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3109 St. Pölten / Rennbahnstraße 29 Telefon: +43 2742 90590 / Fax: +43 2742 90590 15540 E-Mail: [email protected] / www.lvwg.noel.gv.at DVR: 4011296 Geschäftszahl: LVwG-AV-1106/001-2016 St. Pölten, am 22. November 2016 IM NAMEN DER REPUBLIK Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau Dr. MF, ***, ***, vom 29. September 2016 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 12. September 2016, Zl. 6/2636/16-GV, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines Abbruchauftrages abgewiesen worden war, zu Recht: 1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen. 2. Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

IM NAMEN DER REPUBLIK - ris.bka.gv.at · LVwG-AV-1106/001-2016 St. Pölten, am 22. November 2016 IM NAMEN DER REPUBLIK ... gemäß den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung

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3109 St. Pölten / Rennbahnstraße 29 Telefon: +43 2742 90590 / Fax: +43 2742 90590 15540 E-Mail: [email protected] / www.lvwg.noel.gv.at DVR: 4011296

Geschäftszahl:

LVwG-AV-1106/001-2016 St. Pölten, am 22. November 2016

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als

Einzelrichter über die Beschwerde von Frau Dr. MF, ***, ***, vom 29. September

2016 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 12.

September 2016, Zl. 6/2636/16-GV, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf

Erlassung eines Abbruchauftrages abgewiesen worden war, zu Recht:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 und 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2. Eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG) ist nicht zulässig.

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- 2 -

Entscheidungsgründe:

1. Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

1.2.

Frau MH ist Eigentümerin der Liegenschaft ***, ***. Frau Dr. MF (in der Folge:

Beschwerdeführerin) ist Eigentümerin des im Osten anschließenden Grundstücks mit

der topographischen Anschrift ***, ***. 2007 erteilte Frau MH der Stadtbaumeister

Dipl.-Ing. HL Bauges.m.b.H. den Auftrag, eine Sickergrube auf ihrem Grundstück zu

errichten. Das Bauunternehmen kam diesem Auftrag im Juli 2007 nach und errichtete

eine Sickeranlage, in die ein Teil der Dachwässer eingeleitet wird. Die Sickeranlage

befindet sich etwa 14 Meter südlich vom Wohnhaus und ist rund 2,5 Meter von der

östlichen Grundstücksgrenze (zur Beschwerdeführerin hin) entfernt. Die Anlage

besteht aus einem ca. drei Meter tiefen Schacht mit einem Durchmesser von rund

1,1 Meter. Im Schacht sind drei handelsübliche Brunnenringe als Seitenwand

aufgeschlichtet. Der Schacht ist mit Schotter hinterfüllt, am Schachtboden wurde ein

Sickerfließ eingelegt. Über ein Polokalrohr mit 10 Zentimeter Durchmesser wird ein

Teil der Dachwässer eingeleitet. Die Anlage wurde eingeschüttet und begrünt. Der

Deckel des Sickerschachtes liegt etwa 30 Zentimeter unter der Erdoberfläche. Die

Anlage entspricht damit dem nachstehenden Ausführungsplan:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Bauakt der Marktgemeinde ***)

Die Sickergrube ist entsprechend dem folgenden Lageplan am Grundstück von MH

situiert:

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- 3 -

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: Bauakt der Marktgemeinde ***)

Für die Errichtung einer derartigen Sickeranlage sind keine wesentlichen

bautechnischen Kenntnisse erforderlich. Sie kann auch von einem bautechnisch

völlig ungebildeten Arbeiter erledigt werden. Die Ausführung entspricht den Regeln

der Technik.

1.3. Verfahren betreffend Erlassung des Abbruchauftrages:

1.3.1.

Die Beschwerdeführerin stellte am 29. August 2009 an den Bürgermeister der

Marktgemeinde *** als Baubehörde erster Instanz den Antrag auf Beseitigung des

auf der Nachbarliegenschaft *** im Juli 2007 errichteten Sickerschachtes, weil für

dieses Bauwerk keine Baubewilligung vorliege, das Bauwerk unzulässig sei und es

den auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin im seitlichen Bauwich vorhandenen

Hauskanalstrang gefährde.

Der Bürgermeister der Marktgemeinde *** wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31.

März 2010, Zahl 6/2636/06-Abweis/03/10, gemäß § 68 Abs. 1 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wegen entschiedener Sache zurück.

Der neuerliche Antrag entspreche wortgleich jenem im Verfahren 2008, über den

bereits entschieden worden sei. Sowohl die Baubehörden als auch die

Vorstellungsbehörde hätten klargelegt, warum die Bestimmungen der

NÖ Bauordnung nicht anzuwenden seien.

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- 4 -

In der gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhobenen Berufung vom

2. April 2010 führte die Beschwerdeführerin aus, dass sich ihr erster Antrag auf das

Bachgewölbe bezogen habe, der nunmehrige Antrag jedoch auf den im seitlichen

Bauwich verlaufenden Hauskanalstrang, der nach der Bauordnung geschützt werde

und ihr unabhängig vom Bachgewölbe ein Recht auf Antragstellung einräume.

Die Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** (in der Folge:

belangte Behörde) mit Bescheid vom 19. Mai 2010, Zahl 6/2636/Wied2/10-G-V, als

unbegründet abgewiesen. Da beide Anträge gleichlautend seien, sei der Baubehörde

erster Instanz beizupflichten, dass entschiedene Sache vorliege.

Diese mit Vorstellung der Beschwerdeführerin vom 27. Mai 2010 bekämpfte

abweisende Berufungsentscheidung wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung

vom 19. August 2010, Zahl RU1-BR-1116/005-2010, behoben und die Sache zur

neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten

Marktgemeinde zurückverwiesen. Als tragender Grund der Aufhebung wurde

ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe zu Recht eingewendet, dass sich ihr

Antrag vom 29. August 2009 auf die Gefährdung ihres Hauskanalstranges gestützt

habe, während sich ihr Antrag vom 25. Mai 2008 auf die Gefährdung des

unterirdischen Bachgewölbes bezogen habe. Der nunmehr

verfahrensgegenständliche neuerliche Antrag beziehe sich damit auf eine andere

Sache als jener des Jahres 2008. Es liege daher keine Identität der Sache vor. Die

Berufungsbehörde habe im fortgesetzten Verfahren in der Sache selbst zu

entscheiden, wobei sie zu berücksichtigen haben werde, dass ein Hauskanalstrang

gemäß den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 ein

bewilligungs- und anzeigefreies Vorhaben sei, das daher nicht vom Regime der

NÖ Bauordnung 1996 umfasst werde, und dass privatrechtliche Ansprüche gemäß

der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den Zivilrechtsweg

zu verweisen seien.

Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde entschied daraufhin neuerlich über die

Berufung vom 2. April 2010 gegen den Zurückweisungsbescheid des Bürgermeisters

vom 31. März 2010. Mit Bescheid vom 13. September 2010, Zahl 6/2636/10-II, wurde

der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides, welcher auf Zurückweisung wegen

entschiedener Sache gelautet hatte, in eine Zurückweisung als unzulässig aus dem

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Grunde des § 17 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 1996 abgeändert. Das darüber

hinausgehende Berufungsbegehren wurde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass zwar tatsächlich durch die Behörde erster

Instanz im Bescheid vom 31. März 2010 unzulässiger Weise der Antrag vom

29. August 2009 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei, aber

dennoch keine Veranlassung bestanden habe, ein Prüfungsverfahren einzuleiten.

