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IM DIALOG brücke-sh.de

im Dialognews.eformation.de/client/media/193/data/37257.pdf · 2015. 3. 13. · Beruf. Sie brauchen unsere achtung vor ihrer Unter-schiedlichkeit als Menschen sowie unsere Sicht auf

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im Dialog

brücke-sh.de

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iebe Leserinnen und liebe Leser,

was geht ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie sich das Titelmotiv anschauen?

Wir haben es ausgewählt, weil es Raum bietet. Für Entfal-tungsmöglichkeiten. Für neue ideen. Für Bewegungsfrei-heit, Spielräume, Vielfalt. Da-mit passt es gut zur arbeit der Brücke Schleswig-Holstein (Brücke SH) und zu dem, was wir ihnen mit dieser Unter-nehmensbroschüre vorstellen möchten.

auf den folgenden Seiten er-fahren Sie, was uns ausmacht und welche leistungen Sie von uns erwarten können. gleichzeitig ist die Broschüre eine Momentaufnahme: Von dem, was ist, welchen anfor-derungen wir uns stellen und wo wir als anbieter von leis-tungen und Hilfen für Men-schen mit psychischen Er-krankungen neue Modelle mitgestalten. Eine Moment-aufnahme ist sie auch deshalb, weil vieles in unserer Versor-gungslandschaft im Umbruch ist. Über die Hintergründe und unsere Vision zu diesen Entwicklungen lesen Sie mehr ab Seite 6: „Mitten im leben“.

im Dialog – der Titel ist Kon-zept. Wir haben die Men-schen, die ihnen in den verschiedenen artikeln be- gegnen, befragt, ihnen zu-gehört und nachgehakt. Je-de und jeder als Spezialist/in in eigener Sache. So ist eine gesamtschau entstanden, die den Blick von innen mit dem von außen verbindet. las-sen Sie sich zum Beispiel von Barbara Pels-leusden, gri-scha-levin lunow und Hel-ga Helmig ab Seite 18 erzäh-len, warum unser „fleet“ viel mehr ist als ein Stadtteil-Res-taurant. oder folgen Sie uns nach Husum. Dort beteili-gen wir uns seit 2012 am Mo-dellprojekt der Kommune zur sozialraumorientierten Ein-gliederungshilfe. Warum die-ses Konzept zukunftsweisend ist, erfahren Sie aus vier un-terschiedlichen Perspektiven ab Seite 34. Begegnen Sie Tieß Schmitt, Nutzer der Brücke SH in Schleswig, der durch sein Ehrenamt selbst zum Begleiter geworden ist, ab Sei-te 40.

Wir sind sicher, auch wenn Sie uns schon kennen, wer-den Sie bestimmt neue Sei-ten von uns kennenlernen. Wir wünschen ihnen eine an-regende lektüre. Sprechen Sie uns an: wenn Sie ein The-ma aufgreifen und weiter dis-kutieren möchten oder wenn Sie Fragen haben oder einfach weitere informationen haben möchten. Denn den Titel un-serer Broschüre haben wir mit Bedacht gewählt. Wir laden Sie hiermit herzlich ein: zum Dialog mit der Brücke Schles-wig-Holstein.

ihr

Wolfgang Faulbaum-Decke,

Geschäftsführer

Robert Schenk,

stellvertretender Geschäftsführer

Editorial

lWolfgang Faulbaum-Decke,

Geschäftsführer (links), und

Robert Schenk, stellvertretender

Geschäftsführer (rechts).

02

„ich probiere WaS auS unD Wenn eS klappt, laSSe ich eS eRSt mal So. Dann Gucke ich, WaS ich steigern kann – immeR schritt für schritt.“ tieSS Schmitt

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inhalt

iNHalTBrücke Schleswig-Holstein: Mitten im LebenEine Standortbestimmung

Treffen, essen, helfen: Menschen im fleet Das Stadtteil-Restaurant der Starthilfe Kiel

Das fleet in ZahlenEine info-grafik

Sich erproben, beruflich einsteigen, arbeiten – Dienstleistungen für alle

Teilhabe am Arbeitsleben für alle Menschen Die Fachdienste arbeit und die integrationsfachdienste

GEstErn – hEutE – morGEn arbEit & bEruf

06

Zwei Stunden, die viel verändernUnsere Beteiligung am Modellprojekt zur sozial-raumorientierten Eingliede-rungshilfe

WohnEn & lEbEn

3418

23

24

22Die Basis unserer Arbeit: eine starke Strukturgesellschafter, Vereins- und Verbandsarbeit

basis & nEtzWErk

10

Beraten, begleiten, unterstützenalle angebote und Hilfen im Überblick

hilfEn & untErstützunG

16Fachbegriffe zum Nachschlagen

Glossar

48

adressen und zentrale ansprechpartnerinnen und ansprechpartner regionaler Standorte der Brücke SH

adrEssEn

50

Es geht auch andersintegrierte Versorgung psy-chische gesundheit gemein-sam gestalten

GEsundhEit & thErapiE

26

Räume, in denen Menschen wachsen könnenDie Brücke SH als arbeitgeberin

untErnEhmEns-kultur

12

Ich brauche nicht nur, ich werde gebrauchtVom Nutzer zum Begleiter: Tieß Schmitt

frEizEit & kontakt

40

Gesundheit ist die Voraus-setzung für ErfolgWie die aCT gmbH die gesundheitsförderung der Brücke SH nutzt

bEtriEblichEGEsundhEit

44

26

18

34

04

Gemeindenahe Psychiatrie und sozialpsy-chiatrische Hilfen – diese Fachbegriffe sind seit 30 Jahren Leitmotive der Brücke Schles-wig-Holstein. Was es damit auf sich hat und wie unsere Arbeit wirkt, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

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GEstErn – hEutE – morGEn

M

mitten im lEbEn

itten im leben – drei einfache Worte aus dem Zielbild der Brücke Schleswig-Holstein mit großer Bedeutung für Menschen mit psychischen Erkrankungen oder seelischen Behinderungen. Mitten im leben sein, sich beteiligen, wahrgenommen und akzep-tiert werden, so wie ich bin. Heute erscheint dies einfach und selbstverständlich. aber ist es so und gilt das für Menschen mit psychischen Erkrankungen, für Menschen, die auf gesellschaftliche Unterstützung und Hilfen des Sozialstaates angewiesen sind? Und was ist zu tun, damit diese drei Worte selbst-verständlich sind?Eine antwort darauf lohnt den Blick zurück in die Zeit der 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Menschen mit psychischen Erkrankungen – und insbe-sondere mit chronischen Erkrankungen – lebten vielfach nicht mitten unter uns, sondern in anstalten und Heimen außerhalb des gesellschaftlichen lebens. aus gesellschaftskritischen Bewegungen in den 60er Jahren heraus organisierten sich die ersten Vereinigungen,

die sich für die interessen von Menschen mit psychischen Erkrankungen stark mach-ten. Dies führte mit dazu, dass der damalige Bundestag Fachleute mit einer Erhebung zur lage der psychiatrischen Versorgung in Deutschland beauftragte. ihr Bericht, die Psychiatrie-Enquete, wurde im September 1975 veröffent-licht. Und die Ergebnisse wa-ren erschütternd. Menschen mit psychischen Erkrankun-gen und seelischen Behin-derungen lebten in elenden, teilweise menschenunwür-digen Umständen. Verwahrt, abgegrenzt von der allgemei-nen gesundheitsvorsorge und -fürsorge und damit auch von der gesellschaft.

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brücke schleswig-holstein: Vor ort – sozial – psychiatrisch

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GEstErn – hEutE – morGEn

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teil 1 der psychiatrie-reformEmpfehlungen der Enquete-kommission waren unter anderem Beratungsdienste und Selbsthilfegruppen zu fördern, gemeindenahe Versorgung aufzubauen sowie große psychiatrische Kran-kenhäuser umzugestalten. Engagierte Bürgerinnen und Bürger bauten gemeinsam mit professionellen Fachleuten erste sozialpsychiatrische Hilfsangebote in der gemein-de auf. alle hatten sie das Ziel, vor ort gut zu erreichende Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu erbringen. aus dieser Be-wegung heraus bildeten sich überall im land Vereine und gemeinnützige Unternehmen. Die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Brücke Schleswig-Holstein nehmen ihre arbeit auf, der gesell-schaftsvertrag wird am 4. oktober 1984 unterzeichnet.

Fürsorge, Eingliederung und integration von Menschen mit psychischen Behinderun-gen – von diesem leitgedan-ken waren wir in unseren anfängen getragen. Hieran orientierten sich die angebote in den Bereichen Wohnen, arbeit, medizinische Versor-gung sowie Freizeit. Politisch und gesellschaftlich gestützt wurden diese Konzepte durch gesetzliche Regelungen – 1986 trat das Schwerbehinderten-gesetz in Kraft – sowie durch Übernahme der Kosten durch unterschiedliche öffentliche Träger.

Dank Empathie und Einsatz-bereitschaft gelang es uns nach und nach mit der Sozial- und gemeindepsychiatrie in Deutschland, eine humane psychiatrische Hilfslandschaft vor ort aufzubauen. Dies und das wachsende Selbstbe-wusstsein sowie das mutige Engagement von Menschen mit psychischen Erkrankun-gen haben deutlich zur Ent-stigmatisierung beigetragen. Doch gibt es hierbei einerseits auch Schattenseiten: Differen-zierte Hilfsangebote, flankiert von mitunter überfürsorgli-chem professionellem Han-

deln, führten zum Entstehen ambulanter Sondergemein-schaften für Menschen mit psychischen Erkrankungen. andererseits wiederum war dieser Entstehungsprozess notwendige Basis für die weitere Entwicklung: von der Fürsorge zur Teilhabe. Hatten sich Menschen mit (psychischen) Behinderungen und sie begleitende Fachkräfte seit geraumer Zeit für mehr Mitbestimmung und Eigen-verantwortung stark gemacht, so wurde dies 26 Jahre nach der Psychiatrie-Enquete sozi-alpolitisch untermauert. am 1. Juli 2001 trat das gesetz zur „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ in Kraft, das Schwerbehinder-tengesetz wurde damit aufge-hoben. in kleinen Schritten wurden die Erfolge sichtbar, etwa durch gewählte Beiräte in der Brücke SH, die die inte-ressen von Bewohner/innen von Wohnhäusern vertreten, oder durch eigenverantwort-lich initiierte arbeitsbereiche und gruppenangebote.

teil 2 der psychiatrie-reform hat begonnenMit der Unterzeichnung des Übereinkommens der UN über die Rechte von Men-schen mit Behinderungen und deren gültigkeit in Deutschland seit dem 26. März 2009 sind wir in Teil 2 der Psychiatriereform angekommen: Damit haben wir uns verpflichtet, sozial-psychiatrische Hilfsangebote grundlegend zu erneuern. Mit ihrem Wirken werden die Sondergemeinschaften behindert/nicht behindert aufgehoben zugunsten der Normalität gemeinsamen le-bens, das die lebensqualität aller Bürger und Bürgerinnen steigert.

im Herbst 2014 feiern wir bei der Brücke Schleswig-Hol-stein das 30-jährige Jubiläum unseres Unternehmens. Er-wachsen, mit Berufserfahrun-gen und viel Kraft, um Neues auf den Weg zu bringen, sind wir dabei, uns zu reformie-ren. Empowerment, Selbstbe-stimmung, Partizipation von Psychiatrie-Erfahrenen als geschulte genesungsbeglei-ter, sozialräumliche arbeit sowie schließlich der abbau einrichtungszentrierter angebote sind neue Heraus-forderungen für uns.Das wird das zukünftige Handeln aller Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter der Brücke SH bestimmen. Wir werden personenzentrierte leistungssysteme aufbau-en, in denen Menschen mit Unterstützungsbedarf Hilfen unabhängig vom ort der leistungserbringung frei gestalten können; wir werden persönliche assistenz auf augenhöhe leben; medizi-nische Behandlung wird in der eigenen Häuslichkeit und verstärkt in ambulanten und teilstationären angeboten erbracht werden; und wir werden mit aller Kraft weitere Hindernisse auf mentaler

Ebene aus dem Weg räumen.Ein Hindernis sind beispiels-weise verknappte finanzi-elle Ressourcen im land. aber gerade diese Situation fordert uns auf, bestehende Versorgungsstrukturen zu überdenken, kreativ neue leistungen zu entwickeln und diese vertrauensvoll umzusetzen. Erste Wege sind bereits beschritten, wie sozi-alräumliche Budgetmodelle in der Eingliederungshilfe sowie Modellvorhaben mit Krankenkassen im Rahmen der integrierten Versorgung. Damit wird erstmals außer-klinische Krisenversorgung in eigenen Rückzugshäusern oder -wohnungen und umfas-sende ambulante Behandlung möglich.

Was also brauchen Menschen mit psychischen Erkrankun-gen, wenn es gelingen soll, mitten im leben zu sein? Sie brauchen die Möglichkeit, ei-gene Entscheidungen zu tref-fen, sowie Unabhängigkeit, Unterstützung abzufordern, wenn sie nötig ist, Chancen-gleichheit bei Bildung und im Beruf. Sie brauchen unsere achtung vor ihrer Unter-schiedlichkeit als Menschen

sowie unsere Sicht auf ihre persönlichen Ressourcen und ihre inneren Potenziale. Teil 2 der Psychiatriereform ist eine wahre Herausfor-derung – an uns bei der Brücke SH und an uns in der gesellschaft. Mit aller Kraft setzen wir uns dafür ein, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen mitten im leben sind und ihren selbst-bestimmten Platz in unserer gemeinschaft haben.

„... empoWeRment, SelbStbeStimmunG, SozialRäumliche aRbeit, DeR abbau einRich-tunGSzentRieRteR anGebote SinD neue herausforderungen FüR unS.“WolFGanG Faulbaum-Decke

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Gesellschafter des unternehmens sind– paRitätiScheR Wohlfahrtsverband Schleswig-holstein e.V.,

www.paritaet-sh.org

– brücke Schleswig e.V.

– anker e.V., www.anker-lauenburg.de

– brücke elmshorn e.V., www.bruecke-elmshorn.de

– Die brücke Dithmarschen e.V., www.bruecke-

dithmarschen.de

– Die Fähre e.V.

tochterunternehmender brücke Schleswig-holstein sind mit unterschiedlichen

beteiligungsverhältnissen:

– paritätische pflege Schleswig-holstein gGmbh,

www.pflege-sh.com

– abitato managementgesellschaft seelische Gesundheit

gGmbh, www.abitato.de

– integrationsfachdienst Schleswig-Flensburg gGmbh,

www.integrationsfachdienst-sl-fl.de

Verbände, mitgliedschaften in anderen organisationenkernauftrag der brücke Sh ist, menschen mit psychischen be-

hinderungen, seelischen erkrankungen oder sozialen benach-

teiligungen zeitgemäße hilfen, unterstützung sowie beglei-

tung zu geben. eine weitere aufgabe des unternehmens ist,

sich aktiv für die interessen von menschen mit den genannten

besonderheiten einzusetzen. Dies ist möglich über austausch,

beratung und arbeit in Verbänden, in denen die brücke Sh

mitglied ist:

PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V., KielDer Verband gehört zu den großen Wohlfahrtsverbänden

in Deutschland. er hat in Schleswig-holstein wesentlichen

anteil an der entwicklung der Gemeindepsychiatrie und ist

Gesellschafter der brücke Sh. mehr als 500 gemeinnützige

organisationen, Verbände und Selbsthilfegruppen sind in ihm

zusammengeschlossen. Die aufgabe des paRitätiSchen ist,

die Selbstbestimmung von menschen zu unterstützen, die auf

soziale hilfe angewiesen sind – ob als nutzer/innen von un-

terstützungsleistungen, patienten oder Ratsuchende. zudem

werden die interessen von ehrenamtlich oder beruflich enga-

gierten in der Sozialwirtschaft gegenüber politik, behörden

und Verwaltungen vertreten.

Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V., BonnDer überregional tätige Verband unterstützt die arbeit der

sozial- und gemeindepsychiatrisch ausgerichteten initiativen,

Vereine und gemeinnützigen unternehmen durch beratung,

Fortbildung und information. Für seine aktuell mehr als 240

mitgliedsorganisationen werden kontakte zu politikern/innen,

zu entscheidern und Geldgebern gepflegt mit dem ziel, hilfen

und unterstützungsleistungen für menschen mit psychischen

behinderungen oder seelischen erkrankungen zu entwickeln,

die zeitgemäß, ressourcenorientiert und an den bedürfnissen

der betroffenen menschen ausgerichtet sind. zu den kern-

merkmalen des Dachverbands Gemeindepsychiatrie zählt,

dass seine mitglieder menschen mit seelischen erkrankungen,

psychiatrie-erfahrene, angehörige von menschen mit psychi-

schen behinderungen sowie freiwillig engagierte bürger/innen

neben den professionellen Fachkräften aktiv und verantwort-

lich beteiligen.

zudem engagiert sich die brücke Schleswig-holstein in folgen-

den größeren regionalen und überregionalen Vereinen und

Verbänden:

Bundesarbeitsgemeinschaft Integrationsfirmen e.V., Berlin interessenverband gemeinnütziger betriebe, privater Wirt-

schaftsunternehmen, von beschäftigungsgesellschaften und

trägern von arbeitsprojekten. ziel ist zum einen die Verbesse-

rung der Rahmenbedingungen und die bestandssicherung von

integrationsbetrieben; zum anderen den aufbau, ausbau und

die konsolidierung von integrationsfirmen zu unterstützen, um

deren handlungskompetenzen nach innen und außen zu stär-

ken und die wirtschaftliche tragfähigkeit positiv zu gestalten.

Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung e.V., Hamburg hat mit ihrem breiten Spektrum der mitglieder das ziel, das

konzept der unterstützten beschäftigung zu verbreiten, um

menschen mit behinderungen faire chancen in betrieben des

allgemeinen arbeitsmarktes zu ermöglichen.

Die baG ub vertritt die interessen derer, die den Grundsät-

zen der unterstützten beschäftigung nahestehen und sie

verbreiten. Dazu zählen: menschen mit behinderungen, ihre

unterstützer/innen, (integrations-)Fachdienste und sonstige

anbieter zur teilhabe am arbeitsleben, Schulen sowie die

behindertenhilfe/-selbsthilfe.

Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V., Frankfurt a. M. berät und informiert seine mitglieder und unterstützt sie

darin, menschen auf vielfältige Weise teilhabe an arbeit und

Gesellschaft zu ermöglichen – wenn diese ihr leben aufgrund

von behinderungen nicht, noch nicht oder noch nicht wieder

durch erwerbsarbeit auf dem allgemeinen arbeitsmarkt sichern

können.

Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e. V., Berlin ist ein Deutschlandweit agierender Verein mit der zielsetzung,

die integrierte Versorgung in der medizinischen, pflegerischen

und sozialen betreuung als Regelfall durchzusetzen.

Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein e.V., Kiel akutkrankenhäuser, praxis- und tageskliniken und

auch Rehabilitationseinrichtungen können mitglieder

des Vereins sein. Gemeinsames ziel ist, das Gesund-

heitswesen im land zu fördern und u. a. für die

pluralität von öffentlichen, freigemeinnützigen und

privaten krankenhausträgern einzutreten.

Die BaSiS unSeReR Arbeit: eine starke STRUKTUR

11

Gesellschafter, Verbände, Vereine und andere organisationen – gut verbunden setzen wir uns auf verschiedenen Ebenen für seelische Gesundheit ein. zuallererst in unserer täglichen arbeit. aber auch darüber hinaus, indem wir themen setzen, uns gesellschaftlich und gesundheitspolitisch einmischen, in schleswig-holstein und auf bundesebene.

basis & nEtzWErk

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ühren – der oben genannte Satz aus unserem Unterneh-menszielbild gilt nicht nur für die Menschen, die sich uns an-vertraut haben und die wir bei ihrer selbstbestimmten le-bensführung partnerschaft-lich begleiten, ermutigen und unterstützen. Er gilt gleicher-maßen auch für unsere Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind die Quelle unseres Er-folges und des gelingens gu-ter arbeit.

Deshalb setzen wir in unse-rer arbeitsorganisation auf das Prinzip der Selbstorgani-sation in einer flachen Hier-archie. Unsere Führungskräf-te geben ihren Mitarbeitenden einerseits inspiration und ge-nügend orientierung und Si-cherheit, damit sie ihre ar-beitsaufgaben mit Freude und hoher Qualität ausführen können. andererseits wer-den sie von ihnen immer wie-der eingeladen und ermutigt, ihre Handlungsspielräume zu nutzen und Verantwortung für die Ergebnisse ihres Tuns zu übernehmen. Unser obers-tes Ziel in der Mitarbeiterfüh-

rung ist, die Mitarbeitenden und Teams zu höchster Eigen-verantwortung und Selbst-steuerung zu befähigen, da-mit sie in ihrem arbeitsalltag möglichst ohne direkte Füh-rung auskommen und sich in ihrer arbeit in bester Weise als kreativ, leistungsstark und selbstwirksam erleben kön-nen. „Mitarbeiter führen“ be-deutet für uns, die leistung anderer zu ermöglichen, und ist damit „Führung zur Selbst-führung“.

Dieser organisationsansatz ist herausfordernd und an-spruchsvoll und braucht die leitidee der Fehlerfreundlich-keit. Wir sind davon über-zeugt, dass es uns damit ge-lingt, unsere Ressourcen und Potenziale in der organisati-on zur vollen Entfaltung zu bringen und unsere leistungs-fähigkeit und Dienstleistungs-qualität zu steigern. Das die-sem organisationsansatz zu grunde liegende Ziel ei-ner sich schrittweise empo-wernden organisation setzt gegenseitiges Vertrauen und ein hohes Maß an Verbunden-

heit mit den Zielen und Wer-ten des Unternehmens vor-aus. Deshalb beteiligen wir unsere Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen systematisch an der Weiterentwicklung unse-rer Ziele und Werte.

untErnEhmEnskultur

WiR SchaFFen räumE, in Denen Menschen WaCHSEN könnendie brücke sh als arbeitgeberin

F12

„... WiR fEiErn unSeRe eRFolGe.“

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untErnEhmEnskultur

lernenDie Brücke SH betreibt seit ih-rer Entstehung intensiv über verschiedenste Maßnahmen eine traditionelle Personalent-wicklung zur individuellen Weiterbildung in Form von Seminaren, Workshops und Zusatzausbildungen. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten vielfältige Möglichkeiten, ihre fachliche Qualifikation weiterzuentwickeln.

Entwicklung von Kompeten-zen ist aber mehr als der auf-bau von Wissen und Können. Kompetent am arbeitsplatz zu sein, bedeutet fähig zu sein, Handlungsspielräume zu nutzen, selbstorganisiert zu arbeiten, wirkungsvoll zu kommunizieren und seine Fä-higkeiten auch vor ort „auf die Straße zu bringen“. Formatierte Weiterbildungs-maßnahmen stehen nur selten

im strategischen Zusammen-hang mit der Entwicklung des Unternehmens und den sich daraus ergebenden anforde-rungen und Chancen. Die ra-santen Veränderungen in der sozialen arbeit der nächsten Jahre fordern uns deshalb da-zu auf, neuartige lernpro-zesse in der organisation zu entwickeln und lernsettings im direkten arbeitszusam-menhang zu gestalten, da-mit nicht nur die Person, son-dern das ganze arbeitssystem dabei lernen kann. Unser Fo-kus in der Personalentwick-lung verschiebt sich somit zunehmend von der Maßnah-menorientierung (klassische Seminarveranstaltung mit in-dividualanspruch) hin zur nachhaltigen Potenzialent-wicklung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Teams und Führungskräfte. Wir haben deshalb damit begonnen, zen-trale Themen aktueller und

zukünftiger arbeitsanforde-rungen und Veränderungs-prozesse als lernprojekte für Führungskräfte und Mitarbei-ter/innen aufzusetzen, die sich an den strategischen Zielen der nächsten fünf Jahre orien-tieren. in den lernprojekten ist der Praxistransfer bereits mit angelegt, sodass unsere Mitarbeiter/innen unmittelbar daran beteiligt werden, die ei-gene Zukunft bei der Brücke SH zu gestalten.

zusammenhaltenWir wissen: Wertschätzung schafft Wertschöpfung und trägt zum gelingen und Er-folg unserer arbeit wesent-lich bei. Deshalb arbeiten wir beständig an einer Kul-tur der achtsamkeit in unse-rem Unternehmen, in der sich alle Mitarbeiter und Mitar-beiterinnen nicht nur als ar-beitskraft, sondern auch als Mensch gesehen und respek-tiert fühlen. Sie sollen ihren persönlichen Beitrag zum ge-lingen des ganzen erkennen können und dafür anerken-nung und Bestätigung erfah-ren. Dies geschieht im kolle-gialen Miteinander und durch ehrliche persönliche Rück-meldungen. aber auch durch größtmögliche Transparenz und durch lebendige Rituale des offenen austausches und der Begegnung in den Teams und den Verbünden (z. B. „Wir feiern unsere Erfolge“)

wie auch auf der Ebene des gesamtunternehmens, z. B. in Form von Jahrestagungen und Familienfesten mit ange-hörigen und Freunden.

Wir halten es für wichtig, dass sich die Menschen in unse-rem Unternehmen miteinan-der verbunden fühlen, auch wenn dies in einer dezentral geführten organisation nicht immer ganz leicht ist. identi-fikation und ein starkes Zuge-hörigkeitsgefühl belebt die ei-gene Widerstandskraft, die wir für unsere arbeit brau-chen. Deshalb sind regelmä-ßige Zufriedenheitsbefragun-gen ein selbstverständlicher Teil unseres Personalmanage-ments. aus den Ergebnis-sen generieren wir vielfältige Maßnahmen der gesund-heitsförderung und zur Wei-terentwicklung unserer Un-ternehmenskultur.

„mitaRbeiteR führEn beDeutet FüR unS, Die leiStunG anDeReR zu eRmöGlichen, unD iSt Damit Füh-RunG zur sElbst-führunG.“ RobeRt Schenk

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hilfEn & untErstützunG

angebotsübersichtWenn hilfe gebraucht wird, für sich selbst oder für andere,

braucht es guten Rat ohne hürden und lange Wege.

in diesem Sinne setzen wir uns bei der brücke Sh seit 30 Jah-

ren für menschen mit seelischen erkrankungen, mit psychi-

schen behinderungen, mit erkrankungen durch Suchtmittel-

missbrauch sowie mit sozialen benachteiligungen ein.

Fachkräfte aus den bereichen pädagogik, medizin, handwerk

und Verwaltung sorgen in überschaubaren einrichtungen für

individuelle und weiterführende hilfen.

Die ziele und bedürfnisse der betroffenen menschen –

kinder, Jugendliche, erwachsene, ältere sowie deren angehöri-

ge und auch arbeitgeber/innen – stehen im mittelpunkt

unserer arbeit. Für sie und gemeinsam mit ihnen entwickeln

wir unsere leicht erreichbaren, persönlich gestalteten hilfen

fortlaufend weiter.

Wir unterstützen– in einer krisensituation,

– bei der lebensplanung,

– im umgang mit der seelischen erkrankung,

– beim Wiedergewinnen gesundheitlicher Stabilität,

– mit persönlich ausgerichteter hilfe,

– mit ambulanter behandlung,

– mit medizinischer Versorgung und pflege,

– im alltag, in der Freizeit,

– beim Wohnen und im Wohnumfeld,

– im arbeitsleben.

beratung und information bei fragen zur seelischen Gesundheitob Sie ein spezielles betreuungsangebot suchen oder unter-

stützung vor ort, beispielsweise zum Wohnen, zur behandlung

in einer tagesklinik oder bei der Suche nach einem geeigneten

arbeitsplatz – wir beraten Sie gern.

arbeit & berufarbeit und beschäftigung

arbeit und Rehabilitation

arbeitsprojekte

berufliche Rehabilitation:

berufsvorbereitendes training, Feststellungsmaßnahme

bürgerschaftliches engagement

Werkstatt für menschen mit psychischer behinderung

Fachdienst arbeit und iFD – integrationsfachdienst für alle

menschen mit behinderungen:

beratung, unterstützung und begleitung im beruf

beratung von betrieben und arbeitgeber/innen

übergang Schule-beruf

u 25 – berufsziel

Sicherung bestehender arbeitsverhältnisse

unterstützte beschäftigung

übergang Werkstatt-allgemeiner arbeitsmarkt

beruflicher Wiedereinstieg

Gesundheit & therapiebetriebliche Gesundheit: coaching/begleitung, beratung, the-

rapie; Vorträge; Workshops/Seminare; entspannungsangebote

bürgerschaftliches engagement

integrierte Versorgung psychische Gesundheit

psychiatrische tagesklinik

psychiatrische institutsambulanz

Rpk – medizinische und berufliche Rehabilitation

Sozialpsychiatrische krankenpflege

Wohnen & leben

ambulante hilfen

ambulante kinder-, Jugend- und Familienhilfe

bürgerschaftliches engagement

Familienhebamme

Jugendwohnhaus

Wohngruppen für menschen mit einer psychischen

erkrankung

Wohngruppen für menschen mit einer Suchterkrankung

Wohngruppen für junge erwachsene

Wohnhaus für menschen mit psychischen erkrankungen

Wohnhaus psychose und Sucht

Wohnhaus für menschen mit einer Suchterkrankung

freizeit & kontakt

begegnungsstätte

betreuung am übergang

bürgerschaftliches engagement

Gerontopsychiatrische tagesstätte

offener treff

tagesstätte

Beraten, beGleiten, untErstützEn

Schleswig

Hasselberg

Husum

Heide

Itzehoe

Elmshorn

Geesthacht

Schwarzenbek

Ratzeburg

Kiel

Plön

Preetz

Neumünster

unsere angebote und hilfen im überblick

unsere mitarbeiterinnen und

mitarbeiter beraten Sie gern. ein

ausführliches adressverzeichnis finden

Sie auf Seite 50.

