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3 12. August 2016 Rosario Bléfari ist Protagonistin im Wettbewerbsfilm “La idea de un lago” In der Schweiz kennt man die zierliche Frau kaum, die mit ihren rot- gefärbten halblangen Haaren und ihren wachen grossen Augen auch einem der frühen Filme von Pedro Almodóvar entsprungen sein könn- te. In ihrer Heimat Argentinien dagegen ist sie so bekannt, dass für sie der Begriff “Superstar” passen würde – wäre er in ihrem Fall nicht so völlig deplatziert, denn: “Ich war immer ‘Underground’, ein bisschen ‘Kult’ vielleicht, aber si- cher kein Star”, lacht sie laut her- aus auf die Frage, wie sie sich fühle so ganz ausserhalb ihrer grossen Fangemeinde. Rosario Bléfaris “Starstatus” betrifft indes in erster Linie ihre Existenz als Sängerin. Als Mitbegründerin und weibli- ches Aushängeschild der argentini- schen Rockband Suárez, die von 1989 bis zu ihrer Auflösung 2001 nicht nur in der Heimat, sondern auch in Chile und Spanien, Triumphe feierte, ist sie eine Frau, die sich schon seit Teenagerzeiten in einer Männerwelt zu behaupten wusste. Geboren wurde Bléfari 1965 in Ba- riloche, jenem touristisch bekannten Ort in der zauberhaften Seen- und Bergwelt der argentinischen Anden. Dort liegt auch der Nahuel Huapi, der weit verzweigte, magisch anmutende See, der in Milagros Mumenthalers La idea de un lago heimlicher Protagonist eines in ätherischer Schönheit schwelgenden Filmpoems ist. Rosario Bléfari spielt in dem in ätherischer Schönheit schwelgenden Filmpoem die Mutter der Protagonistin Ines. Ihre Figur ist eine Frau, die auch Jahr- zehnte, nachdem ihr Mann von der Militärdiktatur spurlos zum Ver- schwinden gebracht wurde, vom Gedanken gequält wird, dass das Auffinden seiner sterblichen Überreste alte Wunden bei ihr aufreissen könnte. Die Rolle dieser in Schmerz erstarrten Frau scheint auf den er- sten Blick so gar nicht zur lebenslustigen quirligen Frau zu passen, als die man Rosario Bléfari in Locarno erlebt. “Ich bin vielseitig”, lacht sie und fährt fort: “Ich komme ursprünglich aus der Welt der Literatur, schreibe selber auch, dazu bin seit den 1980ern auch immer wieder als Schauspielerin tätig. Aber wenn Sie mich fragen, was ich am liebsten mache, dann ist es Singen.” Am Filmfestival von Mar del Plata, dem einzigen Festival der "Kategorie A" in Lateinamerika, hätten die wie- dervereinigten Suárez ein triumphales Konzert gegeben, erzählt sie strahlend und sagt dann, sie wisse gar nicht, wie das jetzt weitergehen solle, denn längst habe sie ja auch ihre eigene Band. gk Ein bisschen Kult, aber sicher kein Star N ICHT NUR GROSSE ALTE M ÄNNER IN L OCARNO von Geri Krebs In der Filmwelt gibt es auch Frauen, die seit Jahrzehnten erfolgreich sind Heidi Specogna, die gebürtige Bielerin, die seit Jahrzehnten in Berlin lebt, hat mit ihren 57 Jahren eine Filmographie, die über ein Vierteljahrhundert um- fasst. Ihr erster Kinofilm, Tania, La Guerillera, stammt aus dem Jahr 1991, doch bereits vor die- sem Dokumentarfilm über Ta- mara Bunke, die Mitkämpferin von Ché Guevara in Bolivien, hatte sie schon eine Reihe von Kurzfilmen realisiert. Eigent- lich wären das doch Vorausset- zungen zu einem zukünftigen Preis für ihr Gesamtwerk. “Un- terstehen Sie sich, diesen Vor- schlag irgendwo ernsthaft anzu- bringen”, droht Heidi Specogna jetzt lachend und meint dann, so ein Rummel wäre das Letzte, das sie anstrebe. Und wenn sie nun morgen den Preis der Se- maine de la critique für Cahier Africain bekäme, ihre doku- mentarische Langzeitbeobach- tung von zwei Frauen aus der zentralafrikanischen Republik? Seit 2008 hat Heidi Specogna an diesem erschütternden Do- kumentarfilm gearbeitet, hat die beiden Protagonistinnen beglei- tet, die Opfer extremster Gewalt in den Wirren eines von der Welt völlig vergessenen Bür- gerkriegs im Herzen des Schwarzen Kontinents wurden. Heidi Specogna, die sich für diesen Film so extremen Risi- ken aussetzte wie nie zuvor (“Ich wusste beispielsweise nicht, wie Schüsse wirklich tö- nen, und mein Tontechniker hielt es nicht aus, er hat nach ei- nem Tag schon wieder seinen Rückflug in die Schweiz orga- nisiert”), bestreitet nicht, dass ein Preis der “Semaine” eine schöne Anerkennung für ihre Arbeit wäre, doch sie bleibt la- konisch, wenn es um das The- ma Auszeichnungen geht. Man nimmt es ihr ab, dass es ihr nicht wichtig ist. Fast alle ihre Filme wurden in Locarno ge- zeigt, mehrere als Weltpremie- ren, so etwa 2010 Das Schiff des Torjägers, der ebenfalls in der “Semaine de la critique” lief, und im Jahr darauf Carte blanche, so etwas wie der Ur- sprungsfilm für Cahier afri- cain. Fast alle Filme ihrer Fil- mografie behandeln politische