Die NÖ Bauordnung 1996 lege in den Bestimmungen der §§ 14 bis 16 fest, in

welchen Fällen eine baubehördliche Bewilligung erforderlich oder eine Bauanzeige

zu erstatten sei. Darüber hinaus seien in § 17 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996

Vorhaben angeführt, die weder einer Bewilligungs- noch einer Anzeigepflicht

unterlägen. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich zweifelsfrei, dass für die

Herstellung von Anschlussleitungen und Hauskanälen weder eine Baubewilligung zu

erwirken noch eine Bauanzeige zu erstatten sei. Daraus folge, dass diese Vorhaben

nicht dem Bewilligungsumfang der NÖ Bauordnung 1996 unterlägen. Somit besäßen

auch die Nachbarn keine Parteirechte, da eben keine Bewilligungspflicht gegeben

sei. Parteienrechte ergäben sich nur bei Erforderlichkeit einer Baubewilligung. Wie

bereits die Vorstellungsbehörde in ihrer Entscheidung vom 19. August 2010

ausgeführt habe, unterlägen derartige Vorhaben wie Hauskanäle und Anschluss-

leitungen nicht dem Regelungsinhalt der NÖ Bauordnung 1996, weshalb auch keine

Zuständigkeit der Baubehörden gegeben sei. Es sei daher im gegenständlichen Fall

von Baubehörden kein Verfahren durchzuführen und die Beschwerdeführerin auf den

Zivilrechtsweg zu verweisen.

Dagegen richtet sich die Vorstellung der Beschwerdeführerin vom

16. September 2010. Wesentlich wurde vorgebracht, dass im Berufungsverfahren

allein die Frage Sache sei, ob die Entscheidung des Bürgermeisters, den Antrag vom

29. August 2009 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, dem Gesetz

entsprochen habe. Tragender Grund des aufhebenden Bescheides der

NÖ Landesregierung vom 19. August 2010 sei der Umstand, dass der Bürgermeister

in Verkennung der Rechtslage den Antrag wegen entschiedener Sache

zurückgewiesen habe. In Bindung an die Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde sei

somit der Bescheid des Bürgermeisters ersatzlos zu beheben gewesen. Durch die

Vorgangsweise des Gemeindevorstandes, den Antrag in zweiter Instanz aus einem

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anderen Grund neuerlich zurückzuweisen, werde der Instanzenzug verkürzt, weshalb

die Berufungsentscheidung vom 13. September 2010 rechtswidrig sei.

Mit Bescheid vom 28. März 2011, Zl. RU1-BR-1116/006-2010 wies die

NÖ Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Begründend wurde

ausgeführt, dass die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG berechtigt sei,

sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung anstelle

jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid

nach jeder Richtung abzuändern. Gegenstand des Verfahrens seien ausschließlich

Rechtsfragen gewesen. Die Berufungsbehörde habe zu Recht über den Antrag der

Beschwerdeführerin vom 29. August 2009 entschieden. Nach den zum

maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung anzuwendenden Bestimmungen

der NÖ Bauordnung 1996 sei die Herstellung von Anschlussleitungen und

Hauskanälen bewilligungs- und anzeigefrei gewesen, während zum Zeitpunkt der

Errichtung des Hauskanalstrangs im Jahr 1989 eine Kompetenz der Baubehörde

bestanden habe. Nunmehr seien die Baubehörden nicht mehr zur Durchführung von

Verfahren, die sich auf Anschlussleitungen und Hauskanäle bezögen, zuständig.

Dies habe die Berufungsbehörde richtig erkannt und daher zu Recht den Antrag der

Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. März 2011 brachte die

Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 29. April 2011 Beschwerde beim

Verwaltungsgerichtshof ein mit dem Begehren, den Bescheid wegen

Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2011/05/0074, hob der Verwaltungsgerichtshof

den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 28. März 2011,

Zl. RU1-BR-1116/006-2010, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In den

Entscheidungsgründen führt der Verwaltungsgerichtshof dazu aus, "Sache" im Sinne

des § 66 Abs. 4 AVG nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des

öffentlichen Rechts die Angelegenheit sei, die den Inhalt des Spruches der

Unterinstanz gebildet habe. Nach ständiger Rechtsprechung sei im Fall der

Zurückweisung eines Antrages (hier: wegen entschiedener Sache) Sache der

Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit

dieser Zurückweisung. Diese der Berufungsbehörde gesetzte Grenze wurde

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verfahrensgegenständlich überschritten, indem die Berufungsbehörde den

bekämpften erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abänderte, dass der Antrag

gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BauO als unzulässig zurückgewiesen wurde; vielmehr hätte

sie lediglich - in Bindung an die tragenden Gründe der Vorstellungsentscheidung

vom 19. August 2010 - über die Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener

Sache nach § 68 Abs. 1 AVG zu entscheiden gehabt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich änderte mit seinem Erkenntnis vom

21. Juli 2014, Zl. LVwG-AB-.14-0627 den angefochtenen Bescheid des

Gemeindevorstandes dahingehend ab, als es der Berufung Folge gab und den

erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom 31. März 2010,

Zahl 6/2636/06-Abweis/03/10, mit welchem der Antrag vom 29. August 2009 gemäß

§ 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden war, aufhob.

1.3.2.

Mit Eingabe vom 24. Juli 2014 ergänzte die Beschwerdeführerin ihren Antrag vom

29. August 2009 dahingehend, dass für die Herstellung von Sickerschächten ein

maßgebliches Regelwerk bestehe, nämlich die ÖNORM 2506 und die

NÖ Bautechnikverordnung (§§ 19, 101). Zusätzlich habe die NÖ Umweltberatung

einen Leitfaden für die Errichtung von Sickerschächten herausgegeben. Ob diese

Regeln bei der Errichtung des Sicherschachtes eingehalten worden seien, könne sie

nicht beurteilen. Sie glaube aber nicht, dass der Sickerschacht Wände habe, so dass

auch die Aussage des Sachverständigen, dass das Wasser aus einer Tiefe von drei

Metern versickern könne, unrichtig sei.

Mit Erledigung vom 11. November 2014 teilte die Baubehörde mit, dass eine

Verhandlung im November und Dezember nicht möglich sei, weil die

Beschwerdeführerin im November auf Urlaub sei und die Verhandlungstermine im

Dezember bereits ausgebucht seien. Im Hinblick darauf, dass die geplante

Überprüfungsverhandlung nur unter günstigen Witterungsverhältnissen durchgeführt

werden könne, erscheine ein Termin frühestens im März 2015 als sinnvoll.

Die Beschwerdeführerin teilte mit Eingabe vom 14. November 2014 mit, dass keine

Einwendungen gegen einen Verhandlungstermin im nächsten Jahr bestünden.

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Entscheidend sei zu erfahren, in welcher Form die Versickerungsgrube errichtet

worden sei.

Die Baubehörde übermittelte daraufhin am 27. November 2014 eine Kopie des von

der Firma Stadtbaumeister DI HL Bauges.m.b.H. vorgelegten Ausführungsplanes

und teilte mit E-Mail vom 19. Jänner 2015 mit, dass der Lokalaugenschein für den

10. März 2015 ins Auge gefasst werde.

Mit Erledigung vom 21. Jänner 2015 beraumte die Baubehörde eine

Überprüfungsverhandlung für den 10. März 2015 an.