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arbEit & bEruf

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ur wenige Schritte von der geschäftsstelle der Brücke SH in der Kieler Muhliusstra-ße entfernt liegt das „fleet“. Das Stadtteil-Restaurant ist eine abteilung der „Starthil-fe“ in der Brücke SH. Es bie-tet Menschen, die Unterstüt-zung brauchen, eine reguläre, aber dennoch geschützte und betreute arbeitsumgebung und einen gemeinsamen le-bens- und arbeitsalltag. Rund 100 Sitzplätze, ein belieb-tes Essensangebot von Früh-stück bis Mittagstisch und eine besonders familiäre at-mosphäre machen das fleet zum kommunikativen Dreh- und angelpunkt seines Stadt-viertels, der zahlreiche Men-schen mit unterschiedlichen geschichten anzieht und zu-sammenführt. Vier Beispiele.

das fleet als treffpunkt

„Hier darf jeder sein, wie erist.“ Barbara Pels-Leusden

„Über das fleet kann ich nur gutes erzählen.“ Barbara Pels-leusden kommt gleich zur Sache. Die 86-Jährige ist Stammgast der allerersten Stunde und fast täglich prä-sent – meist zum Mittagstisch oder einfach, um sich auf ei-nen Plausch zu treffen. Früher hat die vierfache Mutter und mehrfache großmutter regel-mäßig für ihre ganze Familie gekocht. „Heute habe ich da-zu keine lust mehr“, winkt sie lächelnd ab. ihr lieblings-gericht im fleet: Heringe mit Hausfrauensoße. „Mit viel Zwiebeln“, wie sie betont.

auch alles andere aus der fleet-Küche schmecke nicht nur außerordentlich gut, son-dern sei auch besonders ge-sund: „Die Köche haben im-mer viele gute ideen und kochen frisch und modern“, analysiert sie messerscharf. „Seit ich regelmäßig dort esse, fühle ich mich sehr fit.“

Dazu trägt wahrscheinlich auch die besondere Stim-mung bei. „So viele sehr liebe und nette Menschen, die je-dem gast selbstverständlich und herzlich entgegenkom-men“, schwärmt sie. auch Menschen, die sich aus unter-schiedlichen gründen nicht immer innerhalb der gesell-schaftlichen Norm verhalten, würden ganz selbstverständ-lich eingebunden. „Mit viel geduld und einer unverstell-ten Menschlichkeit, die ich so vorher noch nicht erlebt ha-be“, erzählt sie. „Hier herrscht einfach eine Stimmung, in der ich gut entspannen kann.“

Das tut sie mal allein, mal mit Freunden und Familie, und mal kommt sie einfach mit je-mandem am Nebentisch ins gespräch. Dass sie hier oft gäste aus dem künstlerischen Umfeld trifft, kommt ihr da-bei sehr entgegen. „Mein großvater war Kunstma-ler. Von dem habe ich wahr-scheinlich die leidenschaft für alles Künstlerische ge-erbt“, erzählt die Dame, die selbst eine Zeit lang grafik studiert hat und die die at-mosphäre des fleet so schätzt: Sie sei „besonders freiheit-lich“, bringt sie es auf den Punkt. „Hier muss sich nie-mand verstellen. Jeder kann einfach so sein, wie er ist.“

das fleet als arbeitsplatz

Helfen und Hilfe annehmen. Manfred Bucher und Grischa-Levin Lunow

gäste im fleet erleben Man-fred Bucher immer aufge-schlossen und fröhlich. Der 58-Jährige arbeitet seit über vier Jahren meist im Bistro und an der Essensausgabe – und bleibt auch bei Stress am Mittag die Ruhe selbst, wenn in zweieinhalb Stunden 200 bis 250 Essen an die Frau und an den Mann gebracht wer-den. „Da ist volle Konzentra-tion gefragt“, sagt der gelern-te Büromaschinentechniker, der beim direkten Kontakt mit den gästen merklich aufblüht: „Menschen zu helfen war schon immer mein Ding.“

Das war auch einer der grün-de, aus denen Manfred Bu cher mit 31 Jahren erst zum Kran-kenpfleger und Kompetenz-pfleger umgeschult und dann in Krankenhäusern und in ei-nem Hospiz gearbeitet hat. „Das war sehr erfüllend, zu-gleich aber auch sehr intensiv und kräftezehrend“, erinnert er sich. Dann wird er kurz ernst und sagt leise: „Diese Be-lastung war zu viel für mich.“

Heute ist der vierfache Vater und fünffache großvater pen-sioniert. „aber mit anfang 50 zuhause zu sitzen? Das kam für mich überhaupt nicht in Frage“, sagt er entschieden. „ich wollte stattdessen in ei-ner geschützten Werkstatt ar-beiten.“ Vielen gästen sei gar nicht bewusst, dass sie im fleet von Menschen bedient werden, die vielleicht nicht immer den gängigen Normen entsprechen. „Die wundern sich dann schon, wenn ihnen jemand mit einem Tick fünf-mal hintereinander ‚guten Morgen‘ wünscht“, lacht Man-

fred Bucher, der es sich auch zur aufgabe gemacht hat, sei-ne Freude an der arbeit an sei-ne jungen Kollegen weiterzu-geben.

Zum Beispiel an grischa- levin lunow. „Wenn ich es morgens vor die Tür geschafft habe, freue ich mich auf die arbeit im fleet“, sagt der 25-Jährige. Ein Praktikum in der Küche, als Servicekraft im Bistro oder in der Essensaus-gabe – hier gibt es viele Mög-lichkeiten, neue aufgaben zu erproben und im eigenen Tempo immer verantwort-licher zu arbeiten. Bevor grischa-levin lunow die-se Hilfe annehmen konn-te, musste sich der ehemali-ge Berufsfachschüler zunächst selbst eingestehen, wie krank er war: „ich sah keinen grund, mir helfen zu lassen. Bis es ei-nes Tages ‚klick‘ in mir ge-macht hat.“

tReFFen, eSSen, helfen: MENSCHENiM flEEt

N

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arbEit & bEruf

Mittlerweile bereichert er das fleet seit zwei Jahren: Flexi-bel und zuverlässig, freund-lich und höflich – so schät-zen ihn Kollegen und gäste. Umgekehrt fühlt auch er sich im fleet gesehen und beglei-tet: obwohl er nach seinen Schulerfahrungen eigentlich keine ausbildung mehr ma-chen wollte, haben die tägli-chen Herausforderungen und Erfolgserlebnisse im Stadtteil-Restaurant diesen Entschluss bereits verändert. grischa- levin lunow ist neugierig auf Zukünftiges und wird sich da-für gezielt weitere Hilfe holen: „Dass es überhaupt die Mög-lichkeiten für mich im fleet gibt und dass hier investiert wird, ist richtig gut.“

das fleet als anker

„Wir sind Stammgäste und Fans.“ Gunna und Walter Genz

„Jeden Tag Essen kochen“, sagt gunna genz und zwin-kert ihrem Mann zu, „das brauche ich zum glück nicht mehr.“ Denn von Montag bis Freitag packt Walter genz re-gelmäßig die Tupperdose ein, geht ins benachbarte Stadt-teil-Restaurant und lässt sich dort zweimal den Mittagstisch servieren. Und wenn grün-kohl oder andere lieblings-gerichte auf der Karte stehen, wird auch schon mal fürs Wo-chenende eingekauft: „ich hab noch eine Spargelsuppe einge-froren“, sagt der 69-Jährige.

Früher war Walter genz Pres-sesprecher der Telekom in Bonn. Nach seiner Pensio-nierung ist das Ehepaar dann nach Kiel gezogen. „als wir noch in Bonn gelebt haben, haben wir hier mehrmals im Jahr Urlaub gemacht“, erzählt gunna genz. „Unsere Tochter lebt hier, und wir haben ein

Wochenendhaus in der Nähe.“ Dort verbringen die beiden die Sommermonate. „aber wir kommen in die Stadt, wenn die Kultur uns ruft“, sagt ihr Mann. Zum Beispiel die open-air-oper auf dem Kieler Rathausplatz, die gaar-dener Kulturtage und Veran-staltungen im Werftpark.

aber das Ehepaar genz reist der Kultur nicht nur hinterher, es bringt sie auch ins fleet: Die lesungen der Volksbühne, bei denen die beiden Stammgäste sind, fanden zwei Jahre lang in einem Kieler Restaurant statt. „aber das war zu eng“, erin-nert sich Walter genz. „Da ha-ben wir den Veranstaltern das fleet vorgeschlagen.“ Mit Er-folg: Die lesungen haben sich nahtlos in die Vielfalt kultu-reller Veranstaltungen einge-reiht, die im fleet ihr Zuhause haben – von der lesung über Musikabende bis zur Ver-nissage.

aktiv sind gunna und Walter genz aber nicht in der Thea-terszene. „Wir sind nur Fans“, lachen sie, und meinen da-mit vermutlich sowohl die Kunst als auch das fleet. Dort hängt neben dem Eingang ei-ne Übersicht der kommenden Veranstaltungen aus, die Wal-ter genz genau im auge be-hält: „Wir müssen ja schließ-lich zusehen, dass wir etwas Schönes erleben.“

das fleet als kulturraum

„Zum Glück sind Menschenverschieden.“ Helga Helmig

„ich liebe die Vielfalt und ha-be keine angst vor Verände-rung.“ Was Helga Helmig über ihre Kunst sagt, gilt auch für ihr leben: Die studierte Päda-gogin und Kunsterzieherin ist ehemalige Ratsfrau und kul-turpolitische Sprecherin, ak-tuelle Vorsitzende des Kunst-beirats Kiel und schaffende Künstlerin – unter anderem. ihre Kunst lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Die Ergebnisse reichen von kera-mischen objekten über gips-kollagen und -reliefs bis zur Malerei. in ihren Bildern will sie durch plakative Farbge-bung klare aussagen treffen: „ich muss wuchtig arbeiten“, sagt sie. „Das Zarte ist nichts für mich.“

Das fleet besucht Helga Hel-mig regelmäßig, wenn dort wieder eine neue ausstel-lung Kunstschaffender unter-schiedlichster Richtungen er-öffnet wird – oder um eigene Werke zu präsentieren. „or-ganisation der Veranstaltun-gen und auswahl der Künstler sind hier wirklich vorbildlich“, lobt sie. „Nicht umsonst hat Monika Cordes-Stein einen so guten leumund in der Kunst-szene.“ Die Kunsttherapeu-tin koordiniert als freiwillig Engagierte der Brücke SH die ausstellungen, die regelmäßig wechselnd in den Räumen des Stadtteilcafés und der wenige Meter entfernten geschäfts-stelle zu sehen sind.

Kunst hat hier immer auch ei-nen sozialen aspekt, und die ausstellungen sollen viel-versprechenden Künstlern ein Sprungbrett bieten. Des-halb sind die Räumlichkeiten Kreativen aller altersgrup-pen und mit besonderer Nä-he zum Thema Psyche vorbe-halten. Die letzte ausstellung, die Helga Helmig mit Unter-stützung von Monika Cordes-Stein im fleet präsentiert hat, trug den Titel „Paarweise“ und zeigte unter anderem Bezie-hungsbilder in warmen Farb-tönen. „Es ist doch ein glück, dass die Menschen verschie-den sind“, sagt die Künstlerin. „Wenn sie nur aufeinander zu-gehen und sich gegenseitig stärken.“ Für diese Botschaft ist das fleet tatsächlich der perfekte ort.

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Sich eRpRoben, beruflich EinstEiGEn, arbeiten – dienStleiStungen für allE

das fleet ist eines von vielen Gewerken der starthilfe kiel. Weitere arbeits- und dienstleis-tungsangebote sind dort:

– abs office – bürodienstleistungen

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psychiatrie

– Fahrradladen

– Radstation – im umsteiger, hauptbahnhof kiel

– recycle – pulverbeschichtung und Gebrauchträder

– textilrecycling

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schen behinderung erproben, sich schritt-

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N arbeitsprojekten

N beruflicher Rehabilitation

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Feststellungsmaßnahme)

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Schleswig

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Kiel

Plön

Neumünster

arbEit & bEruf

bEliEbtEstE GErichtE:

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DaS flEEt in Zahlen

5.300 kg Bio-Kartoffeln, Hof Kubitzberg

53.000anzahl der Essen im Jahr (ca.)

600 kgMehl für

selbst gebackenes Brot

28auf der

Terrasse

75Sitzplätze innen

145arbeitsplätze in der

Starthilfe

25im Durchschnitt

davon im fleet

c

30Durchschnittsalter

der gäste

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arbEit & bEruf

ine Berufsausbildung zu ma-chen, arbeit zu finden und den arbeitsplatz sowie die Be-schäftigungsfähigkeit zu er-halten, sind wichtige Vor-aussetzungen dafür, dass Menschen mit Behinderun-gen am leben in der gesell-schaft teilhaben und mit ihren Fähigkeiten sowie Fertigkei-ten dazugehören. Das „Über-einkommen der Vereinten Na-tionen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskon-vention – BRK)“ ist seit 2009 für Deutschland verbindlich. ganz konkret ist unter ande-rem darin das Recht auf die Möglichkeit festgelegt, den lebensunterhalt durch arbeit zu verdienen – eine arbeit, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behin-

derungen zugänglichen ar-beitsmarkt frei gewählt oder angenommen wird.

in diesem Sinne beraten und begleiten Fachkräfte der Fach-dienste arbeit mit ihren in-tegrationsfachdiensten (iFD) bei der Brücke Schleswig-Hol-stein seit 1999 beispielsweise Menschen, die eine berufliche orientierung anstreben, sich neu orientieren wollen, arbeit suchen oder ihr bestehendes Beschäftigungsverhältnis si-chern möchten. Die Fachkräf-te der iFD suchen zusammen mit den Einzelnen nach gu-ten individuellen lösungen für deren anliegen. Hierbei spielen auch Beratung, Unter-stützung und Einbeziehung von arbeitgebern eine wichti-ge Rolle. Diese leistungen der Fachdienste werden im auf-trag des integrationsamtes, der arbeitsagenturen, der Job-center und der Rentenversi-cherer durchgeführt.

Die Bundesregierung hat 2011 einen nationalen aktions-plan zur Umsetzung der BRK erstellt, der über 200 Maß-nahmen enthält. in Bezug auf arbeit soll beispielswei-se der Zugang zu allgemei-nen fachlichen und berufli-chen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Be-rufsbildung und Weiterbil-dung ermöglicht werden. Zu fördern sind des Weiteren Be-schäftigungsmöglichkeiten, beruflicher aufstieg, Unter-stützung beim Erhalt eines arbeitsplatzes und beim Wie-dereinstieg – außerdem das Sammeln von arbeitserfah-rung auf dem allgemeinen ar-beitsmarkt.

Speziell geht es auch um die Förderung von jüngeren Men-schen mit Behinderungen durch das Bundesprogramm „initiative inklusion“, in dem Berufsorientierung und neue ausbildungsplätze in Betrie-ben des allgemeinen arbeits-marktes wesentlichen anteil haben. Das land Schleswig-Holstein beteiligt sich an der „initiative inklusion“. Dane-ben hat das land schon zuvor bewusst einen Schwerpunkt

auf das Thema „Übergang Schule-Beruf“ gesetzt. ge-meinsam mit dem integra-tionsamt, der Regionaldirek-tion Nord (agentur für arbeit) und dem Bildungs-ministerium ist ein Modell-projekt erarbeitet und um-gesetzt worden, das sich an Förderschüler/innen in För-derzentren richtet. in bei-den Projekten wird mit jun-gen Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit Behinde-

rung eine berufliche orientie-rung erarbeitet, die verschie-dene Perspektiven möglicher beruflicher Wege aufgreift. Die Schüler/innen werden da-bei auf ihrem individuellen Weg in die arbeitswelt beglei-tet und unterstützt. Mit diesen beiden Projekten sind unter anderem die Fach-kräfte der iFD bei der Brücke Schleswig-Holstein beauftragt und führen diese arbeit mit Erfolg durch.

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unsere fachdienste arbeit und integrationsfachdienste

E

Schleswig

Itzehoe

Heide

Elmshorn

Preetz

Schwarzenbek

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GEsundhEit & thErapiE

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eS geht aUCH andErs

s muss doch auch anders ge-hen. Seit vielen Jahren ist Sa-bine Fischer jedes Jahr mehr-fach in der Klinik, oft für zwei oder drei Monate. 2011 war es lange gut gegangen, aber nun im November ist sie erneut für mehrere Wochen in stationä-rer Behandlung im Zentrum für Psychosoziale Medizin. im Klinikum itzehoe fühlt sie sich gut aufgehoben. „ih-re“ oberärztin ist mit den Jah-ren zu einer echten Vertrau-ensperson geworden. aber je länger ein aufenthalt in der Klinik dauert, umso schwerer ist es danach, zuhause wieder Fuß zu fassen. Die 45-Jähri-ge weiß, dass sie auch weiter-hin mit ihrer psychischen Er-krankung leben wird. Darum wünscht sie sich eine ande-re Entwicklung. Eine, die da-zu führt, nicht immer wie-der so lange Zeit in der Klinik verbringen zu müssen. Sabi-ne Fischer, die hier einen an-deren Namen trägt, hat eine Borderline-Diagnose. Manch-mal kippt ihre Stimmung von

einem Moment auf den ande-ren. Dann kann sie ihre ge-fühle nicht steuern, hat Wut-ausbrüche und ist unsicher, wer sie überhaupt ist. Es kann sein, dass sie jemanden, den sie an einem Tag großartig fin-det, am nächsten Tag zutiefst verabscheut. oder sie spürt ei-ne tief sitzende angst, verlas-sen zu werden und mutter-seelenallein zurückzubleiben. Sie kennt auch den impuls, sich selbst zu verletzen oder umzubringen. Das ist für sie selbst nicht einfach. ihre Fa-milie – ihr Mann, ihre Toch-ter im Teenageralter und ihr Vater – ist oft von den star-ken emotionalen Schwan-kungen extrem gefordert. al-le zusammen leben sie mit der psychischen Erkrankung von Sabine Fischer als ihrer Frau, Mutter und Tochter. Für je-den von ihnen und für alle ge-meinsam heißt es, damit zu-rechtzukommen.