Themen von ausserhalb von Europa, früher fand sie ihre Su- jets vor allem in Lateinamerika, heute ist es Afrika, dessen kom- plexe Realitäten sie antreiben. Es sei ihre Generation, die stark politisiert wurde in der Jugend, meint sie auf die Frage, warum sie sich stark auf diesem Terrain bewege. “Ich habe noch miter- lebt, wie meine Mutter zum er- sten Mal abstimmen durfte, da war ich zwölf”, sagt sie und er- zählt dann, wie stolz sie war, ih- re Mutter beim Gang ins Wahl- lokal begleiten und mit ihr die Freude darüber teilen zu dürfen, dass nun endlich auch Frauen mitreden durften in der Politik. Wenige Jahre später kam in der Uhrenstadt Biel dann der Zu- sammenbruch der Uhrenindu- strie. Tausende waren plötzlich arbeitslos, etwas, das man zu- vor in den Wirtschaftswunder- jahren der 1950er und 1960er in der Schweiz nicht gekannt hat- te. “Das hat mich tief geprägt, ich war damals ein Teenager, ich ging ins Gymnasium und in jene Zeit fiel auch die Eröff- nung des Autonomen Jugend- zentrums, des ersten überhaupt in der Schweiz”, erinnert sich Heidi Specogna und betont, es seien wohl diese Erfahrungen gewesen, die sie schon früh po- litisiert und ihren Blick auf so- ziale Ungerechtigkeiten ge- schärft und sie schon früh auf ihren Weg gebracht hätten, der sie über eine journalistische Ausbildung rasch zum sozial engagierten Dokumentarfilm führte. Festival del film Mit Jahrgang 1965 ist Maria Schrader gleich alt wie Rosa- rio Bléfari und wie diese hat sie ein vielfältiges künstleri- sches Werk geschaffen, das sich über ein Vierteljahrhun- dert erstreckt. Die aus Hanno- ver Gebürtige ist als Schau- spielerin auf der Bühne wie im Kino wie auch als Drehbuch- autorin und Regisseurin tätig. Bekannt wurde sie in den 1980ern und 1990ern vor al- lem als Partnerin von Dani Levy. Mit dem Schweizer Schauspieler und Regisseur realisierte sie zwischen 1989 und 1998 vier sehr erfolgrei- che Filmkomödien, kurz dar- auf trennte sich das Paar. “Wir haben schon lange wieder ein ausgezeichnetes Verhältnis zu- einander”, erzählt sie und fährt fort: “Dank ihm habe ich über- haupt das Filmfestival Locarno schon einmal erlebt, er war 2008 hier in der Jury und er hat mich damals hierher eingela- den.” Was hält sie, die nun mit ihrem zweiten Spielfilm in al- leiniger Regie, Vor der Mor- genröte, bereits in den deut- schen Kinos Triumphe feierte, und vor drei Tagen auf der Piazza begeisterte, von der der- zeit geführten Gender-Diskus- sion in der Filmwelt? “Ich bin für Frauenquoten – nur so kön- nen wir erreichen, dass diese Parität, die wir dieses Jahr in Locarno bei den Wettbewerbs- filmen haben, keine Ausnahme bleibt. Schauen Sie doch nur das Piazza-Programm: Ich bin eine von zwei Frauen.” gk Maria Schrader: “Ich bin für Frauenquoten” Mit Jonas Mekas (94), Roger Corman (90), Mario Adorf (85), Ken Loach (80), Harvey Keitel (77) versammelte sich in den vergangen Tagen am Festival eine beispiellose Riege hochbetagter Männer, Monumente der Kino- geschichte. Und wenn heute Abend auf der Piazza Grande der Ehrenleopard an Alejan- dro Jodorovsky verliehen wird, dann ist der solchermassen Geehrte mit seinen 87 Jahren der älteste Preisträger in der Geschichte die- ser traditionsreichsten Auszeichnung, die das Locarno Film Festival an ein Lebenswerk ver- gibt. Seit 1989 existiert der “Pardo d' onore”, kein anderer von all den sonstigen Awards, Premios, Hommagen und Spezial-Pardos exi- stiert auch nur annähernd so lange – und fast immer waren alte bis sehr alte Männer die Preisträger. 31 Ehrenleoparden vergab das Festival seit 1989 – in einigen Jahren waren es deren zwei, einmal sogar drei – davon gingen gerade mal zwei an Frauen: 1994 an die russische Regisseurin Kira Mu- ratova und 2014 an die belgisch-französische Cineastin Agnès Varda. Was allerdings die Präsenz von Filmemache- rinnen im diesjährigen Gesamtprogramm von Locarno betrifft, so fällt auf: Im Concorso in- ternazionale, der Hauptsektion des Festivals, stammen von 17 Filmen 8 von Frauen, und im Concorso Cineasti del presente sind es unter 15 Filmen immerhin 5, die von Frauen reali- siert wurden. Es ist unbestreitbar, dass sich unter den jüngeren Generatio- nen viel geändert hat, was die Präsenz von Frauen in der Filmwelt betrifft. An Filmschu- len ist heute längst normal, dass die Hälfte der Studierenden Frauen sind. Doch es gibt im diesjährigen Programm des Festivals durch- aus auch Frauen gestandenen Alters, die sich bereits seit Jahrzehnten erfolgreich in der Filmwelt bewegen und die vielleicht irgend- wann einmal eine Auszeichnung für ihr Werk verdienen würden. Die TZ hat drei von ihnen getroffen. Heidi Specogna (“Cahier africain”, Semaine de la critique)