Mit Eingabe vom 26. Jänner 2015 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass für

Sickerschächte vor ihrer Errichtung eine Dimensionsberechnung vorgenommen

werden müsste und ersuchte um Übermittlung der Berechnungen für die

gegenständliche Sickergrube.

Nach einer Urgenz einer Antwort teilte die Baubehörde mit E-Mail vom

3. Februar 2015 mit, dass für die Beantwortung Erhebungen nötig seien, so dass mit

der Beantwortung des Schreibens bis spätestens 20. Februar 2015 gerechnet

werden könne.

Mit Eingabe vom gleichen Tag brachte die Beschwerdeführerin vor, dass nun

sechseinhalb Jahre verstrichen seien und es der Gemeinde nicht möglich gewesen

sei, die Berechnung der Dimensionierung der Sickergrube zu dokumentieren. Die

Sickergrube sei mit drei Raummetern eingezeichnet und nach Angaben der Baufirma

mit Rollschotter gefüllt. Ohne Rollschotter hätte sie daher eine Kapazität von

3.000 Litern. Bei Auffüllung mit Schotter sei die Kapazität aber nur ein Bruchteil. Bei

Starkregen wirkten aber zumindest 10.000 Liter auf die Sickergrube ein.

Entsprechend der hydrogeologischen Umstände fließe das von der Sickergrube nicht

erfasste Wasser unterirdisch immer bergab auf ihre Liegenschaft. Darüber hinaus

müsste es der Gemeinde aufgefallen sein, dass die Skizze offensichtliche

Unrichtigkeiten enthalte. Beispielsweise sei das Abfallrohr der Dachrinnen über die

südliche Hausfassade verlaufend gezeichnet, während sie in Wirklichkeit auf der

Ostfassade, also drei Meter von der Grundstücksgrenze angebracht sei. Die

Sickergrube entspreche nicht einmal ansatzweise der maßgeblichen ÖNORM und

den verschiedenen Bauanleitungen. Die Anberaumung einer

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„Überprüfungsverhandlung“ sei nicht nachvollziehbar, sie werde an der Verhandlung

nicht teilnehmen.

Am 7. Februar legte die Beschwerdeführerin zwei Fotos vor.

Mit Eingabe vom 16. Februar legte die Beschwerdeführerin ein weiteres Foto zum

Beweis dafür vor, das die Sickergrube nicht so weit vom Gewölbe entfernt sei, wie in

der Skizze angegeben. Das in der Skizze angegebene Ausmaß von ein Meter mal

ein Meter, dass das Mindestmaß für Sickergruben darstelle, stimme mit der

Grasnarbe nicht überein. Es scheine auch so zu sein, dass der in der Skizze

30 Zentimeter unter der Erdoberfläche eingezeichnete Deckel nicht existiere.

In ihrer Eingabe vom 18. Februar 2015 behauptete die Beschwerdeführerin u.a.,

dass der Bürgermeister vor Baubeginn weder über eine Skizze noch eine

Berechnung der Dimensionierung verfügt habe, sondern die Skizze erst nachträglich

im Rahmen der Beschwerde hergestellt worden sei. Diese Skizze sei darüber hinaus

gravierend unrichtig. Mit Eingabe vom 18. Februar 2015 lehnte die

Beschwerdeführerin den Bausachverständigen der Gemeinde, Herrn DI K, als

Sachverständigen wegen Befangenheit ab.

Mit Erledigung vom 4. März 2015 teilte die Baubehörde mit, dass die Verhandlung

abberaumt und ein anderer Sachverständiger beauftragt werde.

Mit Eingabe vom 4. März 2015 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass ihr diese

Vorgangsweise unverständlich sei. Es sei doch ausreichend, einen Arbeiter vom

Bauhof auf die fragliche Liegenschaft zu schicken und ihn zu befragen, auf welcher

Seite des Hauses sich der Regenwasserabfluss befinde, in welcher Richtung und wie

weit der Abfluss an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin herangeführt werde

und ob sich tatsächlich Spuren eines Deckels finden ließen. Darüber hinaus stelle

sich die Frage, ob nach den Regeln der Physik die Versickerung nur am Ende der

Grube, sondern auch bereits im Oberteil der Grube erfolge.

Am 20. Mai 2015 lud die Baubehörde zu einer Überprüfungsverhandlung am

16. Juni 2015 ein. Zu der Verhandlung erschiene neben dem Verhandlungsleiter die

Grundeigentümerin Frau MH, der bautechnische Sachverständige Arch. DI FP und

der Nachbar Dr. WF. Der Lokalaugenschein ergab (siehe Niederschrift vom 16. Juni

2015), dass die Dachwässer des Wohnhauses auf der gegenständlichen

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Liegenschaft in einem erdverlegten Kanal zu einer Sickeranlage auf der Freifläche

des Grundstücks abgeleitet würden. Nach Auskunft der Grundeigentümerin sei die

Sickeranlage 2007 von dem Baumeister DI HL hergestellt worden. Darüber liege ein

Ausführungsplan mit einem schematischen Schnitt vor. Der Plan weise kein Datum

auf und es fehle ein Lageplan. Die Sickeranlage könne nur annähernd lokalisiert

werden. Es fehlten ein Aufmaßplan und ein Kontrollschacht, der an der Oberfläche

sichtbar sei. Aufgrund des mangelhaften Einreichplanes und der vorgefundenen

Situation könne der Sachverständige kein Gutachten über die Anlage erstellen. Es

liege ein zumindest anzeigepflichtiges Bauvorhaben vor. Es liege für die

Sickeranlage jedoch weder ein Antrag auf Baubewilligung, noch eine Bauanzeige

vor.

Am 8. März 2016 erstattete die Liegenschaftseigentümerin, Frau MH, eine

Bauanzeige für die Versickerung eines Teiles der Dachwässer ohne bauliche

Anlagen. Der Bauanzeige wurden ein Lageplan, der Ausführungsplan und eine

Beschreibung der Versickerung beigelegt. Der bereits am Lokalaugenschein

beteiligte bautechnische Sachverständige Arch. DI FP führte in seiner Stellungnahme

zur Bauanzeige vom 15. März 2016 aus, dass es sich bei der Versickerung um ein

Vorhaben ohne Herstellung eines Bauwerkes im Sinne der Definition des § 4 Zif. 7

NÖ Bauordnung 2014 handle, die Ausführung den Regeln der Technik entspreche

und die beigelegten Unterlagen zur Beurteilung des Vorhabens ausreichend seien.

Mit Erledigung vom 5. April 2016 nahm die Baubehörde die Bauanzeige zur Kenntnis

und teilte der Bauwerberin mit, dass gegen das Bauvorhaben keine Einwände

bestünden. Am gleichen Tag teilte die Baubehörde der Beschwerdeführerin mit, dass

Frau MH eine Bauanzeige eingebracht habe und diese vom Bausachverständigen

Arch. DI FP geprüft und in Ordnung befunden worden sei. Die Bauanzeige sei daher

zur Kenntnis genommen und das Anzeigeverfahren abgeschlossen worden.

