32
Kalorische Restriktion: Der Schlüssel zum ewigen Leben? Im fortgeschrittenen Alter? Cornel Christian Sieber Lehrstuhl Innere Medizin-Geriatrie der FAU Institut für Biomedizin des Alterns Zentrum für Altersmedizin, Klinikum Nürnberg

Im fortgeschrittenen Alter? - dgem.de · Kommentare - 2 • Dieses „Obesitas-Paradox“ geht einher mit der Mortalität für andere Erkrankungen und belegt, dass vorab auch bei

  • Upload
    ngothu

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Kalorische Restriktion:Der Schlüssel zum ewigen Leben?

Im fortgeschrittenen Alter?

Cornel Christian SieberLehrstuhl Innere Medizin-Geriatrie der FAU

Institut für Biomedizin des AlternsZentrum für Altersmedizin, Klinikum Nürnberg

Irgendwie ist heute nicht Emma‘s Tag

Überleben und Gewichtsentwicklung in der SENECA-Studie

Überlebenszeit (Tage)

stableIncrease > 5 kgDecrease > 5kg

Ante

il Ü

berle

bend

er

%

De Groot CPGM, van Staveren WA, Clin Geriatr Med 2002

60708090

100110120130140

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Energyuptake %

60708090

100110120130140

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Energyuptake %

Junge Männer

Ältere Männer

Nahrungsaufnahme nach Kalorienrestriktion

Roberts SB et al, JAMA 1994; 272:1601-1606days

days

21 Tage - 1000 kcal

Frailty – Definition

• Frailty ist ein klinisches Syndrom charak-terisiert durch mindestens drei der folgenden Kriterien:– Gewichtsverlust (>5kg in 12/12)– Empfundene Erschöpfung– Schwäche (Handgriff)– Langsame Gehweise– Geringe physische Aktivität

Fried LP et al. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 2001;56:M146-M156

Sarkopenie !

Das „Obesitas-Paradox“ bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz

An obesity paradox in acute heart failure: analysis of body mass index and

inhospital mortality for 108‘927 patients in the acute decompensated heart failure

national registry

Fonarow GC et al. Am Heart J 2007;153:74-81

Methodik

• Die Patienten wurden anhand des BMI in vier Gruppen eingeteilt (nach Quartilen):

• Q1: BMI 16.0-23.6 kg/m2• Q2: BMI 23.7-27.7 kg/m2• Q3: BMI 27.8-33.3 kg/m2• Q4: BMI 33.4-46.0 kg/m2

Resultate

Kommentare - 1

• Ein höherer BMI ist ein Risikofaktor für die Entwicklung kardio-vaskulärer Erkrankungen.

• Bei etablierter chronischer Herzinsuffizienz dreht sich diese Korrelation ins Gegenteil um.

• So ist ein höherer BMI ein Protektionsfaktor für die Mortalität während eines Krankenhausaufenthaltes wegen akuter Herzinsuffizienz.

Kommentare - 2

• Dieses „Obesitas-Paradox“ geht einher mit der Mortalität für andere Erkrankungen und belegt, dass vorab auch bei betagten Menschen ein Malnutrition mit Abnahme des BMI ein prognostisch schlechtes Zeichen ist.

• Etwas plakativ ausgedrückt bedeutet dies: Bis 65 Jahre sollte man rank und schlank sein, danach ist Gewichtsverlust ein prognostisch schlechtes Zeichen.

Hochaltrigkeit beim Manne

Beeinflussbare Faktoren, funktionell gut gesund 90 Jahre alt zu werden

Yates LB et al. Arch Intern Med 2008;168:284-290

Fragestellungen - 1

• Prospektive Studie über 25 Jahre• 2‘350 Männer (Physician Health

Study), die Chance hatten, >90 Jahre alt zu werden

Fragestellungen - 2

• Was gibt es für beeinflussbare Faktoren, die eine Lebenserwartung von >90 Jahre garantieren?

• Haben Männer, die >90 Jahre alt werden, eine niedrigere Inzidenz von alters-assoziierten Krankheiten?

Methodik - 1

• Rekrutierung 1981-1984• „Ausserordentliche Langlebigkeit“ =

>90 Jahre, als bei deren Geburt mittlere Lebenserwartung 46-52 Jahre betrug.

• Kontrollen erfolgten jährlich mittels Fragebogen.

