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Amtliche Methodensammlung des FLI | Stand 22.05.2014
1. Charakterisierung der Infektion 2. Untersuchungsmaterial 3. Untersuchungsgang
Amtliche Methodensammlung
Infektionen mit Henipaviren (Hendra-Virus und Nipah-Virus)
Infektionen mit Henipaviren (Hendra-Virus und Nipah-Virus)
2 | Amtliche Methodensammlung des FLI | Stand 22.05.2014
1. Charakterisierung der Infektion
1.1 Erreger
Die beiden eng verwandten Erreger gehören zur Gattung Henipavirus aus der Familie der Paramyxoviridae.
Infektionen mit dem Nipah-Virus wurden erstmals 1988 bei Schweinen in Malaysia identifiziert, später
wurden auch Fälle in Bangladesch und Indien bekannt. Infektionen mit dem Hendra-Virus bei Pferden wur-
den erstmals 1994 in Australien in der Nähe von Brisbane diagnostiziert. Beide Erreger können beim Men-
schen letale Infektionen auslösen und wurden der Risikostufe 4 zugeordnet. Beide Erkrankungen wurden in
Europa bisher nicht nachgewiesen.
1.2 Klinische Symptomatik
Nipah-Virus-Infektionen beim Schwein äußern sich durch eine fieberhafte Atemwegserkrankung, verbunden
mit einem charakteristischen, bellenden Husten “One-mile cough”. Einige Tiere entwickeln zentralnervöse
Störungen, die bei Sauen und Ebern zu plötzlichen Todesfällen führen können. Die Morbidität beträgt bis
zu 100 %, die Mortalität liegt meist bei 1–3 %. Postmortale Veränderungen finden sich primär in der Lunge,
seltener im ZNS.
Pferde entwickeln nach der Infektion mit Hendra-Viren ebenfalls starke respiratorische Symptome mit ra-
santer Krankheitsentwicklung und entwickeln hohes Fieber, hochgradige Pleuropneumonie und/oder Enze-
phalitis mit hoher Mortalität.
Beide Erreger sind also zoonotische Erreger der Risikostufe 4 auf den Menschen übertragbar. Hier kommt
es ebenfalls zur fieberhaften Erkrankung, die zu Beginn mit respiratorischen Symptomen einhergehen
kann. Im weiteren Verlauf entwickeln sich Kopfschmerzen, Benommenheit und unklare Sprache, bis hin zu
Ohnmacht und Koma. Die Mortalität beim Menschen kann 70 % erreichen. Als Komplikation nach überstan-
dener Infektion kann es noch Jahre nach überstandener Nipah-Infektion zur Rekurrenz kommen, die meist
mit schwereren Verläufen einhergeht.
1.3 Mögliche Differentialdiagnosen
Schwein: Aujeszkysche Krankheit, Klassische Schweinepest (KSP), Afrikanische Schweinepest (ASP)
Pferd: Afrikanische Pferdepest (AHS), Intoxikation (Anthrax, Botulismus), Equine Infektiöse Anämie (EIA),
Equine Virale Arteritis (EVA).
1.4 Diagnostische Indikation
Gemäß Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils geltenden Fassung.
Infektionen mit Henipaviren (Hendra-Virus und Nipah-Virus)
Amtliche Methodensammlung des FLI | Stand 22.05.2014 | 3
1.5 Zuständige Untersuchungseinrichtung
Friedrich-Loeffler-Institut, Südufer 10, 17493 Greifswald-Insel Riems, Tel. 0383517-0
1.6 Rechtsgrundlagen
Tiergesundheitsgesetz
Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils geltenden Fassung
2. Untersuchungsmaterial
Die Probenverpackung muss den ADR-Vorschriften entsprechen, auf jeden Fall aber flüssigkeitsdicht sein
und äußerlich gut desinfiziert werden (z. B. mit 2 % NaOH). Sie darf außerhalb des zuständigen Labors
nicht mehr geöffnet werden. Frische Proben sind gekühlt, aber nicht gefroren zu versenden (Hinweis: Falls
nur gefroren aufbewahrte Proben zur Verfügung stehen, sind diese im Ausnahmefall einzusenden, da viele
Nachweisverfahren mit gewissen Einschränkungen auch bei gefrorenen Proben anwendbar wären).
Proben sind nach Möglichkeit per Kurier zum Friedrich-Loeffler-Institut, Südufer 10, 17493 Greifswald –
Insel Riems zu schicken. Sie sind in jedem Fall telefonisch anzukündigen (0383517-0).
Bei einem Verdacht auf eine Henipavirus-Infektion sind einzusenden:
Serum (möglichst 5 ml je Tier)
Wo möglich, zusätzlich 10 ml EDTA-Blut
Wenn nach Sektion eines verdächtigen Tieres Organmaterial zur Verfügung steht, sind zusätzlich einzusen-
den:
Milz
Niere
Lunge
Gehirn
Zu den Organproben ist ein Vorbericht über das Tier (Klinik, Pathologie) zu übermitteln.
Hinweis: Empfohlen werden wassergefüllte Kühlakkus, die zu einer Temperatur von etwas über 0 °C füh-
ren; CO2-Trockeneis ist nicht zu verwenden.
Infektionen mit Henipaviren (Hendra-Virus und Nipah-Virus)
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3. Untersuchungsgang
(NUR DURCH FLI DURCHZUFÜHREN)
3.1 Nukleinsäurenachweis in der real-time PCR
Die Polymerase-Ketten-Reaktion in Echtzeit (real-time RT-PCR) dient dem Nachweis von Virusgenom in
Blut, Gewebe- oder Organproben. Kleine Fragmente viraler RNA werden in DNA-Fragmente transkribiert,
die sich durch die PCR zu nachweisbaren Mengen amplifizieren. Da sich mit diesem Test nur eine Ge-
nomsequenz des Nipah- /Hendra-Virus nachweisen lässt, kann die RT-PCR auch einen Positivbefund erge-
ben, wenn kein lebensfähiger Infektionserreger mehr vorhanden ist (z. B. in autolytischen Geweben oder
Proben von rekonvaleszenten Tieren).
Die Durchführung der real-time PCR erfolgt nach dem von der OIE empfohlenen Protokoll (Mungall et al.,
2006) und nach einem zweiten publizierten Protokoll (Feldmann et al., 2009). Dabei wird ein Amplifika-
tionsprodukt im N-Gen-Bereich des Nipah- oder Hendra-Virus Genoms erzeugt.
3.2 Nachweis Henipavirus-spezifischer Antikörper
Für die serologische Diagnostik von Infektionen mit Henipaviren wurde am Friedrich-Loeffler-Institut ein
ELISA-System entwickelt, welches sich derzeit in der Validierung befindet. Es basiert auf das Matrix-
Protein des Hendravirus, zeigt aber eine sehr gute Kreuzreaktivität mit Antikörpern gegen das Nipahvirus.
Dieses Testsystem ist zur Untersuchung von Pferde- und Schweineseren geeignet.
Konkrete Verdachtsproben werden derzeit zur Bestätigung der Ergebnisse an das CSRIO in Geelong, Austra-
lien geschickt.
Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit
Südufer 10, D-17493 Greifswald – Insel Riems, www.fli.bund.de