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Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer info santésuisse 2/13 Mengenausweitung

infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

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Page 1: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer

info santésuisse

2/13

Mengenausweitung

Page 2: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

InhaltNr. 2, Mai 2013. Erscheint sechsmal jährlich

aboNNeMeNtSpreiS Fr. 54.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.−

HerauSgeber uND aDMiNiStratioN santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn

VeraNtwortlicHe reDaKtioN Silvia Schütz, Ressort Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 53, Fax 032 625 41 51, E-Mail: [email protected]

HerStelluNg: Rub Media AG, Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern/Bern

geStaltuNgSKoNzept: Pomcany’s

layout uND grafiKeN: Henriette Lux

aNzeigeNVerwaltuNg: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 SolothurnE-Mail: [email protected]

aboNNeMeNtSVerwaltuNg Tel. 032 625 42 74, Fax 032 625 41 51Homepage: www.santesuisse.chTitelbild: santésuisse/PrismaISSN 1660-7228

im fokus4 EineStudiezeigt:VorallemdieMengenausweitungführtinderOKP zumKostenanstieg6 Sicherheitsmedizin,FortschrittundPatientenwünschesorgenfür MengenausweitunginderRadiologie9 KlareWorteüberunnötigeBehandlungenfielenamSymposiumderAkademien derWissenschaften10 DankdenrichtenFragendierichtigenEntscheidungentreffen12 SchweizerinnenundSchweizlandeneuropaweitfürgewisseOPsamhäufigsten unterdemMesser

gesundheitswesen14 BeiderWeiterentwicklungvonManagedCarespielenauchdieVersicherer einewichtigeRolle16 FirmeninterneoderexterneSchulung–waseignetsichfürwelcheZiele?

rubriken13 DreiFragenan18 Buchtipp20 DreiFragen–DreiAntworten21 Punktlandung22 AusallerWelt22 TweetdesMonats23 BilddesMonats

Seite 14

Seit2010hatsichdieZahlderVersicherten,diesichineinemder75Ärztenetzebetreuenlassen,verdoppelt.TrotzverlorenerAbstimmungwächstManagedCarevonJahrzuJahr.EinAusblick.

Seite 6

MRI-UntersuchungenhabensichindenletztensechsJahrenverdreifacht.ÜberdiemöglichenGründedafürgibtTarzisJung,ChefradiologevomWaidspitalZürich,imInterviewAuskunft.

Seite 10

Dasamerikanische«ChoosingWisely»ermutigtPatientenundLeistungserbringer,denNutzenvonmedizinischenBehandlungenundTestszuhinterfragen.FactsheetsnennenDon’tskonkret.

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3|Editorial2/13

Dieheutebetriebene«Maximalmedizin»stösstanihreGrenzenundzwarsowohlökonomischalsauchethisch.FürvielederheuteverfügbarendiagnostischenodertherapeutischenVerfah-renistnichtklar,obsieindergegebenenSituationauchwirk-sam,zweckmässigundwirtschaftlichsind, sodieAkademienderWissenschaftenSchweiz.DieseMengenausweitungistwederimSinnedesPatienten,derunnötigeBehandlungenübersichergehenlassenmuss,nochimSinnederPrämienzahler.DenndieMengenausweitungkostet–daszeigteinevonsantésuisseinAuftraggegebeneStudie(S.4).MengesagtnochnichtsüberNotwendigkeitundNützlichkeitaus.AnderFrage,welcheLeis-tungennötigsindundwiemanunnötigeerkennt,scheidensichdieGeister.DerFortschritt inderMedizinführezwangsläufigzurMengenausweitung,weilderPatientnichtmitdemMopedzufriedensei,wennerdenPorschehabenkönne,soRadiologeTarzisJung(S.6).AmjüngstenRVK-ForuminLuzernzurevi-denzbasiertenMedizinwurdealsmöglichesSiebvorgeschlagen,«HeilungserfolgetrotzIntervention»zuerkennen,umeinenLeis-tungsabbauohneQualitätsverlustanzustreben.DieAkademienderWissenschaftgehenvon30ProzentüberflüssigenodergarschädlichenLeistungenaus(S.9).Sieschlagenvor,nachdemBeispieldesProjektes«ChoosingWisely»eineListemit10In-terventionen zu erstellen,welche offensichtlich unnötig sindunddahernichtmehrangewandtundvergütetwerdensollten.«ChoosingWisely»ermuntertPatientenundÄrzte,aufunnötigeBehandlungenzuverzichten(S.10).DieseentfallenauchaufdieChirurgie.GemässjüngstemOECD-BerichtistdieSchweizinEuropaführendbeidenhäufigstenfünfOperationen(S.12).EinprobatesMittel,dasunnötigeBehandlungenzuvermeidenhilft,istdieintegrierteVersorgung.UnterdessenhatdieMehrheitderSchweizerinnenundSchweizereinsolchesModellgewählt–unddieVielfaltdieserModelle,diederkonstruktivenZusam-menarbeitvonKrankenversicherernundÄrztenentspringt,wirdweiterzunehmen(S.14).EineErfolgsstory,dietrotzeinstigemGegenwindBestandhat.

porsche oder Moped?

Silvia SchützChefredaktorin infosantésuisse

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4|ImFokus2/13

Die Mengenausweitung führt zum Kostenanstieg in der obligatorischen Krankenversicherung (oKp), vor allem im spitalambulanten bereich und bei den Spezialärzten. bei den Spitälern gibt es grosse effizienzunterschiede zwischen den Kantonen und das wachstum bei den spitalambulanten leistungen lässt sich nicht als Substi-tution stationärer leistungen erklären. zu diesem ergeb-nis kommt eine von santésuisse in auftrag gegebene Studie der zürcher Hochschule für angewandte wissen-schaften in winterthur.

EntscheidendeBedeutungfürdieEntwicklungderGesund-heitskostenhatgemässStudiedasgrosseMengenwachstum,nichtprimärderPreisderLeistungen.Weitausamgröss-ten ist diese Zunahme im ambulanten Spitalbereich,wosichdieMengenimBeobachtungszeitraummehralsver-doppelten.DiekantonalenKostenunterschiedelassensichstärker,abernichtausschliesslich,durchMengendifferen-zenerklären.DieQuerschnittergebnisse(s.Kasten)zeigen,dassdiekantonalenMengen-undPreisunterschiedestruk-turellerNatursind,dasiesichüberdieZeithinwegkaumverändern.SosinddiehohenPro-Kopf-KosteninGenfinalldenJahrenmitdeutlichüberdurchschnittlichenMengen,aberauchmitPreisenüberdemSchweizerDurchschnittzuerklären.InBasel-StadtkommendagegendiehohenKos-tenausschliesslichaufgrunddergrossenMengenbeisonstdurchschnittlichenPreisenzustande.Zudenkostengünstigs-tenKantonengehörenbekanntermassendieKantonederZentralschweizsowieSt.Gallenzusammenmitdenbeiden

Appenzell.DieseRegionenweisennebengeringenMen-genauchunterdurchschnittlichePreiseauf.

Kostenzunahme von 25 prozentDieLängsschnittanalyseallerdurchdieOKPbezahltenLeis-tungenfürdieganzeSchweizzeigt,dassdiePreisezwischen2004und2010nichtstärkerangestiegensindalsderLan-desindexderKonsumentenpreise.DieinflationsbereinigteKostenzunahmeproKopfvonrund25ProzentindieserZeitistalsoausschliesslichaufeinMengenwachstumzurückzu-führen.DiekantonalenKostensteigerungenproKopfbetra-genzwischen21ProzentimKantonThurgauund45Pro-zentimKantonWallis.

Spezialärzte, frauen und Ältere steigern die MengeÜberalleOKP-Leistungengesehen,beeinflussenderFrauen-anteil,derAnteilüber75-Jähriger,dieBevölkerungsdichte,dieErwerbslosenquotesowiedieDichtederSpezialärztedieMengenausweitungsignifikant.Dabeigehendiequan-titativstärkstenEinflüssevondenSpezialärzten,demGe-schlechtunddemAlteraus.BeiderErklärungderambulantenLeistungenhatzusätz-lichzumGeschlechtunddenSpezialärztenauchnochderAnteilAusländereinenmengensteigerndenEinfluss.Zudemzeigtsich,dassinKantonenmiteinemgrösserenAnteilvonVersichertenmithöhereralsordentlicherFranchiseweni-gerambulanteLeistungennachgefragtwerden.SchliesslichhängtdersteigendeMedikamentenkonsumvonderDichtevonAllgemeinpraktikern,vonSpezialärztenundvonApo-

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Je mehr im Angebot,

desto höher die Kosten

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thekenabsowievomAnteilÄrztemitSelbstdispensation.ZudemkonsumierenbeidenMedikamentenTessinerundRomandsmehralsDeutschschweizer.DieStudiederZür-cherHochschule bestätigt damit dieThese, dass imGe-sundheitsmarktdasAngebotdieMengederbeanspruchtenLeistungenbestimmt.DiePreisederambulantenLeistungen1bleibenüberdiege-samtePeriodebetrachtetstabil,dieMengenproKopfdage-gennehmensehrstarkzu.ImGegensatzdazusteigendiePreiseimstationärenSpitalbereichdeutlichan,währenddieMengenleichtzurückgehen.ImBereichderMedikamentehattenPreissenkungeneinepositiveWirkung,diewachsen-denMengenwirkenaberkostentreibend.

grosse kantonale produktivitätsunterschiedeMitdenMengenindizeswerdenProduktivitätenfürdenSpi-talbereichalsVerhältnisvonmengenmässigemOutputundKosteninput berechnet.Dabeiweisen fünfKantone eineProduktivitätauf,diemehralsfünfProzentvomLandes-durchschnittabweicht.EssinddiesderKantonZürichmitdeutlich überdurchschnittlicher sowie die KantoneBern,Graubünden,FreiburgundNeuenburgmitdeutlichunter-durchschnittlicherProduktivität(sieheGrafik).Eszeigtsich,dassdieProduktivitäteneinzelnerKantonevonJahrzuJahrdurchausvariierenunddassvorallemdieWerteimJahr2010vondenanderenJahrenabweichen.EinGrundfürsol-cheAbweichungenkönnenSchwankungeninderAuslas-tungderSpitälersein,welchebeieinemhohenFixkosten-anteildieOutputpreiseunddamitdieProduktivitätbeein-flussen.DieProduktivitätsagtnichtsüberdieQualitätaus:FolgteinSpitaletwademAnreiz,dieAuslastung «künst-lich»zuerhöhen,weildadurchderErtragsteigt,ohnedassdieKosten(daFixkosten)imgleichenAusmasszunehmen,steigtzwarseineProduktivität.DochdieErhöhungderAus-lastung–etwadurchunnötigeOperationen–istwederimSinnedesPatientennocheinZeichenfürQualität.Ande-rerseitsistauchkeinZusammenhangzwischentieferPro-duktivitätundintensiverPatientenbetreuungfestzustellen.InKantonenmittieferProduktivitätistdieZufriedenheitderPatienten2nichtgrösser.

Die Studie in Kürze

Die vorliegende Studie schlüsselt die kantonalen OKP-Kosten der Jahre 2004 bis 2010 in Mengen und Preise auf. Damit las-sen sich in einem Querschnitt die kantonalen Kostendifferen-zen in Mengen- und Preisdifferenzen und in einem Längsschnitt das Kostenwachstum in ein Mengen- und Preiswachstum unter-teilen. In einem zweiten Schritt werden die kantonalen Mengen-unterschiede mit einer ökonometrischen Analyse auf folgende Einflussfaktoren untersucht: Demografie (Alter, Geschlecht, Aus-länderanteil), Versorgungsdichte (Allgemeinpraktiker, Spezial-ärzte), Medikamentenabgabe (Selbstdispensation, Apotheken-dichte), kulturelle Faktoren (Sprache) und andere. Der ambulante Bereich wurde mit dem jeweiligen Taxpunktwert berechnet, die stationären Tarife mit Tagespauschalen. Die Gesamtkosten sind das Produkt von Menge und Preis. Weil seit dem 1. Januar 2012 mit Fallpauschalen abgerechnet wird, muss überprüft werden, ob sich an den Aussagen der Studie Änderungen ergeben.

• VIELE KANTONE MIT PRODUKTIVITÄTEN ZWISCHEN 0,95 UND 1,05• ZH MIT DEUTLICH HÖCHSTER PRODUKTIVITÄT• BE, GR, FR UND NE MIT TIEFER PRODUKTIVITÄT ZWISCHEN 2007 UND 2010• PRODUKTIVITÄTEN SCHWANKEN MIT AUSLASTUNG

GRBE FR NE SGAIAR

ZG VS GL GE LUOWNW

BS SZ AG SO SH TG VD JU UR TI BL ZH

0,85

0,80

0,90

0,95

1,00

1,05

1,10

1,15

REGIONALE PRODUKTIVITÄT DES SPITALSEKTORS: DURCHSCHNITT 2007 BIS 2010PRODUKTIVITÄT = OUTPUTMENGEN(-INDEX) / INPUTMENGEN(-INDEX)

QUELLE: SANTÉSUISSE

30 prozent unnötige behandlungen?«Waste(…)canbedefined(…)asspendingoninterven-tions that do not benefit patients, actually amounting toatleast30percentofthehealthcarebudget(intheUS).Thiswasteisamajordriverofcostincreases»,schreibtdasNewEnglandJournalofMedicine.MengenwachstumohneMehrwertoderamfalschenOrtschadetPatientenundPrä-mienzahler.MengenwachstummitechtemMehrwerthin-gegenisterwünscht.ImBereichderÄrztekönnteeineLö-sungdarinliegen,tiefereTarifeinüberversorgtenGebie-tenundetwashöherebeiUnterversorgungzuverhandeln.DiestarkwachsendeAusdehnungimspitalambulantenBe-reichmachtfürsantésuissedieWirtschaftlichkeitsprüfungindiesemBereichnötig.