Am 7. April 2016 nahm die Beschwerdeführerin zu diesem Schreiben Stellung und

führte aus, dass nach dem Gutachten des Bausachverständigen vom 16. Juni 2015

der Gemeinde empfohlen worden sei, Frau MH den Abbruch der Sickeranlage

aufzutragen. Im Gutachten sei darauf hingewiesen worden, dass die Anlage ein

zumindest anzeigepflichtiges Vorhaben darstelle. Sie könne daher nicht

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nachvollziehen, dass eine Bauanzeige vorliegen solle, die der Sachverständige

geprüft und die Gemeinde für in Ordnung befunden habe.

Mit Eingabe vom 9. April 2016 beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 73 AVG

den Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung über ihren Antrag vom

29. August 2009 vom Bürgermeister auf den Gemeindevorstand. Das

Landesverwaltungsgericht habe am 21. Juli 2014 die Entscheidung des

Bürgermeisters vom 31. März 2010 aufgehoben. Am 16. Juni 2015 habe eine

Verhandlung stattgefunden, bei der der beigezogene Sachverständige der Gemeinde

empfohlen habe, den Abbruch der Sickeranlage zu verfügen. Am 5. April 2016 habe

ihr der Bürgermeister mitgeteilt, dass eine Bauanzeige vorliege und sie in diesem

Verfahren keine Parteistellung habe. Mit einer weiteren Eingabe legte die

Beschwerdeführerin noch am gleichen Tag das Schreiben der Volksanwaltschaft

vom 26. September 2008 vor, wonach es sich bei dem Sickerschacht auf der

Nachbarliegenschaft unzweifelhaft um eine bauliche Anlage handle. Im letzten

Absatz des genannten Schreibens scheine allerdings der Satz auf: „Der

gegenständliche Sickerschacht ist daher unter § 17 Abs. 2 NÖ BauO (1996) zu

subsumieren und damit bewilligungs- und anzeigefrei.“

Am 11. April 2016 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie die vom

Sachverständigen beurteilte Bauanzeige nicht kenne und daher nur von dem Plan

ausgehen könne, den die Gemeinde im Verfahren vor der Volksanwaltschaft

übermittelt habe. Dieser Plan lasse einen ausschließlich viereckigen Schacht mit

einem Deckel ca. 30 Zentimeter unter der Erdoberfläche erkennen. Die Behauptung,

dass Betonringe eingesetzt worden seien, entspreche nicht der Wahrheit. Ihr Gatte

und sie selbst seien während der gesamten Bauzeit zuhause gewesen und hätten

die Bauarbeiten beobachtet. Die Lieferung und Einsetzung von Betonringen sei nie

erfolgt.

Am 2. Mai 2016 ergänzte der Sachverständige Arch. DI FP seine Stellungnahmen

dahingehend, dass nach der Bauanzeige und den zugehörigen Beschreibung

keinerlei bautechnische Kenntnisse für die Herstellung der Sickeranlage vonnöten

seien. Diese könne von einem bautechnisch völlig ungebildeten Arbeiter erledigt

werden. Die Behauptung, dass keine Brunnenringe versenkt worden seien, sei aus

seiner Sicht irrelevant. Den vorgelegten Fotos könne das nicht entnommen werde.

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Aus bautechnischer Sicht sei die Anlage ohne Brunnenringe noch weniger als

bauliche Anlage zu sehen. Für die Beurteilung der Versickerung an sich sei diese

Frage unmaßgeblich, weil die Ringe lediglich den Zweck erfüllen können, eine

Durchmischung von Erdreich und Schotter zu verhindern.

Mit Erledigung vom 30. Juni 2016 forderte die Markgemeinde *** die

Beschwerdeführerin auf, Akteneinsicht zu nehmen und binnen vier Wochen eine

schriftliche Stellungnahme zu den Beweisergebnissen abzugeben. Das Ergebnis der

videounterstützten Kanaluntersuchung liege ebenfalls vor.

Am 7. Juli 2016 nahm der Ehemann der Beschwerdeführerin Akteneinsicht, erhielt

die von ihm gewünschten Kopien und einen USB-Stick mit einem Video der

Kamerabefahrung des Kanals. Am 7. Juli 2016 teilte die Beschwerdeführerin mit,

dass bereits 2008 im Rahmen des Verfahrens vor der Volksanwaltschaft eine Skizze

über den Sickerschacht erstellt worden sei. Diese Skizze sei bekannt und die

skizzierte Anlage nach wie vor in Betrieb. Für diese Anlage sei weder eine

Baubewilligung noch eine Bauanzeige vorhanden gewesen. Der Bürgermeister hätte

daher den Abbruch verfügen müssen. Für die fachgerechte Herstellung dieser

Anlage sei ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich

gewesen. Es sei das Verhältnis Dachfläche und Größe des Sickerschachtes in

Einklang zu bringen. Weiters seien Bodenuntersuchungen (Sickerfähigkeit) sowie die

anfallenden Regenmengen festzustellen. Dies und die Herstellung der Künette, das

Verlegen der Regenabfallrohre und das Graben eines Sickerschachtes mit einem

Bagger erforderten ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen. Laut

Skizze befinde sich der den Sickerschacht abdichtende Deckel 30 Zentimeter unter

der Erdoberfläche. Die Baubehörde sei ersucht worden, das Erdreich durchstechen

zu lassen um zu klären, ob ein Deckel vorhanden sei. Das wurde allerdings nicht

getan. Dafür hätte sie einen Videostick ausgehändigt bekommen. Diese Aufnahmen

stammten offenbar von der Firma Kk GmbH vom Hauskanal im Westen und hätten

nichts mit dem Sickerschacht zu tun. In Wahrheit liege kein Sickerschacht, sondern

eine bloße Sickergrube vor. Durch die Versickerung sei nicht nur der

Hauskanalstrang sondern auch der Grenzzaun gefährdet. Der Sickerschacht sei

ebenso Erfindung wie die Behauptung, es seien Brunnenringe verwendet worden.

Man bräuchte nur in das Regenabfallrohr videounterstützt hinein zu sehen und würde

die Richtigkeit dieser Aussagen erkennen. In den folgenden und insbesondere in der

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Eingabe vom 25. Juli 2016 wurde vorgebracht, dass das Video den

Mischwasserkanalstrang, nicht aber den Sickerschacht zeige.

In der Stellungnahme vom 2. August 20016 führte der Sachverständige Arch. DI FP

aus, dass das Ausheben des Schachtes und das Hineinheben vorgefertigter

Betonringe Kraft, aber keine bautechnischen und schon gar keine wesentlichen

bautechnischen Kenntnisse erforderten. Zur Behauptung, die Videoaufnahme zeige

nicht den Regenwasserkanal sondern den Schmutzwasser-kanal, sei festzuhalten,

dass am selben Tag – an dem es im Übrigen geregnet habe – sowohl der in die ***

führende Schmutzwasserkanal gereinigt und durchgespült, nicht aber gefilmt wurde

und zusätzlich der gegenständliche Regenwasserkanal (der in der selben Richtung

verlegt ist) befahren und gefilmt worden sei. Weiters zeige das Video eine mit der

Bauanzeige im Wesentlichen übereinstimmende Ausführung.

Am 3. August 2016 teilte der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** der

Beschwerdeführerin mit, dass ein ergänzendes Gutachten eingeholt und an sie

übermittelt werde. Die Kanalkamerabefahrung datiere vom 24. Mai 2016 und sei von

der Firma Kk GmbH durchgeführt worden. Weitere Unterlagen lägen nicht vor. Zum

abschließenden Parteiengehör werde ihr Gelegenheit gegeben, sich binnen zwei

Wochen zu äußern.

