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Informations- und Kommunikationstechnologien in Gerichtssälen Rückschlüsse und Empfehlungen auf der Grundlage von Erhebungen zu Referenzprojekten innerhalb und außerhalb Deutschlands Erstellt aufgrund Auftrages im Rahmen des durch das „Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland“ vom 2. März 2009 beschlossenen IT-Investitionsprogramms der Bundesregierung. Stand: März 2010 Auftraggeber: Bundespatentgericht Cincinnatistraße 64 81549 München Autoren: Daniela Freiheit u. Klaas Schmidt Kontakt: Europäische EDV-Akademie des Rechts gGmbH Torstr. 43a D-66663 Merzig Tel.: +49 (0) 6861-793711 Fax: +49 (0) 6861-792403 E-Mail: [email protected]

Informations- und Kommunikationstechnologien in Gerichtssälen · IT-Investitionsprogrammes 2009-2011 der Bundesregierung wurde die EEAR beauftragt, aus der Befragung von Verantwortlichen

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Informations- undKommunikationstechnologien in GerichtssälenRückschlüsse und Empfehlungen auf der Grundlage von Erhebungen zu Referenzprojekten innerhalb und außerhalb Deutschlands

Erstellt aufgrund Auftrages im Rahmen des durch das „Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland“ vom 2. März 2009 beschlossenen IT-Investitionsprogramms der Bundesregierung.

Stand: März 2010

Auftraggeber:

BundespatentgerichtCincinnatistraße 6481549 München

Autoren:

Daniela Freiheit u.Klaas Schmidt

Kontakt:

Europäische EDV-Akademie des Rechts gGmbHTorstr. 43aD-66663 MerzigTel.: +49 (0) 6861-793711Fax: +49 (0) 6861-792403

E-Mail: [email protected]

InhaltsverzeichnisA REFERENZPROJEKTE ..................................................................1

A.1. Allgemeines....................................................................................1A.2. Hard- und Softwareausstattung.....................................................1

A.2.1. Möblierung der Gerichtssäle................................................................1A.2.2. Technische Ausstattung der Säle........................................................3

A.3. Unterstützung des Verfahrensablaufes........................................19A.3.1. Ablauf des Verfahrens......................................................................... 19A.3.2. Aufruf des Verfahrens........................................................................20

A.4. Projektdurchführung...................................................................23

B AUSWERTUNG UND RÜCKSCHLÜSSE.....................................24B.1. Allgemeine Rückschlüsse............................................................24B.2. Lösungsansätze............................................................................26

B.2.1. Kollaborativer Ansatz.........................................................................26B.2.2. Individueller Ansatz..........................................................................29

B.3. Ausstattungsempfehlungen.........................................................29B.3.1. Kategorie „Arbeitsumgebung“............................................................31B.3.2. Möblierung der Gerichtssäle..............................................................31B.3.3. Soundanlagen.....................................................................................32B.3.4. Video- bzw. Videokonferenzanlagen................................................33B.3.5. Visualisierungstechnik.......................................................................33B.3.6. Steuerungselemente .........................................................................33B.3.7. Sonstige Geräte..................................................................................34B.3.8. Sicherheits- und Notfallkonzepte ....................................................34B.3.9. Bildschirme, Rechner, Bedienelemente............................................34B.3.10. Elektronisches Gerichtssaalmanagement.......................................36B.3.11. Support ............................................................................................. 36B.3.12. Dokumentenmanagement...............................................................37

B.4. Sonstige Erkenntnisse..................................................................38

C ANLAGEN....................................................................................40C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten...............................................................................41C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf........................................46

C.2.1. Allgemeine Daten..............................................................................46C.2.2. Hard- und Softwareausstattung.......................................................47

C.2.3. Unterstützung des Verfahrensablaufes.............................................56C.2.4. Projektdurchführung........................................................................57C.2.5. Erfahrungen.......................................................................................57

C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart.........................................59C.3.1. Allgemeine Daten...............................................................................59C.3.2. Hard- und Softwareausstattung.......................................................60C.3.3. Unterstützung des Verfahrensablaufes.............................................74C.3.4. Projektdurchführung........................................................................76C.3.5. Erfahrungen.......................................................................................76C.3.6. Sonstiges............................................................................................77

C.4. Anlage: Bericht Den Haag............................................................79C.4.1. Allgemeine Daten..............................................................................79C.4.2. Hard- und Softwareausstattung........................................................81C.4.3. Unterstützung des Verfahrensablaufes............................................83

C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland..............................................86C.5.1. Übersicht............................................................................................86C.5.2. Australien..........................................................................................88C.5.3. Nordirland und Irland.......................................................................90C.5.4. Deutschland......................................................................................92C.5.5. Niederlande.......................................................................................94C.5.6. USA....................................................................................................96C.5.7. Kanada............................................................................................... 101

C.6. Anlage: Arbeitsschutz-G und Bildschirmarbeits-VO.................103C.6.1. Arbeitsschutzgesetz (Auszug)..........................................................103C.6.2. Bildschirmarbeitsverordnung.........................................................106

Vorwort

Die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien in Ge-richten, insbesondere von elektronischer Aktenführung, kann nur gelingen, wenn sich sowohl das schriftliche als auch das mündliche Verfahren mit den neuen Medien abbilden lässt. Nur durch die frühzeitige konzeptionelle Ein-beziehung auch der mündlichen Verhandlung kann langfristig ein Medien-bruch beim Übergang vom schriftlichen in das mündliche Verfahren vermie-den werden.

Aus Mitteln des gemäß dem „Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland“ vom 2. März 2009 (BGBl. I, S. 416) beschlossenen IT-Investitionsprogrammes 2009-2011 der Bundesregierung wurde die EEAR beauftragt, aus der Befragung von Verantwortlichen für Referenzprojekte in-nerhalb und außerhalb Deutschlands eine Ist-Analyse zu erstellen und ent-sprechende Rückschlüsse sowie Handlungsempfehlungen herauszuarbeiten.

Der vorliegende Bericht gibt im ersten Teil die Ergebnisse der Befragung wie-der. Im zweiten Teil werden daraus abstrahierte allgemeine Grundsätze, denkbare Lösungsansätze und konkrete Ausstattungsempfehlungen entwi-ckelt.

Über die Beschreibung des vorgefundenen Ist- Zustandes und der möglichen Lösungsansätze soll im Folgenden versucht werden, die Notwendigkeit einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien in Gerichtsverhandlungen herauszuarbeiten.

Bei der Ist-Situation wird auf die Beschreibung von Beobachtungen zurück-gegriffen, die bei Vor-Ort-Besichtigungen moderner Sitzungssäle im Finanz-gericht Stuttgart, Landesarbeitsgericht Stuttgart, Landgericht Düsseldorf, Prozessgebäude Düsseldorf und dem Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag gemacht wurden. Darüber hinaus fließen Ergebnisse aus Interviews und einer auf internationale Modellszenarien bezogenen Internetrecherche mit ein.

Bei dieser Beschreibung liegt das Augenmerk sowohl auf der Ausstattung mit Hard- und Software als auch auf der Möblierung und innenarchitektoni-schen Gestaltung, der Abbildung und Unterstützung des Verfahrensablaufs und der Projektdurchführung. Dabei sind ergonomische Aspekte jeweils mit-berücksichtigt. Nicht zuletzt soll insbesondere von den dargestellten Erfah-

rungen, die innerhalb und außerhalb Deutschlands bei der Ausstattung von Gerichtssälen und der praktischen Nutzung gesammelt wurden, profitiert werden.

Während in den befragten Gerichten der Einsatz von bestenfalls Hybridak-ten sowie Medienbrüche dominieren, gehen die vorgeschlagenen Lösungs-ansätze und Ausstattungsempfehlungen von einer medienbruchfreien Rechtspflege aus. Das Papier dient hier, genau umgekehrt zum vorgefunde-nen Ist-Zustand, höchstens der Unterstützung im Einzelfall. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass mit Beginn der Klageerhebung die verfahrenser-hebliche Kommunikation und die Aktenführung zum größten Teil über elek-tronische Medien stattfinden.

Im zweiten Teil wird somit versucht, den im Sinne einer optimalen Nutzung der technischen Möglichkeiten erstrebenswerten Zustand abzubilden. Dabei wurde im Rahmen des erteilten Auftrages eine stark vereinfachte Darstel-lung des möglichen Soll-Zustandes gewählt. Sie lässt zahlreiche weitere Dif-ferenzierungskriterien erst einmal außer Acht. Grundsätzlich nicht unerheb-lich sind zum Beispiel die Besonderheiten der Verfahrensordnungen. Die Dif-ferenzierung zwischen heute schon teilweise alltäglicher Fortschrittsgegen-wart und künftiger, idealiter bestmöglich technikunterstützter Zukunft soll dazu dienen, derzeitige Umsetzungsprojekte weitsichtig angehen zu können. Denn obwohl alle Technologien für die beschriebenen Lösungsansätze vor-handen und bei den befragten Gerichten teilweise auch schon im Einsatz sind, mangelt es an deren nutzreicher Verknüpfung.

Mit der Absicht, die Lösungsszenarien insoweit als Vorschlag für eine Vision des Möglichen zu entwerfen, bietet es sich an, die gegenwärtig an verschie-denen Orten bereits gemachten Erfahrungen als grundlegenden Maßstab für die Sinnhaftigkeit der Auswahl aus einer Vielzahl von verfügbaren techni-schen Optionen heranzuziehen. Naturgemäß kann diese Auswahl keinen ab-schließenden Marktüberblick liefern. Wo aber auf Grundlage der Recherche-ergebnisse der Eindruck für ihre besondere Tauglichkeit spricht, sind mehre-re Geräte oder Einrichtungsmöglichkeiten genannt.

Saarbrücken/Berlin, im März 2010

Die Autoren

A Referenzprojekte

A REFERENZPROJEKTE

A.1. ALLGEMEINES

Die Ergebnisse für die Beschreibungen exemplarischer Säle beruhen auf Be-fragungen verschiedener Gerichte und Gerichtszweige. Die Ausstattung der Sitzungssäle erfolgte jeweils im Rahmen von Neu- bzw. Umbaumaßnahmen. Zumeist sind die Sitzungssäle bestimmten Kammern bzw. Spruchkörpern auf Dauer zugeordnet. Dementsprechend wurden nicht alle Gerichtssäle eines Gerichtes mit Sitzplätzen für die höchstmögliche Richterbesetzung ausge-stattet.

Die technische Grundausstattung in den einzelnen Gerichten unterschied sich wesentlich. So wird in den Wirtschaftsstrafkammern in Düsseldorf be-reits mit einer elektronischen Zweitakte gearbeitet und nur noch im Einzel-fall auf die Papierakte zurückgegriffen. Am Internationalen Strafgerichtshof werden die Akten ausschließlich elektronisch geführt. Der Verfahrensablauf unterscheidet sich zudem wesentlich von den in deutschen Verfahrensord-nungen geregelten Grundsätzen. In anderen Gerichten dagegen ist eine elektronische Aktenführung erst in Planung. Die Möglichkeit des Zugriffs auf elektronische Dokumente dient hier vor allem der punktuellen Unter-stützung des Verfahrensablaufs im Einzelfall und liegt im Ermessen der je-weiligen Richter.

A.2. HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG

A.2.1. MÖBLIERUNG DER GERICHTSSÄLE

Sofern man die Sitzungssäle im Rahmen von Neu- und Umbaumaßnahmen neu gestaltet hat, wurde die Möblierung jeweils speziell für die einzelnen Säle angefertigt. Dabei wurde stets Wert auf ein einheitliches Design gelegt. Lediglich für die Sitzgelegenheiten zur Beteiligung der Öffentlichkeit wurde auf Standardmöblierung zurückgegriffen. Sämtliche Sitzplätze und Pulte wurden nach den gewohnten und bewährten Prinzipien im Sitzungssaal plat-ziert. Bezüglich der Anordnung der einzelnen Pulte wurden keine Verände-rungen, die durch den Einsatz von IKT während der Verhandlung begründet wären, vorgenommen. Die Möbel sind aufgrund der integrierten Verkabe-lung überwiegend fest mit dem Boden verbunden, so dass das Verrücken oder der Verzicht auf bestimmte Pulte im Einzelfall nicht möglich ist. Steh-pulte wurden nicht vorgefunden. Sofern ursprünglich ein Podest für den Richterarbeitsplatz vorhanden war, wurde dieser auch im Neu- oder Umbau-vorhaben wieder vorgesehen.

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A Referenzprojekte

FG Stuttgart

FG Stuttgart

In allen Gerichtssälen wurden spezielle Konzepte für Beleuchtungs-, Ver-schattungs- und Verdunkelungssysteme umgesetzt. Teilweise sind die einzel-nen Komponenten (Außen-/Innen-Jalousien und Beleuchtungsanlagen) in ein zentrales Steuerungssystem integriert, das vom Richterpult aus über ein Steuerelement bedient werden kann. In anderen Gerichten ist die manuelle Bedienung über meist an der Wand installierte Steuerungselemente not-wendig. Einige Beleuchtungsanlagen verfügen über indirektes Licht und ver-schiedene Lichtfelder, um sowohl eine optimale Beleuchtung als auch eine von wechselnder Sonneneinstrahlung unabhängige, reflektionsarme Bild-schirmsicht gewährleisten zu können.

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A Referenzprojekte

A.2.2. TECHNISCHE AUSSTATTUNG DER SÄLE

A.2.2.1 ALLGEMEINE SAALAUSSTATTUNG

Audioanlagen

In allen besichtigten Gerichtssälen sind Audioanlagen vorhanden. Sämtliche Sitzplätze sind mit Mikrofonen und einer entsprechenden Bedieneinheit (Taste) ausgestattet. Die Steuerung der Anlage erfolgt über ein zentrales Steuerungselement (Mediensteuerung), das neben der Steuerung der Au-dioanlage auch weitere Systeme (Visualisierungselemente, Verhandlungs-aufruf, Gerichtssaalmanagement, Verschattungs- und Beleuchtungssysteme, etc.) bedienen kann. In der Regel stehen zwei Steuerungselemente zur Ver-fügung. Eines ist in das Richterpult integriert. Das zweite Steuerungselement ist eine mobile Ausführung, so dass die Steuerung delegiert werden kann. Am Richterpult ist teilweise zusätzlich eine Vorsitzendensprechstelle mit Vorrangtaste vorhanden. Die Verfahrensbeteiligten können per Knopfdruck den Wunsch nach einem Wortbeitrag signalisieren, der für den Vorsitzenden Richter auf der Mediensteuerung sichtbar wird. Zudem ist in der Regel die Aufzeichnung von Wortbeiträgen möglich.

In einigen Gerichten wurde für die akustische Wirkungsweise der Soundan-lage ein Gesamtsystem konzipiert, das unter anderem die Erkennung der Sprechrichtung gewährleistet und die Barrierefreiheit der Audioanlage si-cherstellt, indem mit Induktionsschleifen gearbeitet wird.

Eine beispielhafte und eingängige Übersicht zu den Möglichkeiten integrier-ter Audio- und Videoanlagen bietet der für Anwälte von einem U.S. District Court in Indiana herausgegebene Ratgeber zu dem dort installierten „Video Evidence Presentation System“ unter der Adresse

http://www.insd.uscourts.gov/Publications/VEPSAttorneyGuide.pdf.

Teilweise werden für manche Gerichtssäle zusätzlich räumlich separierte An-lagen für Dolmetscher bereitgestellt.

Video- bzw. Videokonferenzanlagen

In den befragten deutschen Gerichten wurde nur in einem Sitzungssaal eine Videokonferenzanlage fest installiert und die entsprechenden Bedienfunkti-onen in das zentrale Steuerelement integriert. In allen anderen befragten Gerichten sind aber zumindest transportable Videokonferenzanlagen vor-handen, die im Bedarfsfall in den einzelnen Sitzungssälen in Gebrauch ge-nommen werden können.

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A Referenzprojekte

Überblick ICC Den Haag. Bild von http://www.icc-cpi.int/NR/rdonlyres/56F81E77-BAB2-4C1E-93F3-C6ACC08D7512/0/Courtroom1_3.jpg

In den Sitzungssälen des Internationalen Strafgerichtshofs ist eine moderne Audio- und Videoanlage installiert worden, die insbesondere der audiovisu-ellen Aufzeichnung, deren Aufbereitung und der um 30 Minuten verzöger-ten öffentlichen Übertragung der gesamten Verhandlung dient. Für Zeugen-vernehmungen, die zum Schutze der Zeugen nicht öffentlich übertragen werden sollen, steht ein abgeschlossener Nebenraum zur Verfügung, aus dem die Vernehmung live in den Sitzungssaal übertragen werden kann.

Im zugrundeliegenden internationalen Vergleich sind fest installierte Video-anlagen vor allem in Flächenländern wie den USA, Schweden und Australien in e-courtrooms die Regel. Hauptanwendung finden die Systeme in Straf- und Familiensachen. Tragbare Systeme werden auch erwähnt, finden aber bei ausführlicheren Beschreibungen der Gerichtstechnologie keine nähere Erläuterung.

Diktatvorrichtungen

Die installierten Audioanlagen erlauben auch die Aufzeichnung von Wortbei-trägen während der Verhandlung. Da jedoch einige Funktionalitäten (z.B. Lö-schungs- und Übersprechfunktion) nicht vorhanden sind, werden für Diktate während der Verhandlung häufig zusätzlich bereitgestellte digitale oder ana-loge Diktiergeräte genutzt. Dabei werden die aufgezeichneten Diktate nicht direkt zu den Akten gespeichert. In anderen Ländern ist dies aber durchaus üblich: Wo entsprechende Visualisierungstechnik in Form von Monitoren oder Laptopanschlüssen an den Beteiligtenpulten geschaffen wurde, ist es vor allem bei U.S. - amerikanischen Gerichten üblich, das vom teilnehmen-den Beamten angefertigte Protokoll direkt auf den Anzeigegeräten aller Be-teiligten anzuzeigen. Eventuelle Fehler des Protokolls fallen so schneller auf und können unverzüglich berichtigt werden. Auch beim ICC in Den Haag wird das so gehandhabt. Die Wortbeiträge werden in Gänze aufgezeichnet,

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A Referenzprojekte

zeitgleich protokolliert und ohne Verzögerung elektronisch zur Einsichtnah-me zur Verfügung gestellt. Richter und Verfahrensbeteiligte können das Pro-tokoll ohne zeitliche Verzögerung auf ihren Monitoren betrachten.

Spracherkennung kommt in deutschen Gerichtssälen nicht zum Einsatz. Es ist lediglich vereinzelt üblich, dass die automatische Erzeugung einer Textda-tei aus der in der Verhandlung aufgezeichneten Audiodatei mittels Spracher-kennung im Nachhinein veranlasst wird.

Wo entsprechende Visualisierungstechnik in Form von Monitoren oder Lap-topanschlüssen an den Beteiligtenpulten geschaffen wurde, ist es vor allem bei U.S. - amerikanischen Gerichten üblich, das vom teilnehmenden Beam-ten angefertigte Protokoll direkt auf den Anzeigegeräten aller Beteiligten an-zuzeigen. Eventuelle Fehler des Protokolls fallen so schneller auf und können unverzüglich berichtigt werden.

Visualisierungstechnik

Zur Visualisierung der elektronischen Dokumente sind häufig Beamer und Leinwände fest installiert worden. Dabei wurden die Leinwände so platziert, dass alle Anwesenden Einsicht nehmen können. Meist sind die Leinwände an den Seitenwänden (im rechten Winkel zu den Richtern und Verfahrens-beteiligten) platziert. Sofern die Einsichtsmöglichkeit der Öffentlichkeit – meist aufgrund der geringen Größe des Saals – dadurch nicht gewährleistet werden konnte, wurde eine zweite Leinwand – in der Regel hinter den Rich-terpulten – angebracht.

Beim Internationalen Strafgerichtshof wurde auf Leinwände im Verhand-lungssaal verzichtet, da sämtliche Dokumente über die mit Rechnern und Bildschirmen ausgestatteten einzelnen Plätze zugänglich sind.

Die Bedienung der Visualisierungstechnik erfolgt zumeist über die Integrati-on in das zentrale Mediensteuerungssystem. Elektronische Tafeln, soge-nannte Smart Boards, wurden nicht bereitgestellt. Allerdings gibt es Überle-gungen, derartige Geräte im Bedarfsfall nachzurüsten. In Den Haag wurde für den Zeugen ein Bildschirm bereitgestellt, der die Funktionalitäten eines solchen Smart Boards enthält. So kann der Zeuge auf Dokumenten, die ihm auf diesem Bildschirm angezeigt werden, Notizen oder Markierungen auf-bringen, die seine Zeugenaussage visuell konkretisieren.

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A Referenzprojekte

Im Prozessgebäude Düsseldorf, am Sitzplatz des Zeugen im Internationalen Strafgerichtshof und in einigen Gerichten im Ausland wurde eine elektroni-sche Dokumentenkamera zur Verfügung gestellt. Sie dient der Visualisierung sowohl von Dokumenten als auch von gegenständlichen Beweisstücken. Mancherorts übernimmt sie zusätzlich die Funktion eines Beamers und ist an die Mediensteuerungsanlage angeschlossen.

Netzwerke

In sämtlichen Gerichtssälen wird der Zugriff auf das gesicherte justizinterne Netz für die Richter ermöglicht. An dieses Netz sind entweder fest installier-te Rechner angeschlossen oder es werden entsprechende Netzwerksteckdo-sen bereitgestellt. Teilweise wird auch für die Staatsanwälte über Netzwerk-steckdosen Zugang auf das gesicherte Netz der Staatsanwaltschaft ermög-

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licht. Für sonstige Beteiligte wird von der Justiz in der Regel kein Zugang zu Inter- oder Intranetzen angeboten. In einigen Gerichten sind Hot-Spots vor-handen, die von externen Anbietern installiert und betrieben werden. Die entstehenden Kosten werden von diesen Anbietern direkt gegenüber den nutzenden Verfahrensbeteiligten geltend gemacht. In den übrigen Gerichten haben die Verfahrensbeteiligten selbst Sorge dafür zu tragen, z.B. durch die Verwendung von eigenen UMTS-Karten, Verbindungen zum Internet oder zu eigenen Servern herstellen zu können.

Beim Internationalen Strafgerichtshof hingegen greifen alle Anwesenden über das dort betriebene Netzwerk auf dieselben verfahrensrelevanten Do-kumente zu, die im Übrigen auch für die Allgemeinheit über das Internet zu-gänglich sind. Sollten die Verteidiger zusätzlich den Zugriff auf eigene Doku-mente benötigen, haben sie hierfür selbst Sorge zu tragen. Häufig nutzen die Verteidiger deshalb zusätzlich einen privaten Laptop.

In einigen Gerichtssälen wurde ein separates, gesichertes und abgeschirm-tes Mediennetz installiert. An dieses Netz können folgende Soft- und Hard-warekomponenten angeschlossen werden:

- Audioanlage (teilweise mit integrierter Übersetzeranlage)

- Raumtechnik (Beleuchtung, Verschattung)

- Visualisierungssystem, bestehend aus Beamer und versenkbarer

Leinwand

- Einspeisefelder für analoge und digitale Daten, die an das Visualisie-rungssystem übergeben werden können

- digitales Informationssystem inklusive Sitzungsaufruf

- audiovisuelle Anlage einschließlich der Übertragung des Vollproto-

kolls beim Internationalen Strafgerichtshof

- Videokonferenzanlage beim Internationalen Strafgerichtshof

- Übersetzeranlage beim Internationalen Strafgerichtshof

Elektronische Dateien, deren Visualisierung von den Verfahrensbeteiligten gewünscht wird, können in die Medienanlage eingespeist und vom Vorsit-zenden Richter für die Visualisierung an den Leinwänden freigeschaltet wer-den.

Sonstiges

Auf eine in die Audioanlage integrierte Telefoniefunktion wurde verzichtet. Einzelne Telefone sind entweder im Sitzungssaal oder im Beratungszimmer vorhanden. In einigen Sitzungssälen wurden Drucker bereitgestellt. Multi-funktionsgeräte, die das Drucken, Scannen und Kopieren ermöglichen, sind in den Sitzungssälen nicht vorhanden. Oftmals sind diese Geräte aber in un-mittelbarer Nähe der Sitzungssäle, z.B. im Wartebereich, zur Verfügung ge-stellt worden. Die Auslösung eines Druckauftrages ist in der Regel aus dem

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A Referenzprojekte

Sitzungssaal möglich. Öffentlich bereitgestellte Multifunktionsgeräte verfü-gen für diesen Fall über eine gesicherte Box.

Barcode-Leser, Signatur- und/oder Kryptographieeinrichtungen wurden nicht vorgefunden.

Die Verkabelung erfolgte jeweils nicht sichtbar in Fußböden, Wänden und den bereitgestellten Möbeln.

Speziell für die Sitzungssäle wurden keine Sicherheitskonzepte (Datenschutz, Datensicherung) oder Notfallkonzepte (Stromausfall, kein Zugriff auf Daten) entwickelt und umgesetzt. Hier wird auf die in den Gerichten bereits vorhan-den Sicherheits- und Notfallvorkehrungen zurückgegriffen.