Es geht tatsächlich auch anders

Es ist Sabine Fischers Vater, der von seiner Krankenkas-se etwas über „integrierte Ver-sorgung psychische gesund-heit“, kurz iV, erfährt. Helmut Petersen, auch sein Name ist für diesen Beitrag geändert, informiert sich genauer, was hinter diesem Versorgungs-modell steckt. Nach dem Start 2010 in und um Kiel, im Raum Neumünster und im Kreis Plön bietet die Brücke SH seit oktober 2011 spezielle leis-tungen für diese noch neue ambulante Versorgungsform auch in den Kreisen Pinneberg und Steinburg an. grundla-ge ist ein entsprechender Ver-trag, den die Versicherten je-weils mit ihrer Krankenkasse schließen. Neu sind im We-sentlichen vier aspekte: der Be handlungsansatz, bedürf-nisorientiert im lebensumfeld der Patientinnen und Patien-ten zu behandeln und zu be-gleiten, eine freie Steuerung

E

Damit DaS moDell nicht auF halbeR StRecke Stecken bleibt, bRaucht eS Die bErEitschaft alleR beteiliGten, Sich auF eine neue FoRm DeR zusammEnarbEit einzulaSSen.

integrierte Versorgung psychische Gesundheit gemeinsam gestalten

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GEsundhEit & thErapiE

Das ist nun schon zwei Jah-re her. Sabine Fischers Bilanz fällt positiv aus. Sie kommt mit ihrem Bezugsnetz gut zu-recht. Vieles ist einfacher ge-worden, weil sie Hilfen di-rekter in anspruch nehmen kann, noch dazu in vertrau-ter Umgebung. Und sie muss-te sich gar nicht an viele neue gesichter gewöhnen, auch ihr Facharzt ist von anfang an Teil ihres Netzwerks. Sa-bine Fischer kann inzwi-schen besser für sich sorgen. Das nimmt sie auch selbst ganz deutlich wahr. Die The-men in den Netzwerkgesprä-chen setzt sie. So konnte sie in Rücksprache mit ihrem arzt ihre Medikamente deutlich re-duzieren. als ihr bisheriger Job auf der Kippe stand, nahm sie die Suche nach einem neu-en Job sofort mit ins Team.

Schließlich profitierte sie von der eingespielten Netzwerk-arbeit von iV-Team und Start-hilfe der Brücke SH. Konflik-te in der Familie kommen nun auf den Tisch, gemeinsam sucht sie nach lösungen. Die Klinik macht Sabine Fischer weniger Sorgen, auch wenn sie im ersten Jahr doch für kurze Zeit stationär behandelt werden musste. Sie weiß jetzt, dass das Netz, das sie trägt, größer geworden ist. Dichter. Sie weiß, dass es hält.

der Versorgung, ein Behand-lungsteam, das sich sektoren-übergreifend vernetzt sowie die Verfügbarkeit von Hilfen rund um die Uhr an sieben Ta-gen der Woche. Dazu gehören auch Rückzugsräume, die den Nutzer/innen der iV alternativ zur stationären Behandlung offen stehen.

Zu einem ambulanten Be-handlungsteam vernetzen sich je nach Situation Psychia-trische Fachärzt/innen, Haus-ärzt/innen, Psychotherapeut/innen, Pflegekräfte, Sozial- und Heilpädagog/innen, ge-schulte Psychiatrie-Erfahre-ne, angehörige und Freunde. Koordiniert wird dies von ei-nem Fallmanager mit sozial-pädagogischer oder fachpfle-gerischer ausbildung aus dem Team der integrierten Versor-gung. Bei ihm laufen alle or-ganisatorischen Fäden zusam-men: im Behandlungsteam selbst moderiert und begleitet er den Behandlungsprozess von anfang an. alle verfü-gen stets über dieselben infor-mationen. gleichzeitig steht er als persönlicher Bezugsbe-gleiter mit dem eingeschriebe-nen Patienten oder der Patien-tin kontinuierlich in Kontakt. auf diese Weise unterstützt er

das Behandlungsteam darin, die verschiedenen leistungen sinnvoll auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abzustimmen.

Personenzentrierung: Das Konzept des Empowerments in der iV setzt auf die Kraft mündiger Patientinnen und Patienten. Selbstbefähigung macht stärker. Stärker, um mehr mitbestimmen zu kön-nen, welche Hilfen wann und wo zum Tragen kommen sol-len – ohne dabei alleine zu sein. Und stärker auch, um Verantwortung für den ei-genen genesungsprozess zu übernehmen und Krisen bes-ser bewältigen zu können. Denn die angewendeten Me-thoden unterstützen die Pati-entinnen und Patienten indivi-duell in ihrem lebensumfeld und beziehen die vertrauten Personen, die Behandelnden und Betreuenden in einem „offenen Dialog“ mit ein.

Für Helmut Petersen klingt das nach genau der Möglich-keit, die zu den Wünschen sei-ner Tochter passen könnte. als er ihr davon beim nächs-ten Besuch erzählt, überlegt Sabine Fischer nicht lange. Noch in der Klinik findet kurz darauf das erste informations-gespräch statt. Mit dabei sind ihre oberärztin, ihr Vater so-wie Christiane Möller und Rainer Wiewel-Hegeler vom Team der integrierten Ver-sorgung psychische gesund-heit der Brücke SH. Sabine Fi-scher berichtet vom Verlauf ihrer Erkrankung, auch ihr Vater und ihre Ärztin werden gehört. Die beiden Mitarbeiter der Brücke SH erklären, wel-che angebote für sie und da-mit auch für ihre Familie im Rahmen der iV möglich sind. Zentrales Element der iV sind die aufsuchenden Hilfen zu-hause, im gewohnten Umfeld. Sabine Fischer kann sich das alles gut vorstellen. ihr Ziel ist, festeren Boden unter ihren Füßen zu gewinnen und ihre Klinikaufenthalte zu reduzie-ren. Und da sie alle Kriterien erfüllt, schreibt sie sich in den iV-Vertrag ein.

sElbstbEfähiGunG macht StäRkeR. StäRkeR, um mehR mitbeStimmen zu können, Welche hilfEn Wann unD Wo zum tRaGen kommen Sollen – ohne Dabei alleine zu Sein.

zentRaleS element DeR intEGriErtEn VeRSoR-GunG SinD Die auFSuchen-Den hilFen zuhausE, im GeWohnten umFelD.

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GEsundhEit & thErapiE

und die bilanz der brücke sh?

Von heute aus betrachtet, steht die Entwicklung der in-tegrierten gesundheitsver-sorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen immer noch ganz am anfang. Für die Mehrzahl der Betei-ligten ist die Möglichkeit die-ser Versorgungsform immer noch neu. Sie einzuführen und umzusetzen hängt von vielen verschiedenen aus-gangsbedingungen und von den Beteiligten ab. Es braucht Krankenkassen, die entspre-chende Verträge anbieten, ei-ne ausreichende Struktur unterschiedlichster Behand-lungsformen, um ein mul-tiprofessionelles Netzwerk überhaupt aufbauen zu kön-nen, und eine organisations-struktur, die alle Fäden zu-sammenführt.

Mehr als 9.500 Patienten ha-ben sich deutschlandweit seit 2009 in Verträge mit Kran-kenkassen für eine integrier-te gesundheitsversorgung eingeschrieben, in Schleswig-Holstein und Hamburg sind es rund 1.330 (09/2013). Ten-denz steigend. in den Regio-nen, in denen die Brücke SH integrierte Versorgung an-bietet, verläuft die Entwick-lung unterschiedlich. Für René Skischally, als Verbund-manager ambulante Behand-lung verantwortlich für auf-bau und Weiterentwicklung der iV, hängt dies zum einen mit den Bedingungen eines Flächenlandes zusammen. Ei-ne gute Erreichbarkeit und ei-ne Vielfalt an angeboten sind in städtischen Strukturen deutlich besser gegeben als in ländlichen. Bei einer breiteren arztdichte wie im großraum Kiel steigt auch die Bereit-schaft zur Kooperation. Drei Tageskliniken beziehungswei-se Psychiatrische institutsam-bulanzen sind hier Teil von Netzwerken. an Universitäts-standorten gibt es zudem gu-te Chancen, zum Beispiel be-reits studentische Hilfskräfte in Netzwerke zu integrieren. andererseits gibt es auch im ländlichen Raum hochkoope-rative Kliniken – das Zentrum

für Psychosoziale Medizin im Klinikum itzehoe ist das beste Beispiel dafür.

Damit das Modell keine blan-ke Theorie oder auf hal-ber Strecke stecken bleibt, braucht es natürlich auch die Bereitschaft aller Beteiligten, sich auf eine neue Form der Zusammenarbeit einzulassen. Denn in vernetzten ambulan-ten Strukturen arbeiten Fach-ärzt/innen, Sozialarbeiter/in-nen Ergotherapeut/innen, (Fach-)Pflegepersonal und an-dere Spezialist/innen gleich-berechtigt zusammen. Keiner dominiert mit seiner Fachlich-keit, alle am genesungspro-zess Beteiligten ergänzen ein-ander – das ist die Vision. Die jahrzehntelang gewohnten Rollenverteilungen und Posi-tionen aufzugeben fällt nicht immer leicht. Verantwortlich-keiten müssen darum klar de-finiert sein, wenn sie neu ver-teilt werden sollen.

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mehR alS 9.500 patiEntEn haben Sich DeutSchlanDWeit Seit 2009 in VeRtRäGe mit kRankenkaSSen FüR eine inteGRieRte pSychiSche GeSunD-heitSVeRSoRGunG EinGEschriEbEn ...

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GEsundhEit & thErapiE

Dr. Michael Schüller leitet bei der Brücke SH den Bereich RPK – Medizinische und be-rufliche Rehabilitation. Er hat zunehmend mit der ambu-lantisierung von Hilfen und angeboten zu tun. immer öf-ter arbeitet er fachübergrei-fend in vernetzten Teams. Er kennt verschiedene Seiten. Bevor er zur gemeindepsy-chiatrie kam, war er an ver-antwortlicher Stelle akut-sta-tionär, tageklinisch-ambulant und in verschiedenen Re-habilitationskliniken tätig. im Rahmen der iV führt Dr. Schüller die sogenannten as-sessments mit Patienten und Patientinnen durch, die sich in einen iV-Vertrag eingeschrie-ben haben und noch nicht in ambulanter fachärztlicher Be-handlung sind.

Was passiert in diesem As-sessment-Gespräch und was ist Ihre Aufgabe dabei?

Dr. Schüller: Das assessment ist die formale Bedingung für die teilnahme an der iV. Wir ha-ben 70 minuten. Zusammen mit dem fallmanager oder der fall-managerin werfen wir einen ge-meinsamen Blick auf die Patien-tengeschichte. Wir reflektieren die rechtlichen rahmenbedingungen und die therapieziele. Und ich gebe meine einschätzung, wel-che impulse aus ärztlicher Sicht für den Genesungsprozess des Pa-tienten oder der Patientin nö-tig sein werden. Ob ein impuls aufgenommen wird, liegt letzt-lich in der entscheidung der Pati-entin bzw. des Patienten. ich ge-be die Kontrolle sofort wieder ab und erscheine im nächsten hal-ben Jahr nur, wenn der fallmana-ger mich dazu auffordern sollte. Die nutzerin oder der nutzer der iV hat keinen direkten „Zugriff“ auf mich. Und ich keine Kontrol-le über die laufenden Prozesse.

Was haben Sie darüber hi-naus mit der IV zu tun? Gibt es noch andere Berei-che, in denen gerade Ih-re ärztliche Erfahrung ge-fragt ist?

Dr. Schüller: ich biete mein mit-wirken derzeit den nutzenden und meinen Kolleginnen und Kollegen in elmshorn und itze-hoe an. im rahmen von assess-ments und Beratungen bringe ich diagnostische, therapeuti-sche, psychodynamische und psy-chopharmakologische erfahrung mit in die Diskussion des mul-tidisziplinären teams. Das gibt allen zusätzlich Sicherheit. ich wirke bei der gemeinsamen ent-wicklung der Ziel- und maßnah-menpläne mit. manchmal gilt es, ausschlusskriterien zu würdi-gen. als Vertreter aller Spektren ärztlichen Wirkens ist es mir sehr wichtig, vertrauensbildend und vermittelnd unsere nutzerinnen und nutzer darüber aufzuklären, welche möglichkeiten es durch vernetzte arbeit für sie gibt.

Vertrauen spielt beim Auf-bau integrierter Versor-gungsmodelle auf allen Ebenen eine große Rol-le. Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforde-rungen?

Dr. Schüller: im gewohnten ar-beitsfeld ein neues Denken zu wagen – sprich Verantwortlich-keiten und Gewichtungen neu zu regeln und zugleich den respekt vorm tradierten und seinen Pro-tagonisten nicht zu verlieren. für die Zukunft der integrierten Ver-sorgung braucht man einfach nur patienten-, qualitäts- und res-sourcenzentriertes Denken, al-so so etwas wie gesunden men-schenverstand, dann wird einem

die iV als institution der Krisen-prävention in Überschneidung mit den klinischen und ambulan-ten angeboten niedergelassener therapeuten unschwer als sinn-voll ergänzend erkennbar werden. Die Brücke Sh ist dabei, weiter neue Wege zu bahnen, mit dem Blick auf ressourcen und wert-schätzendes miteinander, per-sonenbezogen und lebensraum-nah. Die iV hat Potenzial, hier entscheidende impulse zu set-zen, und ich freue mich, dass ich manchmal aus meinen routinen ausbrechen darf, um für momen-te daran teilzuhaben.

integrierte Versorgung psychische Gesundheit: die Voraussetzungen

N Der/die Versicherte ist bei einer der teilnehmenden kran-

kenkassen versichert und wohnt in einer Region in Schles-

wig-holstein, in der die integrierte Versorgung psychische

Gesundheit angeboten wird. im einzelfall lohnt sich eine

abklärung über die abitato managementgesellschaft see-

lische Gesundheit.

N Der bisherige Verlauf der erkrankung erfüllt die Voraus-

setzungen der jeweiligen krankenkasse zur teilnahme.

N Die psychische erkrankung kann mit diesem angebot be-

handelt werden.

N in einem Gespräch mit einem mitarbeiter/einer mitarbei-

terin des regionalen behandlungsteams wird der/die Ver-

sicherte über das angebot informiert. Wem die Form der

Versorgung zusagt, kann die teilnahme-erklärung unter-

zeichnen.

