlichen Perspektive noch der Dynamik des Inter-

nationalisierungsprozesses ausreichend Rechnung. Beide Ansätze befassen sich

mit grundsätzlichen Aspekten der Internationalisierung ohne die konkrete

Verhaltens- bzw. Vorgehensweise des Unternehmens in einem konkreten

ausländischen Schlüsselmarkt oder im Zeitablauf zu thematisieren.

2.3 Situativer Ansatz (Kontingenzansatz)

Ausgehend von dem Kerngedanken, daß es für Unternehmen bei der Wahl der

Marktanpassungsform im Auslandsmarkt keine generell gültige Handlungs-

alternative gibt, sondern mehrere situationsbezogen angemessene, ist mit dem

situativen Ansatz (Kontingenzansatz) ein statischer Ansatz entwickelt worden,

der in seiner klassischen Version der Organisationstheorie zuzuordnen ist und

insbesondere die verhaltenswissenschaftliche Perspektive in den Vordergrund

stellt.195 Die Aufgabenstellung des situativen Ansatzes liegt darin, alternative

Handlungen und Strukturen zu entwerfen, in ein Entscheidungsmodell einzu-

bringen und aus der Fülle der logisch denkbaren Alternativen institutioneller

Marktanpassung diejenigen auszuwählen, die unter genau zu spezifizierenden

Bedingungen erfolgreicher sind als andere.196

194 Zu den führungsspezifischen Besonderheiten zählt u.a. die häufig vorherrschende Eigentümer-

führung von KMU. Vgl. Kaufmann/Mencke (1997). 195 Zur Organisationstheorie vgl. Dichtl/Müller (1992). Die Entstehung des situativen Ansatzes ist auf

die Kritik an der in den 50er Jahren vorherrschenden Systemtheorie, mit ihrem Anspruch der Formulierung von allgemeingültigen Wenn-Dann-Aussagen innerhalb der wissenschaftlichen Forschung, zurückzuführen. Dieser Anspruch wurde im Rahmen der situativen Organisationsforschung aufgegeben, da die Meinung vertreten wurde, daß bestimmte Sachverhalte in der Realität in unterschiedlichen Ausprägungen vorzufinden sind und Faktoren existieren, die diese Unterschiede erklären können. Vgl. hierzu Jenner (1994).

196 Vgl. Staehle (1976), S. 48 f.

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Die Grundstruktur des Bezugsrahmens, der dem situativen Ansatz zugrunde

liegt, läßt sich folgendermaßen darstellen:197: Kontextvariablen beschreiben die

relevanten Situationsmerkmale des Entscheidungsmodells. Es handelt sich hier

um die unabhängigen Variablen des Modells (interne und externe Faktoren), die

nicht durch den Entscheider beeinflußt werden können, die die Wahl der

Marktanpassungsform jedoch maßgeblich beeinflussen können (z.B. kulturelle

Faktoren, Investitionshemmnisse, internationale Managementorientierung).198

Die Gestaltungsvariablen bilden die alternativen Gestaltungsmöglichkeiten der

jeweils unterstellten Problematik, die im Rahmen der Kontextvariablen bewertet

werden. Es handelt sich hier um die Form der institutionellen Marktanpassung

respektive Folgestrategie des Markteintritts. Erfolgsvariablen sind die

abhängigen Variablen des Modells und sind geeignet, die Effizienz des

Untersuchungsobjektes darzustellen (z.B. Bewertung des Gewinnbeitrages des

EU-Schlüsselmarktes im Verhältnis zum Inlandsgewinn). Als ein weiteres

Modellelement werden zudem intervenierende Variablen betrachtet, die im

Rahmen einer verhaltenswissenschaftlich geprägten Modellstruktur integriert

werden, um subjektive Einflußgrößen der Entscheider mit abzubilden (z.B.

Präferenzen, Zielsetzungen). Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht den

dargestellten Zusammenhang.

Abbildung 14 Situativer Ansatz (Kontingenzansatz)

Intervenierende Variablen

Kontextvariablen Gestaltungsvariablen Erfolgsvariablen

Quelle: Lehner (1990). 197 Vgl. Lehner (1990), S. 129 ff.; Staehle (1976), S. 36ff.

