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Inhaltsverzeichnis - asta-hannover.de

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Impressum:Herausgegeben von der Antifaschi-stischen Initiative Heidelberg(AIHD) mit Unterstützung des AntifaAK an der Uni Heidelberg

April 2004

V.i.S.d.P.:F. AngdenHut-Straße 1569115 Heidelberg

Bestelladresse:Antifaschistische Initiative HDPostfach 10452069035 HeidelbergE-Mail: [email protected]/ai/

Einzelpreis:3,- EUR (plus Porto)

Preise für WiederverkäuferInnen kön-nen mit uns abgesprochen werden.

Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

Inhaltsverzeichnis

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Vorwort

Die Geschichte der Korporationen- Vorbemerkung- Zeit der Restauration- Vormärz und 1848er Revolution- 1850 bis zum Ersten Weltkrieg- Weimarer Republik und Nationalsozialismus- Nationalismus und Militarismus- Nationalsozialismus und Hochschule- Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg

„Deutschland über alles“- Das nationalistisch-militaristische Weltbild der Korporierten

Der studentische Antisemitismus

Berühmt-berüchtigte MitgliederHeidelberger Studentenverbindungen

Ein Männerbund fürs Leben

Europaburschenschaft Arminia Zürich zu HeidelbergBurschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg

Burschenschaft Normannia Heidelberg- Exkurs Alfred Mechtersheimer- Deutsche Hochschulgilde Hans Breuer

Unpolitisch!?

„Vorsicht - Zimmer frei!“ oder:Wie die Burschen für Nachwuchs sorgen

Studentenverbindungen in Heidelberg- eine Übersicht

BegriffserläuterungenLinks zu verbindungskritischen Seiten

Literaturverzeichnis

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Eigentumsvorbehalt:Nach diesem Eigentumsvorbehaltist diese Broschüre Eigentum desAbsenders, bis sie an den/die Ge-fangene/n ausgehändigt ist. Zur-Habe-Nahme ist keine Aushändi-gung im Sinne des Vorbehaltes.Nicht ausgehändigte Exemplaresind unter Angabe des Grundesder Nichtaushändigung an denAbsender zurückzuschicken.Wird die Broschüre nur teilweiseausgehändigt, ist der restliche Teilunter Angabe des Grundes an denAbsender zurückzuschicken.

Nachdruck/Auszüge:Der Nachdruck von Artikeln ausdieser Broschüre im Gesamtenoder auch nur auszugsweise istausschließlich nach vorherigerAbsprache mit der Antifaschisti-schen Initiative Heidelberg (AIHD)und unter der vollständigen Quel-lenangabe gestattet.In Publikationen und Veröffentli-chungen der autonomen Antifabe-wegung ist der Nachdruck bei Zu-sendung eines Belegexemplarsund unter der vollständigen Quel-lenangabe ausdrückl ich er-wünscht.

Studentische Verbindungen in Heidelberg

Vorwort

Im April 2001 hat die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) dieaktualisierte und rundum erneuerte Broschüre „Stützen der Gesellschaft- Elite der Nation - Studentische Verbindungen in Heidelberg“ herausge-geben und damit eine vom Antifa AK an der Universität Heidelberg undder Autonomen Antifa Heidelberg begründete Tradition fortgeführt. DieNachfrage nach dieser Broschüre war so groß, dass wir immer wiederExemplare nachdrucken mussten. Drei Jahre später scheint es uns wie-der angebracht, eine aktualisierte Auflage herauszubringen, die den ak-tuellen Tendenzen im korporierten Spektrum Rechnung trägt.

In den letzten Jahren zeichnen sich bei den studentischen Korporationenvor allem zwei Tendenzen ab. Zum einen - kaum verwunderlich ange-sichts des gesamtgesellschaftlichen Klimas - ist bei den meisten Verbin-dungen seit der Einverleibung der DDR durch die BRD ein kontinuierli-cher Trend nach rechts festzustellen. Das betrifft vor allem Studentenver-bindungen, die bisher eher als „liberal“ galten. Hier ist ein Rückfall in na-tionalistisches Pathos und volltönende Vaterlandsrhetorik zu beobach-ten. Auch der Schulterschluss mit offen neofaschistisch agierenden Grup-pen wie der Burschenschaft Normannia ist für die allermeisten Verbin-dungen nun nicht mehr tabu (siehe Seite 24).Die Normannia kann auch als Beleg dafür dienen, wie sich Rechtsaußen-Verbindungen Bereiche zu erschließen versuchen, die ihnen bisher ver-schlossen waren – sei es im Anschluss an deutschnationale Interventions-versuche in die Friedensbewegung (siehe Seite 25) oder an die Traditions-pflege einer „Vergangenheitsbewältigung“, die ihre Hauptaufgabe in derNivellierung jeglicher deutscher Schuld sieht (siehe Seite 25).Als scheinbar entgegengesetzter Trend kommt auch weiterhin eine Öff-nung stramm rechter Verbindungen in die „Mitte der Gesellschaft“, spezi-ell ins rot-grüne Lager (s.a. den Abschnitt zu Rezzo Schlauch, S. 19), zumTragen. Damit versuchen die Verbindungen, aus der faschistischen„Schmuddelecke“ ins allseits respektierte demokratische Spektrum durch-zubrechen. Selbstverständlich trägt diese Entwicklung auch dem UmstandRechnung, dass „national gesinnte Eliten“ heute nicht mehr nur mit demParteibuch der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) oderder CDU anzutreffen sind. Die rot-grüne Abschiebe-, Law-and-Order- undKriegspolitik hat SPD und Grünen auch Anerkennung im korporativenLager eingebracht.

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Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

Die Geschichte Heidelbergs ist - wie die vielleicht keiner anderen Stadt inDeutschland - verbunden mit der Geschichte ihrer Universität, die das Ge-sicht des Ortes prägt. Ihr hat die Stadt ihre Bekanntheit und ihren Ruf zuverdanken. Mit Heidelberg verbinden viele Menschen die klassische Vor-stellung einer Universitätsstadt. Dabei schwirrt in den meisten Köpfen kei-neswegs das Bild einer modernen Lernfabrik im Kopf herum, sondern eineverklärte Vorstellung vom „Studentenleben“. Dieser wirklichkeitsfremdenRomantik, in die sich auch Schloss, Altstadt und Neckartal einfügen, ver-dankt die Stadt die alljährlich nach Heidelberg pilgernden TouristIn-nen„ströme“, die neben den Studierenden, dem gesamten Universitäts-Be-trieb und der US-Army zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren zählen. Folg-lich unternimmt die Stadt nichts, um das herrschende Bild von „Alt-Heidel-berg“ zu korrigieren. Im Gegenteil: Das Bild der studentischen Idylle wirdaufrechterhalten und gefördert.Dazu eignen sich in besonderer Weise die studentischen Verbindun-gen. Sie verkörpern das traditionelle Heidelberg, vorgeblich liberal,traditionsbewusst, klassisch. Gerne schmückt sich die Stadt mit denen,die „den Willen zur Freiheit erstmals in Deutschland mannhaft unter Be-weis gestellt haben“ (so der damalige rechtskonservative Oberbürger-meister Reinhold Zundel 1986 in seiner Laudatio zum 600-jährigen Be-stehen der Heidelberger Universität). Auch die heutige Oberbürgermei-sterin Beate Weber lässt sich gerne mal von einer Verbindung als Refe-rentin einladen.Welche historische Rolle die Korporationen tatsächlich gespielt haben,welche Rolle sie heute spielen, welche Werte sie vertreten haben undheute vertreten, bleibt dabei unerwähnt. Das ist auch besser so, dennsonst würde sich der Mythos der freiheitlichen, fortschrittlichen Tugen-den der Korporationen binnen kürzester Zeit in Luft auflösen und diehässlichen Seiten der studentischen Verbindungen und damit auch Hei-delbergs ans Licht kommen: die antisemitische Hetze, die chauvinisti-sche Kriegsbegeisterung, der frauenverachtende Traditionalismus, dieNichtaufarbeitung der nationalsozialistischen Ära und die personellenKontinuitäten zwischen NS-Zeit und BRD. Nichts, womit eine „weltoffe-ne“, gleichzeitig traditionsbewusste und moderne Stadt gerne in Verbin-dung gebracht wird.

Genau das aber wollen wir mit dieser Broschüre unternehmen. Vieles,was hier für Heidelberg dargelegt wurde, gilt gleichermaßen für Studen-tenverbindungen in anderen Städten. Wir denken deshalb, dass unserReader auch für Menschen in anderen Städten nützlich sein kann.Für diejenigen, die genauere Informationen über die Korporationen inanderen Städten suchen, sind die letzten Seiten gedacht: Wir haben hierPublikationen und Internetadressen von anderen Gruppen gesammelt,die sich kritisch mit dem Burschen(un)wesen befassen.

Nicht wenige haben vor 20 Jahren prophezeit, das Verbindungsstudententumsei ein überlebtes, aussterbendes Fossil. Die aktuellen Entwicklungen zei-

gen, dass dem nicht so ist. Wir hoffen, dass die-ser Reader dazu beiträgt, die Auseinandersetzungüber die nach wie vor virulenten männerbündischen,deutschnationalen und militaristischen Kader-schmieden des reaktionären (Bildungs-)Bürger-tums zu führen.

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD)im April 2004

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Die Verbindungen kappen!Burschenschaften abschaffen!

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Studentische Verbindungen in Heidelberg

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Die Geschichte der Korporationen

VorbemerkungWenn wir im Folgenden kurz die Geschichte des deutschen Verbindungs-wesens darstellen, geht es uns immer auch darum, die Kontinuität be-stimmter Charakteristika nachzuzeichnen, die damit in direkter Verbin-dung stehen: Elite- und Hierarchiebewusstsein, Chauvinismus und Milita-rismus. Diese Kontinuität widerlegt den häufig auftauchenden Mythos vonden „radikal nach Freiheit und Demokratie strebenden“ Wurzeln der Bur-schenschaften in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, der auchvon den Verbindungen selbst gerne und oft angeführt wird.

Zeit der RestaurationDer Beginn des 19. Jahrhunderts war geprägt von einem neu aufkom-menden deutschen Nationalbewusstsein, wobei verschiedene Auffassun-gen von Nation existierten. Diese reichten von der Vorstellung einer „gei-stigen Kulturgemeinschaft“ oder „völkischen Schicksalsgemeinschaft“ bishin zu der einer „politischen Gemeinschaft freier Menschen nach demVorbild des französischen Nationalstaats“. Gemeinsam war aber allen dasZiel, die „französische Fremdherrschaft“ Napoleons abzuschütteln, undder Wunsch nach einem „Deutschen Nationalstaat“.Doch auf dem „Wiener Kongress“, auf dem nach dem Krieg gegen Napo-leon eine Neuordnung Europas verhandelt wurde, setzte sich das Prinzipder Restauration, d.h. der Wiederherstellung der alten Zustände durch,und nationale und liberale Ideen wurden als staatsgefährdend abgelehnt.Das Kleinstaatenprinzip wurde beibehalten, und der Deutsche Bund grün-dete sich als Zusammenschluss von 35 Fürsten- und Königtümern sowievier Reichsstädten.In den Jahren 1818 bis 1820 gaben sich mehrere süddeutscheFürstentümer konstitutionelle Verfassungen, in denen sie den Reichenein Mitspracherecht über Finanzen und Gesetzgebung einräumten.Die Erste Deutsche Burschenschaft gründete sich 1815 in Jena alsZusammenschluss der dortigen Corps, Landsmannschaften und Frei-studenten. Die Farben schwarz-rot mit goldenem Rand symbolisierten fürsie die deutsche Einheitsbewegung.1817 fand das Wartburgfest statt, aufdem „undeutsche“ und „volksfeindli-che“ Bücher und Symbole verbranntwurden.1818 gründeten die Burschen denGesamtverband Allgemeine Deut-sche Burschenschaft (ADB), der sichaus Verbindungen von 14 Universi-täten zusammensetzte und somit diestudentische Einheit Deutschlandsvollzog. Politische Forderungen desADB waren u.a. die wirtschaftlicheund politische Einheit Deutschlands,der Ausbau deutscher Wehrkraft unddie konstitutionelle Monarchie.Von 1819 bis 1848 waren die Bur-schenschaften verboten (KarlsbaderBeschlüsse), konspirativ blieben sieallerdings weiter bestehen und hiel-ten mehr oder weniger regelmäßigeTreffen ab, die oft als Feste getarnt

„Den studentischen Verbindungenist es wie kaum einer anderen ge-sellschaftlichen Gruppierung gelun-gen, über Jahrzehnte hinweg in un-terschiedlichsten politischen Syste-men und unter wechselnden öko-nomischen und gesellschaftlichenBedingungen einen stabilen inne-ren Zusammenhalt aufzubauen unddauerhaft zu institutionalisieren.“

(aus: „Verbindende Verbände -Ein Lesebuch zu den politischen

und sozialen Funktionen vonStudentenverbindungen“,

Marburg, 2000)

Bücherverbrennung beim Wartburgfest (Stahlstich von 1818)

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waren - erinnert sei hier an das sogenannte „Hambacher Fest“ 1832.Hier wurde die Einheit Deutschlandsgefordert.

Vormärz und 1848er RevolutionDiese Jahre waren - nicht nur imDeutschen Bund - gekennzeichnetvon einem Fortschreiten der Indu-strialisierung, einer Umstrukturierungder Gesellschaft und wachsendemEinfluss des BesitzbürgerInnentumssowie von Aufständen und Demon-strationen für ein einiges DeutschesReich und die Abschaffung des Ab-solutismus. Diese wurden von Lohn-abhängigen und Leibeigenen zusam-men mit dem BürgerInnentum orga-nisiert; die Interessen gingen aller-dings auseinander. WährendArbeiterInnen und Bäuerinnen/Bau-ern die Republik, eine nationale Ver-sammlung und den Sturz des Kaisersbeziehungsweise der Könige forder-

ten, strebte das BürgerInnentum eher nach einer konstitutionellen Monar-chie, nicht zuletzt, um die eigenen Macht- und Besitzansprüche zu schüt-zen und zu sichern.Vom BürgerInnentum stark beeinflusst, waren die Aufstände in Deutsch-land - im Gegensatz zu denen in anderen europäischen Staaten - wenigradikal.Die bürgerliche Revolution 1848 führte schließlich zur Konstitution derNationalversammlung in Frankfurt, auf der die „Kleindeutsche Lösung“,also der Zusammenschluss aller deutschen Staaten ohne Österreich be-schlossen wurde. Die „Großdeutsche Lösung“ scheiterte am Kampf zwi-schen Österreich und Preußen um die Vormachtstellung.Die Entscheidungsbefugnisse der Könige und Fürsten wurden einge-schränkt, und allgemeines Wahlrecht wurde eingeführt. Diese „Errungen-schaften“ waren allerdings nicht von Dauer, sondern wurden schon baldwieder aufgehoben.In den 1850er Jahren entwickelte sich eine weitgehende Liberalisierungdes Wirtschaftslebens, die den Aufstieg des GroßbürgerInnentums be-günstigte.

1850 bis zum Ersten WeltkriegNach 1848 und dem Scheitern der „Einheitsbewegung in Frankfurt“ kames zu einer Neubildung jener Verbindungen, die laut Selbstdefinition „kei-nen politischen Charakter“ hatten. Dazu zählen etwa die katholischen Zu-sammenschlüsse und deren Dachverbände, z.B. der Cartellverband derkatholischen deutschen Studentenverbindungen und der Cartellverbandkatholischer deutscher Studentenvereine).Die konservativen und „unpolitischen“ Corps - für Politik war schließlichder Kaiser zuständig - nahmen wie vorher den ersten Rang ein. Deren„Alte Herren“ schlossen sich 1895 zum Dachverband Kösener SeniorenKonvent zusammen. Nach dessen Vorbild entstand der Vorläufer desCoburger Convents (CC), der Coburger Landsmannschafter Convent, indem sich „unpolitische“ Landsmannschaften zusammenschlossen.Die Turnerschaften, die ihren Ursprung von dem von „Turnvater“ Jahn

Hambacher Fest bei Neustadt an der Weinstraße

Kaiser Wilhelm II. als Prinz von Preu-ßen und Mitglied der Borussia Bonn(Wintersemester 1877/78)

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initiierten 1. Deutschen Turnfest ab-leiten, gründeten 1872 denCartellverband der Turnerschaften andeutschen Hochschulen, der - 1885in Vertreter Convent - Cartellverbandakademischer Turnvereine auf deut-schen Universitäten umbenannt - alsdirekter Vorläufer der Turnerschaftenim CC gilt.Die durch die damalige politische undwirtschaftliche Entwicklung verur-sachte Ständeverschiebung eröffne-te den Kreisen der Akademiker dieTüren zur Macht. Bildung - auch immilitärischen Bereich - war derSchlüssel, mit dem Positionen er-reicht werden konnten, die bisher demAdel vorbehalten waren.So erlangten Studentenverbindungennicht unbedeutenden Einfluss in Po-litik und Wirtschaft - ihre Gesinnungs-brüder saßen in den Parlamenten,Universitäten und Konzernen und ge-nossen gesellschaftliches Ansehen.Für sich selbst beanspruchten sie als Akademiker „das Ansehen als ersteStaatsbürger“ und als Deutsche das Ansehen „einer höheren Klasse derGattung Mensch“ - Deutschland werde siegen, weil es „im Dienste derMenschheitsgeschichte, als Träger einer höheren Kultur“ kämpfe.Mit der Reichsgründung 1871 hatten die Verbandsbrüder zwei vorrangigeZiele erreicht: den deutschen Nationalstaat und die Einflussnahme imherrschenden politischen System. Im Schulterschluss mit den deutschenHerrschern beteiligten sich die Korporierten in der Kaiserzeit an der Nie-derhaltung der ArbeiterInnenbewegung, an der Expansion nach außenund am Kampf gegen die „Feinde des Deutschtums“.1914 existierten im Deutschen Reich 48 Verbände mit 891 Korporatio-nen; 565 davon waren schlagende Verbindungen.Auf Initiative von Dr. Neumann von den Deutschen Landsmannschaften(DL) vereinigten sich die vier größten Verbände der Burschenschaften,Corps, Landsmannschaften und Turnerschaften. Mit dem Marburger Ab-kommen gründete sich der Verband Allgemeiner Deutscher Waffenring.Erklärtes Ziel war, im Krieg „für Kaiser und Vaterland“ zu kämpfen. Fastalle Mitglieder studentischer Verbindungen, so stolz im Handbuch desCC dokumentiert, hatten sich 1914 als Kriegsteilnehmer gemeldet. Siesahen den Krieg als „Bewährungsprobe“ im Hinblick auf ihre „nationaleErziehungsarbeit“.