N Die teilnahme an der integrierten Versorgung psychische

Gesundheit ist freiwillig. Der/die Versicherte kann sie je-

derzeit widerrufen.

angebote der brücke sh als behandlerin (stand 12/2013)

In Kiel und Umland, im Kreis Plön, in Neumünster und Umgebung in Kooperation mit KIELER FENSTER, örtlicher ansprechpartner:

behandlungsteam,

Ruf (04 31) 88 80 10-0, [email protected]

Im Kreis Pinneberg und Kreis Steinburg, örtlicher ansprechpartner:

brücke Schleswig-holstein gGmbh,

Ruf (0 41 21) 4 75 61 80 und (0 48 21) 67 91-11,

[email protected]

Weitere informationen:abitato managementgesellschaft seelische

Gesundheit gGmbh

Stefan meyer-kaven, Ruf (04 31) 98 26 18-20

[email protected]

brücke Schleswig-holstein gGmbh,

Ruf (0 41 21) 4 75 61 80 und (0 48 21) 67 91-11,

[email protected]

„WeR VornEWEG Geht, iSt noch lanGe nicht auF Dem holzWeG, nuR Weil eR keine spurEn Vor sich hat.“ DR. meD. michael SchülleR im GeSpRäch

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WohnEn & lEbEn

istorisch! So adelte die Presse das Vertragswerk für das „Mo-dellprojekt Sozialraumbud-get“, das Vertreterinnen und Vertreter der Kreisverwaltung Nordfrieslands sowie von zwölf Einrichtungen für Men-schen mit Behinderungen im Dezember 2012 in Husum un-terzeichneten. „Das ist auch ganz richtig, denn es gibt in Deutschland nicht viele Ver-träge dieser art. in Schleswig-Holstein sind wir im Kreis Nordfriesland die Ersten“, er-klärt Dr. gabriele lamers. Die leiterin des amtes für so-ziale Dienste ist die initiato-rin des Konzepts, mit dem der Kreis Nordfriesland neue We-ge in der Eingliederungshil-fe eingeschlagen hat. Das Mo-dell markiert einen aufbruch, ist sie überzeugt. „Es kommt leben in das starre System der Finanzierung von leis-tungen zur Teilhabe für Men-schen mit Behinderungen. Für unser Sozialraumbudget wer-

den diese gelder umverteilt. Erstmals in Schleswig-Hol-stein sind wir im Sozialraum fachlich und wirtschaft-lich gemeinsam verantwort-lich. amt, Einrichtungen und Dienste arbeiten bei der Hil-feplanung eng zusammen. So können wir viel flexibler über die gelder verfügen als vor-her. Für die antragsteller ist das Verfahren viel unbürokra-tischer geworden. Zusätzlich gewinnen sie an Planungs-sicherheit. im Sozialraum werden mehr niedrigschwel-lige angebote entstehen, er kann sich weiterentwickeln und Stück für Stück inklusi-ver werden“, beschreibt Dr. lamers das übergeordne-te Ziel. Darum verwendet sie auch lieber den Begriff Sozi-alraumprojekt. Denn sie sieht darin viel mehr als ein Finan-zierungsmodell. „Wir haben von anfang an auf neue We-ge gesetzt, auf allen Ebenen: Die inhalte und Ziele des Ver-

trags, auf dem das Modell be-ruht, haben wir in einem sensatio nell schnellen Prozess gemeinsam mit den Kollegin-nen und Kollegen der beteilig-ten Einrichtungen entwickelt und fachlich ausgestaltet. Wir sind dabei sehr offen mitein-ander umgegangen. Die leis-tungserbringer haben sehr viel professionelles Wissen eingebracht, sodass der Ver-trag recht wenig von einem Verwaltungswerk hat. offen-heit und Vertrauen tragen nun auch unser weiteres Handeln. in der Praxis entsteht eine neue Kultur der Zusammen-arbeit. Und das ist elemen-tar, denn inklusion können wir nur alle gemeinsam um-setzen.“

zWei StUnDen, Die VielVErändErn

34 Hsozialraumorientierte Eingliederungshilfe – das modellprojekt im kreis nordfriesland

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das klingt komplex – und das ist es auch

leistungen zur Teilhabe sind ein gesetzlich veranker-ter gesellschaftlicher auf-trag. Dazu gehören zum Bei-spiel leistungen zur Teilhabe am arbeitsleben und am le-ben in der gemeinschaft. Sie werden mittels der Eingliede-rungshilfe nach Sozialgesetz-buch (SgB) Xii finanziert. Die Kommunen als Sozialhilfeträ-ger verwalten diese Budgets und vergeben sie an die leis-tungserbringer wie die Brü-cke Schleswig-Holstein. Ein Kontrollsystem sorgt dafür, dass die gelder zweckgebun-den verwendet werden. Übli-cherweise werden die leistun-gen im ambulanten Bereich auf antrag der Betroffenen im System der sogenannten Fach-leistungsstunden bewilligt, er-bracht und abgerechnet. Das heißt: Wenn zum Beispiel eine wöchentliche Fachleistungs-stunde für ein gespräch zwi-schen Bezugsbetreuer und Klient bewilligt wird, darf sie auch nur dafür verwendet werden.

Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist Bewe-gung in diese Regelung ge-kommen. Der gesetzgeber hat sich damit verpflichtet, den inklusionsgedanken in allen Bereichen der gesell-schaft umzusetzen. Das wirkt sich auch auf die Eingliede-rungshilfe aus: Jeder Mensch soll selbst bestimmen kön-nen, welche Hilfen er in wel-cher Form und an welchem ort beanspruchen möchte. Eingliederungshilfe ist so ein-zusetzen, dass sie die Betroffe-nen darin unterstützt, ihre ei-

genen Ressourcen zu stärken. So weit der gesetzliche auf-trag. Es gibt allerdings keine einheitlichen oder verbindli-chen Konzepte dafür, die Ein-gliederungshilfe neu zu ge-stalten. Weder im Bund noch in Schleswig-Holstein. Das ist einer der gründe, warum das Modellprojekt zur sozi-alraumorientierten Einglie-derungshilfe im Kreis Nord-friesland landauf, landab sehr interessiert verfolgt wird.

sozialraumorientie-rung: Jeder mensch ist Experte seiner lebens-welt

Ein anderer grund ist die So-zialraumorientierung, auf die das Konzept fachlich ausge-richtet ist. Von diesem ansatz ist auch die Brücke SH über-zeugt, denn er trägt dazu bei, den Wandel von Fürsorge zu Teilhabe und Selbstbestim-mung voranzubringen. Es war daher keine Frage, sich an der Entwicklung des Projekts zu beteiligen. Erika Schulz, Mit-glied der geschäftsleitung und Bereichsmanagerin Psy-chosoziale Rehabilitation, hat 15 Monate lang mit am Ver-handlungstisch gesessen. Seit dem Start des Projekts enga-giert sie sich dafür, das Mo-dellprojekt in den angeboten der Brücke SH im Kreis Nord-friesland zu etablieren. „Wir sprechen nicht mehr von Ver-sorgungsleistungen, sondern von Unterstützungsleistun-gen, die der Sozialraum Be-troffenen bietet.

Es geht um das Ziel, das ein Klient oder eine Klientin für sich erreichen will – zum Bei-spiel stabiler zu werden. Wie es erreicht wird, können wir flexibel handhaben“, erklärt sie das Konzept. „Neben den leistungen der verschiede-nen Erbringer wie der Brücke SH kann Unterstützung jetzt auch aus dem Freundes- und Familienkreis kommen, aus dem Sportverein, dem Chor, der Kunstgruppe, dem frei-willigen Engagement. in den vorherrschenden Finanzie-rungsmodellen werden leis-

tungen der Eingliederungshilfe gekürzt, wenn Hilfen aus dem privaten oder aus dem nichtso-zialpsychiatrischen Umfeld kommen oder wenn sie nicht 1:1 erbracht werden. Mit dem Sozialraumbudget können wir viel näher an der lebenswirk-lichkeit unserer Klientinnen und Klienten gestalten. Das ist gelebte inklusion!“

im Fachkonzept der Sozial-raumorientierung geht alles vom Willen der Klientinnen und Klienten aus. ihr Wil-le bestimmt die Ziele, die im Hilfeplan festgehalten wer-den. Und aus diesen Zielen er-geben sich lösungen, die so flexibel wie möglich erbracht werden müssen. Dazu gehört, und das ist ganz wesentlich, dass die Klientinnen und Kli-enten ihren Teil zur lösung beitragen. Das ist der Unter-schied zwischen Versorgung und Unterstützung: Wer ver-sorgt wird, kann Verantwor-tung an die sozialen Dienste abgeben. Wer sich unterstüt-zen lässt, setzt – auch – auf seine eigenen Ressourcen und bestimmt das Maß an psycho-sozialer Begleitung selbst.

„Für uns als Bezugsbetreuer hat sich damit etwas grund-legend verändert“, fasst Jochen Philipzig seine bisherigen Er-fahrungen zusammen. Der junge Erzieher kam kurz vor Projektstart zur Brücke SH in Husum. obwohl er nur weni-ge Monate in den alten Struk-turen gearbeitet hat, bringt das Modellprojekt auch für ihn viel Neues mit sich. „Wir müssen uns daran gewöhnen, die Füße still zu halten. Das

haben wir nicht in der ausbil-dung gelernt. oft ist es ja so, dass man sich selbst einen be-stimmten Weg für den Klien-ten vorstellt – aber das sind eben nicht immer die Ziele des Klienten. Und das ist die Drehung: Wir sind dafür da, den Rahmen der Möglichkei-ten aufzuzeigen, aber der Kli-ent bestimmt, wo es langgeht. im Prozess geht es dann dar-um, die Maßnahmen immer wieder mit den Vorstellungen und Zielen des Klienten ab-zugleichen. Es ist also an uns, die richtigen Fragen zu stellen, damit die Klienten ihren Weg selbst finden.“

„WiR SpRechen nicht mehR Von VeRSoR-GunGSleiStunGen, SonDeRn Von untEr-stützunGslEistun-GEn, Die DeR Sozial-Raum bietet.“ eRika Schulz

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und wie sieht das kon-kret in der praxis aus?

Sven-ove Hinz gehört zu den ersten Klienten der Brücke SH, die am neuen Hilfeplan-verfahren teilnehmen. Der Husumer kennt auch das alte Modell. als seine Mutter 2010 starb, brach für ihn alles zu-sammen. Er wurde von tief greifenden Ängsten erfasst, begann zu stottern und nahm 20 Kilo ab. geholfen hat ihm sein eigener Mut, sich profes-sionell helfen zu lassen. Da-rauf ist er sehr stolz. „ich sa-ge mir immer, wenn du nicht an dir selbst arbeitest, wird es auch nichts.“ als Jochen Phi-lipzig ihm vom neuen Mo-dellprojekt erzählte, musste er nicht lange überlegen. „ich gehe einmal pro Woche zur Therapie, aber ich wollte auch gerne etwas um die ohren ha-ben. Zum Beispiel im garten arbeiten. Da fühle ich mich zuhause. oder künstlerische Projekte umsetzen.“ Beglei-

tet von Jochen Philipzig stell-te Sven-ove Hinz seine Ziele und ideen während des Hil-feplangesprächs dem Teilha-beteam vor. Dieses setzt sich zusammen aus Projektverant-wortlichen und Mitarbeite-rinnen der leistungserbringer und des Kreises. gemeinsam analysieren sie den Unterstüt-zungsbedarf und wägen die ideen ab. Nach etwa zwei Wo-chen folgt das sogenannte Kontraktgespräch. Stimmt der antragsteller den Vorschlägen des Teilhabeteams zu, kann es losgehen. Wenn nicht, muss neu überlegt werden.

Für Sven-ove Hinz hat alles gepasst. „ich habe zwei Stun-den die Woche bewilligt be-kommen. ich kann mir aus-suchen, ob ich die im garten oder in der Kunstwerkstatt verbringe. Je nachdem, was mir gerade besser bekommt.“ gerade hat er ein 100 Jah-re altes Nähkästchen in Pop-art bemalt. Jetzt arbeitet er an der künstlerischen Um-setzung eines Spielfelds für ein Spiel, das er sich ausge-dacht hat. „Bei der Brücke ha-be ich festgestellt, dass ich viel mehr auf dem Kasten ha-be, als ich selbst immer dach-te“, erzählt er. „Früher bin ich über Strichmännchen nicht hinausgekommen. Jetzt habe ich pro Tag mindestens fünf ideen, für die ich dann Skiz-zen mache. Es bringt mir sehr viel, das hat was mit Selbstfin-dung zu tun und mit der Er-weiterung des Horizonts.“ Seinen Bezugsbetreuer sieht er einmal in der Woche, in welchem Rahmen, entschei-

det er selbst. Manchmal reicht es ihm auch, Jochen Philip-zig nebenbei in der Werkstatt zu sehen oder einfach mit ihm zu telefonieren. Manch-mal braucht er mehr Zeit. Das ist dann auch kein Problem. „Ein Controlling gibt es auch, das ist ja selbstverständlich“, erklärt Philipzig. „Die Zeiten werden im Computer erfasst, die verschiedenen leistun-gen sind farblich unterschied-lich gekennzeichnet. So haben wir immer im Blick, was wir insgesamt schon aufgewendet haben.“

Nach den ersten Monaten blickt Erika Schulz ähnlich vorsichtig optimistisch in die Zukunft wie amtsleiterin la-mers. Das Modellprojekt ist auf fünf Jahre angelegt, wird wissenschaftlich begleitet und regelmäßig evaluiert. „Es ist richtig, die Spielräume zu nut-zen, die sich uns bieten. auch wenn wir heute noch nicht

genau wissen, wo wir stehen werden, wenn das Modellpro-jekt ausläuft. aber wenn wir nichts Neues ausprobieren, ändert sich nichts. Es hat viel Potenzial, und wir setzen uns dafür ein, so viel wie möglich für unsere Klientinnen und Klienten daraus zu schöpfen. Das kann bedeuten, das Mo-dellprojekt der Sozialraumori-entierung weiterzuentwickeln oder die Erfahrungen auf wei-tere, alternative Modelle anzu-wenden. Eins ist heute schon klar: Die Richtung stimmt.“

„eS iSt alSo an unS, Die richti-GEn fraGEn zu Stellen, Damit Die klienten ihRen WeG SelbSt FinDen.“ Jochen philipziG

„... eS bRinGt miR SehR Viel, DaS hat WaS mit sElbstfindunG zu tun unD mit DeR eRWeiteRunG DeS horizonts.“ SVen-oVe hinz

Weitere informationen:brücke Schleswig-holstein gGmbh

landesgeschäftsstelle

erika Schulz

bereichsmanagerin psychosoziale Rehabilitation

muhliusstraße 94

24103 kiel

Ruf (04 31) 9 82 05-10

[email protected]

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frEizEit & kontakt

wei Mal pro Woche macht sich Tieß Schmitt auf den Weg von Schleswig nach Fahrdorf ins DRK-Pflegezentrum. Dort lebt sein „Spezi“, wie er den Mann freundschaftlich nennt, den er seit 2010 regelmäßig besucht. Klaus Flemming, der in Wirklichkeit anders heißt, ist an multipler Sklerose er-krankt. „Für ihn ist es wich-tig nicht immer alleine zu sein und etwas zu unternehmen“, erklärt Tieß Schmitt sein frei-williges Engagement. „Und für mich ist es wichtig, weil ich erlebe, dass ich mich genauso engagieren kann wie jeder an-dere auch.“

Dass Tieß Schmitt mal so et-was sagen könnte, hat er sich vor ein paar Jahren selbst nicht vorstellen können. Mit 27 Jahren kommt er das zwei-te Mal in die Klinik. Diagno-se: paranoide Schizophrenie. „ich konnte überhaupt nicht mit Menschen sprechen und habe sehr zurückgezogen ge-lebt. am liebsten im Dunkeln. Bus fahren oder so etwas ging gar nicht. Wenn ich zum Bei-spiel zur Bank musste, bin ich immer erst losgegangen, wenn ich sicher war, nieman-dem zu begegnen.“ Nach sei-ner Entlassung entscheidet er sich für die ambulante Wohn-gruppe der Brücke SH in sei-nem Heimatort. irgendwann ist er so weit, dass er beginnt, im Rahmen des Beschäfti-gungsprogramms in der Kü-che der Tagesstätte zu arbei-ten. „Jedenfalls dachte ich, dass ich so weit bin“, sagt er rückblickend. „Womit weder ich noch mein Bezugsbetreuer

gerechnet hatten: Die arbeit war einerseits zu begrenzt für mich, weil es immer die glei-chen abläufe waren. anderer-seits stürmten zu viele Reize auf mich ein, ich konnte mich überhaupt nicht konzentrie-ren.“ Ein Dreivierteljahr beißt er sich durch, ohne jemandem von seinen inneren Kämp-fen zu erzählen. „ich war ein-fach ehrgeizig und hab das weggedrückt. ich wollte ein-fach nicht wahrhaben, dass diese arbeit mich nicht sta-bilisiert. Mein Ziel war ja, so schnell wie möglich wieder ei-genständig leben zu können. Erreicht habe ich erst mal das gegenteil.“ Tieß Schmitt muss ein weiteres Mal in die Klinik. „Und dann musste ich lernen, Nein zu sagen. Das war der Schlüssel zu allem, was heu-te ist.“

in der krise steckt die entscheidende Wende

Heute lebt der gelernte gärt-ner in seiner eigenen Woh-nung, ambulant begleitet von Rolf Steneberg-Trede. Schon lange engagiert er sich im Nutzerrat der Brücke SH: Erst als Bewohnersprecher, nun schon viele Jahre als Delegier-tenvertreter der Nutzer und Nutzerinnen aus der Regi-on Schleswig-Flensburg. De-ren interessen vertritt er nicht nur bei regelmäßigen Tref-fen mit der geschäftsführung der Brücke SH in Kiel, er fühlt auch Politiker und Politike-rinnen vor ort auf den Zahn. Wer Tieß Schmitt begegnet, trifft auf einen Mann, der sich selbst ziemlich gut kennt. Der offen auf sein gegenüber zu-geht – und der seinen Stand-punkt vertritt. Er hat dazu-gelernt. ganz kleine Schritte passen besser zu ihm als Rie-sensprünge. Sein Zusammen-

bruch ist zugleich die Wen-de gewesen. Für viele Nutzer und Nutzerinnen sind die ge-regelten abläufe in den Tages-stätten oder in den Werkstät-ten der Brücke SH genau das Richtige, um Stärken zurück- oder neue hinzuzugewinnen.