Am 5. August 2016 äußerte sich die Beschwerdeführerin dahingehend, dass sie der

Qualifizierung der Sickergrube durch den Sachverständigen als bloß

anzeigepflichtiges Bauvorhaben widersprach. Sie betone aber, dass es sich aus ihrer

Sicht um eine zugeschüttete Grube ohne Brunnenringe, Ziegel oder Wände handle.

Zur Kamerabefahrung teilte sie mit, dass entgegen den Ausführungen des

Sachverständigen kein Regensinkkasten vorhanden und keine orangenen

PVC-Rohre verwendet worden seien. Am 14. August ergänzte Herr Dr. WF, der

Ehemann der Beschwerdeführerin, die Stellungnahme vom 3. August 2016 und

führte aus, das Video springe bei der Kanalbefahrung von 3,55 Meter auf 6,06 Meter.

Bei der Rückfahrt sehe man wie auf den beiliegenden Bildern die Ableitung eines

Kanals. Es könne sich dabei nur um die Ableitung des Regenrohres von der Garage

in den Schmutzwasserkanal handeln. Dies sei mit der der Bauanzeige zu Grunde

liegenden Skizze nicht zu vereinbaren. Die Ausführungen des Sachverständigen

seien daher wahrheitswidrig. Es sei auch unwahr, dass der Regenwasserkanal

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befahren worden sei. Er und die Beschwerdeführerin hätten die gesamte Tätigkeit

der Fa. Kk beobachtet.

Mit Eingabe vom 22. August 2016 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf

Einvernahme der Fa. Kk.

1.3.3.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. September 2016, Zl. 6/2636/16-GV, wies

der Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** den Antrag der Beschwerdeführerin

ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach den schriftlichen

Stellungnahmen des Sachverständigen ein anzeigepflichtiges Vorhaben gemäß § 15

Z. 9 NÖ Bauordnung 2014 vorliege. Das Gesetz verweise hier ausdrücklich auf die

Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne bauliche Anlagen. Der

Sachverständige habe mehrfach ausgeführt, dass das für die Errichtung einer

baulichen Anlage nötige wesentliche Maß an bautechnischen Kenntnissen für die

Errichtung der konkreten Sickergrube nicht erforderlich gewesen sei. Die

erforderliche Bauanzeige sei am 8. März 2016 erstattet und zur Kenntnis genommen

worden. Daher sei zum Zeitpunkt der Entscheidung kein konsensloser Zustand

gegeben. Es sei ein umfangreiches Ermittlungsverfahren unter Zuziehung eines

Sachverständigen durchgeführt worden, dessen Ergebnis aus Sicht der belangten

Behörde nicht in Zweifel zu ziehen sei. Die bloße Behauptung, die Gutachten eines

Sachverständigen würden nicht den Tatsachen bzw. technischen Begebenheiten

entsprechen, reiche nicht aus. Die Partei müsse hier eine Gegendarstellung auf

gleicher fachlicher Ebene vorlegen. Dies sei nicht geschehen.

1.4. Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 29. September 2016 erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig

Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Begründende wird

im Wesentlichen ausgeführt, dass die Feststellung, dass der Sickerschacht aus

Brunnenringen bestehe, falsch sei. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt führe

derzeit Erhebungen betreffend Beweismittelfälschung durch. Für die Frage, ob ein

Objekt eine bauliche Anlage gem. § 4 Z. 7 NÖ Bauordnung 2014 darstelle, sei

entscheidend, ob eine fachgerechte, nach den Regeln der technischen

Wissenschaften vorgenommene Ausführung des Objektes maßgeblicher

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bautechnischer Kenntnisse bedarf. Für die Errichtung eines Sickerschachtes gebe es

nicht nur eine ÖNORM, sondern auch Informationen durch das Amt der

Niederösterreichischen Landesregierung. Bei einem Sickerschacht sei immer das

Verhältnis Dachfläche und Größe in Einklang zu bringen. Es seien

Bodenuntersuchungen zur Sickerfähigkeit sowie die anfallenden Regenmengen

festzustellen. Die Dachfläche sei zu berechnen um die Dimensionierung des

Sickerschachtes festsetzen zu können. Hinzu kämen die Herstellung der Künette,

das Verlegen von Regenabfallrohren und das Graben des Sickerschachtes. Dies

alles erfordere ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen. Entsprechend

habe die Volksanwaltschaft festgestellt, dass es sich bei gegenständlichem

Sickerschacht um eine bauliche Anlage handle. Die (gegenteilige) Stellungnahme

des Sachverständigen sei nicht nachvollziehbar und falsch. Das von der Behörde

verwendete und ihr vorgehaltene Video sei nachweisbar eine Fälschung. Die

Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt führe derzeit Erhebungen betreffend

Beweismittelfälschung durch. Die Beschwerdeführerin habe schon im Verfahren

vorgebracht, dass ihr Mann und sie selbst gesehen hätten, dass die Firma Kk nicht

den im Osten des Hauses vorhandenen Regenkanal zur Sickergrube, sondern den

im Westen des Hauses liegende Schmutzwasserkanal bearbeitet habe. Statt bei der

Firma Kk nachzufragen habe die belangte Behörde den Sachverständigen befragt.

Dessen Ausführungen, dass das Video eine mit der Bauanzeige im Wesentlichen

übereinstimmende Ausführung zeige, seien unrichtig, weil anders als vom

Sachverständigen behauptet, beim Regenwasserkanal kein Regensinkkasten

vorhanden sei. Der Sachverständige habe auch nicht, wie zugesagt, die Firma Kk um

Erklärung des Fehlens von Bildern ersucht. Die Behörde habe es unterlassen, die

Firma Kk einzuvernehmen und festzustellen, ob der im Video zu Beginn sichtbare

Regensinkkasten bei dem im Westen des Hauses vorhandenen Regenabfallrohr der

Garage vorhanden sei. Auch dem Antrag auf Öffnung des Erdreichs über dem

Deckel des Sickerschachtes sei nicht nachgekommen worden, stattdessen habe die

Beschwerdeführerin den gefälschten Videostick erhalten. Die Bauanzeige vom

8. März 2016 weise Unwahrheiten auf. Der Lageplan entspreche nicht den

Tatsachen. In der nicht unterschriebenen Beschreibung der Versickerung tauche

zweimal die Diktion des Sachverständigen auf. Da im Laufe des sich nun acht Jahre

hinziehenden Verfahrens noch nie die Rede von Brunnenringen war, sei

anzunehmen, dass die Brunnenringe eine Erfindung des Sachverständigen sind. Die

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belangte Behörde habe es auch unterlassen, bei der Firma HL, welche die

Sickergrube errichtet habe, nachzufragen, ob sie Brunnenringe verwendet habe.

Entsprechende Rechnungen müssten noch vorliegen. Sie sei als

Beschwerdeführerin nicht verpflichtet gewesen, ein Gegengutachten erstellen zu

lassen, weil sie zu dem gleichen Ergebnis komme, wie der Sachverständige, nämlich

dass keine bauliche Anlage vorliege. Zu einer Rechtsfrage sei kein Gutachten nötig.

