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VSVI-Seminar Friedberg, 18.03.2015 Seite 1/9 Intelligenter Abbruch mit Vorschubrüstung Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der BAB A7 Jan Lingemann Büchting + Streit AG, München, Deutschland Michael Däbritz Thyssen Krupp Bauservice GmbH, Geschäftsbereich RöRo Traggerüstsysteme, Zwenkau, Deutschland Peter Wagner Adam Hörnig Baugesellschaft mbH Co. KG, Aschaffenburg, Deutschland Andreas Ranft Hessen Mobil Straßen und Verkehrsmanagement, Fulda, Deutschland Zusammenfassung Die Döllbachtalbrücke befindet sich im Zuge der Autobahn A7 ca. 15 km südlich von Fulda. Das bestehende Bauwerk wurde in den Jahren 1966 bis 1968 hergestellt. In der jüngeren Vergangenheit wurde festgestellt, dass das Bauwerk zahlreiche Mängel aufweist, so dass die Tragfähigkeit und die Dauerhaftigkeit des Bauwerks eingeschränkt waren. Da die Mängel mit Instandsetzungsmaßnahmen nicht wirtschaftlich behoben werden konnten, wurde beschlossen, den Überbau und die Unterbauten zurückzubauen und an gleicher Stelle durch einen Neubau zu ersetzen. Für den Rückbau der Bestandsüberbauten war der Einsatz eines Vorschubgerüstes vorgesehen, da das Döllbachtal bereichsweise als Landschaftsschutzgebiet bzw. FFH-Gebiet ausgewiesen ist und somit geschont werden sollte. Im vorliegenden Beitrag wird über den weltweit erstmaligen Einsatz eines Vorschubgerüstes für den Rückbau einer Talbrücke berichtet. Hierbei wird auf den Aufbau und die Funktionsweise des Vorschubgerüstes sowie auf ausgewählte statische Aspekte der Rück- bauzustände eingegangen. 1. Beschreibung des bestehenden Bauwerkes 1.1 Ursprüngliche Konstruktion Auf der Döllbachtalbrücke wird die BAB A7 ca. 15 km südlich von Fulda über das ca. 50 m tiefe Döllbachtal, die Bundesstraße B27 und mehrere Wirtschaftswege überführt. Die Richtungsfahrbahnen liegen auf separa- ten Teilbauwerken. Beide Überbauten haben jeweils zwölf Felder mit Regelstützweiten von 46 m. Im südli- chen Bereich des Döllbachtals befindet sich ein geolo- gischer Verbruch, weshalb hier jeweils ein Feld mit einer Spannweite von 70 m ausgeführt wurde. Die Gesamtlänge des Bauwerkes beträgt 576 m (Bild 1). Beide Überbauten haben jeweils einen zweizelligen Hohlkastenquerschnitt (Bild 2). Die Herstellung des westlichen Überbaus erfolgte ab- schnittweise auf einem Vorschubgerüst von Norden nach Süden. Die Arbeitsfugen liegen jeweils 8,75 m von den Stützenachsen entfernt. Zur Herstellung des 70 m-Feldes wurde 46 m südlich der Achse 40 ein Hilfspfeiler angeordnet (Bild 3), welcher nach Fertig- stellung des Feldes 20-30 wieder entfernt wurde. Der östliche Überbau wurde anschließend auf die gleiche Weise von Süden nach Norden hergestellt. Hierbei stand der Hilfspfeiler 46 m nördlich der Achse 30. Bild 1: Ansicht und Grundriss der Döllbachtalbrücke 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Norden

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Intelligenter Abbruch mit Vorschubrüstung Rückbau der Döllbachtalbrücke im Zuge der BAB A7 Jan Lingemann Büchting + Streit AG, München, Deutschland Michael Däbritz Thyssen Krupp Bauservice GmbH, Geschäftsbereich RöRo Traggerüstsysteme, Zwenkau, Deutschland Peter Wagner Adam Hörnig Baugesellschaft mbH Co. KG, Aschaffenburg, Deutschland Andreas Ranft Hessen Mobil Straßen und Verkehrsmanagement, Fulda, Deutschland Zusammenfassung Die Döllbachtalbrücke befindet sich im Zuge der Autobahn A7 ca. 15 km südlich von Fulda. Das bestehende Bauwerk wurde in den Jahren 1966 bis 1968 hergestellt. In der jüngeren Vergangenheit wurde festgestellt, dass das Bauwerk zahlreiche Mängel aufweist, so dass die Tragfähigkeit und die Dauerhaftigkeit des Bauwerks eingeschränkt waren. Da die Mängel mit Instandsetzungsmaßnahmen nicht wirtschaftlich behoben werden konnten, wurde beschlossen, den Überbau und die Unterbauten zurückzubauen und an gleicher Stelle durch einen Neubau zu ersetzen. Für den Rückbau der Bestandsüberbauten war der Einsatz eines Vorschubgerüstes vorgesehen, da das Döllbachtal bereichsweise als Landschaftsschutzgebiet bzw. FFH-Gebiet ausgewiesen ist und somit geschont werden sollte. Im vorliegenden Beitrag wird über den weltweit erstmaligen Einsatz eines Vorschubgerüstes für den Rückbau einer Talbrücke berichtet. Hierbei wird auf den Aufbau und die Funktionsweise des Vorschubgerüstes sowie auf ausgewählte statische Aspekte der Rück-bauzustände eingegangen.