Weimarer Republik und NationalsozialismusAuch nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich nichts an der reaktionärenEinstellung der meisten Burschenschaften, die sich teils als „apolitisch“bezeichneten (gleichzeitig allerdings immer auch als „kaisertreu“), teilsihre politische Mitwirkung fest schrieben. So beschlossen die Landsmann-schaften auf ihrer „Coburger Tagung“ 1919, die „staatspolitische Erzie-hung“ in ihre Satzung mit aufzunehmen.Der „Alte Herr“ Heinz Kraus schreibt in dem 1994 veröffentlichten Buch„CC im Bild“ über die damalige Zeit: „Unter den Mitgliedern herrschte einallgemein nationalkonservativer Konsens. Nation galt nicht als politische,sondern als nationale Pflicht.“ Die Aktiven sollten sich mit den „Tagesfra-

Kopsstudenten mit Stahlhelmenund den Fahnen des Kaiserreichs

im Hörsaal (Karikatur von 1920,kurz vor dem Kapp-Putsch)

Bismarcks Geburtstagsfeier in Friedrichsruh:die Huldigung durch die deutsche Studentenschaft (Zechnung von 1895)

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gen, die für das Vaterland und uns alle wichtig sind“, befassen. „Die vater-ländische Erziehung ist die wichtigste Aufgabe eines selbst- undverantwortungsbewussten Bundes.“Zu großen Teilen begeisterten sich Verbindungsstudenten, aber auch ihre„Alten Herren“, für die Idee der „Konservativen Revolution“.Das Elitebewusstsein im deutschen Studententum war ungebrochen; derdeutsche Student sah sich neben dem Offizier als wesentlicher Trägervon Staatsidee und -form. So wurde in einer Corpszeitung die „Politisie-rung der Gebildeten, Entpolitisierung der Massen“ gefordert.1919 nahmen Korporierte an der Niederschlagung der Münchener Räte-republik teil.1920 waren 50.000 Studenten (in der Mehrzahl Korporierte) im Ein-satz gegen den Generalstreik („Kapp-Putsch“).Gemeinsam mit studentischen Freicorps kämpfte die im Stahlhelm-Bund organisierte Kriegsgeneration der Studenten gegen die „Bolsche-wisten“. So ist z.B. aus Heidelberg der Einsatz von Mitgliedern derAlemannia gegen die Münchener Räterepublik verbürgt; HeidelbergerTeutonen kämpften gegen Spartakisten in Sachsen.Als es 1919 Bestrebungen gab, in Mannheim die Räterepublik Badenauszurufen, bildete der Heidelberger Waffenring geschlossen ein stu-dentisches Freikorps.1923, beim von Adolf Hitler angeführten Marsch auf die Feldherren-halle, waren Studenten des Hochschulrings, dem zeitweise alle be-deutenden Verbindungen angehörten, offiziell dabei. Danach organi-sierten sie Demonstrationen für die „völkische Bewegung“, besuchtenHitler im Knast und boten ihm die Ehrenmitgliedschaft an, was dieserablehnte.

Nationalismus und MilitarismusDie Mensur wurde - wie die gleichzeitig intensivierte Sportausbildung - zumErsatz für die fehlende Wehrpflicht. So hieß es 1924 in der„Landsmannschafter-Zeitung“: „Seit Aufhebung der Wehrpflicht gibt es kei-nen besseren Ausdruck der Wehrgedanken als die Mensur.“(Landsmannschafter-Zeitung Nr. 38, 1924, Seite 3, Abschnitt 33)

Ab 1929 wurden studentische Wehr-sportlager in Zusammenarbeit mit derReichswehr eingerichtet. Die Vorherr-schaft der traditionellen Korporationen,die sich neuen Ideen - z.B. der Ideeeines „Dritten Reiches“ - geöffnet hat-ten, blieb weitgehend unangetastet.Auf der rechten Seite bildeten sichKorporationen mit dezidiert rassi-stisch-völkischer Ausrichtung; diesestellten keine bedeutende Konkurrenzdar, zumal die alten Korporationenebenfalls noch weiter nach rechts rück-ten.Nationalistisch-chauvinistische Ge-danken werden heute wie folgt be-schrieben: „Im ganzen deutschen Volk,besonders aber unter den Studenten,bestand die Sehnsucht nach demgroß-deutschen Reich, das den Deut-schen entgegen dem Selbstbestim-mungsrecht der Völker 1919 verwei-gert worden war. So vollzogen viele

„Halali - Die ersten Chargierten derMarburger Corps besichtigen ihreStrecke“ (Karikatur von 1920 - inAnspielung auf die Beteiligung vonVerbindungsstudenten an der Nie-derschlagung der sozialistischenRevolution)

Der Verbindungsstudent als Verfechter der Dolchstoßlegende(Karikatur von 1925)

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Verbände wenigstens den »kleinen« Anschluss“, d.h., österreichische Ver-bindungen werden in die Dachverbände aufgenommen. „Damit halten dieVerbindungen bis heute die großdeutsche Verbundenheit wach.“

Nationalsozialismus und HochschuleSchon früh gab es gute Kontakte und Zusammenarbeit mit denNationalsozialistInnen. Die ideologischen Grundlagen der großen Ver-bände unterschieden sich in nichts von denen der „nationalsozialisti-schen Bewegung“ und deren studentischer Organisation, dem NSDStB(Nationalsozialistischer Deutscher Studenten-Bund). Besonders derWaffenring fand Anerkennung bei den Nazis.

Baldur von Schirach 1929: „Es istkein Zufall, dass der NSDStB unddie schlagenden Verbindungen einegewisse Auslese des Menschenma-terials der heutigen Studentenschaftvereinen: der Wille zur Tat hat hierdie einzigen aktivistischen Elemen-te zusammengefasst.“Die deutschen Burschenschaftenstellten das größte Reservoir für dieNazis; unter ihnen waren viele in derSA oder im Stahlhelm organisiert.Im Laufe der Jahre etablierte sichder NSDStB mit den Stimmen derKommilitonen. 1931 übernahm erdie Führung im Dachverband Deut-sche Studentenschaft (DSt). DieFaschisten konnten so, mit dem An-spruch, die akademische Elite zuvertreten, offen ihre nationalsozia-listische Politik betreiben. Dies warnur möglich mit der Unterstützung

der großen Verbände der deutschenStudentenschaft, innerhalb derer eskaum Widerstand gegen den Natio-nalsozial ismus (NS) gab. DerWaffenr ing schloss mit demNSDStB ein Abkommen in Bezugauf gemeinsame Richtlinien desVerhaltens ab. Der „Vertreter-Kon-vent“ der deutschen Turnerschaftenhatte bereits vor dem StudententagKontakt zum NSDStB aufgenom-men und im Falle einer Nicht-einigung mit den Vertretern der Ver-bände die Besetzung der offenenPosten im Sinne der Nazis angebo-ten. Die Deutsche Wehrschaft tratdem NSDStB bei. Die DeutschenLandsmannschaften mokierten sichzwar über die Unfähigkeit und sach-liche Unzulänglichkeit der Nazis,setzten aber auf eine erfolgreichegemeinsame Entwicklung.Im September 1932 gründete sich

Symbol des „Kyffhäuser-verbandes der Vereine

Deutscher Studenten“ von 1933

Was für „richtige Männer“ und „harte Jungs“:Burschenschafter nach dem Mensur-Fechten

Karikatur zu Burschenschaftenim Nationalsozialismus

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die Hochschulpolitische Arbeitsgemeinschaft studentischer Verbindun-gen ausdrücklich nicht als Gegenpol zur Führung der DSt. Einen Mo-nat später arbeiteten sie zusammen und schoben sich Posten zu.Die Gleichschaltung fand bei den diversen Verbänden unterschiedlichstatt. So lösten sich die Korporationen selbst auf, nachdem ihnen durch„Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ für SA, NS-Studentenbund und NSDAPder Nachwuchs entzogen worden war. Die Deutsche Burschenschaft(DB) dagegen handelte für sich besondere Bedingungen aus und gingin der NS-Studentenschaft auf.Alles in allem konnten die Verbände jedoch als „Kameradschaften“weiter bestehen, wenn auch nach den Regeln der Nazis und mit ver-schiedenen Einschränkungen.Folgendes, auf den 20. Juli 1944 bezogenes Zitat beschreibt die da-malige Situation besonders anschaulich: „Eine grundsätzliche Verbin-dung von Widerstand und Korporationszugehörigkeit kann jedoch nichteinfach postuliert werden, und viele Korporationen betreiben heutzu-tage eine eher peinliche Legendenbildung bezüglich ihres vorgeblichen»Verbots« und »Widerstands« im Dritten Reich. Eine derartige Argu-mentation hatte natürlich auch der Selbstlegitimation bei der versuch-ten Wiedergründung Ende der 40er Jahre gedient. Die große Mehrheitder Korporationsstudenten, entsprechend der Haltung der gesamtendeutschen Bevölkerung, dürfte indes den 20. Juli seinerzeit aus inne-rer Überzeugung abgelehnt haben, und Widerstand war meist nur ge-gen korporationsfeindliche Akte, nicht aber gegen das nationalsoziali-stische System als solches geleistet worden.“ (Martin Pabst, Alter Herrim Sondershäuser Verband, 1993)

Zeit nach dem Zweiten WeltkriegDirekt nach dem Zweiten Weltkrieg war es den Verbindungen offiziellverboten, sich wieder zu gründen. Untersagt war das Uniform- undFarbentragen, der Fechtsport und die Mensurzeremonien. Weder inder Gesellschaft noch an der Hochschule war eine Wiedergründungder Verbindungen erwünscht oder zu rechtfertigen.Trotzdem hatten diese keine größeren Probleme, sich zu reorganisie-ren und ihre alten Beziehungen und Strukturen wieder herzustellen.

Die Seilschaften durchschaut:„Stützen der Gesellschaft“von George Grosz(Ölbild von 1926)

Gruppenbild bei einer Mensur in Heidelberg bei der schlagendenBurschenschaft Frankonia

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„Deutschland über alles“- Das nationalistisch-militaristische Weltbild der Korporierten

Diskussionen um die Stellung Deutschlands in der Welt, globale Mili-täreinsätze und ein neuer elitärer Patriotismus sind Teile des neurechten(Sicherheits-)Diskurses, der seit der Vereinigung von BRD und DDRwieder verstärkt geführt wird.Die Korporierten nehmen nicht nur eifrig an diesen Diskussionen teil,Nationalismus und Militarismus gehören seit jeher zu den Eckpfeilernder burschenschaftlichen Ideologie. Ob Burschenschaften, Verbindun-gen, Corps oder Turnerschaften - in der Regel nehmen sie weder „Nicht-Deutsche“ noch Kriegsdienstverweigerer, „Andersgläubige“ oder Frauenauf. Sie propagieren vielmehr einen völkischen Nationalismus und un-terstreichen durch Fechten, Uniformtragen und einen hierarchisch-au-toritären, patriarchal strukturierten Aufbau ihre Bewunderung für Mili-tär, Militarismus und Männerbündelei. Rund die Hälfte aller Heidelber-ger und Mannheimer Burschenschaften sind schlagend, bei den sogenannten Mensuren wird mit scharfen Waffen gekämpft. Das Fech-ten gilt als Ritual der „Ehre“ und der „Männlichkeit“, und wer sich als„feige“ erweist und bei der Mensur zurückzuckt, wird aus dem kämpfe-rischen Bund ausgeschlossen. Auch Versammlungen und Feste sindvon militärischer Disziplin bestimmt: Auf Kommando werden die Müt-zen abgesetzt, wird getrunken etc.Von Anfang an war das korporative Studentenleben von nationalistisch-militaristischem Gedankengut geprägt. Die angeblich demokratischenund antifaschistischen Wurzeln, auf die sich die Korporierten gerneberufen, resultieren nur aus einer erheblichen Verdrehung der histori-schen Tatsachen. Von einer absoluten Kaisertreueab 1871 über ihre unrühmliche Rolle im National-sozialismus bis zur neuen nationalen Euphorie,welche die Korporierten seit der Vereinigung an denTag legen, zeigt sich die Kontinuität ihrer Ideolo-gie. Schon vor mehr als 100 Jahren erschien in denburschenschaftlichen Blättern, die auch heute nochPublikationsorgan der Deutschen Burschenschaft(DB) sind, unter der Rubrik „an unsere Leser“ einprogrammatischer Artikel der Redaktion:„Burschenschafter heißt Kämpfer sein. (...) Kämp-fer sein für deutsches Wesen, deutsche Ehre, deut-sches Vaterland.“ Unter anderem wurde aufgeru-fen zum Kampf gegen die „vaterlandslose interna-tionale Socialdemokratie“, und bekämpft werdensollten „Bestrebungen, die sich gegen die Einheitund die Sicherheit des Reiches richten“. Den Be-mühungen für die „Erhaltung des Deutschtums imAusland“ schließlich solle besondere Beachtung ge-schenkt werden. Der Erste Weltkrieg wurde von denKorporierten bejubelt, viele von ihnen zogen begei-stert an die Front. In der Weimarer Republik warenKorporationen ein Sammelpunkt für nationalistischeund antidemokratische Kräfte. Bekanntlich warensowohl am Kapp-Putsch als auch am Hitler-Putschzahlreiche Korporierte beteiligt. So konnte sich dievereinte Deutsche Burschenschaft sehen als „Weg-bereiterin (...) für die Wiederaufrichtung des Deut-schen Reiches und die Zurückführung der österrei-

„Burschenschafter heißt Kämpfersein. (...) Kämpfer sein für deut-sches Wesen, deutsche Ehre, deut-sches Vaterland.“

(aus einer Publikation der DB)

Aufmarsch von Verbindungsstudenten in derHeidelberger Altstadt in militärischen Marschreihen

- Datum unbekannt

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chischen und sudetendeutschenVolksgenossen in das nunmehrigeGroßdeutsche Reich durch AdolfHitler“. Daher ist es auch nicht ver-wunderlich, dass die Deutsche Bur-schenschaft 1935 auf ihrem tradi-tionellen Wartburgfest dem Gaulei-ter Robert Wagner die Fahne derUrburschenschaft übergab undsich rückhaltlos zur „nationalen-so-zialistischen Revolution“ bekannte.Zahlreiche Korporierte meldetensich freiwillig und voll Begeisterungfür den Kriegsdienst. Und nichtwenige von ihnen machten Karrie-re in der SS oder anderen Nazi-Organisationen - Bundesbrüder,die übrigens heute noch von ihrenKameraden für ihre „Heldentaten“geehrt und bewundert werden. Mitder Auflösung der DDR war einesder erklärten Ziele der Korporiertenerreicht und sie begannen, in demvon ihnen als „Mitteldeutschland“bezeichneten Gebiet Verbindungs-strukturen aufzubauen. Seitdemrichtet sich ihre Aufmerksamkeitjedoch auch wieder verstärkt auf„Großdeutschland“. Vor allem dieDB hält sich mit einschlägigen Äu-ßerungen nicht zurück; doch auchdie anderen Verbindungen, Bur-

schenschaften und Corps haben nicht mit ihrer militärisch-nationalisti-schen Tradition gebrochen.Schon 1965 nahm der Berliner Burschentag einen Antrag an, in demes heißt: „Nach wie vor betrachtet die Deutsche Burschenschaft diedeutschen Bewohner Österreichs und Südtirols als Teil des deutschenVolkes.“ Und ein 1984 im Auftrag der Burschenschaftlichen Gemein-schaft herausgegebenes Buch mit dem Titel „Burschenschafter undnationale Identität“ scheut sich nicht, auf einer Karte „Deutschland inseinen völkerrechtlichen Grenzen“, nämlich in denen von 1939, zu zei-gen. 1990 erklärte die Wiener Burschenschaft Olympia, die damalsden Vorsitz der DB inne hatte, dass ihr Verband „auch weiterhin denStandpunkt beibehalten werde, dass auch die Ostgebiete, Österreich,Südtirol usw. (!) alles deutsche Länder sind“. Die großdeutsche Optionsetzte die DB in ihrem Verband auch um, als sie seit den 70er Jahrenösterreichische Burschenschaften integrierte. Daher konnte auch derbekannte Rechtsextremist Jörg Haider, Chef der FPÖ und Mitglied derSylvania Wien, fortan als ein Mitglied der DB gelten. Auf ihremBurschentag in Eisenach erneuerte die DB 1992 übrigens die Forde-rungen nach einem Großdeutschen Reich.Dass Nationalismus auch heute noch bei den Burschenschaften großgeschrieben wird, lässt uns auch Manfred Kanther, selbst Alter Herrder „Schwarzen Westfalen“, wissen: Anlässlich des 150-jährigen Be-stehens des Marburger Studentencorps Guestphalia et Suevoborussiastellt er fest: „Wir wollen auch weiterhin national gesinnte Menschen inalle führenden Berufe unserer Gesellschaft entsenden.“