SILVIA SCHÜTZ

1 Spital ambulant, Ärzte, Physiotherapie, Pflegeheime, Laboranalysen2 Dies ergibt der Vergleich der Produktivität der Spitäler mit den Resultaten

einer Umfrage zur Patientenzufriedenheit von comparis.

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6|ImFokus2/13

Mengenschub in der radiologie: gründe sind Sicherheitsmedizin, technischer fortschritt und patientenwünsche

«rückblickend wäre eine ct oft nicht nötig gewesen»

bei den gesundheitsleistungen bestimmt das angebot die Nachfrage und die steigende Menge ist für steigende Kosten verantwortlich, nicht der preis. bereits publizierte zahlen von santésuisse* zeigen, dass Mri, ct und ultra-schall stark zunehmen, im spitalambulanten bereich hat sich die anzahl der Mri-untersuchungen in sechs Jahren gar verdreifacht. chefradiologe tarzis Jung vom waidspi-tal nimmt Stellung.

Welches sind die Gründe für die Mengenausweitung in der Radiologie?DiebildgebendenVerfahrensindeinwesentlicherBestand-teildesmedizinischenFortschritts.MRIundCTsindzweira-scheundsehraussagekräftigeMethoden,diedeshalbhäu-figstationärundnochhäufigerambulantangewendetwer-den.DiebildgebendenVerfahrendienenderErstellungoderderAbsicherungderDiagnoseunddamitderSicherheitdesPatienten. Bildgebende Verfahrene ersetzen Eingriffe, diefrüherinvasivundfürdenPatientengefährlicherundbe-lastenderwarenalseineUltraschall-,MRI-oderCT-Unter-suchung,etwadiePhlebografie,dieMyelografie,diediag-nostischeKniearthroskopieoderdiediagnostischeBauch-spiegelung.BeidenMRI-undCT-Untersuchungen–undübrigensauchbeimUltraschall–zeigtsich,dassdieNach-fragesteigt.DieseEntwicklungistweltweitzubeobachten,aberinderSchweizausgeprägter,weilwirhöhereAnsprü-cheandieQualitätundandieSicherheithaben.GeradeimNotfallkannessicheinArztausmedizinischenundrecht-lichenGründeningewissenFällengarnichtleisten,keineCT-oderMRI-Untersuchungvorzunehmen.

«In der Medizin ist der Patient mit dem Moped nicht zufrieden, wenn er den Porsche haben kann.»

Wann zum Beispiel?InderNachtsindSchädel-CTsdieamhäufigstenangefor-derte Computertomografie. Ein grosser Anteil entfällt aufMenschen,diegestürztsindundverwirrteingeliefertwer-den.InsolchenFällenmussderArztsoforteineCTmachen.80bis90ProzentdieserPatientenhabenkeineschlimmenSchädelverletzungen.RückblickendwäreeineCTnichtnötiggewesen.DochhättederArztdaraufverzichtetundderPa-tientwäreaneinerHirnblutunggestorben,wäreeseinFallfürdieHaftpflichtversicherunggewordenunddemPatien-tenhättenichtrechtzeitiggeholfenwerdenkönnen.

Wieso nimmt der ambulante Bereich stärker zu als der stationäre?ImBereichRadiologieisteinerseitsgenerelleineMengen-zunahmezuverzeichnen,andererseitsstellenwiraucheineVerlagerungvomstationärenBereichindenambulantenfest.

EineBildgebungwirdoftdurchgeführt,umabzuklären,obeineHospitalisationüberhauptnotwendigist.DieseAbklä-rungmussvorstationärerfolgenundbleibtambulant,wennderPatientnichthospitalisiertwird.DieHospitalisationer-folgtinnichtdringendenFällenmeistersteinigeTagespäter.EinweitererGrundfürdiestärkereZunahmeimambulan-tenBereich:DiestationäreVergütungnachdenRegelnvonSwissDRGhatzumZiel,diePatienteneffizientabzuklärenundzubehandelnunddenSpitalaufenthaltkostengünstigkurzzuhalten.AmbulanteNachkontrollenermöglichenes,denPatientenfrüherzuentlassenundausvolkswirtschaftli-cherPerspektiveKostenzusparen.Dazukommt,dassNot-fallstationenvondenPatientenzunehmendambulantauf-gesuchtwerden,daverschiedeneSpezialistenundeineguteInfrastruktur jederzeit verfügbar sind. Alle Patienten, dienichthospitalisiertwerdenmüssen,fallenindenspitalam-bulantenBereich.

Bestätigt sich der Mengentrend auch am Waidspital?Ja,genauso.EineRandbemerkung:AuchUltraschall-Unter-suchungennehmenstarkzu,allerdingsnuretwa40ProzentdurchRadiologen,derGrossteilentfälltaufGrundversorgerundKlinikerwieGastroenterologen,Gynäkologen,Angio-logen,Kardiologen, Rheumatologen undUrologen. AuchderUltraschallisteingutesBeispieldafür,dasseinemedi-zinischeErrungenschaftdieNachfragebeiPatientenauslöst.DieErwartungshaltungderPatientenhatindenvergange-nenJahrenzugenommenunddiePatientenwünschen,um-fassendabgeklärtzuwerden.InderMedizinistderPatientmitdemMopednichtzufrie-den,wennerdenPorschehabenkann.

Die Zahlen von santésuisse zeigen, dass MRI und CT zu-nehmen, Röntgen aber nicht abnimmt. Es entsteht der Eindruck, dass sich alles ausweitet und nicht eine Unter-suchung durch eine andere ersetzt wird. DiekonstanteAnzahlderRöntgenbilderbeisteigenderPati-entenzahlbelegt,dassproPatientwenigerRöntgenaufnah-menangefertigtwerden.VerschiedeneRöntgen-VerfahrenwiePhlebografie,Myelogra-fie,Magendarmpassagen-undDoppelkontrast-Untersuchun-gendesDickdarmswurdenweitgehenddurchandereVer-fahrenersetzt.DieshatgemässderStatistikdesBundesamtesfürGesundheitdazugeführt,dassdiemedizinischeStrahlen-belastungderBevölkerungnichtzugenommenhat,obwohlsichdieAnzahlderComputertomografienverdreifachthat.OftergänzensichdieRöntgenaufnahmenunddieSchnitt-bildverfahrenwieCTundMRI.MitRöntgenerkenntmanfastalleFrakturen.DergenaueFrakturverlauf istaberoftnichtsichtbar.DadieDetailsderFrakturüberdasweitereVorgehenentscheiden,istöftersnocheineCT-Untersuchungnotwendig.EinzusätzlichesMRIwirdvormanchenGelenkoperationenfastroutinemässigdurchgeführt,umdenEingriffbesserpla-nenzukönnen.Beispiel:EinPatientwirdaufgrundderDi-agnoseKreuzbandrissoperiert.DerArztsiehterstwährend

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Dr. med. tarzis Jung ist chefarzt des instituts für radiologie und Nuklearmedizin des waidspitals zürich und leiter ressort tarife der Schweizerischen gesellschaft für radiologie (Sgr-SSr).

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derOP,dassauchderMeniskusoperiertwerdenmuss.DerPatientmussnochmalsuntersMesser.DankMRIserlebtmankeineÜberraschungenimOP-Saal.

Gibt es bei den Radiologen andere als medizinische und technische Gründe, die zu einer Mengenausweitung füh-ren, oder sind alle Radiologen Musterknaben?DieRadiologenhabeninderTateinvorbildlichesVerhal-ten.DiesesvorbildlicheVerhaltenliegtabernichtimCha-rakterderRadiologenbegründet,sonderninderOrganisa-tiondesGesundheitswesens.ImGegensatzzuallenande-renKlinikernveranlasstderRadiologeseineUntersuchungennichtselbst,sondernerführtdieseaufWunscheineszuwei-sendenArztesdurch.DerzuweisendeArzterzieltdurchdieZuweisungkeinenfinanziellenGewinn.SomitveranlasstereineUntersuchungdann,wennersiefürnotwendigerach-tet.DieMöglichkeitendesRadiologen,dieUntersuchungs-zahlenwillkürlichzuerhöhen,sinddadurchsehrstarkein-geschränkt.AlsKonsiliararzthatereinengewissenEinflussaufdieUntersuchungendesPatienten.DerEntscheidüberdieDurchführungbleibtaberindenHändendeszuweisen-denArztes.EinzigeinigeZusatzleistungenkönnenvomRa-diologeninAbhängigkeitderFragestellungselbstindiziertwerden,wenndiesenotwendigsind.

Frei anordnen darf ein Radiologe etwa die Position «001.39.4010 – CT Zuschlag weitere Serie» (mit Kontrast-mittel). santésuisse hat festgestellt, dass diese Position sehr unterschiedlich oft abgerechnet wird, abhängig vom Spital. Auch Verrechnungen «in Abwesenheit des Patien-ten» kommen vor.VerrechnungeninRadiologie «inAbwesenheitdesPatien-ten»müssendieAusnahmesein.DasSchreibendesBerich-tesunddasAktenstudiumvoreinerUntersuchungsindTeilderPauschalefüreineUntersuchungunddürfennichtse-paratverrechnetwerden.Beim«CTZuschlagweitereSerie»bestehteineMöglichkeit,Mengenunnötigauszuweiten.Obdieseauchgenutztwird,müsstemanaufderStufedesein-zelnenSpitalsfeststellen.EinSpitalineinemWintersportort,dasmitvielenKnochenbrüchenkonfrontiertist,brauchtwe-niger«CT–2.Serie»alseineKrebsstationodereineneuro-logischeKlinik.Klarist:VorallembeiderCTdarfeinMissbrauchnichtvor-kommenunddieStrahlenbelastungdurchCTsmussimIn-

teressedesPatientensogeringwiemöglichsein.Esgilt,ei-nenallfälligenMissbrauchdesTarifsystemszuverhindern.DieSchweizerischeGesellschaftfürRadiologiebietetgerneHand,umFehlanreizezubeseitigenunddemMissbrauchdesTarifsvorzubeugen.

Die Mengenausweitung und eine Ausweitung der An-wendungsmöglichkeiten müssten im freien Wettbewerb eine Auswirkung auf den Preis haben. Die Radiologen rechnen immer noch mit Preisen ab, die festgesetzt wur-den, als noch weniger MRI-/CT-Untersuchungen gemacht wurden. Sollte der Preis mit zunehmender Menge und schnelleren Verfahren nicht sinken?Ja,wennderAufwandproUntersuchunggeringerwird.DieaktuellenTarifewurdenimJahr2009nacheinemKos-ten-MonitoringderTarifpartneralskorrektbeurteilt.DieGe-rätesindindenletztenJahrennichtbilligergeworden,son-dernbesser.AuflösungundSchichtdickewurdenverbes-sert,dieStrahlenbelastungkonntemassivgesenktwerden.HeutehatderRadiologebeieinerComputertomografiedesBauchesnichtmehr40,sondern400odermehrBilderan-zuschauen.DieGerätewurdenschneller,derAufwandfürdenRadiologengrösser.DerPersonalbedarfsteigt.EsbestehenhoheInvestitionskosten(Geräte,Bauusw.)undhoheBetriebskosten.BeieinemMRIsprechenwirvonzweibisvierMillionenFrankenalleinfürdieBeschaffungunddenUmbauohneUnterhaltundBetriebdesGerätes.BeisehrguterAuslastungresultierteinhoherGewinn,wenndurchdenUmsatzalleKosten(Personal-undandereKostenunddieAbschreibungdesGerätes)gedecktsind.EinMRIkannbeieinersehrgutenAuslastunginsechsJahren,beieinerschlechtereninzehnJahren,abgeschriebenwerden.ImTa-rifsindachtJahrehinterlegt.

INTERVIEW: SILVIA SCHÜTZ

* infosantésuisse 06/12 «Mengenausweitung bei CT und MRI»

Kosten der untersuchungen

Die Kosten der Untersuchungen hängen in hohem Mass von der Fragestellung und von der durchgeführten Untersuchung ab und vagieren beträchtlich. Ein Ultraschall kostet zwischen 130 und 400 Franken. Eine MRI-Untersuchung zwischen 450 und 1600 Franken. Eine CT zwischen 300 und 1200 Franken.

«Dank Mris erlebt man keine Überraschungen im op-Saal», sagt tarzis Jung.

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am Symposium der akademien der wissenschaften zum «nachhaltigen gesundheitssystem» fielen klare worte

gesundheitswesen auf kurzsichtigem Kurs?

Die Schweiz investiert in ein «Krankheitssystem». ein Drittel der leistungen sind überflüssig oder schaden dem patienten mehr als sie ihm nützen. zahllose zur-zeit verfügbare Diagnose- und behandlungsverfahren entsprechen nicht den gesetzlichen anforderungen der wirksamkeit, wirtschaftlichkeit und zweckmässigkeit. Diese aussagen entstammen keinem pamphlet, sondern wurden im rahmen eines Symposiums der akademien der wissenschaften gemacht.