1. Beschreibung des bestehenden Bauwerkes 1.1 Ursprüngliche Konstruktion Auf der Döllbachtalbrücke wird die BAB A7 ca. 15 km südlich von Fulda über das ca. 50 m tiefe Döllbachtal, die Bundesstraße B27 und mehrere Wirtschaftswege überführt. Die Richtungsfahrbahnen liegen auf separa-ten Teilbauwerken. Beide Überbauten haben jeweils zwölf Felder mit Regelstützweiten von 46 m. Im südli-chen Bereich des Döllbachtals befindet sich ein geolo-gischer Verbruch, weshalb hier jeweils ein Feld mit einer Spannweite von 70 m ausgeführt wurde. Die Gesamtlänge des Bauwerkes beträgt 576 m (Bild 1).

Beide Überbauten haben jeweils einen zweizelligen Hohlkastenquerschnitt (Bild 2). Die Herstellung des westlichen Überbaus erfolgte ab-schnittweise auf einem Vorschubgerüst von Norden nach Süden. Die Arbeitsfugen liegen jeweils 8,75 m von den Stützenachsen entfernt. Zur Herstellung des 70 m-Feldes wurde 46 m südlich der Achse 40 ein Hilfspfeiler angeordnet (Bild 3), welcher nach Fertig-stellung des Feldes 20-30 wieder entfernt wurde. Der östliche Überbau wurde anschließend auf die gleiche Weise von Süden nach Norden hergestellt. Hierbei stand der Hilfspfeiler 46 m nördlich der Achse 30.

Bild 1: Ansicht und Grundriss der Döllbachtalbrücke

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Bild 2: Querschnitt der Überbauten

Bild 3: Herstellung des westlichen Überbaus mit Hilfspfeiler im 70 m - Feld (aus [1]) Beide Überbauten sind in Längs- und Querrichtung beschränkt vorgespannt. Die Stützquerträger sind eben-falls vorgespannt. In den Arbeitsfugen sind jeweils alle Längsspannglieder mit Koppelankern gestoßen. Nur im Bereich des 70 m - Feldes laufen einige Zulages-pannglieder über die Koppelfugen hinaus. Für die Vor-spannung in Längs- und Querrichtung wurden Spann-verfahren der Firma Polensky & Zöllner mit gerippten Sigma oval Drähten verwendet. 1.2 Zustand des Bestandsbauwerkes vor Beginn des Rückbaus Bereits vor Beginn der Baumaßnahme war bekannt, dass infolge der Einwirkung von chloridhaltigem Was-ser an mehreren Stellen im Überbau Spannglieder aus-gefallen sind. Weiterhin war bekannt, dass im 70 m - Feld des westlichen Überbaus ein Längsspannglied unverpresst und nicht vorgespannt ist. Die Endverankerungen der Zulagespannglieder für das 70 m - Feld liegen in den Feldern 20-30 ca. 9 bis 12 m von der Pfeilerachse 30 und im Feld 40-50 ca. 9 bis 12 m von der Pfeilerachse 40 entfernt. Im Bereich der Endverankerungen der Zulagespannglieder sind Risse an der Oberseite des Überbauquerschnittes vorhanden. Die Ursache hierfür ist, dass aufgrund der größeren Stützweite des Feldes 30-40 in den angrenzenden Fel-dern hauptsächlich negative Momente auftreten. Da die durchlaufenden Regelspannglieder im Verankerungsbe-reich der Zulagespannglieder im Querschnitt bereits

weit nach unten geführt sind, ist an der Querschnitts-oberseite keine ausreichende Vorspannung vorhanden. In diesen Bereichen ist für die heutige Verkehrsbean-spruchung keine ausreichende Bruchsicherheit nach-weisbar. Da die vorhandenen Mängel mit Instandsetzungsmaß-nahmen nicht wirtschaftlich behoben werden konnten, wurde seitens des Auftraggebers beschlossen, die Überbauten und die Unterbauten zurückzubauen und an gleicher Stelle durch einen Neubau zu ersetzen. Beide Überbauten wiesen ähnliche Defizite auf, so dass der östliche Überbau in Vorbereitung auf das Bauvor-haben zur Aufnahme des bauzeitlichen 4+0-Verkehrs mit zusätzlichen Längsspanngliedern mit nachträgli-chem Verbund sowie temporär mit CFK-Lamellen verstärkt werden musste [2]. 1.3 Randbedingungen für den Rückbau Das Döllbachtal ist bereichsweise als Landschaft-sschutzgebiet bzw. FFH-Gebiet ausgewiesen. Rück-bauverfahren, bei denen Teile des Überbaus oder der Pfeiler in den Talgrund fallen können, waren daher gemäß Ausschreibung ausgeschlossen. Ein bodenge-stütztes Traggerüst war aufgrund der großen Höhe über der Talsohle sowie aus ökologischen Gründen ebenfalls ausgeschlossen [3]. Für den Rückbau der Überbauten war daher der Einsatz eines Vorschubgerüstes (VSG) vorgesehen. Hiermit sollten die beim abschnittweisen Rückbau entstehenden Auskragungen des Überbaus unterstützt werden. 2. Im Rahmen der Ausführungsplanung gewähltes Rückbaukonzept Der Rückbau der Überbauten erfolgt kontinuierlich entgegen der jeweiligen Herstellrichtung. Für den Rückbau des Überbaus wird ein Abbruchbagger mit Meißel bzw. mit Abbruchzange eingesetzt. Der Bagger steht auf dem Überbau. Das Abbruchgut wird auf dem VSG aufgefangen und mit LKWs über den Überbau abtransportiert (Bild 4).