A.2.2.2 RICHTERARBEITSPLÄTZE

Für die Ausstattung der Richterarbeitsplätze wurden verschiedene Umset-zungen gewählt. So wurden teilweise nur für den Vorsitzenden Richter und teilweise für die höchstmögliche Besetzung von Richtern in dem jeweils aus-gestatteten Sitzungssaal Rechner, Bildschirme, Tastaturen und Mäuse vorge-sehen. Beim Internationalen Strafgerichtshof sind die Richterarbeitsplätze teilweise mit zwei Bildschirmen ausgestattet, um gleichzeitig Zugriff auf die Dokumente und das Vollprotokoll, bzw. die Übertragung von Zeugenaussa-gen nehmen zu können. Der Zugriff auf elektronische Dokumente erfolgt je-weils durch Einloggen in das justizinterne und beim Internationalen Strafge-richtshof auf das von allen Verfahrensbeteiligten gemeinsam genutzte Netz.

Sofern für beisitzende Richter keine eigenen Rechner, Bildschirme usw. be-reitgestellt wurden, können diese mobile Geräte, meist Laptops, in der Ver-handlung nutzen. Für diesen Fall wurden immer Stromanschlüsse und häufig Netzwerksteckdosen für den Zugriff auf das justizinterne Netz zur Verfügung gestellt.

Sofern eine zentrale Mediensteuerung, die zur Bedienung der gegebenen-falls vorhandenen Audio-, Video-, Visualisierungs-, Verschattungs-, Beleuch-tungs- und Gerichtssaalmanagementsysteme genutzt wird, zum Einsatz kommt, wurde diese für den Vorsitzenden Richter bereitgestellt. Hier wur-den sowohl in das Richterpult integrierte Touch Panels als auch Standbild-schirme vorgefunden.

Es wurde Wert darauf gelegt, die Arbeitsflächen für die einzelnen Richter so großzügig wie möglich zu gestalten. Aufgrund der begrenzten Raumgrößen ist die Länge der Richterbänke jedoch nicht immer variabel und in einigen Räumen eher kurz bemessen. Es wurde deshalb versucht, über die Tiefe der Richterbänke Platz für Akten und Ähnliches zu schaffen. So wurden bei-spielsweise die Bildschirme so weit wie möglich im hinteren Bereich der Ar-beitsflächen integriert bzw. aufgestellt.

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A Referenzprojekte

Rechner

Die für den Zugriff auf elektronische Daten notwendigen Rechner sind je-weils nicht sichtbar positioniert. Sie sind an das justizinterne Netz angebun-den und erlauben auf Grundlage der etablierten Zugriffs- und Berechti-gungsverwaltung den Zugang zu den entsprechenden Laufwerken. Die Rech-ner befinden sich in separaten Räumen, in verschließbaren Schränken oder direkt unter den Richterpulten.

Bedienelemente (Tastatur, Maus, Touchscreen)

In sämtlichen Sitzungssälen erfolgen der Zugriff und die Bearbeitung elektro-nischer Dokumente über Tastatur und Maus. Teilweise stehen kabellose Tas-taturen und Mäuse zur Verfügung. In anderen Gerichten wurde bewusst auf kabelgebundene Produkte zurückgegriffen. Als Grund wird die zu schwer kalkulierbare Einsatzdauer der für die Verwendung notwendigen Batterien genannt. Zudem gerät das Ein- und Ausschalten häufig in Vergessenheit.

Die Bedienelemente der Mediensteuerung verfügen üblicherweise über eine Touchscreenfunktionalität.

Bildschirme

In Sitzungssälen, die bereits vor längerer Zeit mit Hard- und Software ausge-stattet wurden – so auch beim Internationalen Strafgerichtshof – sind han-delsübliche Bildschirme auf den Richterpulten bereitgestellt worden.

Richterbank ICC. Bild von http://www.icc-cpi.int/NR/rdonlyres/47EDC174-888C-46DB-BA53-4328581AB880/0/Pretrial_Chamber_I.jpg

In kürzlich ausgestatteten Sitzungssälen wurden Bildschirme gewählt, die sich in das Richterpult integrieren lassen. Teilweise wurde auf Bildschirme zurückgegriffen, die sich mit einer elektrischen Steuerung ein- und ausfah-ren lassen (19 Zoll; Produktbezeichnung: „element one“). Solange der Bild-schirm nicht benutzt wird, ist er im Schreibtisch versenkt.

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Per Knopfdruck kann der Bildschirm elektronisch aufgeklappt werden. Der Knopf muss dabei anhaltend betätigt werden. Dadurch kann der Aufklapp-winkel durch den Nutzer bestimmt werden. Die Knöpfe für das Aus- und Ein-klappen sind sehr weit hinten angebracht. Dies erschwert die Bedienung.

Ein anderes Modell dieses Bildschirms ermöglicht aufgrund einer differen-zierten Schienenführung einen stärkeren Neigungswinkel.

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Beide Modelle können nicht in andere Richtungen verstellt oder gedreht werden. Der Bildschirm ist jeweils nicht entspiegelt, so dass die Lesbarkeit eingeschränkt ist.

In einigen Sitzungssälen wurden die Richterpulte mit einer Aufkantung ver-sehen, so dass die platzierten Hardwarekomponenten, insbesondere die Bildschirme, für die Verfahrensbeteiligten nur zum Teil zu sehen sind.

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A Referenzprojekte

In anderen Gerichtssälen wurden die Bildschirme mit Schwenkrahmen in die Richterpulte integriert.

Die Schwenkrahmen werden bündig in die Arbeitsplatte integriert und mit einer Tischplattenoberfläche (Glas) abgeschlossen. Die Bildschirme werden unter der Tischplatte fest in den Schwenkrahmen verankert. Der Schwen-krahmen erlaubt eine stufenlose Einstellung der verankerten Bildschirme in beide Verstellrichtungen. Der Bildschirm kann unterhalb der Abdeckplatte verstellt werden, so dass die Schreibtischoberfläche bündig bleibt. Es be-steht aber auch die Möglichkeit, den äußeren Rahmen zu verstellen, so dass der Bildschirm aus der Schreibtischplatte herausragt. Zur Veranschaulichung sei auf

http://www.dittfach-gmbh.de/Webseiten/Produkte/Versenktische/Swing/Swing.html

hingewiesen.

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A Referenzprojekte

Die Verstellung der einzelnen Rahmen erfolgt manuell über Hebelgriffe. Die-se sind notwendigerweise schwergängig, da andernfalls das versehentliche Auflehnen auf den äußeren Schwenkrahmen das unbeabsichtigte Hochkip-pen des Rahmens verursachen würde. Der obere Schwenkrahmen ist mit ei-ner reflexionsarmen Sicherheitsglasscheibe ausgestattet. Diese ist grau ge-tönt und beidseitig entspiegelt (Restreflexion < 1%). Die Abtönung der Si-cherheitsglasscheibe wirkt ähnlich einem Bildschirmfilter in Bezug auf eine bessere Kontrast- und Farbwiedergabe. Zusätzlich kann durch die stufenlos mögliche Einstellung der Bildschirme eine Position gewählt werden, bei der keine Reflexion entsteht.

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In einem anderen Gerichtssaal wurden Schwenkrahmen installiert, die je-doch nur eine Verstellung der Bildschirme unterhalb der fest eingearbeite-ten Glasscheibe ermöglichen. Die Rahmenabdeckung ist hier eine Sonderan-fertigung, die in Eigenleistung erbracht wurde.

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Mediensteuerung

Sofern Audio-, Video-, Visualisierungs-, Beleuchtungs-, Beschattungs- und Gerichtssaalmanagementsysteme vorhanden sind, werden diese über eine zentrale Mediensteuerung bedient, die an den Richterpulten zur Verfügung gestellt wird. Diese Steuerelemente werden entweder auf den Pulten bereit-gestellt oder in die Tischplatten integriert und über eine Touchscreenfunkti-on bedient.

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A Referenzprojekte

A.2.2.3 PROTOKOLLANTENPULT

Sofern die Beteiligung von Protokollanten in Gerichtsverfahren vorgesehen ist, wurde ein Protokollantenpult zur Verfügung gestellt. Diese wurden ent-weder einzeln platziert oder direkt, meist seitlich, an das Richterpult ange-schlossen.

Die Protokollantenpulte sind üblicherweise mit eigenem Rechner, handels-üblichen Standbildschirmen, Tastatur, Maus und Telefon ausgestattet. Der Zugriff auf die Dokumente erfolgt durch das Einloggen in das justizinterne Netz. Sprechvorrichtungen bzw. Mikrofone wurden nur selten bereitgestellt. Sofern Drucker in den Sitzungssälen vorhanden sind, befinden sie sich am Protokollantenpult. Teilweise wurde für die Unterbringung des Rechners und Druckers ein Medienschrank am Protokollantenpult stationiert.

In den Sitzungssälen des Internationalen Strafgerichtshofes steht für den Court Officer ein Arbeitsplatz mit zwei Bildschirmen zur Verfügung, so dass

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A Referenzprojekte

dieser an einem Bildschirm die Dokumente visualisieren und auf dem zwei-ten Bildschirm die audiovisuellen Übertragungen verfolgen kann.

A.2.2.4 BETEILIGTENPULTE

Lediglich im Sitzungssaal des Internationalen Strafgerichtshofes wurden Rechner, Bildschirme, Tastatur, Maus und separate Steuerungselemente auch für die Verfahrensbeteiligten bereitgestellt.

In allen anderen besichtigten Gerichtssälen verfügen die Pulte meist über ein Mikrofon und den dazugehörigen Bedienknopf. Für die Nutzung eigener Laptops wurden Stromsteckdosen zur Verfügung gestellt. Sofern neben dem justizinternen Netzwerk in den Gerichtssälen noch ein davon sicher getrenn-tes Mediennetz genutzt wird, ist auch eine entsprechende Netzwerksteckdo-se an den Pulten der Verfahrensbeteiligten vorhanden. Über diesen Zugang können die Verfahrensbeteiligten eigene Daten zur Visualisierung in das Ver-fahren einbringen.

A.2.2.5 SITZPLÄTZE FÜR DIE ÖFFENTLICHKEIT

Für die Öffentlichkeit wird in deutschen Gerichten keine Hard- oder Softwa-re bereitgestellt. Es wird allerdings bei der Anbringung von Leinwänden si-chergestellt, dass diese von der Öffentlichkeit einsehbar sind. Es sind im Ge-genzug auch keine Visualisierungsmöglichkeiten vorgesehen, die lediglich für die Richter und Verfahrensbeteiligten, nicht aber für die Öffentlichkeit ein-sehbar sind.

A.2.2.6 BERATUNGSRÄUME

In den Beratungsräumen werden teilweise - aber nicht durchgängig - Rech-ner, Bildschirm, Maus und Tastatur bereitgestellt. Häufig sind White Boards, die jedoch nicht über elektronische Funktionalitäten (Visualisierung von Do-kumenten, Anbringen von Notizen auf diesen Dokumenten, Speicherfunkti-on) verfügen, vorhanden.

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A.3. UNTERSTÜTZUNG DES VERFAHRENSABLAUFES

A.3.1. ABLAUF DES VERFAHRENS

Für Daten oder Dateien, die in der Verhandlung für alle Beteiligten zugäng-lich gemacht werden sollen, besteht in deutschen Gerichten lediglich die Möglichkeit der Projektion an einer für alle Anwesenden einsehbaren Lein-wand.

Die Steuerung der Projektion von elektronischen Daten obliegt in der Regel dem Vorsitzenden Richter.

Über die Mediensteuerung kann er elektronische Dokumente, die dem Ge-richt vorliegen, projizieren. Er wählt in diesem Fall über die Mediensteue-rung ein Medium (Computer des Vorsitzenden Richters oder Komponenten des gegebenenfalls vorhandenen Mediennetzes) als Bildquelle aus.

In einigen Gerichten wurde das Mediennetz so gestaltet, dass auch Daten oder Dokumente, die die Verfahrensbeteiligten während der Gerichtsver-handlung zur Visualisierung zur Verfügung stellen, spontan projiziert werden können. Hierzu müssen die entsprechenden Dokumente zunächst in das Me-diennetz eingespeist werden. Der Vorsitzende Richter erhält auf der Me-diensteuerung eine Vorschau auf das entsprechende Dokument und kann die Visualisierung veranlassen, sofern er sie befürwortet.

Darüber hinausgehende elektronische Kollaborationswerkzeuge, wie z.B. die Freischaltung von Bildschirmansichten für bestimmte Verfahrensbeteiligte, die Steuerung von Bildschirmansichten oder der gemeinsame Zugriff auf Austauschplattformen, auf denen Dokumente und Kommentare hinterlegt werden können, wurden in deutschen Gerichten nicht bereitgestellt. Auch für die elektronische Kommunikation während der Verhandlung (z.B. Über-mittlung von Kurznachrichten, Textteilen oder Dokumenten) sind keine Tools verfügbar. In der Praxis wird teilweise auf E-Mail zurückgegriffen.

Die zentrale oder dezentrale Bereitstellung von Dokumenten oder Daten an einzelnen Bildschirmen ist somit nicht möglich. Die individuelle Recherche von Informationen während der Verhandlung kann nur in den jeweils eige-nen Dokumenten erfolgen.

Anders als in deutschen Gerichten wird beim Internationalen Strafgerichts-hof der Zugang zu sämtlichen Dokumenten für alle Anwesenden ermöglicht. Über den Zugriff auf ein dort betriebenes Netzwerk können sich die Verfah-rensbeteiligten, die Richter und auch die Öffentlichkeit (Veröffentlichung der Dokumente im Internet) während der Verhandlung sämtliche Dokumen-te erschließen. Zudem wird das unmittelbar erzeugte Wortprotokoll an allen Sitzplätzen angezeigt, so dass Änderungen nach Beschluss durch die Richter unverzüglich – spätestens jedoch innerhalb von 30 Minuten – in das Proto-koll übernommen werden.

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A Referenzprojekte

Über eine separate Steuerung, bestehend aus sieben Bedientasten, können in Den Haag alle Anwesenden auswählen, welche Informationen aus wel-chem Kanal auf dem eigenen Bildschirm angezeigt werden soll. Einer der Kanäle ermöglicht den Zugang zum Computer und somit den Zugriff auf Do-kumente, Internet, E-Mailprogramme. Über den zweiten Kanal werden au-diovisuelle Inhalte präsentiert. Nachfolgende Bildschirmansichten stehen zur Auswahl:

- Zugriff auf den Computer und somit auf Dokumente und Program-

me

- Anzeige der audiovisuellen Aufzeichnung der Verhandlung

- Anzeige der Aufzeichnung der im Sitzungssaal installierten Zeugen-kamera

- Anzeige der Aufzeichnung der Zeugenkamera im Nebenraum mit

englischer Übersetzung

- Anzeige der Aufzeichnung der Zeugenkamera im Nebenraum mit französischer Übersetzung

- Anzeige des Vollprotokolls mit der Möglichkeit, Notizen anzubrin-

gen

- Bildschirmanzeige des führenden PCs (PC1 am Sitzplatz des Court Officers), der nach Entscheidung durch die Richter vom Court Offi-cer gesteuert wird

Für die Kommunikation zwischen den Richtern und Assistenzrichtern wird auf E-Mail zurückgegriffen. Vor Beginn eines Verfahrens werden sämtliche Verfahrensbeteiligten in einer halbtägigen Schulung mit den technischen An-lagen vertraut gemacht.

A.3.2. AUFRUF DES VERFAHRENS

Für das Gerichtssaalmanagement wurde jeweils Hard- und Software ange-schafft. Die Terminierung erfolgt über Fachsysteme, die die Daten an das Gerichtssaalmanagementsystem übergeben.

Für die Bereitstellung von Informationen über die am selben Tag stattfin-denden Verhandlungen wurden elektronische Anzeigetafeln im Eingangsbe-reich des Gerichts und Sitzungstafeln vor jedem Gerichtssaal angebracht. Im Eingangsbereich kann so von jedem Besucher erfasst werden, in welchem Saal eine bestimmte Sitzung anberaumt ist. Teilweise sind hierfür Informati-onsterminals mit Touchscreenfunktion bereitgestellt worden. In anderen Gerichten ist eine elektronische Anzeigetafel platziert worden, die automa-tisch in regelmäßigen Intervallen von der Sitzungsübersicht zur Ansicht des dreidimensionalen Gebäudeinnengrundrisses wechselt.

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A Referenzprojekte

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A Referenzprojekte

Der elektronische Sitzungsaufruf wird entweder über die Mediensteuerung (die Daten aus dem entsprechenden Fachverfahren werden in das Steue-rungssystem eingespeist) oder einen in das Justiznetz integrierten PC vorge-

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A Referenzprojekte

nommen und an den elektronischen Sitzungstafeln vor jedem Saal ange-zeigt. Zusätzlich erfolgt ein Aufruf über die Soundanlage.

A.4. PROJEKTDURCHFÜHRUNG

Für den Umbau des Gebäudes und insbesondere die Ausstattung der Ge-richtssäle wurden zumeist Leistungen von Innenarchitekten in Anspruch ge-nommen.

Die Projektleitung oblag entweder den Gerichten selbst oder wurde von an-deren justizinternen Abteilungen (z.B. Beschaffungsdezernat) durchgeführt. Die Projektleitung wurde in einigen Fällen z.B. vom Hochbauamt bzw. Bau- und Liegenschaftsamt unterstützt.

Für die Entscheidung von Grundsatzfragen wurden entsprechende Steue-rungsgruppen gebildet, an denen die Präsidenten, die Verwaltungsleiter, die Richterräte und die EDV-Verantwortlichen der Gerichte beteiligt waren. Beim Finanzgericht Stuttgart gab es eine eigens eingerichtete Umzugskom-mission, die sowohl mit Richtern als auch Teilnehmern aus dem nichtrichter-lichen Dienst besetzt war.

Über das Gesamtvorhaben und den Projektfortschritt wurde das gesamte Personal regelmäßig bei Richterversammlungen und Personalversammlun-gen informiert. Eine darüber hinausgehende Einbeziehung der Anwender er-folgte nicht. Eine Organisationsuntersuchung bzw. eine Neustrukturierung der internen Prozesse fand im Vorfeld der Projektdurchführung nicht statt.

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B Auswertung und Rückschlüsse

B AUSWERTUNG UND RÜCKSCHLÜSSE

B.1. ALLGEMEINE RÜCKSCHLÜSSE

Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass bei der Auswahl von Hardwa-rekomponenten wie Rechnern, Bildschirmen, Steuerungselementen, Projek-toren, Leinwänden, elektronischen Tafeln, Dokumentenkameras und der-gleichen ein erheblicher Spielraum besteht. Allerdings stellt sich, noch bevor eine Entscheidung für Hardwarekomponenten gefällt werden kann, die weitaus erheblichere Frage, ob und gegebenenfalls wie diese Komponenten zum Einsatz kommen sollen. Bei der Planung von Umsetzungsprojekten zur modernen Ausstattung von Gerichtssälen ist deshalb zunächst auf konzep-tioneller Ebene zu entscheiden, was in einer mündlichen Verhandlung – in der Endkonsequenz einer mündlichen Verhandlung ohne Papierakten – technisch möglich sein muss und soll, um den Verfahrensablauf sicherzustel-len. Zur Verdeutlichung seien einige der wesentlichen Fragestellungen ex-emplarisch aufgeführt:

Wie auch in der mit Papierakten geführten Verhandlung muss der Zugriff auf die elektronische Akte gewährleistet sein:

- Wie soll der Zugriff auf Daten und Dokumente während der Ge-

richtsverhandlung erfolgen?

- Sollen alle oder nur einige Dokumente allen Anwesenden, z.B. durch eine zentrale Ablage, zugänglich gemacht werden oder tra-gen Richter und Verfahrensbeteiligte jeweils eigenverantwortlich dafür Sorge, in der Sitzung über die für notwendig erachteten Do-kumenten verfügen zu können?

- Wie kann sichergestellt werden, dass die relevanten Informationen

während der Verhandlung schnell und zielsicher gefunden werden?

- Wie können die Verhandlungen effizient vorbereitet werden?

Anders als in der mit Papierakten geführten Verhandlung könnten elektroni-sche Dokumente von allen Anwesenden gleichzeitig eingesehen werden:

- In welchen Verfahren ist der gemeinsame und gleichzeitige Zugang

zu ein und demselben Dokument für alle Verfahrensbeteiligte not-wendig oder hilfreich?

- Sollen nur die Richter oder auch Verfahrensbeteiligte – im Zweifel auch spontan – die Möglichkeit erhalten, bestimmte Dokumente oder Dokumententeile für alle Anwesende einsehbar zu machen? Soll dies dann mittels Projektion an eine Leinwand oder durch die Visualisierung an Einzelplatzbildschirmen erfolgen (z.B. Freischal-tung oder zentrale Steuerung von Bildschirmansichten, Ablage von Dokumenten auf einer in der Verhandlung gemeinsam genutzten elektronischen Austauschplattform, etc.)?

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B Auswertung und Rückschlüsse

- In welchem Umfang kann den Richtern, denen zuvörderst die Ver-handlungsführung obliegt, auch noch die Steuerung der Technik übertragen werden?

Erst wenn eine Entscheidung über ein wünschenswertes Szenarium gefällt wurde, können die dafür notwendigen Hard- und Softwarekomponenten ausgewählt werden. Dabei ist jeweils zu prüfen, inwieweit diese Komponen-ten auch für den Einsatz in einer mündlichen Verhandlung geeignet sind. Da-bei ist zu bedenken, dass sich die inzwischen am Rechnerarbeitsplatz eta-blierten Arbeitsweisen nicht ohne weiteres auf die Verhandlungssituation in Gerichtssälen übertragen lassen. So würde z.B. das zeitintensive Suchen in verschiedenen Dokumenten bei der individuellen Arbeit an elektronischen Akten noch toleriert. In einer Gerichtsverhandlung allerdings ergäben sich unerwünschte Effekte auf den Verhandlungsfortgang. Ähnliche Auswirkun-gen könnte die fehlende Vertrautheit mit verschiedensten Funktionalitäten haben. Zudem entstünde für diejenigen, die bestimmte Werkzeuge nicht kennen oder sich diese erst in der mündlichen Verhandlung erschließen müssten, ein Nachteil im Vergleich zu geübten Nutzern. Nicht zuletzt stellt sich immer auch die Frage, wie viel Technik den Verfahrensbeteiligten zuge-mutet werden kann.

Das technisch Wünschenswerte und zumeist auch Machbare ist somit im-mer auch auf damit einhergehende mögliche Effekte in der Verhandlungssi-tuation zu prüfen. Um ungewollte Effekte vermeiden oder mildern zu kön-nen, sollten diese schon im Vorfeld identifiziert, bewertet und bei der Aus-wahl geeigneter Hard- und Software beachtet werden. Dabei ist weniger auf eine Vielzahl von Funktionalitäten, Werkzeugen oder Anwendungsmöglich-keiten denn auf die Brauchbarkeit, Einsatzhäufigkeit und Tauglichkeit für die Verhandlungssituation in Gerichtssälen zu achten. Um das Potential der in-stallierten Informations- und Kommunikationstechnik im Sinne eines Mehr-werts gegenüber herkömmlich ausgestatteten Sälen ausreizen zu können, sollte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, dass die Bedienkonzepte niedrige Zugangsschwellen setzen und eine schnelle Lernkurve ermöglichen.

Aus diesen Überlegungen sind folgende übergreifende Grundsätze abstra-hiert worden:

1. Vor der Auswahl von Hard- und Softwarekomponenten sollten die Ein-satzszenarien definiert werden.

2. Mögliche positive und negative Effekte der zur Umsetzung dieser Szena-rien zur Verfügung stehenden Hard- und Softwarekomponenten sollten noch im Vorfeld identifiziert und gegeneinander abgewogen werden.

3. Die Bedürfnisse der Staats- und Rechtsanwaltschaft und gegebenenfalls weiterer Beteiligter (Gutachter, Übersetzer, etc.) sollten frühzeitig erho-ben und beachtet werden.

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B Auswertung und Rückschlüsse

Im Folgenden werden Lösungsansätze sowie Ausstattungsempfehlungen dargestellt, die aufgrund der Beobachtungen und Erfahrungen sinnvoll er-scheinen.

B.2. LÖSUNGSANSÄTZE

Ausgehend von den verschiedenen denkbaren Szenarien können zwei gene-relle Lösungsansätze verallgemeinert werden. Um die Mindestanforderun-gen an eine effiziente Gerichtsverhandlung sicherzustellen und die Hoheit der Verhandlungsführung durch die (Vorsitzenden) Richter zu unterstrei-chen, ist ein individueller Ansatz denkbar. Bei diesem wird auf ein zeitglei-ches Arbeiten an elektronischen Dokumenten verzichtet. Einem darüber hin-ausgehenden Bedarf, insbesondere hinsichtlich des Referenzierens auf das (elektronische) schriftliche Vorverfahren während der mündlichen Verhand-lung, kann ein kollaborativer Ansatz gerecht werden.

B.2.1. KOLLABORATIVER ANSATZ

Ausgangspunkt des kollaborativen Ansatzes ist die Gewährleistung eines ge-meinsamen und gleichzeitigen Zugriffs aller Verfahrensbeteiligten auf die elektronischen Dokumente. Diese Lösung ist einer Zugriffsregelung über Bildschirmsteuerungen vorzuziehen, da sie die gleichzeitige individuelle Re-cherche in Dokumenten erlaubt. Bei einer Bildschirmsteuerung können die Beteiligten immer dann, wenn aufgrund der Anweisung des zentral alle An-sichten Steuernden ein anderer Bildschirm für sie freigeschaltet wird, nicht mehr individuell auf Dokumente oder Programme zugreifen, was zu erhebli-chen Einschränkungen führen kann.

Hierfür erhalten Richter und Verfahrensbeteiligte während der Verhandlung Zugriff auf eine temporäre und nur für die Anwesenden zugängliche, gesi-cherte elektronische Austauschplattform.