ImJahr2011lanciertendieAkademienderWissenschaftendasProjekt«NachhaltigesGesundheitssystem»mitdemZiel,Bevölkerung,ÄrzteunddieweiterenbetroffenenAkteurefürdieunübersehbarenZeichenderKrise,diedasschwei-zerischeGesundheitssystembedrohen,sowiefürdieDring-lichkeitvonReformmassnahmenzusensibilisieren.Seit1996,alsdasKrankenversicherungsgesetz(KVG)inKrafttrat,sinddieGesundheitskostenvon37auf65MilliardenFrankenan-gestiegen.DieproPersonerbrachtenLeistungenhabenum30ProzentunddieAusgabenfürMedikamenteum60Pro-zentzugenommen.DaserklärteZieldesBundesrates,wo-nachniemandmehralsachtProzentseinesEinkommensfürseineKrankenkassenprämienausgebensollte,wurdebeiweitemnichterreicht,undBundundKantonezahlenjähr-lichmehralsvierMilliardenFrankeninFormvonindividu-ellenPrämienvergünstigungenaus.DerSchweizmangeltesanPflegepersonalundGrundversorgern,währendingewis-senmedizinischenSpezialgebietenoderinsehrstädtischenKantoneneinÜberangebotbesteht.DieSchweizinvestiertinein«Krankheitssystem»,undauchgewisseBerufsverbändeanerkennenlangsam,dasseinDrittelderLeistungenüber-flüssigistoderdemPatientensogarmehrschadetalsnützt.Ganzabgesehendavon,dassoffenbar–wiedieAkademienversichern–zahllosezurzeitverfügbareDiagnose-undBe-handlungsverfahrennichtdengesetzlichenAnforderungenderWirksamkeit,Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeitentsprechen.DiesekompromissloseFeststellungveranlassteeinenRednerzuderÄusserung,dassunserGesundheitssys-temein«SystemdergutorganisiertenVerantwortungslosig-keit»gewordensei,beidemniemandmehrwederdieÜber-sichthabenochwisse,wohindiesessteuere,ausseraufei-nenanhaltendenKostenanstiegzu.MitderLancierungih-resProjektes«NachhaltigesGesundheitssystem»habensichdieAkademiendreiKriterienaufdieFahnegeschrieben:•Transparenz:EinevonzweiForschernderUniversitätBa-

seldurchgeführteStudie1istdemNutzenunddenKosten–alsodemWert–dermedizinischenLeistungengewid-met;

•Ausrichtung:DieAkademienpositionierensichimDoku-ment«Effizienz,NutzungundFinanzierungdesGesund-heitswesens».

•Handeln:DieAkademienpubliziereneinPositionspapiermitdenMassnahmen,dieindennächstenfünfJahrenzuergreifensind,umdieNachhaltigkeitdesGesundheitssys-temszugewährleisten.

Sieben ziele im fokusDieAkademienskizzierenineinemPositionspapiersiebenZielemitdendarausresultierendenMassnahmenunddenverantwortlichenAkteuren.DiesesPositionspapierwerdensiedenPolitikerndesGesundheitswesens,denÄrzte-undSpitalvertreternsowiedenanderenbetroffenenAkteurenzu-kommenlassen.DieZeitistknapp,denndieMassnahmensollenbis2017umgesetztsein:•GewährleistungeinesausreichendenBestandesanquali-

fiziertenGesundheitsfachleuten;diesgeschiehtdurchdieAnpassungderAusbildungsprogramme,dieEinführungattraktiverArbeitsbedingungensowiederAnpassungdesTARMED-TarifszugunstenderGrundversorger;

•FörderungundEntwicklunginnovativerVersorgungsmo-delle,diedenBedürfnissenderBevölkerungentsprechen;

•Ausbauder SteuerungdesGesundheitssystems auf derGrundlage aussagekräftiger Daten und zweckmässigerStrukturen(HTA,e-Health,umfassendeBehandlungsver-zeichnisse,einekoordinierteregionaleSteuerunganstelledergegenwärtigkantonalen,einhergehendmitderSchaf-fungvonmaximalsiebenRegionenaufLandesebene);

•Planung von Finanzierungsmodellen, mit denen sichdieFehlanreizedesaktuellenSystemskorrigierenlassen.DenkbarwäreneineeinheitlicheFinanzierungdesambu-lantenunddesstationärenBereichs,einkommensabhängi-genFranchisen,dieÜberprüfungeinerallfälligenFusionzwischenKranken-undUnfallversicherung;

•Sicherstellung der Rückerstattung der Leistungen, ein-schliesslich derjenigen imBereich der Prävention, aufderGrundlagederKriteriendesKrankenversicherungs-gesetzes–Wirtschaftlichkeit,Zweckmässigkeit,Wirksam-keit–undvordemHintergrundeinesProzessesderBe-wusstwerdung,dassbestimmtetherapeutischeMassnah-mennutzlossind.DieHTAunddieAktivitätendesSwissMedicalBoardsindunterdiesemBlickwinkelzubetrach-ten;allerdingsmüsstenderenEmpfehlungenauchbefolgtwerden;

•LancierungvonForschungsprojekten,diedasGesundheits-systemselberzumInhalthabenundGrundlagenfüreineVerbesserungderOrganisationdesselbenliefernwürden;

•StärkungdesGesundheitswesensundderVerantwortungdesEinzelnengegenüberseinerGesundheit;eineVerbes-serunghinsichtlichder«gesundheitsbezogenenLesefähig-keit»2wirdangestrebt.

ANNE DURRER

weitere infos: www.akademien-schweiz.ch/index/Projekte-und-Themen/ Gesundheitssystem-im-Wandel/Nachhaltiges-Gesundheitssystem.html

1 «Methoden zur Bestimmung von Nutzen bzw. Wert medizinischer Leistungen und deren Anwendung in der Schweiz und ausgewählten europäischen Ländern». Studie von Matthias Schwenkglenks und Florian Gutzwiller vom Institut für pharmazeutische Medizin der Universität Basel.

2 Siehe infosantésuisse Nr. 6 (2012), S. 18–19

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10|ImFokus2/13

Die ressourcen im gesundheitswesen sind nicht unbe-grenzt. wie kann jeder einzelne bestmöglich damit umgehen? eine interessante amerikanische initiative zeigt ansätze auf, die sich auch für leistungser bringer und leistungsbezüger des Schweizer gesundheitssys-tems eignen.

Während sichdasAugenmerk immer stärkerdarauf rich-tet,wiesicheinequalitativnochbessereundsicherereme-dizinischeVersorgungfürdiePatientensicherstellenlässt,stelltdieexzessiveAusnutzungderGesundheitsressourceneinThemazunehmenderBesorgnisdar. IndenUSAgibtdiesessogarAnlasszubeträchtlicherSorge.DortsprechenzahlreicheExpertenvoneinerRiesenverschwendunginner-halbdesgegenwärtigenSystems;einigeunterihnenstellenfest,dassbiszu30ProzentderPflegeleistungendoppelter-brachtwerden,unnützsindunddieGesundheitderMen-schennichtverbessern.DieStiftungABIMistsichderzen-tralenBedeutungderDiskussionzwischenPflegepersonalundPflegebedürftigenbewusstundhatdaherbeschlossen,dieÄrzteinihrenBestrebungen,diePatientenzusinnvol-lenundwirksamenEntscheidungenzumotivieren,zuunter-stützen.DeshalbhatsiedieKampagneChoosingWisely®1–wassichmit«WählenmitVernunft»übersetzenlässt–lan-

ciert.DieInitiativewillÄrzte,PatientenundweitereGesund-heitsakteuredazuermutigen,allenfallsnutzloseoderinge-wissenFällengarschädlichemedizinischeTestsundVer-fahrenzuhinterfragen.

fünf fragen, um unnötiges zu vermeidenWiekannerreichtwerden,dassÄrzteundPatientendiesewichtigenundunerlässlichenGesprächeführen,umdierich-tigePflegeleistungimrichtigenMomentzugewährleisten?Wieistvorzugehen,umeineBehandlungzuwählen,derenWirksamkeitbelegtist,diekeineDoppelspurigkeitenmitan-deren,bereitsdurchgeführtenTestsoderVerfahrenaufweist,keineGefahrenbirgtundwirklichnotwendigist?AlsAnt-wortaufdieseHerausforderungenwurdendienationalenamerikanischenFacharztorganisationendazuaufgefordert,«mitVernunftzuwählen»,indemsiefünfinihremBereichhäufigangewandteTestsoderBehandlungenbestimmten,derenNotwendigkeitinFragegestelltoderdiskutiertwer-denmuss.SoentstanddieReihederFactsheets«FiveThingsPhysiciansandPatientsShouldQuestion»(sieheKastenlinksunten).DievondenÄrzteverbändenderdreiFachgebieteInnereMedizin,AllgemeinmedizinundPädiatrieinsLebengerufeneForumzähltheuteüber35Fachgesellschaften.17vonihnenhabenimvergangenenFebruarneueListenveröf-fentlicht.JedesFactsheetenthältsowohlInformationenüberdenZeitpunkt,indemeinegewisseBehandlungzweckmäs-sigseinkönnte,wieauchüberderengrundsätzlichsinnvol-lenEinsatz.DasSpektrumderinvolviertenFachgebieteistbreitunderstrecktsichvondenHausärztenüberdieRa-diologenundAllergologenbishinzudenOnkologen.Dieszeigt,welcheBedeutungdieamerikanischeÄrzteschaftdie-serProblematikbeimisst.

factsheets für die patientenAuchConsumerReports,diewichtigsteunabhängigeKon-sumentenorganisationindenUSA,haterkannt,dassdiePa-tientenbesserüberdietatsächlichbenötigtenmedizinischenLeistungeninformiertseinmüssen,ummitihremArztdarü-berdiskutierenzukönnen,undistdemForumbeigetreten.SieentwickeltfürdiebreiteÖffentlichkeitgeeigneteInfor-mationenundarbeitetdafürmitKonsumentengruppenzu-sammen,umeinebreiteStreuungzuerreichen.Damitun-terstütztdieOrganisationdiePatientenbeieinerfundiertenEntscheidungsfindung. InZusammenarbeitmitdenÄrzte-verbändenschreibtsiezudemthematischeKurzfassungen.DieseFactsheetsbefassensichzumBeispielmitAllergietests,Knochendichtemessungenund(Belastungs-)Elektrokardio-grammen,aberauchmitalltäglichenProblemenwieSod-brennen,Kopfschmerzen,SinusitisundRückenschmerzen.JedesdieserInformationsblätterschildertdasProblem,dasimjeweiligenFallbeieinermedizinischenBehandlungbe-steht,erwähntdieRisikenunddiedamitverbundenenKos-tenundgibtRatschläge,wanneinTestodereineBehand-lunginErwägungzuziehenist.

Die amerikanische Kampagne choosing wisely® gibt interessante Denkanstösse

Dank den richtigen fragen die richtigen entscheidungen treffen

factsheet «five things physicians and patients Should Question» des american college of radiology

1. Keine Durchführung von Tomografien (MRT, CT) bei kompli-kationslosen Kopfschmerzen.

2. Keine Durchführung von Tomografien bei Verdacht auf eine Lungenembolie, ohne dass sich zuvor bei einem Test eine mässige bis hohe Wahrscheinlichkeit herausgestellt hat.

3. Vermeidung von Röntgenaufnahmen der Brust bei einer Spi-talaufnahme oder vor einer Operation bei Patienten ohne ver-dächtige Anamnese.

4. Keine Durchführung von Computertomografien (CT) zur Er-mittlung einer vermuteten Blinddarmentzündung bei einem Kind, bevor nicht die Option einer Ultra-schalluntersuchung in Be-tracht gezogen wurde.

5. Keine Empfehlung einer Kontrolltomografie bei klinisch unbedeutenden Adnexzysten.

Alle Infoblätter sind in Englisch unter: http://www.choosingwisely.org/doctor-patient-lists/ verfügbar.

Don’t do imaging for uncomplicated headache.Imaging headache patients absent specific risk factors for structural disease is not likely to change management or improve outcome. Those

patients with a significant likelihood of structural disease requiring immediate attention are detected by clinical screens that have been validated

in many settings. Many studies and clinical practice guidelines concur. Also, incidental findings lead to additional medical procedures and expense

that do not improve patient well-being.

Don’t image for suspected pulmonary embolism (PE) without moderate or high pre-test probability.While deep vein thrombosis (DVT) and PE are relatively common clinically, they are rare in the absence of elevated blood d-Dimer levels and certain

specific risk factors. Imaging, particularly computed tomography (CT) pulmonary angiography, is a rapid, accurate and widely available test, but

has limited value in patients who are very unlikely, based on serum and clinical criteria, to have significant value. Imaging is helpful to confirm or

exclude PE only for such patients, not for patients with low pre-test probability of PE.

Avoid admission or preoperative chest x-rays for ambulatory patients with unremarkable history and physical exam.Performing routine admission or preoperative chest x-rays is not recommended for ambulatory patients without specific reasons suggested by

the history and/or physical examination findings. Only 2 percent of such images lead to a change in management. Obtaining a chest radiograph is

reasonable if acute cardiopulmonary disease is suspected or there is a history of chronic stable cardiopulmonary disease in a patient older than

age 70 who has not had chest radiography within six months.