Tieß Schmitt weiß jetzt, dass er eine andere Struktur für seinen alltag braucht. Mit ei-ner arbeit, in der er so sein kann, wie er ist, und in der er zwischendurch auch mal ab-schalten kann. im Hilfeplan-gespräch stellt er klar, dass ei-ne Rückkehr in die Küche für ihn nicht mehr in Frage kommt. Zusammen mit Saira Raza, damals seine Bezugs-betreuerin bei der Brücke SH, heute Verbundmanagerin Psy-chosoziale Rehabilitation in Schleswig, sucht er nach einer alternative.

Die findet sich in fast direkter Nachbarschaft durch die Zu-sammenarbeit mit dem Frei-willigenzentrum von und für Menschen mit Behinde-rungen, dem Verein mitten-mang e.V. Ein glücksfall für Schmitt, denn nicht über-all gibt es angebote, die Men-schen mit Behinderungen dabei unterstützen, sich eh-renamtlich zu engagieren. Je-der kann etwas tun, das ist die grundidee. ausgehend von den Ressourcen, die jemand mitbringt, bietet der Ver-ein verschiedene Kurse an. Es gibt zum Beispiel Konflikttrai-nings, Rollenspiele oder man kann lernen, wie ein Rollstuhl zu handhaben ist. Nach einer gründlichen Kennenlernpha-se vermittelt der Verein zwi-schen Ehrenamtlichen und Menschen, die eine Unter-stützung wünschen. „Es war sehr gut, dass ich mir Zeit las-sen konnte, um die Themen und die ausrichtung der ar-

beit kennenzulernen. Denn das Wichtigste war für mich, mein eigenes Tempo zu fin-den“, blickt Tieß Schmitt zu-rück. Etwas mit gleichaltrigen will er machen, für alles ande-re ist er offen.

iCH bRauche nicht nUr, ich WErdE GebRauchtVom nutzer zum begleiter: tieß schmitt

Z40

tieß Schmitt hat sich durch sein

ehrenamt aus seiner krankheit

herausgearbeitet.

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Echtes zusammenleben braucht eine neue idee von sozialarbeit und in der Gesellschaft – ein kommentar von saira raza.

Die Diplomsozialpädagogin und Verbundmanagerin Psychosoziale rehabilitation der Brü-cke Sh in Schleswig begleitet den Weg von tieß Schmitt seit 2009. aus ihrer Sicht eine er-folgreiche entwicklung. für tieß Schmitt ebenso wie für die Brücke Sh. auch weil sie zeigt, in welche richtung es weitergehen muss, wenn die großen Ziele Personenzentrierung, empo-werment und gelebte inklusion heißen.

„in unserer Gesellschaft ist so viel Potenzial. es gibt viele, die viel zu geben haben – und die Struktur in ihrer Woche brauchen. Und es gibt weitaus mehr möglichkeiten zur Selbstbefähi-gung, als Sozialpädagoginnen und -pädagogen bislang gedacht haben. Wir müssen uns da-für einsetzen, dass arbeitsbeschäftigung und modelle wie das freiwillige engagement im hil-feplan die gleiche Wertigkeit bekommen. Damit menschen mit (psychischen) Behinderungen die tätigkeit wählen können, die sie am besten darin unterstützt, ihre tagesabläufe mitzuge-stalten. es geht nicht um das klassische ehrenamt, sondern um das austarieren von Zeiträu-men, um die Bedürfnisse und die freiheit unserer nutzer/innen. Dafür braucht es aber auch fachkräfte, die die Stärken erkennen – und die die menschen engagementfähig machen. Das müssen wir noch viel stärker in unsere arbeit integrieren und lernen, dass es gut ist, wenn uns die nutzer/innen so wenig wie möglich brauchen. Das ist nicht immer leicht, denn jahr-zehntelang haben wir – und die Gesellschaft – Sozialarbeit als Versorgungssystem definiert. Das wandelt sich gerade. Wir als Sozialarbeiter/innen werden von Betreuer/innen zu as-sistent/innen. Diese neue idee von Sozialarbeit brauchen wir für ein echtes Zusammenleben von menschen mit und ohne Behinderungen. in der täglichen Praxis und am besten fest ver-ankert in der ausbildung.“

Verbundmanagerin der Brücke Sh in SchleswigSaira raza, DiplomsozialpädagoginBismarckstraße 15b24837 [email protected] (0 46 21) 96 87-11fax (0 46 21) 96 87 21

frEizEit & kontakt

„Es hat sich so angefühlt, wie es sich anfühlen sollte.“gleich das erste Engage-ment passt. Klaus Flem-ming ist gelernter gärtner wie Tieß Schmitt. Er ist zwar neun Jahre älter, aber die Che-mie stimmt. „ich habe mich als psychisch Kranker vorge-stellt und gesagt: ich möch-te es gerne mit dir ausprobie-ren. Wir haben verabredet, wie wir unsere gemeinsame Zeit verbringen, und dabei ausgelotet, was geht und was nicht. Und dann ging es los.“ in Schmitts Stimme schwingt Zuneigung mit und auch Stolz. „ich habe ihn gut be-griffen, er spürt das und hat mich sehr gerne. auch wenn es ihm nicht so gut geht, hat er mich gerne um sich. Er re-det nicht so viel, aber das macht nichts. Es ist ein geben und Nehmen, das ist für uns beide gut.“

mehr Gleichberechti-gung zwischen betreu-ern und betreuten

Sein freiwilliges Engagement ist zu seiner Haupttätigkeit geworden. Für seine arbeit erfährt er anerkennung von vielen Seiten. Um die Treffen mit Klaus Flemming herum strukturiert er seine ganze Woche. Je nach Energie- und Kraftreserven macht er arzt-termine, ehrenamtliche Ter-mine bei der Brücke SH und verabredet sich mit seiner Fa-milie. immer in dem Tem-po, mit dem er gut durch den Tag kommt. Selbstbestimmt. „ich habe mich langsam ins Ehrenamt hineingearbei-tet und mich dabei aus mei-ner Krankheit herausgearbei-tet.“ so sieht Schmitt seinen Weg von heute aus. „ich brau-che nicht nur, auch ich werde gebraucht. Das hat mich sta-bilisiert. Und so funktioniert seitdem alles andere auch: ich probiere was aus und wenn es klappt, lasse ich es erst mal so. Dann gucke ich, was ich steigern kann – immer Schritt für Schritt.“

Schrittweise nabelt er sich auch ganz bewusst von der Betreuung durch die Brücke SH ab. Er schätzt das Netz, auf das er sich immer verlas-sen kann. Es ist wichtig für ihn, das Ehrenamt und ande-re Dinge hier besprechen zu können. Er will nicht mehr al-les alleine mit sich herumtra-gen. „aber insgesamt bin ich viel unabhängiger geworden. ich habe einen größeren Teil in meinem leben gefunden, den ich selbst gestalte. Das Ehrenamt ist eine gute Mög-lichkeit, ich selbst zu sein – auf eine produktive art und Weise.“ Mindestens genau-so wichtig ist aus seiner Sicht, den richtigen abstand zur ei-genen Einrichtung zu finden – und zu halten. „Den braucht man, wenn man sein eige-nes Ding machen, sich eman-zipieren will. Da will ich kei-ne Unterstützung, nur eine Rücksprachemöglichkeit ha-ben. Mehr nicht. Darum muss ein Betreuter seinem Betreu-er auch mal sagen: Misch dich nicht ein!“

Es ist ein erklärtes Ziel der Brücke SH, bürgerschaftliches Engagement zu fördern und Menschen aller Altersstufen dafür zu gewinnen: Mit ih-ren Interessen, Fertigkeiten oder beruflichen Kenntnis-sen eröffnen bürgerschaft-lich Engagierte Möglichkei-ten und schaffen Angebote, die in Zeiten schmaler Bud-gets wegfallen müssten. Zu-gleich bringen sie dank ih-res Einsatzes normalen Alltag mit und sorgen über ihre so-zialen Kontakte wie selbst-verständlich für weitere Ver-netzung.

in folgenden Städten und krei-

sen koordinieren mitarbeiter/in-

nen der brücke Sh das bürger-

schaftliche engagement bei uns

im unternehmen:

kiel

neumünster

kreis Dithmarschen, heide

kreis herzogtum lauenburg,

Schwarzenbek, Geesthacht,

Ratzeburg, mölln

kreis nordfriesland, husum

kreis pinneberg, elmshorn

kreis plön, preetz, plön

kreis Schleswig-Flensburg,

Schleswig, hasselberg, esgrus

kreis Steinburg, itzehoe

Weitere informationen,

ansprechpersonen und

Rufnummern unter

www.bruecke-sh.de –

zentrale auskunft

Ruf (04 31) 9 82 05-0.

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„in unSeReR GeSellSchaFt iSt So Viel potEnzial. eS Gibt Viele, Die Viel zu GEbEn haben ...“SaiRa Raza

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bEtriEblichE GEsundhEit

m wirtschaftlich erfolgreich zu sein, sind Unternehmen auf gesunde und leistungsfä-hige Mitarbeiter angewiesen. allerdings sorgen steigen-der Zeit-, leistungs- und Kon-kurrenzdruck zusammen mit permanenter Erreichbarkeit für extreme psychische Be-lastungen. „ohne Seele kein Betrieb“ ist ein angebot von gesundheit SH, einem ar-beitsbereich der Brücke SH für Unternehmen und Behör-den, um vorbeugend Struktu-ren zu schaffen, die gesund-heit und leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhalten.

Darüber hinaus bietet das in-terdisziplinäre Kompetenz-team von „gesundheit SH“ auch konkrete Hilfe, wenn be-reits Probleme aufgetreten sind. Ein gespräch mit Diplomso-zialpädagogin Jessika Dre-scher, Vertriebsleiterin ge-sundheit SH bei der Brücke SH in Kiel, Diplompsycholo-gin Sabine Nordmann, Berate-rin im Kompetenzteam, und Dr. Rolf Schwerdtfeger, ge-schäftsführer der aCT gmbH in Kiel und Vorgesetzter von 45 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern.

JeSSiKa DreScher: Sagen Sie, herr Dr. Schwerdtfe-ger, wie wichtig ist ihnen eigent-lich die Gesundheit ihrer mitar-beiter?

DR. Rolf ScHWERDtfEGER: Die ist absolut elementar. Natürlich heißt es im Ar-beitsalltag häufig: „Der Kunde steht an erster Stel-le“, da sich unsere Arbeit immer sehr stark an den Bedürfnissen unserer Kun-den orientiert. Aber was die Strukturen unseres Un-ternehmens und die or-ganisation unserer Arbeit angeht, spielen die Bedürf-nisse unserer Mitarbei-ter eindeutig die wichtigs-te Rolle.

SaBine nOrDmann: nicht immer ganz leicht, die-sem anspruch gerecht zu werden, wenn die Belastungen am ar-beitsplatz generell zunehmen.

ScHWERDtfEGER:Stimmt, und zwar weil man als Unternehmen leis-tung bringen muss. Be-zogen auf Act sind wir darüber hinaus in der be-sonderen Situation, dass wir immer wieder schnell auf Notfälle reagieren müssen und oft dann ar-beiten, wenn andere das eben nicht mehr tun. Das erzeugt nicht nur Druck auf die Mitarbeiter, son-dern natürlich auch auf den chef.

DreScher: Sind Sie ein Kümmerer?

ScHWERDtfEGER (lacht): Ich würde sagen ja. Ich se-he unsere Mitarbeiter nicht als Ressource, sondern als Kern und Rückgrat unse-res Unternehmens. Mein Ziel ist es, dass alle gerne an ihren Arbeitsplatz kom-men und dass es uns hier gemeinsam gut geht. Da-mit das gelingt, haben wir auch schon eine Menge unternommen.

DreScher: Zum Beispiel?

ScHWERDtfEGER: Wir haben klare organisa-tionsstrukturen geschaf-fen, eindeutige Verant-wortlichkeiten festgelegt, Kompetenzen und Persön-lichkeiten bei der team-zusammenstellung be-rücksichtigt und einige teambuilding-Maßnahmen durchgeführt – unter an-derem. Ich bin überzeugt, dass unser genereller An-satz und unsere Richtung stimmen. Aber um spezi-ell im Hinblick auf die Ge-sundheit der Mitarbeiter sicherzugehen, möchten wir, dass jemand mit dem Expertenblick von außen auf uns schaut. Und auf der Suche nach dieser Art der Unterstützung sind wir auf „Gesundheit SH“ ge-stoßen. frau Drescher, den weiteren Ablauf können Sie am besten schildern.

DreScher: Unser ansatz ist immer sehr in-dividuell, sodass Zuhören und Beobachten am anfang jeder Zu-sammenarbeit eine wichtige rolle spielen. als erstes finden wir ge-meinsam in einem ausführlichen Gespräch heraus, in welchen Be-reichen das Unternehmen über-haupt Unterstützung braucht oder wünscht, ob es sich um eine vorbeugende maßnahme handelt oder ob es bereits konkrete Pro-bleme gibt. Unser Beraterteam ist breit aufgestellt und kann vie-le verschiedene Bedarfe in Unter-nehmen bedienen. Je nach Pro-blemstellung wird entsprechend der passende Berater ausgewählt.

Die praktische arbeit im Un-ternehmen beginnt dann eigent-lich immer sehr ähnlich: ers-tens erfassen wir möglichst genau den aktuellen Zustand, die ar-beitsabläufe und Strukturen, und zweitens analysieren wir die rol-len aller Beteiligten. Dabei sind wir zwar externe Beobachter, su-chen aber den direkten Dialog und austausch mit den men-schen im Unternehmen. Bei klei-nen und mittleren firmen errei-chen wir das zum Beispiel durch

gESUNDHEiT iSt Die VOraUSSetZUnG für ErfolG

Uunser angebot für unternehmen und behörden

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bEtriEblichE GEsundhEit

einzelgespräche, bei größeren führen wir vielleicht eine frage-bogenaktion durch. im anschluss wird geklärt, welches Beratungs-setting eingesetzt wird.

ScHWERDtfEGER: Eine klassische Situation, in der die bestehenden Struk-turen eines Unternehmens auf diese Weise hinterfragt werden sollten, ist starkes Wachstum innerhalb eines kurzen Zeitraums.

DreScher: Stimmt. häufig sind die ersten mitarbeiter ins Unternehmen ge-kommen, als es noch ein sehr kleines team war. Wenn die an-zahl der mitarbeiter dann in we-nigen monaten auf 30 und mehr steigt, gibt es auf einmal ganz andere arbeitsbedingungen: an-dere Organisation, andere ent-scheidungsstrukturen und viele unterschiedliche charaktere in ei-nem team. Das sorgt für Stress.

ScHWERDtfEGER: Um das alles vernünftig einschätzen, bewerten und die richtigen Schlussfolge-rungen ziehen zu können, hilft der Blick von außen.

DreScher: Die beiden wichtigsten Stell-schrauben bei der Gesundheits-förderung sind dann immer das Unternehmen und der mensch. im Unternehmen wollen wir das arbeitsumfeld verbessern und ge-sunde Strukturen schaffen. Das kann Veränderungen der Orga-nisation, des führungsstils oder der teamzusammenstellung be-deuten. Und den menschen wol-len wir dabei helfen, Drucksitu-ationen und Belastungen besser zu verarbeiten, sodass jeder seine arbeit ohne Beeinträchtigung gut bewältigen kann.

nOrDmann: für die beratende tätigkeit von menschen in Belastungssitua-tionen gibt es allerdings kein Patentrezept. Welche konkreten Schritte nötig sind, hängt von vielen faktoren ab und wird im-mer im einzelfall entschieden.es gibt aber im Wesentlichen zwei ansätze, um Belastungen besser zu handhaben: zum einen Veränderungen der Verhältnis-se, also zum Beispiel das arbeits-pensum begrenzen oder die er-reichbarkeit per mail und handy zeitlich zu reduzieren. Wie hil-mar Schneider, Direktor des in-stituts für arbeitsmarktpolitik in Bonn, schon sagte: „Bei al-lem, was möglich ist, bleibt der mensch die natürliche Grenze für das, was machbar ist.“ Und zwei-tens die Widerstandsfähigkeit der mitarbeiter zum Beispiel durch gezieltes training zu verbessern.