Der Zugang für Verfahrensbeteiligte könnte unmittelbar vor der Verhand-lung oder bereits mit der Ladung zum Termin eingerichtet und durch Be-kanntgabe eines individuellen elektronischen Schlüssels ermöglicht werden.

Die Plattform sollte in einen öffentlichen und in einen jeweils privaten Be-reich unterteilt sein. Auf die einzelnen Bereiche der Plattform kann in Ab-hängigkeit von den Rechten des Benutzers zugegriffen werden.

Der öffentliche Bereich bildet den Mittelpunkt der Plattform. Hier können die Richter und Verfahrensbeteiligten unmittelbar vor oder während der Verhandlung Dokumente oder Dokumententeile ablegen, die ihrer Meinung nach von Bedeutung sein könnten. Auf diese Dokumente haben sowohl die Richter als auch die Verfahrensbeteiligten jederzeit Zugriff.

Neben diesem für alle Beteiligten und Richter während der Verhandlung auf ihren jeweiligen Bildschirmen sichtbaren öffentlichen Bereich sollte die Plattform zusätzlich auch für jeden Benutzer jeweils über einen privaten ge-

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B Auswertung und Rückschlüsse

schützten Bereich verfügen. In diesem Bereich werden automatisch noch-mals die Dokumente, die im öffentlichen Bereich hinterlegt sind, abgelegt. Jeder Nutzer kann so nach Belieben individuell in diesen Dokumenten re-cherchieren. Zusätzlich liegen in diesem Bereich auch private Dokumente, auf die nur der jeweilige Nutzer Zugriff hat.

Für die Richter ist innerhalb des eigenen geschützten Bereiches zusätzlich die Möglichkeit zu schaffen, auf die justizinterne elektronische Akte zuzu-greifen. Zusätzlich sollten die Richter in die Lage versetzt werden, während des Termins elektronisch im Stile eines Telegrammsystems miteinander kommunizieren zu können. Eine solche Option hat sich als nützlich erwiesen.

Um die Möglichkeit der Verhandlungsführung durch den Vorsitzenden Rich-ter zu gewährleisten, sollte eine Funktionalität, welche die elektronische Steuerung des öffentlichen Bereichs durch den (Vorsitzenden) Richter er-laubt, vorhanden sein. Aufgrund der rollenbasierten Systematik kann diese Funktionalität im Zweifel auch einem anderen Nutzer, bspw. einem beisit-zenden Richter, übertragen werden. Der Inhaber dieser Rechte kann zu je-dem Zeitpunkt als einziger Nutzer steuern, was in dem öffentlichen Bereich des Bildschirms aller Beteiligter zu sehen ist. Er kann hier Dokumente öff-nen, Textteile anzeigen oder Markierungen vornehmen und die Ansicht folgt auf allen anderen Bildschirmen.

Alle Beteiligten haben gleichzeitig nichtsdestotrotz die Möglichkeit, im priva-ten Bereich auf ihrem Bildschirm sowohl die öffentlichen Dokumente mit Le-sezugriff als auch ihre privaten Dokumente zu öffnen und zu recherchieren. Das Fenster der gemeinsamen Ansicht bleibt aber immer geöffnet.

Wünscht ein Verfahrensbeteiligter die gemeinsame Ansicht eines Dokumen-tes durch alle Anwesenden, so kann dies nach Genehmigung durch den (Vor-sitzenden) Richter im öffentlichen Bereich erfolgen. Er kann für diese Zwe-cke auch während der Verhandlung jederzeit ein privates Dokument auf den öffentlichen Bereich verschieben. Die Verschiebung von Dokumenten und

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B Auswertung und Rückschlüsse

Dokumententeilen von einem in den anderen Bereich sollte per Drag and Drop oder aber über eine Touchscreenfunktionalität ermöglicht werden. Nach entsprechender Freigabe des (Vorsitzenden) Richters erhält er die Möglichkeit, sein Dokument oder Dokumententeile im öffentlichen Bereich zu präsentieren. Hat er sich beispielsweise elektronische Lesezeichen ge-setzt, kann er nun zeitsparend direkt die gewünschten Stellen zeigen.

Auf diese Art und Weise können sich die Verfahrensbeteiligten aus takti-schen Gründen das Einbringen von Dokumenten für den richtigen Moment vorbehalten. Müssten diese von Anfang an im öffentlichen Bereich hinter-legt werden, hätten alle anderen Beteiligten spätestens von Anbeginn der Verhandlung Zugriff. Wie bei Dokumenten, die in Papierform während einer Verhandlung eingebracht werden, erhält jeder Beteiligte die Möglichkeit, diese an beliebiger Stelle zu lesen. Gleichzeitig entfällt die Notwendigkeit, sich in unbekannten Texten schnell zurechtfinden zu müssen: Bei Bedarf kann einfach der Anzeige im gemeinsamen Ansichtsfenster gefolgt werden, in dem der Einbringende die Ansicht steuert. Genau so, wie der (Vorsitzen-de) Richter die Steuerung der Ansicht des öffentlichen Bereichs für den Ein-bringenden freigegeben hat, kann er diese auch wieder entziehen.

Die Projektion von Dokumenten oder Informationen, die im öffentlichen Be-reich der Plattform hinterlegt sind, sollte über eine Leinwand oder an einer elektronischen Tafel möglich sein, wobei die entsprechenden Rechte, eine Visualisierung auszulösen, lediglich dem (Vorsitzenden) Richter eingeräumt werden sollten.

Insbesondere in Verfahren, die komplexe Streitgegenstände (Baupläne, technische Zeichnungen, Unfallabläufe…) betreffen, ist die Bereitstellung ei-ner zusätzlichen elektronischen Tafel, die das Aufbringen und Speichern von Notizen an den abgebildeten Dokumenten erlaubt, zu empfehlen.

Die Funktionalitäten der Mediensteuerung (Soundanlage, Beleuchtung, Ver-schattung, Gerichtssaalmanagement) sollten, versehen mit einer entspre-chenden Berechtigungslogik, ebenso in die Bildschirmansicht integriert wer-den, um dem (Vorsitzenden) Richter nicht eine weitere Bedienoberfläche zu-muten zu müssen.

Für die technische Umsetzung dieses Ansatzes ist die Ausstattung sämtlicher Arbeitsplätze mit Rechnern (optimaler Weise Thin-Client-Lösungen) Bild-schirmen und entsprechenden Bedienelementen (Tastatur, Maus) notwen-dig. Über eine Netzwerklösung wird eine Austauschplattform, die über eine entsprechende Berechtigungslogik verfügen muss, bereitgestellt. Der Zu-gang zu extern gehaltenen Daten der Verfahrensbeteiligten muss unter der Maßgabe bewährter Sicherheitskonzepte gewährleistet werden, damit diese gegebenenfalls Dokumente an die Austauschplattform übergeben können. Dies kann einerseits über externe Speichermedien erfolgen. Andererseits ist die Einwahlmöglichkeit per Internet auf die Serversysteme der Verfahrens-beteiligten denkbar. Zu prüfen wäre, ob dies durch die Justiz durch Bereit-

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B Auswertung und Rückschlüsse

stellung eines Internetzugangs anzubieten ist, der auch unter Einbindung ei-nes externen Diensteanbieters realisiert werden kann oder ob die Verfah-rensbeteiligten für die Möglichkeit des Internetzugangs z.B. mittels einer UMTS-fähigen Hardwarekomponente selbst Sorge zu tragen haben.

B.2.2. INDIVIDUELLER ANSATZ

Sollte ein gemeinsamer und gleichzeitiger Zugriff auf alle oder bestimmte Dokumente für die Unterstützung des Verhandlungsablaufes nicht für not-wendig erachtet werden, da dies in der Papierwelt auch nicht möglich und ein Mehrwert nicht erkennbar ist, kann ein individueller, weniger kollabora-tiver Ansatz gewählt werden.

Die Richter und Verfahrensbeteiligten haben dann jeweils eigenverantwort-lich dafür Sorge zu tragen, über die für notwendig erachteten Dokumente in der Verhandlung zu verfügen. Für die Richter ist in diesem Fall der Zugang zur elektronischen Akte über das justizinterne Netz zu gewährleisten.

Für mehrköpfige Spruchkörper wäre nur für die Nutzung durch die Richter die Einrichtung einer oben beschriebenen Austauschplattform hilfreich. Als Minimalanforderung sollte eine elektronische Kommunikationsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Wie bereits im kollaborativen Ansatz diskutiert, ist zu entscheiden, ob und gegebenenfalls wie ein Internetzugang für die Verfahrensbeteiligten einzu-richten ist. Zu beachten ist die zunehmende Verbreitung von integriertem mobilem Internet in Laptops über UMTS-Netze.

Für die gelegentliche Visualisierung von Dokumenten sollte Visualisierungs-technik bereitgestellt werden. Abhängig von der Häufigkeit des Bedarfes kann dafür auf mobile Geräte zurückgegriffen werden. Ergibt die Abschät-zung, dass Visualisierungstechniken häufiger zum Einsatz kommen werden, ist die Installation eines Mediennetzes denkbar. Über dieses Netz können sowohl die Richter als auch die Verfahrensbeteiligten Inhalte zur Visualisie-rung über Projektoren einspeisen. Es sollte zur Gewährleistung eines rei-bungslosen Verfahrensablaufs darauf geachtet werden, dass der Zugriff auf Visualisierungstechnik ohne Änderungen von Verkabelung, die händisch er-folgen müsste, sowohl aus dem Mediennetz als auch aus dem justizinternen Netz möglich ist. Zudem sollte dem Vorsitzenden Richter eine Vorschaumög-lichkeit auf die Dokumente, die von Verfahrensbeteiligten zum Zwecke der Visualisierung eingespeist werden, eingeräumt werden.

B.3. AUSSTATTUNGSEMPFEHLUNGEN

Zu den einzelnen Komponenten sind nachfolgend Empfehlungen bzw. Hin-weise zusammengetragen worden.

Dabei sind sowohl technische als auch ergonomische Aspekte beachtet wor-den. Einige der Empfehlungen wurden auf die Regelungen der Bildschirmar-

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B Auswertung und Rückschlüsse

beitsverordnung (BildscharbV) gestützt. Nach § 18 in Verbindung mit § 13 und § 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist diese Verordnung bei der Einrich-tung von Arbeitsplätzen gegebenenfalls zu beachten.

Ziel des Arbeitsschutzgesetzes ist es nach § 1 I ArbSchG, den Gesundheits-schutz von Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeits-schutzes zu sichern und zu verbessern. Beschäftigte im Sinne des Gesetzes sind gemäß § 2 II Nr. 5 ArbSchG auch Richterinnen und Richter. Die entspre-chenden Rechte und Pflichten hinsichtlich der Arbeit an Bildschirmen sind über § 19 ArbSchG in der „Verordnung über Sicherheit und Gesundheits-schutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten“ (BildscharbV) konkretisiert wor-den.

Nach § 1 I BildscharbV gilt die Verordnung für die Arbeit an Bildschirmgerä-ten. Ein Bildschirmarbeitsplatz ist gemäß § 2 II BildscharbV „ein Arbeitsplatz mit einem Bildschirmgerät, der ausgestattet sein kann mit (1.) Einrichtungen zur Erfassung von Daten, (2.) Software, die den Beschäftigten bei der Aus-führung ihrer Arbeitsaufgaben zur Verfügung steht, (3.) Zusatzgeräten und Elementen, die zum Betreiben oder Benutzen des Bildschirmgeräts gehören, oder (4.) sonstigen Arbeitsmitteln“.

Die Verordnung gilt für Beschäftigte, die gewöhnlich bei einem nicht unwe-sentlichen Teil ihrer normalen Arbeit ein Bildschirmgerät benutzen (§ 2 III BildscharbV). Nach dem von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar-beitsmedizin (BauA) in Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Unfallversiche-rung VBG herausgegebenen „Berufsgenossenschaftlichen Information BGI 650: Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung“

http://www.baua.de

können diese Voraussetzungen gegeben sein, wenn mindestens drei der nachstehenden Kriterien vorliegen:

- Der Beschäftigte benötigt zur Durchführung der Arbeit ein Bild-schirmgerät, da zur Erzielung des Arbeitsergebnisses kein anderes Arbeitsmittel zur Verfügung steht.

- Der Beschäftigte benötigt zur Durchführung seiner Arbeit mit dem

Bildschirmgerät besondere Kenntnisse und Fertigkeiten.

- Der Beschäftigte benutzt in der Regel arbeitstäglich ein Bildschirm-gerät.

- Die Arbeit am Bildschirmgerät verlangt von dem Beschäftigten hohe

Aufmerksamkeit und Konzentration, weil Fehler zu wesentlichen Konsequenzen führen können.

Aufgrund der vorstehenden Regelungen könnten die Bestimmungen der Bildschirmarbeitsverordnung bei der Einrichtung von mit moderner Technik ausgestatteten Gerichtssälen zu beachten sein. Damit rückt § 4 BildscharbV in Verbindung mit der Anlage zur BildscharbV in den Blickpunkt, wonach

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B Auswertung und Rückschlüsse

durch „geeignete Maßnahmen“ dafür Sorge zu tragen ist, dass die Bild-schirmarbeitsplätze den entsprechenden ergonomischen Anforderungen ge-nügen. Der Anhang zur BildscharbV führt in der aktuellen Fassung insgesamt 22 Anforderungen auf, die an Bildschirmarbeitsplätze zu stellen sind (siehe dazu unten, Kapitel C.6.2: Bildschirmarbeitsverordnung).

Ein Großteil der Regelungen entspricht den üblichen innenarchitektonischen Gestaltungsmaßstäben und ist ohne weiteres bei der Einrichtung der Räume umsetzbar. Wenn einige Besonderheiten beachtet werden, ist eine ausrei-chend große Anzahl der auf dem Markt verfügbaren technischen Geräte mit den Spezifikationen vereinbar. Damit sie verordnungsgemäß eingesetzt wer-den können, ist die entsprechende frühzeitige Einbeziehung der Bedingun-gen in die innenarchitektonische und technische Planung notwendig. Der in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegebene Gestaltungsleitfaden „BGI 650: Bildschirm- und Büroar-beitsplätze“ bietet insoweit eine verlässliche Quelle von Richtwerten.

Unabhängig davon, ob die BildscharbV für die Ausstattung von Gerichtssälen mit IKT einschlägig ist, kann sie jedenfalls herangezogen werden, um die bestmögliche Entscheidung für bestimmte Hard- und Softwarekomponenten treffen zu können. Bei den im Folgenden dargestellten Empfehlungen für einzelne Komponenten wurden deshalb einige Aspekte dieser Verordnung zugrunde gelegt.

B.3.1. KATEGORIE „ARBEITSUMGEBUNG“Nach Nr. 19 des Anhangs über an Bildschirmarbeitsplätze zu stellenden An-forderungen der BildscharbV muss Strahlung mit Ausnahme des sichtbaren Teils des elektromagnetischen Spektrums so niedrig gehalten werden, dass sie „für Sicherheit und Gesundheit“ unerheblich ist.

Teilweise werden Bedenken gegen moderne Funknetz-Verbindungsstan-dards wie WLAN oder Bluetooth geäußert. Sie lassen sich nach dem gegen-wärtigen Stand der Wissenschaft aber nicht im Rahmen der genannten Nr. 19 des Anhangs über an Bildschirmarbeitsgeräten zu stellenden Anforde-rungen der der BildscharbV geltend machen. Die abgestrahlten elektroma-gnetischen Felder liegen mit einer Leistung von maximal einem Watt im Be-reich der Werte, die von Mobilfunkgeräten im Vollbetrieb teilweise sogar noch überschritten werden. Dadurch hervorgerufene gesundheitliche Schä-digungen konnten bislang nicht nachgewiesen werden. Nach Einschätzung des Bundesamtes für Strahlenschutz stehen einer sachgerechten Installation von Funknetzwerken keine Gründe entgegen.

B.3.2. MÖBLIERUNG DER GERICHTSSÄLE

Bei der Auswahl von Möbeln für die verschiedenen Arbeitsplätze sollte auf Sonderanfertigungen zurückgegriffen werden, um die Integration von Verka-belung und Hardware (Rechner, Bildschirme, Bedienelemente) optimal si-cherstellen zu können. Zudem kann so meist besser auf die individuellen

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B Auswertung und Rückschlüsse

Raumbedingungen Rücksicht genommen werden. Neben den medialen Ele-menten sollte an jedem Arbeitsplatz ausreichend Raum für Papier(-akten) bleiben. Nach Nr. 10 der BildscharbV muss die Arbeitsfläche eine „ausrei-chend große und reflexionsarme Oberfläche“ besitzen und eine flexible An-ordnung der Eingabegeräte sowie sonstiger Unterlagen ermöglichen.

Als Mindestanforderung an die Dimensionierung einer Arbeitsfläche wird von der BauA und VBG mit den Maßen von 1200mm (Breite) x 800mm (Tie-fe) gerechnet; empfohlen wird eine Fläche von 1600mm x 1000mm. Die nutzbare Arbeitsfläche sollte mindestens 0,96qm betragen.

Auf individuelle, auf die jeweiligen Raumsituationen abgestimmte Beleuch-tungs-, Verschattungs- und Verdunkelungssysteme sollte Wert gelegt wer-den, um insbesondere für die uneingeschränkte Einsehbarkeit von Bildschir-men und Leinwänden im Einzelfall die optimalen Lichtverhältnisse herstellen zu können.

Gemäß Nr. 16 des BildscharbV - Anhangs müssen Arbeitsplätze so eingerich-tet werden, dass „leuchtende oder beleuchtete Flächen keine Blendung ver-ursachen“ und die Fenster des Raumes mit einer „geeigneten verstellbaren Lichtschutzvorrichtung“ ausgestattet sein.

Exakte Richtwerte finden sich in dem erwähnten Leitfaden. Allgemein ist zu empfehlen, die Arbeitsplätze möglichst mit einer zur stärksten seitlichen Lichtquelle (in der Regel die Hauptfensterfront) parallel ausgerichteten Blick-richtung anzuordnen und auf reflektierende Wandmaterialien zu verzichten.

Ein einheitliches Design der Möblierung ist ratsam. Durch die Integration von Hardware (Bildschirme, Leinwände, elektronische Tafeln) verändert sich das Erscheinungsbild eines Gerichtssaals nicht unerheblich. Einer damit möglicherweise einhergehenden Verschiebung des Gesamteindruckes eines Sitzungssaales von der gewohnten Verhandlungsatmosphäre hin zu einem technisierten Eindruck, der eher an z.B. IT-Schulungsräume oder schlechtest-enfalls an die Hektik in Börsenhäusern erinnert, kann mit einem Gesamtdesi-gnkonzept entgegengewirkt werden.

B.3.3. SOUNDANLAGEN

Bei der Auswahl von Audio- und Soundanlagen sollte ein Augenmerk auf die besonderen Bedürfnisse von Hörgeschädigten gelegt werden. Die Bedienung der Anlage sollte über eine zentrale Mediensteuerung erfolgen. Das Ein- und Ausschalten einzelner Mikrofone sollte zentral gesteuert werden, wobei die Verfahrensbeteiligten einen Sprechwunsch per Knopfdruck signalisieren können. Die Audioanlage sollte die Aufzeichnung von Wortbeiträgen mit Vor- und Zurückspul- sowie Abspiel-, Überspiel- und Löschfunktionen er-möglichen, so dass keine weiteren Diktiervorrichtungen erforderlich sind. Idealerweise sollten die aufgezeichneten Tondateien automatisch zu der verhandelten Akte oder in einem Diktatmanagementsystem gespeichert werden.

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B Auswertung und Rückschlüsse

B.3.4. VIDEO- BZW. VIDEOKONFERENZANLAGEN

Fest installierte Video- bzw. Videokonferenzanlagen sollten nur ausgewählt werden, wenn mit einer hohen Einsatzquote zu rechnen ist. Die Integration der Bedienfunktionen in eine zentrale Mediensteuerung ist zu empfehlen. Für den gelegentlichen Einsatz sind mobile Anlagen ausreichend. In diesem Fall sind bei der Planung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die An-lagen in sämtlichen Räumen über die notwendigen Anschlüsse verfügen.

B.3.5. VISUALISIERUNGSTECHNIK

Für die Visualisierung von Dokumenten oder Dokumententeilen sind Bea-mer und Leinwände gut geeignet. Sowohl Beamer als auch Leinwände soll -ten in Wände oder Decken integriert sein und nur im Bedarfsfalle aktiviert werden, sofern sich dies bautechnisch umsetzen lässt. Um die Einsehbarkeit von Leinwänden für alle Anwesenden sicherzustellen, empfiehlt sich die In-stallation mehrerer Exemplare.

Sollte jedoch der oben beschriebene kollaborative Ansatz umgesetzt wer-den, kann von der Bereitstellung einer Leinwand, die sowohl für die Richter als auch für die Verfahrensbeteiligten einsehbar ist, abgesehen werden, da über die Austauschplattform ein visueller Zugang zu einem bestimmten Do-kument an den Einzelplatzbildschirmen gewährleistet werden kann. Somit ist nur eine Leinwand für das Blickfeld der Öffentlichkeit notwendig. Denk-bar ist zudem eine Kombination aus Leinwand für die Öffentlichkeit und elektronischer Tafel für die Verfahrensbeteiligten. Letztere bietet über die reine Visualisierungsmöglichkeit von Dokumenten hinaus auch die Möglich-keit, bei Bedarf Notizen speicherbar auf visualisierten Dokumenten anzu-bringen.

Zu prüfen ist auch, ob eine Dokumentenkamera bereitgestellt werden sollte. Sofern die Mehrzahl der Dokumente elektronisch vorliegt, wäre ihr Ge-brauch vor allem für die Projektion von Gegenständen (insbesondere von Beweismitteln) hilfreich. Abhängig von der Häufigkeit des Bedarfs kann eine fest installierte oder eine mobile Dokumentenkamera bereitgestellt werden.

B.3.6. STEUERUNGSELEMENTE Es ist zu empfehlen, die Steuerung der verschiedenen Medien (Audio- und Soundanlage, Visualisierungstechnik, Gerichtssaalmanagement, gegebenen-falls Videokonferenztechnik, Verschattungs-, Verdunkelungs- und Beleuch-tungssysteme) in einer zentralen Mediensteuerung zusammenzufassen, um die Bereitstellung mehrerer Bedienelemente zu vermeiden. Dabei ist es hilf-reich, wenn die Steuerung delegiert werden kann, um den Vorsitzenden Richter im Zweifel von der zusätzlichen Mediensteuerung zu entlasten. Bei der Auswahl der Steuerungselemente ist besonderes Augenmerk auf die Übersichtlichkeit und einfache Bedienung zu legen. Optimal sind Geräte, die über eine Touchscreenfunktionalität verfügen.

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B Auswertung und Rückschlüsse

Sollte der kollaborative Ansatz umgesetzt werden, ist die Integration der Be-dienfunktionen in die Austauschplattform sinnvoll, um den Wechsel zwi-schen mehreren Frontends zu vermeiden. Sollte dies nicht erwünscht sein, ist ein separates und mobiles Touch-Panel einem zweiten, festinstallierten Monitor vorzuziehen.

B.3.7. SONSTIGE GERÄTE

Auf die feste Installation von Telefonen bzw. Telefonanlagen, Druckern bzw. Multifunktionsgeräten, Barcode- Lesern oder Ähnlichem sollte weitestge-hend verzichtet werden, um eine Überfrachtung mit Hardwarekomponen-ten zu vermeiden. Telefonfunktionalitäten können beispielsweise über Voice Over IP (VOIP) in die Softwarekomponenten und die Soundanlage integriert werden. Dies gilt auch für Druckfunktionalitäten, die Aufträge an Geräte au-ßerhalb des Sitzungssaales übergeben können sollten.

Die Bereitstellung von Signatur- und/oder Kryptographieeinrichtungen in Gerichtssälen würde nur dann sinnvoll sein, wenn Dokumente unmittelbar in der Verhandlung erzeugt, finalisiert und an Verfahrensbeteiligte elektro-nisch übergeben werden sollen. Denkbar ist die sofortige Ausfertigung von Vergleichen oder Ähnlichem. Allerdings entspräche eine solche Vorgehens-weise nicht den etablierten Ausfertigungsprozessen, bei denen üblicherwei-se die Geschäftsstellen der Gerichte mit einbezogen sind.

Die Verkabelung sollte, abhängig von den baulichen Voraussetzungen, nicht sichtbar in Fußböden, Wänden oder Decken erfolgen.

B.3.8. SICHERHEITS- UND NOTFALLKONZEPTE Die für den etablierten Gerichtsbetrieb bereits vorhandenen Sicherheits- und Notfallkonzepte sollten auf die Brauchbarkeit auch für die in den Sit-zungssälen geplanten Hard- und Softwarekomponenten überprüft und gege-benenfalls entsprechend ergänzt werden.

B.3.9. BILDSCHIRME, RECHNER, BEDIENELEMENTE

Bei der Auswahl von Bildschirmen wird empfohlen, auf handelsübliche Gerä-te zurückzugreifen, die in Schwenkrahmen in die Tischplatten integriert wer-den können (s. dazu auch Seite 9). Diese Untertischinstallation gewährleistet in der vorgeschlagenen Konstellation eine Verstellbarkeit der Bildschirme, welche eine Abstimmung auf die Lichtbedingungen und den individuellen, von der Sitzposition abhängigen Blickwinkel eines Benutzers ermöglicht. Als ergonomisch ideal wird in der Regel ein um ca. 35° aus der waagerechten Blicklinie abgesenkter Blickwinkel angesehen, der eine zur Oberfläche des Bildschirmes senkrechte Betrachtung ermöglicht.