„Nach wie vor betrachtet die Deut-sche Burschenschaft die deutschenBewohner Österreichs und Südti-rols als Teil des deutschen Volkes.“

(aus einer Publikation der DB)

So hätten sie’s gerne:nicht nur die Neonazis von NPD und Co., auch deutsche Burschenschafter(Abb. aus „Burschenschaft und nationale Identität“ derBurschenschaftlichen Gemeinschaft in der DB)

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Der studentische Antisemitismus

Antisemitische Tendenzen sind in der gesamten Geschichte der Kor-porationen immer präsent gewesen. Die Sehnsucht, eine gemeinsa-me nationale und staatliche Identität zu haben, verlangte als Gegen-pol nach der Ausgrenzung des „Fremden“, des „Anderen“, des „Staa-tenlosen“: personifiziert in der Gestalt des „Juden“.Auf dem legendären Wartburgfest 1817 wurden auf einem großenScheiterhaufen nicht nur Schriften und Symbole der feudalen Klein-staaten verbrannt, sondern auch Werke jüdischer Schriftsteller, so z.B.die „Germanomanie“ von Saul Ascher. In der Brandrede hieß es: „Weheüber die Juden, so da festhalten an ihrem Judentum und wollen überunser Volkstum und Deutschtum schmähen und spotten ...“ Nicht zu-letzt diese antisemitischen Exzesse waren es, die fortschrittliche Men-schen wie Heinr ich Heine dazu brachten, sich von derburschenschaftlichen Bewegung zu distanzieren. Heine schrieb da-mals über die Bücherverbrennung auf der Wartburg: „Der Geist desWartburgfestes war ein Gespenst. Da krächzte die Vergangenheit ih-ren obskuren Rabengesang, und bei Fackellicht wurden Dummheitengesagt, die des blödsinnigsten Mittelalters würdig waren.“Die Heidelberger Burschenschaft beschloss schon 1819, dass Judennicht mehr Mitglied werden können. Allerdings entsprangen all dieseantisemitischen Handlungen zunächst einem religiös begründetenAntijudaismus. Jüdinnen und Juden konnten damals der Verfolgungdurch den deutschen Antisemitismus entkommen, wenn sie sich voll-ständig von ihrer Religion und Kultur distanzierten.Dies änderte sich durch die Bewegung des „Rasseantisemitismus“.Auch hier standen Studentenverbindungen an vorderster Front. DieGründung der Vereine Deutscher Studenten (VDSt) zu Beginn der 80erJahre des 19. Jahrhunderts war der Ausgangspunkt für die zunehmendePropagierung des Rasseantisemitismus innerhalb der studentischenVerbindungen.Zur Gründung der VDSt kam es infolge des Berliner Antisemitismus-streits (1879/80). Dieser wurde durch einen Artikel Heinrich vonTreitschkes in den PreußischenJahrbüchern ausgelöst. Treitschkebeschwor darin das Gespenst einerjüdischen Herrschaft herauf und be-hauptete, die Jüdinnen und Judenseien das Unglück der Deutschen,wenn sie sich nicht kulturell assimi-lierten. Trotz heftigen Widerspruchseiniger Professoren bildeten Stu-denten der Friedrich-Wilhelms-Uni-versität im Sommer 1880 einenZusammenschluss, der sich an ei-ner Petition gegen die rechtlicheGleichstellung der Jüdinnen und Ju-den beteiligte. Aus dieser Petitions-bewegung ging der am 9. Dezem-ber 1880 gegründete Verein Deut-scher Studenten hervor. Mit dieserGründung fasste der Antisemitis-mus im akademischen Bereich or-ganisatorisch Fuß. Bereits 1881entstanden in zahlreichen anderen

Zug der Studenten zur Wartburg am 18. Oktober 1817- hier wurden unter anderem die Werke jüdischer Schriftsteller verbrannt

(Kupferstich von 1817)

„Wir haben ein Reich, wir lassenBlut und Gut dafür. Vieles ist in ihmnoch mangelhaft. Judentum,Franzosentum, wohin wir blicken.Es ist die Aufgabe der christlich-ger-manischen Jugend, das auszurot-ten, denn uns gehört die Zukunft.“

(Dietrich Hahn am 06.08.1881 ineiner der Festreden zur Gründung

des Kyffhäuserverbandes)

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deutschen Universitätsstädten lokale Vereine. Im August 1881 schlos-sen sich diese Vereine zum Kyffhäuserverband der Vereine DeutscherStudenten zusammen. Schon wenige Jahre später gewann in den „Aka-demischen Blättern“, der Zeitschrift der VDSt, der Glaube die Ober-hand, dass „der arischen Rasse (...) die endgültige Führung derMenschheit zufalle“. Seit Mitte der 1890er Jahre schlossen die VDStnicht nur Studenten jüdischen Glaubens, sondern auch von „jüdischerHerkunft“ aus.Nachdem die VDSt den Antisemitismus hoffähig gemacht hatten, er-hoben auch die meisten anderen Korporationsverbände den Antisemi-tismus zum Programm. Dem Kösener Senioren Convents-Verband(KSCV) gehörten de facto seit Beginn der 1880er Jahre kaum nochAktive jüdischen Glaubens an. Der Kartellconvent der Coburger Lands-mannschaften fasste bereits 1884 den satzungsmäßigen Beschluss,keine jüdischen Studenten mehr aufzunehmen, und forderte die AltenHerren jüdischen Glaubens zum Austritt auf. In der Deutschen Bur-schenschaft wurde 1893 über den „Weg zur Judenfreiheit“ debattiert,was zur Folge hatte, dass zum Sommersemester 1893 nur noch zweiStudenten jüdischen Glaubens in den Burschenschaften waren.In Heidelberg teilte 1921 die Turnerschaft Hasso-Rhenania für alleschlagenden Heidelberger Verbindungen mit, dass jüdische Korporierte„nicht satisfaktionsfähig seien“. In der Praxis bedeutete dies, dass jü-dische Studenten den antisemitischen Nachstellungen ihrer nicht-jüdischen Kommilitonen noch schutzloser ausgeliefert waren. 1925konnte die Deutsche Burschenschaft schon ganz im Jargon der Natio-nalsozialisten verkünden: „Die Burschenschaft steht auf dem Rasse-standpunkt. (...) Nur deutsche Studenten arischer Abstammung“ konn-ten Mitglied der Burschenschaft sein.

„Die VDSt dürfen nicht Leute aufnehmen, unter deren Eltern sich getaufteoder ungetaufte Juden befinden.“

(eine Erläuterung zur Satzungdes VDSt von 1896)

Ein echter deutscher „Herren-mensch“ in vollem „Wichs“ desCorps Saxo-Borussia Heidelberg(Foto von 1912)

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Berühmt-berüchtigte MitgliederHeidelberger Studentenverbindungen

Wes Geistes Kind die Verbindungen auch heute noch sind, verdeutlichtauch ihr Umgang mit inzwischen verstorbenen Mitgliedern, die nach An-sicht der Autoren des Buches „Weiland Bursch zu Heidelberg ...“ ver-dient haben, darin geehrt zu werden. Auf den Seiten 381 bis 436 findensich im Kapitel „Berühmte Heidelberger Korporierte“ eine ganze ReiheKriegsverbrecher, Kolonialisten und Täter des Nazi-Regimes. Auch wennoft zwischen den Zeilen gelesen werden muss und die Autoren sich reich-lich Mühe gegeben haben, die Verstorbenen in einem positiven Lichterscheinen zu lassen, lässt sich bei näherer Betrachtung die reale Rolleder Geehrten durchaus erfassen. Dabei ist auch zu beachten, dass beider Auswahl der Geehrten sicher darauf geachtet wurde, nicht allzu leichtals Verbrecher zu entlarvende Persönlichkeiten darin aufzunehmen.

Einige Beispiele:

Heinrich Schnee, Kolonialpolitiker und Mitglied der Rhenania, begann1896 seine steile Karriere durch verschiedene Abteilungen des Auswär-tigen Amtes. Seine hervorragendsten Aktivitäten waren der von ihm alsGouverneur organisierte Widerstand der Deutschen Schutztruppe inDeutsch-Ostafrika im Ersten Weltkrieg, „wobei Schnee es verstand, unterschwierigsten Verhältnissen die notwendige Unterstützung der Truppedurch die eingeborene Bevölkerung sicherzustellen“. Mit welchen Mit-teln Schnee diese Unterstützung sicherstellte, scheint wohl nicht erwäh-nenswert zu sein, wir dürfen unserer Phantasie freien Lauf lassen. Auchnach 1933 setzte Schnee seine Karriere fort: bis 1936 als Präsident derDeutschen Kolonialgesellschaft, von 1933 bis 1945 als Präsident derDeutschen Weltwirtschaftlichen Gesellschaft und als Präsident der Deut-schen Gesellschaft für Völkerrecht und Weltpolitik. Es ist wohl nicht an-zunehmen, dass er in Fragen der Weltwirtschaft, des Völkerrechts undder Weltpolitik in Opposition zu den damals in Deutschland herrschen-den Praktiken stand, sonst hätte er wohl nicht bis Kriegsende diese Ämterbekleiden können. Und wie diese Praktiken aussahen, dürfte hinläng-lich bekannt sein.Nicht ganz so große Verdienste für das deutsche Vaterland leisteteBruno von Schuckmann, Diplomat und Mitglied der Saxo-Borussia.Aber auch er verdient nach Meinung seiner Verbindung eine Ehrung.Nachdem dem Armen während seiner Zeit in Kamerun „der persönli-che Einsatz gegen die aufständischen Bakwalis nicht erspart blieb“(sic!), gelang ihm in den Jahren 1907 bis 1910 in „Deutsch-Südwest-afrika“ die „Überleitung in eine versöhnliche und friedliche Periode desAufbaus“, nachdem zuvor nach einem Aufstand der Herero zehntau-send Menschen von deutschen Kolonialtruppen niedergemetzelt wor-den waren.Auch nach der Machtübergabe an die NSDAP trugen ehemaligeKorporierte ihren Teil zum Gelingen der deutschen Außenpolitik bei.Besonders ehrenwert sind nach Ansicht der Burschenschaft Alemanniadie „Heldentaten“ ihres Mitglieds Ernst Kupfer. Nachdem er bereits inder Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg den spanischen Faschi-sten unter Franco zur Macht verholfen hatte, konnten die Alliierten ihmleider erst 1943 „auf Feindflug im Südosten“ das Handwerk legen. Bisdahin hatte sich „Sturzkampfflieger“ Kupfer schon diverse hohe Aus-zeichnungen erworben.Diese Aufzählung ließe sich noch einige Zeit fortsetzen.

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Ernst Kupfer - Allemanne und „Sturzkampfflieger“

im Zweiten Weltkrieg

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Weitere Beispiele typischerHeidelberger Verbindungsmitglieder

Fritz HipplerDie Person Hipplers stellt ein Paradebeispiel dar, wie es einzelne Verbin-dungen schafften, ehemalige NS-Verbrecher bis heute problemlos in ih-ren Reihen zu dulden und weiterhin in einflussreichen Positionen zu be-lassen. Der 1909 geborene Hippler nimmt bereits 1927 Kontakte zurNSDAP auf. Mit Studienbeginn 1928 ist er unter anderem im Nationalso-zialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und auch in der SAtätig. Nach seinem Wechsel an die Universität Heidelberg 1930 tritt er derLandsmannschaft Teutonia bei und wird zum Hochschulgruppenführer desNS-Studentenbundes Heidelberg gewählt. Nach seiner Rückkehr nachBerlin wird er zu den Führern des NSDStB von Berlin. Wegen nationalso-zialistischer Tätigkeiten von der Berliner Universität verwiesen, beendeter nach der Machtübertragung auf die Nazis 1934 sein Studium in Heidel-berg. Später nimmt er noch ein Medizinstudium auf, das er jedoch wegenseiner nationalsozialistischen Tätigkeit nicht beendet. 1935 wird er für dieFilmwochenschauen tätig und erhält schnell eine verantwortliche Stelle,um 1938 Alleinverantwortlicher für die Wochenschauen zu werden, nach-dem er zuvor in der „Reichsfilmkammer Fachschaft Film“ unter anderemfür die Gleichschaltung des Filmwesens zuständig gewesen war. 1939dreht er seinen ersten Film über den „Westwall“ und übernimmt die Abtei-lung Film im Reichspropagandaministerium. Ende 1940 läuft dann seinFilm „Der ewige Jude“, der Höhepunkt seiner menschenverachtendenTätigkeit an, mit dem er die propagandistischen Voraussetzungen für denorganisierten Massenmord an den Jüdinnen und Juden schafft. 1942 wirder Reichsfilmintendant, wird 1943 jedoch abgesetzt, da er unter Pseud-onym das Drehbuch zum Film „Münchhausen“ von Erich Kästner schrei-ben ließ. Allerdings ist er dann bis Kriegsende in einer Propaganda-kompanie als Kameramann tätig.Nach Kriegsende wird er auf Grund seines Ehrenranges als Offizier in derTerrororganisation SS zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Doch bereits1952 ist er wieder als Filmdramaturg, Produktionsleiter und Regisseurvon Dokumentar- und Industriefilmen tätig; allerdings immer unter Pseud-onym. Dabei arbeitet er unter anderem auch intensiv mit der F.D.P. - undauch mit Walter Scheel - zusammen. Hippler publiziert als „Medienexperte“bis zu Beginn der 1990er Jahre in neofaschistischen Blättern, u.a. in der„Deutschen Nationalzeitung“ (DNZ) des Vorsitzenden der Deutschen Volks-union (DVU), Gerhard Frey.Als Alter Herr der Landsmannschaft Teutonia Heidelberg schaltet sichHippler nach dem Anschluss der DDR in bewährter Kontinuität seinesnationalistischen Denkens in die Debatten seines Korporationsverbandesum die Wiedereinführung der drei (!) Strophen des Deutschlandliedesein. Er empfahl nachdrücklich, sie alle zu singen, weil das dem National-gefühl des deutschen Volkes entspreche: „Wegen möglicher Störungenauf die drei Strophen verzichten? Wer das ernstlich in Betracht zieht, soll-te hinfort nicht mehr singen »Burschen heraus«, sondern »Burschen, bleibtdrin«.“Damit ist Hippler einer der Stichwortgeber für das alljährliche Maiansingender Heidelberger Korporationen.

Ernst Wilhelm WredenMit dem 1926 geborenen Ernst Wilhelm Wreden befand sich ein „AlterHerr“ der Heidelberger Burschenschaft Alemannia in der Schriftleitungder „Burschenschaftlichen Blätter“, dem Verbandsorgan der DeutschenBurschenschaft (DB). 1944 trat der damals 18-Jährige als Kriegsfreiwilliger

Fritz Hippler - Teutone, SS-Mitglied und NS-Filmemacher

Filmplakat des antisemitischenHippler-Machwerks „Der ewigeJude“ (von 1940)

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der Waffen-SS bei und geriet im März1945 in amerikanische Kriegsgefan-genschaft, aus der er jedoch bereits1946 entlassen wurde. Als ehemali-ger Angehöriger der Waffen-SS undfrüherer Hitlerjugend-Führer wurde erzunächst nicht zum Studium zugelas-sen. 1949 konnte er jedoch sein Stu-dium in Heidelberg in den FächernGeschichte, Anglistik und Romanistikaufnehmen. Bereits zu Beginn seinesStudiums trat er der BurschenschaftAlemannia bei und vertrat seinenBund bei der Wiederbegründung derDeutschen Burschenschaft. Er warauch mehrfach Vorsitzender des Hei-delberger Convents, des inter-korporativen Zusammenschlussesder Heidelberger Verbindungen. Von1954 bis 1956 war er Vorsitzenderdes Hochschulpolitischen Ausschus-ses der Deutschen Burschenschaftund deren Vertreter im Convent Deut-scher Korporationsverbände (CDK).Bereits 1954 war er in der Redaktionder „Burschenschaftlichen Blätter“,deren alleiniger Schriftleiter er von1959 bis 1992 war. Neben verschie-denen ehrenamtlichen Tätigkeiten inder Deutschen Burschenschaft war erals CDU-Mitglied auf lokaler Ebene in Friedberg-Dorheim tätig. Für seineFähigkeit, die teilweise stark im rechtsextremen Spektrum verwurzeltenBurschenschaften in der DB zusammenzuhalten und „die Kontinuität imVerband zu wahren“, wurde Wreden 1994 vom derzeitigen Schriftleiterder „Burschenschaftlichen Blätter“, Walter Egeler, mit dem Ehrenbandder Deutschen Burschenschaft ausgezeichnet.