Bild 4: Rückbau des Überbaus durch Abbruchbagger

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Die einzelnen Rückbauabschnitte entsprechen größten-teils den Bauabschnitten bei der Herstellung der Über-bauten. Der nach dem Rückbau eines jeweiligen Ab-schnittes vorhandene Zustand entspricht somit einem früheren Bauzustand. Lediglich beim Abbruch des 70 m-Feldes war es erforderlich, beim Rückbau von den Herstellabschnitten des Bauwerkes abzuweichen. Dies machte zusätzliche Maßnahmen zur Sicherstellung der Verankerung der Längsspannglieder erforderlich. Innerhalb eines Rückbauabschnittes wird der jeweilige Überbau i.d.R. bis 1,0 m vor die nächste Koppelfuge zurückgebaut. Der letzte Meter des Überbaus wird zum Schutz der Koppelanker erst mit dem nachfolgenden Abschnitt abgebrochen. Auf ein Abtrennen des abzubrechenden Feldes vom restlichen Überbau wird zugunsten der Aussteifung des abzubrechenden Feldes in horizontaler Richtung sowie aus Gründen des Bauablaufes verzichtet. Nach dem Entfernen eines Stützquerträgers kragt der Überbau im Regelbereich um bis zu 46 m aus. Dieser Auskragung wird durch das Vorschubgerüst (VSG) unterstützt. 3. Vorschubgerüst 3.1 Allgemeines Bei dem eingesetzten Vorschubgerüst (VSG) handelt es sich zum Großteil um mietfähiges Material, welches zuvor bereits in weiteren Projekten verwendet wurde. Das unter dem Überbau liegende Gerüst erlaubt zu jedem Zeitpunkt freien Zugang von der noch intakten Fahrbahnplatte aus. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die angewandte Rückbautechnologie und den Ab-transport des Abbruchgutes über die Fahrbahnplatte. Das Vorschubgerüst mit einem Gesamtgewicht von etwa 650 Tonnen besteht in den Regelfeldern aus fol-genden typischen Komponenten: Obere Querträgerlage, Hauptträger, Pfeilereinrüstung mit Verschubeinheiten. Auf eine Koppelfugenanhängung am Überbau wurde aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet. Weitere bemerkenswerte Unterschiede zu einem Vorschubge-rüst für den Neubau von Brücken finden sich in den Druckhölzern auf der Querträgerlage als Ersatz für die Schalkonstruktion und als Distanzstücke, sowie in der fahrbaren Abbruchbühne, welche zum Auffangen des Abbruchgutes dient. Für Montage und Demontage sowie Abbruch am Wi-derlager 10 und Umbau am Widerlager 130 wurden darüber hinaus Hilfsjoche geplant und geliefert.

Die Montage für den Rückbau des westlichen Überbaus an Widerlagerachse 10 erfolgte zum Großteil von oben. Dafür wurden die Hauptträger hinter dem Widerlager vormontiert. Die östlichen Hauptträger wurden durch die abgetrennten östlichen Fahrbahnplattenkragarme auf die Hilfstürme und die Pfeilereinrüstung Achse 20 gehoben. Das Vorschubgerüst wurde während der Montageschritte sukzessive längs nach vorn verscho-ben, anschließend war die obere Querträgerlage zu ergänzen. Der Abbruch des Randfeldes erfolgte auf einem verkürzten VSG ohne Nachläufer, die im Zuge des Verschubes in den zweiten Abbruchabschnitt er-gänzt werden sollten (Bild 5). Als weitere besondere Arbeitsphasen neben dem Ab-bruch im Regelbereich sind der Abbruch des 70m-Feldes zwischen Achse 30 und 40 sowie die Endfelder Achse 110-130 und der letzte Abbruchabschnitt am östlichen Überbau zwischen Achse 20 und 10 zu nen-nen. Die steilen Hänge in den Endfeldern erschweren die Zugänglichkeit von unten.