Zudem ermöglichen die Untertischkonstruktionen die effizienteste Nutzung des zur Verfügung stehenden Platzes. So können z.B. Papierdokumente je-derzeit auch auf der gläsernen Abdeckfläche abgelegt werden, ohne zuvor

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B Auswertung und Rückschlüsse

den Bildschirm einklappen zu müssen. Die kurzfristige Möglichkeit der Ein-sicht in den Bildschirm bleibt damit ebenfalls gewahrt.

Nr. 1 der BildscharbV schreibt vor, dass die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen „scharf, deutlich und ausreichend groß“ sind und einen „angemes-senen Zeichen- und Zeilenabstand“ haben. Nach Nr. 4 muss der Bildschirm „frei von störenden Reflexionen und Blendungen“ sowie „frei und leicht drehbar und neigbar sein“ (Nr. 5).

Insbesondere in Hinblick auf das zunehmende Angebot von so genannten „glänzenden“ (glossy) Bildschirmen, die eine höhere Farbbrillianz durch ein spiegelndes Bildschirmglas mit störenden Reflektionen erzielen, ist diese Vorgabe zu beachten. Ihre Verwendung ist deshalb nicht zu empfehlen. Bei der Anschaffung sollten „matte“ und leuchtstarke Bildschirme der Reflexi-onsklasse I nach DIN EN ISO 9241-7 gewählt werden, insbesondere wenn eine Untertischinstallation in Erwägung gezogen wird (DIN EN ISO 9241-7: „Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten. Anforderungen an visuelle Anzeigen bezüglich Reflexionen“).

Im Hinblick auf eine „scharfe“ und „deutliche“ Darstellung empfiehlt sich, Bildschirme mit einer möglichst hohen Auflösung zu wählen. Eine höhere Auflösung bedingt ein feineres Bildraster, was einer unscharfen Textdarstel-lung entgegenwirkt. Bei der Gestaltung der Bildschirmoberfläche ist aber da-für Sorge zu tragen, dass die verwendeten Schriftgrößen in proportionaler Abhängigkeit zur Auflösung stehen, da ansonsten das Schriftbild zu klein ge-rät. Bei der Schriftart empfehlen sich serifenlose Schriftfamilien wie bei-spielsweise „Corbel“ oder „Calibri“ (MS-Office), die von den meisten Anwen-dern für die Lektüre von Bildschirmtexten als angenehm empfunden wer-den. Mit Bezug auf Zeichengröße, -gestalt und -abstand sei auf die genauen Spezifikationen der BGI-650 verwiesen (dort z.B. S. 38). Die entsprechenden Regelsätze bemessen sich in Abhängigkeit von Sehabstand und Bildschirm-auflösung.

Die jüngsten Entwicklungen im Bereich des sogenannten „e-paper“ bezie-hungsweise bei der „e-ink“-Technologie sind insbesondere hinsichtlich der Anzeige von Texten interessant. Es bleibt aber fraglich, ob diese Geräte für die Einsatzsituation einer Gerichtsverhandlung relevant sein könnten. Die Geräte sind derzeit vergleichsweise teuer, haben eine geringe Bildaufbauge-schwindigkeit und unterstützen das Aufbringen von Notizen nicht optimal.

Von Vorteil ist allerdings, dass sie das ermüdungsfreiere Lesen garantieren, klein und handlich sind und so ermöglichen, an jedem beliebigen Ort auf zu-vor gespeicherte Dokumente zuzugreifen. Sie erinnern somit weitaus mehr an die gewohnte Papierakte als dies ein Laptop oder Bildschirm könnte. Al-lerdings muss auch festgehalten werden, dass die vollständige Lektüre län-gerer Texte regelmäßig nicht Bestandteil eines üblichen Verhandlungsablau-fes ist. Zudem hat sich die Anzeigequalität moderner Flachbildschirme durch eine höhere Bildpunktdichte pro Maßeinheit und Bildpunktrastertechnologi-

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B Auswertung und Rückschlüsse

en wie „Microsoft ClearType“ im Vergleich zu früher belegbar verbessert (bei entsprechender sachgemäßer Konfiguration). Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Anschaffung von E-Readern deshalb nicht zu empfehlen. Die Entwicklun-gen in diesem Bereich sollten jedoch intensiv verfolgt werden.

Nach Nr. 6 der BildscharbV - Anlage muss die Tastatur vom Bildschirmgerät getrennt und nach Nr. 7 auf der Arbeitsfläche variabel platzierbar sein. Die ortsfeste Installation von Notebooks ist deshalb keine empfehlenswerte Op-tion.

B.3.10.ELEKTRONISCHES GERICHTSSAALMANAGEMENT

Bei den Tastaturen sind schnurlose Modelle mit reflexionsarmen Oberflä-chen vorzuziehen (Nr. 8 Anlage BildscharbV), deren Beschriftung durch dunkle Schriftzeichen auf hellem Tastenuntergrund gut lesbar ist (Nr. 9). Als ergonomisch günstig werden möglichst flache Tastaturen mit einem Nei-gungswinkel zwischen 5° und maximal 15° erachtet, welche die Notwendig-keit einer Handballenauflage entfallen lassen. Wegen der freien Platzierbar-keit sind auch schnurlose Mäuse zu empfehlen. Sowohl bei Tastatur als auch Maus ist darauf zu achten, moderne Modelle mit fortgeschrittenen Energie-sparfunktionen zu wählen (autom. Selbstabschaltung bei Inaktivität). Zur Ge-währleistung der Funktionalität sollten am Tisch sicherheitshalber aber Er-satzbatterien bereitgehalten werden.

Die Bereitstellung von elektronischen Anzeigetafeln oder Informationstermi-nals vor den Gerichtssälen und im Eingangsbereich der Gerichte ist immer häufiger vorzufinden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob der dadurch ge-botene zusätzliche Service im angemessenen Verhältnis zu den nicht uner-heblichen Kosten steht. Es ist davon auszugehen, dass lediglich ein kleines Publikum gezielt einen bestimmten Verhandlungssaal auffinden möchte, der zusätzlich bereits in der Ladung mitgeteilt wurde.

Es ist hier deshalb abzuwägen, ob für das Auffinden der Säle nicht auch wei-terhin die bereits in den Gerichtsgebäuden vorhandene Beschilderung aus-reichend ist. Der Mehrwert des zusätzlichen Services durch Informationster-minals sollte im Hinblick auf die Kosten der Anschaffung und des Betriebes kritisch bewertet werden. Insbesondere sollte in Erwägung gezogen werden, ob der Einsatz der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für Services nicht an anderer Stelle mit einem verhältnismäßig größeren Mehrwert denk-bar ist.

B.3.11. SUPPORT Schon bei der Entscheidung für Hard- und Softwarekomponenten für Sit-zungssäle sollte ein Konzept für Schulungsmaßnahmen und den Support im laufenden Betrieb erarbeitet werden. Denkbar ist, Personal der Geschäfts-stellen so auszubilden, dass sie ratsuchenden Verfahrensbeteiligten bei Be-darf schon im Vorfeld von Verhandlungen Auskünfte und Bedienungshinwei-

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B Auswertung und Rückschlüsse

se geben können, gegebenenfalls nach Rücksprache auch direkt vor Ort. Die unter der Adresse

http://informatics.iupui.edu/~ehuang/training/

verfügbaren Videos sind ein Beispiel für die Möglichkeiten und Vorteile ei-nes solchen Supports.

B.3.12.DOKUMENTENMANAGEMENT

Für den schnellen und effizienten Zugriff auf relevante Informationen der Gerichtsakte und für die Vorbereitung der Sitzung (Anfertigung eines Akten-auszuges) muss zudem Wert auf eine den Bedürfnissen der Verhandlungs-führung gerecht werdenden elektronischen Akte gelegt werden.

Viele Ansätze von Dokumentenmanagementsystemen gehen nicht über die Unterstützung der administrativen Tätigkeiten wie z.B. Dokumentenerstel-lung und Dokumenten- und Aktenverwaltung hinaus. Insoweit werden nur die Nebenprozesse der eigentlichen juristischen Tätigkeit beleuchtet, so dass die richterlichte Tätigkeit insbesondere in Gerichtsverhandlungen nicht optimal unterstützt werden kann. Die hierarchisch-administrative Bünde-lung von einzelnen Dokumenten in einer elektronischen Akte, wie sie derzeit in Standard-Softwarelösungen umgesetzt ist, führt zwar aus administrativer Sicht bedingt zu Arbeitserleichterungen, erschwert jedoch teilweise die juris-tische Bearbeitung der Akten.

Es ist daher unerlässlich, im Zusammenhang mit der Einführung von IKT in Gerichtssälen auch die Entwicklung und Einführung von Softwarelösungen, welche die Arbeit mit elektronischen Gerichtsakten während der Sitzungen unterstützen und somit im Kernbereich der Rechtspflege zum Einsatz kom-men, von Anfang an zu berücksichtigen.

Minimalanforderung ist zunächst, die Ordnung von elektronischen Doku-menten und den in ihnen enthaltenen Informationen entsprechend dem Ar-beitsablauf der juristischen Fallbearbeitung zu ermöglichen. Hierzu ist die hierarchische Darstellung einzelner elektronischer Dokumente in einer elek-tronischen Akte, die vordergründig den Workflow unterstützt, nicht geeig-net. Notwendig ist zunächst die strukturierte Darstellbarkeit von Teilmengen der Informationen, die in den verschiedenen Dokumenten enthalten sind.

Um über die bessere Erschließbarkeit der Informationen hinaus auch eine Unterstützung bei der rechtlichen Bewertung von Sachverhalten zu ermögli-chen, muss ein Ordnungssystem konzipiert oder durch den Nutzer selbst er-stellt werden können, das die Darstellung der Informationen entsprechend den rechtlich relevanten Tatsachen erlaubt, differenziert nach rechtsbegrün-denden und gegenrechtsbegründenden Voraussetzungen (Beweislast). Ein solches System ermöglicht dem Bearbeiter nicht nur, einen schnellen Über-blick über den Vortrag der Beteiligten zu erhalten, sondern erleichtert vor al-lem dessen rechtliche Bewertung. So kann der Bearbeiter unter anderem

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B Auswertung und Rückschlüsse

den relevanten Vortrag und damit verbundene Beweisangebote einfacher extrahieren und systematisch darstellen. Ohne zusätzliche Arbeit entstünde im Ergebnis eine Darstellung die dem händisch geführten und farblich mar-kierten Aktenauszug entspricht. Dieser ist für die mündliche Verhandlung unerlässlich.

Als weiterer Mehrwert einer solchen elektronischen Gerichtsakte sollte ex-ternes Wissen, wie z.B. Rechtsprechung und Literatur, strukturiert integrier-bar sein. Durch Verlinkung der einzelnen Ordnungspunkte sowohl mit den einschlägigen Normen als auch mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur könnte diese Anforderung umgesetzt werden.

B.4. SONSTIGE ERKENNTNISSE

Aufgrund der Erfahrungen im LG Düsseldorf wird empfohlen, sämtliche Ge-richtssäle für die höchstmögliche Richter- und Beteiligtenanzahl (z.B. drei Berufsrichterarbeitsplätze in jedem Strafgerichtssaal) auszustatten. Dies er-leichtert die Raumplanung im laufenden Betrieb enorm. Derzeit kommt es am LG Düsseldorf häufig zu organisatorisch aufwändigen örtlichen oder zeit-lichen Verlegungen von Verhandlungen, da die erforderliche Ausstattung nur in bestimmten Räumen vorhanden ist.

Die Projektmitarbeiter der Umzugsvorhaben mussten die Erfahrung machen, dass externe Planer aufgrund fehlender Detailkenntnisse des Gerichtsbe-triebs insbesondere bei der Feinplanung von gerichtsinternen Mitarbeitern intensiv unterstützt werden sollten. Einzelheiten, die bereits bei der Planung von den Dienstleistern übersehen oder falsch bewertet wurden, können im Nachhinein nur unter hohem Kosten- und Zeitaufwand und unter Umstän-den gar nicht mehr korrigiert werden.

Bei der Planung der Größe der einzelnen Arbeitsflächen auf den Richterplät-zen hat sich beispielsweise herausgestellt, dass eine schemenhafte Skizzie-rung der Anordnung von Möbeln und Bildschirmen nicht zu empfehlen ist. Im konkreten Fall wurden zunächst nur Skizzen für die Richterarbeitsplätze angefertigt, die den Eindruck erweckten, dass genügend Platz für den Einbau von 24 Zoll Monitore vorhanden sei. Erst die maßstabsgerechte Aufzeich-nung der Plätze und Bildschirme hat diese Annahme widerlegt, so dass bei der Bildschirmwahl Abstriche gemacht werden mussten.

Beim LAG/FG Stuttgart kam es während der Projektdurchführung zu zeitli-chen Verzögerungen. Für eine Testphase der Anlagen blieb keine Zeit mehr. Dadurch mussten sämtliche Tests zu den Funktionalitäten und Einstellungen sowie die daraufhin notwendigen Anpassungen im Echtbetrieb vorgenom-men werden. Dies führte zu einer Zusatzbelastung der Projektverantwortli-chen und der Anwender. Aufgrund dieser Erfahrung wird deshalb empfoh-len, ausreichend Zeit für eine intensive Testphase einzuplanen.

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B Auswertung und Rückschlüsse

Im täglichen Umgang mit der Hard- und Software benötigen insbesondere die älteren Richter teilweise noch Unterstützung in der Anwendung der Me-dienanlage. Manche von ihnen nutzen die technischen Möglichkeiten nur ausnahmsweise. Die jüngeren Richter machen intensiven Gebrauch von sämtlichen Komponenten.

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C ANLAGEN

C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten

C.1. ANLAGE: FRAGENKATALOG FÜR DIE DATENERHEBUNG BEI REFERENZPROJEKTEN

Die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnologien, insbe-sondere von elektronischer Aktenführung in Gerichten, kann nur gelingen, wenn sich sowohl das schriftliche als auch das mündliche Verfahren mit den neuen Medien abbilden lässt. Unabhängig davon, ob ein papierloses Ge-richtsverfahren derzeit bereits denkbar oder realisierbar ist, muss zum Bei-spiel der Zugriff auf elektronisch vorgehaltene Schriftsätze in der mündli-chen Verhandlung sowohl den Richtern als auch den Verfahrensbeteiligten ermöglicht werden. Nur durch die frühzeitige konzeptionelle Einbeziehung auch der mündlichen Verhandlung kann langfristig ein Medienbruch beim Übergang vom schriftlichen in das mündliche Verfahren vermieden werden. Nachfolgende Gesichtspunkte sollten dabei berücksichtigt werden. Sie die-nen gleichzeitig als Grundlage für Erhebungen von Daten zu Referenzprojek-ten innerhalb und außerhalb Deutschlands. Das Augenmerk sollte dabei, je-weils unter Mitberücksichtigung ergonomischer Aspekte, sowohl auf der Ausstattung mit Hard- und Software als auch auf der Möblierung und innen-architektonischen Gestaltung, der Abbildung und Unterstützung des Verfah-rensablaufs und der Projektdurchführung liegen. Nicht zuletzt soll insbeson-dere von den Erfahrungen, die innerhalb und außerhalb Deutschlands bei der Ausstattung von Gerichtssälen und der praktischen Nutzung gesammelt wurden, profitiert werden.

1. Allgemeine Daten

— Institution und Ansprechpartner

— Gerichtszweig

— Baujahr des Gebäudes

— Technische Grundausstattung für Richter und Geschäftsstellen:Hard- und Softwareausstattung der Richter und Geschäftsstellen, Grad der Umsetzung der elektronischen Aktenführung - von aus-schließlicher Papierakte bis ausschließlich elektronischer Aktenfüh-rung, lokale oder zentrale Aktenhaltung, Zugriff auf Akten von Heimarbeitsplätzen, Diktatmanagement, Spracherkennung…

— Altersstruktur der Richter

2. Hard- und Softwareausstattung

— Möblierung der Gerichtssäle

– Welche Art von Arbeitsplätzen wurde in den Gerichtssälen für Richter und Verfahrensbeteiligte bereitgestellt (Stehpulte, Sitzplätze mit Schreibtisch…)?

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C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten

– Wurden neue Möbel angeschafft?

– Welche Besonderheiten weisen diese Möbel auf? Wurden Spezialanfertigungen in Auftrag gegeben oder Standardware beschafft?

– Wurden Beleuchtungs-, Verschattungs-, Verdunkelungssyste-me installiert bzw. erneuert? (gegebenenfalls Detailangaben)

– Wurde Wert auf ein einheitliches Design gelegt? (gegebenen-falls Detailangaben)

— Technische Hard- und Softwareausstattung der Gerichtssäle

– Gibt es Soundanlagen (Mikro, Lautsprecher, …)? Handelt es sich um Stand-Alone-Lösungen oder in ein Gesamtsystem inte-griert? Wurde die Soundanlage, falls vorhanden, mit einer Softwarelösung in ein Gesamtsystem integriert oder werden die Geräte jeweils einzeln bedient?

– Gibt es Video- bzw.Videokonferenzanlagen? Welches System wurde für Videoübertragungen bzw. Videokonferenzen, falls vorhanden, angeschafft? (Standards, Übertragungswege…)

– Sind Diktatvorrichtungen bereitgestellt worden? Welche Ar-beitsplätze sind mit Aufnahme- und Abhörgeräten ausgestat-tet? Wurde für das Diktatmanagement, sofern vorhanden, eine Softwarelösung in ein Gesamtsystem integriert? Werden die Diktate über eine vernetzte und integrierte Softwarelö-sung direkt zur elektronischen Akte gespeichert? Kommt Spra-cherkennung zum Einsatz?

– Wurde eine Telefonanlage installiert? Wurde die Telefonanla-ge, sofern vorhanden, in das Gesamtsystem des Sitzungssaals integriert oder an das hausinterne Telefonsystem angeschlos-sen?

– Wurde ein Drucker/Scanner/Kopierer für den Gerichtssaal be-reitgestellt?

– Wurden Barcode-Leser zur Verfügung gestellt?

– Sind Signatur- und/oder Kryptographieeinrichtungen vorhan-den?

– Welche Hardware wurde zur Visualisierung der elektronischen Dokumente angeschafft (Beamer, elektronische Tafeln, LCD-Monitore, sonstige Projektoren, Projektionsflächen…)?

– Welche Infrastruktur (Verkabelung) wurde geschaffen?

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C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten

– Wurden spezielle Sicherheitskonzepte (Datenschutz, Datensi-cherung) erstellt und wie wurden diese umgesetzt (Hard- und Softwarekomponenten)?

– Gibt es ein Notfallkonzept (Stromausfall, kein Zugriff auf Da-ten)?

— Wie wurden die einzelnen Arbeitsplätze der Richter/Verfahrensbe-teiligten ausgestattet?

– Richterpult

» Wie viele Sitzplätze sind für Richter vorgesehen? Wie wurden die Richterarbeitsplätze ausgestattet (Bildschirm, Tastatur und Maus, …)? Gegebenenfalls Detailangaben zu den Geräten (Größe der Bildschirme, Touchsreens…)? Sind diese Geräte für jeden Sitzplatz bereitgestellt wor-den? Wie erhalten die Richter Zugriff auf die elektroni-schen Akten? (lokaler Zugriff oder Zugriff auf zentral ab-gelegte Dokumente, WLAN, etc.)

– Protokollantenpult

» Ist ein Sitzplatz für Protokollanten vorhanden? Welche technischen Geräte wurden für den Protokollanten am Arbeitsplatz bereitgestellt?

– Sitzplätze der Beteiligten

» Wie viel Sitzplätze sind für Verfahrensbeteiligte eingerich-tet worden (Rechts- u. Staatsanwälte, Sachverständige, Übersetzer, sonst. Verfahrensbeteiligte)? Welche techni-sche Ausstattung (Hardware) wird für die Beteiligten zur Verfügung gestellt (wie viele Bildschirme, Computer, Tas-tatur, Maus)? Wie erhalten die Beteiligten Zugriff auf ei-gene Daten (Speichermedium, elektronische Übertragung vorab, WLAN, …)? Werden Steckdosen bereitgestellt? Entstehen Kosten für die Beteiligten?

– Sitzplätze für die Öffentlichkeit

» Welche Möblierung ist für die Teilnahme der Öffentlich-keit vorgenommen worden? Gibt es eine Abtrennung (Ba-lustrade o.ä.)? Sind technische Geräte für die Nutzung durch die Öffentlichkeit vorgesehen worden?

– Beratungsräume

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C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten

» Werden Beratungsräume genutzt? Welche technische Ausstattung wird in diesen Beratungsräumen bereitge-stellt?

3. Unterstützung des Verfahrensablaufes

— Sind die Sitzungssäle bestimmten Kammern/Spruchkörpern auf Dauer zugeordnet oder wird bei jeder Terminierung auch eine Saal-buchung, abhängig von der Verfügbarkeit der Säle vorgenommen?

— Wurden elektronische Sitzungstafeln angebracht? Welche Hardwa-re-Systeme wurden genutzt? Wie und von wem werden die Tafeln gesteuert? Wo im Gerichtsgebäude sind die Tafeln angebracht? Wie erfolgt der Sitzungsaufruf?

— Inwieweit werden nicht-öffentliche Verhandlungen in elektroni-scher Hinsicht anders geführt als öffentliche Sitzungen?

— Wie sind die Sitzplätze und entsprechenden Möbel angeordnet worden? Wo genau wurden die Bildschirme platziert? Sind Hard-wareelemente in die Möbel integriert worden? Wie viel Platz bleibt für die Arbeit mit Papierakten?

— Wo wurde die Telefonanlage, falls vorhanden, platziert?

— Wo wurde der Drucker/Scanner/Kopierer, falls vorhanden, plat-ziert?

— Wie und von wem werden die Beleuchtungs-Verschattungssysteme gesteuert?

— Beim Einsatz von Beamern, wie wurde die Einsehbarkeit der Projek-tionsflächen für alle Verfahrensbeteiligten, die Richter und gegebe-nenfalls die Öffentlichkeit sichergestellt? (mehrere Projektionsflä-chen und Beamer, Kombination von Projektionsflächen für eine Blickrichtung und Bildschirmen für die andere Blickrichtung)

— Wie und von wem wird die Visualisierung von Dokumenten gesteu-ert?

— Wie wird der Zugriff auf die Bildschirme der Richterarbeitsplätze geregelt? Wird er zentral gesteuert, so dass alle Richter stets die gleichen Informationen einsehen können oder erhält jeder Richter individuellen Zugriff auf Dokumente? Können die Richter ihre Bild-schirme für die Kollegen freischalten? Wie wird diese Freischaltung gesteuert?

— Wie erhalten die Beteiligten Zugriff auf Daten und Dateien, die in der Verhandlung für alle Beteiligten oder nur für bestimmte Betei-

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C.1. Anlage: Fragenkatalog für die Datenerhebung bei Referenzprojekten

ligte zugänglich gemacht werden sollen (Freischaltung von Bild-schirmen, Projektion mittels Beamer)?

— Erhalten die Richter, Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit Zugriff auf das Internet oder Intranet?

4. Projektdurchführung

— Wie viele Gerichte wurden insgesamt ausgestattet? Wie viele Ge-richtssäle in einem Gericht (gegebenenfalls durchschnittlich) wur-den ausgestattet? Wurden die Gerichtssäle neu gebaut bzw. bau-lich verändert oder wurde die Ausstattung lediglich ergänzt? Wur-de ein Innenarchitekt einbezogen? Sind weitere Änderungen ge-plant? Wurden bereits Vorkehrungen für die spätere Installation weiterer Hard- oder Softwaretools getroffen?

— Wer hat die Projektleitung übernommen? Wie war das Projektteam zusammengesetzt? Können Sie Angaben zur Projektstruktur ma-chen (Gremien, Zeit- und Budgetplanung, Risikomanagement, Ein-beziehung der Anwender, externe Unterstützung, Dokumentation, zeitlicher Rahmen…)? Können Sie Angaben zu den Kosten und der Kostenstruktur machen?

— Wurden im Vorfeld Recherchen durchgeführt und Referenzprojekte identifiziert? Sind dabei auch branchenfremde Referenzprojekte berücksichtigt worden? Können Referenzprojekte benannt werden?

— Wurde vor der Ausstattung der Gerichtssäle die Organisationss-truktur untersucht und gegebenenfalls an die neuen Bedingungen angepasst?

— Wurden Vorkehrungen oder Maßnahmen getroffen um die Akzep-tanz der Nutzer sicherzustellen? Welche?

5. Erfahrungen

— Können Sie kurz Ihre Erfahrungen sowohl hinsichtlich der Projekt-durchführung als auch zur Nutzung der neuen Säle in der Praxis schildern?

— Was hat sich bewährt und was würden Sie beim nächsten Mal an-ders machen? Wie ist das Feedback der Richter und Verfahrensbe-teiligten?

— Wurden während der Projektdurchführung oder beim praktischen Einsatz visionäre Ideen oder Vorstellungen entwickelt, die derzeit nicht technisch umsetzbar sind?