Im beschwerdegegenständlichen Fall würden in nicht bewilligter Abänderung des

Baubewilligungsbescheides Regen- und Schneeschmelzwässer von drei großen

Dachflächen eines Wohngebäudes über Regenrinnen in ein Regenabflussrohr

geführt, von dort in einen Regenwasserkanal, der ca. 1,60 Meter an ihr Grundstück

führe und der anschließend nach einer Beugung von 90 Grad Richtung Süden

parallel zur Grundstücksgrenze das Regenwasser in eine zugeschüttet Sickergrube

ohne Brunnenringe zur Versickerung leite. Dafür bestehe keine Bewilligung. Durch

die Sickergrube erfolge eine Beeinträchtigung im Sinne des § 6 NÖ BO 2014.

Gemäß § 46 Abs. 6 NÖ Bauordnung 2014 dürfe durch die Versickerung von

Niederschlagswässern weder die Tragfähigkeit des Untergrundes noch die

Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Zur Einhaltung dieser

Bestimmung räume § 6 BÖ Bauordnung 2014 ein Parteirecht ein. Die Qualifizierung

der Sickergrube als bloß anzeigepflichtiges Bauvorhaben sei daher falsch. Sie stelle

daher den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und den Abbruch der für die

Ableitung der Dachregenwässer errichteten Sickergrube anzuordnen.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde

und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie

Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des

Gemeindevorstandes) vor. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat

Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt und durch Einsichtnahme

in das öffentliche Gundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit

dem bekämpften Bescheid. Die Feststellungen zu Lage und Konstruktion der

Sickeranlage beruhen auf der Beschreibung der Versickerung und dem

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- 17 -

Ausführungsplan in Verbindung mit den Stellungnahmen des bautechnischen

Sachverständigen Arch. DI FP zur Bauanzeige vom 15. März 2016, vom 2. Mai 2016

und vom 2. August 2016. Diese Angaben stehen in keinem Widerspruch zu den

Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des Lokalaugenscheines am 16.

Juni 2016 und werden durch die Videoaufzeichnung der Kanalbefahrung bestätigt.

An der Authentizität der Videoaufzeichnung besteht im Hinblick auf die Äußerung des

Sachverständigen vom 2. August 2016 und die Videodarstellung selbst kein Zweifel.

Auf dem Video, das dem Landesverwaltungsgericht vorliegt, sind keine Sprünge oder

Lücken zu erkennen. Auch ist auf den Bildern der Rückfahrt keine Ableitung eines

Kanals zu erkennen.

Die belangte Behörde hat bereits im Verfahren erster Instanz den Sachverständigen

mit sämtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin konfrontiert. Seine

gutachterlichen Stellungnahmen waren und sind damit vollständig, frei von

Widersprüchen und schlüssig. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen

entsprechen den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens.

Den diesen Feststellungen widersprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin

folgte das Landesverwaltungsgericht aus folgenden Erwägungen nicht:

Auf den von der Beschwerdeführerin zu Beweiszwecken vorgelegten Lichtbildern

sind zwar Teile des Nachbargrundstückes zu erkennen, nicht aber die unterirdische

Sickeranlage. Lediglich aus einem Foto kann man aufgrund der Positionierung des

Baggers auf die ungefähre Lage der Sickeranlage schließen. Demnach liegt die

Sickeranlage rund 2,5 Meter von der östlichen Grundstücksgrenze entfernt. Die von

der Beschwerdeführerin gewünschten Schlüsse lassen sich aus den Fotos nicht

ziehen.

Im Antrag auf Erlassung des Abbruchauftrages vom 29. August 2009 scheint in der

letzten Zeile des ersten Absatzes der zweiten Seite der Satz auf: „Bei der Errichtung

des Schachtes konnten mein Gatte und ich über die Zaunhecke nur hören – die

Sicht ist ja verstellt – dass zu Ende der Arbeiten über das für die Versickerung

erforderliche Rohr gesprochen und ein „Zwanzigerrohr“ als ausreichend angesehen

wurde.“ In der Stellungnahme vom 11. November 2009 gab die Beschwerdeführerin

im vierten Absatz an: „In der Folge führte die Mitarbeiterin des Bürgermeisters in

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unmittelbarer Grundstücksnähe – ebenfalls versteckt hinter der Hecke – unter

Baggereinsatz Bauarbeiten durch, (…).“ 2009 konnten die Beschwerdeführerin und

ihr Mann also keine genaueren Angaben zu den Bauarbeiten am Nachbargrundstück

tätigen, weil die Hecke die Sicht beeinträchtigte. In der Eingabe vom 11. April 2016

heißt es dann aber: „Die Behauptung, dass Betonringe eingesetzt wurden, entspricht

nicht der Wahrheit – mein Gatte und ich waren während der gesamten Bauzeit zu

Hause und haben die Bauarbeiten beobachtet. Die Lieferung und Einsetzung von

Betonringen ist nie erfolgt (…).“

Die Beschwerdeführerin wiederholt in ihrem Vorbringen mehrmals, die

Volksanwaltschaft habe festgestellt, dass die Sickergrube eine bewilligungspflichtige

bauliche Anlage sei. Tatsächlich steht im letzten Satz des Schreibens der

Volksanwaltschaft vom 26. September 2008: „Der gegenständliche Sickerschacht ist

daher unter § 17 Abs. 2 NÖ BauO (1996) zu subsumieren und damit bewilligungs-

und anzeigefrei.“

Die Behauptungen der Beschwerdeführerin, mit denen sie die Ausführungen des

Sachverständigen in Zweifel zieht, sind in sich widersprüchlich und widersprechen

auch den vorliegenden Urkunden. Die Behauptungen lassen immer weniger

erkennen, auf welcher faktischen Grundlage sie beruhen. Damit sind die Argumente

der Beschwerdeführerin nicht geeignet, die Ausführungen des Sachverständigen in

Zweifel zu ziehen, so dass diese den Feststellungen zum Sachverhalt zu Grunde zu

legen waren.

2. Rechtsvorschriften von Bedeutung:

2.1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG:

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des

AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der

Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes

– AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG,

BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in

Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem

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- 19 -

dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren

angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich

hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der

Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage

feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die

angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und

Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der

Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist

Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender

Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf

Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien

zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das

Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen,

wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere

Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung

weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und

Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der

Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer

Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher

Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren

einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu

erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht

dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

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2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das

Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer

erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst

zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter

Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des

Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts

unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit

Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides

an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung

gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen

ist.

2.2. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder

Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig

ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht

zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende

Erkenntnis angefochten werden. (…)

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

2.3. NÖ Bauordnung 2014 idF LGBl. Nr. 37/2016 – NÖ BO 2014:

Begriffsbestimmungen

§ 4. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als: (…)

6. bauliche Anlagen: alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind.

7. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an

bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig

verbunden ist.

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15. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei

Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist,

Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. (…)

§ 14 Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;

2. die Errichtung von baulichen Anlagen; (…)

§ 15 Anzeigepflichtige Vorhaben

(1) Folgende Vorhaben sind der Baubehörde schriftlich anzuzeigen: (…)

9. die Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne bauliche

Anlagen in Ortsbereichen; (…)

11. die Herstellung von Hauskanälen; (…)

13. die Errichtung von Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45

Abs. 5) bis zu einem Rauminhalt von 60 m3; (…)

§ 35 Sicherungsmaßnahmen und Abbruchauftrag

(…)

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen

Antrages nach § 14 oder einer anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn

1. mehr als die Hälfte des voll ausgebauten umbauten Raumes eines Gebäudes

durch Baugebrechen unbenützbar geworden ist und der Eigentümer einem Auftrag

nach § 34 Abs. 2 innerhalb der ihm darin gewährten Frist nicht entsprochen hat oder

2. für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt.