Don’t do computed tomography (CT) for the evaluation of suspected appendicitis in children until after ultrasound has been considered as an option. Although CT is accurate in the evaluation of suspected appendicitis in the pediatric population, ultrasound is nearly as good in experienced hands.

Since ultrasound will reduce radiation exposure, ultrasound is the preferred initial consideration for imaging examination in children. If the results

of the ultrasound exam are equivocal, it may be followed by CT. This approach is cost-effective, reduces potential radiation risks and has excellent

accuracy, with reported sensitivity and specificity of 94 percent.

Don’t recommend follow-up imaging for clinically inconsequential adnexal cysts. Simple cysts and hemorrhagic cysts in women of reproductive age are almost always physiologic. Small simple cysts in postmenopausal women are

common, and clinically inconsequential. Ovarian cancer, while typically cystic, does not arise from these benign-appearing cysts. After a good quality

ultrasound in women of reproductive age, don’t recommend follow-up for a classic corpus luteum or simple cyst <5 cm in greatest diameter. Use 1 cm

as a threshold for simple cysts in postmenopausal women.

3

1

2

5

4

These items are provided solely for informational purposes and are not intended as a substitute for consultation with a medical professional. Patients with any specific questions about the items

on this list or their individual situation should consult their physician.

American College of Radiology

Five Things Physicians and Patients Should Question

Page 11: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

11|ImFokus2/13

SchliesslichsindpraktischeRatschlägeaufgeführt,diehelfen,dasProblempragmatischanzugehen(sieheKastenrechts).UmmöglichstdieganzeBevölkerungundvorallemdieso-zialbenachteiligtenSchichtenanzusprechen,dieinderRe-gelüberwenigGesundheitswissenverfügen,2 istdasMa-terialauchineinerVersion«leichtzulesen»undaufSpa-nischverfügbar.

computertomografien sind häufig «unnütz»FolgendeUntersuchungenundBehandlungengehörenlautConsumerReportsHealthindenUSAzudentopfiveder«unnützen»: (Belastungs-)Elektrokardiogrammen bei Herz-erkrankungen,TomografienbeiKreuzschmerzensowiebeiKopfschmerzen,KnochendichteuntersuchungenbeiFrauenmitgeringemRisikoundschliesslichdieVerschreibungvonAntibiotikabeiSinusitis.

praxis in der SchweizNatürlichistalldiessehramerikanischunddürftezuKom-mentarenführenwie:«UnsereÄrztehierinderSchweizge-hensehrrespektvollmitdenGesundheitsressourcenum,undinsbesonderemitderGesundheitdesPatienten.»–«DasProblemdes‹Überkonsums›isteinProblemderKonsumhal-tungderPatienten.»Tatsächlich?IstdieMengenausweitungnurdaraufzurückzuführen?DievonsantésuisseinAuftraggegebeneStudiekommtzueinemanderenSchluss.WodasAngebotbesteht,wirdesauchgenutzt.OhnedieVertrau-enswürdigkeit unserer Leistungserbringer undden gutenWillenderPatienten,diesehraufihreGesundheitachtge-ben,inAbredestellenzuwollen:EinkritischerBlickaufdiezudiesemZweckeingesetztenMittelkannnurdazubeitra-gen,dieQualitätunddieWirksamkeitderBehandlungenzuverbessern.AuchFachleute,wiederArztDr.Frank3,hin-terfragengewisseüberdieletztenJahrehinwegeingefah-reneÜberzeugungen.DieamerikanischenEmpfehlungenbezüglichTomografienbeiKopf-oderRückenschmerzenkönnenauchaufdieSchweizübertragenwerden.ZurZu-nahmevonComputertomografienundMRIinderSchweiznimmtDr.TarzisJungvonderSchweizerischenGesellschaftfürRadiologieStellung(sieheSeite6).

antibiotika werden zu häufig eingesetzt ZahlreichekritischeStimmenerhebensichgegenmedizini-scheLeistungen,diemehraufWunschdesPatientenalsfürdessenwirklichengesundheitlichenNutzenerbrachtwerden.OftmalshandeltessichumscheinbarharmloseFälle,wiebeimweitverbreitetenEinsatzvonAntibiotikazurBehand-lungeinerSinusitis.Betrachtetman jedochdieProbleme,dieinfolgederzunehmendenResistenzderKrankheitserre-gergegenüberdenAntibiotikaauftreten,istdieAngelegen-heitnichtmehrganzsotrivial.AndereMalehandeltessichumsehrernstzunehmendeSituationen,wieetwabeiPati-entenamEndeihresLebens,dieaufgrunddermangelndenEntwicklungderPalliativmedizineineAkutbehandlunger-

halten,wieMargritKesslervomPatientenschutzanlässlicheinesInterviewshervorhob.4

DievondenamerikanischenOrganisationenaufgeführtenGründezurErklärungdiesesnutzlosenÜberkonsumslas-sensichzueinemgrossenTeildirektaufdieSituationinderSchweizübertragen:Egal,obesumdietiefsitzendeÜber-zeugungderPatientengeht,dassmehrLeistungenbessereLeistungenbedeuten,oderumdiefinanziellenFehlanreizederLeistungserbringer.

FRéDéRIQUE SCHERRER

1 http://www.choosingwisely.org/2 Siehe «Gesundheit und Lesefähigkeit», infosantésuisse 6/2012, S. 183 «Wie die Medizin Gesunde zu Kranken macht», infosantésuisse 6/2012, S. 104 infosantésuisse 1/2013, S. 6

beispiel eines factsheets für patienten: antibiotika bei einer Sinusitis

Problem: Antibiotika werden häufig Personen verschrieben, die eine Sinusitis haben, die von einer laufenden Nase und Gesichts-schmerzen begleitet ist. Tatsächlich zielen 15 bis 21 Prozent aller verschriebenen Antibiotika auf die Behandlung der Sinusitis ab. Doch die meisten Menschen brauchen kein Medikament, denn das Problem beruht fast immer auf einer Virus- und nicht auf ei-ner bakteriellen Infektion. Risiken: Ungefähr eine von vier Personen, die Antibiotika ein-nehmen, berichtet über Nebenwirkungen wie Hautausschlag, Schwindelgefühle und Sodbrennen. In seltenen Fällen können die Medikamente sogar einen anaphylaktischen Schock verur-sachen. Der übermässige Einsatz von Antibiotika begünstigt zu-dem die Resistenz der Bakterien, die dadurch nicht mehr so leicht durch Medikamente kontrollierbar sind. Das vermindert den Nutzen von Antibiotika für alle enorm.Kosten: Nicht alle Antibiotika sind teuer. Doch weil die Ärzte so viele davon verschreiben, sind die Gesamtkosten für das Ge-sundheitssystem beträchtlich – mindestens 31 Millionen Dollar pro Jahr.Wann Antibiotika in Betracht zu ziehen sind: gewöhnlich erst, wenn die Symptome länger als eine Woche oder bis zehn Tage andauern, oder wenn sie von starkem Fieber oder anderen Zei-chen einer bakteriellen Infektion begleitet sind.Tipps von Consumer Reports: Wie kann ich eine Sinusitis behan-deln? Ruhe, heisse Getränke, Inhalationen, Gurgeln.

Eine ganze Reihe nach dem gleichen Muster verfasster Factsheets sind in Englisch auf http://consumerhealthchoices.org/campaigns/ choosing-wisely/ publiziert.

Page 12: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

12|ImFokus2/13

grafik des Monats: ländervergleich der oecD für operationen

Schweizer häufiger unterm Messer

SCHWEIZ

DEUTSCHLAND

USA

FRANKREICH

SCHWEDEN

OECD

ENGLAND

KANADA

ITALIEN

SPANIEN

PORTUGAL

0 100 200 300 400

KÜNSTLICHES HÜFTGELENKPRO 100’000 EINWOHNER

SCHWEIZ

DEUTSCHLAND

KANADA

ITALIEN

FRANKREICH

OECD

SCHWEDEN

USA

SPANIEN

ENGLAND

NORDIRLAND

0 50 100 150 200 250

PROSTATAENTFERNUNGPRO 100’000 MÄNNER

DEUTSCHLAND

SCHWEIZ

FRANKREICH

USA

OECD

SCHWEDEN

SPANIEN

ITALIEN

ENGLAND

KANADA

SCHOTTLAND

0 100 200 300 400

BLINDDARMOPERATIONPRO 100’000 EINWOHNER

ITALIEN

SCHWEIZ

USA

DEUTSCHLAND

KANADA

OECD

ENGLAND

FRANKREICH

SPANIEN

SCHWEDEN

ISLAND

0 100 200 300 400

KAISERSCHNITTPRO 1000 LEBENDGEBURTEN

QU

ELL

E:

OE

CDUSA

KANADA

AUSTRALIEN

SCHWEIZ

ISLAND

OECD

FRANKREICH

ENGLAND

ITALIEN

SCHWEDEN

SPANIEN

0 100 200 300 400

GEBÄRMUTTERENTFERNUNGPRO 100’000 FRAUEN

Der neue ländervergleich der oecD zeigt, dass in der Schweiz am meisten operiert wird. Sie belegt im inter-nationalen Vergleich den Spitzenplatz beim einsetzen künstlicher Hüftgelenke und bei prostata-operationen. Nirgendwo in europa entfernen chirurgen mehr gebär-mütter als in der Schweiz. und nur in italien sind Kaiser-schnitte häufiger als in der Schweiz.

DieOECD-Studie1vergleichtdiefünfhäufigstenOperatio-nenaus17Mitgliedsländern.2Feststeht,dassgewisseEin-griffe–wieetwadieGebärmutterentfernungundProstata-OPs–jenachLandinsehrunterschiedlichemAusmassvor-genommenwerden.BeimBlinddarmunddenKaiserschnit-tenhingegenlässtsichinternationalinallenOECD-LändernderTrendzurZunahmederEingriffefeststellen.

Schweiz führend bei Hüft-, prostata- und gebärmutter-ops DoppeltsovielenSchweizerinnenwieSpanierinnenwirddieGebärmutterentfernt(sieheGrafik).DamitliegtdieSchweizeuropaweitanderSpitze.RangeinsbelegtdieSchweizauchbeiderProstata-Entfernung,diebereitsimJahr2000einehoheRateverzeichnete,diebis2009nochmalsangestiegenist.DasRisikoeinerProstata-EntfernungistfüreinenSchwei-zerManndreimalhöheralsfüreinenSpanier.DieProstata-Entfernungenbliebendagegenzwischen2000und2009indenOECD-Ländernrelativstabil.FührendistdieSchweizauchbeidenHüft-OPsunddazudaseinzigeLand,indemMännernhäufigereineHüfteersetztwirdalsFrauen.Zur-zeit kommen in denOECD-Ländern ein Viertel der Kin-derperKaiserschnittaufdieWelt.DasentsprichteinerZu-nahmevon75Prozentindenletzten20Jahrenfürdiejeni-genLänder,derenDatensoweitzurückreichen.ItalienunddieSchweizhabeneineKaiserschnittrate,dieknapp2,5-malhöherliegtalsbeimamSchlussderListeplatziertenIsland.DieRatenahmfüralleAltersklassenzu,besondersaberfürüber40-jährigeFrauen.BeidenBlinddarmentfernungenistindenmeistenLändernzwischen2000und2009eineAbnahmefestzustellen.Dage-gensinddieseEingriffeinderSchweizjährlichum2,2Pro-

zentgestiegen.DenRückgangführtdieOECDaufbessereDiagnoseverfahrenzurück.DieOECDhältfest,dassseitden1930er-JahrenchirurgischeEingriffeindenOECD-LändernauchausanderenGründenalsklinischnotwendigenerfolgen.Damalsvermuteteman:jewohlhabenderdieMenschen,destoöfterunterzogensiesicheinerOperation.SpätereStudiennennenalsGründeauchdasAngebot(angebotsinduzierterKonsum)oderdieNachfragederPatienten.

operationen aus finanziellen gründenAlsmöglicheGründefürdieunterschiedlicheAusprägungderOPsnenntdieOECD-Studieu.a.auchdiespezielleAus-prägungdesjeweiligenGesundheitswesens:InLändern,indenenHausarztmodellevorherrschenundderPatientkei-nendirektenZugangzumSpezialistenhat,istdieRatetie-fer.DieVerteilungundDichtederSpezialistenbeeinflusstdieMenge.WodasAngebotvorhandenist,wirdehernach-gefragtalsdort,wolangeWartezeitenbestehen.WoChirur-genbzw.SpitälerproEingriffbezahltwerden,istdieRatehöher.DasbestätigtauchRalphAlexanderSchmid,Präsi-dentderSchweizerischeGesellschaft fürChirurgie(SGC):«BeiplanbarenWahleingriffenlassensichFallzahlendurchunnötigeOperationenambestenerhöhen.BeiNotfalleingrif-fenistderFallmeistensklarer.Dochauchhieristeigentlichnichtzwingendnotwendig,dasszumBeispieljederBlind-darmoperiertwird.Manmachtestrotzdem,weilessichfi-nanziell lohnt».3IneinerCharta sollen sichdieSchweizerChirurgendeshalbverpflichten,ausschliesslichchirurgischbegründeteEingriffeundkeinemengengesteuerteBehand-lungenvorzunehmen.

SILVIA SCHÜTZ

1 McPherson, K., G. Gon and M. Scott (2013), «International Variations in a Selected Number of Surgical Procedures», OECD Health Working Papers, No. 61, OECD Publishing.