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

C.2. ANLAGE: BERICHT LG UND AG DÜSSELDORF

Zwischenbericht Land- und Amtsgericht Düsseldorf

C.2.1. ALLGEMEINE DATEN

C.2.1.1 INSTITUTION UND ANSPRECHPARTNER

Hartwig OllerdißenVorsitzender Richter am LandgerichtLandgericht Düsseldorf

Neubrückstraße 340213 DüsseldorfTel.: 0211 8306-2821Fax: 0211 [email protected]

Martin MachalitzaRichter am LandgerichtDezernent für Informationstechnik und OrganisationLandgericht Düsseldorf

Tel.: 0211 8306-2711Fax: 0211 [email protected]

C.2.1.2 GERICHTSZWEIG

Zivil- und Strafgerichtsbarkeit

C.2.1.3 BAUJAHR DES GEBÄUDES

Für das Landgericht Düsseldorf wird derzeit ein neues Gebäude errichtet. Der Umzug ist für Frühjahr 2010 geplant. Bei der Neubauplanung wurde die Ausstattung der Gerichtssäle mit modernen Informations- und Kommunika-tionstechnologien von Anfang an berücksichtigt.

C.2.1.4 TECHNISCHE GRUNDAUSSTATTUNG FÜR RICHTER UND GESCHÄFTSSTELLEN

Die Arbeitsplätze der Richter und die Geschäftsstellen sind mit Rechnern und Bildschirmen ausgestattet. Die elektronischen Dokumente werden auf zentralen Servern abgelegt. Der Zugriff auf diese Dokumente erfolgt über das eingerichtete Justiznetz mit Benutzernamen und Passwort. Eine lokale Ablage der Dokumente erfolgt nicht. Für den Zugriff von mehreren Richtern auf gemeinsam erstellte Dokumente sind geschützte Bereiche auf den Lauf-werken eingerichtet worden. Das Speichern von Dokumenten auf Home-L-aufwerken ist ebenso möglich. Eine komplette elektronische Aktenführung ist noch nicht realisiert. Für die Erstellung und Ablage von elektronischen

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Dokumenten wird das Fachsystem Judica verwendet. Umfangreiche Doku-mente werden in Word erstellt, auf einem Filesystem mit speziellen Ordner-strukturen abgelegt und von den Geschäftsstellen händisch in Judica einge-pflegt. Die führende Akte wird in Papierform vorgehalten. In Wirtschaftss-trafsachen wird eine digitale Zweitakte erstellt. Sämtliche Dokumente der Papierakte werden eingescannt und mit einer OCR-Software umgewandelt, um die Suchfunktion nutzen zu können. Zudem wird jede Akte unter Ver-wendung von Adobe Acrobat Pro 9 vorindiziert. Zur weiteren Strukturierung der Dokumenteninhalte kann dann die Notizfunktion verwendet werden. Um einen effizienten Umgang mit den elektronischen Zweitakten sicherzu-stellen, insbesondere hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Funktionali-täten, werden Schulungen angeboten. Die elektronische Zweitakte wird als eine Sammlung von bis zu 70 Pdf-Dokumenten innerhalb des Justiznetzes auf einem speziell dafür eingerichteten Laufwerk zum jederzeitigen Zugriff verfügbar gemacht. Weitere Einzelheiten, insbesondere zur Paginierung, er-geben sich aus dem als Anlage beigefügten Leitfaden. In der Praxis arbeiten die Richter in Wirtschaftsstrafsachen auch in den Verhandlungen mit der elektronischen Zweitakte. Die Papierakte wird dort nur in Ausnahmefällen herangezogen.

Für das Diktatmanagement wird eine Software für digitale Diktate mit inte-grierten Funktionen zur Verwaltung der Sprachaufzeichnungen verwendet. Ein entsprechendes Projekt „Digitales Diktatmanagement“ wird zentral vom OLG Düsseldorf verantwortet und gesteuert. Vereinzelt ist Spracherkennung im Einsatz. Den Richtern der Wirtschaftsstrafkammern wurden Notebooks zur Verfügung gestellt, die sie auch für die Arbeit an Heimarbeitsplätzen nut-zen können. Da die elektronische Zweitakte auch verschlüsselt auf DVDs ge-speichert wird (vordergründig zur Gewährung von Akteneinsicht für Verfah-rensbeteiligte), haben die Richter die Möglichkeit, sich sämtliche Daten auch auf ihren privaten Rechnern zugänglich machen zu können. In der Praxis wurde der Gebrauch dieser DVDs im Vergleich zur Nutzung eines Laptops für die Arbeit am Heimarbeitsplatz bevorzugt.

C.2.2. HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG

C.2.2.1 MÖBLIERUNG DER GERICHTSSÄLE

Im Zuge des Gebäudeneubaus werden die Gerichtssäle neu gestaltet. Sämtli-che Möbel werden speziell für die Nutzung in den verschiedenen Verhand-lungssälen angefertigt, für die Besuchersitzplätze wird auf Standardmöblie-rung zurückgegriffen. Die technische Ausstattung der verschiedenen Ar-beitsplätze wird bei deren Gestaltung und Anordnung bereits beachtet.

Die Richterbänke sind für drei oder fünf Arbeitsplätze errichtet worden. Sie sind frontseitig geschlossen und wurden so konstruiert, dass keine Abstütz-füße nötig sind, um Beinfreiheit zu gewährleisten. Die Richterbänke sind 100cm tief und werden mit einer 10 cm hohen Aufkantung abgeschlossen. Bei einer Fünffachbesetzung steht z.B. in den Sälen, die von der großen

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Strafkammer genutzt werden, jedem Richter ein Arbeitsplatz von ca. 71 cm Breite zur Verfügung. In diesen Sälen schließt sich der Arbeitsplatz für Proto-kollanten seitlich an die Richterbank an. An seiner Seite wird auch ein Me-dienschrank bereitgestellt.

Medien-schrank

Protokollan-tenarbeits-

platzRichterarbeitsplatz

Sämtliche Richterbänke sind durch ein Podest erhöht. Die Podesthöhe be-trägt 18 cm in Zivilkammern und 36 cm (zweistufig) in Strafkammern.

Für die Verfahrensbeteiligten werden einzelne Arbeitsplätze bereitgestellt. In den Strafkammern können z.B. im großen Schwurgerichtssaal bis zu 24 Plätze für Verteidiger, drei Plätze für Staatsanwälte, acht Plätze für Ange-klagte, sechs Plätze für den Wachtmeisterdienst, drei Plätze für Dolmetscher und Sachverständige und drei Plätze für Nebenkläger, Jugendhilfe pp. ge-nutzt werden.

Die Tische und Richterbänke werden fest mit dem Boden verbunden sein. Die Sitzplatzanordnung ist dadurch nicht flexibel. Diese Einschränkung wur-de jedoch in Kauf genommen, um insbesondere die Verkabelung nicht sicht-bar in Fußboden und Möbel integrieren zu müssen.

In allen Gerichtssälen sind Beleuchtungs-, Verschattungs- und Verdunke-lungssysteme installiert, die sowohl einen innenseitigen Sichtschutz (Stoff-elemente) als auch eine außenliegende Verschattung ermöglichen. Zumeist wird eine indirekte Beleuchtung integriert, die aus verschiedenen Lichtfel-dern besteht. Die Steuerung der Systeme ist in die zentrale Raumtechnik-steuerung integriert. Die Bedienung kann in den Strafkammersälen sowohl von der Richterbank als auch vom Platz des Sitzungswachtmeisters erfolgen.

Bei den Planungen wurden sowohl Beleuchtungs- als auch Schallschutzkon-zepte erarbeitet. Es wurde insbesondere darauf geachtet, dass keine Schall-brücken (z.B. durch feste Verbindungen von Möbeln wie Garderoben mit Wänden) entstehen.

Für die Ablage von Akten, Büchern und dergleichen ist der Einbau von Wandschränken hinter der Richterbank geplant.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Für die Gewährleistung der Sicherheit im Gericht werden Eingangsschleusen und in vier Strafkammersälen eine feste Barriere zum Zuschauerbereich in-stalliert. Dort besteht darüber hinaus die Möglichkeit, den Verhandlungs-raum mit einer Glasscheibe, die auf die fest installierte Barriere temporär aufgebracht werden kann, komplett vom Zuschauerbereich abzutrennen.

C.2.2.2 TECHNISCHE HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG DER GERICHTSSÄLE

In den Sälen der Strafkammern ist die Installation eines Mediennetzes ge-plant. An dieses Netz sind folgende Soft- und Hardwarekomponenten ange-schlossen:

- Audioanlage

- Raumtechnik (Beleuchtung, Verschattung)

- Visualisierungssystem, bestehend aus Beamer und versenkbarer Leinwand

- Einspeisefelder für analoge und digitale Daten, die an das Visualisie-rungssystem übergeben werden können

- digitales Informationssystem inklusive Sitzungsaufruf

Für die Sitzungssäle der zivilen Gerichtsbarkeit werden mobile Anlagen be-reitgestellt.

Die Mediennetze und die dort integrierten Komponenten in den einzelnen Sälen sind voneinander abgeschirmt.

Sämtliche Komponenten des Mediennetzes werden in den Strafkammersä-len zentral über ein Bedienfeld, das sich auf der Richterbank befindet oder über ein transportables Bedienelement gesteuert.

Die Mediensteuerung (Produkt: Crestron, www.crestron.de, Dienstleister: Fa. Koopmann, http://www.koopmann-avm.de) ist übersichtlich gestaltet, verfügt über mehrere Ebenen und wird über eine Touchscreenfunktion be-dient.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Auf allen Arbeitsplätzen sind Mikrofone installiert. Sie werden über die Me-diensteuerung zentral ein- und ausgeschaltet. Es ist zudem eine Vorsitzen-densprechstelle mit Vorrangtaste geplant.

Die Verfahrensbeteiligten können per Knopfdruck den Wunsch nach einem Wortbeitrag signalisieren, der für den Vorsitzenden Richter auf der Medien-steuerung sichtbar wird. Zudem ist die Aufzeichnung von Wortbeiträgen möglich. Die Steuerung dieser Aufzeichnung erfolgt ebenso über die Me-diensteuerung. Um den Richter während der Verhandlung zu entlasten, kann die Aufzeichnungssteuerung über die transportable Mediensteuerung am Tisch des Sitzungswachtmeisters erfolgen.

Für die akustische Ausstattung wurde für die beiden großen Strafkammersä-le ein Gesamtsystem konzipiert, das unter anderem die Erkennung der Sprechrichtung gewährleistet.

Um die Barrierefreiheit der in einigen Sälen fest installierten Audioanlagen sicherzustellen, wird mit Induktionsschleifen gearbeitet. Diesbezüglich wur-de ein Sachverständigengutachten eingeholt, um die technische Umsetzung entsprechend der Anforderungen an Barrierefreiheit durchführen zu kön-nen.

Von der festen Installation von Videokonferenzanlagen wird abgesehen. Im Bedarfsfall steht eine transportable Videokonferenztechnik zur Verfügung. Eine Nachrüstung von fest installierten Systemen und insbesondere die Inte-gration in das Mediennetz ist jedoch möglich.

Über die Mediensteuerung können sowohl die jeweils verdeckt in die Decke integrierten Leinwände als auch der Beamer aktiviert werden. Die zu visuali-

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

sierenden medialen Inhalte werden über die Mediensteuerung oder den PC ausgewählt. Insbesondere die Verfahrensbeteiligten haben die Möglichkeit, Daten in das Mediennetz einzuspeisen. Der Vorsitzende Richter hat die Mög-lichkeit, die eingespeisten Daten auf der Mediensteuerung als Vorschau zu sichten und über die Visualisierung zu entscheiden.

Um die Sichtbarkeit für alle Anwesenden zu gewährleisten, werden z.B. im großen Schwurgerichtssaal zwei Leinwände installiert. Mit Rücksicht auf die Blickrichtung der Richter wird eine der Leinwände an der Wand rechts oder links von der Richterbank angebracht. Die zweite Leinwand, die der Visuali-sierung von Informationen für die übrigen Verfahrensbeteiligten dienen soll, wird hinter der Richterbank befestigt.

Für Diktate während der Verhandlung kann die Aufzeichnungsfunktion der Medienanlage genutzt werden. Allerdings ist keine Rück- und Abspielfunkti-on vorhanden. Deshalb kann zusätzlich auf digitale Diktiergeräte zurückge-griffen werden.

Die Ausstattung der Gerichtssäle mit Telefonen oder Telefonanlagen ist nicht geplant. Es besteht jedoch die Möglichkeit, Telefonate über Voice over IP zu führen. Für die Beratungszimmer ist ein Telefonanschluss vorgesehen.

Drucker befinden sich sowohl in den Beratungszimmern als auch in den Ge-richtssälen, dort in den Medienschränken an den Protokollantenarbeitsplät-zen. Multifunktionsgeräte, die das Drucken, Kopieren und Scannen ermögli-chen, werden auf den Fluren bereitgestellt.

Es werden weder ein Barcode-Leser noch Signatur- und/oder Kryptographie-einrichtungen installiert.

Zunächst wird davon abgesehen, elektronische Tafeln (Smart Boards) zur Verfügung zu stellen. Sollte sich in Zukunft der Bedarf nach derartigen Tools für die Visualisierung und interaktive Arbeit an Dokumenten bzw. Notizen ergeben, sollen sie nachgerüstet werden.

Für die Visualisierung insbesondere von Gegenständen (Beweismittel) wird eine mobile Dokumentenkamera zur Verfügung gestellt, die im Bedarfsfall an das Mediennetz in den Gerichtssälen angeschlossen werden kann.

Die Verkabelung der Medienkomponenten erfolgt im Rahmen des Neubaus und ist im Wesentlichen über eine verdeckte Integration in den Fußboden, die Saalwände und die Möbelrückwände umgesetzt worden. Wie oben be-reits ausgeführt, sind die Möbel aufgrund der Verkabelung nicht verschieb-bar.

Die Erstellung von speziellen Sicherheitskonzepten (Datenschutz, Datensi-cherung) für die Gerichtssäle war nicht notwendig, da der Zugriff auf Daten über die hausinterne Serverlandschaft erfolgt. Die dort umgesetzten Sicher-

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

heitskonzepte sowie das Notfallkonzept finden auch in den Gerichtssälen Anwendung.

C.2.2.3 AUSSTATTUNG DER EINZELNEN ARBEITSPLÄTZE

Richterarbeitsplatz

In den Sälen der Strafkammern ist an jedem Richterarbeitsplatz der Zugang zum Mediennetz möglich. Für den Vorsitzenden Richter steht zudem das Steuerelement „crestron“ (siehe oben) bereit.

Es ist geplant, jedem Richter Zugriff auf elektronische Daten zu ermöglichen. Dies erfolgt durch die Vernetzung von Computern an den Richterpulten mit der zentralen Serverlandschaft des Gerichtes. Die entsprechenden Bildschir-me werden in die Richterpulte eingelassen und sind mit einem Schwenkrah-men verstellbar. Bei Tastatur und Maus hat man sich für kabelgebundene Lösungen entschieden, um die Versorgung mit Batterien, die sich in der Ver-gangenheit vereinzelt schwierig gestaltete, umgehen zu können. Die Kabel von Tastatur und Maus werden durch eine Öffnung in der Aufkantung unter den Schreibtisch geführt und sind fallend installiert, so dass eine Beeinträch-tigung der Arbeitsweise durch zu viele Kabel auf der Arbeitsfläche vermie-den werden kann.

Soweit die Größe der Richterbänke es erlaubt, werden 22–Zoll-Monitore eingebaut, andernfalls wird auf 19-Zoll-Bildschirme zurückgegriffen. So wer-den bspw. in den Schwurgerichtssälen drei Monitore und in den Sitzungssä-len der großen Strafkammern zwei Bildschirme eingelassen.

Die Schwenkrahmen werden bündig in die Arbeitsplatte der Richterbänke integriert und mit einer Tischplattenoberfläche (Glas) abgeschlossen. Die Bildschirme werden unter der Tischplatte fest in den Schwenkrahmen veran-kert. Der Schwenkrahmen erlaubt eine stufenlose Einstellmöglichkeit der verankerten Bildschirme in beide Verstellrichtungen. Der Bildschirm kann unterhalb der Abdeckplatte verstellt werden, so dass die Schreibtischober-fläche bündig bleibt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, den äußeren Rahmen zu verstellen, so dass der Bildschirm aus der Schreibtischplatte her-ausragt. Zur Veranschaulichung sei auf

- http://www.dittfach-gmbh.de/Webseiten/Produkte/Versenktische/Swing/Swing.html

hingewiesen.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Die Verstellung der einzelnen Rahmen erfolgt manuell über Hebelgriffe. Die-se sind notwendigerweise schwergängig, da andernfalls das versehentliche Auflehnen auf den äußeren Schwenkrahmen das unbeabsichtigte Hochkip-pen des Rahmens verursachen würde. Auf diesen Nachteil in der Bedienung wurden die Richter hingewiesen. Der obere Schwenkrahmen ist mit einer re-flexionsarmen Sicherheitsglasscheibe ausgestattet. Diese ist grau getönt und beidseitig entspiegelt (Restreflexion < 1%). Die Abtönung der Sicher-heitsglasscheibe wirkt ähnlich einem Bildschirmfilter in Bezug auf eine bes-sere Kontrast- und Farbwiedergabe. Zusätzlich kann durch die stufenlos mögliche Einstellung der Bildschirme eine Position gewählt werden, bei der keine Reflexion entsteht.

Die Schwenkrahmen werden von der Firma Dittfach GmbH geliefert und in die maßangefertigten Richterpulte eingebaut; s. dazu exemplarisch:

http://www.dittfach-gmbh.de.

Derzeit sind in einem Gerichtssaal des LG Düsseldorf bereits zur Erprobung Schwenkrahmen in die vorhandenen Richterbänke eingelassen worden.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

In einem anderen Gerichtssaal des alten Gebäudes des LG Düsseldorf wur-den Schwenkrahmen installiert, die jedoch nur eine Verstellung der Bild-schirme unterhalb der fest eingearbeiteten Glasscheibe ermöglichen. Die Rahmenabdeckung ist eine Sonderanfertigung, die in Eigenleistung erstellt wurde.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

Die Richter erhalten wie gewohnt durch Einloggen in die hausinterne Server-landschaft Zugriff auf die elektronischen Daten. Es wird versucht, die dafür notwendigen und bereits vorhandenen PCs unterhalb der Richterbank, im Medienschrank beim Protokollantenarbeitsplatz bzw. in einem Regalsystem zu platzieren und nicht sichtbar zu verkabeln.

Die Arbeitsflächen für die einzelnen Richter sollen so großzügig wie möglich sein. Aufgrund der begrenzten Raumgrößen ist die Länge der Richterbänke jedoch nicht variabel und in einigen Räumen eher kurz bemessen. Es wird deshalb versucht werden, über die Tiefe der Richterbänke Platz für Akten und ähnliches zu schaffen. Die Bildschirme werden deshalb so weit wie mög-lich in den hinteren Bereich der Arbeitsflächen eingelassen.

Protokollantenpult

Auch für die Protokollantenarbeitsplätze werden die oben beschriebenen Bildschirme sowie Maus und Tastatur bereitgehalten. Zudem ist ein An-schluss an das Mediennetz vorhanden. Der Zugriff erfolgt ebenso wie für den Richterarbeitsplatz durch Einloggen in die hauseigene Serverlandschaft. Sämtliche von Protokollanten in der Verhandlung erzeugte Dokumente wer-den somit zentral abgelegt.

Sitzplätze der Beteiligten

Die Arbeitsplätze für die Beteiligten sind mit mobilen Sprechstellen, Zugang zum Mediennetzwerk und einer Steckdosenleiste ausgestattet. Für den Zu-griff auf eigene oder gerichtsinterne Daten werden keine Hardwarekompo-nenten bereitgestellt. Allerdings werden über externe Anbieter WLAN Hot Spots eingerichtet und den Verteidigern zur Verfügung gestellt, die keine Verbindung und keine Auswirkung auf das Justiz-Netzwerk haben dürfen.

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

In den Strafkammern wird an den Sitzbänken für die Staatsanwaltschaft, die mit eigenen Laptops auf elektronische Daten zugreifen können soll, auch Zu-gang zum Justiz-Netzwerk ermöglicht.

Sitzplätze für die Öffentlichkeit

Für die Teilnahme der Öffentlichkeit werden in jedem Gerichtssaal im hinte-ren Bereich Stuhlreihen bereitgestellt. Die Sichtbarkeit von projizierten Da-ten wird über die Leinwand sichergestellt, die hinter dem Richterpult ange-bracht ist.

Beratungsräume

In den Beratungszimmern werden Rechner nebst Monitor, Tastatur und Maus bereitgestellt, die den Zugriff auf das Justiznetz ermöglichen. Auch eine Telefonanlage wird vorhanden sein.

C.2.3. UNTERSTÜTZUNG DES VERFAHRENSABLAUFES

Die Säle im neuen Gerichtsgebäude werden für bestimmte Spruchkörper und bestimmte Tage fest zugewiesen sein. Durch die Vernetzung der Rech-ner mit der hausinternen Serverlandschaft kann der Vorsitzende Richter von jedem Saal aus auf die relevanten Daten zugreifen.

Für das Gerichtssaalmanagement wird Hard- und Software angeschafft. So wird für die einzelnen Gerichtssäle jeweils eine elektronische Rolle ange-bracht werden, die über das Justiznetz gepflegt und vom Protokollantenar-beitsplatz gesteuert wird. Der mündliche Aufruf erfolgt über das ins Medien-netz integrierte Soundsystem. Zudem wird es im Eingangsbereich des Ge-bäudes einen Informationsbereich und Informationsterminals geben, die über eine Touchscreenfunktion bedient werden können. Die Terminierung erfolgt über das Fachsystem „Judica“.

Es ist keine Softwarelösung vorgesehen, die die Freischaltung von Bildschir-men für Richter oder Verfahrensbeteiligte ermöglicht. Elektronische Datei-en, deren Visualisierung von den Verteidigern oder der Staatsanwaltschaft gewünscht werden, können in die Medienanlage eingespeist und vom Vor-sitzenden Richter für die Visualisierung an den Leinwänden freigeschaltet werden. Es besteht keine Möglichkeit für die Richter, Informationen durch Bildschirmzugriffe für beisitzende Richter zugänglich zu machen. In der Pra-xis wird in diesem Fall während der Verhandlung vereinzelt auf E-Mail zu-rückgegriffen.

C.2.4. PROJEKTDURCHFÜHRUNG

Für den Umbau des Gebäudes und insbesondere die Ausstattung der Ge-richtssäle wurden die Leistungen von Architekten und Innenarchitekten in Anspruch genommen. Als Bauträger tritt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW auf. Die Projektleitung oblag dem Beschaffungsdezernat des OLG Düs-seldorf. Das Bau- und Liegenschaftsamt wurde punktuell beteiligt. An den regelmäßigen Baubesprechungen nahmen auch Vertreter des LG und AG

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C.2. Anlage: Bericht LG und AG Düsseldorf

teil. Für Grundsatzentscheidungen wurde bei den Gerichten eine Steue-rungsgruppe eingerichtet.

Eine Organisationsuntersuchung bzw. eine Neustrukturierung der internen Prozesse fand im Vorfeld der Projektdurchführung nicht statt.

C.2.5. ERFAHRUNGEN

Aufgrund der Erfahrungen im LG Düsseldorf wird empfohlen, sämtliche Ge-richtssäle für die höchstmögliche Richter- und Beteiligtenanzahl (z.B. drei Berufsrichterarbeitsplätze in jedem Strafgerichtssaal) auszustatten. Dies er-leichtert die Raumplanung im laufenden Betrieb enorm. Derzeit kommt es häufig zu organisatorisch aufwändigen örtlichen oder zeitlichen Verlegungen von Verhandlungen, da die erforderliche Ausstattung nur in bestimmten Räumen vorhanden ist.

Die Projektmitarbeiter haben die Erfahrung gemacht, dass externe Planer aufgrund fehlender Detailkenntnisse vom Gerichtsbetrieb insbesondere bei der Feinplanung von gerichtsinternen Mitarbeitern intensiv unterstützt wer-den sollten. Einzelheiten, die bereits bei der Planung von den Dienstleistern übersehen oder falsch bewertet wurden, können im Nachhinein nur unter hohem Kosten- und Zeitaufwand und unter Umständen gar nicht korrigiert werden.

Bei den Planungen der Größe der einzelnen Arbeitsflächen auf dem Richter-pult hat sich herausgestellt, dass eine schemenhafte Skizzierung der Anord-nung von Möbeln und Bildschirmen nicht zu empfehlen ist. So wurden bei-spielsweise zunächst nur Skizzen für die Richterarbeitsplätze angefertigt, die den Eindruck erweckten, dass genügend Platz für jeden Richter zur Verfü-gung steht. Erst die maßstabsgerechte Aufzeichnung der Plätze und Bild-schirme hat ergeben, dass nicht genügend Platz für die geplanten 24-Zoll-Monitore vorhanden ist. Dies führte dazu, dass bei der Bildschirmwahl Ab-striche gemacht werden mussten.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

C.3. ANLAGE: BERICHT LAG UND FG STUTTGART

Zwischenbericht Landesarbeitsgericht und Finanzgericht Stuttgart

C.3.1. ALLGEMEINE DATEN

C.3.1.1 INSTITUTION UND ANSPRECHPARTNER

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in Stuttgart

Alexander KodytekLeiter InformationstechnikLandesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Börsenstr. 670174 StuttgartTel.: 0711 6685-515Fax: 0211 6685-400

Finanzgericht Baden-Württemberg in Stuttgart

Ewald LammingerFinanzgericht Baden-Württemberg

Börsenstr. 6Zimmer 30270174 StuttgartTel.: 0711 6685-302

C.3.1.2 GERICHTSZWEIG

Finanzgerichtsbarkeit und Arbeitsgerichtsbarkeit.