Bild 5: VSG im 5. Abbruchabschnitt 3.2 Beschreibung des Vorschubgerüstes Zur freien Überspannung zwischen den Pfeilern wurden zwei modulare Hauptträger vom Typ HV21 mit einer Bauhöhe von jeweils 4,10 m und einer Gesamtlänge von je 60 m gewählt. Charakteristisch für diese Voll-wandträger sind die hohe Biege- und Torsionssteifig-keit sowie eine hohe Flexibilität bei der Positionierung der Lasteinleitungspunkte aus der oberen Querträgerla-ge bzw. der Festlegung der Auflagerpunkte in Brücken-längsrichtung. Als Vor- und Nachläufer kommen Fachwerkträger vom Typ U2000-2 zum Einsatz, die üblicherweise für den Brückenneubau in konventionellen Traggerüsten oder bei Vorschubgerüsten mit Stützweiten bis ca. 45 m bzw. in Sonderkonstruktionen für Schwertransporte Verwendung finden. Hauptträger sowie Vor- und Nach-läufer wurden symmetrisch ausgebildet, damit sowohl der Abbruch des ersten Überbaus in nördlicher Rich-tung als auch des zweiten in Südrichtung ohne zusätzli-che Änderungsmaßnahmen erfolgen kann.

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Auf den Hauptträgern wurde eine quer verschiebliche obere Querträgerlage paarweise als Grundrahmen an-geordnet, welche für notwendige Anpassungen der Stützkräfte des abzubrechenden Überbaus hydraulisch höhenverstellbar ist. Die komplexe Steuerung der hyd-raulischen Anlage folgt den Anforderungen aus der Abbruchanweisung; es werden wahlweise einzelne Querträger, einzelne Rahmen oder ganze Rahmengrup-pen gesteuert. Die Lasteinleitung aus dem Überbau in die obere Quer-trägerlage wird über Druckhölzer realisiert. Diese Höl-zer dienen zum Einen der Anpassung an die nicht im-mer ebene Oberfläche des Brückenkörpers. Zum Ande-ren gewähren sie in ihrer Funktion als herausnehmbare Distanzstücke die Durchfahrt der längs verschieblichen Abbruchbühne zwischen Überbau und Querträgerlage. Die Druckhölzer werden erst nach Ende jedes Ver-schubes eingebaut und querträgerweise manuell mit fortschreitendem Abbruch entnommen. Die etwa 7 m lange Abbruchbühne wird über geführte Rollen auf den Obergurten der Hauptträger gezogen. Ihr Boden ist belegt mit Stahlblechen, an den Seiten-wänden und der Rückwand findet sich eine Schalkon-struktion. Das Abbruchgut fällt vom Überbau in die Bühne und wird dort gesammelt. Die umlaufende Schalkonstrukti-on verhindert ein Herunterfallen von Bruchstücken. Mit fortschreitendem Abbruch wird die Abbruchbühne beräumt und gesäubert, anschließend erneut nach vorn in den jeweils nächsten Teilabschnitt unter den abzu-brechenden Überbau verzogen. Die Abbruchbühne verbleibt auch während der Ver-schubarbeiten auf dem VSG. Da Schwerlasttürme aufgrund des bis zu 50 m tiefen Döllbachtals als Pfeilereinrüstung aus wirtschaftlichen Gründen ausschieden, sollte eine hängende Einrüstung zum Einsatz kommen. Die mit 30 cm sehr dünnwandi-gen Pfeiler erlaubten jedoch keine Unterbringung von Steckträgern als Lasteinleiter. Daher wurde ein soge-nannter A-Bock (vgl. Bild 15) ausgewählt, durch wel-chen sämtliche Lasten in einer Öffnung im massiven Pfeilerkopf eingetragen werden. Diese Öffnung wurde bereits zur Herstellung der Döllbachtalbrücke mit ei-nem VSG (Schubladengerüst) genutzt. Auf den hydraulisch gelagerten Querträgern der drei vorhandenen Pfeilereinrüstungen befinden sich die quer verschieblichen Verschubschlitten. Als Verschiebeein-richtung wurde mit RöRo-Stangenkletterern ein selbst-sicherndes Klemmbackensystem eingesetzt. Verschoben wird das Vorschubgerüst auf PTFE-Gleitlagern.

Die Pfeilereinrüstungen werden mit Hebezeugen umge-setzt. Sie werden in der Regel komplett am Boden vormontiert und am Pfeiler geführt nach oben in Endla-ge gehoben. 3.3 Ablauf im Regelfeld Die Grundrahmen des VSG sind geschlossen und mit Holzdruckstücken besetzt. Sie werden hydraulisch gegen den Überbau gefahren. Die Abbruchbühne be-findet sich unter dem rückwärtigen Koppelfugenkra-garm. Der Abbruch des Überbaus beginnt an dieser Stelle, indem der Bagger mit Meißel und Zange Teile der Fahrbahnplatte vom Bestand abtrennt. Im An-schluss werden der Mittelsteg und die äußeren Stege sowie nachfolgend die Bodenplatte rückgebaut. Dabei erfolgt gelegentlich die Beräumung des Abbruchgutes. Grundrahmen Nr. 1 (vgl. Bild 12) wird hydraulisch abgesenkt, die Holzdruckstücke werden entfernt. Die Abbruchbühne wird gesäubert und nach vorn bis an den Pfeiler verzogen. Der Abbruch wird fortgesetzt. Nach Abbruch des Überbaus bis zum Pfeiler n wird das Abbruchgerät zum nächsten Pfeiler verfahren. Der Brückenüberbau wird durch hydraulisches Heben der Grundrahmen Nr. 2-4 vom Pfeiler gelöst. Das Brücken-lager wird ausgebaut, die Lagersockel bzw. Pfeilersäu-len werden soweit abgetrennt, dass eine Passage der Abbruchbühne möglich ist (Bild 6).