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Insgesamt stellt der situative Ansatz (Kontingenzansatz) eine mögliche und

sinnvolle Grundlage zur Analyse des institutionellen Marktanpassungs-

verhaltens von Unternehmen im Ausland dar. Dieser Ansatz eignet sich in

besonderem Maße, die Beziehung zwischen Unternehmen und Umwelt

darzustellen. Damit kann für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ein

direkter Zusammenhang zwischen der konkreten Umweltsituation im

ausländischen Schlüsselmarkt und den Internationalisierungsaktivitäten von

Unternehmen untersucht werden. Dieser Ansatz ermöglicht zudem, die

verhaltenswissenschaftliche Perspektive stärker in die Analyse einzubinden. Die

intervenierenden Variablen ermöglichen die Berücksichtigung der subjektiven

Komponente.199 Über die den situativen Ansätzen zugrundeliegenden

unternehmens-, markt- und produktbezogenen Parametern werden in

ergänzenden Kontingenzansätzen zur Kennzeichnung der spezifischen

Umweltsituation zusätzliche Variablengruppen, wie z.B. das Wettbewerbs-

umfeld des Gastlandes, Markteintrittsbarrieren sowie kulturelle Einflußfaktoren,

in die konzeptionellen Bezugsrahmen integriert.200 Im Rahmen zusätzlicher

Erweiterungen im Hinblick auf interne Erfolgspotentiale von Unternehmen, wie

z.B. internationale Managementorientierung, Erfahrung, Wettbewerbsvorteile,

wurden verschiedene Fit-Aussagen zur optimalen Marktanpassung abgeleitet.201

Die Kritik des situativen Ansatzes richtet sich vor allem gegen die Tatsache,

daß der situative Ansatz die notwendige Bedingung eines eigenständigen

Theorie-

198 Vgl. DuBois et al. (1993). 199 Damit hebt sich der situative Ansatz entscheidend von dem OLI-Konzept ab. Im OLI-Konzept ist

die Berücksichtigung der subjektiven Komponente, aufgrund der rationalen Ausgestaltung der Variablen, nicht möglich.

200 Für einen Überblick der in verschiedenen empirischen Untersuchungen berücksichtigten Kontingenzvariablen vgl. Ginsberg/Venkatraman (1985), S. 421ff.; Root (1987); Hood/Young/ Reeves/Milner (1985); Simon (1986); Berg (1991).

201 Für einen Überblick der in verschiedenen empirischen Untersuchungen berücksichtigten internen Erfolgspotentiale vgl. DuBois (1993), S. 307ff.; Ali / Camp (1993); Root (1987); Meffert (1985), S. 3ff.

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ansatzes nicht erfüllt.202 Die eingeschränkte Aussagekraft des Modells erklärt

sich über die Zielsetzung des Forschungsdesigns aber auch über die

Modellstruktur. Es besteht die Notwendigkeit, eine Konzentration auf die

wichtigen Einflußfaktoren vorzunehmen, da dieses Modell nur eine begrenzte

Zahl unabhängiger Variablen aufnehmen kann. Über die Subjektivität der

Bestimmung relevanter Variablen ergibt sich die Problematik, den richtigen

Selektionsfilter zu wählen. Ferner ist im Rahmen der verhaltensorientierten

Analyse das Problem der Bestimmung wesentlicher Elemente einer typischen

Entscheidungssituation zu lösen.

Im Gegensatz zu den vorigen Erklärungsansätzen ist der situative Ansatz

(Kontingenzansatz) jedoch in der Lage, in besonderem Maße die verhaltens-

wissenschaftliche Perspektive in die Analyse mit einzubeziehen. Die statische

Sicht beschreibt die in Abhängigkeit von situativen Rahmenbedingungen zu

einem definierten Zeitpunkt gewählte institutionelle Gestaltungsform. In

forschungsmethodischer Hinsicht liegt der Schwerpunkt somit auf Querschnitts-

analysen, in denen Verhaltensweisen von Unternehmen in Auslandsmärkten

untersucht werden. Auf diese Weise können Konfigurationen oder auch

Gestalten international tätiger Unternehmen ermittelt werden.203 Demzufolge

erscheint der situative Ansatz geeignet zur Erklärung von Verhaltensweisen von

Unternehmen in Auslandsmärkten bei statischer Betrachtungsweise.

Der Zielsetzung dieser Arbeit folgend sollen zur Erklärung des Markt-

anpassungsverhaltens neben statischen gleichzeitig dynamische Komponenten

betrachtet werden. Es sind somit weitere Einflußfaktoren zu bestimmen, die das

Marktanpassungsverhalten von Unternehmen im Ausland im Zeitablauf beein-

202 Der situative Ansatz stellt wie der eklektische Ansatz lediglich ein formales Konzept dar. Vgl. zur

Kritik situativer Erklärungsansätze hier und im folgenden Schreyögg / Steinmann, (1985), S. 394 f.; Lehnert (1983), S. 169f.; Kierser / Kubicek (1983), S. 35f.; Hauler (1997), S. 29.