C.3.1.3 BAUJAHR DES GEBÄUDES

Das Landesarbeitsgericht und das Finanzgericht Baden-Württemberg sind in einem Gebäude untergebracht. Die Gerichte haben ein Gebäude aus den 50-er Jahren bezogen. Vor dem Umzug im Herbst 2009 wurde das Gebäude komplett saniert und teilweise entsprechend den besonderen Anforderun-gen - insbesondere an die Sitzungssäle - umgebaut.

C.3.1.4 TECHNISCHE GRUNDAUSSTATTUNG FÜR RICHTER UND GESCHÄFTSSTELLEN

Die Arbeitsplätze der Richter und Geschäftsstellen sind mit Rechnern und Bildschirmen ausgestattet, die sowohl eine lokale Ablage von elektronischen Dokumenten als auch den Zugriff auf einen zentralen Server ermöglichen. Eine komplette elektronische Aktenführung ist noch nicht realisiert. Das Fi-nanzgericht ist jedoch als Pilotgericht vom Justizministerium ausgewählt worden und wird voraussichtlich mittelfristig die elektronische Akte einfüh-ren.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Für die Erstellung und Ablage von elektronischen Dokumenten werden Fach-systeme (z.B. Justus) eingesetzt. Die führende Akte wird in Papierform vor-gehalten. Für das Diktatmanagement wird beim FG und LAG eine Software für digitale Diktate verwendet. Für das Management der digitalen Diktate wird auf eine eigens eingerichtete Ordnerstruktur im Filesystem des Justiz-netzes zurückgegriffen. Aus diesen Ordnern werden die Audiodateien von den Schreibkräften aufgerufen und später archiviert. Vereinzelt ist Spracher-kennung im Einsatz.

Für die Arbeit an Heimarbeitsplätzen wurden für das FG Laptops zur Verfü-gung gestellt. Vom Heimarbeitsplatz besteht ein Zugriff auf die im Gericht vorgehaltenen Daten. Lediglich für sonstige Bedienstete besteht kein exter-ner Zugriff. Hier ist eine Einwahllösung in Planung, gebunden allerdings an ein dienstliches Notebook.

C.3.1.5 ALTERSSTRUKTUR DER RICHTER

Mitte 30 bis Mitte 60 Jahre.

C.3.2. HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG

C.3.2.1 MÖBLIERUNG DER GERICHTSSÄLE

Im Zuge des Gebäudeumbaus wurden sämtliche Gerichtssäle neu gestaltet. Die Möblierung der Räume erfolgte nach einem Gesamtkonzept, wobei be-sonderer Wert auf ein einheitliches Design gelegt wurde. Die Arbeitsplätze der Richter, Protokollanten und Verfahrensbeteiligten wurden eigens für die spezielle Nutzung in Gerichtssälen entworfen und von Tischlern gefertigt. Man hat sich für zwei verschiedene Designs entschieden, die jeweils für einen Gerichtssaal einheitlich sind. Lediglich für die Besuchersitzplätze wur-de auf Standardmöblierung zurückgegriffen. Die technische Ausstattung der verschiedenen Arbeitsplätze wurde bei deren Gestaltung und Anordnung bereits beachtet. So wurde z.B. sämtliche Verkabelung in Fußböden, Wän-den und Möbeln integriert.

Die Richterbänke sind für drei oder fünf Arbeitsplätze errichtet worden. In einem Gerichtssaal (FG) ist die Richterbank zusätzlich durch ein Podest er-höht.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

In den Gerichtssälen des Arbeitsgerichts ist von einer Erhöhung der Richter-bänke abgesehen worden.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Für die Verfahrensbeteiligten werden einzelne Arbeitsplätze bereitgestellt.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

In einigen Sälen wurde für die Protokollanten ein eigener Sitzplatz bereitge-stellt.

In anderen Sälen wurde der Arbeitsplatz der Protokollanten in die Richter-bank integriert.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

In allen Gerichtssälen sind Beleuchtungs-, Verschattungs- und Verdunke-lungssysteme installiert, die jeweils manuell über an der Wand befestigte Steuerungselemente bedient werden. Vom Richterarbeitsplatz aus ist weder die Vornahme einer automatischen Einstellung noch die direkte Bedienung möglich.

C.3.2.2 TECHNISCHE HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG DER GERICHTSSÄLE

Sämtliche Gerichtssäle sind mit einer Medienanlage ausgestattet. Diese be-steht in allen Sälen aus einer Soundanlage und dem Gerichtssaalmanage-

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

ment. Sie können zentral über ein Bedienfeld, das in die Richterbank inte-griert ist oder über ein transportables Bedienelement gesteuert werden.

Für die mobile Mediensteuerung wird eine gesicherte WLAN-Verbindung be-reitgestellt. Darüber hinaus werden WLAN-Anbindungen nicht genutzt oder Dritten zur Verfügung gestellt.

Die Mediensteuerung ist übersichtlich gestaltet und wird über eine Touchs-creenfunktion bedient.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Auf allen Arbeitsplätzen sind Mikrofone installiert. Die Mediensteuerung er-möglicht die zentrale Ein- und Ausschaltung dieser Mikrofone.

Die Beteiligten können per Knopfdruck den Wunsch auf einen Wortbeitrag signalisieren, der für den Vorsitzenden Richter auf der Mediensteuerung sichtbar wird. Zudem ist die Aufzeichnung von Wortbeiträgen möglich. Die Steuerung dieser Aufzeichnung erfolgt ebenso über die Mediensteuerung.

In einem Gerichtssaal sind zudem eine Videokonferenzanlage sowie ein Vi-sualisierungssystem in die Medienanlage integriert. In allen anderen Ge-richtssälen muss die Visualisierung gegebenenfalls über mobile Geräte erfol-gen. Eine Nachrüstung von fest installierten Systemen und insbesondere die Integration in die Medienanlage ist jedoch möglich.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Über die Mediensteuerung können sowohl die Leinwand als auch der Bea-mer, die jeweils verdeckt in die Decke integriert sind, aktiviert werden. Die medialen Inhalte, die visualisiert werden sollen, werden über die Medien-steuerung oder den PC ausgewählt.

Die Leinwand ist an der dem Eingang des Gerichtssaals gegenüberliegenden Wand angebracht. Sie ist so von allen Beteiligten bis auf die Protokollanten gut einsehbar.

Allerdings ist die Einsehbarkeit der Leinwand nicht von allen Besucherplät-zen optimal garantiert.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Für Diktate während der Verhandlung kann beim FG die Aufzeichnungsfunk-tion der Medienanlage genutzt werden. Allerdings ist keine Löschfunktion vorhanden. Deshalb steht beim LAG dem Vorsitzenden Richter ein zusätzli-ches Diktiergerät zur Verfügung. Spracherkennung wird in den Verhandlun-gen nicht eingesetzt.

In jedem Gerichtssaal wurde ein Telefon, das nicht in die Medienanlage inte-griert wurde, am Arbeitsplatz des Protokollanten bzw. auf der Richterbank platziert.

In keinem der Säle wurde ein Gerät mit Druck-, Scann- oder Kopierfunktion bereitgestellt. Allerdings können über den Richter-PC Druckaufträge ausge-löst werden. Die entsprechenden Multifunktionsgeräte befinden sich im Wartebereich vor den Gerichtssälen. Sie verfügen über eine gesicherte Box, die für gerichtsinterne Druckaufträge genutzt wird.

Es wurden weder ein Barcode-Leser noch Signatur- und/oder Kryptographie-einrichtungen installiert.

Die Verkabelung der Medienkomponenten erfolgte im Rahmen des Umbaus und ist im Wesentlichen über eine verdeckte Integration in den Fußboden, die Wände und die Möbel umgesetzt worden.

Der Anschluss der Sound-Anlagen der Beteiligtenarbeitsplätze erfolgt über Fußbodensteckdosen, so dass die Möbel in fast allen Sälen transportabel sind.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Die Erstellung von speziellen Sicherheitskonzepten (Datenschutz, Datensi-cherung) für die Gerichtssäle war nicht notwendig, da der Zugriff auf Daten über die hausinterne Serverlandschaft erfolgt. Die dort umgesetzten Sicher-heitskonzepte sowie das Notfallkonzept finden auch in den Gerichtssälen Anwendung.

C.3.2.3 AUSSTATTUNG DER EINZELNEN ARBEITSPLÄTZE:

Richterpult

In jedes Richterpult ist ein 19-Zoll-Bildschirm (Produktbezeichnung: „ele-ment one“) und die Mediensteuerung (Cristalux ESG EN 12150-1) integriert. Somit kann lediglich der Vorsitzende Richter ohne weitere Geräte auf elek-tronische Daten zugreifen. Solange der Bildschirm nicht benutzt wird, ist er im Schreibtisch versenkt.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Per Knopfdruck kann der Bildschirm elektronisch aufgeklappt werden. Der Knopf muss dabei anhaltend betätigt werden. Dadurch kann der Aufklapp-winkel durch den Nutzer bestimmt werden. Der Bildschirm kann nicht in an-dere Richtungen verstellt oder gedreht werden. Die Knöpfe für das Aus- und Einklappen sind sehr weit hinten angebracht. Dies erschwert die Bedienung. Die Anzeigeoberfläche des Bildschirms ist nicht entspiegelt, so dass die Les-barkeit eingeschränkt ist. Eine kabellose Maus und Tastatur werden als Be-dienelemente in einem in das Pult integrierten Fach bereitgehalten.

Die beisitzenden Richter haben keine eigenen Bildschirme, sondern lediglich die Möglichkeit, Laptops zu nutzen. Hierfür sind in die Richterbank verdeck-te Steck- und Netzdosenleisten integriert worden.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Der Vorsitzende Richter erhält wie gewohnt durch Einloggen in die hausin-terne Serverlandschaft Zugriff auf die elektronischen Daten. Die dafür not-wendigen PCs sind in einem Nebenraum bzw. in einem Regalsystem platziert und nicht sichtbar verkabelt.

Die Arbeitsflächen für die einzelnen Richter sind im Richterpult relativ groß-zügig gestaltet worden. So gibt es vor dem Bildschirm noch ausreichend Platz für ein bis zwei Papierakten, die Tastatur und die Maus.

lanten werden ein Bildschirm sowie Maus und Tastatur bereitgehalten. Der Zugriff erfolgt ebenso wie für den Richterarbeitsplatz durch Einloggen in die hauseigene Serverlandschaft. Sämtliche von Protokollanten in der Verhand-lung erzeugte Dokumente werden somit zentral abgelegt.

C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Sitzplätze der Beteiligten

In den Verhandlungssälen sind zwei Arbeitsplätze für Verfahrensbeteiligte und ein Arbeitsplatz für Zeugen, Sachverständige, Übersetzer etc. vorhan-den. Das Mobiliar kann bewegt werden. Die Arbeitsplätze für diese Beteilig-ten sind mit den notwendigen Geräten für den Betrieb der Soundanlage und einer Steckdosenleiste ausgestattet. Für den Zugriff auf eigene oder ge-richtsinterne Daten werden keine Hardwarekomponenten bereitgestellt. Ein eigener Laptop der Verfahrensbeteiligten kann somit lediglich mit Strom versorgt werden. Kosten entstehen den Verfahrensbeteiligten nicht.

Sitzplätze für die Öffentlichkeit

Für die Teilnahme der Öffentlichkeit sind in jedem Gerichtssaal im hinteren Bereich des Saals Stuhlreihen vorhanden. Eine Abtrennung zum vorderen Bereich gibt es nicht. Displays oder Präsentationswände, die ausschließlich der Informationsvermittlung für die Öffentlichkeit dienen, sind nicht vorhan-den.

Beratungsräume

In den meisten Beratungsräumen sind Whiteboards installiert. Eine darüber hinausgehende technische Ausstattung – etwa durch Insatllation von zusätz-lichen Bildschirmarbeitsplätzen – erfolgte nicht. Lediglich die Dockingstation für die mobile Mediensteuerung wurde im Beratungssaal installiert, um die-se vor öffentlichem Zugriff zu schützen.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Dockingstation für die Mediensteuerung

Präsidialzimmer

Das Präsidialzimmer wurde mit einer Soundanlage und einer elektronischen Tafel (Smart Board, http://www.smarttech.de) ausgestattet.

Die elektronische Tafel ist auch für den Einsatz in Gerichtssälen geeignet, da sie neben der Visualisierung auch die Bearbeitung von medialen Inhalten so-wie die elektronische Speicherung von aufgebrachten Notizen erlaubt.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

C.3.3. UNTERSTÜTZUNG DES VERFAHRENSABLAUFES

Von den fünf Sitzungssälen werden zwei Säle vom LAG und drei Säle vom FG genutzt, wobei einige Säle für bestimmte Senate und bestimmte Tage reser-viert sind. An allen anderen Tagen sind die Säle für alle Senate frei verfüg-bar. Bei der Ausstattung der Säle wurde deshalb keine Rücksicht auf etwaige Vorlieben einzelner Richter oder Senate genommen. Durch die Vernetzung

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

der Rechner mit der hausinternen Serverlandschaft kann der Vorsitzende Richter von jedem Saal aus auf die relevanten Daten zugreifen.

Für das Gerichtssaalmanagement wurde Hard- und Software angeschafft (siehe auch www.gerichtssaalmanagement.de). Die Terminierung erfolgt beim FG über die Kalenderfunktion des Fachverfahrens „Justus“ und im LAG über die Lotus-Notes-Anwendung „FUKUS“. Aus der Lotus-Notes-Anwen-dung werden die Daten direkt über eine xml-Schnittstelle an die Software des Gerichtssaalmanagements übergeben. Für den Export der Daten aus der Justus - Anwendung ist ein weiterer automatisierter Zwischenschritt not-wendig: die Erzeugung eines strukturierten Worddokumentes, das von ei-nem Parser ausgelesen wird.

Für das Gerichtssaalmanagement wurden Anzeigetafeln im Eingangsbereich des Gerichts und Sitzungstafeln vor jedem Gerichtssaal angebracht. Im Ein-gangsbereich kann von jedem Besucher erfasst werden, in welchem Saal eine bestimmte Sitzung anberaumt ist. Die Anzeigetafel wechselt in recht kurzen Abständen automatisch von der Sitzungsübersicht zur Ansicht des dreidimensionalen Gebäudeinnengrundrisses.

Der Sitzungsaufruf wird über die im Richterpult integrierte Mediensteuerung vorgenommen und an den elektronischen Sitzungstafeln vor jedem Saal an-gezeigt. Zusätzlich erfolgt ein Aufruf über die Soundanlage.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

C.3.4. PROJEKTDURCHFÜHRUNG

Für den Umbau des Gebäudes und insbesondere die Ausstattung der Ge-richtssäle wurden die Leistungen von Innenarchitekten in Anspruch genom-men. Teilaufgaben wurden vom Hochbauamt begleitet.

An der Projektleitung waren die Präsidenten, die Verwaltungsleiter, die Rich-terräte und die EDV-Verantwortlichen der beiden Gerichte beteiligt. Beim Fi-nanzgericht gab es eine eigens eingerichtete Umzugskommission, die so-wohl mit Richtern als auch dem nichtrichterlichen Dienst besetzt war.

Über das Gesamtvorhaben und den Projektfortschritt wurde das gesamte Personal regelmäßig bei Richterversammlungen und Personalversammlun-gen informiert. Eine darüber hinausgehende Einbeziehung der Anwender er-folgte nicht.

Die Untersuchung und Änderung der Organisationsstruktur in den Gerichten wurde bereits abgeschlossen, noch bevor der Umzug in ein gemeinsames Gebäude zur Diskussion stand. Eine erneute Organisationsuntersuchung fand deshalb im Vorfeld der Projektdurchführung nicht statt.

C.3.5. ERFAHRUNGEN

Sowohl das Feedback der Richter als auch der Rechtsanwälte zur Umgestal-tung der Gerichtssäle ist positiv ausgefallen. Die älteren Richter benötigen teilweise noch Unterstützung in der Anwendung der Medienanlage. Manche von ihnen nutzen die technischen Möglichkeiten nur ausnahmsweise. Die jüngeren Richter machen intensiven Gebrauch von sämtlichen Komponen-ten.

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C.3. Anlage: Bericht LAG und FG Stuttgart

Da es während der Projektdurchführung zu zeitlichen Verzögerungen kam, blieb kein Zeitfenster für eine Testphase der Anlagen. Dadurch mussten sämtliche Tests zu den Funktionalitäten und Einstellungen sowie die darauf-hin notwendigen Anpassungen im Echtbetrieb vorgenommen werden. Dies führte zu einer Zusatzbelastung der Projektverantwortlichen und der An-wender. Aufgrund dieser Erfahrung wird deshalb empfohlen, ausreichend Zeit für eine intensive Testphase einzuplanen.

C.3.6. SONSTIGES

Im Rahmen des Umbaus des Gebäudes wurden auch die Wartebereiche und Flure nach einheitlichen Designvorgaben umgestaltet. Darüber hinaus konn-ten die neuen Möbel der Dienstzimmer im Rahmen von vorgegebenen Mus-tern frei gewählt werden (zwei Farbvarianten, drei Schreibtischvarianten, Stühle, Container, Regal- und Schrankelemente). Beim Finanzgericht wurden die alten Möbel übernommen.

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

C.4. ANLAGE: BERICHT DEN HAAG

C.4.1. ALLGEMEINE DATEN

C.4.1.1 INSTITUTION UND ANSPRECHPARTNER

Klaus Rackwitz

Senior Administrative Manager, Office of the Prosecutor Internationaler Strafgerichtshof Den Haag

Maanweg 174

2516 AB The Hague, The Netherlands Tel.: 0031 [email protected]

C.4.1.2 GERICHTSZWEIG

Internationaler Strafgerichtshof; Strafgerichtsbarkeit.

C.4.1.3 BAUJAHR DES GEBÄUDES

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wurde in einem bereits vor-her genutzten Bürogebäude untergebracht. Für die Sitzungssäle wurde ein Anbau errichtet, bei dem auf die besonderen Anforderungen an Sicherheit und Technik eingegangen werden konnte, ohne auf bauliche Einschränkun-gen Rücksicht nehmen zu müssen. Stattdessen konnte die Ausstattung der Gerichtssäle mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien von Anfang an mit eingeplant werden.

C.4.1.4 TECHNISCHE GRUNDAUSSTATTUNG

Die Arbeitsplätze der Richter und Geschäftsstellen sind mit Rechnern ausge-stattet, an die teilweise zwei Bildschirme geschaltet sind. Die Akten werden komplett elektronisch geführt. Für die Ablage der Dokumente wird ein Do-kumentenmanagementsystem (DMS“TRIM“) mit einer rollenbasierten Rech-te- und Benutzersystematik genutzt, in dem sämtliche Dokumente vorgehal-ten werden. Sowohl die Richter als auch die Staatsanwaltschaft und die Ver-fahrensbeteiligten haben jeweils Zugriff auf die für ihre Rolle sichtbaren Do-kumente. Diese Dokumentenorganisation gründet in der Verfahrensordnung des Internationalen Strafgerichtshofs: Eine gerichtsinterne Akte ist nicht vor-gesehen. Im Gegenteil ist vielmehr die absolut transparente öffentliche Zu-gänglichkeit sämtlicher Beweismittel und Parteivorträge vorgeschrieben. Um diese Vorgaben in der praktischen Handhabung überhaupt effizient umset-zen zu können, wurde deshalb von Anfang an auf elektronische Dokumente und elektronische Aktenführung zurückgegriffen. Der Aufwand für eine glei-chermaßen öffentliche Verhandlungsvorbereitung und -durchführung auf der Basis von Papierakten erschien im Vergleich zur E-Akte untragbar.

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

Zusätzlich zu diesem DMS wird eine Beweismitteldatenbank genutzt. Es hat sich herausgestellt, dass sich spezielle Datenbanksysteme im Hinblick auf die Anforderungen, insbesondere die Nachverfolgung und systematische Vorhaltung, besser eignen als Dokumentenmanagementsysteme. Der Zugriff auf diese Datenbank, in der sämtliche Beweismittel elektronisch vorgehalten werden, kann wiederum entsprechend einer rollenbasierten Nutzerverwal-tung sowohl von den Richtern als auch von der Staatsanwaltschaft und den Verfahrensbeteiligten erfolgen.

Dokumente werden eingescannt, Gegenstände fotografiert, Zeugenaussa-gen aufgezeichnet und in der Datenbank abgelegt. Die Aufbereitung und Auswahl der Materialien, die Eingabe von Metadaten und entsprechenden Schwärzungen zum Schutze von Zeugen oder Dritten erfolgen durch die Staatsanwaltschaft. Hierfür wird das System „ringtale“ genutzt, das um spe-zielle Funktionalitäten, die in den Verfahrensbesonderheiten begründet sind, ergänzt wurde.

Bei der Auswahl des DMS und der Datenbank für Beweismittel hat man sich bewusst für Standardsoftware entschieden, die sich teilweise bereits in der Justiz z.B. in Australien oder den USA im Einsatz bewährt hat. Für die konkre-te Einsatzumgebung wurden diese Softwarelösungen angepasst, sofern durch Konfiguration nicht bereits das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Entscheidungserheblich für den Rückgriff auf Standardsoftware wa-ren insbesondere Kostengründe. Die Komplexität eines den Anforderungen genügenden Berechtigungssystems ließ eine Eigenentwicklung als nicht sinn-voll erscheinen. Zusätzlich in Auftrag gegeben wurde die Entwicklung von speziellen Softwarelösungen, wie z.B. die Case Matrix oder eine con-tent-clustering Funktionalität, um den besonderen Bedürfnissen des Inter-nationalen Strafgerichtshofes in denjenigen konkreten Einzelfällen gerecht zu werden, die durch Standardsoftware nicht abgebildet werden konnten.

Der Erfassung und im Einzelfall anonymisierte Bereitstellung der Beweismit-tel kommt beim Internationalen Strafgerichtshof besondere Bedeutung zu. So werden sämtliche Beweismittel, die nicht bereits elektronisch eingehen, händisch digitalisiert. Hierzu werden die einzelnen Seiten aller Dokumente nach dem Posteingang mit Barcodes versehen, um eine spätere Zuordnung zu ermöglichen und die Qualitätskontrolle beim umfangreichen Digitalisie-rungsprozess zusätzlich teilautomatisieren zu können. So kann über das Aus-lesen der Barcodes festgestellt werden, ob alle Seiten eines Dokumentes nach der Digitalisierung elektronisch vorliegen.

Für das systematische Vorhalten und zur Vereinfachung des Auffindens der elektronischen Beweismittel werden sämtliche Dokumente mit Metadaten versehen. Diese können größtenteils per Auswahlmenü zugeordnet, aber auch per Freitext ergänzt werden. Im nächsten Schritt prüft die Staatsan-waltschaft die Tauglichkeit und Brauchbarkeit der Beweismittel. Ist eine An-onymisierung notwendig, wird diese elektronisch umgesetzt. Hierfür stehen

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

entsprechende Funktionalitäten in der Beweismitteldatenbank zur Verfü-gung. Zusätzlich wird der Grund für die Anonymisierung per Auswahlmenü im Metadatensatz der Dokumente ergänzt.

Die in dieser Weise aufbereiteten Beweismittel werden sodann den Richtern über den Zugriff auf die Beweismitteldatenbank zur Verfügung gestellt. Vor der Bereitstellung für die Verteidiger, Opfervertreter und die Öffentlichkeit entscheiden die Richter des Internationalen Strafgerichtshofes über die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Anonymisierung. Die Entscheidung der Richter könnte direkt in der Datenbank dokumentiert werden. In der Praxis werden die Dokumente mit den Beweismitteln jedoch ausgedruckt. Die Ent-scheidungen der Richter werden von diesen auf den Papierdokumenten ver-merkt. Dieser Medienbruch wird unter anderem damit begründet, dass die Beschlüsse über die Aufhebung oder Anbringung von Anonymisierungen un-terzeichnet werden müssen und elektronische Signaturen nicht genutzt wer-den. Die Umsetzung der durch die Richterschaft auf den Papierdokumenten vermerkten Beschlüsse erfolgt bei der Staatsanwaltschaft dann wieder di-rekt in den elektronischen Dokumenten der Beweismitteldatenbank. Die zu-gehörigen Metadaten werden dabei ergänzt. Im Laufe des Verfahrens kön-nen die Verteidiger oder Opfervertreter die Anonymisierungsentscheidun-gen rügen, so dass die Überprüfung und Änderung der elektronischen Be-weismittel ein permanenter Prozess ist, der in der Beweismitteldatenbank umgesetzt und insbesondere dokumentiert wird.

C.4.2. HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG

C.4.2.1 MÖBLIERUNG DER GERICHTSSÄLE

Sämtliche Möbel wurden speziell für die Nutzung in den verschiedenen Ver-handlungssälen angefertigt. Die technische Ausstattung der verschiedenen Arbeitsplätze wurde bei deren Gestaltung und Anordnung bereits beachtet.