Bild 6: Rückbau nach Überfahrt über Pfeiler Die Abbruchbühne wird über die Pfeilersäulen bis vor Grundrahmen Nr. 2 gezogen. Der Abbruch wird fortge-setzt bis vor diesen Grundrahmen. Die hydraulischen Druckwerte der Pressen unter den Grundrahmen Nr. 2 bis 7 werden angepasst. Anschließend wird der hintere Träger des Grundrahmens Nr. 2 abgesenkt, die Holz-druckstücke werden entfernt und die Abbruchbühne wird gegen den nächsten Querträger nach vorn verzo-gen. Diese Schritte werden wiederholt bis zum Ab-bruchende ca. 1 m vor der nächsten Koppelfuge. Die hintere freie Pfeilereinrüstung (Achse n-1) wird aus Sicherheitsgründen erst demontiert und umgesetzt, nachdem der Abbruch über den Pfeiler hinweg fortge-schritten ist.

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Im Anschluss wird das Vorschubgerüst in den nächsten Abbruchabschnitt verschoben. Dafür wird die Ab-bruchbühne erneut hinter Grundrahmen Nr. 1 gezogen und die Auflagerpressen der Pfeilereinrüstungen wer-den abgesenkt. Die im Querschnitt mittig gestoßenen Grundrahmen werden geöffnet und zuerst quer verschoben, anschlie-ßend erfolgt der Quer- und Längsverschub der Haupt-träger (Bild 7). Beim Verschub wird die Auslenkung der Pfeiler fortwährend geprüft. Nach Erreichen der nächsten Abbruchposition werden diese Schritte in umgekehrter Reihenfolge wiederholt und die Holz-druckstücke eingebaut. Vor Abbruchbeginn werden die Grundrahmen gemäß Abbruchanweisung auf Druck gegen den abzubrechenden Überbau gefahren.

Bild 7: VSG in Verschiebeposition Der Rückbau der Brückenpfeiler erfolgt im Anschluss maschinell bodengestützt. Für die ca. 46 m langen Regel-Abbruchabschnitte des westlichen Brückenüberbaus wurden einschließlich Verschiebevorgängen ca. 9-10 Arbeitstage aufgewen-det. 3.4 Sonderabschnitte Das Feld zwischen den Pfeilerachsen 30 und 40 in jedem der beiden Überbauten wird sowohl für den Rückbau als auch für den Ersatzneubau mit einem mas-siven quer verschieblichen Hilfspfeiler unterstützt und teilt dieses in zwei Abbruchabschnitte. Die Standard-Pfeilereinrüstung kommt auch bei diesem Hilfspfeiler zum Einsatz. Die obere Querträgerlage ist für diese beiden Sonderabschnitte in Brückenlängsrichtung an-zupassen. Die aus der noch intakten Vorspannung entstehenden Umlenkkräfte nach dem Rückbau des Überbaus über den Hilfspfeiler verursachen lokal ca. 15% erhöhte Belastungen der oberen Querträgerlage.

Aufgrund des höheren Grades an schlaffer und Spann-stahlbewehrung und zusätzlicher innerer massiver Querscheiben geht der Abbruch in diesen Abschnitten langsamer voran als im Regelbereich. Die Montagear-beiten wurden zudem erschwert durch erforderliche Querkraftverstärkungen im Bereich des Hilfspfeilers (Bild 8).

Bild 8: Bereich 70m-Feld vor dem Rückbau mit Querkraftverstärkung des Überbaus Das Vorschubgerüst wurde nach Abbruch des westli-chen Brückenüberbaus unter den östlichen Überbau in Parkposition verschoben, der massive Ortbeton-Ersatzneubau war in dieser Phase bereits im Taktschie-beverfahren bis etwa zur halben Länge der Talbrücke in der gleichen Trassierung hergestellt worden. In den beiden Endfeldern zwischen den Bauwerksach-sen 110 und 130 waren zuvor vier Hilfsturmachsen aufgebaut worden. Diese dienten als Hilfsstützen zum Abnehmen der Vorläufer des Vorschubgerüstes beim Verschub in den letzten Abbruchabschnitt und zum Querverschub aller übrigen Teile ohne weitere Hebezeugeinsätze unter den östlichen Überbau. Die unter dem Endfeld querende Bundesstraße B27 wurde mit einem Schutzgerüst überdacht. Für den Rückbau der 46 m langen Endfelder sind zusätzliche Querträger erforderlich, da die Länge der Abbruchabschnitte hier ca. 56 m beträgt. Das Vorschubgerüst wurde in Längsrichtung in zwei Teile geteilt und quer an Pfeilerachse 120 vorbei ge-schoben, anschließend wieder zusammengesetzt.