Hanns Martin SchleyerWährend die Umstände des Todes von Hanns Martin Schleyer allseitsbekannt sein dürften, wird über die Vergangenheit von Schleyer nochgerne der Mantel des Schweigens gelegt. „Nationalsozialisten hin,Verbindungsstudenten her, oft ist das eine Personalunion“. Dieser vomkonservativen Historiker Heiber geprägte Ausspruch traf besondersauch auf Schleyer zu, als er sein Studium in Heidelberg begann. Be-reits 1931 war er als 1915 geborener Schüler in die Hitlerjugend ein-getreten und trug zu Studienbeginn bereits die schwarze Uniform derSS (Mitgliedsnummer 221714) mit dem Goldenen Ehrenzeichen. Baldtrat er auch dem Corps Suevia im Kösener SC bei. Zwei Semesterlang war er Kameradschaftsführer in seinem Corps, bevor er in derHeidelberger Studentenführung das Wirtschafts- und Sozialamt sowiedas „Amt für Politische Erziehung“ übernahm. 1937 fasste er seineAnsprüche an die Heidelberger Studenten in seiner Funktion alsHochschulführer der Universität Heidelberg folgendermaßen zusam-men: „Kameradschaft, Disziplin, Ehrenhaftigkeit und höchste politischeEinsatzbereitschaft sind die Grundlagen unserer studentischen Kame-radschaften und der Wertmesser für die Auslese in ihnen.“ Außerdemtrat er mit den Worten „Auslese bedeutet immer zugleich Ausmerze“ Hanns Martin Schleyer in Couleur

Titelseite der Schrift „Burschenschaftliche Blätter“ vom November 1957,die unter maßgeblicher Beteiligung von Ernst Wilhelm Wreden entstand

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für eine stärkere Verfolgung linker Studierender ein. Etwas später trater dann aus dem Corps Suevia aus, nachdem er zuvor festgestellthatte, dem Corps fehle ganz einfach „der Wille zur nationalsozialisti-schen Leistung“. Im weiteren Verlauf wurde er studentischer Leiter desHeidelberger Studentenwerks und Beauftragter des terroristischen Si-cherheitsdienstes (SD) der SS für den Universitätsbereich.Dank des Schriftstellers Bernt Engelmann kamen die AktivitätenSchleyers am Ende des Zweiten Weltkriegs an das Licht der Öffent-lichkeit. Am 5. Mai 1945, drei Tage vor der deutschen Kapitulation,hatten tschechische Aufständische ein Schulgebäude umzingelt, in demsich eine SS-Einheit verschanzt hatte, die 20 Geiseln in ihrer Gewalthatte. Gegen Garantien für die SS-Leute kam es zur Freilassung der20 Geiseln, indem sie gegen die Frau und das Kind des SS-Kampf-kommandanten ausgetauscht wurden. Am nächsten Morgen richtetedie SS in unmittelbarer Nähe des Schulgebäudes ein Massaker an: 41Menschen, unbewaffnete alte Männer, Kinder unter drei Jahren undFrauen, darunter zwei Schwangere, waren die Opfer. Auf Schleyer,der selbst äußerte, der letzte SS-Kampfkommandant von Prag gewe-sen zu sein, passte als einzigen SS-Führer die folgende Beschreibung:„30 Jahre alt, verheiratet, sein Sohn sieben Monate alt und das Ge-sicht geziert mit Mensurnarben.“Gegen diese Veröffentlichungen von Engelmann wurden niemals recht-liche Schritte unternommen.So wie Schleyer im Heidelberger Studentenwerk und SD als Multi-funktionär tätig war, so vereinte er zum Zeitpunkt seiner Entführungund Erschießung durch die Rote Armee Fraktion (RAF) 1977 in Perso-nalunion drei entscheidende Funktionen in der bundesdeutschen Wirt-schaft: Vorstandsmitglied von Daimler-Benz, Präsident der Bundes-vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände und Präsident des Bun-desverbandes der Deutschen Industrie.

Gustav Adolf Scheel1907 in Rosenberg in Bayern geboren, kam Gustav Adolf Scheel nachHeidelberg, um Medizin zu studieren. Dort wurde er zunächst Mitgliedin der fanatisch antisemitischen Studentenverbindung VDSt und trat1930 der NSDAP bei. Schon damals war die Aktivitas des VDSt zuweiten Teilen identisch mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Stu-dentenbund (NSDStB). 1931 wurde Scheel Vorsitzender der Heidel-berger Studentenschaft, die schon damals von den Korporationen undanderen völkischen Gruppen dominiert wurde, später auch Führer dersüdwestdeutschen Studentenschaften.Sein Einsatz während der „Kampfjahre“ der NSDAP wurde ihm 1936mit dem Posten des Reichsstudentenführers gelohnt. Außerdem wur-de er Inspekteur der Sicherheitspolizei (SiPo) und des Sicherheits-dienstes (SD) der SS in Stuttgart. Als solcher war er für die totale Un-terordnung der politischen Polizei unter das Kommando der SS sowiefür die Verfolgung und Vernichtung politischer Gegner zuständig.Er sorgte denn auch dafür, dass seine Korporation - umbenannt inKameradschaft Westmark - ihre Aktivitäten bis 1945 weiterführen konn-te. Noch heute schwärmt der VDSt Heidelberg: „Manches Mitglied derdamaligen Kameradschaft gehört noch heute zu den getreuesten Al-ten Herren des Heidelberger VDSt.“Scheel kletterte weiter die nationalsozialistische Karriereleiter empor.1941 wurde er Gauleiter und Reichsstatthalter in Salzburg, 1944 über-nahm er das Amt des Reichsstudentenführers.Nach dem Krieg arbeitete er zunächst unbehelligt als Arzt, bis er ineinem Spruchkammerverfahren zu fünf Jahren Arbeitslager und teil-

„Auslese bedeutet immer zugleichAusmerze“

(Hanns Martin Schleyer)

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Dem burschenschaftlichen Prinzipder Inklusion (weiße, funktionieren-de, „nicht-behinderte“, deutscheMänner) und Exklusion (Frauen,Nicht-Deutsche, Kriegsdienstver-weigerer, Schwule, Juden, Linke)„liegen rassistische, antisemitische,misogyne Strukturen zu Grunde, diein ihrer extremen Form die wesent-lichen Kernelemente des Faschis-mus darstellen. Die sich als homo-gene »Wir-Gruppe« fühlenden undagierenden Burschenschaften lei-ten ihre Vormachtstellung durchVereinheitlichungsprozesse im In-neren ... und durch Abgrenzungs-prozesse nach außen ab.

(aus: „Burschen schaffen Eliten“,in: „analyse & kritik“ Nr. 448,

15.03. 2001)

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weisem Vermögenseinzug verurteilt wurde. Das hielt ihn allerdings nichtvon weiteren faschistischen Aktivitäten ab, so dass erneut Anklagewegen rechtsradikaler Aktivitäten gegen ihn erhoben wurde. 1979 starber in Hamburg. Seine Verbindung spricht auch heute noch ehrfürchtigvon „unserem Bundesbruder, dem Reichsstudentenführer“.

Allerdings sind es lange schon nicht mehr ausschließlich Reaktionäreund Faschisten, die sich selbstbewusst zu ihrer Korporations-zugehörigkeit bekennen.Gerade „Vorzeigeliberale“ wie der dem rechten Rand der Grünen zu-zuordnende Rezzo Schlauch werden von den studentischen Verbin-dungen gerne als Nachweis ihrer politischen Unbedenklichkeit vorge-schoben. So hielt er 1998 vor dem völkischen VDSt einen Vortrag über„Innere Sicherheit“ und stellte der Verbindung dabei en passant einenpolitischen Persilschein aus: „Für den Heidelberger VDSt kann ichmeine Hand ins Feuer legen.“ (!)Schlauch laviert, auf seine Mitgliedschaft in einer rechten Burschen-schaft angesprochen, stets zwischen vorsichtiger Distanz und augen-zwinkernder Koketterie - so etwa im folgenden Auszug aus einem In-terview mit dem Freiburger Universitäts-Magazin:„Uni-Magazin: Man sagt, Sie haben sich während der Studienzeit alsMitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia sehr erfolgreich geschlagen.Was bedeutet ihnen ihre Verbindung?Rezzo Schlauch: Meine Mitgliedschaft in der Saxo-Silesia hatte fürmich keinen politischen Aspekt, vielmehr habe ich hier gute Zeiten er-lebt, in denen sich gute Freundschaften entwickelt haben.“Zu seiner Verteidigung schrecktSchlauch dabei auch nicht vor klei-nen Notlügen zurück: In seinen Hei-delberger Jahren habe er keinerleiKontakt mehr zu Burschenschaftengepflegt, sondern sich nur noch imSDS- und APO-Umfeld bewegt. EineSeite im Gästebuch der Heidelber-ger Burschenschaft Alemannia weist dies als glatte Lüge aus. Anlässlicheines Paukabends der Alemannia lässt Schlauch launig ein „neuesWaffenschwein“ hochleben.

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Auszug aus dem Gästebuch der Heidelberger Allemannia,Wintersemester 1968/69

„Waffenschweine“ unter sich - nach einer Mensur

Auch er war mal dabei:Grünen-Politiker Rezzo Schlauch

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oder: „Es kommt ja schließlich auch kein Mann auf die Idee, Mit-glied in einem Kaffeekränzchen zu werden.“

(DB-Vorsitzender Seiffe, 1980)

Das Korporationswesen entstand in einer Zeit, als die Universitäten nurMännern offen standen. Und an ihren Traditionen hat sich in den letztenhundert Jahren nur wenig geändert. Keiner der großen traditionellenDachverbände rückte von seinem reaktionär-patriarchalen Weltbild ab.Frauen bleiben aus den korporierten Zirkeln ausgeschlossen, ebensowie sie aus allen wichtigen und entscheidungstragenden Positionen derGesellschaft fern gehalten werden.Frauen sind im burschenschaftlichen Sprachgebrauch immer noch „Da-men“, sie werden gesehen als schmuckes Beiwerk bei Festen, als treu-sorgende Ehefrauen und Mütter. Die so genannte „Achtung vor der Frau“,zu der sich viele Korporationen bekennen, entpuppt sich bei genaueremHinsehen als reine Frauenverachtung. Das militärische Kameradschafts-prinzip des Lebensbundes funktioniert für die Korporierten nur unter Män-nern, und der Männerbund ist Ausdruck einer hierarchischen Vorstel-lung der Gesellschaft, die um keinen Preis aufgegeben werden soll. Ihrenationalistischen, rassistischen, antisemitischen, antiziganistischen undantidemokratischen Ideale bauen auf Eigenschaften wie Disziplin, Hier-archie und Elitenbildung, die ihrer Ansicht nach „weiblichen“ Eigenschaf-ten bilden dazu einen als „Naturmäßigkeit“ zu fixierenden Gegenpol.Dieses Frauenbild zeigt sich z.B. auch in den so genannten „Damen-reden“, die bei festlichen Anlässen zu Ehren der weiblichen Gäste ge-halten werden und ihnen die Rolle als Sexualobjekt und „Dummchen“klar zuweisen.

Ein Männerbund fürs Leben

Im Verständnis der Burschenschaf-ten nur was für „harte Männer“

„Die Narben, die von der Mensur bleiben, werden stolz als Ehrenzeichendieser bestandenen Männlichkeitsprüfung präsentiert. Durch die Mensurvergewissern sich die Kämpfenden nicht nur ihrer soldatischen Männlich-keit, sie grenzen sich gleichzeitig von allem Nicht-Männlichen, das heißtvor allem vom »weichen Weiblichen« ab.“

(aus: „Burschen schaffen Eliten“,in: „analyse & kritik“ Nr. 448, 15.03.2001)

„Ob konservativ, liberal oder deutsch-national ausgerichtet, alle akademi-schen Männervereine funktionieren nach dem Lebensbund-, Männerbund-und Eliteprinzip. Durch Drill und Unterordnung lernen korporierte Männer»Nach oben zu buckeln und nach unten zu treten«. Frauen sind im Burschi-Jargon »Damen«. Sie gleichen Wesen von einem anderen Stern, die sichauf dem männlichen Planeten Erde möglichst nur in der VakuumzelleFamilie bewegen sollen.“

(aus: „Burschen schaffen Eliten“,in: „analyse & kritik“ Nr. 448, 15.03.2001)

„Unser Burschenschaftsbrauchtumist immer auf eine bestimmte männ-liche Gruppe abgestimmt. Diemenschliche Weltordnung ist aufdas Männliche ausgerichtet.“

(aus: „BurschenschaftlicheBlätter“, 1980)

„Die Mensur erfordert enormen persönlichen Einsatz in einer körperlich-seelischen Ausnahmesituation; dabei erfordert sie ein hohes Maß anFairness und Ritterlichkeit. Die Mensurauflage bildet eine gewisse Schwel-le, sie vermeidet bloße Mitläufer und Pöstchenspekulanten.“

(aus der burschenschaftlichen Internetzeitung „Cousin“)

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Burschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg

Bei der „Europaburschenschaft Arminia Zürich zu Heidelberg“ (EBA)handelt es sich um den deutschen Ableger der 1951 in der Schweizgegründeten Altherrenverbindung Europaburschenschaft Arminia Zürich.Im Jahre 1994 verlagert sich der organisatorische Schwerpunkt auf dieHeidelberger Gruppe. Um ihre Eigenständigkeit zu unterstreichen,trittsie schließlich ab 1999 unter dem Namen „Burschenschaft Arminia Zü-rich zu Heidelberg“ (BAH) auf [laut „Deutsche Stimme“ fan die Rekon-struktion am 8. Mai 1998 statt]. Die Formierung der „Europa-burschenschaft Arminia Zürich“ ab dem Jahre 1946 geht u.a. auf da-mals noch bestehende Kreise von Nationalsozialisten zurück. HeinzManz, langjähriger Sprecher der Altherrenschaft der „Arminia zu Zü-rich“, Schweiz, spricht von „Waffenbrüdern der alten ruhmreichen SSaus allen Gauen Deutschlands und allen Ländern Europas“.Anfang der 1990er Jahre verlassen die „Politischen“ unter den Bundes-brüdern um Gerd Zikeli, Arnold Sennhauser und Bruno Meier die EBA.Zurück blieben die „Nostalgiker“, zu denen Manz zählt und deren Mit-glieder teilweise auch in der rechtsextremen „NationaldemokratischenPartei Deutschlands“ (NPD), im Witikobund, der pro-hitleristischen „Wi-king Jugend“ (WJ) oder der „Deutschen Kameradschaft“ organisiert sind.Darüber hinaus bestehen internationale Kontakte zu verschiedenenrechtsextremen Organisationen.Im August 1993 z.B. sind Mitglieder der Heidelberger EBA-Gruppe zu-sammen mit mehreren Mitgl iedern der W J zum f lämischenNationalistentreffen „Ijzerbedevaart“ ins belgische Diksmuide gereist.Der damalige WJ-Funktionär und Nazi-Liedermacher Frank Rennicke(NPD) erhält das „Komturband“ der EBA.Nach Manz‘ Tod 1994 übernimmt die Heidelberger Gruppe die Lei-tung der EBA. Der Heidelberger EBA-Aktiven-Sprecher Hans-FriedrichKühnl lädt am 13. April 1994 anlässlich des Todes von Manz zu einer„Trauerkneipe“ in das Arminia-Farbenheim in der Rohrbacher Straße inHeidelberg ein.Auch unter der Heidelberger Leitung pflegt die EBA weiterhin ihre Bezie-hungen zum neonazistischen Spek-trum. So referiert im April 1994 derehemalige Heidelberger Studentund Mitherausgeber der Zeitung„Nation und Europa“ Peter Dehoustin der „Bude“ der EBA. Und auch indiesem Jahr nehmen EBA-Mitglie-der an der 67. „Ijzerbedevaart“ inDiksmuide teil. Im Oktober 1994 re-fer iert der Neonazi GermarScheerer (alias Germar Rudolf),Verfasser des revisionistischen „Ru-dolf-Gutachtens“, vor der EBA inHeidelberg.Nur einen Monat später, am 5. No-vember 1994, werden bei einerRazzia der Polizei gegen ein Tref-fen der militanten Neonaziszene inStuttgart-Weilimdorf, an dem ne-ben anderer Nazi-Prominenz auchder ehemalige Vorsitzende der „Frei-heitlichen Deutschen Arbeiterpartei“

EBA-Zeitschrift „Der Armine“

Mitglieder der rechtsextremen „Vlaams Jeugd“ bei der Ijzerdbedevaart“im belgischen Diksmuide - Auch EBA-Mitglieder nahmen mehrfach an

diesem Treffen europäischer NeofaschistInnen teil.