2 Die Grafiken beruhen auf altersstandardisierten Zahlen. Sprich: Verzerrungen zwischen den Ländern werden statistisch ausgeglichen.

3 Medienkonferenz vom 6. März 2013, Artikel in der BZ «Chirurgen warnen vor unnötigen Operationen», 7. März 2013, S. 4.

grafik des Monats

Page 13: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

13|Gesundheitswesen2/13

alle leistungserbringer sind verpflich-tet, bei urteilsunfähigen patienten auf deren Versichertenkarte (VeKa) zu prüfen, ob eine patientenverfügung besteht. ein grund dafür, warum die meisten Ärzte ihrer pflicht nicht nach-kommen, ist die mangelhafte tari-fierung des beschreibens der Karte. Die Datensicherheit ist bei der VeKa hingegen gewährleistet. Dort liegt bei webbasierten alternativen ein risiko.

Seit einem halben Jahr können Versi-cherte ihre Notfalldaten, weitere Da-ten und den Ort, an dem die Patien-tenverfügung aufbewahrt wird, auf der Versichertenkarte abspeichern las-sen. Was halten Sie davon?EsistausmeinerSichtsinnvoll,dassdiemedizinischenDatenaufderVersicher-tenkartengespeichertsind,weilesprak-tischundeffizientfürArztundPatientist,wennsiedieseimNotfallzurHandha-ben.ZudemvereinfachtdieVersicherten-kartebeidenmedizinischenBehandlun-genundUntersuchungenimSpitaloderbeimSpezialistenInformationsflüsseundAbläufe.SowohlderSpezialistalsauchder Patient sparen Zeit undAufwand,wenneinTeilderFragenbereitsbeant-wortetist.DieserhöhtdieBehandlungs-unddamitdiePatientensicherheit.DerArztkannimGesprächmitdemPatien-tendieDatenverifizierenundzusätzlicheFragenstellen.AufderVersichertenkartekönnenInformationengespeichertwer-denzu(chronischen)KrankheitenundUnfallfolgen,Transplantationen,allergi-schenReaktionen,Medikationen, Imp-

fungen,Blutgruppe,Transfusionen so-wie Bemerkungen zur Patientenverfü-gung, zumOrganspenderausweis undAngaben zuKontaktpersonen. In die-semZusammenhangistwichtigzuwis-sen,dassdieVersichererkeinenZugriffaufdiemedizinischenDatenhaben.

Sie sind einer der wenigen Ärzte, der für seine Patienten die medizinischen Notfalldaten und auch den Ort, an dem die Patientenverfügung aufbe-wahrt wird, auf die Karte schreiben. Welche Erfahrung haben Sie damit gemacht?SeitOktober2012isteseinemArztoderApotheker möglich, auf die Versicher-tenkartendesVeKa-CenterspersönlicheDatenfürdenmedizinischenNotfallzuübertragen.DiemedizinischenNotfallda-tenkönnenbeieinemLeistungserbrin-ger(etwabeimHausarzt)zurSicherheitebenfallselektronischoderaufPapierge-speichertwerden.DamitgehendieDa-ten beimVerlust derVersichertenkartenichtverloren.DabishernursehrwenigeLeistungserbringermitChiplesegerätendieNotfalldatenlesenkönnen,wirddemPatientenzusätzlicheinPapierausdruckmitgegeben.Eswäreindeswünschens-wert,wennmöglichstvieleÄrztedieseNotfalldatenlesenkönnten.Seitdem1.Januar2013sindalleLeistungserbringerverpflichtet,beiurteilsunfähigenPatien-tenaufderenVersichertenkartezuprü-fen,obeinePatientenverfügungbesteht(Art.371/372ZGB).Über95Prozental-lerVersichertenhabenVersichertenkar-ten,welche einenDatenträger enthal-

ten.BisjetztwurdedieserChipzuwenigoderüberhauptnichtgenutzt.DerVor-gangdauert,jenachDatenmenge,unter-schiedlichlange.IchhabemichfürdasBeschreibenentschieden,weileseinein-teressanteLösungistundeinSchrittinselektronischeZeitalter,ohnedassdabeiderDatenschutzgefährdetwird.Daten-lecksimInternet,vondenenwirimmerhäufigererfahren,sindbeiderVeKa-Lö-sungnichtmöglich.

Die Versicherer haben ihre Aufgaben gemacht, Karten und Geräte sind ein-satzbereit und können mit administ-rativen und medizinischen Daten be-schrieben werden. Das Gesetz sieht vor, dass Ärzte auf der Versicherten-karte prüfen müssen, ob eine Patien-tenverfügung besteht. Warum blo-cken die Ärzte und kommen ihrer ge-setzlichen Pflicht nicht nach?UmdieVersichertenkartelesenzukön-nen,brauchteseinenPC,zweiChiplese-geräte,eineSoftware-AnwendungsowieeineChipkartealselektronischenLeis-tungserbringer-NachweismitSicherheits-zertifikat.Esstehenalsojenachdem,wiegutdieInfrastrukturderjeweiligenPra-xisimelektronischenBereichbereitsist,verschiedenhoheInvestitionenan.DiemeistenÄrztearbeitenschonjetztmitPC,verwendendiesenabernurimadminist-rativenBereichundzumAbrechnen.BeidiesenKollegenundKolleginnenistderZusatzaufwandvergleichsweisegering.AusserdemsinddiealsAlternativezurVeKa angebotenen,webbasierten Vor-schlägeeinegrosseGefahrunderleich-terndenDatenklau.Dasmussernstge-nommenwerden.DeshalbistmeinerAn-sichtnachderWegüberdieVersicherten-karteeinegute,verlässlicheundsichereLösungfürdienächstenzehnbiszwan-zigJahre.EsisteineguteChance,bis-herVersäumtesnachzuholen.EinmeinerMeinungnachrelevanterGrundfürdenspärlichenEinsatzderKarte,istdiefeh-lendeTarifierungdesBeschreibensderKarte.WollenallediesesProjektvoran-treiben,istdiesesHindernisinVerhand-lungenraschlösbar.

SILVIA SCHÜTZ

3 fragen an reto guetg, Dr. med in eigener praxis und Vertrauensarzt von santésuisse

«Datenlecks sind bei der VeKa-lösung nicht möglich»

Dr. med. reto guetg ist arzt in eigener praxis und Vertrauensarzt von santésuisse.

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Page 14: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

14|Gesundheitswesen2/13

Vier tage nach der abstimmung über die Managed care-Vorlage demons-trierte gesundheitsminister alain berset am letzten Jahressymposium des forum Managed care (fmc) gelassenheit: «Sie haben nun freie Hand, neue Modelle zu entwickeln.» in welche richtung die entwicklung gehen könnte, skizziert das fmc in seinen trendszenarien integrierte Versorgung Schweiz.

DasResultatwarklar:DreiViertelderStimmendenlehntenam17.Juni2012dieManagedCare-Vorlageab.FürdasForumManagedCare(fmc)waraberebenso klar:Der integrierten Versor-gunggehörtdieZukunft–obmitoderohneGesetz.Dies unterstreichendieneustenZahlen:PerStichtag1.Januar2013lassensichrund1,7MillionenVer-sicherteineinemder75Ärzte-undPra-xisnetzebetreuen.Dassind25ProzentmehralseinJahrzuvorundfasteineVerdoppelunggegenüber2010.GenausowiedieZahleninteressiertdieFrage: Inwelche Richtungwird sichdieVersorgungentwickeln?Dazuerar-beitetedasfmcineinemmehrstufigenProzessdieTrendszenarienintegrierteVersorgungSchweizmiteinemZeitho-rizontbis2020.ZentraleErkenntnisda-bei:DieGesundheitsversorgungimAll-gemeinen und die integrierte Versor-gungimSpeziellenwerdensichkünftigvielfältigerundjenachUmfeldunter-schiedlich entwickeln.DreiReferenz-szenarien skizzierendiese Erkenntnis(sieheTabelleS.15).

trendszenario «land»WichtigstesVersorgungselementistdasregionaleGesundheitsnetz,dasvonei-nerGruppeengagierterHaus-undSpe-zialärzte initiiert und zusammen mitdem regionalen Spitalzentrum aufge-bautwurdeunddasdieVersorgungindergesamtenRegionkoordiniert.DasregionaleGesundheitsnetzumfasstu.a.Gesundheitszentrenmitgrundver-sorgendenundspezialisiertenÄrzten,Ambulatorien,Radiologie,Diabetesbe-ratung und Physiotherapie. EinzelneGesundheitszentrengewährleistenbe-stimmte Leistungen für die gesamteRegion, beispielsweise eine ambu-

lantePsychiatrieundeinkleineschi-rurgisches Angebot. Da die Bevölke-rungäusserstdezentrallebt,sindmobileGrundversorger-Equipen(FlyingDoc-tors)mit eng eingebundenen Spitex-Diensten im Einsatz. Betreuungspro-grammefürchronischKrankeundte-lemedizinischeAngebotesindaufdieBedürfnissederländlichenRegionab-gestimmt.Das regionaleGesundheitsnetz istei-genständigorganisiert.WichtigsteTrä-ger sind dieGemeinden der Regionbzw.derenZweckverbandsowiePri-vate (z.B. Leistungserbringer/-organi-sationen).Der Aufbauwurde primärdurchEigenmittelfinanziert,unterstütztdurchFörderbeiträgevonGemeinden,Kanton,Krankenversicherernundwei-terenPartnern.DielaufendeTätigkeitwirdweitgehenddurchLeistungsvergü-tungengedeckt.Wonotwendig,betei-ligensichderZweckverbandundderKantonangemeinschaftlichenLeistun-gen,z.B. fürNotfall-oderPikettorga-nisation.

trendszenario «urbane region»Wesentliches Charakteristikum ist einregionalerKooperationsverbundmitei-nemNebeneinandervonunterschied-lichenLeistungserbringer-Konglomera-ten.Die Konglomerate stimmen sichdurchmeistbilateraleKooperationsver-einbarungenab,beispielsweiseÄrzte-netzemitallgemeininternistischenundspezialisiertenGruppenpraxen, grös-sereÄrztezentrenmitRöntgen-undLa-bor-EinrichtungenodereinPsychiatrie-netzmitdenambulantenundstationä-renEinrichtungenderRegion.DaskantonaleSpitalumfasstdreiteil-autonome Standortemit unterschied-lichen Schwerpunkten und gemein-samen, standortübergreifendenBerei-chen.AusserdembetreibtdasSpitaleinÄrztezentrumundzweiGemeinschafts-praxen,derenÄrzteundPersonalflexi-belimSpitaloderimÄrztezentrumein-gesetztwerden.DieengeZusammenarbeitvonGrund-versorgern, Spezialisten, ambulantenundstationärenLeistungsbereichenso-wiediegemeinsame,mehrheitlichelek-tronische Patientendokumentation er-möglichteineVielfaltanChronicCare-

Betreuungsmodellen.IndiesenModellenistdifferenziertverein-bart,werdenPatienten steuert: InvielenFällensindesGrundversorger,bei komplexen chronischen Situatio-nenauchspezialisierteLeistungserbrin-gerundfürpflegerischBetreutestehenspital-odernetzbasiertePatientencoa-chesimEinsatz.MitdenKrankenversicherernsindver-schiedene Formen der Leistungsver-gütungvereinbart,inderauchambu-lanteundstationäreLeistungenineinegemeinsameBudgetmitverantwortungeingeschlossenwerden.KantonaleBei-trägekönnenbeiBedarfdieFinanzie-rungvonPraxisassistenzenundbeson-derenQualitätsinitiativenunterstützen.

trendszenario «gross-Stadt»DieGesundheits-undPatientenversor-gung zeichnet sich durch ein vielfäl-tigesNebeneinander von integriertenambulantenundstationärenOrganisa-tionenaus,welchesichaufgrundderhohenLeistungserbringer-Dichteauchkonkurrenzieren.Unterschiedlichpo-sitionierteVersorgungsnetze(Hausarzt-netze,NetzefürbestimmtePatienten-gruppenusw.)bietenihreLeistungenalleineoderinKooperationmitOrga-nisationenwieSpitälern,Spitex,Pflege-heimen,Apotheken,Reha-undPhysio-Einrichtungenan.OdergrosseGesund-heitszentren,dievoneinemSpitaloderÄrztenetzrealisiertwurden,betreibenNotfallpraxenmit365x24-Stunden-Zu-

trendszenarien integrierte Versorgung

Die Vielfalt wird zunehmen

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15|Gesundheitswesen2/13

Handlungsoptionen und anreizeWelcheInitiativenundAnreizewürdendieseEntwicklungennununterstützen?DazuformuliertedasfmcOptionen,dievorallemdievertikale,sektorenüber-greifendeIntegrationfördernundsichvielerortsumsetzenlassen.

Leistungserbringerorganisationen•kooperieren sektorenübergreifend

mitanderenLeistungserbringernundentwickeln–allenfallsmittelemedizi-nischenAnbietern–Betreuungspro-gramme für chronischKranke (mitDiabetes, COPD undHerzinsuffizi-enz);

•profilierensichv.a.inurbanenundstädtischenRegionendurchDifferen-zierungihrerAngebote,z.B.nachPa-tientenbedürfnissen, Patientengrup-penoderKrankheitsbildern;

•stellen v.a. in ländlichen RegionenPraxis-Infrastruktur als Anreiz fürneue Leistungserbringer zur Verfü-gung;

•entwickeln ersteAnwendungen fürkünftigeelektronischePatientendos-siers.