DreScher: leider melden sich viele Unter-nehmen erst dann bei uns, wenn es bereits konkrete Probleme gibt. Dann geht es nicht mehr um Ge-sundheitsförderung, sondern um intervention.

ScHWERDtfEGER: Wie reagiert man als Vor-gesetzter am besten, wenn man bei einem Mitarbeiter psychische Probleme ver-mutet?

nOrDmann: Ganz kurz gesagt: lösungsori-entiert. Das veränderte Verhal-ten des mitarbeiters kann als Symptom eines Problems be-trachtet werden, für das es eine lösung gibt. Suchen Sie das Ge-spräch und beschreiben Sie, was Sie wahrnehmen und welche Ver-änderungen ihnen aufgefallen sind. Vermeiden Sie dabei auf je-den fall irgendwelche Diagnosen oder Schuldzuweisungen. fragen Sie eher, welche ideen zur ent-lastung oder Unterstützung der mitarbeiter selber sieht. formu-lieren Sie auch, welche ansprü-che Sie haben, also welche erwar-tungen Sie an den mitarbeiter in hinblick auf die arbeitsleistung haben. insgesamt ist das Wich-tigste immer eine präzise Dia-gnose. Sollten die vereinbarten Unterstützungen nicht helfen, wenden Sie sich an einen Pro-fi, der genau hinsieht und hinhört und die Situation dann bewertet. Die Symptome psychischer er-krankungen sind nicht immer

sofort und klar erkennbar. Zu be-denken ist auch, dass der Gene-sungsprozess in den wenigsten fällen linear verläuft.

DreScher: Die arbeitsbelastung können wir nie komplett ausschalten. aber wir können ansätze finden, wie die mitarbeiter besser mit ihr umgehen können. Sich mit die-sem thema zu beschäftigen, ist übrigens für Unternehmen auch finanziell attraktiv: Unsere erfah-rungen zeigen, dass durch einen vorausschauenden und kompe-tenten Umgang mit Gesundheits-förderung am arbeitsplatz viel Zeit, energie und damit auch Geld gespart werden kann.

ScHWERDtfEGER: Unterstützung von fach-leuten zum thema Ge-sundheitsförderung ist hilfreich. Vielen ist das auch schon bewusst. lei-der reden noch zu weni-ge darüber.

DreScher: Gesundheitsprävention ist ein komplexes thema. es ist für führungskräfte und Personalver-antwortliche schwer, alle fakto-ren wirklich im Blick zu haben, die nur im Zusammenspiel ge-sunderhaltende Wirkung entfal-ten können. Sicherlich empfinden einige Unternehmen die Proble-matik auch als ein Stigma.

ScHWERDtfEGER: Eher, weil man es mit Bordmitteln zu lösen versucht, nach dem Mot-to: Wir sind doch gut aufgestellt. Aber der Blick von Gesundheitsexper-ten zeigt schnell, was noch zu verbessern wäre – auch wenn es nur ver-meintliche Kleinigkeiten sind.

nOrDmann: Gesundheit ist eben die Voraus-setzung für erfolg.

act angewandte computertechnik gmbhact ist ein it-Dienstleister,

der die bereiche Software,

consulting und Systemhaus

unter einem Dach vereint.

Das unternehmen beschäftigt

45 mitarbeiterinnen und mit-

arbeiter an den Standorten

kiel und hamburg.

Dr. Rolf Schwerdtfeger ist seit

drei Jahren Geschäftsführer

von act. Seit 2012 nutzt das

unternehmen das angebot

der brücke Sh im bereich Ge-

sundheitsförderung.

www.actgmbh.de

Gesundheit shGesundheit Sh ist ein arbeitsbereich der brücke Sh. Das

kompetenzteam aus angestellten und freien psycholo-

gen, psychotherapeuten, pädagogen und ärzten bietet

unternehmen und behörden umfangreiche Dienstleistun-

gen zur psychischen Gesunderhaltung ihrer mitarbeiterin-

nen und mitarbeiter sowie ihrer Führungskräfte. Darüber

hinaus pflegt Gesundheit Sh enge kooperationen mit Dr.

Gerhard berger vom institut für Sozialwissenschaften der

christian-albrechts-universität zu kiel.

JESSIKA DRESCHER ist Diplomsozialpädagogin und in-

dustriekauffrau und als Vertriebsleiterin Gesundheit Sh

bei der brücke Sh die erste ansprechpartnerin für unter-

nehmen und behörden, die sich für das angebot interes-

sieren. Sie entwickelt gemeinsam mit den unternehmen

passgenaue konzepte zur Gesundheitsprävention und

stellt das entsprechende beraterteam zusammen.

SABINE NoRDMANN ist Diplompsychologin, ergothera-

peutin und heilpraktikerin (beschränkt auf das Gebiet der

psychotherapie) und arbeitet seit 15 Jahren in der medizi-

nischen und beruflichen Rehabilitation der brücke Sh. Für

Gesundheit Sh ist sie mit den Schwerpunkten Gesund-

heitsberatung, psychosozialberatung und betriebliches

eingliederungsmanagement (bem) tätig.

www.gesundheit-sh.com

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Glossar

»barrierefreiheit: bedeutet ganzheitlich gedacht physische sowie mentale Hin-dernisse zu beseitigen und zu vermeiden. Praktisch heißt das, für alle Menschen Zugän-ge aller art leicht zu gestal-ten sowie gedankliche Hürden und auch Diskriminierendes jedweder Weise abzubauen.

»behinderung:kann auf drei Ebenen be-schrieben werden: a) quan-titativ, um das ausmaß der Beeinträchtigung bei der le-bensbewältigung zu ermes-sen; b) qualitativ, um die Di-mension einer möglichen Beziehungsstörung aufzuzei-gen, die durch eine Behinde-rung zwischen dem betrof-fenen Menschen und seinen Mitmenschen auftreten kann; c) subjektiv, um die Sicht ei-nes betroffenen Menschen zu erfassen, inwieweit sich die-ser als behindert empfindet. in der UN-Behindertenrechts-konvention wurde auf eine Definition verzichtet. Dort ist zu lesen, dass sich das Ver-ständnis von Behinderung weiterentwickelt, und arti-kel 1 S. 2 erläutert: „Zu den Menschen mit Behinderun-gen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seeli-sche, geistige oder Sinnesbe-einträchtigungen haben, wel-che sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der gesellschaft hindern können.“

»bürgerschaftliches Engagement/Ehrenamt: der Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern ohne Entgelt. Dieser Einsatz wird im Rah-men von Projekten mit unter-schiedlicher Dauer in sozia-len, kulturellen, sportlichen, bildungsbezogenen u. ä. Zu-sammenhängen erbracht. Möglich ist beispielsweise bei der Brücke Schleswig-Hol-stein, sich mit einzelnen Stun-den freiwillig im Ehrenamt zu engagieren oder mehrere Mo-nate im Bundesfreiwilligen-dienst, im Freiwilligendienst aller generationen oder im freiwilligen sozialen Jahr.

»burnout (englisch – „ausbrennen“): ist ein Zustand tiefer emo-tionaler Erschöpfung mit stark reduzierter leistungs-fähigkeit.

»Empowerment (englisch – „Ermäch-tigung“ oder „bevoll-mächtigung“): im Deutschen auch im Sinne von Selbstbefähigung genutzt. Mitwirkungsmöglichkeit, Strategien und Maßnahmen, die geeignet sind, das Maß an Selbstbestimmung und au-tonomie im leben der Men-schen zu erhöhen. Ziel ist, eigene Belange – wieder – ei-genmächtig, selbstverant-wortet und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten. Empowerment meint sowohl den Prozess der Selbstbe-mächtigung wie auch profes-sionelle Unterstützung der Menschen, ihre gestaltungs-spielräume und Ressourcen wahrzunehmen und zu nutzen.

»Gemeindepsychiatrie: angebote der Unterstützung, die in der gemeinde angesie-delt sind. Dies befähigt Men-schen dazu, mit ihren seeli-schen Erkrankungen in ihrem bisherigen lebensumfeld zu leben. Die angebote sind am Einzelnen ausgerichtet, also personenorientiert. gemein-depsychiatrie ist regional über den gesundheitsbereich hin-aus mit weiteren Hilfeanbie-tern vernetzt. auch dadurch wird gesellschaftliche Teilha-be (inklusion) von allen Men-schen mit und ohne psychi-sche Erkrankungen gefördert. Entsprechend will gemein-depsychiatrie mit allen en-gagierten Bürgern das direk-te Umfeld und die gemeinde so gestalten, dass auch Men-schen mit schweren und chro-nischen psychischen Erkran-kungen in der gesellschaft leben können.

»inklusion: meint die selbstverständli-che Zugehörigkeit aller Men-schen zur gesellschaft, ver-bunden mit der Möglichkeit jedes Menschen, sich vollstän-dig und gleichberechtigt an al-len gesellschaftlichen Prozes-sen zu beteiligen. Zudem sind alle Menschen gleichwertig, ohne dass dabei Normalität vorausgesetzt ist. Vielfalt und das Vorhandensein von Un-terschieden sind dementspre-chend normal.

»integrierte Versorgung: die Vernetzung von angebo-ten im gesundheitswesen. Ziel ist, die Qualität der Ver-sorgung von Patienten zu ver-bessern, indem medizinische Behandlung, weiterführende therapeutische Begleitungen und unterstützende Hilfen aufeinander abgestimmt und koordiniert sind. Das SgB V enthält die Regelungen für die integrierte Versorgung.

»paranoide schizophrenie: eine Unterform der Schizo-phrenie. Betroffene Menschen leiden unter Wahnvorstellun-gen, erleben eine herabgesetz-te abgrenzung der eigenen identität von der Umwelt und haben akustische Halluzina-tionen. Dabei hören sie bei-spielsweise befehlende oder kommentierende Stimmen.

»personenzentrierte hilfe:meint die aufeinander abge-stimmte und vernetzte Form der Unterstützung, der Hilfe, der Behandlung, der Beglei-tung und der Förderung, die sich zu jeder Zeit und in jeder Situation an den individuellen Bedürfnissen eines betroffe-nen Menschen orientiert. Soll-te dieser bei einer akuten oder chronischen psychischen Er-krankung in dieser Weise be-gleitet werden, sind zudem seine individuellen Bedürf-nisse, seine Fähigkeiten sowie seine individuelle lebenswelt in die Unterstützung einzu-beziehen. Zudem bauen Hil-fen nach diesem ansatz auf größtmögliche Selbstregula-tion, nehmen so wenig Ein-

griffe in die lebensverhältnis-se der betroffenen Menschen wie möglich vor und sind mit ihnen in allen Belangen abge-stimmt. Professionelle, ver-lässliche, organisatorische und strukturelle Bedingungen für personenzentrierte Hil-fe zu schaffen beinhaltet auch, kulturelle, soziale und ökono-mische Verhältnisse von land, Regionen und gemeinden zu berücksichtigen.

»seelische behinde-rung/psychische behinderung: Nach § 2 abs. 1 SgB iX sind Menschen behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seeli-sche gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das lebensalter typischen Zu-stand abweicht und daher ih-re Teilhabe am leben in der gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung be-droht, wenn die Beeinträch-tigung zu erwarten ist“. See-lische Behinderung – dieser Begriff ist in gesetzestexten zu lesen – wird im Sprachge-brauch gleichgesetzt mit psy-chischer Behinderung. Der Begriff ist schwer zu definie-ren. grundsätzlich können al-le psychischen Störungen zu einer seelischen Behinderung führen. Der Schwerpunkt der Definition liegt dabei jedoch nicht auf der Erkrankung, sondern auf der krankheitsbe-dingten Beeinträchtigung der Teilhabe an der gesellschaft.

»sGb: ist die abkürzung für Sozial-gesetzbuch. Es enthält als ein-heitliches gesetzgebungswerk alle wesentlichen Bereiche der sozialen Sicherung und ist in bisher zwölf Bücher geglie-dert. Jedes Buch ist in sich in Paragraphen unterteilt und gilt so als eigenständiges ge-setz. in Kraft trat am 1. Januar 1976 das erste Buch, SgB i, mit den Zielsetzungen und -vor-stellungen sowie Verfahrens-vorschriften zum SgB.

»sGb V: Das fünfte Buch fasst alle Be-stimmungen zur gesetzli-chen Krankenversicherung zusammen. im § 1 „Solidari-tät und Eigenverantwortung“ heißt es: „Die Krankenversi-cherung als Solidargemein-schaft hat die aufgabe, die gesundheit der Versicher-ten zu erhalten, wiederher-zustellen oder ihren gesund-heitszustand zu bessern. Die Versicherten sind für ihre ge-sundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesund-heitsbewußte lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsor-gemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Kran-kenbehandlung und Rehabi-litation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Be-hinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch auf-klärung, Beratung und leis-tungen zu helfen und auf ge-sunde lebensverhältnisse hinzuwirken.“

»sGb iX: Das neunte Buch „Rehabilita-tion und Teilhabe behinder-ter Menschen“ trat am 1. Ju-li 2001 in Kraft. Menschen mit Behinderungen oder Men-schen, die von Behinderung bedroht sind, erhalten leis-tungen nach diesem Buch, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am leben in der gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen ent-gegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnis-sen behinderter und von Be-hinderung bedrohter Frauen und Kinder Rechnung getra-gen. Das Buch ist in zwei Teile mit insgesamt 22 Kapiteln auf-geteilt und umfasst 160 Para-graphen.

»sGb Xii: im zwölften Buch ist die Sozi-alhilfe in Deutschland mit fol-genden Hilfearten geregelt: Hilfe zum lebensunterhalt; grundsicherung im alter und bei Erwerbsminderung; Ein-gliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen; Hilfe zur Pflege; Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwie-rigkeiten; Hilfen in anderen lebenslagen.

»sozialpsychiatrie: betrachtet und berücksichtigt neben den medizinischen as-pekten das soziale Umfeld des Patienten in gleichberechtig-ter Weise. ihre Konzepte wie bsp. Empowerment werden in der gemeindepsychiatrie praktisch angewandt.

»un-(united nations-)behindertenrechtskon-vention – brk: Das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Be-hinderungen“ wurde am 13. Dezember 2006 von der UNo-generalversammlung ver-abschiedet. Die Konven tion ist seit dem 26. März 2009 in Deutschland in Kraft. Neben allgemeinen Menschenrech-ten sind in 50 Kapiteln viele Regelungen enthalten, die auf die lebenssituation von Men-schen mit Behinderungen ab-gestimmt sind. Ziel ist, ihnen damit Teilhabe an allen gesell-schaftlichen Prozessen zu ga-rantieren.