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(FAP) Friedhelm Busse sowie der Ludwigshafener Naziskin ChristianHehl teilnehmen, auch zehn Personen aus dem Umfeld der EBA iden-tifiziert. Zielsetzung des Treffens ist die Reorganisierung des neofa-schistischen Spektrums in einer „Stuttgarter Kameradschaft“; nebenweiteren Kadern der zuvor verbotenen FAP, der „Nationalistischen Front“(NF) und der „Wiking Jugend“ ist auch deren langjährige FunktionärinEdda Schmidt (heute NPD) anwesend. Ein Büchertisch Schmidts führtbei einem Liederabend der EBA, den die baden-württembergischeBuchhändlerin gestaltet, am Abend des 20. Januar 1995 zu einer Raz-zia im EBA-Keller in Heidelberg: angeboten werden nationalsozialisti-sche Literatur, SS-Fahnen, Videokassetten des Hippler-Films „Derewige Jude“ sowie Bestell-Listen für Publikationen von Himmler undHeydrich. Das folgende Presseecho sorgt in Heidelberg selbst bei denrechtskonservativen Burschenschaften für Aufregung – sie distanzie-ren sich öffentlich von der EBA. Juristische Folgen für Mitglieder derEBA sind nicht bekannt, aber das angemietete „Farbenheim“ wird auf-gelöst.Einige EBA-Mitglieder haben sich weit in das neofaschistische undrechte Spektrum integriert, ohne dabei ihre EBA-Tätigkeit zu erwäh-nen. So gründet das EBA-Mitglied Michael Dangel, der später Haupt-aktivist der BAH wird und als Steuerberater in Heilbronn tätig ist, Ende1990 das neurechte „Forum 90“ mit, ein Sammelbecken für Studen-ten rechts vom RCDS. Neben Republikanern finden sich Mitgliederder „Jungen Union Nordbaden“ (JU) und weitere Burschenschafterim „Forum 90“. Berührungspunkte finden sich zudem mit der „Listeunabhängiger Studenten“ (LUST). Dort kandidiert Dangel zum Som-mersemester 1993 für den AStA der Universität Mannheim. WeitereKandidaten sind der Viernheimer REP-Kreisrat Klaus Hoffmann unddas Mannheimer JU-Mitglied Hans-Joachim Brennen. Urheber der 1993gegründeten LUST ist Roland Bubik, Autor in der „Jungen Freiheit“ undLeiter des „Konservativen Gesprächskreises“. Das Heidelberger Pen-dant zu diesem Gesprächskreis wird zu diesem Zeitpunkt von Wolf-gang Unold, Mitglied der strammrechten Burschenschaft Normannia,geführt. Im Hause der Normannen gehen zeitweise EBA-Mitglieder einund aus.Mit Andreas Jahrow aus Meckenheim, Vorderpfalz, findet sich einweiteres EBA-Mitglied mit weit reichenden Kontakten vor allem instudentischen Kreisen. Als Vorsitzender des „Ost-West-Arbeitskrei-ses“ (OWAK) an der Universität Bonn im Jahre 1993 besitzt er aus-geprägte Kontakte zum Mentor des OWAK, Hans-Helmuth Knütter.Durch seine Mitgliedschaft im „Wissenschaftlichen Beirat“ der Bun-deszentrale für politische Bildung finden Knütters „Anti-Antifaschis-mus“-Thesen zeitweise sogar staatliche Unterstützung. Der OWAKführt unter anderem Veranstaltungen mit dem britischen Auschwitz-leugner David Irving und dem bereits erwähnten Neonazi Frank Ren-nicke durch. Jahrow bildet einen Knotenpunkt in der militanten Neo-naziszene um Norbert Weidners FAP/“Anti-Antifa Bonn/Rhein-Sieg“.Einzelne Aufsätze sind von der „Anti-Antifa Bonn/Rhein-Sieg“ fastwortwörtlich in Flugblattform veröffentlicht worden.Der Heidelberger EBA-Bursche Hans-Friedrich Kühnl wechselt nachder Heidelberger Razzia im Januar 1995 auffallend schnell seinenWohnsitz, Otto Entenmann, Sprecher der EBA-Altherrenschaft, willnicht namentlich in diesem Zusammenhang erwähnt werden.Ihre Aktivitäten hat die EBA dennoch keineswegs eingestellt; die Hei-delberger Gruppe benennt sich Ende der 1990er lediglich um in BAH.Auf ihrer so genannten „Heimatseite“, wie der Nazi-Jargon dieHomepage umschreibt, findet man neben „Verweisen“ – Links – zur

Sprecher und vermutlichderzeitiger Kopf der BAH:Michael Dangel aus Heilbronn

Der Zirkel der EBA - später vonder BAH übernommen

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rechten Zeitung „Junge Freiheit“,zum Neonazi-Blatt „UnabhängigeNachrichten“ (UN) sowie zum Neo-nazi-Liedermacher Rennicke auchein Interview der NPD-Parteizei-tung „Deutsche Stimme“ (DS) mitdem BAH-Sprecher Michael Dan-gel . Zudem gibt es auf derHomepage Veranstaltungshin-weise, die jedoch zum Teil konspi-rativ verschlüsselt sind.Zu den zahlreichen durchgeführtenVeranstaltungen der BAH ab Endeder 1990er zählt unter anderem einso genanntes Herbsttreffen am 8.Oktober 1999 in der Rhein-Neckar-Region - ein Vortrag, bei dem die

verurteilten Rechtsterroristen Manfred Roeder und Peter Naumann (bei-de NPD) referieren.Veranstaltungen werden mittlerweile auch konspirativ über das „Na-tionale Infotelefon“ (NIT) der neonazistischen „Karlsruher Kamerad-schaft“ organisiert, das ein großes Mobilisierungspotenzial in der Neo-nazi-Szene hat. Im Januar 2001 z.B. wirbt das NIT für einen Vor-tragsabend mit dem langjährigen EBA-Mitglied und Revisionisten GerdZikeli (Schweiz) über die eliminatorisch-antisemitische, faschistischeBewegung Rumäniens, die „Eiserne Garde“. Das pro-hitleristischeAuftreten wurde selbst im rechten Spektrum als kontraproduktiv an-gesehen, in Teilen des rechten studentischen Milieus wird die Hei-delberger EBA-Gruppe als „die vergessene Ortsgruppe der NSDAP“abqualifiziert, in Kreisen der „Jungen Freiheit“ wird von allzu offenenKontakten zur Heidelberger EBA abgeraten.Im Juni des gleichen Jahres findet eine EBA/BAH-Veranstaltung mitdem ehemaligen NPD-Vorsitzenden und notorischen Auschwitz-Leug-ner Günter Deckert statt, und im Oktober referiert der hessische Neo-nazi Wolfgang Juchem (ehem. „Deutsche Liga für Volk und Heimat“)im Rhein-Neckar-Gebiet auf Einladung der BAH.Bei einem Liederabend der BAH am 3. November 2001 tritt wiedereinmal der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke auf, der be-reits wegen Volksverhetzung in seinen Liedtexten verurteilt ist.In Heppenheim feiert die BAH am 19. Januar 2002 ihr 56. Stiftungs-fest in einer Gaststätte, und im April 2002 geht es bei einem Vortragbei der BAH in Heppenheim um “Finnland und das Deutsche Reich von1914 bis 1945“, als Referent ist ein Reinhard H. eingeladen.Der Altnazi Kurt Eggers ist Thema einer Veranstaltung der BAH im Oktober2002. Eggers war SS-Mitglied und stellt eine Kultfigur in rechten Kreisendar - von den „Republikanern“ über DVU und NPD bis hin zu „freien Kamerad-schaften“. Auf der Veranstaltung in Heppenheim mit dem Referenten EricKaden sind wie auch auf der vorangegangenen, auch Mitglieder der neofa-schistischen „Kameradschaft Bergstraße“ anwesend.Am 19./20. Januar 2003 jährt sich wieder das Stiftungsfest der EBA/BAH.Als Referent tritt auf der Feier im Rhein-Neckar-Kreis der Neonazi-IdeologeJürgen Schwab (NPD) aus Franken auf.Mittlerweile ist es etwas stiller geworden um die BAH, u.a. ist die Homepagenicht gerade als aktuell zu bezeichnen. Allerdings ist davon auszugehen,dass Michael Dangel und Konsorten - auch außerhalb der BAH - weiterhinihre braunen Süppchen kochen.

Das Europabild der EBA - ausdem Mitteilungsblatt „Der Armine“

Neonazis wie der Auschwitz-Leugner Günter Deckert sind gern

gesehene Gäste bei der BAH.

Gerd Zikeli- Schweizer Revisionist, Pfarrer

und „Alter Herr“ der EBA(Foto aus den 1990er Jahren)

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Burschenschaft Normannia Heidelberg

Die Burschenschaft Normannia ist seit jeher als rechte Hardlinerin unterden Heidelberger Korporationen bekannt und pflegt zahlreiche Kontaktein die neofaschistische Szene.Organisiert ist die Normannia im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“und ist dort in der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) tätig, in dersich die extremen Kräfte der DB sammeln. Ziele der BG sind neben derendgültigen Durchsetzung eines „volks- bzw. volkstumsbezogenenVaterlandsbegriffes“, der den Begriff des Deutschen auf Österreich undOsteuropa ausdehnt, auch die (rechte) Politisierung des Verbandes.Allerdings verweist nicht nur die formale Mitgliedschaft in der DB auf denrechten Charakter der Normannia. Vielmehr zeigen auch ihre zahlreichenAktivitäten in Heidelberg, wo sich die Normannia politisch verortet.In den 1990er Jahren bspw. waren Normannen an dem Versuch beteiligt,eine rechtsextreme Hochschulgruppe mit dem Namen „Forum 90“ zu eta-blieren. Sprecher dieser Gruppierung war Wolfgang Unold, seines Zei-chens Mitglied der Normannia. Als dieser Versuch, hochschulpolitisch Fußzu fassen, scheiterte, initiierte Unold nach dem Vorbild anderer Städteeinen „Konservativen Gesprächskreis“ und warb hierfür allmonatlich indem rechtsextremen Periodikum „Junge Freiheit“ (JF). 1996 kandidierteer darüber hinaus bei den baden-würtembergischen Kommunalwahlenfür die Republikaner (REP).Eine weitere Verbindung ins rechtsextreme Spektrum zeigt sich beimVerhältnis der Normannia zur „Europaburschenschaft Arminia Zürich zuHeidelberg“ (EBA), in deren Heidelberger Haus die Aktivitas der Normanniaregelmäßig verkehrte.Aber auch aus der Liste der Referenten, welche die Normannia zu Veran-staltungen auf ihr Haus einlädt, lassen sich Rückschlüsse auf ihre rechts-extreme Ideologie ziehen.So veranstaltet sie Ende Januar 1997 einen Vortrag mit AlfredMechtersheimer unter dem Titel „Deutschland oder multiethnisches Sied-lungsgebiet“.Auch andere Referenten auf dem Haus der Normannia lassen sicheindeutig im Spektrum des klassischen Rechtsextremismus verorten.So referierte beispielsweise im Juni 2003 der Rechtsanwalt und „Jun-ge Freiheit“-Stammautor KlausKunze auf dem Haus der Normanniazum Thema „Der totale Parteien-staat“. Kunze, Mitglied in der Köl-ner „Burschenschaft Germania“, istGründungsmitglied des 1979 in Kölngegründeten „Ring freiheitlicher Stu-denten“ und Anfang der 1990er Jah-re Landessprecher der „Republika-ner“ in Niedersachsen. Neben sei-nen juristischen Tätigkeiten für di-verse Neonazis (er verteidigte z.B.den Mitbegründer der „Kamerad-schaft Northeim“ Thorsten Heise) istKunze v.a. publizistisch tätig. Soschreibt er in der JF in seinem Arti-kel „Der totale Parteienstaat“ von„einem geplanten multikulturellenGenozid am deutschen Volk“.Bereits im April 2002 findet auf dem

Wappen der BurschenschaftNormannia

Antiamerikanisches Flugblatt derHeidelberger „Normannen“

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Haus der Normannia ein Diavortragmit Klaus-Dieter Motzke und Micha-el Paulwitz statt. Beide Referentenarbeiten bzw. arbeiteten in der Re-daktion der REP-Parteizeitschrift„Der Republikaner“ mit. Darüberhinaus ist Michael Paulwitz Mitgliedder Münchener BurschenschaftDanubia, Autor für die JF und dieZeitschrift „Criticon“ sowie Referentbei der rechtsextremen „Gesell-schaft für Freie Publizistik“. Außer-dem ist er Mitglied der „JungenLandsmannschaft Ostpreußen“(JLO).Der Kontakt zu Mitgliedern der JLOist dabei alles andere als zufällig. Sostammt der Bundesvorsitzende derJLO, Christian Schaar, aus den Rei-hen der Normannia. Schaar, der be-reits als Regionalbeauftragter der„Deutschland-Bewegung“ aktiv warund mittlerweile auch Mitglied imrechtsextremen „Witikobund“ ist, gehört neben dem Normannen HannesKaschkat zu den Unterzeichnern der Kampagne gegen die Ausstellung„Verbrechen der Wehrmacht“. Als Verantwortlicher für diese Kampagnegilt Götz Kubitschek, Gründungsmitglied der „DHG Hans Breuer“.Aber auch sonst scheint die Normannia interessant für die radikale Rech-te zu sein. So nimmt der Neonazi und Versandbetreiber Andreas Gängel(aus Bruchsal, jetzt Mannheim) in den Reihen der Normannia ab 1996mindestens zweimal am Maiansingen der Heidelberger Burschenschaf-ten teil. Ebenso beteiligen sich Mitglieder der JLO am Heidelberger Mai-ansingen.Auch Mitglieder des NPD-Kreisverbandes Rhein-Neckar besuchen schonmal eine Vortragsveranstaltung auf dem Haus der Normannia, und die „Ka-meradschaft Bergstraße“ kündigt in ihrem Newsletter einen von derNormannia veranstalteten Vortrag zu Israel-Palästina an; und dies sogar,bevor der Termin auf der Homepage der Normannen auftaucht.Die Normannia zeigt aber nicht nur über Vortragsveranstaltungen Flagge.Neben dem bereits erwähnten Maiansingen versucht sie sich in den letz-ten Jahren wieder vermehrt in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Im März2000 z.B. verteilt die Aktivitas der Normannia in Couleur in der Heidelber-ger FußgängerInnenzone antisemitische Flugblätter gegen ein imaginier-tes „jüdisches Finanzkapital“. Der Text ist zu großen Teilen den „Unab-hängigen Nachrichten“ (UN) entnommen, einer Nazi-Postille, die in denletzten 20 Jahren immer wieder wegen Volksverhetzung und Aufstache-lung zum Rassenhass ins Visier der Justiz geriet.An einer Demonstration gegen den Irak-Krieg am 22. März 2003 nehmenebenfalls Mitglieder der Normannia teil und versuchen ihre antisemitischeEinstellung zur Schau zu stellen, indem sie gegen die „USA und ihre Hinter-mächte“ demonstrieren.Auch die Universität wird von der Normannia wieder verstärkt alsAgitationsort angesehen. Neben Veranstaltungsankündigungen und Flug-blättern für die „Deutsche Burschenschaft“ verteilen sie dort im Novem-ber 2003 auch die antisemitische Rede des mittlerweile Ex-CDU-MitgliedsMartin Hohmann „im Wortlaut“.Zudem sind an der Universität Heidelberg Flyer der Normannia aufge-

Mitglieder der Normannia beim „Heldengedenken“ 2002

Burschis auf der Anti-Kriegs-Demo am 22. März 2003

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taucht, in denen sie mit plumpen an-tiamerikanischen Ressentiments ge-gen einen amerikanischen Kultur-imperialismus wettert.Neben den genannten Aktivitäten derNormannia ist, laut Eigenbekunden,die Teilnahme an dem jährlichen„Heldengedenken“ der Stadt Heidel-berg auf dem Heidelberger Ehren-friedhof Schwerpunkt der öffentlich-po-litischen Intervention. Am sog. Volks-trauertag wird dort von Stadtverwal-tung, Parteien und NATO-Militärs -ohne einen Unterschied zwischenOpfern und Tätern des Ersten undZweiten Weltkrieges zu machen - den„Opfern von Krieg und Gewalt“ ge-dacht. Die Normannia beteiligt sichdaran seit mehreren Jahren mit einereigenen Abordnung in Couleur, indemsie an der „Feierstunde“ teilnimmt undeinen Kranz „für die Gefallenen“ ablegt.Aber nicht nur die Stadt Heidelberg und die etablierten Parteien, allenvoran die CDU, scheinen wenig Berührungsängste mit einer rechtsex-tremen Burschenschaft wie der Normannia zu haben. Auch für die an-deren Heidelberger Studentenverbindungen scheint sie trotz ihrer zahl-reichen neofaschistischen Aktivitäten wenig diskreditiert zu sein. Sosehen zahlreiche Heidelberger Korporationen kein Problem darin, imApril 2003 in der Neuen Universität eine gemeinsame Veranstaltungmit der Normannia unter dem Motto „Heidelberger Studentenverbin-dungen stellen sich vor“ durchzuführen. Auch wenn nicht alle Studen-tenverbindungen dem rechtsextremen Lager zuzurechnen sind, so lei-sten doch auf diese Weise einige Hilfestellung bei der Etablierungrechtsextremer Positionen.