203 Vgl. dazu Zeithaml/Varadarajan (1988).

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87

flussen. Die folgenden dynamischen Internationalisierungsansätze liefern dazu

einen wichtigen Erklärungsbeitrag.

3. Dynamische Internationalisierungsansätze unter Betrachtung

unterschiedlicher, internationaler Marktanpassungsformen

(Phasenmodelle)

Wegen der bei KMU ressourcenbedingt zu erwartenden schrittweisen

Ausdehnung der Auslandsaktivitäten werden an dieser Stelle drei Internationali-

sierungsansätze vorgestellt, die wegen ihrer dynamischen Ausrichtung in der

aktuellen Literatur zunehmend Erwähnung finden. Ausgehend von der

Annahme, daß Unternehmen im Laufe ihres Auslandsengagements mehrere

Phasen der institutionellen Marktanpassung durchlaufen, haben sich mit den

Phasenmodellen der Internationalisierung, im Gegensatz zu den statischen

Kontingenzansätzen, dynamische Ansätze entwickelt, die gleichfalls von der

verhaltensorientierten Forschung ausgehen. Die konstitutive Forschungs-

richtung beinhaltet die Beschreibung des typischen Verhaltens und der

Charakteristika von Unternehmen auf unterschiedlichen Stufen der

Internationalisierung. Die Integration lerntheoretischer Erkenntnisse in die

Analyse und die empirische Bestätigung, daß die institutionelle Marktan-

passung sukzessiv abläuft, führten zu der Entwicklung von verschiedenen, die

stufenartige Entwicklung berücksichtigenden Phasenschemata der

Internationalisierung. Im wesentlichen lassen sich als die drei grundlegenden

Modelle, das Innovations-Anpassungs-Modell, das Stufenmodell der

Internationalisierungsgrade und das Internationalisierungs-Prozeß-Modell

unterscheiden.204

204 Das Internationalisierungsmodell von Luostarinen sowie das von Engelhard / Macharzina ent-

wickelte GAINS-Paradigma werden ebenfalls den dynamischen Internationalisierungsansätzen subsumiert. Vgl. für eine ausführliche Darstellung dynamischer Internationalisierungsansätze

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3.1 Innovations-Anpassungsprozeß-Modell

Ausgehend von der Annahme, daß Unternehmen im Laufe ihres Auslands-

engagements mehrere Phasen der institutionellen Marktanpassung durchlaufen,

hat sich das Innovations-Anpassungsprozeß-Modell entwickelt.205 Dieses

Modell konzentriert sich explizit auf die exportspezifischen

Entscheidungsprozesse innerhalb der Unternehmen.206 Dabei wird das jeweilige

Exportengagement im Kontext von bestimmten Innovationen betrachtet.207 Der

Innovations-Anpassungsprozeß verläuft sukzessive und wird durch die

verschiedenen Adaptionsstufen „Kenntnis“, „Interesse“, „Bewertung“,

„Erprobung“ und „Anpassung“ gekennzeichnet.

Abbildung 15 Innovations-Anpassungsprozeß-Modell

Quelle: Rogers (1962).

Perlitz (1997), S. 135; Dülfer (1996), S. 112; Wiesmann (1993), S. 35f.; Luostarinen (1979), S. 109f.; Engelhard / Macharzina (1991), S. 24ff.; Agarwal / Ramaswami (1992), S. 2.

205 Vgl. Rogers (1962). Die Untersuchung von Bamberger/Evers zum Internationalisierungsver- halten von KMU gehört ebenfalls in diese Kategorie, vgl. Bamberger/Evers (1994), S. 253 ff.

206 Vgl. Bilkey/Tesar (1977). 207 Vgl. Hauschildt (1993), S. 138ff.

Engagement

Zeit

Der Exportprozeß:

Kenntnis

Interesse

Bewertung

Erprobung

Anpassung

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Mit jeder dieser Stufen erhöht sich das Engagement des Unternehmens im

Ausland.208 Die Abbildung 15 verdeutlicht den dargestellten Zusammenhang.