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4. Statische Aspekte des Rückbaus 4.1 Hilfspfeiler und Querkraftverstärkungen im Feld 30-40 Beim Rückbau des westlichen Überbaus wird das Feld 30-40 nach dem Rückbau der ersten beiden Felder zwangsläufig zum Endfeld des Durchlaufträgers. In diesem Zustand tritt am Endauflager (Achse 30) nur ein sehr geringes Stützmoment, in Feldmitte jedoch ein großes Feldmoment auf. Dieses könnte vom bestehen-den Überbau nicht aufgenommen werden. Es ist daher zwingend erforderlich, das 70 m - Feld in diesem Zu-stand zu unterstützen. Hierfür ist ein 50 m hoher Hilfs-pfeiler vorgesehen. Der Hilfspfeiler wird nicht nur für den Rückbau des Bestandsüberbaus eingerichtet, son-dern auch für die Herstellung des neuen Überbaus im Taktschiebeverfahren (Bild 9).

Bild 9: Hilfspfeiler in Position unter dem Überbau Der Hilfspfeiler wurde vor Beginn des Abbruches des Überbaus aktiviert. Hierbei wurde der vorhandene Durchhang des Überbaus in Feldmitte um 40 mm redu-ziert. Hierdurch wurden auch die Stützmomente im Bereich der Achsen 30 und 40 deutlich reduziert. Auf diese Weise konnte in den gerissenen Verankerungsbe-reichen der Zulagespannglieder eine ausreichende Tragfähigkeit nachgewiesen werden. Zur Verbesserung des Bauablaufes wurde der Hilfspfei-ler seitlich neben dem Überbau hergestellt und an-schließend quer unter den Überbau geschoben. Nach dem Abbruch und dem Neubau des westlichen Über-baus wird der Hilfspfeiler für den Rückbau und Neubau in Querrichtung unter den östlichen Überbau verscho-ben. Die Breite des Hilfspfeilers muss der Breite der Be-standspfeiler entsprechen, damit das VSG neben dem Hilfspfeiler Platz findet. Auf dem Hilfspfeiler können die Pressen zur Unterstützung des bestehenden Über-baus somit nicht unter den Stegen des Überbaus ange-ordnet werden. Der neue Hilfspfeiler steht zudem nicht an der gleichen Position wie der beim Bau der Brücke verwendete Hilfspfeiler, wo bereits ein massiver Quer-träger im Überbau vorhanden ist. Zur Einleitung der Auflagerkräfte in die Stege des Überbaus ist in der

Achse 35 somit ein neuer Hilfsquerträger im Überbau erforderlich. Der Querträger wird als massive, vorge-spannte Konstruktion ausgeführt. In Feldmitte des 70 m - Feldes treten infolge der Unter-stützungskraft des Hilfsträgers Querkraftbeanspruchun-gen des Überbaus auf, für welche die vorhandene Querkraftbewehrung nicht ausreichend ist. Es war da-her erforderlich, den Überbau zur Aufnahme der Quer-kräfte durch vertikale vorgespannte Bewehrung zu verstärkten. Hierfür werden an der Ober- und Untersei-te der Stege Doppel-U-Profile als Jochträger angeord-net. An den Jochträgern sind vertikale Stabspannglieder verankert, welche durch Kernbohrungen in der Fahr-bahnplatte und in der Bodenplatte geführt werden. 4.2 Montage des Vorschubgerüstes Für den Einhub der Hauptträger des VSGs mussten zwei Autokräne mit einem Gesamtgewicht von jeweils 102 t sowie ein Schwerlast-LKW mit einem Gesamt-gewicht von 115 t gleichzeitig auf dem Überbau ange-ordnet werden (Bild 10). Außerdem musste im ersten Feld des westlichen Überbaus der östliche Kragarm abgetrennt werden, um den östlichen Hauptträger ein-zuheben. Da die Fahrbahnplatte des Überbaus in Quer-richtung vorgespannt ist, musste anhand des Einzugs der Spannstahldrähte der im Sägeschnitt liegenden Querspannglieder kontrolliert werden, ob die Veranke-rung der Querspannglieder über Verbund wirksam war. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wären zusätzliche Ertüchtigungsmaßnahmen der Fahrbahnplatte erforder-lich gewesen.

Bild 10: Einhub des westlichen Hauptträgers des VSG vom Überbau aus mit Autokränen 4.3 Interaktion zwischen Überbau und VSG Während des Rückbaus wird der auskragende Teil des Überbaus durch das VSG unterstützt. Das VSG wirkt im Gegensatz zum Überbau als gelenkig gelagerter Einfeldträger. Infolge der unterschiedlichen statischen

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Systeme ergeben sich für den Überbau und das VSG unterschiedliche Biegelinien (vgl. Bild 11).

Bild 11: Statisches System des Überbaus und des VSGs

Beim Rückbau ändert sich die Belastung des VSGs durch die stetig abnehmende Last aus dem Überbau ständig. In der Folge treten Interaktionen zwischen dem Überbau und dem VSG auf, welche hinsichtlich der Beanspruchungen des Überbaus und des VSGs maßge-bend sein können. In der statischen Berechnung wurde daher der Rückbau mit allen Zwischenzuständen simu-liert. Der Nachweis der Tragfähigkeit wird grundsätz-lich auch für das jeweils abzubrechende Feld und für jeden Zwischenzustand geführt. In Bild 12 sind alle hierfür relevanten Komponenten schematisch darge-stellt.