Alfred MechtersheimerAlfred Mechtersheimer, geboren 1939, einst RCDS-Mitglied und Stipen-diat der „Konrad-Adenauer-Stifung“, ist zeitweilig Dozent an derBundeswehrhochschule in München. 1981 erfolgt sein Ausschluss ausder CSU; von 1987 bis 1990 sitzt er als parteiloser Kandidat für dieGrünen im Bundestag.Als Referent ist Mechtersheimer u.a. bei Leserkreisen der Zeitschriften„Junge Freiheit“ und „Criticon“ sowie bei NPD-nahen Grüppchen wie dem„Deutschen Arbeitnehmer-Verband“ (DAV) zugegen.Mechtersheimer ist außerdem (Co-)Autor von Schriften wie dem neu-rechten Sammelband „Die selbstbewusste Nation“ (Propyläen, 1994) unddem Buch „Friedensmacht Deutschland“, die in der gesamten rechtenSzene zur Lektüre empfohlen werden.Mechtersheimers Vorträge zeichnen sich aus durch übelste Hetze. Da istzum Beispiel die Rede von der „Bedrohung des Deutschen Volkes durchZuwanderung, die die Solidargemeinschaft auflöst“, davon, dass „ethni-sche Homogenität“ Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie seioder dass durch Zunahme der Bevölkerung „ausländischer Herkunft (...)die Intelligenz des Landes völlig in Frage gestellt“ sei.Im Oktober 1996 trat Mechtersheimer erstmals auf einer Veranstaltungder „Republikaner“ (REP) mit deren Vorsitzenden Rolf Schlierer auf. ImMärz 1997 war er dann zu einer Veranstaltung der „Republikaner“ im Ba-

Ex-Grüner und Kopf der rechts-konservativen „Deutschland-Bewegung“:Alfred Mechtersheimer

Normanne und Fascho auf dem„Ehrenfriedhof“ 2003

Der Zirkel derHeidelberger Normannia

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den-Württembergischen Landtag geladen, die nicht nur durch ultra-nationalistische, rassistische Hetze, sondern auch durch einen eigenenSaalschutz der REPs von sich reden machte.Über sein „Friedenskomitee 2000“ mit Sitz in Starnberg bei München ar-beitet Mechtersheimer, der sich selbst „als Theoretiker und Praktiker desnationalen Befreiungskampfes für ein neues Deutschland“ sieht (aus:www.idgr.de) u.a. eng zusammen mit dem Nationalrevolutionär HenningEichberg. Mit der „Deutschland-Bewegung“ strebt er eine Einigung desstramm-rechten Lagers unter einem Dach an („Wir dürfen uns nicht vorder Zusammenarbeit mit anderen Nationalen scheuen.“) und meint damitden Abbau „hinderlicher“ Berührungsängste gegenüber dem militanten rech-ten Spektrum.Mechtersheimers Positionen werden unter anderem sehr geschätzt vonHans-Helmuth Knütter, der sich damit rühmt, den antifaschistischen Jour-nalisten Anton Maegerle in Zusammenarbeit mit Mechtersheimer geoutetzu haben (siehe Teil zur EBA/BAH). Die Kampagne gegen Maegerle wur-de bereitwillig in der neonazistischen Presselandschaft aufgenommen;von der „Jungen Freiheit“ über das rechte „Thule“-Computer-Netz bis hinzu Blättern aus dem militant-faschistischen Lager wurde gegen den Jour-nalisten gehetzt und teilweise zu direktem Terror aufgerufen („Anti-Antifa“).Sogar die Illustrierte „Focus“ ließ Eckhard Jesse (JF-Autor) gegen Maegerlepolemisieren.

Hans-Helmuth Knütter- Totalitarismus-Theoretiker und

„Anti-Antifa“-Zuarbeiter

Eine Heidelberger Studentenverbindung am äußersten rechten Randist die „Deutsche Hochschulgilde Hans Breuer“ (DHG), organisiert inder „Deutschen Gildenschaft“ (DG). Der DG entstammen zahlreicherechtsextreme Funktionäre und wichtige Vordenker der so genanntenNeuen Rechten. Die Organisation unterhält Kontakte zu verschiede-nen national-konservativen und neonazistischen Theoriezirkeln undZeitschriften und unterstützt diese aktiv.Die Heidelberger Gilde „DHG Hans Breuer“ wurde 1996 auf Betreibendes Gildenschafters Götz Kubitschek, Jahrgang 1970, gegründet. AuchKubitscheks Lebenslauf liest sich wie ein Auszug aus einem Lexikondes Rechtsextremismus.Kubitschek, langjähriger Aktivensprecher der DG, initiierte eine Unter-schriftenaktion der „Aktionsgemeinschaft Paulskirche“ (in Zusammen-arbeit mit der „Deutschland-Bewegung“ von Alfred Mechtersheimer)gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ und war Mit-organisator des Wartburgfestes der „Deutschland-Bewegung“. Zeit-weilig war er zudem für das Ressort ”Sicherheit und Militär” in der JFverantwortlich.Im Mai 2000 gründet Kubitschek gemeinsam mit dem JF-Stammautorund einem der führenden Theoretiker der „Neuen Rechten“, KarlheinzWeißmann, das „Institut für Staatspolitik“ (INSTAPO), das ein„Reemtsma-Institut von rechts“ werden soll.Zudem gründet Kubitschek parallel zur Gründung des INSTAPO denVerlag „Edition Antaios“, dessen Funktion u.a. darin besteht, Ergeb-nisse der Institutsarbeit und des Institutsumfeldes publizistisch zu ver-werten. Erschienen sind hier mehrere Werke verschiedener “Koryphä-en“ neofaschistischer Theoriebildung. Zu nennen ist an dieser Stelleneben Armin Mohler, Ernst Nolte, Bernd Rabehl auch Johannes Rogallavon Bieberstein, auf dessen Buch sich der ehemalige CDU-Bundes-tagsabgeordnete Martin Hohmann in seiner antisemitischen Rede zum3. Oktober 2003 immer wieder bezog.

Deutsche Hochschulgilde Hans Breuer (DHG)

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Deutsche GildenschaftDie „Deutsche Gildenschaft“ (DG) entstand nach dem Ersten Weltkriegaus der bündischen Jugendbewegung heraus und wurde, nachdem sieim Jahre 1935 aufgelöst worden war, nach dem Zweiten Weltkrieg 1958in Frankfurt wiederbegründet.Mit nur etwa 65 Aktiven und 530 Alten Herren (Stand 1996) kann die DGals „elitäre Kleinstgemeinschaft innerhalb des deutschen Korporations-wesens“ (Dietzsch u.a.: Nation statt Demokratie. Sein und Design derJungen Freiheit, Kellersohn 1995) bezeichnet werden; sie hat jedochtrotz ihrer dünnen Personaldecke eine nicht zu unterschätzende politi-sche Breitenwirkung.Neben der Einflussnahme auf den deutsch-nationalen Flügel der CDU/CSU gelingt es der „Deutschen Gildenschaft“ laut „Handbuch des Deut-schen Rechtsextremismus“, auch „in weite Teile des intellektuellenRechtsextremismus zu wirken. Sie agiert dabei beständig gegen diedeutsche Westbindung und versucht, eine geopolitisch und völkischbegründete Führungsrolle Deutschlands (…) offen zu halten. Sie flan-kiert diese Thesen mit der Historisierung und Relativierung des Natio-nalsozialismus“. (S. 329)Die DG spielte bzw. spielt eine nicht unerhebliche Rolle bei der Ent-wicklung der „Jungen Freiheit“ (JF). Mehrere Redaktionsmitglieder undAutoren sind Gildenmitglieder - so ist z.B. auch der Gründer dieserPostille, Dieter Stein, ein Gildenschafter der „Hochschulgilde Balmungzu Freiburg“.Neben der JF wurde auch die rechte Zeitschrift „Criticon“ von Anfangan von der DG gefördert.Bei der Gründung des Instituts für Staatspolitik (INSTAPO) - einemnational-konservativen Think-Tank - nimmt die „Deutsche Gildenschaft“ebenfalls eine zentrale Stellung ein. Zwei von drei Mitgliedern des„Gründerkollegiums” des Instituts gehören in der DG organisierten Ver-bindungen an. Der Spiritus Rector des Instituts, JF-Autor und Histori-ker Karlheinz Weißmann, entstammt der Göttinger Gilde; die Alltags-geschäfte des Instituts führt der Heidelberger Gildenschafter GötzKubitschek (s.o.).Politisch ist die „Deutsche Gildenschaft“ im Übergangsfeld zwischenKonservatismus und Neofaschismus angesiedelt und besetzt sowohlPositionen innerhalb und im Umkreis der NPD als auch in den Unions-parteien.Zudem steht die Organisation seit ihrer Wiederbegründung 1958 ineinem engen Zusammenhang u.a. mit der „Sudetendeutschen Lands-mannschaft“ und dem „Witikobund“.Diverse Führungspersonen beiderOrganisationen entstammen den Reihen der „Deutschen Gildenschaft“.Der „Witikobund“ ist traditionell stark rechtsextremistisch durchsetztund verfügt über einen beträchtl ichen Einfluss innerhalb derVertriebenenverbände und an wichtigen gesellschaftlichen Schaltstel-len.Ziel der „Deutschen Gildenschaft“ ist, „der Volks- und Staatsgemeinschaftvolkspolitisch vorgebildete, zum Einsatz in Staat, Politik, Wirtschaftund Kultur befähigte und bereite Hochschulabsolventen als künftigeFührungskräfte zur Verfügung zu stellen” (H. Böhrsch).Obwohl sich die Organisation heute offiziell zur demokratischen Ver-fassung bekennt, leisten viele Mitglieder der DG, wie z.B. KarlheinzWeißmann, weiterhin signifikante ideologische und personelleVermittlerdienste im Übergangsfeld zwischen Konservatismus undRechtsextremismus. Das INSTAPO muss zweifellos in diesem Bereicheingeordnet werden.

”Die Deutsche Gildenschaft (isteine) akademische Erziehungs-gemeinschaft mit nationalerÜberzeugung und bündischerTradition.”

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Unpolitisch!?

Der folgende Text stammt, auch wenn es sich so anhört, nicht voneinem Parteitag der NSDAP und auch nicht aus einem Propaganda-flugblatt der Nationalistischen Front. Vielmehr stellt er den Rahmenfür eine Ehrentafel gefallener Mitglieder der Burschenschaft Alemanniadar. Diese befindet sich in dem Buch „125 Jahre Heidelberger Alle-mannen“ aus dem Jahr 1981. Er sollte wohl genügen, um klar zu ma-chen, was wir von der Behauptung der Korporationen halten dürfen,sie seien unpolitisch und gegen jeden Extremismus, egal ob von „links“oder von „rechts“.

„Es leuchte uns aus Alemannias Ehrenmal die heilige Erkenntnis auf,dass Gott, Ehre, Freiheit, Vaterland unsres Lebens höchster Sinn undTreue und Opferbereitschaft unsres Daseins wertvollster Zweck ist,dass nur der vollwertig ist, der den nationalen Willen vom göttlichenWillen hernimmt, der in Abkehr von dem uns aufgepfropften westli-chen Individualismus mit unbeirrbarem Glauben den Weg zur wahrenVolksgemeinschaft und inneren Einheit der Nation geht, der sich ver-antwortlich fühlt für seines Volkes Schicksal (...). So mögen uns undallen kommenden Allemannengeschlechtern unsere Toten Licht seinin dunkler Zeit, Salz wider die Fäulnis und Rückgratfestigung in allerKnochenerweichung! So mögen die jungen Allemannen heranwach-sen in unsrer alten Tradition, sich tüchtig machen an Leib, Seele undGeist (...), stark in innerer Beseelung und stahlhart im Wollen, ganzeMänner und treffliche Führer werden in der scharfen Luft alter deut-

scher Disziplin und hoher sittli-cher Forderung, die vom Einzel-nen straffste Selbstzucht undhöchstes Verantwortungsgefühlverlangt. (...) Jetzt muss die hei-lige Opferflamme unsrer ver-ewigten Heldenseelen unsdurchglühen mit neuem zuver-sichtlichen Mut und Glauben anden ewigen Bestand dessen,was deutsch und wahr ist. Mit ho-hem Glauben an DeutschlandsWiedergeburt und Erneuerung,dass aller erbärmlicher Kleinmutverscheucht werde und in stäh-lerner Kraft heldischer Tapferkeitwieder Männer auferstehen, diein heiligem Ernst des Herzensund in Lauterkeit der Hände fürDeutschland und nicht vonDeutschland leben wollen. Jetztist nicht Zeit zu wühlen für diePartei, sondern inburschenschaftl ichem unddeutschpolitischem Sinne zu wir-ken, helfen und sorgen, dass alleschädlichen, dekadenten, fremd-ländischen Einflüsse undeut-scher und unchristlicher Geistes-art zurückgedrängt werden (...).“

„Der Nachwuchs, der durch dieSozialisationsmühle Burschen-schaft gelaufen ist, bringtpraktischerweise auch gleich einekapitalismus- und führungs-kompatible Grundeinstellung mit.Die auf die Korporationswerte wie»Ehre, Freiheit, Vaterland«, »Ein-tracht hält Macht« und »Treu undstark« gedrillten Burschis fügen sichideal in die auf Hierarchie und Un-terordnung basierende Wirtschafts-ordnung ein.“

(aus: „Burschen schaffen Eliten“,in: „analyse & kritik“ Nr. 448,

15.03.2001).. ein Spruch, der auch bei Neonazissehr beliebt ist!

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„Vorsicht - Zimmer frei!Wie die Burschen für Nachwuchs sorgen

Geworben wird über das Annoncieren in den Zeitungen der „Zielgrup-pen“, unter anderem in der „Jungen Freiheit“. Vorsicht ist aber auch beider Zimmersuche geboten - Studienanfänger werden mit preisgünstigenZimmern in bester Lage angelockt und auf ihre Brauchbarkeit für die Ver-bindung überprüft. „Keilen“ wird das Anwerben neuer Mitglieder genannt- aber nicht jeder zählt zu den Wunschkandidaten der meisten Verbindun-gen. Wunschkandidaten sind männlich und deutsch - bei „Angehörigenfremder Nationalitäten (in Bezug aufMentalität, Kultur, Sprache etc.) könn-ten „besondere Probleme auftreten“.Dasselbe gilt für diejenigen, die einen„ersten suspekten Eindruck in Bezugauf ihr Äußeres oder ihren Lebens-wandel“ machen und selbstverständ-lich für Zivis, deren Weigerung, fürs„Vaterland“ zu kämpfen, ohnehin nichtmit deutschem Patriotismus zusam-men passt. (1975 gab es eine Ent-scheidung zur Unvereinbarkeit derMitgliedschaft von Kriegsdienstver-weigerern in einer Burschenschaft,und 1983 wurde eine Burschenschaftaus ihrem Dachverband ausge-schlossen, weil sie einen Kriegs-dienstverweigerer aufnahm).Hochgehalten und bei schlagendenVerbindungen vorausgesetzt wird dieAnerkennung desWaffenstudententums. Ist auch die Mensur bei vielen dieser Verbindun-gen formal gesehen freiwillig, existiert doch ein beachtlicher moralischerDruck. So endet ein Plädoyer für die Mensur in einer internen Broschüreder Frankonia mit folgenden Worten:„Sollte es also für einen jungen Bundesbruder nicht möglich sein, sich -wenn nötig auch entgegen seiner Überzeugung - zu unseren Idealen zubekennen und auf die Farben unserer Frankonia, für unseren Bund also,auf Partei zu gehen? Denn letztendlich ist für den, der scharf gefochtenhat, die geschlagene Mensur ein bleibendes Erlebnis, das er nicht mehrmissen möchte.“Ebenso ist die Fähigkeit, sich unterordnen zu können, das heißt Hierar-chie anzuerkennen, eine notwendige Voraussetzung für einen zukünfti-gen „Fux“ (wie die Anwärter auf eine vollwertige Mitgliedschaft in einerVerbindung genannt werden) - eine Fähigkeit, die auch auf eine berufli-che Karriere vorbereiten soll. Ist ein - allen Vorbedingungen entsprechen-der - Interessent vorhanden, heißt es, taktisch klug und nach festen Re-geln (wie könnte es anders sein?) vorzugehen. Langsam, aber stetig „mussdem Keilgast vermittelt werden, dass es eine Ehre ist, dazuzugehören“,und es ist zwar ein vorsichtiges Herantasten erwünscht, man sollte sichaber „auf keinen Fall verleugnen und auch nicht zu sehr auf KeilgästeRücksicht nehmen, sondern sich darstellen, wie man tatsächlich ist“.