Angesichts der Beschränkung auf das Exportengagement kann dieser Modelltyp

als Vorstufe der weiteren Phasenmodelle betrachtet werden. Das Innovations-

Anpassungsprozeß-Modell unterscheidet sich allerdings von den beiden

anderen Phasenmodellen durch den stärkeren Einbezug verhaltensorientierter,

psychischer Faktoren, wie sie bereits durch die Bezeichnungen der

unterschiedlichen Adaptionsstufen dargestellt werden. 209

3.2 Stufenmodell der Internationalisierungsgrade

Auch das zweite Internationalisierungsmodell von Meissner/Gerber ist durch

einen schrittweisen Entwicklungsprozeß der internationalen Aktivitäten

gekennzeichnet. Das in der deutschen Literatur zum internationalen Marketing

häufig zitierte Stufenmodell von Meissner/Gerber stellt aus einer eher

deskriptiv-methodischen Perspektive eine idealtypische Abfolge des Ausbaus

der Präsenz auf internationalen Märkten dar.210 Grundlage dieses Modells bildet

die Annahme, daß ein Unternehmen im Rahmen des Inter-

nationalisierungsprozesses verschiedene Stufen durchläuft, wobei Geschäfts-

beziehungen in ausländischen Märkten wegen mangelnder Information und

Kenntnis der Rahmenbedingungen des Gastlandes zunächst über Exporte

aufgenommen werden. Nachdem ein Unternehmen relevante Informationen und

Erfahrungen über den ausländischen Markt gesammelt hat, wird das

Engagement sukzessiv durch risikoreichere, kapitalintensivere

Marktanpassungsformen ausgeweitet. Meissner/Gerber stellen in ihrem

Stufenmodell die Internationalisierungsgrade in Abhängigkeit von Kapital- und

208 Vgl. Reid (1981); Cavusgil/Godiwalla (1982); Kaynak (1985); Bamberger/Evers (1994). 209 Vgl. Rao / Naidu (1992). 210 Vgl. Meissner/Gerber (1980), S. 225.

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Managementleistungen (im Stamm- und Gastland) dar. Damit ergibt sich für die

einzelne Internationalisierungsbeziehung ein möglicher Internationalisierungs-

pfad, auf dem sich entweder eine zunehmende Verlagerung von Kapital- und

Managementleistungen in das Gastland ergeben kann, oder auch das Gegenteil,

nämlich eine Desinvestition mit Ressourcenabzug.211 Die nachfolgende

Abbildung verdeutlicht den dargestellten Zusammenhang.

Abbildung 16 Der Internationalisierungsprozeß nach Meissner/Gerber

Export

Lizenzvergabe

Franchising

Joint Venture

Auslands-niederlassung

Betrieb

Tochter-gesellschaft

Kapital- und Management-leistungen im Gastland

Kapital- undManagement-leistungen imStammland

Quelle: Meissner / Gerber, 1980, S. 224ff.

Wegen ihres idealtypisch konzipierten Internationalisierungspfades wird diese

Art Modell primär für große, multinationale Unternehmen als grundlegendes

Modell angesehen.212 In der Realität entwickeln sich nach Meissner und Gerber

sowohl der Internationalisierungsprozeß wie auch die Form des

Auslandsengagements nicht nach einem festgelegten Schema. Aufgrund

unterschiedlicher Umweltonstellationen, mit denen die Unternehmen im

internationalen Wettbewerb konfrontiert werden, ergeben sich unterschiedliche

Entwicklungen und realisierte Internationalisierungsgrade. Die Kritik an dem 211 Dülfer verbindet mit der Desinvestition im Ausland neben einem Ressourcenabzug auch personelle

Reintegrationsprobleme im Stammland Vgl. Dülfer (1996), S. 113. 212 Vgl. Schmidt (1996), S. 10, Dülfer (1996), S. 112.

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Stufenmodell der Internationalisierungsgrade richtet sich vor allem gegen die

einseitige Orientierung an absatzpolitischen Motiven. So wird die vermehrte

Verlagerung von Produktions- und Forschungsaktivitäten ins Ausland aufgrund

der zunehmenden globalen Ausrichtung der Wertschöpfungsketten nicht

erfaßt.213

3.3 Internationalisierungs-Prozeß-Modell (Uppsala-Schule)

Das Internationalisierungs-Prozeß-Modell der Uppsala-Schule basiert auf

empirischen Untersuchungen, in deren Mittelpunkt das Verhalten schwedischer

Unternehmen bei der Aufnahme und der Ausdehnung ihrer internationalen

Geschäftstätigkeit steht.214 Dabei wurde eine Tendenz zur schrittweisen Aus-

weitung des Auslandsgeschäftes beobachtet, die charakteristisch von unregel-

mäßigen Exporttätigkeiten über Exporte via Agenten, Verkaufsgesellschaften

im Ausland bis hin zu Produktionsgesellschaften im Ausland sequentiell erfolgt.

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht den dargestellten Zusammenhang.

Abbildung 17 Internationalisierungs-Prozeß-Modell

Ressourcen-allokation

Zeit

Unregelmäßige Exportaktivitäten

Export via Agenten

Verkaufsgesellschaft im Ausland

Produktionsgesellschaft im Ausland

Quelle: Johanson/Vahlne (1977).