Krankenversicherer•schliessenmitOrganisationenVer-

träge ab,welche die sektorenüber-greifendeVernetzungfördernundindenenaufdieBedürfnissederVersi-cherten/Patienten ausgerichteteZu-sammenarbeits-undVergütungsmo-dellesowieQualitätskriterienverein-bartwerden;

•könnenv.a.inländlichenRegionendenAufbauvonregionalenVersor-gungsnetzen mit Anschubfinanzie-rungenunterstützenunddieStand-ortattraktivitätinsehrabgelegenen/

alpinenRegionenmitdifferenziertenTaxpunktwertenfördern;

•entwickeln neue Vergütungsmodelle(z.B.Mixed/BundledPayment,PayforPerformance)undwendensieinPi-lotprojektenan;

•unterstützengemeinsammitLeistungs-erbringerndenAufbaueinerDienst-leistungsorganisationfürVersicherte/Patienten, welche die Gesundheits-undPatientenkompetenzfördert.

Die Öffentliche Hand bzw. Kantone und Gemeinden•unterstützen bei Bedarf den Aufbau

regionalerVersorgungsnetzemitver-günstigtenDarlehenundProjektfinan-zierungen;

•knüpfen Unterstützungsbeiträge anBedingungen,welchez.B.Zusammen-arbeit,Weiterbildung,oderForschunginderRegionbegünstigen;

•förderndenErfahrungsaustauschunddenWissenstransferzwischenOrgani-sationenderintegriertenVersorgung;

•stellenv.a.inländlichenRegionenalsAnreiz für neue LeistungserbringerRäumlichkeiten zur Verfügung oder(vor-)finanzierendieIT-Infrastruktur.

Die Trendszenarien integrierte Versor-gungSchweizverstehensichalsInspi-rations-undDiskussionsquelleundals«workinprogress».Dasfmclädtalleein,dazuStellungzunehmen:DieVollver-sion der Trendszenarien und ein Linkzu einemOnline-Fragebogen sind aufwww.fmc.chzufinden.

PD DR. PETER BERCHTOLD, PRÄSIDENT DES FORUM MANAGED CARE

fmc-Symposium 2013 am 27. Juni im Hallenstadion Zürich. Mehr unter: www.fmc.ch/symposium.

Trendszenario «Land» Trendszenario «Urbane Region» Trendszenario «Gross-Stadt»

Regi

onal

e

Mer

kmal

e Ländliche bzw. bergige Region mit niedri-ger und saisonal schwankender Bevölkerungs-dichte

Beispiele: Unterengadin, Simmental – Saanenland

Eher städtisch geprägte, wirtschaftlich wich-tige Region (Agglomeration, Einzugsgebiet >150 000 Versicherte)

Beispiele: Aarau – Baden, Grossraum Luzern

Grossstädtische Agglomeration mit Einzugsge-biet von >300 000 Versicherten

Beispiele: Basel, Bern, Genf – Lausanne, Zürich

Zent

rale

M

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Vers

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Sicherstellen der Versorgung durch eine Orga-nisation der integrierten Versorgung, der fast alle Leistungsanbieter angehören

Kein oder kaum Wettbewerb zwischen Leis-tungsanbietern

Optimieren der Versorgung durch einige Or-ganisationen der integrierten Versorgung

Wenig Konkurrenz zwischen Leistungsan-bietern

Optimieren der Versorgung durch viele Organisati-onen der integrierten Versorgung mit unterschied-lichen, sich konkurrenzierenden Angeboten

Wettbewerb kann primäres Steuerungsinstru-ment sein

gang,KompetenzzentrenfürbestimmtePatientengruppen(z.B.psychiatrischeWalk-in-Ambulatorien,Geriatrie-oderChronic Care-Zentren) sowie Spitex-DienstemiteinerkleinenBettenstationfürdieÜbergangsbetreuungältererPa-tienten.DasUniversitätsspitalistinver-schiedenedieserVernetzungeneinge-bundenundbetreibtzudemeineige-nesPatienten-HotelundintermediäresPflegeheim.DieverschiedenenOrganisationenste-henineineminnovationsförderlichenWettbewerb, der einwichtiges Steu-erungselementdarstellt.Zwischenin-tegrierten Leistungserbringerorganisa-tionenundKrankenversicherernwer-denunterschiedlicheFormenderLeis-tungsvergütung vereinbart, welchedie angeschlossenen Leistungserbrin-gerineinegemeinsameBudgetmitver-antwortungeinbindenundneueEle-mente(z.B.Pay-for-Performance)ent-haltenkönnen.

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16|Gesundheitswesen2/13

was ist besser: in den zug zu steigen, das eigene büro hinter sich zu lassen und an einer eintägigen Schulung andere leute zu treffen, oder diese Schulung gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen im gewohnten arbeits-umfeld zu besuchen? santésuisse bietet externe Kurse mit teilnehmern aus verschiedenen firmen sowie firmeninterne Schulungen für das personal einer bestimmten firma in deren eigenen büroräumen an. beide Varianten haben Vorteile.

InvielenFällenentscheidetdiePerso-nalabteilung, ob die Schulung internstattfinden soll oder ob ausgewählteMitarbeiteraneinenauswärtigenKursgeschicktwerden sollen. Es geht alsodarum abzuwägen,welches die besteLösung für die Firma insgesamt, aberzugleichauchfürdieeinzelnenMitar-beiterist,damitdasangestrebteZieler-reichtwird.Das hat Corinne Zbären,AusbilderinundLeiterindesfirmenin-ternoder-externdurchgeführtenSemi-narszurErkennungvonFällenderInva-lidenversicherung(IV)festgestellt.Auchdie Kommentare von Teilnehmendenbestätigendies.

intern oder extern? Wenn ein Angestellter an eine spezi-elle,fürihnausgewählteAusbildungge-schicktwird, ist das eine individuelleFörderungsmassnahme.Erwirdindie-semFallmiteinergewissenErwartungs-haltung,begründetdurchdieAnerken-nungseinesPotenzials,andemSeminarteilnehmen.Einetraditionellefirmenex-terneSchulungkommtdiesemBedürf-nisimAllgemeinenambestenentgegen.DiesesZielkannaberauchdurcheinenfirmeninternenKurserreichtwerden,so-ferndieTeilnehmerzahlbegrenztistundnureinTeilderMitarbeiterschaftfürdenKurs«ausgewählt»wurde.Dochoftmals,wenneineSchulungimeigenenUnter-nehmendurchgeführtwird–insbeson-dereeinSpezialseminarwiedasjenigezurErkennungvonIV-Fällen–bestim-menandereGründedieWahl:Diein-terneVariantehatzunächsteinmalzahl-reichepraktischeundökonomischeVor-teile.SiebieteteinegrosseFlexibilitätin Bezug auf die Teilnehmerzahl und

dasDatumdesKurses,derbeiBedarfauch kurzfristig durchgeführtwerdenkann.ZudemvermeidetsieKostenunddenZeitverlustfürHin-undRückreise.Doch in erster Linie erlaubt sie, ZieleaufkollektiverEbenezuerreichen.Da-durch,dassdieAusbilderinschonvor-gängigInformationenbeiderFirmaein-holt,sprichtsiedie«gleicheSprache»wiedieKursteilnehmenden.DadurchistderKursnäheranderUnternehmenskultur.UndwenneineganzeAbteilung,etwadieFakturierungsabteilung,zurgleichenZeitanderSchulungteilnimmt,entstehtein Zusammengehörigkeitsgefühl undeineArt «Unité de doctrine»,weil allediegleicheBotschaftgehörthaben.Sokannetwagemeinsamdarüberdisku-tiertwerden,wieineinembestimmtenFallambestenvorgegangenwird:Sollein Schreiben aufgesetztwerdenoderwärevielleichteinTelefongesprächbes-ser?DieseFrage,diemitderFirmenphi-losophieunddenFirmendirektivenzu-sammenhängt, kann dann aus einemanderenBlickwinkel heraus debattiertwerdenalsaneinemauswärtigenSemi-nar,wo lediglichein Informationsaus-tauschstattfindet.Einweitererbedeuten-derVorteilist,dassInformationenbezüg-lichSoftwarevorgängenoder-systemendirekt weitergeleitet werden können.WennsichnämlichdieganzeGruppeaufeineVerbesserungeinigt,etwaeinevisuelleAlarmsignaländerungimInfor-matiksystem,dannistesleicht,dieseIn-formationandiebetroffeneAbteilungweiterzuleiten,weil alleGruppenmit-gliedergleicherMeinungsindundderForderungsoGewichtverleihen.

Den Horizont erweiternDieEntscheidung,weraneinSeminargeschicktwird,istausschlaggebendundesbietensichzahlreicheMöglichkeitenan.GeradeineinemUnternehmen,des-senMitarbeiterSpezialistensind,kanneseinVorteilsein,MitarbeiteraneinenKurszuschicken,dienichtdirektvonderProblematikbetroffensind,umde-renHorizontzuerweitern.GleichzeitigberücksichtigtmansoaucheineForde-rungderKunden,diedemATSGunter-stehen,wonachjedeMitarbeiterinundjederMitarbeitereinerVersicherunginderLageseinmuss,überdenLeistungs-

anspruchbeianderenSozialversicherun-genAuskunftzugeben.*Dies istabernurmöglich,wenndieMitarbeitendenzuvorentsprechendvorbereitetwerden.Wichtigist,dassdasKursniveaubeiin-ternenwieauswärtigenSchulungendemNiveauderTeilnehmendenentspricht.DenneinegemischteGruppewirdnurdannalsBereicherungerlebt,wenndasKursniveauunddieKurszieleaufdieBe-dürfnissederTeilnehmendenausgerich-tetsind.HingegenwerdensichPersonenmitErfahrungstreckenweiselangweilen,wennderKursaufAnfängerniveaube-ginnt.BeieinemSeminarinderFirmamussinterndafürgesorgtwerden,dasshinsichtlichNiveaueinegewisseHomo-genitätbesteht. Istdiesnichtmöglich,somüssendieKurszielejedesEinzelnenzuvorklarfestgelegtwerden.

interne Kurse sind nah am beruflichen alltagAlleTeilnehmendensindsichdarinei-nig, dass konkrete Beispiele den Zu-gang zu den Lerninhalten erleichtern,der Stoff dadurch verständlicherwirdundsichdasGelerntebesserumsetzenlässt.IndieserHinsichthabenfirmen-interneSchulungeneinengrossenVor-teil.DennineinemgeschlossenenKreismuss,wennüberrealeFällegesprochenwird,wenigeraufAnonymitätgeachtetwerden,ohnedassdeswegenVertrau-lichkeitsproblemeentstehen.DerKursistsomitausgesprochenpraxisbezogenundnahamberuflichenAlltagderAn-gestellten.BeischwierigenFragenoderinGrenzfällenkanndieAusbilderindieMitarbeitendenjenachFirmenphiloso-phieauchgezielterlenken,wogegensiesichineinerexternenSchulungnatür-lichvielneutralerverhaltenmuss.DiesermöglichteinpragmatischeresVorge-hen.Hinzu kommt, dass im Fall vonCorinne Zbären, bedingt durch derenPosition bei der IV-Stellen-Konferenz,dieAusbilderinsozusagenalsVertrete-rineinerIV-Stellefungiert:DiesregtzuFragen an und erlaubt eine klare Po-sitionierung gegenüber demKranken-versicherer.

region beeinflusst KursthemenEine interneWeiterbildungkannauchanmehrerenFirmenstandortenorgani-

Seminare zur erkennung von unfall- und invaliditätsfällen gibt es firmenintern oder extern – was eignet sich für wen?

firmeninterne Seminare wirken sofort

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17|Gesundheitswesen2/13

siertwerden, beispielsweise fürKran-kenversicherer,dieüberdasganzeLandverteilt sind. Interessant ist,dassauchindiesemBereichregionaleBesonder-heiten,sowohlkulturelleralsauchor-ganisatorischerNatur,spürbarsind.Ei-nerseitswirddieRolledesKrankenver-sicherers als ausführendesOrgan desStaatesinnerhalbdesBAGunterschied-lichwahrgenommen,weilmandiesseitsundjenseitsdes«Röstigrabens»einean-dereAuffassungvomStaathat.UnddieVorstellungdessen,wasderVersichererübernehmensollte,wirdnatürlichvonderGesundheitskulturundvonlokalenKonsumgewohnheiten geprägt. Ande-rerseitsistinderfranzösischenSchweizalleskleinräumiger,sodassdiemeistenMitarbeiterGeneralistensind,währendman in derDeutschschweizmehr zuSpezialistentumneigtunddieTätigkeits-bereichederEinzelnenbedeutendein-geschränkter sind.Die Romands sinddurchdieAP-DRG(AllPatientDiagno-sisRelatedGroup)seitlangemanFallbe-rechnungengewohnt;dagegenistdiese

Fakturierungsart inmanchenDeutsch-schweizerKantonennochvölligunbe-kannt.SolöstineinemAusbildungsse-minarüberFällederInvalidenversiche-rungbereitsderFakturierungstypFra-genaus.GemässCorinneZbärenkanndasAufzeigenvonkonkretenBeispie-lenoderdasEingehenaufaktuellere-gionsbezogeneThemendazubeitragen,dasssichdieTeilnehmendendirektan-gesprochenfühlen.