Alle Zitate aus:„Handbuch zum Fuxenkränzchen“ der Burschenschaft Frankonia und„Erläuterungen zum Ausbildungsplan“ der Turnerschaft Ghibellinia

Werbeflyer der „DeutschenBurschenschaft“ - von derNormannia in Heidelberg verteilt

So sieht sich die Allemanniaheute - Comic-Figürchen als

Werbeträger

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Studentenverbindungen in Heidelberg- ein Überblick

In Heidelberg leben etwa 800 Stu-dierende in den hier vertretenen34 Korporationen. Das sind etwa2,4% aller Immatrikulierten und5% aller männlichen Studieren-den. Ca. 25 Studentinnen sind Mit-glieder in den drei gemischtenBünden Hercynia, Stauffia undHasso-Rhenania und in derDamenverbindung Nausikaa.

1. Schlagende VerbindungenUnter diesem Oberbegriff werdenVerbindungen aufgeführt, welchedie Tradition des „studentischenFechtens“ pflegen, wie sie selbstes nennen.Konkret sieht das so aus, dasszwei Männer mit scharf geschlif-fenen, schweren „Schlägern“ auf-einander einschlagen. Gezieltwird grundsätzlich nur aufs Ge-sicht, in Fortgeschri ttenen-kämpfen sind auch Angriffe aufden Hals erlaubt. Anders als beimSportfechten geht es nicht darum,den Attacken des Gegners mög-lichst geschickt auszuweichen, imGegenteil: Es geht darum, auf derMensur zu stehen „wie eine deut-sche Eiche“ und um keinen Preiszurückzuzucken.Die entstandenen Narben(„Schmisse“) werden nicht seltenauch heute noch liebevoll gepflegtund präsentiert.Obwohl die Mensur zum Austragvon Ehrenhändeln verboten ist,werden von HeidelbergerKorporierten immer wieder „pro-patria-Partien“ (so werden solcheDuelle im Verbindungsjargon ge-nannt!) gefochten.Schlagende Verbindungen sindfast durchweg am rechten Randdes Korporationswesens zuverorten. Einige der unter dieserRubrik aufgeführten Verbindun-gen sind „fakultativ schlagend“,das heißt das Fechten wird zwarpraktiziert, stellt jedoch kein Kri-terium für die Aufnahme in denBund dar.

1.1. BurschenschaftenDie Burschenschaften sehen ihrenUrsprung in der 1815 in Jena ge-gründeten „Urburschenschaft“. Die-se hatte sich als antifeudalistischeBewegung sowohl dem Kampf ge-gen die obrigkeitsstaatlichen Re-gime der Kleinstaaten als auch der„nationalen Einheit aller Deutschen“verschrieben. Entgegen der Selbst-darstellung der Burschenschaftenin der Öffentlichkeit wurden die li-beralen und demokratischen Idea-le jedoch schon in den ersten bei-den Jahrzehnten fast komplett überBord geworfen, was früheBurschenschafter wie Karl Marxund Heinrich Heine baldveranlasste, diesen Vereinigungenden Rücken zu kehren und vehe-ment vor ihrem Treiben zu warnen.Übrig geblieben ist bis heute dasvehemente Eintreten der Burschen-schaften für „Deutschtum“, „Vater-land“ und „nationale Identität“.In den Burschenschaften findensich denn auch die deutlichstenÜberschneidungen zum rechtsex-tremen bis neonazistischen Lager.

1.1.2. Die DeutscheBurschenschaft (DB)Die DB fordert von ihren Mitgliedernausdrücklich den „Einsatz für das deut-sche Vaterland“, das sie „unabhängigvon staatlichen Grenzen in einem frei-en und einigen Europa, welches Ost-europa einschließt“, sieht. Deshalbwerden nur „Volksdeutsche“ aufge-nommen, die den Kriegsdienst nichtverweigert haben; das Gebiet der ehe-maligen DDR wird durchweg als „Mit-teldeutschland“ bezeichnet.Das Engagement derBurschenschafter reicht vom rechtenRand der Grünen (Rezzo Schlauch),der SPD (F. Farthmann) über CDU (E.Diepgen), Republikaner (Rolf Schlierer)und FPÖ (Jörg Haider) bis in das Um-feld neonazistischer Terroristen.Innerhalb des Verbandes ist vor allemdie Burschenschaftliche Gemeinschaft(BG) für rechtsextreme Politik und Pro-paganda verantwortlich.

Mittelalterlich:das Wappen der Heidelberger

Burschenschaft Frankonia

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1.1.2.1. Burschenschaft Frankoniain der DBGegründet: 15.11.1856Farben: schwarz-rot auf goldenemGrundWahlspruch: Einig und treu!Adresse: Neue Schlossstraße 10-12

Die Burschenschaft Frankonia nahm1994 mit anderen Verbindungen undneonazistischen Gruppen am „Gesamt-tiroler Freiheitskommers“ teil.

1.1.2.2. Burschenschaft Normanniain der DBGegründet: 22.01.1890Farben: schwarz-rot-gold auf weißemGrundWahlspruch: Ehre, Freiheit, VaterlandAdresse: Kurzer Buckel 7

Die Normannia ist die Studentenverbin-dung, die sich am offensten als rechts-extreme Gruppierung nach außen prä-sentiert. Sie hatte schon früh als einesder aktivsten Mitglieder derBurschenschaftlichen Gemeinschaft(BG) von sich Reden gemacht. In den1990er Jahren waren Normannen amVersuch beteiligt, eine rechtsextremeHochschulgruppe mit dem Namen „Fo-rum 90“ zu etablieren. Sprecher dieserGruppierung war ein Mitglied derNormannia, Wolfgang Unold. Als die-ser Versuch, hochschulpolitisch Fuß zufassen, misslang, initiierte Unold nachdem Vorbild anderer Städte einen „Kon-servativen Gesprächskreis“ und warbfür diesen allmonatlich in dem rechts-extremen Periodikum „Junge Freiheit“.Im Jahr 2000 verteilte die Aktivitas derNormannia in Couleur neonazistischeFlugblätter in der HeidelbergerFußgängerInnenzone, in denen gegendas „jüdische Finanzkapital“ gehetztwurde und deren Inhalt der antisemiti-schen Nazi-Postille „UnabhängigeNachrichten“ (UN) entnommen war.Nach eigenen Angaben der Normanniasind die „Unabhängigen Nachrichten“eine der im Haus gelesenen „nationa-len Zeitschriften“.Nachdem das Maiansingen derKorporierten auf dem Marktplatz seit1995 von AntifaschistInnen unterbun-den wird, versucht die Normannia all-jährlich statt dessen einen nächtlichenFackelzug durchzuführen, was ihr je-doch seither nicht mehr gelang.In den letzten Jahren fiel die Normanniaimmer wieder durch Vortrags-veranstaltungen u.a. mit bekanntenRechtsextremisten auf (Klaus Kunze,Michael Paulwitz u.a.).

1.1.3. Andere Burschenschaften

1.1.3.1. Burschenschaft AlemanniaGegründet: 7.11.1856Farben: schwarz-weiß-rot (von unten)Wahlspruch: Einer für Alle - Alle für Ei-nen! Ehre, Freiheit, Vaterland!Adresse: Karlstraße 10

In ihrer Chronik verkündet dieAllemannia stolz, schon 1930 vollzähligund in Couleur zuNSDAP-Veranstal-tungen erschienenzu sein.Gemeinsam mitder BurschenschaftNormannia gehör-te die Allemannia zuden Organisatorendes „Maian-singens“ der Heidelberger Verbindun-gen. Auch die Allemannia nahm an ei-ner gemeinsamen Werbeveranstaltungder Heidelberger Studentenverbindun-gen 2003 teil, an der auch dieNormannia und zahlreiche andere Hei-delberger Verbindungen teilnahmen.Der Vorsitzende der rechtspopulis-tischen Gemeinderatsliste „Die Heidel-berger“, Wolfgang Lachenauer, stammtaus den Reihen der Allemannia.Referenten bei der Allemannia warenu.a. Klaus Kinkel (FDP, Außenministera.D.) 2003 und Hilde Domin, bei einergemeinsamen Veranstaltung mit derHeidelberger Stipendiatengruppe derKonrad-Adenauer-Stiftung (2001).

1.1.3.2. Burschenschaft VinetaGegründet: 10.07.1979Farben: hellblau-weiß-schwarzWahlspruch: Amico pectus - hostifrontem! (Dem Freund die Brust, demFeinde die Stirn!)Adresse: Zwingerstraße 10

Die Burschenschaft Vineta gehörte1992 zu einer Gruppe von Korpora-tionen, welche die Deutsche Bur-

Haus der BurschenschaftFrankonia in Heidelberg

Das Haus der Normannia

Allemannen-Haus am Karlsplatz

Zirkel derAllemannia

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Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

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schenschaft verließen, weil sie Pro-bleme mit dem allzu offenen Auftre-ten der Faschisten in diesem Ver-band hatten.Die Burschenschaft Vineta ist in denletzten Jahren durch eine ganze Reihevon alkoholisierten Pöbelexzessen auf-gefallen. Aus den eigenen Reihen derVineta war zu hören, dass sich die Cha-rakterisierung des Verbindungslebensauf die Prinzipien „Kotzen, Fechten, Pö-beln“ beschränke.

1.2. Die Verbindungen desCoburger Convents (CC)

Im Coburger Convent sind farben-tragende und schlagende Lands-mannschaften undTurnerschaften zusammenge-schlossen. Im Gegensatz zurDeutschen Burschenschaft be-zeichnet sich der CC gern als „un-politisch“ - seine Toleranz zeigtsich allerdings fast ausschließlichin Bezug auf rechte Aktivitätenseiner Mitglieder.Bei den jährlichen Pfingsttreffen inCoburg sind immer wieder faschi-stische Töne zu hören.1993 bekundete ein betrunkenerKorporierter beim Markt-frühschoppen über die Lautspre-cheranlage seine Solidarität mitden faschistischen Mördern vonSolingen (SZ vom 05.06.1993).Beim selben Treffen lobte der Fest-redner, der Geschichts-professorDieter Wiebecke (Landsmann-schaft Mecklen-burgia-Vor-pommern zu Hamburg) den „ethi-schen Wert und die beispielloseHingabe und Opferbereitschaft“der Nazi-Wehrmacht. „Wie glück-lich könnten unsere Regierendenund wir uns schätzen, wenn derheutigen Generation nur einbisschen von diesem Idealismusgeblieben wäre“, so Wiebecke wei-ter. Der CC lehnte es ab, sich vonder Rede zu distanzieren.Eine neue Entwicklung imCoburger Convent ist die auch vonder Verbandsleitung argwöhnischbeobachtete Einrichtung „Konser-vativer Arbeitskreise“ im CC, diesich zum Ziel gesetzt haben, denCC noch weiter nach rechts zudrängen.

1.2.1. Alte Leipziger Landsmann-schaft Afrania im CCGegründet: 27.06.1839Farben: grün-weiß-goldWahlspruch: Ehrenhaftigkeit, Einigkeit,Gemütlichkeit!Adresse: Schlossberg 55

2003 bestand die Afrania aus nur vierAktiven Mitgliedern.Mitglieder der Afrania haben vierPflichtmesuren zu kämpfen

1.2.2. Landsmannschaft Zaringia(vereinigt mit Vandalia Breslau)im CCGegründet: 19.11.1880Farben: schwarz-gold-grünWahlspruch: Amico pectus, hostifrontem!Adresse: Schlossberg 9,Handschuhsheimer Landstraße 18 a

Die Vandalia Breslau vereinigte sich1983 mit Zaringia, weil „schlesischesErbe und ostdeutsche Tradition beiZaringia gut aufgehoben“ seien.Die Zaringia hatte ebenfalls ein Abon-nement der „Jungen Freiheit“.

1.2.3. Landsmannschaft Teutoniaim CCGegründet: 10.07.1979Farben: gold-weiß-blauWahlspruch: In necessariis unitas, indubiis libertas, in omnibus caritas! (InNotwendigkeiten Einigkeit, in ZweifelnFreiheit, in allem Sorge)Adresse: Bremeneckgasse 1

Zu den hochgeehrten alten Herren derTeutonia gehört der ehemalige „Reichs-filmintendant“ der Nazis, Fritz Hippler.Auch in den 1990er Jahren war Hipplernoch als Autor in Nazi-Zeitungen wieder DVU-Zeitung „Deutschen National-zeitung“ (DNZ) vertreten.1996 kandidierte der Teutone Christi-an Bangert im Kommunalwahlkampffür die „Republikaner“ (REP).

1.2.4. Turnerschaft Rhenopalatiaim CCGegründet: 16.01.1885Farben: hellblau-weiß-dunkelblauWahlspruch: Nunquam retrorsus! (Nie-mals rückwärtsgewandt) - FröhlichPfalz - Gott erhalt’s!Adresse: Scheffelstraße 16

Wie die anderen Heidelberger CC-Ver-bindungen unterhielt die Rhenopalatiaein Abo der rechtsextremen „JungenFreiheit“.

Haus „Bremeneck“ derLandsmannschaft Teutonia

PennälerverbindungenStudentenverbindungen sind dar-auf aus, schon frühzeitig Neu-mitglieder zu rekrutieren, die noch„unverdorben“ und „ideologischformbar“ sind. Eine Möglichkeitsolcher Nachwuchsrekrutierungsind so genannte „Pennäler-verbindungen“, die als getreueKopie der studentischen Korpora-tionen schon während der Schul-zeit Gymnasiasten an die nationalgesinnten Männerbundrituale her-anführen.In Heidelberg werben zwei Schüler-verbindungen um Mitglieder:Das PC! (Pennälercorps)Alemannia Brünn zu Heidelberg(Kontaktadresse: c/o Woger,Theodor-Heuss-Str. 115, 69181Leimen) sowie die Schüler-verbindung auf dem Bremeneck(Bremeneckgasse 1, 69117 Hei-delberg, Tel: 06221 26517). Beiletzterer Verbindung ist auf Grundder Adressengleichheit wohl da-von auszugehen, dass es sich umeine reine Nachwuchs-organisation der Landsmann-schaft Teutonia handelt.

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Studentische Verbindungen in Heidelberg

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1.2.5. Turnerschaft Ghibellinaim CCGegründet: 05.11.1886Farben: moosgrün-weiß-rosaWahlspruch: Nunquam incerti, semperaperti! (Niemals unsicher, immeroffen)Adresse: Karlstraße 8

Ihrem Wahlspruch entsprechendzeigt sich auch die Ghibellina offenfür Rechtsextremisten.Sie nahm nicht nur an der gemeinsa-men Veranstaltung der Korporationenim Mai 2003 mit der Normannia teil.Auch sonst steht sie in einem gutenKontakt zur Normannia. So zeigtensich Mitglieder der Ghibellina in denReihen der Normannia beim „Helden-gedenken“ auf dem Heidelberger„Ehrenfriedhof“ 2003.

1.3. CorpsTraditionell sehen sich die Corpsals Elite der Korporationen. Be-harrten sie gegenüber anderenVerbindungen früher auf ihrer mon-archistischen Einstellung, hat sichihr politisches Gedankengut heutedem anderer rechter Studenten-verbindungen angenähert.Übrig geblieben ist das Hochhal-ten eines extremen El i te-gedankens. Die Corps schottensich zumeist gründlich von derAußenwelt ab. So äußerte sich einSprecher des Corps Vandalo-Guestphal ia gegenüber derStudentInnenzeitung „Ruprecht“(12/1993): „Über uns ist nicht vielbekannt und wir wollen auch, dassdas so bleibt.“

1.3.1. KSCVDie Verbindungen des KSCV geltenselbst unter den Corps noch als be-sonders „steile“ Verbindungen. Ge-meint ist damit ein besonders stren-ges Reglement beim Fechten, demsystematischen Saufen und der Un-terordnung unter die Verbindungs-hierarchie.Die Erziehung zur „männlichenSelbstverachtung“ bei den Kneipender KSCV-Verbindungen ist selbst an-deren strammen HeidelbergerKorporierten zu heftig: „Nach dem er-sten 2-Liter-Krug rennen die zumPapst (Kotzbecken), dann wieder zu-rück und gleich weiter ...“ („Ruprecht“,12/1993).