In der Filmwelt gibt es auch Frauen, ICHTNURGROSSEALTE ......dro Jodorovsky verliehen wird, dann ist der solchermassen Geehrte mit seinen 87 Jahren der älteste Preisträger in der

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  • 312. August 2016

    Rosario Bléfari ist Protagonistin im Wettbewerbsfilm “La idea de un lago”

    In der Schweiz kennt man die zierliche Frau kaum, die mit ihren rot-gefärbten halblangen Haaren und ihren wachen grossen Augen aucheinem der frühen Filme von Pedro Almodóvar entsprungen sein könn-te. In ihrer Heimat Argentinien dagegen ist sie so bekannt, dass für sie

    der Begriff “Superstar” passenwürde – wäre er in ihrem Fall nichtso völlig deplatziert, denn: “Ichwar immer ‘Underground’, einbisschen ‘Kult’ vielleicht, aber si-cher kein Star”, lacht sie laut her-aus auf die Frage, wie sie sich fühleso ganz ausserhalb ihrer grossenFangemeinde. Rosario Bléfaris“Starstatus” betrifft indes in ersterLinie ihre Existenz als Sängerin.Als Mitbegründerin und weibli-ches Aushängeschild der argentini-

    schen Rockband Suárez, die von 1989 bis zu ihrer Auflösung 2001nicht nur in der Heimat, sondern auch in Chile und Spanien, Triumphefeierte, ist sie eine Frau, die sich schon seit Teenagerzeiten in einerMännerwelt zu behaupten wusste. Geboren wurde Bléfari 1965 in Ba-

    riloche, jenem touristisch bekannten Ort in der zauberhaften Seen-und Bergwelt der argentinischen Anden. Dort liegt auch der NahuelHuapi, der weit verzweigte, magisch anmutende See, der in MilagrosMumenthalers La idea de un lago heimlicher Protagonist eines inätherischer Schönheit schwelgenden Filmpoems ist. Rosario Bléfarispielt in dem in ätherischer Schönheit schwelgenden Filmpoem dieMutter der Protagonistin Ines. Ihre Figur ist eine Frau, die auch Jahr-zehnte, nachdem ihr Mann von der Militärdiktatur spurlos zum Ver-schwinden gebracht wurde, vom Gedanken gequält wird, dass dasAuffinden seiner sterblichen Überreste alte Wunden bei ihr aufreissenkönnte. Die Rolle dieser in Schmerz erstarrten Frau scheint auf den er-sten Blick so gar nicht zur lebenslustigen quirligen Frau zu passen, alsdie man Rosario Bléfari in Locarno erlebt. “Ich bin vielseitig”, lachtsie und fährt fort: “Ich komme ursprünglich aus der Welt der Literatur,schreibe selber auch, dazu bin seit den 1980ern auch immer wieder alsSchauspielerin tätig. Aber wenn Sie mich fragen, was ich am liebstenmache, dann ist es Singen.” Am Filmfestival von Mar del Plata, demeinzigen Festival der "Kategorie A" in Lateinamerika, hätten die wie-dervereinigten Suárez ein triumphales Konzert gegeben, erzählt siestrahlend und sagt dann, sie wisse gar nicht, wie das jetzt weitergehensolle, denn längst habe sie ja auch ihre eigene Band. gk