Die Richterbänke sind für drei Arbeitsplätze errichtet worden. Sie sind front-seitig geschlossen und durch ein Podest erhöht. Unmittelbar vor der Richter-bank ist eine weitere Arbeitsbank für die assistierenden Richter und den Court Officer platziert worden. Für die Staatsanwaltschaft, die Vertreter von Opfern oder Interessengemeinschaften sowie die Verteidiger wurden je-weils seitlich Arbeitsplätze bereitgestellt. Das Pult für Zeugen befindet sich gegenüber den Richterpulten und mit dem Rücken zur Öffentlichkeit, die in einem separaten Raum durch Glasscheiben die Verhandlung verfolgen kann. Sofern die Identität eines Zeugen zu schützen ist, werden bei dessen Eintritt in den Gerichtssaal die vor dem Besucherbereich angebrachten Jalousien ge-schlossen, so dass die Öffentlichkeit die Person nicht erkennen kann. Diese Jalousien werden bis auf diejenige, die direkt hinter dem Zeugen angebracht ist, wieder geöffnet, wenn der Zeuge Platz genommen hat. Um auch einen seitlichen Blick auf die Zeugen zu verhindern, können Vorhänge genutzt wer-den, die rechts und links neben dem Zeugenpult angebracht sind, so dass nur die im Sitzungssaal Anwesenden den Zeugen sehen können. Auf diese

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

Weise kann der Schutz von Zeugen sichergestellt werden, ohne die Öffent-lichkeit ausschließen zu müssen. Sollte das Schutzbedürfnis noch höher sein oder die Zeugen aufgrund von z.B. Verschüchterung nicht in der Lage sein, vor den Anwesenden auszusagen, kann die Vernehmung in einem separaten Raum vorgenommen werden, der unmittelbar an den Sitzungssaal an-grenzt. Die Übertragung in den Sitzungssaal erfolgt dann per Videokonfe-renzsystem.

Die Tische und Richterbänke sind fest mit dem Boden verbunden. Die Sitz-platzzuordnung ist dadurch nicht flexibel.

C.4.2.2 TECHNISCHE HARD- UND SOFTWAREAUSSTATTUNG DER GERICHTSSÄLE

Da sämtliche Daten und Dokumente elektronisch vorgehalten werden, ist eine vollumfängliche Ausstattung der Gerichtssäle mit technischen Hilfsmit-teln notwendig gewesen. Die Mehrsprachigkeit und das Erfordernis der öf-fentlichen Übertragung der Verhandlungen sowie die Vernehmung von ab-wesenden Zeugen bedingen die Bereitstellung von Systemen zur Simultan-übersetzung, audiovisuellen Aufzeichnung, Bearbeitung und Übertragung sowie Videokonferenz. Nicht zuletzt musste die verzögerungslose Bereitstel-lung des stenografischen Protokolls technisch realisiert werden. Für all diese Komponenten wurde ein Gesamtsystem entwickelt, das eine möglichst an-wenderfreundliche Bedienung ermöglichen soll. Der reibungslose Ablauf der Verhandlung wird zusätzlich dadurch sichergestellt, dass technisches Perso-nal anwesend ist.

Für die audiovisuelle Aufzeichnung wurden Kameras, Mikrofone und Laut-sprecher installiert. In einem separaten Raum erfolgen die Steuerung der Aufzeichnung, das Zuschneiden und die Aufbereitung der Filmmaterialien sowie die Übertragung mit professioneller Broadcasting-Technik. Die hierfür

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

genutzten Systeme sind sieben Jahre alt und sollen in absehbarer Zeit auf-grund des Ablaufes des Lebenszyklus erneuert werden.

Über ein gesichertes Netzwerk können die aufgezeichneten Bildmaterialien, gegebenenfalls Videokonferenzvernehmungen von Zeugen, die Übersetzun-gen der Wortbeiträge auf französisch, englisch und die Muttersprache der Zeugen sowie der Live-Stream des Protokolls an den einzelnen Sitzplätzen bereitgestellt werden. Zudem gibt es ein weiteres integriertes Netzwerk, das über eine Citrix-Anwendung den Zugriff auf Computer und damit auf die Do-kumente, Datenbanken und Programme (z.B. E-Mail) erlaubt. Die zentrale Steuerung und Einspeisung des Mediennetzes sowie der integrierten Raum-technik (Beleuchtung, Verschattung, Jalousien und Vorhänge als Schutzvor-kehrungen für Zeugen) erfolgt durch das technische Fachpersonal des Broadcasting-Teams. Die Übersetzer verfügen jeweils über separate Kabi-nen.

Für die Visualisierung insbesondere von Gegenständen (Beweismittel) wur-de eine mobile Dokumentenkamera am Zeugensitzplatz zur Verfügung ge-stellt. Die Kamera ist in das Mediennetz integriert.

Für richterliche Ad-hoc-Beschlüsse, die von einem Richter unterzeichnet werden müssen, steht ein Drucker in den Gerichtssälen bereit. Solche Be-schlüsse werden insbesondere hinsichtlich des Löschens von Wortbeiträgen in den Aufzeichnungen zum Schutze von Zeugen oder Betroffenen regelmä-ßig gefasst.

Signatureinrichtungen sind in die Systeme integriert, werden aber nicht ge-nutzt.

Die Verkabelung der Medienkomponenten erfolgte im Rahmen des Neubaus und ist im Wesentlichen verdeckt in den Fußböden, Saalwänden und Möbel-rückwänden umgesetzt worden. Wie oben bereits ausgeführt, sind die Mö-bel aufgrund der Verkabelung immobil.

Sämtliche Pulte sind mit den identischen technischen Komponenten ausge-stattet. So sind auf allen Tischen Bildschirme, Tastatur und Maus sowie ein Bedienfeld zur Steuerung der Bildschirmansichten und ein Mikrofon instal-liert. Für die Übersetzungen liegen Kopfhörer bereit. Am Pult des Zeugen ist ein Bildschirm mit Smart-Board-Funktion bereitgestellt worden.

C.4.3. UNTERSTÜTZUNG DES VERFAHRENSABLAUFES

Mit Hilfe der Smart-Board-Funktion kann der Zeuge auf Dokumenten, die ihm auf diesem Bildschirm angezeigt werden, Notizen oder Markierungen aufbringen, die seine Zeugenaussage visuell konkretisieren. Dies wird vor al-lem für die Aussagen über Örtlichkeiten genutzt. Es werden Land- oder Stadtkarten am Bildschirm visualisiert, auf dem der Zeuge dann bestimmte Örtlichkeiten oder Vorgänge markieren bzw. einzeichnen kann.

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

An jedem Arbeitsplatz kann ausgewählt werden, welche Informationen aus welchem Kanal auf dem eigenen Bildschirm angezeigt werden sollen. Die Steuerung der Bildschirmansicht erfolgt über ein auf dem Schreibtisch fest installiertes Bedienelement, bestehend aus sieben Tasten. Einer der Kanäle ermöglicht den Zugang zum Computer und somit den Zugriff auf Dokumen-te, Internet, E-Mailprogramme. Über die anderen Kanäle werden audiovisu-elle Inhalte präsentiert.

Nachfolgende Bildschirmansichten stehen zur Auswahl:

- Zugriff auf den Computer und somit auf Dokumente und Program-me

- Anzeige der audiovisuellen Aufzeichnung der Verhandlung

- Anzeige der Aufzeichnung der im Sitzungssaal installierten Zeugen-

kamera

- Anzeige der Aufzeichnung der Zeugenkamera im Nebenraum mit

englischer Übersetzung

- Anzeige der Aufzeichnung der Zeugenkamera im Nebenraum mit

französischer Übersetzung

- Anzeige des Vollprotokolls mit der Möglichkeit, sowohl private als

auch für die Richter sichtbare Notizen anzubringen

- Bildschirmanzeige des führenden PCs (PC1 am Sitzplatz des Court

Officers)

Die Richter haben die Möglichkeit, die Anzeige auf den Bildschirmen an sämtlichen Arbeitsplätzen zentral vorzugeben. Hierfür ist der sogenannte führende PC (PC1) des Court Officers zu nutzen. Die Steuerung und die An-zeige bestimmter Dokumente übernimmt dieser im Auftrag des Richters.

Einige Richter (die, die es wünschten), die Richterassistenten und der Court Officer können an ihren Plätzen auf zwei Bildschirme zurückgreifen, um die Informationen von zwei verschiedenen Kanälen gleichzeitig einsehen zu kön-nen. Diese Ausstattung entspricht derzeit der maximalen Kapazität. Die Inte-gration von weiteren Bildschirmen oder anderen Hardwarekomponenten kann über die vorhandene Infrastruktur nicht realisiert werden.

Sollten Verfahrensbeteiligte andere als die allgemein zur Verfügung stehen-den Dokumente benötigen, nutzen sie einen eigenen Laptop. Allerdings wird der Zugriff auf die bereitgestellten Dokumente über eigene Hard- und Soft-ware nicht unterstützt. Sofern ein Verfahrensbeteiligter dies wünscht, muss er selbst für eine fehlerfreie Funktionalität sorgen.

Für die Kommunikation zwischen den Richtern und Assistenzrichtern wird auf E-Mail zurückgegriffen.

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C.4. Anlage: Bericht Den Haag

Trotz führender elektronischer Akte werden in der Verhandlung auch Pa-pierdokumente genutzt. Da eine Papierakte nicht geführt wird, entscheiden die Richter und Richterassistenten eigenverantwortlich, welche Dokumente sie für die Verhandlung ausdrucken.

Vor und während eines Verfahrens erhalten sämtliche Beteiligte eine halbtä-gige Schulung im Umgang mit den Hard- und Softwarekomponenten. Die Be-teiligten werden gebeten, stets eine halbe Stunde vor Beginn der Verhand-lung zu erscheinen, um technischen Support erhalten zu können. Während der Verhandlung steht der Court Officer auch als Ansprechpartner für die Bedienung der Komponenten bereit. Zudem sind stets zwei bis drei Perso-nen des technischen Supports abrufbereit. Dem Internationalen Strafge-richtshof einschließlich der Staatsanwaltschaft stehen insgesamt 55 IT-Fach-kräfte ständig zur Verfügung.

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

C.5. ANLAGE: RECHERCHEBERICHT AUSLAND

C.5.1. ÜBERSICHT

Bei der vergleichenden Betrachtung von Gerichtssälen, in denen moderne Technologie eingesetzt wird, lässt sich hinsichtlich der eingesetzten Geräte eine Schnittmenge bilden. Die Großzahl der Säle in den hinsichtlich der Ge-richtssaaltechnologie fortgeschrittenen USA und anderen Ländern ist mit Bildschirmen an den Plätzen für die Richter, Protokollanten und Verfahrens-beteiligten ausgestattet, die zumindest über eine Maus zur Steuerung verfü-gen. Häufig stehen an allen Arbeitsplätzen auch Tastaturen zur Verfügung. Wo dies nur an den Richtersitzplätzen der Fall ist, erfolgt eine Steuerung der Monitorkanäle weitestgehend durch den Richter oder einen Gerichtsbe-diensteten mittels zentraler, meist drahtlos-portabler Steuereinheit.

In Verhandlungen, bei denen protokolliert wird, gibt es in der Regel die Möglichkeit, auf einem der Monitorkanäle die Mitschrift in Echtzeit zu ver-folgen. Viele der Säle sind gleichzeitig mit Video- oder zumindest Audioauf-zeichnungseinrichtungen ausgestattet; Spracherkennungssysteme sind die Ausnahme. Zumindest in den Verhandlungsräumen neueren Ausstattungs-datums sind zusätzlich neben den Bildschirmen für Verfahrensbeteiligte auch Großbildschirme für die Öffentlichkeit an den Wänden befestigt.

Dokumentenkamera,Samsung SDP-900DXA

Sehr häufig anzutreffen sind die sogenannten Dokumentenkameras. Dabei handelt es sich um Geräte, die ähnlich einem „Overheadprojektor“ in der Lage sind, das Abbild von Dokumenten und Gegenständen zu projizieren. Der Unterschied zu den Overheadprojektoren besteht darin, dass die Doku-mentenkameras digital arbeiten: Das von einer sich automatisch kalibrieren-den Kamera erzeugte Bildsignal wird an einen digitalen Bildausgang geleitet, von wo es beispielsweise an einen einzelnen Beamer oder direkt auf alle Monitore im Raum weitergeleitet werden kann. Einzelne Bilder können ab-

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

gespeichert werden und Details lassen sich stufenlos vergrößern. Die meis-ten der Geräte haben auch zusätzliche Eingänge für USB-Sticks und sonstige Speichermedien sowie Bildsignaleingänge für Laptops.

Die international bislang publizierten Erfahrungen und Fallstudien legen in-dessen die Einschätzung nahe, dass es weniger auf die spezifischen Eigenhei-ten der entsprechenden Hardware als solche ankommt. Für die Akzeptanz und den produktiven Einsatz der Technologien ist vielmehr die Software bzw. die Benutzungsmöglichkeit entscheidend.

Neben den notwendigen Geräten zur steuerbaren Darstellung elektroni-scher Medien (also Bildschirme bzw. -projektoren, Tastatur und Maus) kommt es vor allem darauf an, wie einfach und nahtlos die verhandlungser-heblichen Dateien sich außerhalb der dem Anwender vertrauten Umgebung seiner eigenen Computeroberfläche und unter den verschiedenen Bedin-gungen unterschiedlicher Verfahrensordnungen im Gerichtssaal verwenden lassen. Diese Fragen werden – unabhängig vom Idealfall einer vollkommen papierlosen e-Aktenverhandlung – hauptsächlich beeinflusst von der Vernet-zung der einzelnen Verfahrensbeteiligten und den Anforderungen an die ge-meinsame Betrachtung und Kommentierung einzelner Dateien.

Die meisten Gerichten, die wenigstens einfache Formen des „e-filing“ unter-stützen, haben deshalb im Laufe der Zeit die den Gegebenheiten ihrer Ver-handlungsführung eigenen Besonderheiten zum Anlass genommen, spezifi-sche Ratgeber zu erstellen, die eine möglichst reibungslose Verhandlung vor allem durch die nicht nur juristisch, sondern auch technisch entsprechend sorgfältige Vorbereitung sicherstellen sollen. Manche Gerichte knüpfen die Verhandlung in einem „e-courtroom“ sogar an die Bedingung, dass die ver-handelnden Parteivertreter vorher bestimmte Trainingskurse besucht ha-ben. Der damit sowohl für Gericht als auch die Parteien einhergehende zu-sätzliche Aufwand amortisiert sich aber relativ schnell; für den US-amerika-nischen Raum verfügbare Berichte haben eine durchschnittliche Verfahrens-beschleunigung von 25 bis 30% festgestellt. Dies gilt selbst dann, wenn die im Gerichtssaal Einsatz findende „moderne“ Technik schon etwas älter ist (in dem erwähnten Untersuchungsraum gab es, soweit summarisch feststellbar, um die Jahrtausendwende einen entsprechenden Modernisierungsschub mit einer Vielzahl von neu eingerichteten „e-courtrooms“).

Hinsichtlich der Überlegungen zur bestmöglichen Einrichtung technologieun-terstützter Gerichtssäle erlauben diese Erfahrungen den Schluss, bei der Ent-scheidung für bestimmte Geräte sich weniger von den technischen Eigen-schaften als solchen leiten zu lassen: Nach aller Erfahrung wird es schon in kurzer Zeit ein neues Gerät geben, das die alten Geräte übertrifft. Entschei-dend sind vielmehr an den Besonderheiten der einzelnen Verfahrensord-nungen orientierte ergonomische Aspekte, sowohl im Hinblick auf innenar-chitektonische als auch softwaretechnische Fragen. In der Übergangsphase auf dem Weg hin zum vollständig papierlosen Gericht wird beispielsweise

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

auf den Tischen der Verfahrensbeteiligten für mehr Gegenstände Platz sein müssen als entweder Maus und Tastatur oder Literatur und klassische Doku-mentsammlungen. Wo dies die räumlichen Verhältnisse zulassen, sind ent-sprechend ausreichend groß dimensionierte Tische eine Lösung. Anderen-orts wird mit „versenkten“, in die Tischplatte unter Glas eingelassenen Bild-schirmen gearbeitet. Diese Lösung ist besonders für Verfahrensarten geeig-net, bei denen der Fokus auf der mündlichen Verhandlungsführung liegt. Die technische Ausstattung tritt hier zumindest optisch in den Hintergrund, ohne das damit eine Einschränkung der Bedien- und Lesbarkeit einherginge. Die Sichtfelder der Verfahrensbeteiligten sind z.B. nicht durch Bildschirme beschränkt.

Bei den untersuchten Konzepten hat sich für diese Herausforderung, anders als etwa bei den mittelfristig noch nützlichen Dokumentenkameras, bislang aber keine Lösung durchsetzen können. Nicht jedes Konzept ist zudem eins-zu-eins übertragbar. Hier sei beispielsweise auf die Anforderungen etwa der Bildschirmarbeitsverordnung hingewiesen.

Konzepte für versenkte Bildschirme

Die folgenden Beispiele von Gerichtssälen sind eine gezielte Auswahl von Er-gebnissen einer ausführlichen Internetrecherche im Dezember 2009. Vor al-lem für die USA lassen sich zahlreiche Gerichte finden, die entsprechend ausgestattete Säle haben. Mangels ausreichender Unterschiede sowohl bei Geräte- als auch Raumausstattung wurden aber nur einige ausgewählt. Für manch andere Staaten und Länder lassen sich vereinzelte „Leuchtturmpro-jekte“ finden, von denen exemplarisch vor allem diejenigen ausgewählt wur-den, deren Dokumentation ausreichende Informationen liefern. Hierdurch Sinne ist auch die teilweise nicht optimale Bildqualität zu erklären.

C.5.2. AUSTRALIEN

C.5.2.1 BUNDESSTAAT QUEENSLAND

Für Zivilprozesse mit voraussichtlich mehr als 500 Dokumenten läuft ein Pi-lotprojekt, für das sämtliche Bezirksgerichte und der Supreme Court in die Lage versetzt wurden, „eTrials“ zu führen, bei denen vorzugsweise sämtliche

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Dokumente papierlos in einem „eCourtbook“ gesammelt und auch in der Verhandlung begutachtet werden.

Bild von http://www.courts.qld.gov.au/4265.htm

Link:

Übersichtsseite des Justizministeriums:

http://www.courts.qld.gov.au/4265.htm

Kontakt:

[email protected]

C.5.2.2 BUNDESSTAAT VICTORIA

Die Gerichtsverwaltung des Justizministeriums hatte ein vierjähriges „Inte-grated Courts Management System“ Programm aufgelegt, dessen Hauptau-genmerk auf der Erstellung integrierter Fall- und Dokumentenmanagement-systeme für alle Gerichte lag. Ziel war die Vereinheitlichung der Vielzahl schon bestehender Systeme sowie die Verbesserung der Verwendung neuer Technologien im Gerichtssaal. Das Projekt hatte ein Budget von knapp 28 Mio. Euro, das, ebenso wie der zeitliche Rahmen (+14 Monate), schon um mehr als 8 Mio. Euro überschritten wurde (Stand Juni '09).

Supreme Court of Victoria, Melbourne:

Übersichtsseite des Justizministeriums:

http://www.justice.vic.gov.au/wps/wcm/connect/DOJ+Internet/Home/Courts/The+Court+System/Technology+in+Courts/

Übersichtsseite des Supreme Court:

http://www.supremecourt.vic.gov.au/wps/wcm/connect/Supreme+Court/Home/Courtroom+Technology/

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Richtlinien für die Verwendung elektronischer Dokumente:

http://www.supremecourt.vic.gov.au/wps/wcm/connect/Supreme+Court/Home/Practice+and+Procedure/Practice+Notes+%26+Statements/SUPREME+-+Practice+Note+No.1+of+2007+%28PDF%29

Umfassender Audit mit Fehleranalyse:

http://download.audit.vic.gov.au/files/20090610_icms_full_report.pdf

Kontakt:

Mr. Peter Washington (eLitigation Coordinator)Principal Registrar,

Supreme Court of VictoriaTel: +61 3 9603 9285

[email protected]

C.5.3. NORDIRLAND UND IRLAND

C.5.3.1 IRISH COURTS SERVICE

Criminal Courts Complex Dublin

Bildquelle s. Meldungen

Für 140 Mio. Euro wurde in Dublin ein komplett neues Gerichtsgebäude mit insgesamt 22 „hi-tech courtrooms“ errichtet, die alle mit Videokonferenzsys-temen, digitaler Audio- und Videoaufzeichnungstechnik sowie Einrichtungen zur Darstellung elektronischer Beweismittel ausgestattet sind. Erste Ver-handlungen fanden am 6. Dezember 2009 statt. Der Gesamtbetrieb wird am 11. Januar 2010 aufgenommen.

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Meldungen:

http://www.courts.ie/courts.ie/library3.nsf/16c93c36d3635d5180256e3f003a4580/487ec306f36c3b96802572d1003c8d55?OpenDocument

und

http://www.courts.ie/Courts.ie/Library3.nsf/0/487B28F3C909A4F68025764A00404AEF?OpenDocument

Siehe auch:

Fujitsu Case Study für Commercial Court Dublin und Cork Courthouse:

http://www.fujitsu.com/downloads/SVC/fs/casestudies/irish-courts-service.pdf

C.5.3.2 NORTHERN IRELAND COURT SERVICE

Der „Northern Ireland Court Service“ hatte einen Auftrag ausgeschrieben, während der Laufzeit von 10 Jahren für die von ihm verwalteten 21 Gerichte ein „Integrated Court Operation System“ (ICOS) zu entwickeln und zu imple-mentieren, inklusive Unterstützung für online Gerichtsdienste, Anbindung der Justizverwaltung und Ausstattung der Säle mit moderner EDV-Technik.

Das Projekt wurde 2009 pünktlich und im Rahmen des Budgets (ca. 40 Mio. Euro) abgeschlossen. Die Verbreitung modernisierter Gerichtssäle ist bemer-kenswert.

Ausschreibung „Integrated Court Operation System“

Fujitsu Case Study:

http://www.fujitsu.com/downloads/SVC/fs/casestudies/northern-ireland-cour-t.pdf

Electronic Presentation of Evidence (EPE):

http://www.fujitsu.com/downloads/EU/uk/industries/government/epe-datas-heet.pdf

Laganside Courts

2003 wurde in Belfast der Neubau eines Gerichtsgebäudes mit insgesamt 16 Sälen eingeweiht, bei dem von Planungsbeginn an im Rahmen des ICOS Pro-gramms die Anforderungen moderner Technologien an Raumplanung und Raumausstattung architektonisch berücksichtigt wurden. Zwei der Säle sind explizit als „courtroom of the future“ eingerichtet worden und werden mo-mentan für Zivil- und Strafsachen benutzt.

Details Gerichtssaal, Laganside Courts.

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Ausschnitt von http://www.nao.org.uk/idoc.ashx?docId=0ac1a336-f685-4945-bf43-b489db4e5614&version=-1 (PDF, Seite 5)

Gerichtssaal Laganside Courts.Bild von http://www.courtsni.gov.uk/en-

gb/about_us_new/community+programmes/heritage/p_ht_lagansidecourthouse.htm

Kontakt:

Northern Ireland Court ServiceInformation Centre

Laganside House23 - 27 Oxford StreetBelfast, BT1 3LA

Tel +44 28 9032 8594Fax +44 28 9072 8942

[email protected]

http://www.courtsni.gov.uk/en-gb/about_us_new/community+programmes/he-ritage/p_ht_lagansidecourthouse.htm

C.5.4. DEUTSCHLAND

Internationaler Seegerichtshof, HamburgDas neu errichtete Gebäude (Kosten ca. 125 Mio. Euro) wurde im Sommer 2000 eingeweiht. Gegenstand der Ausschreibung war der Bau eines moder-nen Komplexes mit „up-to-date technology to promote the most efficient and expeditious administration of justice“ (Registrar of the ITLOS, ITLOS/Press 36 17 July 2000).

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Bild von http://www.blankenese.de/index.php?id=1271 (bearbeitet)

Bild von http://www.vfds.de/Fotogalerie.htm (bearbeitet)

Kontakt:

The RegistrarInternational Tribunal for the Law of the Sea

Am Internationalen Seegerichtshof 122609 Hamburg

Tel. (49) 40 35607-0Fax (49) 40 35607-275

[email protected]

http://www.itlos.org/start2_en.html

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

C.5.5. NIEDERLANDE

C.5.5.1 INTERNATIONALER STRAFGERICHTSHOF JUGOSLAWIEN (ICTY), DEN HAAG

Die 1996 eingeweihten Gerichtssäle wurden zuletzt 2005 modernisiert. Je-der Verfahrensbeteiligte hat an seinem Sitz einen Monitor mit Maus und Tastatur. Während der Verhandlung stehen vier „Monitorkanäle“ bereit: Zwei sind für die Wiedergabe von elektronischen und „handfesten“ Beweis-mitteln bestimmt, einer für die zeitgleiche Wiedergabe der Aufzeichnungen des Protokollführers und ein weiterer für die Übertragung des Videobilds der Verhandlung.

Bild von http://www.icty.org/sections/Press/PhotoGallery

Kontakt:

International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia

Churchillplein 12517 JW The Hague

The Netherlands

Tel. (+31) (0) 70 512 8752 / 5343 / 5356

[email protected]

http://www.icty.org/sid/167

C.5.5.2 INTERNATIONALER STRAFGERICHTSHOF (ICC), DEN HAAG

Das Gericht tagt seit 2006. Jeder Sitzplatz ist mit Monitor, Mikrofon, Tasta-tur und Maus ausgestattet. Das Verfahren ist als „e-court“ konzipiert, nach der Verfahrensordnung „sollen“ Dokumente und Beweismittel soweit wie möglich papierlos eingereicht werden. Auf den Monitoren können die Auf-

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

zeichnungen des Protokollführers in Echtzeit angezeigt werden. Videosignal- und Dokumentansichtsmodus sind ebenfalls vorhanden. Das Gericht bedient sich eines eigens entwickelten Dokumenten- und Verfahrensverwaltungssys-tems.