1.3.1.1. Corps Sueviaim KSCVGegründet: 27.03.1810Farben: weiß-gelb-schwarzWahlspruch:Virtute constanti fulgetsalus!Adresse: Klingenteichstraße 4

1.3.1.2. Corps Saxo-Borussiaim KSCVGegründet: 16.12.1820Farben: grün-schwarz auf weißemGrundWahlspruch: Virtus sola bonorumcorona! (Tugend ist die einzige Kro-ne)Adresse: Friedrich-Ebert-Anlage 44

Die Saxo-Borussia hat traditionelleine große Zahl von Adligen als Mit-glieder.

1.3.1.3. Corps Rhenaniaim KSCVGegründet: 15.01.1849Farben: blau-weiß-rotWahlspruch: Virtuti semper corona!(Der Tugend immer eine Krone)Adresse: Hauptstraße 231

1.3.2. Weinheimer Senioren ConventDer Weinheimer Senioren Convent(WSC) ist mit dem KSCV durch ei-nen „Kartellvertrag“ eng verbunden.Im Gegensatz zum KSCV nimmt derWeinheimer Senioren Convent jedochauch Studenten auf, die an Techni-schen, Pädagogischen oder Fach-hochschulen studieren.

1.3.2.1. Corps Rheno-Nicariaim WSCGegründet: 22.01.1909Farben: schwarz-weiß-grünWahlspruch: Einig und treu!Adresse: Mollstraße 53 in Mannheim(aber auch in Heidelberg aktiv)

1.3.2.2. Corps Thuringiaim WSCGegründet: 17.06.1908Farben: schwarz-karmesinrot-weißWahlspruch: Einig, furchtlos und treu!Adresse: Hauptstraße 244

1.3.3. Andere Corps

1.3.3.1. CorpsVandalo-GuestphaliaGegründet: 25.07.1950Farben: gold-grün-goldWahlspruch: Eintracht hält Macht!Adresse: Neue Schlossstraße 2

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Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

„Vandalenhaus“ desCorps Vandalo Guestphalia

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Vandalo-Guestphalia ist seit 1972eine nicht schlagende Verbindung.Trotzdem präsentiert sie sich gern alsVerbindung mit harter Disziplin, auchwas das Saufen auf Befehl betrifft. EinMitglied verkündet z.B. stolz „dass dieKneipen der Vandalo-Westfalen hartsind, dass bei strengem Comment inkurzer Zeit viel getrunken wird ...“. (zit.nach: „Weiland Bursch’ zu Heidelberg“,S. 234)Auch die Mitgliederliste der Vandalo-Guestphalia liest sich wie ein Auszugaus dem deutschen Adelsregister.

1.4. Sonstige (fakultativ)schlagende Verbindungen

1.4.1. Verbindung Karlsruhensiaim MRGegründet: 10.05.1878Farben: rot-gold-rotWahlspruch: Amicitia et virtus!(Freundschaft und Tugend)Adresse: Friedrich-Ebert-Anlage 52

1.4.2. Verbindung Leonensiaim MRGegründet: 26.06.1871Farben: blau-gold-rotWahlspruch: Furchtlos und treu!Adresse: Klingentorstraße 10

2. Nichtschlagende Verbindun-gen mit völkischer Ideologie

2.1 Die Deutsche Hochschulgilde„Hans Breuer“ (DHG)Eine Studentenverbindung auf demäußersten rechten Rand in Heidelbergist die Deutsche Hochschulgilde „HansBreuer“, organisiert in der DeutschenGildenschaft (DG).Die DG ist ein nicht-schlagender und-farbentragender Verband, der seineWurzeln in der bürgerlichen Jugend-bewegung zu Beginn des 20. Jahrhun-derts hat (die dem Korporationswesenübrigens zunächst ausgesprochenfeindlich gesinnt war). In ihrer pro-grammatischen Erklärung von 1992verlangt die DG die „Wahrung natio-naler Identität“, kämpft gegen einen„Mangel an nationalem Empfinden“und fordert eine „tatkräftige Unterstüt-zung des deutschen Volkstums“.Laut „Handbuch des deutschenRechtsextremismus“ „gelingt es derDG, in weite Teile des intellektuellenRechtsextremismus zu wirken. Sie agi-tiert dabei beständig gegen die deut-sche Westbindung und versucht, eine

geopolitisch und völkisch begründe-te Führungsrolle Deutschlands (...) of-fen zu halten. Sie flankiert diese The-sen mit der Historisierung undRelativierung des Nationalsozialis-mus.“ (S. 329)Mitglieder der DG nehmen Führungs-positionen in der SudetendeutschenLandsmannschaft und im rechtsextre-men Witikobund ein. Des Weiterenverfügen sie über prägenden Einflussin Zeitungen der so genannten NeuenRechten wie der „Jungen Freiheit“ oder„Criticon“.Um 1998 fing die DHG „Hans Breuer“an, ehemalige Angehörige rechterjugendbewegter Gruppen zunächst zuunverbindlichen Stammtischen zu ver-sammeln. Ein eigenes Haus besitzt die-se Verbindung nicht, Kontakt lässt sichnur über eine namenlose E-Mail-Adres-se herstellen. Auf ihrer Internetseite(seit Ewigkeiten allerdings nur eineBaustelle) bietet die DHG „HansBreuer“ eine Linkseite zu rechtenIdeologieschmieden an.

2.2 Verein Deutscher Studenten(VDSt) HeidelbergGegründet:12.01.1883Farben: schwarz-weiß-rotWahlspruch: Mit Gott für Volk und Va-terland!Adresse: Plöck 68

Wie schon im Kapitel über den stu-dentischen Antisemitismus ausge-führt, spielten die Vereine DeutscherStudenten (VDSt) eine führende Rol-le bei der Durchsetzung eines aggres-siven Rasseantisemitismus innerhalbder Korporationen und darüber hinaus.Auch der Heidelberger VDSt wurde1890 mit einer deutlichen antisemiti-schen Zielsetzung gegründet.Auch heute noch finden HeidelbergerVDSt-Sprecher - in auffällig ähnlichenFormulierungen zu den VDSt andererStädte - lobende Worte für diese Zeit:Es sei doch auch aus heutiger Sichtpositiv zu bewerten, wenn sich Kor-porationen mit der expliziten Zielset-zung politischen und sozialen Enga-gements gründeten. Na dann ...Kein Zufall, dass aus den Reihen desHeidelberger VDSt auch die ersteOrtsgruppe des Nationalsozialisti-schen Deutschen Studentenbundes(NSDStB) entstand.Das „Essighaus“ - um 1930 VDSt-Knei-pe - wurde zugleich SA-Sturmlokal.Prominentestes Mitglied des Heidelber-ger VDSt ist wohl der Reichsstudenten-führer G. A. Scheel.

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Studentische Verbindungen in Heidelberg

„Westfalenhaus“ desCorps Vandalo Guestphalia

Zirkel des VDSt Heidelberg

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Auch heute noch ist der VDSt in derrechten Ideologieproduktion aktiv.Typische Veranstaltungen waren z.B.der Vortrag von Franz Schönhuber1987 oder ein Symposion unter demTitel „Ostdeutschland jenseits vonOder und Neiße“. W eitereReferentInnen beim VDSt waren u.a.die Heidelberger Oberbürgermeiste-rin Beate Weber (2002) und das Hei-delberger MdB Lothar Binding (SPD)im Jahre 2001.Das Handbuch des deutschenRechtsextremismus bescheinigt demVDSt, „nach wie vor völkisch ausge-richtet“ zu sein. „Völkische Ideologie- auch im VDSt werden Österreicherdem deutschen Volk subsumiert -und ‚Volkstumsarbeit’ zählen nochheute zu den Schwerpunkten desnach Gauverbänden gegliedertenVerbandes“.

3. Christliche VerbindungenBei den christlichen Verbindungenist generell die Bemühung zu kon-statieren, sich von all zu eindeutigenKontakten ins faschistische Lager zudistanzieren. Dies führt allerdingskeineswegs so weit, dass der freund-schaftliche Kontakt zu solchen Ver-bindungen abgebrochen würde, diedas ganz anders sehen.Im Gegenteil, im ConventsverbandDeutscher Akademikerverbändewird in trauter Eintracht mit Verbin-dungen des äußersten rechtenSpektrums zusammengearbeitet.

3.1 Katholische VerbindungenDie katholischen Verbände stehentraditionell vor allem dem Spektrumder CDU/CSU nahe und vertretenkonservative bis nationale Positionen.

3.1.2. Katholische Deutsche Studen-tenverbindung Arminia im CVGegründet: 17.07.1887Farben: schwarz-weiß-blauWahlspruch: Vincit veritas! (Die Wahr-heit siegt)Adresse: Klingenteichstraße 21

3.1.3. Katholische Deutsche Studen-tenverbindung Ferdinandea Pragim CVGegründet: 27.03.1886Farben: schwarz-weiß-orangeWahlspruch: Fides est vita etscientiarium! (Treue ist Leben undGelehrsamkeit)Adresse: Graimbergweg 4

3.1.4. Katholischer StudentenvereinPalatia im KVGegründet: 4.11.1872Farben: rot-gold-himmelblauWahlspruch: Fides turris nostra! (Treueist unser Tun)Adresse: Ziegelhäuser Landstraße 43

3.1.5. Katholischer StudentenvereinRipuaria im KVGegründet: 10.07.1899Farben: grün-gold-rotWahlspruch: Concordia crescimus!(Wir wachsen durch Eintracht)Adresse: Grosse Mantelgasse 22-24

3.1.6. Wissenschaftlicher Katholi-scher Studentenverein Unitas im UVGegründet: 10.06.1908Farben: gold-weiß-blauWahlspruch: In necessariis unitas, indubiis libertas, in omnibus caritas!Adresse: Neuenheimer Landstraße 42

3.1.7. Wissenschaftlicher Katholi-scher Studentenverein Unitas-Kur-pfalzGegründet: 23.07.1959Farben: weiß-blau-goldWahlspruch: In nessecariis unitas, indubiis libertas, in omnibus caritas!Adresse: Neuenheimer Landstraße 42

3.2. Andere christlicheVerbindungen

3.2.1. Akademisch-theologische Ver-bindung Wartburg im DWVGegründet: 15.06.1863Farben: violett-weiß-grünWahlspruch: Wo der Geist des Herrnist, da ist Freiheit!Adresse: Untere Neckarstraße 21

Die Wartburg lässt auch Frauen in ih-rem Haus wohnen. Liegt im Streit mitgroßen Teilen der Altherrenschaft, weilder Bezug auf das „Vaterland“ ausdem Wahlspruch getilgt wurde.

3.2.2. SchwarzburgverbindungHercyniaGegründet: 29.11.1852Farben: blau-rot-goldWahlspruch: Licht, Liebe, Leben!Adresse: Ladenburgerstraße 10

Die Hercynia gehört zu den vier Hei-delberger Verbindungen, die auchFrauen aufnehmen. Versuchte dieHercynia in der Vergangenheit, sichals „WG-ähnliche“ Gruppe darzustel-len, waren von ihren Mitgliedern in denletzten Jahren wieder deutlich natio-

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Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

Das Haus des VDSt in der Plöck

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nale Töne zu hören. Auch ihr Verhält-nis zu den anderen Heidelberger Kor-porationen hat sich verbessert.

4. Sonstige Verbindungen

4.1. Akademisch-musische Vereini-gung Stauffia im SVGegründet: 05.06.1899Farben: rot-weiß-goldWahlspruch: Im Liede stark - deutschbis ins Mark!Adresse: Untere Straße 11

Auch die Stauffia nimmt Frauen auf. Siedistanziert sich in persönlichen Gesprä-chen von „Verbindungen“, arbeitet aberin ihrem Dachverband mit den ande-ren Korporationen zusammen und be-hält auch ihren ekelerregenden Wahl-spruch bei.

4.2. Akademische TurnverbindungHasso-Rhenania im ATBGegründet: 11.06.1899Farben: rot-weiß-grünWahlspruch: Hie gut deutsch allewege!Adresse: Sofienstraße 17

Für die Hasso-Rhenania gilt Ähnliches,was zur Stauffia angemerkt wurde.

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Studentische Verbindungen in Heidelberg

4.3. Verbindung RupertiaGegründet: 23.05.1873Farben: rot-weiß-rotWahlspruch: Nec aspera terrent! (Dasssie das Raue erschrecken)Adresse: Schlossberg 27

4.4. AV NausikaaGegründet: 17.06.1987Farben: rot-goldWahlspruch: Vivat Vita! (Das Leben sollleben)Ohne eigenes Haus

Die einzige Heidelberger „Damen-verbindung“ ist mitnichten eine eman-zipatorische Gruppierung, sondernpflegt stramm rechtes Gedankengutund unterhält beste Kontakte zu denrechten Hardliner-Verbindungen.

Aktion der AIHD gegen das alljährliche „Heldengedenken“ am so genannten Ehrenfriedhof 2003

Aktuelle Informationen über rechtsextreme Umtriebe in der Rhein-Neckar-Region sowie zu denMachenschaften der studentischen Verbindungen in Heidelberg unter:

www.autonomes-zentrum.org/ai/

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Stützen der Gesellschaft - Elite der Nation

Aktivitas: Bund aller Mitglieder und Anwärter einer Verbindung, die noch studierenAlte Herren: Mitglieder einer Verbindung, die ihr Studium abgeschlossen habenBänder: farbige ZugehörigkeitszeichenBursche: vollberechtigtes Mitglied nach der „Burschung“, bei der sich der Fux mit dem Burscheneid zu lebens-langer Treue zum Bund verpflichtetBurschenschaft: Bezeichnung eines bestimmten Korporationstyps, insbesondere der Deutschen BurschenschaftCartell (auch Kartell): oft vertraglich festgelegtes Verhältnis gleicher oder befreundeter Verbindungen, bis zumgemeinsamen VerbandCharge, Chargierter: Amt, Würde, Inhaber von Ehrenämtern (Sprecher, Fechtwart, Schriftführer)Cerevis: abgeleitet von Bier (= cerevisia), kam gegen 1830 in Süddeutschland als Bierkappe in Gebrauch undwird ohne Stickerei in schlichter Form nur intern getragenComment: Oberbegriff für alle Regeln der VerbindungConvent: Versammlung der Mitglieder einer oder aller VerbindungenCouleur: Farben als Merkmal der Zusammengehörigkeit, des Bekenntnisses zu einer bestimmten Verbindungund als Abgrenzung zu anderen Verbindungen und NichtkorporiertenFux: Anwärter während der ersten beiden Semester seiner Zugehörigkeit zu einer Verbindung; 1. Semester:krasser Fux, 2. Semester: BrandfuxFuxmajor: In der Fuxenstunde wird der Fux in das Verbindungsleben durch den Fuxmajor eingeführt, der fürAnleitung, Unterricht und Betreuung verantwortlich ist.Keile: Nachwuchswerbung von VerbindungenKneipen: Aus den ursprünglich sehr frei gestalteten Kneipen (= Trinkgelagen) entwickelten sich starre Rituale,die sich schließlich nur noch wenig von Kommersen abhoben.Korporation: Sammelbegriff für eine auf der Basis bestimmter Regeln aufgebaute und auf Lebenszeit begrün-dete Gemeinschaft von Studenten und Akademikern (in der Regel Männerbünde)Landsmannschaft: Zusammenschluss von Studenten, die aus dem gleichen Land stammen (Ursprungsformder Verbindung)Mensur: Duellartiger Zweikampf mit scharfen Waffen, der mit Fechtsport nichts zu tun hat, da „sportlichesAusweichen“ nicht gestattet ist; Bestimmungsmensur: durch Verbandsregelung schlagender Verbindungen ver-pflichtend für alle MitgliederSalamander reiben: ursprünglich in Freimaurerlogen gebräuchlich, wahrscheinlich aus „Zauberformeln“ ent-standen; Trinkzeremonie; höchste Ehrung, die einem Anwesenden erwiesen werden kannVerbindung: Oberbegriff, wie KorporationenVerruf, Verschiss: konnte von Korporationen über Einzelpersonen, andere Verbindungen und ganze Universi-täten verhängt werden; übrig geblieben ist der „Bierverschiss“ im „nicht-offiziellen“ Teil, wenn der „Betroffene“ zueinem „nicht bierehrlichen“ Burschen erklärt und damit für kurze Zeit vom Mittrinken ausgeschlossen wirdVollwichs: besteht aus Paradecerevis oder Barett, Schärpe, weißer Hose, weißen Stulpenhandschuhen, Schaft-stiefeln („Kanonen“), Bierjacke („Bierflaus“) und Schläger

Die meisten noch immer gepflegten Gebräuche sind bereits im 19. Jahrhundert entstanden.

Begriffe und Abkürzungen

www.burschis.de.vu/

www.fzs-online.org/cat/71/de/

www.nadir.org/nadir/periodika/anarcho_randalia/

www.p-kw.de

www.stura.uni-halle.de/stura/ak/antifa/burschi.html

www.stud.uni-siegen.de/antifa/burschis/

www.stuve.uni-muenchen.de/antifa/index.html

Links zu verbindungskritischen Internetseiten

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Studentische Verbindungen in Heidelberg

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