Der Vorgesetzte bleibt draussenSchulungen, so die Erfahrung vonCorinneZbären,findenineinerheite-ren,entspanntenAtmosphärestatt,obindereigenenFirmaoderauswärts.«SiewirdvondenTeilnehmendenalseinebereicherndeErfahrungerlebt», sodieIV-Expertin. Die Tatsache, dass mansichbereitskenne,erleichterevonAn-fangandieErzeugungeinesGruppen-effekts,wogegen in externen eintägi-genSchulungenofteinegewisseDistanzfestgestelltwerdenkönne.Amwichtigs-ten sei jedoch, ganz unabhängig von

der gewählten Variante, dass sich dieKursteilnehmerinnen und -teilnehmerschnellwohlfühltenunddenMuthät-ten,Fragenzustellen,ohnesichdarü-berGedankenzumachen,obdasjetzteine«gute»Fragesei.GedämpftwerdendiesepositivenEffekte,wennderVor-gesetztedabei ist.Denndas führtge-mässCorinneZbärenzueinergrösse-renZurückhaltungbeidenMitarbeiten-den, sodassmanchmal sogar der Ein-druckentstehe,esgebevonAnfanganeineRollenaufteilung.GewisseTeilneh-merbedauern,dasskeingemeinsamesMittagessen stattfindet und derGrup-peneffekt deshalb unterbrochenwird.VorallembeifirmeninternenKursenisteswichtig,dassderKurseinenganzenTaglangdauert,damitsichdieTeilneh-mendennichtgleichwiederinihreall-täglicheArbeitstürzen.

FRéDéRIQUE SCHERRER

* Art. 27 Abs. 3 ATSG

corinne zbären-lutz, geschäftsführerin der geschäftsstelle iV-Stellen-Konferenz in luzern, führt für santésuisse Spezialseminare zur erkennung von iV-fällen durch, die in der eigenen firma oder auswärts organisiert werden können.

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«Die Homöopathie-lüge» lautet der titel eines aktuellen buches zur umstrittenen homöopathischen Heilmethode. für die einen sind die kleinen, weissen Kügelchen, in denen neben zucker und alko-hol wirkstoffe in astronomischen Verdünnungen enthalten sind, ein wundermittel. für die wis-senschaftsjournalisten christian weymayr und Nicole Heissmann hin-gegen Hokuspokus. Sie fordern ein deutliches «Nein» zu einer Methode, die nach ihrer Meinung viel mit glauben, aber wenig mit Vernunft zu tun hat.

AlsBeweisfürihreContra-Argumenta-tionverweisendiebeidenAutorenauchaufeinentragischenTodesfall:ImOk-tober2011starbdervierjährigeLuca,SohndesArztesLuigiMarcelloMonsel-lato, Orthopäde im italienischen Fer-rara.LucawurdemithohemFieberinsKrankenhausgebracht,abereswarzuspät. Der Junge reagierte nichtmehrauf dieNotfallmassnahmen.Der FallbeschäftigtedieitalienischeJustizundweltweitdieMedien.DerVaterdesKna-ben,Dr.Monsellato,erklärte,dieBe-schwerdenseinesSohneswährenddreiWochen–wienachderhomöopathi-schenLehreüblich–mitFenchelbe-handeltzuhaben.EinerSchuldwarsichderVaternichtbewusst.ImGegenteil:ErklagtegegendieKlinik,nichtgenugfürdieBehandlungseinesSohnesge-tanzuhaben.

fehldiagnosen mit fatalen folgenImVerlaufderweltweitenDiskussionwurdenhundertevonFällenbekannt,wonachMenschenstarbenodergeschä-digtwurden,weilderenÄrzteanderHomöopathiefesthielten,stattrechtzei-tigbeiMethodenderevidenzbasiertenMedizinHilfezuholen.ZudieserEin-stellungtrugbei,dassweitherumbe-hauptetwurde,dassdieHomöopathieder Schulmedizin grundsätzlich über-legen sei. Selbst der Begründer derHomöopathie, Samuel Hahnemann,schrieb in einem seinerHauptwerke:«Der reine, homöopathischeHeilwegistdereinzigrichtige,dereinzigdurchMenschenhand mögliche, geradesteWeg».Hahnemannverbatsichauchve-hementjedeVermischungvonHomöo-pathiemitdervonihm«Allopathie»ge-nanntenwissenschaftsbasiertenMedi-zinundschlossdiesauchfürdieZu-kunftaus.DieAutorender«Homöopathie-Lüge»sinderfahrene,kritischeWissenschafts-journalisten: Christian Weymayer istpromovierterBiologeundfreierJour-nalistundNicoleHeissmannseit2004Redaktorinbeim«stern»undbearbeitetu.a.dasThema«MedizinundQualitätimGesundheitswesen».BeideAutorensind offensichtlich bemüht, über dieverschiedenenAspektederHomöopa-

thieaufzuklären.SoistdasBuchsach-lichgeschrieben.MancheBeispielesindaberpointiertaufgezeichnet.Aufpole-mischeodersarkastischeBemerkungenwird jedochverzichtet.AmEndedesBuches finden sichmehrere Lektüre-Empfehlungen u.a. aufgeteilt in «Bü-cherdesMeisters»und«BücherdesWi-dersachers».

um was es gehtBeiderHomöopathiegehtesumeinHeilverfahren,fürdasTeilevonPflan-zenoderTierenMineralienoderGift-stoffeverdünntwerden,umsiedanngegenSymptomeeinzusetzen,diesieunverdünntangeblichselbstauslösen.BachblütentherapieundSchüsslersalzesindlediglichVariationenderHomöo-pathie.

weil von nichts nichts kommt...Wersichdaraufbesinne,sodieAuto-ren,dassdieinhomöopathischenArz-neimitteln gar nicht oder nur in ver-schwindend geringerMenge vorhan-denenWirkstoffenichtsbewirkenkön-nen,weilvonnichtsnichtskommt,demerscheine dasGedankengebäude derHomöopathiealsKartenhaus,alsgrosseIllusion,dienuraufrechterhaltenwer-denkann,weilvieledamitgutfahren.Werdasrealisiere,fühlesichvonvie-lenÄrzten,Apothekern,PolitikernundJournalistenbelogenundbetrogen.SogeheesoffenbarauchMenschen,diesichbereitwilligundunkritischaufHo-möopathieeinliessen.DieAutorengebenweiterzubedenken,dassdasSimile-Prinzip(«ÄhnlichesmitÄhnlichemheilen»)unddasDynamisie-renoderPotenzierenfürdieHomöopa-thiesofundamentalsind,dasssieselbstinStrömungen,diesichvonderklas-sischenHomöopathieentfernthaben,beherzigtwerden.SosteheauchhinterdenvonmanchenÄrztenundPatien-tenbevorzugtengeringenVerdünnun-gen–sprich«niederenPotenzen»-derGedanke,dassbeimSchüttelnoderVer-reiben«geistartigeWirkkräfte»freiwer-den.Placebo-Effekte?Miteinerangeb-lichenWirksamkeit homöopathischerArzneimittelhabediesabernichtsodernurwenigzutun.

buchtipp

aktuelles buch zum Dauerbrennerthema Homöopathie

Hokuspokus oder wundermittel?

christian weymayer und Nicole Heissmann, Die Homöopathie-lüge – So gefährlich ist die lehre von den weissen Kügelchen. piper-Verlag gmbH München, 2012, 332 Seiten. taschenbuch (cHf 26.90) .

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was im umgang mit Homöopathie zu beachten istDieAutorenvermittelnineinembeson-derenKapitel einige beachtenswerteRatschlägefürdenUmgangmitHomöo-pathie:DieAutorenermunterndiePati-entenzumehrRealismus.Keineunre-alistischenErwartungen!DiePatientensolltenakzeptieren,dassfürjedewirk-

In einem gut ausgewogenen, geradezu klassisch formu-lierten Exkurs zur «Medizin der Zukunft» stellen die Au-toren übereinstimmend fest, dass der Wandel der Zeit die Entwicklung der Homöopathie stark mitgeprägt hat: Mit über 3000 homöopathischen Arzneimitteln und ständig neu hinzukommenden Substanzen ist die Homöopathie eine wachsende Kunst. Anders als die allopathische Me-dizin, die jedes Jahr Arzneien vom Markt nimmt, da neue Nebenwirkungen entdeckt werden, verwenden Homöo-pathen noch dieselben Arzneien, die sie schon vor 200 Jahren verwendet haben. Dazu verwenden sie neue Me-dikamente, um ihren Bereich zu erweitern.

Zu ergänzen wäre hier allerdings, dass manche Mittel, die Samuel Hahnemann noch als wirksam beschrieben hat, heute nicht mehr gebräuchlich sind, wie beispiels-weise Magnete. Aber abgesehen davon: Dass man an 200 Jahre alten Ansichten festhält, die heute genauso spekulativ wie damals sind, sieht eher nach einem Erstar-ren in Dogmen aus. Den Wert der homöopatischen Arz-neien beschreiben die Autoren so: «Wenn sie der Ge-sundheit schaden, dann weil sie Alkohol oder Zucker enthalten. Wenn sie der Gesundheit nützen, dann we-gen der Placebo-Wirkung – und vielleicht auch, weil man zum Arzt oder Apotheker zu Fuss gegangen ist.»

für die buchautoren ist klar: Nützt Homöopathie, dann wegen der placebo-wirkung. oder weil man zu fuss zum arzt oder zum apotheker gegangen ist.

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sameTherapieauchNebenwirkungeninKaufzunehmensind.AchtungvordemTrugschluss,dassdiepotenziertenSubstanzen,dieinFormvonGlobuli,TinkturenundanderenDarreichungeneingenommenwerden,heilsameKräfteenthalten.NichtdieSubstanzen, son-dernbestenfallsdiePlacebo-Effektelin-dernmehroderwenigerdieBeschwer-

den.DenKrankenkassenwirdempfoh-len, eine klar nachvollziehbare,wis-senschaftlichausgesuchteStrategiezubefolgen:Bezahltwird,waslautGesetzbezahltwerdenmuss,unddarüberhi-nausnurdas,wasnachweislichnützt.

JOSEF ZIEGLER

im wandel der zeit

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20|3Fragen3Antworten2/13

3 fragen 3 antworten

Die künstliche befruchtung generell, die insemination im besonderen und die Sterilisation geben zu fragen anlass

familienplanung – was wird von wem übernommen?

welche leistungen aus der fruchtbarkeitsmedizin werden bereits heute durch die oKp abgedeckt? santésuisse hat diese und andere fragen dazu am virtuellen auskunftsschalter www.facebook.com/monsieur santé, per e-Mail oder am telefon beantwortet.

Wie entwickelt sich die medizinisch unterstützte Fortpflanzung?LautdemBundesamtfürStatistik(BfS)stagnierte das Wachstum der medizi-nisch unterstützten Fortpflanzung imJahr 2011. Die Zahl der behandeltenFrauen nahm gegenüber demVorjahrumzweiProzentab,dieZahldererst-malsBehandeltensogarumneunPro-zent.DasDurchschnittsaltereinerFrau,die2011eineErstbehandlungbegann,lagunverändertbei36Jahren,diePart-nerwarendurchschnittlich39Jahrealt.20ProzentderbehandeltenFrauenha-benihrenWohnsitzimAusland.37Pro-zentderFrauen,dieimJahr2011Un-terstützunginAnspruchgenommenha-ben,wurdenschwangerundführtenin73 Prozent der Fälle zu einer Entbin-dung.DasBfSpubliziertseit2005Be-richteüberdiemedizinischunterstützteFortpflanzunginderSchweiz.Berück-sichtigtwerdendabeidieDatenaller26aktivenZentrenfürFortpflanzungsme-dizinzuBefruchtungenausserhalbdesMutterleibesmitdenbeidenMethodenIn-vitro-Fertilisation(IVF)undSpermi-eninjektiondirektindieEizelle(ICSI).Die künstliche Befruchtung durch di-rekteÜbertragung von Sperma in dieGebärmutter(intrauterineInsemination)wirdstatistischnichterfasst.EinMankoderBfS-Statistikliegtdarin,dasssiekeineAuskunft über die sehr unterschiedli-chen Erfolgsquoten der 26 Fortpflan-zungs-Kliniken gibt.Diese ForderungwurdeinzwischenwährendderDiskus-sion rund um die Revision des heutegültigenFortpflanzungsmedizingesetzesgestellt.VondenobenerwähntenBe-handlungenwerdenIVFundICSInichtvonderobligatorischenKrankenversi-cherungübernommen,währenddage-

gendiedreierstenintrauterinenInsemi-nationenkassenpflichtigsind. FSC / Quelle: BAG

Wer zahlt die Aufbereitung des Sper-mas (sogenannter swim up-Test, Pos. 22.2650), die Krankenversiche-rung des Mannes oder der Frau?DieVorgeschichte:EinSpital,indemeinswimup-Testgemachtwurde,schicktedieRechnungandieKrankenkassedesManneszurRückerstattung.MitderBe-gründung,dassdieZahlungSachedesVersicherersderFrausei,lehntedieseindeseineKostenübernahmeab.Hatder Krankenversicherer des Mannes

sichkorrektverhalten?Antwort:Vorei-nerInseminationwirddieSamenquali-tätdesPartnersmittelsSpermiogrammoderSpermatogrammuntersucht.DasSpermiogrammdientderAbklärungderUnfruchtbarkeit bzw. der Zeugungs-unfähigkeitdesMannes.MöglicheUr-sachen der Zeugungsunfähigkeit desMannes:DieSpermiensindzuwenigzahlreich,zuschwach,zuklein,zulang-sam.DieseAbklärungstelltgrundsätz-licheinekassenpflichtigeLeistungdarund zwar zulasten der Krankenversi-cherungdesMannes.WenndasSper-miogrammnormalundunauffälligaus-fällt,soistdieweitereZubereitungzurInseminationaufKostenderKranken-