Für andere Vorhaben gilt Z 2 sinngemäß. (…)

§ 45 Wasserver- und -entsorgung

(…) (6) Durch die Versickerung oder oberflächliche Ableitung von

Niederschlagswässern oder sonstigen Versickerungswässern (z. B. aus

Wasserbehältern, Schwimmbecken oder Teichen) darf weder die Tragfähigkeit des

Untergrundes noch die Trockenheit von Bauwerken beeinträchtigt werden. Die

Abwässer dürfen nicht auf Verkehrsflächen abgeleitet werden.

Übergangsbestimmungen

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§ 70. (1) Die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren,

ausgenommen jene nach §§ 33 und 35 der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, sind

nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. § 5 Abs. 3 ist jedoch auf alle

Beschwerden, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingebracht werden,

anzuwenden. Sämtliche baubehördliche Bescheide bleiben bestehen.

(6) Hat ein Gebäude im Bauland ursprünglich eine Baubewilligung aufgewiesen,

wurde von dieser jedoch vor mehr als 30 Jahren ohne baubehördliche Beanstandung

abgewichen und kann es nicht nach § 14 neuerlich bewilligt werden, gilt dieses

Gebäude als bewilligt, wenn dies unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese

Bestimmung beantragt wird, der Behörde die Zustimmung des Grundeigentümers

(der Mehrheit der Miteigentümer) nachgewiesen wird und vollständige Bestandspläne

vorgelegt werden. Die Baubehörde hat darüber einen Feststellungsbescheid zu

erlassen. Weiters ist § 35 Abs. 2 Z. 2 auf jene Gebäude nicht anzuwenden, in denen

aufgrund des § 71 der Bauordnung für Klosterneuburg, LGBI. Nr. 11/1930, oder des

§ 108a der Bauordnung für NÖ, LGBI. Nr. 36/1883, Baubewilligungen auf Widerruf

erteilt wurden. Bei der Erlassung eines Feststellungsbescheides gelten die

Voraussetzungen des ersten Satzes sinngemäß. Dieser Absatz tritt mit

31. Dezember 2024 außer Kraft.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1 – Abweisung der Beschwerde:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

Gemäß § 70 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 sind die am Tag des Inkrafttretens der

NÖ Bauordnung 2014, dem 1. Februar 2015, anhängigen Verfahren nach der

bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen. Von dieser Regelung sind ex lege

(§ 70 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014) ausdrücklich Verfahren nach den §§ 33 und 35

der NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, ausgenommen. Da Gegenstand der vom

Bürgermeister und vom Gemeindevorstand der Marktgemeinde *** geführten

Verfahren ein Abbruchauftrag gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 ist, hat

das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich für die Beurteilung des

gegenständlichen Falles die NÖ Bauordnung 2014 anzuwenden.

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Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine

Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und

Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2015, Zl. Ro 2014/03/0083);

Allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also

zu berücksichtigen (vgl. VwGH vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, vom

27. August 2014, Zl. Ro 2014/05/0062, vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076,

vom 17. Dezember 2014, Zl. Ro 2014/03/0066, und vom 26. März 2015,

Zl. Ra 2014/07/0077).

Im vorliegenden Fall ist daher zu berücksichtigen, dass die Marktgemeinde *** mit

Erledigung vom 5. April 2016 die Bauanzeige über die Versickerung eines Teiles der

Dachwässer ohne bauliche Anlagen zur Kenntnis genommen hat.

3.1.2.

Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 hat die Baubehörde den Abbruch

eines Bauwerks ungeachtet eines anhängigen Antrages nach § 14 oder einer

anhängigen Anzeige nach § 15 anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine

Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt. Eine Anzeige nach § 15

NÖ Bauordnung 2014 liegt nunmehr vor. Es ist daher zu prüfen, ob für die

Sickergrube eine Anzeige ausreichend ist oder doch eine Baubewilligung einzuholen

ist. Es stellt sich somit die Frage, ob die gegenständliche Sickergrube als bauliche

Anlage im Sinne des § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 zu qualifizieren ist.

Gemäß § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 bedarf die Errichtung von baulichen Anlagen

einer Baubewilligung. Bauliche Anlagen sind nach § 4 Z. 6 NÖ Bauordnung 2014 alle

Bauwerke, die nicht Gebäude sind. Ein Bauwerk ist gemäß § 4 Z. 7 NÖ Bauordnung

2014 ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an

bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig

verbunden ist. Die Ableitung oder Versickerung von Niederschlagswässern ohne

bauliche Anlagen in Ortsbereichen zählt hingegen gemäß § 15 Abs. 1

NÖ Bauordnung 2014 ebenso wie die Herstellung von Hauskanälen oder die die

Errichtung von Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45 Abs. 5)

bis zu einem Rauminhalt von 60 m³ zu den anzeigepflichtigen Bauvorhaben.

3.1.3.

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Mit dem Boden verbundene Anlagen sind dann als bauliche Anlagen anzusehen,

wenn zu ihrer fachgerechten Herstellung nicht nur bautechnische, sondern

wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind (vgl. VwGH vom

11. September 1986, Zl. 84/06/0151). Nicht alles, was von Menschenhand angelegt

wurde, ist bewilligungspflichtig. Es sind nur jene Anlagen als bewilligungspflichtig zu

beurteilen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse

erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen

ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet sind (vgl.

VwGH vom 30. April 1985, Zl. 85/05/0007). So können z.B. Reithindernisse nur dann

als bauliche Anlagen angesehen werden, wenn für ihre Herstellung ein wesentliches

Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist (vgl. VwGH vom 17. November 1987,

Zl. 87/05/0143). Aus § 4 Z 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996 ergibt sich, dass eine

Einfriedung (nur) dann eine bauliche Anlage iSd § 14 Z 2 NÖ Bauordnung 1996

darstellt, wenn zu ihrer standsicheren Aufstellung (z.B. Fundierung, Absicherung

gegen Sturmschäden) wesentliche bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und

sie mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Werden Platten nur lose angebracht

und nicht mit dem Boden kraftschlüssig verbunden oder werden sie zu keinem

Bestandteil einer bestehenden baulichen Anlage, so kann von der Errichtung einer

baulichen Anlage iSd § 14 Z 2 NÖ Bauordnung 1996 oder der Abänderung eines

Bauwerks iSd § 14 Z 4 leg.cit. wohl keine Rede sein (vgl. VwGH vom 26. April 2013,

Zl. 2011/07/0204).

Zur Errichtung der gegenständlichen Sickergrube sind ein Loch und eine Künette zu

graben, Rohre zu verlegen, Betonringe in das Loch abzusenken und das Loch mit

Schotter zu befüllen. Das sind Arbeiten, die auch ein ungelernter Arbeiter verrichten

kann. Wesentliche bautechnische Kenntnisse sind daher für die Errichtung der

Sichergrube nicht erforderlich. Die gegenständliche Sickergrube ist daher schon

deshalb nicht als bauliche Anlage iSd § 14 Z. 2 NÖ Bauordnung 2014 zu

qualifizieren. Zu demselben Ergebnis gelangt man auch mit einem Größenschluss:

Senk- und anderen Sammelgruben für Schmutzwässer (§ 45 Abs. 5) bis zu einem

Rauminhalt von 60 m³ sind „nur“ anzeigepflichtig. Es wäre geradezu systemwidrig,

wollte man eine Sickergrube für (nicht verschmutzte) Niederschlagswässer, strenger

behandeln.