213 Vgl. zu dieser Einschätzung Dülfer (1996), S. 112f. 214 Vgl. Johanson/Wiedersheim-Paul (1975); Johanson/Vahlne (1977).

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Zur Erklärung der empirischen Ergebnisse entwickelten Johanson/Vahlne ein

geschlossenes Prozeßmodell, welches die Internationalisierung als einen Prozeß

der inkrementellen Anpassung an veränderte Bedingungen im Unternehmen und

seiner Umwelt (Rahmenbedingungen) begreift.215 Die statischen Modell-

elemente Marktkenntnisse und Commitment beeinflussen die Entscheidungen

des Unternehmens hinsichtlich der Ressourcenbereitstellung für das

Auslandsgeschäft und seiner konkreten Durchführung. Andererseits wirken die

bestehenden Auslandsaktivitäten und die Entscheidungen über die Ressourcen

als dynamische Elemente kontinuierlich auf die statischen Elemente zurück.

Abbildung 18 verdeutlicht den dargestellten Interaktionsprozeß zwischen

statischen und dynamischen Aspekten der Internationalisierung.216

Abbildung 18 Der grundlegende Mechanismus der Internationalisierung

Market KnowledgeMarket Knowledge

Market CommitmentMarket Commitment

CommitmentDescisions

CommitmentDescisions

Current ActivitiesCurrent Activities

Quelle: Johanson/Vahlne (Process), 1977, S. 26

Bilkey und Tesar unterstützen durch die Befunde ihrer Untersuchung über das

Exportverhalten US-amerikanischer Unternehmen das Phasenmodell der

215 Der Internationalisierungsprozeß vollzieht sich durch ein „interplay between the development of

knowledge about foreign markets and operations on the one hand and an increasing commitment of resources to foreign markets on the other.“ Vgl. Johanson/Vahlne (1977); Johanson/Vahlne (1990).

216 Vgl. Rottmann (1998), S. 34.

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Uppsala-Schule.217 Demnach tasten sich die Unternehmen schrittweise in

Auslandsmärkte hinein, wobei die Wahl der Marktanpassungsform in

Abhängigkeit vom damit einhergehenden ökonomischen Risiko vollzogen wird.

Die weitere Differenzierung in mehrere Phasen der institutionellen

Marktanpassung ist die Konsequenz der größeren Unsicherheit, der höheren

Informationsbeschaffungskosten sowie des Mangels an Expertenwissen über

ausländische Aktivitäten.218

Die Kritik an dem Internationalisierungs-Prozeß-Modell der Uppsala-Schule

richtet sich vor allem gegen das hohe Maß an Determinismus und

Unilinearität.219 Dabei wird die strategische Entscheidungsfreiheit des

Unternehmens für oder wider eine bestimmte Markteintritts- bzw.

Marktanpassungsform in dem Modell unterschlagen. Millington und Bayliss

analysierten die Bedeutung von Erfahrung und strategischer Planung bei der

Durchführung von Direktinvestitionen britischer Unternehmen in den Ländern

der Europäischen Gemeinschaft. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis, daß der

Erklärungsgehalt des Phasenmodells der Uppsala-Schule in erster Linie für

Unternehmen gilt, die sich in der Anfangsphase des

Internationalisierungsprozesses befinden.220 Insofern schränken sie auf diese

Weise den Aussagegehalt des Phasenmodells der Uppsala-Schule ein. Auch

Sullivan und Bauerschmidt vertreten im Rahmen einer Untersuchung über die

Wahrnehmung von Entscheidungsträgern hinsichtlich Anreizen und Barrieren

zur Internationali-sierung die Auffassung, daß der Erklärungsgehalt des Phasen-

modells der Uppsala-Schule im Zeitverlauf abgenommen hat.221

Johanson/Vahlne relativierten als Reaktion auf diese Kritiken und empirischen

Ergebnisse die Erklärungskraft des Phasenmodells der Uppsala-Schule und

217 Vgl. Bilkey/Tesar (1977). 218 Vgl. dazu exemplarisch Engelhard/Eckert (1994), S. 15ff.; Bamberger/Evers (1994), S. 251ff. 219 Zur Bewertung des Uppsala-Modells vgl. Andersen (1993), S. 216 ff 220 Vgl. Millington/Bayliss (1990). 221 Vgl. Sullivan/Bauerschmidt (1990).