Bild 12: Schematische Darstellung der Unterstützung des Überbaus durch das VSG

Die unterschiedlichen Biegelinien führen bei Annahme von starr an das VSG angeschlossenen Unterstützungs-querträgern dazu, dass nahezu die gesamte Unterstüt-zungskraft durch die am nächsten zur Abbruchkante liegenden Unterstützungen aufgenommen wird und sich die übrigen Unterstützungen der Last entziehen. Beim Rückbau des Überbaus werden die für die Unter-stützung des Überbaus aktivierten Hydraulikpressen daher hydraulisch kommunizierend in einen Ölkreislauf geschaltet. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle aktiven Unterstützungsquerträger des VSGs die gleiche Last erhalten und Relativverschiebungen ausgeglichen werden können. Die Pressendrücke werden während des Rückbaus eines Feldes regelmäßig kontrolliert und ggf. angepasst, um Überbeanspruchungen zu vermei-den. Bild 13 zeigt eine Hydraulikpresse während des Rückbaus. Anhand der Lage des hier noch nicht nach-gestellten Stellrings der Presse werden die Relativver-schiebungen deutlich. Diese betragen je nach Rückbau-zustand rechnerisch bis zu 60 mm und machen Hydrau-likpressen mit entsprechend großem Hub erforderlich. Die beim Rückbau beobachteten Pressenkräfte stimmen gut mit den in der Arbeitsanweisung angegebenen Sollwerten überein. Vereinzelt beobachtete Abwei-chungen lassen sich anhand der jeweiligen Randbedin-gungen des Bauablaufes erklären. Aufgrund der geringen vorhandenen Bewehrung der Fahrbahnplatte kann im Bruchzustand nur ein sehr

geringes negatives Moment im Feldbereich aufgenom-men werden. Ein wesentlicher Gesichtspunkt beim Rückbau ist daher die Beanspruchung des Überbaus durch negative Biegemomente im Feldbereich. Die Unterstützung des Überbaus durch das VSG muss so erfolgen, dass die negative Momentenbeanspruchung des Überbaus im Feldbereich möglichst gering bleibt.

Bild 13: Hydraulikpresse und Lage des (noch nicht nachgestellten) Stellrings vor und nach Anpassung des Pressendruckes Würden zur Unterstützung des Überbaus während des Rückbaus alle Unterstützungsquerträger aktiviert wer-den, so würde zwar eine nahezu kontinuierliche Unter-

Überbau

VSG

Quertr. 1a 1b VSG

Überbau

n n+1 Koppel-fuge

Stütz-querträger

Nachgiebigkeit Aufhängung Pfeilerkopfeinrüstung

Koppel-fuge

Abbruchrichtung

Quertr. 2a 2b

Quertr. 3a 3b

Quertr. 4a 4b

Quertr. 5a 5b

Quertr. 6a 6b

Quertr. 7a 7b

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stützung des Überbaus vorliegen. Da das Eigengewicht des Überbaus jedoch ungleich über die Länge verteilt ist (Anvoutungen der Stege zur Stützenachse, Gewicht des Stützquerträgers), treten in diesem Fall im Feldbe-reich negative Biegemomente auf. Wesentlich günstige-re Beanspruchungen ergeben sich, wenn der Überbau während des Rückbaus nur durch wenige Unterstüt-zungsquerträger in der Nähe der Abbruchkante unter-stützt wird. Zusätzlich zur ungleichen Verteilung des Eigengewich-tes entstehen negative Biegemomente durch die Aus-kragung des Überbaus über den letzten aktiven Unter-stützungsquerträger. Die Auskragung ergibt sich zwangsläufig, wenn der vorderste Unterstützungsquer-träger abgesenkt wird und die Abbruchbühne weiter unter den Überbau gezogen wird. Würde der Überbau durch alle Unterstützungsquerträger unterstützt werden, so würden die einzelnen Unterstützungskräfte relativ klein bleiben. Das Kragmoment würde in diesem Fall jedoch über den am nächsten zur Abbruchkante liegen-den Unterstützungsquerträger hinaus ansteigen. Bei einer Unterstützung durch wenige Unterstützungsquer-träger in der Nähe der Abbruchkante werden zwar größere Pressenkräfte erreicht, die negativen Biege-momente im Überbau bleiben jedoch deutlich geringer. Durch die geeignete Wahl der Aktivierungszeitpunkte der einzelnen Unterstützungsquerträger wird das nega-tive Biegemoment im Überbau so weit reduziert, dass die rechnerische Biegezugspannung im Querschnitt deutlich unterhalb der rechnerischen Zugfestigkeit des Betons bleibt. Im Bruchzustand kann das negative Biegemoment mit ausreichender Sicherheit durch die vorhandene Bewehrung in der Fahrbahnplatte aufge-nommen werden. Zur Festlegung der Kraft, mit welcher der Überbau während des Rückbaus unterstützt wird, wird eine Grenzwertbetrachtung angestellt. Zunächst wird eine sehr große resultierende Pressenkraft zur Unterstützung des Überbaus betrachtet. Bei einer zu starken Unter-stützung des Überbaus wird das Stützmoment an der Achse n+1 klein (vgl. Bild 11). Das Feldmoment im angrenzenden Feld nimmt entsprechend zu. In diesem Fall treten im angrenzenden Feld bereits in geringem Abstand von der Pfeilerachse n+1 große positive Bie-gemomente auf. Diese können vom Querschnitt nicht aufgenommen werden, da die Spannglieder hier noch zu weit an der Querschnittsoberseite liegen. Um die Tragfähigkeit im angrenzenden Feld sicherzustellen, ist während des gesamten Rückbaus ein Mindeststützmo-ment an der Achse n+1 einzuhalten. Anhand des Min-deststützmomentes kann ein oberer Grenzwert für die resultierende Unterstützungskraft abgeleitet werden. In einer entgegengesetzten Grenzwertbetrachtung wird eine sehr geringe resultierende Unterstützungskraft angenommen. Die zu geringen Unterstützungskräfte