Methodik - 2

Speziell untersucht wurden:• Mortalität• Erkrankungen (Karzinome, CHK,

Schlaganfall, Herzinsuffizienz, COPD, PAVK, M. Parkinson, und Arthritis)

• Funktioneller Status (SF-36)

Resultate - 1

• 41% der Männer wurden mindestens 90 Jahre alt (medianer follow-up 17.9 Jahre für Überlebende und 11.7 Jahre für die, die nicht 90 Jahre alt wurden)

• Männer, die >90 Jahre alt wurden hatten bei Studienbeginn (72 Jahre) folgende Charakteristika: Weniger Adipositas, weniger Raucher, mehr körperliche Aktivität

Resultate - 2

Risikofaktoren, vor dem 90. Lebensjahr zu versterben, waren:•Rauchen HR 2.1•Diabetes mellitus HR 1.6•Obesitas HR 1.4•Art. Hypertonie HR 1.3

Resultate - 3

Faktoren, die bei Alter 70 ein Überleben bis zum 90. Lebensjahr garantieren, sind:•Nichtraucher, normaler BD, BMI<25 kg/m2, normaler Blutzucker, 2-4x wöchentlich körperliche Aktivität = 54% (ohne körperliche Aktivität 44%)

Kommentare

• Gene spielen für Langlebigkeit nur eine Rolle von 25%.

• 75% unserer Lebenserwartung sind somit theoretisch „modulierbar“.

• Von medizinischer Seite können konstanter BMI, eine gute BD- und Blutzuckereinstellung aktiv zur Langlebigkeit beitragen.

Adiponectin und Langlebigkeit

• Adiponectin in Fettgewebe gebildet• Adiponectin hat protektiven Effekt

gegen Alterskrankheiten• Werte signifikant höher in Kindern

von Hundertjährigen unabhängig von Geschlecht und BMI

Atzmon G et al. J Gerontol a Biol Sci Med Sci 2008;63:447-453

Kalorische Restriktion – mögliche Mechanismen

• Energiemetabolismus• Oxidativer Stress• Insulin-Sensitivität• Funktionelle Veränderungen im

neuro-endokrinen System• Funktionelle Veränderungen im

adrenergen System

Kalorische Restriktion und Langlebigkeit

• C. elegans – gar kein Futter in der postreproduktiven Phase

• LEBEN länger !• Was ist mit der QoL…?

Kaeberlein TLet al. Aging Cell 2006;5:487-494

Kalorische Restriktion und Langlebigkeit

• N=48 übergewichtige Personen mit 25% Kalorienrestriktion gegenüber Grundumsatz (6 Monate)

• Reduktion des Nüchtern-Insulinspiegels und der Körpertemperatur

• Beide Werte mit Langlebigkeit assoziiert

Heilbronn LK et al. JAMA 2006;295:1539-1548

Kalorische Restriktion und Langlebigkeit

• Frauen USA mit 25% weniger Kalorieneinnahme als Männer leben 5 Jahre länger

• Medizinischer Erfolg wirkt sich aber stärker auf Langlebigkeit aus

Everitt AV et al. Ann NY Acad Sci 2007;1114:428-433Antebi A. Nature 2007;447:536-537

Kalorische Restriktion und Langlebigkeit

• Ältere Okinawans, eine haben eine kalorische Restriktion in der zweiten Hälfte ihres Lebens

• Sie leben im Durchschnitt mehrere Jahre länger

Wilcox DC et al. Biogerontology 2006;7:173-177

Okinawa – Insel in Japan

• Sehr viele Hundertjährige• Weniger maligne Tumoren, CHK und

Schlaganfall• Weniger freie Radikale im Blut• Essen kulturell nur 80%, bis sie ganz

satt sind – HARA HACHI BU• In Mittelfranken wohl nicht

umsetzbar…

Deutschland hat keine Ess-Klasse (Siebeck, CICERO 09/05)

Was können wir tun ?

Longevity studies…Ernährung

Körperliche BewegungSozialkontakte

THM

• Kalorische Restriktion (80% bis man satt ist) über eine längere Lebens-phase scheint Langlebigkeit zu fördern

• Dies ist wohl bedingt durch verminderten oxidativen Stress

• Gewichtsverlust im Alter per se ist aber schlecht (Obesitas paradox)

Die Stuffenjahre des Menschen. Nürnberg, 1805-1853