Bild von http://www.flickr.com/photos/icc-cpi/3817377006/sizes/o/

Links

„Virtuelle Touren“ sind verfügbar unter

http://www.icc-cpi.int/Menus/ICC/Press+and+Media/Virtual+Tour

insbesondere

http://www.icc-cpi.int/uploads/panoramas/en/panorama09.html

Für eine Beschreibung des e-Courts s. auch den „ICC-Newsletter“ #3 aus 2005, insbesondere dort S. 8:

http://www.icc-cpi.int/NR/rdonlyres/81884A5E-ACC0-4BDC-9809-BA97EA408E22/278479/ICCNL3200502_En.pdf

Kontakt:

International Criminal Court

Maanweg, 1742516 AB, The Hague

The Netherlands

Tel. (+31) (0) 70 515 8515Fax (+31) (0) 70 515 8555

[email protected]

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

http://www.icc-cpi.int

evidence presentation system“ ermöglicht eine medienbruchfreie Verhand-lung.

Die bislang gemachten Erfahrungen hinsichtlich der Verhandlungsvorberei-tung und -durchführung haben das Gericht veranlasst, für Anwälte eine Rei-

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

he von Trainingsvideos zu produzieren, aus denen sich der Einsatz der Tech-nik im Gerichtssaal ersehen lässt. Siehe dazu:

http://informatics.iupui.edu/~ehuang/training/

C.5.6.2 COURT OF COMMON PLEAS, PENNSYLVANIA

In Pennsylvania (Stadt) gibt es einen „High Technology Courtroom 625“, der den Verfahrensbeteiligten unabhängig davon, ob das Verfahren elektronisch geführt wurde, die Benutzung digitaler Medien im Gerichtssaal ermöglicht. Nach den bisherigen Erfahrungen beschleunigt dies die Verhandlungen durchschnittlich um ein Drittel.

Bildausschnitt von http://www.techlawyergy.com/200412.pdf,dort Seite 57. Fotograf: Jeff Lyons.

Technische Merkmale:

- Bildschirme sowie Anschlüsse für externe Bildquellen an den Plät-zen aller Verfahrensbeteiligter, mitsamt Stromsteckern

- Annotationsmöglichkeiten durch Touchscreens

- Dokumentenkameras (digitale Overheadprojektion)

- (Video-) Telefonkonferenzsystem

- Zentrale Steuerung der Technik über vereinfachte Oberfläche auf einem tragbaren, berührungsempfindlichen Flachbildschirm

Weitere Informationen:

„fact-sheet“ zum courtroom 625:

http://fjd.phila.gov/pdf/brochures/625-fact-sheet.pdf

Artikel in „The Philadelphia Lawyer“, Winter 2005, S. 56-57:

http://www.techlawyergy.com/200412.pdf

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Kontakt:

Sean MacGregor,Courtroom TechnologistCivil Administration, Trial Division - Civil

Room 296 City HallPhiladelphia PA 19107

Tel. (+1) 215 686-4245

[email protected]

http://fjd.phila.gov/courtroom625.html

C.5.6.3 DISTRICT COURT MIDDLE DISTRICT OF PENNSYLVANIA

Der Gerichtssaal „courtroom #2“ wurde bereits 1999 im Hinblick auf „e-court“ Verfahren umgestellt.

Broschüre mit detaillierter Beschreibung der eingesetzten Geräte:

http://www.pamd.uscourts.gov/docs/elec-cr.pdf

Als Dokumentenkamera wird der „ELMO Presenter“ eingesetzt. Broschüre über die Einsatzmöglichkeiten während des Verfahrens:

http://www.pamd.uscourts.gov/docs/elmo.pdf

Herstellerbroschüre ELMO:

http://www.elmo-europe.net/fileadmin/downloads/-PDF_Broschueren/P30S/Togetstarted_P30S_de.pdf

C.5.6.4 WEITERE GERICHTE MIT „E-COURTROOMS“

Es gibt zahlreiche weitere Gerichte, bei denen Säle sowohl architektonisch als auch technisch für die Anforderungen eines „e-courts“ hergerichtet wur-den. Die übliche technische Ausstattung umfasst dabei regelmäßig (Video-) Konferenzsysteme, vernetzte Bildschirmsitzplätze, Dokumentenkameras (wie ELMO), berührungsempfindliche Annotationssysteme und Steuersyste-me. Häufig stammt die Technik aus den Jahren um 2000.

Superior Court Maricopa County, Arizona

Mehrere Säle sind als „e-courtroom“ ausgestattet.

http://www.superiorcourt.maricopa.gov/SuperiorCourt/E-Courtroom/Index.asp

Bilder:

http://www.superiorcourt.maricopa.gov/SuperiorCourt/E-Courtroom/slideshow/eCourt1.asp

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

US District Courts of South Dakota, South Dakota

Alle Fillialen des Gerichts sind mit „e-courtrooms“ ausgestattet. Sehenswert ist insbesondere „Rapid City“ wegen Fotos der Kontrolltechnik und „Sioux Falls“ mit einem 2009 baulich und technisch komplett renovierten Saal.

https://www.sdd.uscourts.gov/courtrooms/courtroomtech.html

Bearbeiteter Bildausschnitt von www.sdd.uscourts.gov/courtrooms/pics/sf/srcf3/after/112c.jpgkomplett renovierter „Sioux Falls Courtroom 3“ mit Detail Dokumentenkamerastation

Delaware Superior Courts, Delaware

Ausgehend von einem Pilotprojekt des Delaware Superior Court in Wilming-ton (1999) wurden 2001 und 2002 weitere Fillialen mit modernen Sälen aus-gestattet. Die Ausstattung entspricht dem üblichen Standard. Erwähnens-wert ist insoweit die Verwendung von „Smart Boards“, einer Art elektroni-scher Wandtafel, welche berührungsempfindlich ein projiziertes Bild dar-stellt, auf dem auch geschrieben werden kann.

http://courts.delaware.gov/Courts/Superior%20Court/eLitigation/?tech_cr-trms.htm

Insbesondere „Smart Board“:

http://courts.delaware.gov/Courts/Superior%20Court/eLitigation/?tech_crtrm_hard.htm

The Courtroom 21 Project, Virginia

Das „Courtroom 21: Center for Legal and Court Technology“ Projekt ent-stand schon 1993 am „National Center for State Courts“ in Williamsburg, Virginia. Es nimmt für sich in Anspruch, die Keimzelle für die Entwicklung der Idee des „e-courtrooms“ zu sein. Gebaut wurde der Saal als Versuchslabor für neue Technologien und Trainingsstätte für Jurastudenten. Mit der konti-nuierlichen Verbreitung der entsprechenden Technologien in den US-ameri-kanischen Gerichten fanden in den letzten Jahren auch zunehmend Kurse für Angehörige der Rechtspflege statt. Das Projekt hat sich mittlerweile kommerzialisiert und verlangt Gebühren für eine Mitgliedschaft, in dessen Rahmen Zugang zu Konferenzen und Erfahrungsdokumentationen gewährt wird.

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Bildausschnitt von http://www.legaltechcenter.net/aspx/aboutcourtroom.aspx

http://www.legaltechcenter.net/aspx/aboutcourtroom.aspx

Ninth Judicial Circuit Court of Florida, Florida

Der örtliche „Courtroom 23“ grundet auf den Erfahrungen des Projekts in Williamsburg und stellt eine der ersten Umsetzungen für den echten Ge-richtsalltag dar.

http://www.ninthcircuit.org/programs-services/courtroom23/

http://www.ninja9.org/courtadmin/mis/courtroom_23.htm

Court Technology Conference, verschiedene Orte in den USA

Seit 1984 veranstaltet das non-profit „National Center for State Courts“ im Abstand von zwei Jahren die Konferenz als Austauschplattform für Richter, Justizangestellte und sonstige Interessierte mit fast 2700 Teilnehmern aus 29 Ländern. Die letzte Konferenz fand im September 2009 statt. Sowohl für diese als auch die vorhergehende Konferenz ist ein Großteil der Präsentati-onsmaterialien im Netz verfügbar. Thematisch geht es hauptsächlich um die Erfahrungen von juristischen und technischen Praktikern. Die nächste Konfe-renz wird vom 4.-6. Oktober 2011 in Longbeach (Kalifornien) stattfinden.

10. Konferenz: Session papers:

http://www.ctc10.org/sites/S69/index.php?p=781

11. Konferenz: Session papers:

http://www.securewebcc.com/sites/S81/index.php?p=1820

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

C.5.7. KANADA

Supreme court of Canada, OttawaDer große Verhandlungssaal des Obersten Kanadischen Gerichtshofs in Otta-wa wurde im Sommer 2009 im Rahmen eines zweijährigen Renovierungs-programms an die Erfordernisse eines „e-courtrooms“ angepasst. Insgesamt wurden 50 sicher miteinander vernetzte Laptops so in die Tische eingebaut, dass nur deren Bildschirme zu sehen und über eine freiliegende Maus zu be-dienen sind, was für den Regelbetrieb während eines Verfahrens ausrei-chend ist.

Dadurch bleibt ausreichend Platz auf den Tischen für sonstige Unterlagen. Gegebenenfalls kann aber über das Öffnen und Versenken der Tischplatte die Laptoptatstatur freigelegt werden. Auf den Richtertischen stehen sepa-rate, schnurlose Tastaturen zur Verfügung. Ein drahtloser Internetzugang kann verfügbar gemacht werden.

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C.5. Anlage: Recherchebericht Ausland

Alle Bilder von http://www.scc-csc.gc.ca/vis/gal/cr-sa-eng.aspPhotograph Phillip Landreville

„Virtual Tour“ (Quicktime plugin erforderlich):

http://www.scc-csc.gc.ca/vis/tour/quicktime/qt-cr-sa-eng.asp

Artikel über die Renovierungsarbeiten des staatlichen Dienstleisters:

http://www.tpsgc-pwgsc.gc.ca/bulletin/fa-db/2009/2009-02/2009-02-008-eng.html

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C.6. Anlage: Arbeitsschutz-G und Bildschirmarbeits-VO

C.6. ANLAGE: ARBEITSSCHUTZ-G UND BILDSCHIRMARBEITS-VO

C.6.1. ARBEITSSCHUTZGESETZ (AUSZUG)Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Ver-besserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG).

Vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 15 Ab-satz 89 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160.

§ 1 Zielsetzung und Anwendungsbereich

(I) Dieses Gesetz dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Be-schäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Es gilt in allen Tätigkeitsbereichen und findet im Rahmen der Vorgaben des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1799) auch in der ausschließlichen Wirtschaftszone Anwendung.

(II) Dieses Gesetz gilt nicht für den Arbeitsschutz von Hausangestellten in privaten Haushalten. Es gilt nicht für den Arbeitsschutz von Be-schäftigten auf Seeschiffen und in Betrieben, die dem Bundesbergge-setz unterliegen, soweit dafür entsprechende Rechtsvorschriften be-stehen.

(III) Pflichten, die die Arbeitgeber zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit nach sonstigen Rechtsvorschriften haben, bleiben unberührt. Satz 1 gilt entspre-chend für Pflichten und Rechte der Beschäftigten. Unberührt bleiben Gesetze, die andere Personen als Arbeitgeber zu Maßnahmen des Arbeitsschutzes verpflichten.

(IV) Bei öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften treten an die Stelle der Betriebs- oder Personalräte die Mitarbeitervertretungen entsprechend dem kirchlichen Recht.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(I) Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeits-bedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit.

(II) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind:

1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

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2 die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,

3 arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 des Ar-beitsgerichtsgesetzes, ausgenommen die in Heimarbeit Be-schäftigten und die ihnen Gleichgestellten,

4 Beamtinnen und Beamte,

5 Richterinnen und Richter,

6 Soldatinnen und Soldaten,

7 die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten.

(III) Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes sind natürliche und juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 2 beschäftigen.

(IV) Sonstige Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Regelun-gen über Maßnahmen des Arbeitsschutzes in anderen Gesetzen, in Rechtsverordnungen und Unfallverhütungsvorschriften.

(V) Als Betriebe im Sinne dieses Gesetzes gelten für den Bereich des öf-fentlichen Dienstes die Dienststellen. Dienststellen sind die einzel-nen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der sonstigen Körper-schaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die Ge-richte des Bundes und der Länder sowie die entsprechenden Einrich-tungen der Streitkräfte.

(...)

§ 13 Verantwortliche Personen

(I) Verantwortlich für die Erfüllung der sich aus diesem Abschnitt erge-benden Pflichten sind neben dem Arbeitgeber

1 sein gesetzlicher Vertreter,

2 das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person,

3 der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhan-delsgesellschaft,

4 Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse,

5 sonstige nach Absatz 2 oder nach einer auf Grund dieses Geset-zes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Unfallverhü-

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tungsvorschrift beauftragte Personen im Rahmen ihrer Aufga-ben und Befugnisse.

(II) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schrift-lich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Ge-setz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

(...)

§ 18 Verordnungsermächtigungen

(I) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die sonstigen verantwortlichen Personen zu treffen haben und wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, um ihre jeweiligen Pflichten, die sich aus diesem Gesetz ergeben, zu er-füllen. In diesen Rechtsverordnungen kann auch bestimmt werden, daß bestimmte Vorschriften des Gesetzes zum Schutz anderer als in § 2 Abs. 2 genannter Personen anzuwenden sind.

(II) Durch Rechtsverordnungen nach Absatz 1 kann insbesondere be-stimmt werden,

1 daß und wie zur Abwehr bestimmter Gefahren Dauer oder Lage der Beschäftigung oder die Zahl der Beschäftigten be-grenzt werden muß,

2 daß der Einsatz bestimmter Arbeitsmittel oder -verfahren mit besonderen Gefahren für die Beschäftigten verboten ist oder der zuständigen Behörde angezeigt oder von ihr erlaubt sein muß oder besonders gefährdete Personen dabei nicht beschäf-tigt werden dürfen,

3 daß bestimmte, besonders gefährliche Betriebsanlagen ein-schließlich der Arbeits- und Fertigungsverfahren vor Inbetrieb-nahme, in regelmäßigen Abständen oder auf behördliche An-ordnung fachkundig geprüft werden müssen,

4 daß Beschäftigte, bevor sie eine bestimmte gefährdende Tätig-keit aufnehmen oder fortsetzen oder nachdem sie sie beendet haben, arbeitsmedizinisch zu untersuchen sind und welche be-sonderen Pflichten der Arzt dabei zu beachten hat,

5 daß Ausschüsse zu bilden sind, denen die Aufgabe übertragen wird, die Bundesregierung oder das zuständige Bundesministe-rium zur Anwendung der Rechtsverordnungen zu beraten, dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechende Regeln und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Er-kenntnisse zu ermitteln sowie Regeln zu ermitteln, wie die in

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den Rechtsverordnungen gestellten Anforderungen erfüllt wer-den können. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Regeln und Erkenntnisse amtlich bekannt machen.

§ 19 Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften und zwischenstaatli­che Vereinbarungen

Rechtsverordnungen nach § 18 können auch erlassen werden, soweit dies zur Durchführung von Rechtsakten des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder von Beschlüssen internationaler Or-ganisationen oder von zwischenstaatlichen Vereinbarungen, die Sachbe-reiche dieses Gesetzes betreffen, erforderlich ist, insbesondere um Ar-beitsschutzpflichten für andere als in § 2 Abs. 3 genannte Personen zu re-geln.

(...)

C.6.2. BILDSCHIRMARBEITSVERORDNUNG

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bild-schirmgeräten (Bildschirmarbeitsverordnung – BAV).

Vom 4. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1843), zuletzt geändert durch Artikel 7 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768)

§ 1 Anwendungsbereich

(I) Diese Verordnung gilt für die Arbeit an Bildschirmgeräten.

(II) Diese Verordnung gilt nicht für die Arbeit an

1 Bedienerplätzen von Maschinen oder an Fahrerplätzen von Fahr-zeugen mit Bildschirmgeräten,

2 Bildschirmgeräten an Bord von Verkehrsmitteln,

3 Datenverarbeitungsanlagen, die hauptsächlich zur Benutzung durch die Öffentlichkeit bestimmt sind,

4 Bildschirmgeräten für den ortsveränderlichen Gebrauch, sofern sie nicht regelmäßig an einem Arbeitsplatz eingesetzt werden,

5 Rechenmaschinen, Registrierkassen oder anderen Arbeitsmitteln mit einer kleinen Daten- oder Meßwertanzeigevorrichtung, die zur unmittelbaren Benutzung des Arbeitsmittels erforderlich ist, sowie

6 Schreibmaschinen klassischer Bauart mit einem Display.

(III) Die Verordnung gilt nicht in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen.

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(IV) Das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das Bundesministerium der Verteidigung oder das Bundesministerium der Finanzen können, soweit sie hierfür jeweils zuständig sind, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und, soweit nicht das Bundesministerium des Innern selbst zustän-dig ist, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern bestimmen, daß für bestimmte Tätigkeiten im öffentlichen Dienst des Bundes, insbesondere bei der Bundeswehr, der Polizei, den Zi-vil- und Katastrophenschutzdiensten, dem Zoll oder den Nachrich-tendiensten, Vorschriften dieser Verordnung ganz oder zum Teil nicht anzuwenden sind, soweit öffentliche Belange dies zwingend erfordern, insbesondere zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstel-lung der öffentlichen Sicherheit. In diesem Fall ist gleichzeitig festzu-legen, wie die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftig-ten nach dieser Verordnung auf andere Weise gewährleistet wer-den.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(I) Bildschirmgerät im Sinne dieser Verordnung ist ein Bildschirm zur Darstellung alphanumerischer Zeichen oder zur Grafikdarstellung, ungeachtet des Darstellungsverfahrens.

(II) Bildschirmarbeitsplatz im Sinne dieser Verordnung ist ein Arbeits-platz mit einem Bildschirmgerät, der ausgestattet sein kann mit

1 Einrichtungen zur Erfassung von Daten,

2 Software, die den Beschäftigten bei der Ausführung ihrer Ar-beitsaufgaben zur Verfügung steht,

3 Zusatzgeräten und Elementen, die zum Betreiben oder Benutzen des Bildschirmgeräts gehören, oder

4 sonstigen Arbeitsmitteln,

sowie die unmittelbare Arbeitsumgebung.

(III) Beschäftigte im Sinne dieser Verordnung sind Beschäftigte, die ge-wöhnlich bei einem nicht unwesentlichen Teil ihrer normalen Arbeit ein Bildschirmgerät benutzen.

§ 3 Beurteilung der Arbeitsbedingungen

(I) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeits-schutzgesetzes hat der Arbeitgeber bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher

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Probleme und psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurtei-len.

§ 4 Anforderungen an die Gestaltung

(I) Der Arbeitgeber hat geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Bildschirmarbeitsplätze den Anforderungen des Anhangs und sons-tiger Rechtsvorschriften entsprechen.

(II) Bei Bildschirmarbeitsplätzen, die bis zum 20. Dezember 1996 in Be-trieb sind, hat der Arbeitgeber die geeigneten Maßnahmen nach Absatz 1 dann zu treffen,

1 wenn diese Arbeitsplätze wesentlich geändert werden oder

2 wenn die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 3 ergibt, daß durch die Arbeit an diesen Arbeitsplätzen Leben oder Ge-sundheit der Beschäftigten gefährdet ist,

3 spätestens jedoch bis zum 31. Dezember 1999.

(III) Von den Anforderungen des Anhangs darf abgewichen werden, wenn

1 die spezifischen Erfordernisse des Bildschirmarbeitsplatzes oder Merkmale der Tätigkeit diesen Anforderungen entgegenstehen oder

2 der Bildschirmarbeitsplatz entsprechend den jeweiligen Fähig-keiten der daran tätigen Behinderten unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung gestaltet wird

3 und dabei Sicherheit und Gesundheitsschutz auf andere Weise gewährleistet sind.

§ 5 Täglicher Arbeitsablauf

(I) Der Arbeitgeber hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisie-ren, daß die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, die je-weils die Belastung durch die Arbeit am Bildschirmgerät verringern.

§ 6 Untersuchung der Augen und des Sehvermögens

(I) Für die Untersuchung der Augen und des Sehvermögens einschließ-lich des Zurverfügungstellens von speziellen Sehhilfen gilt die Ver-ordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768), die im Anhang Teil 4 einen Anlass für Ange-botsuntersuchungen enthält, in der jeweils geltenden Fassung.

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§ 7 (weggefallen)

Anhang über an Bildschirmarbeitsplätze zu stellende Anforderungen.

Bildschirmgerät und Tastatur

1. Die auf dem Bildschirm dargestellten Zeichen müssen scharf, deut-lich und ausreichend groß sein sowie einen angemessenen Zeichen- und Zeilenabstand haben.

2. Das auf dem Bildschirm dargestellte Bild muß stabil und frei von Flimmern sein; es darf keine Verzerrungen aufweisen.

3. Die Helligkeit der Bildschirmanzeige und der Kontrast zwischen Zei-chen und Zeichenuntergrund auf dem Bildschirm müssen einfach einstellbar sein und den Verhältnissen der Arbeitsumgebung ange-paßt werden können.

4. Der Bildschirm muß frei von störenden Reflexionen und Blendun-gen sein.

5. Das Bildschirmgerät muß frei und leicht drehbar und neigbar sein.

6. Die Tastatur muß vom Bildschirmgerät getrennt und neigbar sein, damit die Benutzer eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung ein-nehmen können.

7. Die Tastatur und die sonstigen Eingabemittel müssen auf der Ar-beitsfläche variabel angeordnet werden können. Die Arbeitsfläche vor der Tastatur muß ein Auflegen der Hände ermöglichen.

8. Die Tastatur muß eine reflexionsarme Oberfläche haben.

9. Form und Anschlag der Tasten müssen eine ergonomische Bedie-nung der Tastatur ermöglichen. Die Beschriftung der Tasten muß sich vom Untergrund deutlich abheben und bei normaler Arbeits-haltung lesbar sein.

Sonstige Arbeitsmittel

10. Der Arbeitstisch beziehungsweise die Arbeitsfläche muß eine aus-reichend große und reflexionsarme Oberfläche besitzen und eine flexible Anordnung des Bildschirmgeräts, der Tastatur, des Schrift-guts und der sonstigen Arbeitsmittel ermöglichen. Ausreichender Raum für eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung muß vorhan-den sein. Ein separater Ständer für das Bildschirmgerät kann ver-wendet werden.

11. Der Arbeitsstuhl muß ergonomisch gestaltet und standsicher sein.

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12. Der Vorlagenhalter muß stabil und verstellbar sein sowie so ange-ordnet werden können, daß unbequeme Kopf- und Augenbewe-gungen soweit wie möglich eingeschränkt werden.

13. Eine Fußstütze ist auf Wunsch zur Verfügung zu stellen, wenn eine ergonomisch günstige Arbeitshaltung ohne Fußstütze nicht erreicht werden kann.

Arbeitsumgebung

14. Am Bildschirmarbeitsplatz muß ausreichender Raum für wechseln-de Arbeitshaltungen und -bewegungen vorhanden sein.

15. Die Beleuchtung muß der Art der Sehaufgabe entsprechen und an das Sehvermögen der Benutzer angepaßt sein; dabei ist ein ange-messener Kontrast zwischen Bildschirm und Arbeitsumgebung zu gewährleisten. Durch die Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes sowie Auslegung und Anordnung der Beleuchtung sind störende Blendwirkungen, Reflexionen oder Spiegelungen auf dem Bild-schirm und den sonstigen Arbeitsmitteln zu vermeiden.

16. Bildschirmarbeitsplätze sind so einzurichten, daß leuchtende oder beleuchtete Flächen keine Blendung verursachen und Reflexionen auf dem Bildschirm soweit wie möglich vermieden werden. Die Fenster müssen mit einer geeigneten verstellbaren Lichtschutzvor-richtung ausgestattet sein, durch die sich die Stärke des Tageslicht-einfalls auf den Bildschirmarbeitsplatz vermindern läßt.

17. Bei der Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes ist dem Lärm, der durch die zum Bildschirmarbeitsplatz gehörenden Arbeitsmittel ver-ursacht wird, Rechnung zu tragen, insbesondere um eine Beein-trächtigung der Konzentration und der Sprachverständlichkeit zu vermeiden.

18. Die Arbeitsmittel dürfen nicht zu einer erhöhten Wärmebelastung am Bildschirmarbeitsplatz führen, die unzuträglich ist. Es ist für eine ausreichende Luftfeuchtigkeit zu sorgen.

19. Die Strahlung muß - mit Ausnahme des sichtbaren Teils des elektro-magnetischen Spektrums - so niedrig gehalten werden, daß sie für Sicherheit und Gesundheit der Benutzer des Bildschirmgerätes un-erheblich ist.

Zusammenwirken Mensch ­ Arbeitsmittel

20. Die Grundsätze der Ergonomie sind insbesondere auf die Verarbei-tung von Informationen durch den Menschen anzuwenden.

21. Bei Entwicklung, Auswahl, Erwerb und Änderung von Software so-wie bei der Gestaltung der Tätigkeit an Bildschirmgeräten hat der

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Arbeitgeber den folgenden Grundsätzen insbesondere im Hinblick auf die Benutzerfreundlichkeit Rechnung zu tragen:

a. Die Software muß an die auszuführende Aufgabe ange-paßt sein.

b. Die Systeme müssen den Benutzern Angaben über die je-weiligen Dialogabläufe unmittelbar oder auf Verlangen machen.

c. Die Systeme müssen den Benutzern die Beeinflussung der jeweiligen Dialogabläufe ermöglichen sowie eventuelle Fehler bei der Handhabung beschreiben und deren Beseiti-gung mit begrenztem Arbeitsaufwand erlauben.

d. Die Software muß entsprechend den Kenntnissen und Er-fahrungen der Benutzer im Hinblick auf die auszuführende Aufgabe angepaßt werden können.

e. Ohne Wissen der Benutzer darf keine Vorrichtung zur qua-litativen oder quantitativen Kontrolle verwendet werden.

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