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erläutern einschränkende Bedingungen für dessen Gültigkeit:222 Ungeachtet der

Kritiken am immanenten Determinismus des Internationalisierungs-Prozeß-

Modells der Uppsala-Schule sehen Johanson/Vahlne keine Veranlassung, ihr

Phasenmodell zu verwerfen.223 Das Internationalisierungs-Prozeß-Modell der

Uppsala-Schule konzentriert sich in seiner Analyse auf den Prozeßcharakter des

Untersuchungs-gegenstandes und betrachtet diesen aus einer

verhaltensorientierten Perspektive heraus. In forschungsmethodischer Hinsicht

liegt der Schwerpunkt somit auf Längsschnittuntersuchungen, in denen die

Internationalisierungsprozesse von Unternehmen im Zeitablauf untersucht

werden. Damit eignet sich dieser Er-klärungsansatz insbesondere zur Analyse

der Internationalisierungsaktivitäten von Unternehmen über einen längeren

Betrachtungszeitraum bzw. mehrere Phasen.

222 Zum einen merken Johanson und Vahlne an, daß die Auswirkungen von Veränderungen in den

Auslandsmärkten für Unternehmen, die über umfangreiche Ressourcen verfügen, weniger gravierend sind. Da insbesondere große Unternehmen über umfangreiche Ressourcen verfügen, ist zu erwarten, daß sie tendenziell umfangreichere Veränderungen in den Auslandsengagements vornehmen. Zum anderen räumen Johanson und Vahlne ein, daß die Bedeutung von Erfahrungswissen sich verringert, wenn die Rahmenbedingungen im Auslandsmarkt relativ stabil und homogen sind und das notwendige Wissen über Auslandsmärkte auch auf andere Weise gewonnen werden kann. Zudem können Erfahrungen, die durch Aktivitäten in Auslandsmärkten mit ähnlichen Rahmenbedingungen gesammelt wurden, auch auf den jeweiligen Auslandsmarkt übertragen werden, wodurch die subjektiv empfundene Unsicherheit bezüglich des spezifischen Auslandsmarktes reduziert werden kann. Vgl. hierzu Johanson / Vahlne (1990).

223 Johanson / Vahlne (1990), S. 14: “....this argument is quite plausible but should perhaps not primarily be an argument against the process model - unless it is directed at the manifestations of the model - but rather an argument for development and differentiation of the model.“

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4. Fazit

Das Forschungsproblem dieser Arbeit liegt in der Erklärung des Unternehmens-

verhaltens bei der institutionellen Marktanpassung in ausländischen Schlüssel-

märkten unter veränderten Rahmenbedingungen. Es wurde vorab dargestellt,

welche theoretischen Ansätze zur Erklärung der institutionellen

Marktanpassung in Frage kommen. Dabei wurde festgestellt, daß das Aufstellen

eines einzigen, alle Fragen und Variablen umfassenden theoretischen

Erklärungsansatzes zur institutionellen Marktanpassung aufgrund der hohen

Komplexität des Variablenfeldes und dessen Dynamik nicht möglich ist.

Sowohl die Transaktionskosten- bzw. Internalisierungstheorie als auch die

Eklektische Theorie tragen weder der verhaltenswissenschaftlichen Perspektive

noch der Dynamik des Internationalisierungsprozesses ausreichend Rechnung.

Beide Ansätze befassen sich zwar mit grundsätzlichen Aspekten der

Internationalisierung, ohne aber die konkrete Verhaltens- bzw. Vorgehensweise

des Unternehmens in einem konkreten ausländischen Schlüsselmarkt oder im

Zeitablauf zu thematisieren.

Der situative Ansatz (Kontingenzansatz) ist gleichwohl in der Lage, die

verhaltenswissenschaftliche Perspektive in die Analyse mit einzubeziehen. Die

statische Sicht beschreibt die in Abhängigkeit von situativen

Rahmenbedingungen zu einem definierten Zeitpunkt gewählte institutionelle

Gestaltungsform. In forschungsmethodischer Hinsicht liegt der Schwerpunkt

auf Querschnittsanalysen, in denen Verhaltensweisen von Unternehmen in

Auslandsmärkten zu einem definierten Zeitpunkt untersucht werden.

Die Phasenmodelle der Internationalisierung und insbesondere das Modell

der Uppsala-Schule konzentrieren sich in ihrer Analyse auf den Prozeßcharakter

des Untersuchungsgegenstandes und betrachten diesen ebenfalls aus einer

verhaltensorientierten Perspektive heraus. Der große Verdienst der Phasen-

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modelle liegt einerseits in ihrer konsequent dynamischen Ausrichtung, durch

die sie den prozessualen Charakter der Internationalisierung in den Vordergrund

stellen. Andererseits gehen die Modelle von einer verhaltensorientierten

Betrachtungsweise aus, die es ermöglichen, die Entwicklung des Engagements

einzelner Unternehmen in Auslandsmärkten nachzuvollziehen. Die

Phasenmodelle beabsichtigen die Komplexität der Internationalisierung eines

Unternehmens durch eine Vielzahl von interagierenden Variablen zu erfassen.