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versicherungderFraudurchzuführen.WenndasSpermiogrammpathologischist,gehendieKostenfürdieSpezialzu-bereitung(AuswählennurderkräftigenSpermien, Zugabe von aktivierendenSubstanzenusw.)zuLastenderKran-kenversicherungdesMannes. JPB / santé-

suisse

Werden die Kosten einer Unterbin-dung beim Mann durch die Kranken-versicherung übernommen?Wenn die Sterilisation hingegenwe-gen eines pathologischen Zustandesnotwendig ist, ist sie unter gewissenUmständenkassenpflichtig.DieBedin-gungenfüreineKostenübernahmeimRahmenderobligatorischenKranken-pflegeversicherung sind in der Kran-kenpflege-Leistungsverordnung(KLV),Anhang1,Ziff.3,umschrieben:ImRahmenderärztlichenBehandlungeinerFrauimgebärfähigenAlteristdieSterilisationeinePflichtleistung,wenneineSchwangerschaftwegeneinesvo-raussichtlich bleibenden krankhaftenZustandesodereinerkörperlichenAno-maliezueinerGefährdungdesLebensoderzueinervoraussichtlichdauern-dengesundheitlichenSchädigungderPatientinführenmüssteundandereMe-thodenderSchwangerschaftsverhütungausmedizinischenGründen(imSinneeinergrosszügigenInterpretation)nichtinBetrachtkommen.WodiezuvergütendeSterilisationderFraunichtmöglichodervomEhepaarnichterwünschtist,hatderVersichererderFraufürdieKostenderSterilisationdesEhemannesaufzukommen.Mitan-derenWorten,dieVasektomiealssolchegiltnichtalsPflichtleistungdersozia-lenKrankenversicherung,ausserwennsieunterdenobenumschriebenenBe-dingungendurchgeführtwird.ImZu-satzversicherungsbereichsinddieKran-kenversicherer in derGestaltung desVersicherungsumfanges frei. DadurchunterscheidensichdieverschiedenenProdukteinihrenLeistungen(undPrä-mien). Art undUmfang der Leistun-gen sind in den «AllgemeinenVersi-cherungsbedingungen»(AVB)geregelt. JPB / santésuisse

An der SP-Pressekonferenz vom 11. Ap-ril 2013 zu ihrer Einheitskassen-Studie, ging Anna Sax auf drei zentrale Fragen rund um den Wettbewerb in der Grund-versicherung ein: Warum der Wettbewerb nicht funktioniere; ob die Einheitskasse die Prämien zu reduzieren vermöge; und welches die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsplätze wären.

100 000 Stellen weg wegen Einheitskasse: Kurzfristig rechnet das SP-Papier nicht mit dramatischen Einsparungen. Umso hö-her sind die erwarteten langfristigen Ein-sparungen in der Leistungserbringung. Es ist von 10 bis 20 Prozent der Gesundheits-kosten die Rede. Weil nun aber gerade das Gesundheitswesen sehr personalin-tensiv ist, entspricht das einem Stellenab-bau, der sich auf 55 000 bis 107 000 Per-sonen summiert. Es mag sein, dass so viel Ineffizienz im Gesundheitssystem der Schweiz steckt. Dass sich aber gerade die SP mit einem solch radikalen Abbau von Beschäftigten in Szene setzen will, mag hingegen erstaunen.

Der Abbau von 107 000 Arbeitsplätzen berechnet sich folgendermassen: Im Jahr 2008 waren gemäss BfS 541 824 Perso-nen im Gesundheitswesen beschäftigt, davon 16 806 im Bereich Sozialversiche-rung. Im letzteren rechnet das SP-Grund-lagenpapier mit einem Stellenabbau von rund 2000 Personen. Des Weiteren wird ein Leistungsrückgang nach Einfüh-rung der Einheitskasse von 10 bis 20 Pro-zent erwartet. Da der Gesundheitsbereich überdurchschnittlich personalintensiv ist, kann dies einen ebenso grossen Abbau von Personen in den Gesundheitsberu-fen zur Folge haben. Von den gut 525 000 Stellen würden also gemäss SP-Grundsatz-papier 10 bis 20 Prozent abgebaut. Dazu kämen die in der Sozialversicherung ge-strichenen 2000 Stellen, was einem tota-

len Stellenabbau von 54 500 bis 107 000 Personen entspricht.

Wettbewerb und Risikoausgleich? Auch Frau Sax stellt fest, dass der Wettbewerb besser und zielgerichteter funktionieren würde, wenn man den Risikoausgleich verbessert. Eine Forderung, die von zahl-reichen Krankenkassen seit 1998 erhoben wird und bereits zu einer ersten Reform im Jahre 2012 geführt hat. Eine Optimie-rung des Risikoausgleichs stellt einen we-sentlich geringeren und kontrollierten Ein-griff ins Gesundheitssystem dar als die Abschaffung des Wettbewerbs. Bereits die erste Reform des Risikoausgleichs hat zu einem signifikanten Rückgang der Risikos-elektion geführt. Die Schlussfolgerung von Frau Sax, dem Wettbewerb durch die Ein-führung einer Einheitskasse den Riegel zu schieben, entspricht sicherlich der Ideolo-gie des Auftraggebers, lässt sich aber aus der vorliegenden empirischen Literatur nicht ableiten.

Auswirkung auf die Prämie: Natürlich teile auch ich die Einschätzung von Frau Sax, dass es «nicht über Nacht zu einer sub-stanziellen Prämienreduktion» kommen werde. Ohne die Reduktion der Verwal-tungskosten von 1,5 Prozent zu bestäti-gen, erachte auch ich den Effekt als «re-lativ klein». Ich begrüsse es grundsätzlich, dass die SP ein Grundsatzpapier vorlegt, welches die Argumentation mit unsin-nig hohen Verwaltungskosten ad acta legt und die statistischen Tatsachen bestätigt: Die Verwaltungskosten sind an sich schon sehr gering, weil 95 Prozent der Prämien-gelder in die Leistungserstattung fliessen.

* Der renommierte Gesundheitsökonom Prof. Dr. Konstantin Beck widmet die Punktlandung der SP-Auftragsstudie zur Einheitskasse von Anna Sax «Wettbewerb ist ungeeignet für eine Sozialver-sicherung». Es handelt sich dabei um eine redi-gierte und leicht gekürzte Fassung des Beitrags von Prof. Beck im fair care blog.

prof. Dr. Konstantin beck*

einheitskasse würde 100 000 arbeitsplätze vernichten

Punkt landung

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22|Service2/13

aus aller welt

patientenbefragungen ohne resultat

Die Zufriedenheit des Patienten eignet sich nicht als Gradmesser für die Qua-lität einer medizinischen Behandlung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Erhe-bung in den USA zu chirurgischen The-rapieangeboten. Sie ergab, dass die Qualität der chirurgischen Behandlung keinen Einfluss auf die Patientenzufrie-denheit hat. Das Patienten-Urteil fiel meist umso positiver aus, je besser die Klinikangestellten zusammenarbeite-ten und je höher diese die Sicherheits-kultur am eigenen Haus einschätzten. Dass die Zufriedenheit des Patienten kein zuverlässiges Mass für die medi-zinische Versorgungsqualität ist, geht auch aus anderen Studien hervor. Dem-nach fühlen sich die Kranken in der Re-gel schlicht dort am wohlsten, wo sie viel Aufmerksamkeit und Zuwendung erhalten. In den USA ziehen Kranken-kassen zunehmend das Urteil der Ver-sicherten als Steuerungsinstrument für die Rückerstattung von Behandlungs-kosten heran.

Quelle: NZZ; Forschung und Technik, 24. April 2013

Die bfu – Seit 1938 im Einsatz gegen Nichtberufsunfälle

Diebfu(BeratungsstellefürUnfallverhütung)nutztdasJubiläumsjahr2013,ummiteinerthemenzentriertenmobilenAusstellungdieÖffentlichkeitfürdieBelangederUnfallpräventionzusensibilisieren.EinespeziellzudiesemZweckkonzipierteneu-artigePräsentationstechnikdientdazu,aufinteraktiveWeisedieganzePaletteihrerTätigkeitenvorzustellen–vonderpersönlichenSchutzausrüstungimSportüberAl-koholundÜbermüdungamSteuerbishinzurVermeidungvonStürzen.DieAusstel-lungwirdabMärzdiesesJahresinzahlreichenGemeindenderSchweizgastieren.

Mehr: www.75.bfu.ch

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Mehr Kilos sind gesünder als Rauchen WermitdemRauchenaufhört,verringertdasRisikovonHerz-Kreislauf-Erkrankungendeutlich–auchwenneranGewichtzunimmt.ZudiesemSchlusskommteineStu-dievonSchweizerundUS-Forschern,dieimMärzim«JournaloftheAmericanMe-dicalAssociation»veröffentlichtwurde.Teilnehmer,dienichtanDiabeteslittenundmitdemRauchenaufhörten,hatteneinumgut50ProzentgeringeresRisikofürHerz-infarkteundSchlaganfälle.DiesseitrotzGewichtszunahmederFallgewesen,dieimSchnittbei2,7bis3,5Ki-logrammlag,wiedieForschervonderMedizinischenPoliklinikderUniversitätunddesUnispitalsLausanneberichten.AuchbeiDiabetikernsankdasHerz-Kreislauf-Ri-siko,allerdingsnichtumeinenstatistischsignifikantenWert.AnderLangzeitstudiehattenzwischen1984und2011mehrals3200MenschenindenUSAteilgenommen.IndenVereinigtenStaatenistRauchendiehäufigsteUrsachevonvermeidbarenTodes-fällen,wieesinderUntersuchungweiterheisst.DieGewichtszunahmeistdenFor-schernzufolgediegrössteSorgederRaucher,dieaufhörenwollen.Demnachmach-tensichetwa50ProzentderFrauenund25ProzentderMännerSorgen,nacheinemRauchstoppzuzunehmen,wassiedavonabhaltenkönne,dasRaucheneinzustellen.Amerikaner,diemitdemRauchenaufhören,nehmenimSchnittdreibissechsKilozu.DaszusätzlicheGewichtbleibteinigeZeitbestehen.BeiDiabetikernkanneineGe-wichtszunahmedieschädlichenAuswirkungenihrerErkrankungverschlimmern.(SDA)

tweet des Monats

alain berset @alain_berset 9 Mai

Mit dem Schweizer Literaturpreis ehren wir heute in Soleure literarische Vielfalt. Gegenteil von Vielfalt ist nicht Einheit, sondern Einfalt.

Retweet:

gregor patorski @gpatorski

RT “@alain_berset: Gegenteil von Vielfalt ist nicht Einheit, sondern Einfalt” vielen Dank für das beste Zitat gegen die #Einheitskasse.

Page 23: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

23|BilddesMonats2/13

bild des Monats

wohlstand mit Nebenwirkung

Zwischen 30 und 40 Prozent der Weltbevölkerung leidet laut der World Allergy Organization an einer Allergie;

Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis sind die häufigsten chronischen Allergieerkrankungen bei Kindern. Da

das Allergierisiko für ein Kind, das auf einem Bauernhof aufwächst, deutlich geringer ist als für ein Stadtkind, kam

die These auf, dass die besseren hygienischen Verhältnisse in industrialisierten, städtischen Lebenswelten einen

negativen Einfluss haben könnten. Andere Studien legen nahe, dass neben der Hygiene auch Übermedikation bei

Infektionen oder Umweltfaktoren eine Rolle spielen könnten. Was immer der Grund sein mag, lassen Sie sich nicht

den Frühling – so er denn kommt – durch Niessen vermiesen.

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Page 24: infosantésuisse nr. 02/2013 deutsch

Zertifikatskurse 2013 des Weiterbildungs-programms Management im Gesundheitswesen

• Finanzielle Führung in Organisationen desGesundheitswesens (10. –12.04.2013)

• Wirtschaftlichkeit und Finanzierung imGesundheitswesen (06. –08.06.2013)

• Personalführung in Organisationen desGesundheitswesens (15. –17.08.2013)

• Recht und Unrecht im Gesundheitswesen(09. –11.10.2013)

• Dissens und Übereinkunft: KommunikativeStrategien im beruflichen Kontext(22. / 23.11. und 06. /07.12.2013)

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VeranstaltungenAugust und Septemberim Grand Casino Luzern

3. St.Galler Tagung zum GesundheitsrechtThema 1: Aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht

Thema 2: Medikamente: Über-, Unter- und Fehlversorgung?

Donnerstag, 22. August 2013

Zukunft der stationären und ambulanten Medizin in der Schweiz: Näher zusammen oder weiter auseinander?

Dienstag, 27. August 2013

4. St.Galler Pflegerechtstagung

Donnerstag, 5. September 2013

Anmeldung / InformationenInstitut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis (IRP-HSG) Bodanstrasse 4, 9000 St. Gallen Tel. +41 (0)71 224 24 24 Fax +41 (0)71 224 28 83 [email protected] | www.irp.unisg.ch

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