3.1.4.

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Die Frage, ob die erstattete Bauanzeige den in § 15 NÖ Bauordnung 2014

genannten Anforderungen entsprochen hat, ist in einem Bauauftragsverfahren nach

§ 35 Abs. 2 Z 3 NÖ Bauordnung 2014 zu klären (vgl. VwGH vom 24. Mai 2005,

Zl. 2003/05/0181, und vom 18. November 2014, Zl. 2012/05/0088). Das Bindewort

"und" bei der in § 35 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 vorgenommenen Aufzählung der

Voraussetzungen ließ ebenso wie der Wegfall der Wortfolge „und das Bauwerk

unzulässig ist“ vordergründig den Schluss zu, dass allein das Vorhandensein einer

Baubewilligung oder auch einer Bauanzeige die Erlassung eines Bauauftrages

ausschließt. Dabei erhob sich die Frage, ob auch im Falle einer zu Unrecht erfolgten

Anzeige die Ausführung des Vorhabens mittels baupolizeilichen Zwanges nicht mehr

beseitigbar sein soll. Dies wäre zunächst auf Grund der Gleichbehandlung mit der

Baubewilligung zu bejahen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die

Rechtmäßigkeit einer einmal erteilten Baubewilligung nicht Gegenstand des

baupolizeilichen Verfahrens sein kann. Der verfahrensrechtliche Unterschied zur

Bauanzeige ist jedoch gravierend: Maßgebend ist allein die in der Anzeige

dokumentierte Willenserklärung des Bauwerbers; auch wenn überhaupt kein

Verfahren stattfindet, tritt nach Ablauf der Achtwochenfrist die Wirkung ein, dass mit

der Ausführung des Vorhabens begonnen werden darf. Es ist also nicht einmal eine

bescheidmäßige Kenntnisnahme der Anzeige erforderlich. Der Mangel an

Bescheidqualität bewirkt, dass eine Kenntnisnahme auch keinen der Rechtskraft

fähigen Abspruch über die Qualifikation der Bauführung als bloß anzeigepflichtig

enthält (Schwaighofer, Die Bauanzeige nach der Tiroler Bauordnung 2001, bbl 2004,

1 ff, VII). Kastner zeigt weiters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des

Verfassungsgerichtshofes zu Recht auf (Kastner, Probleme um das

Anzeigeverfahren nach der NÖ BauO, RdU 1999, 53 ff, 4 b), dass ein

Verwaltungsakt, der "erhebliche Rechtswirkungen" zeitigt, rechtlich nicht als

unbekämpfbar konstruiert werden darf, weil das verfassungsgesetzlich

gewährleistete Rechtsschutzsystem sonst leer laufen würde. Dies kann vermieden

werden, wenn man die "Anzeige" nach § 15 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung 2014 im

Sinne des oben dargestellten Unterschiedes zur Baubewilligung als eine "dem

Gesetz entsprechende Anzeige" deutet (vgl. VwGH vom 24. Mai 2005,

Zl. 2003/05/0181).

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Der Anzeige von Frau MH wurde eine für die Beurteilung des Vorhabens

ausreichende, maßstäbliche Darstellung und Beschreibung des Vorhabens

vorgelegt. Die Ausführung entspricht demgemäß den Regeln der Technik. Die

Bauanzeige erfolgte damit gesetzmäßig. Das wiederum hat zur Folge, dass aufgrund

der vorliegenden gesetzmäßigen Bauanzeige kein Abbruchauftrag ergehen durfte.

Die belangte Behörde hat daher den von der Beschwerdeführerin gestellten

Abbruchauftrag zu Recht abgewiesen.

3.1.5.

Auf Grund der im Verwaltungsverfahren herrschenden Offizialmaxime hat die

Behörde den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen

festzustellen. Sie hat im Sinn des § 39 AVG in der Regel einen Sachverständigen

beizuziehen, wenn ihr dies notwendig erscheint. Hauptsächlich wird das dann der

Fall sein, wenn Fachfragen zu beurteilen sind, für die Kenntnisse und Erfahrungen

notwendig sind, die außerhalb des engeren Berufskreises der entscheidenden

Organe liegen. Bei dem Gutachten eines Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG

handelt es sich um ein Beweismittel, das gemäß § 45 Abs. 2 AVG der freien

Beweiswürdigung durch die Behörde unterliegt. Die Behörde hat das Gutachten

daher auf seine Vollständigkeit, auf Freiheit von Widersprüchen sowie insbesondere

auf seine Schlüssigkeit, das heißt darauf hin zu überprüfen, ob es den Denkgesetzen

und den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht. Die Behauptungen einer

Partei, ein Gutachten sei widersprüchlich, können auch dann Gewicht haben, wenn

sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch

ohne Gegengutachten. Ob die Behörde einen weiteren Sachverständigen für

notwendig hält, ist von ihr selbst zu beurteilen. Wenn allerdings das bereits

vorliegende Gutachten nicht vollständig oder nicht schlüssig wäre, müsste von Amts

wegen ein anderer Sachverständiger herangezogen werden (vgl. VwGH vom

18. Juni 2014, Zl. 2013/09/0172, vom 27. Februar 2015, Zl. 2012/06/0063, und vom

7. November 2013, Zl. 2010/06/0255). Die belangte Behörde hat bereits im

Verfahren erster Instanz den Sachverständigen mit sämtlichen Einwendungen der

Beschwerdeführerin konfrontiert. Seine gutachterlichen Stellungnahmen waren und

sind vollständig, frei von Widersprüchen und schlüssig. Die von der

Beschwerdeführerin erhobenen Behauptungen sind aufgrund ihrer

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Widersprüchlichkeit und mangels irgendwelcher nachvollziehbaren Belege nicht

geeignet, die Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Gutachten in Zweifel zu ziehen.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht davon abgesehen, Gutachten eines

weiteren Sachverständigen einzuholen. Sie hat daher auch zu Recht ihre

Entscheidung auf die Gutachten des Sachverständigen gestützt. Der

Beschwerdeführerin wäre es frei gestanden, die Gutachten des Sachverständigen

durch ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu widerlegen. Ihre teils

widersprüchlichen Ausführungen waren dazu aber nicht geeignet. Insgesamt liegt

daher auch kein Verfahrensmangel vor, so dass die Beschwerde auch in dieser

Hinsicht nicht berechtigt ist.

3.1.6.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unter Entfall der

Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die

Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der

Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch sind im vorliegenden

Beschwerdeverfahren im Ergebnis ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen, zu

deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht

geboten ist (vgl. dazu VwGH vom 17. April 2012, Zl. 2012/05/0029 bzw. auch vom

21. Dezember 2012, Zl. 2012/03/0038).

3.3. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das

Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses

auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der

Ausspruch ist kurz zu begründen. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da der

als erwiesen angenommene Sachverhalt und die in diesem Verfahren

anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und im gegenständlichen

Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG

grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis weder von

der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht noch eine

solche Rechtsprechung fehlt und die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die unter Punkt 3.1. auch angeführt

ist, auch einheitlich beantwortet wird.