Darüber hinaus wird der Versuch unternommen, die Dynamik des

Internationalisierungsprozesses durch Längsschnittuntersuchungen abzubilden

und dabei Änderungen der Unternehmenskonfiguration im Zeitablauf zu

analysieren. Dabei eignet sich insbesondere das Phasenmodell der Uppsala-

Schule zur Analyse der Internationali-sierungsaktivitäten bzw. -formen von

Unternehmen über einen längeren Betrachtungszeitraum, also mit Veränderung

der gesetzten EU-Rahmenbedingungen.

Mit Blick auf den vorliegenden Untersuchungsgegenstand besteht die grund-

sätzliche Schwierigkeit von methodischer Seite darin, die Internationali-

sierungsdynamik durch einen situationstheoretischen Ansatz angemessen

abzubilden. Es mangelt vor allem an Kriterien, anhand derer die theoretisch

unendliche Zahl von Konstellationen im Verlauf der Unternehmensentwicklung

auf die relevanten Konstellationen reduziert werden kann. Zur Erklärung des

Marktanpassungs-verhaltens werden hier statische und dynamische

Komponenten gleichzeitig betrachtet. Es werden so gerade die Einflußfaktoren

bestimmt, die das Marktanpassungsverhalten konkret beeinflussen. Eine bessere

Operationalisierung des Erklärungsansatzes ist nach Ansicht des Verfassers

zudem durch die Wahl einer kleineren Analyseeinheit zu erreichen. In diesem

Zusammenhang läßt sich die Beschränkung des Forschungsvorhabens auf die

internationalen Aktivitäten eines Unternehmens in Bezug auf ein spezifisches

Zielland bzw. einen Schlüsselmarkt anführen. Ein solches Vorgehen ermöglicht

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die strukturelle und kontextspezifische Komplexität des Internationalisierungs-

prozesses zu reduzieren und den Internationalisierungspfad eines Unternehmens

für den ausgewählten Schlüsselmarkt, und zwar in der EU, abzubilden.

Die Konzeptualisierung des Zusammenhangs zwischen der Entwicklung des

EU-Binnenmarktes und der institutionellen Marktanpassung von KMU stützt

sich in dieser Arbeit daher auf die dynamischen Phasenmodelle der Inter-

nationalisierung (insbesondere Uppsala-Schule) und auf statische situative

Ansätze (Kontingenzansätze). Die nachfolgende Abbildung stellt nochmals die

relevanten Theorieansätze zur Erklärung der institutionellen Marktanpassung

dar. 224

Abbildung 19 Theorieansätze zur Erklärung der institutionellen

Marktanpassung

Statische Ansätze Dynamische Ansätze

Transaktionskostentheorie

Eklektische Theorie

Kontingenzansatz

Produktlebenszyklustheorie

Phasenmodelle der Internationalisierung

Mit der folgenden Abbildung 20 soll versucht werden, den Zusammenhang

zwischen der institutionellen Marktanpassung und den verschiedenen Theorie-

ansätzen zu verdeutlichen. Dazu ist es nach Perlitz notwendig, die Leistungs-

fähigkeit des Unternehmens (interne Erfolgspotentiale) und die externen

Rahmenbedingungen in einzelne Bestimmungsfaktoren zu untergliedern.225

224 Die Transaktionskosten- bzw. Internalisierungstheorie als auch die Eklektische Theorie liefern

wichtige spezifische Bestimmungsfaktoren bzw. Variablen, die ergänzend in das für die Untersuchung relevante Beschreibungs- und Erklärungsmodell implementiert werden.

225 Vgl. zur Systematik Perlitz (1997), S. 78ff.

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Dabei werden bei den einzelnen Internationalisierungsansätzen und relevanten

Vertretern lediglich die Haupterklärungsvariablen berücksichtigt, so daß die

Abbildung 20 eine vereinfachte Darstellung der komplexen Zusammenhänge

bietet.