    Ein bisschen Kult, aber sicher kein Star

    NICHT NUR GROSSE ALTEMÄNNER IN LOCARNOvon Geri Krebs

    In der Filmwelt gibt es auch Frauen, die seit Jahrzehnten erfolgreich sind

    Heidi Specogna, die gebürtigeBielerin, die seit Jahrzehnten inBerlin lebt, hat mit ihren 57Jahren eine Filmographie, dieüber ein Vierteljahrhundert um-fasst. Ihr erster Kinofilm, Tania,La Guerillera, stammt aus demJahr 1991, doch bereits vor die-sem Dokumentarfilm über Ta-mara Bunke, die Mitkämpferinvon Ché Guevara in Bolivien,hatte sie schon eine Reihe vonKurzfilmen realisiert. Eigent-lich wären das doch Vorausset-zungen zu einem zukünftigenPreis für ihr Gesamtwerk. “Un-terstehen Sie sich, diesen Vor-schlag irgendwo ernsthaft anzu-bringen”, droht Heidi Specognajetzt lachend und meint dann, soein Rummel wäre das Letzte,das sie anstrebe. Und wenn sienun morgen den Preis der Se-maine de la critique für CahierAfricain bekäme, ihre doku-mentarische Langzeitbeobach-tung von zwei Frauen aus derzentralafrikanischen Republik?Seit 2008 hat Heidi Specognaan diesem erschütternden Do-kumentarfilm gearbeitet, hat diebeiden Protagonistinnen beglei-tet, die Opfer extremster Gewaltin den Wirren eines von derWelt völlig vergessenen Bür-gerkriegs im Herzen desSchwarzen Kontinents wurden.Heidi Specogna, die sich fürdiesen Film so extremen Risi-ken aussetzte wie nie zuvor(“Ich wusste beispielsweisenicht, wie Schüsse wirklich tö-nen, und mein Tontechnikerhielt es nicht aus, er hat nach ei-nem Tag schon wieder seinenRückflug in die Schweiz orga-nisiert”), bestreitet nicht, dassein Preis der “Semaine” eineschöne Anerkennung für ihreArbeit wäre, doch sie bleibt la-konisch, wenn es um das The-ma Auszeichnungen geht. Mannimmt es ihr ab, dass es ihrnicht wichtig ist. Fast alle ihreFilme wurden in Locarno ge-zeigt, mehrere als Weltpremie-ren, so etwa 2010 Das Schiff desTorjägers, der ebenfalls in der“Semaine de la critique” lief,und im Jahr darauf Carteblanche, so etwas wie der Ur-sprungsfilm für Cahier afri-cain. Fast alle Filme ihrer Fil-mografie behandeln politischeThemen von ausserhalb vonEuropa, früher fand sie ihre Su-jets vor allem in Lateinamerika,heute ist es Afrika, dessen kom-plexe Realitäten sie antreiben.

    Es sei ihre Generation, die starkpolitisiert wurde in der Jugend,meint sie auf die Frage, warumsie sich stark auf diesem Terrainbewege. “Ich habe noch miter-lebt, wie meine Mutter zum er-sten Mal abstimmen durfte, dawar ich zwölf”, sagt sie und er-zählt dann, wie stolz sie war, ih-re Mutter beim Gang ins Wahl-

    lokal begleiten und mit ihr dieFreude darüber teilen zu dürfen,dass nun endlich auch Frauenmitreden durften in der Politik.Wenige Jahre später kam in derUhrenstadt Biel dann der Zu-sammenbruch der Uhrenindu-strie. Tausende waren plötzlicharbeitslos, etwas, das man zu-vor in den Wirtschaftswunder-

    jahren der 1950er und 1960er inder Schweiz nicht gekannt hat-te. “Das hat mich tief geprägt,ich war damals ein Teenager,ich ging ins Gymnasium und injene Zeit fiel auch die Eröff-nung des Autonomen Jugend-zentrums, des ersten überhauptin der Schweiz”, erinnert sichHeidi Specogna und betont, es

    seien wohl diese Erfahrungengewesen, die sie schon früh po-litisiert und ihren Blick auf so-ziale Ungerechtigkeiten ge-schärft und sie schon früh aufihren Weg gebracht hätten, dersie über eine journalistischeAusbildung rasch zum sozialengagierten Dokumentarfilmführte.