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adrEssEn

kiElSchloßstraße 19 24103 KielRuf (04 31) 9 82 06-98Fax (04 31) 9 82 06-35

Verbundmanager

Wolfgang Theede Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (04 31) 9 90 47 07-14 [email protected]

René Skischally ambulante BehandlungRuf (04 31) 9 82 06-11 [email protected]

Harald Möller Psychosoziale RehabilitationRuf (04 31) 9 90 47 07-10 [email protected]

Dr. Michael Schüller Ärztlicher leiter RPK – Medizinische und berufliche RehabilitationRuf (04 31) 5 70 66-60 [email protected]

Jessika DrescherVertriebsleiterin gesundheit SHRuf (04 31) 9 82 06-80 [email protected]

nEumünstErSchützenstraße 44 24534 NeumünsterRuf (0 43 21) 7 07 97-16Fax (0 43 21) 4 13 39

Verbundmanager/in

Wolfgang Theede Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (04 31) 9 90 47 07-14 [email protected]

Rebecca Isemer Psychosoziale RehabilitationRuf (0 43 21) 7 07 97-14 [email protected]

René Skischally ambulante BehandlungRuf (04 31) 9 82 06-11 [email protected]

krEis dithmarschEnSüderstraße 1025746 HeideRuf (04 81) 42 15 29-0 Fax (04 81) 42 15 29-24

Verbundmanagerin

Liane Junge Psychosoziale Rehabilitation; Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (04 81) 42 15 [email protected]

Dr. Mathias Bergner Ärztlicher leiter Psychiatri-sche Tagesklinik, Psychiatri-sche institutsambulanzRuf (04 81) 68 37 [email protected]

krEis hErzoGtum lauEnburGgrabauer Straße 27 a 21493 SchwarzenbekRuf (0 41 51) 89 89-0Fax (0 41 51) 89 89 -23

Verbundmanager

Udo Spiegelberg Psychosoziale Rehabilitation; Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (0 41 51) 89 [email protected]

krEis nordfriEslandBrinckmannstraße 11 25813 HusumRuf (0 48 41) 8 26 06Fax (0 48 41) 8 25 36

Verbundmanagerin Karola HolstPsychosoziale RehabilitationRuf (0 48 41) 8 26 [email protected]

krEis pinnEbErGBerliner Straße 2025336 ElmshornRuf (0 41 21) 4 75 61-15Fax (0 41 21) 4 75 61-29

Verbundmanager/in

Helmut Jünger Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (0 41 21) 4 75 [email protected]

René Skischally ambulante BehandlungRuf (04 31) 9 82 [email protected]

Katrin Färber Psychosoziale RehabilitationRuf (0 41 21) 48 [email protected]

krEis plÖnRodomstorstraße 1424306 Plön

Mühlenstraße 1124211 PreetzRuf (0 43 42) 3 09 08-0 Fax (0 43 42) 3 09 08-61

Verbundmanager/in

Sabine Hahn Psychosoziale Rehabilitation; Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (0 43 42) 3 09 08-0 [email protected]

René Skischally ambulante BehandlungRuf (04 31) 9 82 06-11 [email protected]

Dr. Herald Hopf Ärztlicher leiter Psychiatri-sche Tagesklinik, Psychiatri-sche institutsambulanzRuf (0 43 42) 76 [email protected]

Dr. Christiane SchellinskiÄrztliche leiterin Psychiatri-sche Tagesklinik, Psychiatri-sche institutsambulanzRuf (0 45 22) 7 89 [email protected]

krEis schlEsWiG- flEnsburGBismarckstraße 15b 24837 SchleswigRuf (0 46 21) 96 87-10Fax (0 46 21) 96 87-21

Verbundmanager/in

Saira Raza Psychosoziale RehabilitationRuf (0 46 21) 96 [email protected]

Malte Sievert SuchthilfenRuf (0 46 42) 96 [email protected]

krEis stEinburGWilhelm-Biel-Straße 525524 itzehoeRuf (0 48 21) 67 91-11Fax (0 48 21) 67 91-30

Verbundmanager/in

Matthias Kruit Berufliche Rehabilitation und integrationRuf (0 48 21) 67 [email protected]

René Skischally ambulante BehandlungRuf (04 31) 9 82 [email protected]

Eva Gruitrooy Psychosoziale RehabilitationRuf (0 48 21) 67 [email protected]

für kinder, Jugendliche, familien, Erwachsene und ältere menschen, die seelisch erkrankt, psychisch behindert, sozial benachteiligt oder in folge von suchtmittelmissbrauch erkrankt sind, bietet die brücke sh in folgenden städten und krei-sen in schleswig-holstein vielfältige angebote:

impressumHerausgeberin: brücke Schleswig-holstein gGmbh,

landesgeschäftsstelle, muhliusstraße 94, 24103 kiel,

Ruf (04 31) 9 82 05-0, [email protected]

Verantwortlich: Wolfgang Faulbaum-Decke

Gesamtkoordination: bettina erhart

Konzept: Susanne kollmann

Redaktionelle Beiträge: Jürgen bischoff,

bettina erhart, Wolfgang Faulbaum-Decke,

Susanne kollmann, henning krönigkeit, Robert Schenk,

heinke Schroeder

Gestaltung: boy | Strategie und kommunikation Gmbh

Illustrationen: anna Westphal

Auflage: 3.000

kiel, Dezember 2013

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standortbEstimmunG und Vision

brücke Schleswig-holstein gGmbh

landesgeschäftsstelle

muhliusstraße 94, 24103 kiel

Ruf (04 31) 9 82 05-0

[email protected]

www.bruecke-sh.de

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zahlEn & faktEnzahlEn & faktEn

ErtragslageDie Finanzierung der Dienstleistungen erfolgt bei der ge-meinnützigen Brücke Schleswig-Holstein auf der Basis von leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit unterschiedli-chen Kostenträgern und auf der grundlage von individuellen Rechtsansprüchen der anspruchsberechtigten Personen. Hinzu kommen im geringen Umfang pauschale Zuwendun-gen einzelner Kommunen und des landes Schleswig-Holstein. Wachsende Erträge fließen auch aus der wirtschaftlichen Tätigkeit der arbeitsprojekte und Werkstätten.Die hier veröffentlichten Zahlen sind dem Jahresabschluss 2012 entnommen. Dieser kann zum Januar 2014 im elektroni-schen Bundesanzeiger eingesehen werden.

angeboteDie Brücke Schleswig-Holstein ggmbH betreibt wohnortnah differenzierte Einrichtungen und Dienste für Menschen mit psychischen Erkrankungen und seelischen Behinderungen:Die Plätze (1.012), Fälle (1.492), Betreuungsmonate (1.764) und Fachleistungsstunden (58.084) in den verschiedenen Einrich-tungen und Diensten stiegen auch im geschäftsjahr 2012.

301 Plätze in Wohnheimen und 200 in Wohngruppen wurden in kleinen Einheiten im Bereich Wohnen in Kiel, Neumünster sowie in den Kreisen Dithmarschen, Herzogtum lauenburg, Nordfriesland, Pinneberg, Plön, Schleswig-Flensburg und Steinburg vorgehalten und ausgelastet.

58.084 Stunden wurden im Bereich der häuslichen Betreuung und Pflege geleistet.

371 Plätze in Werkstätten und arbeitsprojekten bestehen im Be-reich der beruflichen Rehabilitation und Förderung.

1.764 Betreuungsmonate wurden im Bereich der beruflichen integ-ration in den integrationsfachdiensten erbracht.

54 Plätze in vier Tagesstätten wurden im Bereich der sozialen Teilhabe angeboten. Hinzu kommen offene angebote im Freizeit- und Begegnungsbereich.

36 teilstationäre Behandlungsplätze stehen im Behandlungsbe-reich wie im Vorjahr in den psychiatrischen Tageskliniken in Heide und Preetz zur Verfügung. Hinzu kamen durchschnitt-lich 1.492 Behandlungsfälle in den institutsambulanzen. Der Bereich der medizinischen und beruflichen Rehabilitation in Kiel umfasst 21 Plätze.

359 Versicherte haben sich im Rahmen der integrierten Versor-gung nach SgB V bis Ende 2012 eingeschrieben. im oktober hat das ambulante Behandlungsteam die arbeit an den Stand-orten Elmshorn und itzehoe aufgenommen. Ein Krisenhaus in Kiel besteht seit 2012 in Kooperation mit dem Verein zur Förderung sozialpädagogischer initiativen e. V. gemeinsam mit diesem wird integrierte Versorgung nach SgB V zudem an den Standorten Preetz, Plön und Neumünster angeboten.

personal

708 Mitarbeiter/innen waren in der Brücke Schleswig-Holstein ggmbH am 31.12.2012 tätig.

Ein Projekt in Kooperation von Brücke Schleswig-Holstein und vom PaRiTÄTiSCHEN Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein, gefördert durch das innenministerium des landes Schleswig-Holstein. Die Projektkoordinatorin andrea Bastian, Brücke Schleswig-Holstein, ist zudem unter anderem im lan-desarbeitskreis Psychiatrie und Migration sowie als interkultu-relle Trainerin engagiert.Ziel des Projektes ist, durch die interkulturelle Öffnung der psychosozialen Dienste sowie der psychologischen und psy-chotherapeutischen Versorgung zu erreichen, dass Menschen mit Migrationshintergrund Zugang zu Unterstützungsangebo-ten bekommen und diese auch nutzen können. Dies gilt glei-chermaßen für Migrantinnen und Migranten mit Daueraufent-haltsrecht wie für Menschen ohne festen aufenthaltsstatus.

Von 2011 bis anfang 2014 fördert die landesregierung Schles-wig-Holstein im Rahmen des „aktionsplans integration“ ein Projekt für die interkulturelle Öffnung der psychosozialen und psychotherapeutischen Regelversorgung.

innenminister andreas Breitner bekräftigte in seiner Rede beim PaRiTÄTiSCHEN Wohlfahrtsverband Schleswig-Hol-stein Ende 2012: „Willkommenskultur braucht Willkommens-struktur!“ und erklärte, dass Schleswig-Holstein ein Einwan-derungsland ist, dass integrations- und Flüchtlingspolitik zusammengehören und die Wertschätzung von Vielfalt auch hier im lande gesamtgesellschaftlich gefördert werden soll. Die Umsetzung einer solchen Willkommenskultur trage zur Zukunftsfähigkeit des landes Schleswig-Holstein bei.

2010 lebten etwa 12,6 % Menschen mit Migrationshintergrund im nördlichsten Bundesland (bundesweit etwa 20 %). Bei den Kindern finden sich hier schon 25 %, der anteil ist steigend.

Für viele dieser Migrantinnen und Migranten ist der Zugang zu gesetzlich geregelten Hilfen und Unterstützungen noch erschwert – das gilt sowohl für psychosoziale Hilfen wie auch für gesundheitsangebote im land. Vielfach fehlen die informationen über Möglichkeiten dieser art. aber auch sprachliche Hemmnisse und kulturspezifische Normen und Werte können verhindern, dass sich Fachleute und Hilfesu-chende richtig verstehen. gerade im Bereich der psychischen Erkrankungen können sich aufgrund ganz unterschiedlicher Krankheitsverständnisse Missverständnisse ergeben. ganz besonders schwer ist es für jene Migrantinnen und Migranten, deren aufenthaltsstatus nicht gesichert ist, passende Hilfe für psychotraumatische Störungen zu bekommen.

Nachdem 2011/2012 eine Bestandsaufnahme der psychoso-zialen Versorgung und erste Veranstaltungen zum Thema Psychotherapie und Beratung für Menschen mit Migrations-hintergrund durchgeführt wurden, fokussiert sich das Projekt im dritten Jahr auf die bestehenden sozialpsychiatrischen Einrichtungen in Schleswig-Holstein:

Ein Schwerpunkt der Projektarbeit 2013 ist die Durchführung einer Fortbildungsreihe zur interkulturellen Öffnung gemein-sam mit den erfahrenen Referentinnen Dr. Christine Tuschin-sky, Barbara Heyken, Elisabeth Wazinski – alle aus Hamburg. Die Fortbildungsreihe wird in vier Modulen und in drei Regionen angeboten: in Kiel, Husum und itzehoe. Die Reihe führt ein in die Begrifflichkeiten der interkulturellen Öffnung, von inklusion, Diversity Management und des Kulturbegriffs, inspiriert dazu, sich mit der eigenen kulturellen orientierung auseinanderzusetzen, informiert über Migrationsphasen und die besonderen Hürden für Migrantinnen mit psychischen Erkrankungen. Fallmethoden beleuchten beispielhaft die interkulturelle Kommunikation. Ziel der Fortbildungsreihe ist es, mit den 48 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Beratungs- und Betreuungsfeldern „interkul-turelle Fahrpläne“ für die organisationsentwicklung in der eigenen Einrichtung zu erarbeiten und die interkulturelle orientierung und Öffnung als Prozess anzustoßen.

Neben der Koordination und Durchführung dieser Fort-bildungsreihe steht andrea Bastian auch für Fragen zum Projekt, für Einzelberatungen, weitere informationsveranstal-tungen zum Thema und zur Vermittlung von Fachreferentin-nen zur Verfügung.

brücke schleswig-holsteinprojekt: öffnung der psychosozialen

Regelversorgung für migrantinnen

und migranten

andrea bastian

muhliusstraße 94

24103 kiel

Ruf (04 31) 9 82 06-10

Fax (04 31) 9 82 95-0

[email protected]

www.bruecke-sh.de

„WillKoMMENSKUlTUR braucht WillKOmmenSStrUKtUr!“ das projekt Öffnung der psychosozialen und psychotherapeutischen regelversorgung für migrantinnen und migranten in schleswig-holstein

bRücke SCHlESWig-HolSTEiN – Zahlen im blick

impressumHerausgeberin: brücke Schleswig-holstein gGmbh,

landesgeschäftsstelle, muhliusstraße 94, 24103 kiel,

Ruf (04 31) 9 82 05-0, [email protected]

Verantwortlich: Wolfgang Faulbaum-Decke

Gesamtkoordination: bettina erhart

Konzept: Susanne kollmann

Redaktioneller Beitrag Beilage: andrea bastian

Gestaltung: boy | Strategie und kommunikation Gmbh

Illustrationen: anna Westphal

Auflage Beilage: 1.000

kiel, Dezember 2013

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projekte der brücke schleswig-holsteinmenschen mit psychischen erkrankungen oder seelischen

behinderungen durch persönlich orientierte hilfen mit

zeitgemäßer unterstützung zu begleiten ist das kernziel

der brücke Schleswig-holstein. neben den hilfen aus den

bereichen arbeit & beruf, Gesundheit & therapie, Woh-

nen & leben sowie Freizeit & kontakt beteiligen wir uns an

öffentlich ausgeschriebenen projekten, um unsere ange-

bote zu erweitern und um die selbstverständliche zuge-

hörigkeit aller menschen zur Gesellschaft aktiv zu fördern.

zurzeit sind wir an folgenden projekten mit verschiedenen

Fördermittelgebern beteiligt:

„empowerment in der brücke Schleswig-holstein gGmbh“

laufzeit: 01.12.2010–30.11.2013

Gefördert aus mitteln der aktion mensch

Durchführungsort: itzehoe

„psychiatrie im Film“

laufzeit: 04–11/2013

Gefördert aus mitteln der aktion mensch

Förderaktion: „miteinander gestalten“

Durchführungsort: elmshorn

„öffnung der psychosozialen einschließlich der

psychologischen/psychotherapeutischen Regelversorgung

für migrantinnen und migranten“

projekt zum aktionsplan integration Schleswig-holstein

laufzeit: 2013

Gefördert aus mitteln des innenministeriums des landes

Schleswig-holstein

Durchführungsort: Schleswig-holstein

kooperationspartner: paRitätiScheR Wohlfahrtsverband

Schleswig-holstein e.V.

„bürgerliches miteinander in neumünster inklusiv

gestalten“

laufzeit: 2013

Gefördert aus mitteln des ministeriums für Soziales, Ge-

sundheit, Familie und Gleichstellung des landes Schleswig-

holstein

Durchführungsort: neumünster

„Weiterentwicklung der eingliederungshilfe in neumünster

unter dem Gesichtspunkt der inklusion“

laufzeit: 03–12/2013

Gefördert aus mitteln der Stadt neumünster

Durchführungsort: neumünster

„mitmachen – projekt zur Förderung von inklusion“– vor

dem hintergrund der un-behindertenrechtskonvention

laufzeit : 01–12/2013

Gefördert aus mitteln des ministeriums für Soziales, Ge-

sundheit, Familie und Gleichstellung des landes Schleswig-

holstein

Durchführungsorte: kreis Steinburg und kreis Dithmar-

schen

„Förderung von Ferienfreizeiten“

Gefördert aus mitteln der aktion mensch

laufzeit: jährlich

Durchführungsort: Ferienorte in Deutschland

„Förderung von therapeutischen Ferienfreizeiten“

laufzeit: jährlich

Gefördert aus mitteln der hans-christof-husen-Stiftung,

kiel

Durchführungsort: europäisches ausland

brücke Schleswig-holstein gGmbh

landesgeschäftsstelle

muhliusstraße 94, 24103 kiel

Ruf (04 31) 9 82 05-0

[email protected]

www.bruecke-sh.de

brücke-sh.de

zahlen & FaKTEN2012|2013