Abbildung 20a Zusammenhang zwischen der Unternehmens- sowie der

Umweltanalyse und den Internationalisierungsansätzen

unter Betrachtung unterschiedlicher, internationaler

Marktanpassungsformen

externeRahmenbedingungen

politisch-rechtlicheRahmenbedingungen

wirtschaftlichrelevante Aspektedes Rechtssystems

ordnungspolitischeRahmenbedingungen

sozio-kulturelleRahmenbedingungen

wirtschaftlicheRahmenbedingungen

Eklektische Theorie (Lecraw, Brewer etc.)Situativer Ansatz (Hood/Young/Reeves et al. etc.)Phasenmodelle (Artisien, Macharzina/Engelhard)

vorhandeneInfrastruktur

gesamtwirtschaftlicheRahmenbedingungen

Absatzbedingungen

Rahmenbedingungender Beschaffung

kulturelle Normen

gesellschaftlicheWerte / Einstellungen

Transaktionskostentheorie (Hill/Kim)Eklektische Theorie (Lecraw, Brewer)Situativer Ansatz (Root, Berg )Phasenmodelle (Macharzina et al., Rao/Naidu)

Transaktionskostentheorie (Davidson et al. etc.)Eklektische Theorie (Dunning, Lecraw, Hill et al.)Situativer Ansatz (Ginsberg/Venkatraman, Root)Phasenmodelle (Johanson/Vahlne, Piercy etc.)

Transaktionskostentheorie (Hill/Kim etc.)Eklektische Theorie (Lecraw, Dunning)Situativer Ansatz (Root)Phasenmodelle (Rao/Naidu, Macharzina et al. etc.)

Transaktionskostentheorie (Davidson/McFetridge)Eklektische Theorie (Dunning, Lecraw, Hill et al.)Situativer Ansatz (Ginsberg et al., Hood et al. etc.)Phasenmodelle (Piercy, Macharzina et al., etc.)

Transaktionskostentheorie (Teece, Hill/Kim)Eklektische Theorie (Dunning, Hill et al., Lecraw)Situativer Ansatz (Hood et al, Simon, Root)Phasenmodelle (Piercy, Artisien, Rao/Naidu etc.)

Transaktionskostentheorie (Hennert )Eklektische Theorie (Hill/Hwang/Kim, Lecraw)Situativer Ansatz (Ginsberg/Venkatram, Root))Phasenmodelle (Millington/Bayliss, Piercy etc.)

Transaktionskostentheorie (Davidson/McFetridge)Eklektische Theorie (Hill/Hwang/Kim, Dunning)Situativer Ansatz (Ginsberg/Venkatram, Root)Phasenmodelle (Millington/Bayliss, Juul/Walters)

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Abbildung 20b Zusammenhang zwischen der Unternehmens- sowie der Umweltanalyse und den Internationalisierungsansätzen unter Betrachtung unterschiedlicher, internationaler Marktanpassungsformen

interne Erfolgspotentiale des Unternehmens

institutionelleMarktanpassung

externeRahmenbedingungen

TransaktionskostentheorieEklektische Theorie

Situativer AnsatzPhasenmodelle

Unternehmenspotentiale

Produktpotentiale

Transaktionskostentheorie (Teece, Contractor, Hill/Kim)Eklektische Theorie (Lecraw, Kim/Hwang)Situativer Ansatz (Root, Ali/Camp)Phasenmodelle (Turnbull)

Fähigkeiten

Kenntnisse

Technologie

Eigenschaften

Leistungs-differenzierung

Image

Finanzkraft

Transaktionskostentheorie (Buckley/Casson, Kogut)Eklektische Theorie (Dunning)Situativer Ansatz (Root, DuBois)Phasenmodelle (Johanson/Vahlne, Bilkey/Tesar, Macharzina/Engelhard)

Transaktionskostentheorie (Buckley/Casson, Hennart, Hill/Kim, Kogut)Eklektische Theorie (Dunning, Lecraw)Situativer Ansatz (Ali / Camp, Root, DuBois)Phasenmodelle (Johanson/Vahlne, Bilkey/Tesar, Piercy, Artisien etc.)

Transaktionskostentheorie (Davidson/McFetridge, Kogut)Eklektische Theorie (Dunning, Hill/Hwang/Kim)Situativer Ansatz (Simon, Root, DuBois)Phasenmodelle (Artisien, Turnbull)

Transaktionskostentheorie (Teece, Anderson/Coughlan)Eklektische Theorie (Dunning)Situativer Ansatz (Root, Ali/Camp, DuBois)Phasenmodelle (Artisien, Turnbull)

Transaktionskostentheorie (Hennert)Eklektische Theorie (Dunning, Lecraw)Situativer Ansatz (Root, DuBois)Phasenmodelle (Artisien, Macharzina/Engelhard)

Eklektische Theorie (Dunning)Situativer Ansatz (Ginsberg/Venkatram, Simon, Young, Root)Phasenmodelle (Piercy, Artisien, Macharzina/Engelhard)

TransaktionskostentheorieEklektische Theorie

Situativer AnsatzPhasenmodelle