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    Mit Jahrgang 1965 ist MariaSchrader gleich alt wie Rosa-rio Bléfari und wie diese hatsie ein vielfältiges künstleri-sches Werk geschaffen, dassich über ein Vierteljahrhun-dert erstreckt. Die aus Hanno-ver Gebürtige ist als Schau-spielerin auf der Bühne wie imKino wie auch als Drehbuch-autorin und Regisseurin tätig.Bekannt wurde sie in den1980ern und 1990ern vor al-lem als Partnerin von DaniLevy. Mit dem SchweizerSchauspieler und Regisseurrealisierte sie zwischen 1989und 1998 vier sehr erfolgrei-che Filmkomödien, kurz dar-auf trennte sich das Paar. “Wirhaben schon lange wieder einausgezeichnetes Verhältnis zu-einander”, erzählt sie und fährtfort: “Dank ihm habe ich über-haupt das Filmfestival Locarnoschon einmal erlebt, er war2008 hier in der Jury und er hatmich damals hierher eingela-den.” Was hält sie, die nun mitihrem zweiten Spielfilm in al-leiniger Regie, Vor der Mor-genröte, bereits in den deut-schen Kinos Triumphe feierte,und vor drei Tagen auf derPiazza begeisterte, von der der-zeit geführten Gender-Diskus-sion in der Filmwelt? “Ich binfür Frauenquoten – nur so kön-nen wir erreichen, dass dieseParität, die wir dieses Jahr inLocarno bei den Wettbewerbs-filmen haben, keine Ausnahmebleibt. Schauen Sie doch nurdas Piazza-Programm: Ich bineine von zwei Frauen.” gk

    Maria Schrader:“Ich bin fürFrauenquoten”

    Mit Jonas Mekas (94), Roger Corman (90),Mario Adorf (85), Ken Loach (80), HarveyKeitel (77) versammelte sich in den vergangenTagen am Festival eine beispiellose Riegehochbetagter Männer, Monumente der Kino-geschichte. Und wenn heute Abend auf derPiazza Grande der Ehrenleopard an Alejan-dro Jodorovsky verliehen wird, dann ist dersolchermassen Geehrte mit seinen 87 Jahrender älteste Preisträger in der Geschichte die-ser traditionsreichsten Auszeichnung, die das

    Locarno Film Festival an ein Lebenswerk ver-gibt. Seit 1989 existiert der “Pardo d' onore”,kein anderer von all den sonstigen Awards,Premios, Hommagen und Spezial-Pardos exi-stiert auch nur annähernd so lange – und fastimmer waren alte bis sehr alte Männer diePreisträger. 31 Ehrenleoparden vergab dasFestival seit 1989 – in einigen Jahren waren esderen zwei, einmal sogar drei – davon gingengerade mal zwei an Frauen: 1994 andie russische Regisseurin Kira Mu-

    ratova und 2014 an die belgisch-französischeCineastin Agnès Varda. Was allerdings die Präsenz von Filmemache-rinnen im diesjährigen Gesamtprogramm vonLocarno betrifft, so fällt auf: Im Concorso in-ternazionale, der Hauptsektion des Festivals,stammen von 17 Filmen 8 von Frauen, und imConcorso Cineasti del presente sind es unter15 Filmen immerhin 5, die von Frauen reali-

    siert wurden. Es ist unbestreitbar, dasssich unter den jüngeren Generatio-

    nen viel geändert hat, was die Präsenz vonFrauen in der Filmwelt betrifft. An Filmschu-len ist heute längst normal, dass die Hälfte derStudierenden Frauen sind. Doch es gibt imdiesjährigen Programm des Festivals durch-aus auch Frauen gestandenen Alters, die sichbereits seit Jahrzehnten erfolgreich in derFilmwelt bewegen und die vielleicht irgend-wann einmal eine Auszeichnung für ihr Werkverdienen würden. Die TZ hat drei von ihnengetroffen.

    Heidi Specogna (“Cahier africain”, Semaine de la critique)