haben zur Folge, dass nicht das gesamte Eigengewicht des Überbaus im VSG liegt. Es bleibt somit eine Rest-tragwirkung des Überbaus erhalten. Aus dem Eigenge-wicht des Überbaus resultiert in diesem Fall eine nega-tive Momentenbeanspruchung im abzubrechenden Feld und ein größeres Stützmoment bei der Achse n+1. Im Stützbereich kann wegen der hier oben liegenden Spannglieder ein sehr großes negatives Moment aufge-nommen werden. In den Feldbereichen führt ein zu großes negatives Moment jedoch ggf. zur starken Riss-bildung und kann durch die vorhandene Bewehrung nicht aufgenommen werden. Aus dieser Grenzwertbe-trachtung lässt sich ein unterer Grenzwert für die resul-tierende Unterstützungskraft ableiten. Während des gesamten Rückbaus ist sicherzustellen, dass die tatsächliche Unterstützung des Überbaus zwi-schen diesen beiden Grenzwerten liegt. Die Pressen-kräfte verändern sich jedoch während des Rückbaus allein infolge der sich ändernden Belastung aus Eigen-gewicht, was stetige Kontrollen und ggf. Anpassungen des Pressendruckes erforderlich macht. Dies wird an dem in Bild 14 dargestellten Beispiel verdeutlicht. Neben dem hier beschriebenen komplexen Steuersys-tem für die Vertikalkräfte ist auch der Interaktion in-nerhalb des bei jedem Rückbauzustand wechselnden Systems aus Überbau, VSG und Pfeilern hinsichtlich der Horizontalkräfte Rechnung zu tragen. Hierbei sind die beim Rückbau freiwerdenden, eingefrorenen Vor-verformungen und Kräfte infolge von Überbauverkür-zung und Lagerreibung zu berücksichtigen.

Bild 14: Qualitative Verformungen des Überbaus und des VSGs während des Rückbaus 5. Zusammenfassung Zurzeit wird die Döllbachtalbrücke im Zuge der BAB A7 unter Verwendung eines Vorschubgerüstes zurück-gebaut. Das Bauwerk wird durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt. Inzwischen ist der erste Überbau bereits erfolgreich zurückgebaut worden. Der zweite Überbau ist zurzeit etwa zur Hälfte zurückgebaut (Bild 15) [4,5].

Abbruchrichtung n n+1

Überbau mit Auskragung:

Nach Rückbau bis zum nächsten aktiven Unterstützungsquerträger:

Überbau

VSG

Überbau

VSG

Page 9: Intelligenter Abbruch mit VSG - VSVI  · PDF fileTyp U2000-2 zum Einsatz, die üblicherweise für den Brückenneubau in konventionellen Traggerüsten oder

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Bild 15: Ansicht des Überbaus und des VSGs während des Rückbaus Der Rückbau mit einem VSG erfordert eine detaillierte Planung und eine enge Abstimmung zwischen der Bau-stelle und den Planern. Die Umsetzung des beschriebe-nen Konzeptes auf der Baustelle stellt außerdem hohe Anforderungen an die Steuerung der Hydraulik, da nach dem Abbruch von jeweils maximal 3,5 m des Überbaus die vorhandenen Pressenkräfte kontrolliert und Aktivierungen bzw. Deaktivierungen von einzelnen Querträgerpaaren durchgeführt werden müssen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Rückbau einer Talbrücke dieser Größenordnung eine anspruchs-volle Aufgabe sowohl hinsichtlich der Planung als auch hinsichtlich der Umsetzung auf der Baustelle darstellt. Der Baufortschritt zeigt, dass Vorschubgerüste ange-sichts komplexer topografischer, ökologischer und infrastruktureller Randbedingungen eine sichere Vari-ante für den Rückbau großer Talbrücken darstellen. 6. Projektbeteiligte Bauherr: Hessen Mobil Straßen und Verkehrsmanagement Entwurfsverfasser: Ingenieurgemeinschaft Setzpfand GmbH & Co. KG, Weimar Bauausführung: ARGE Döllbachtalbrücke: - Adam Hörnig GmbH & Co. KG, Aschaffenburg (Techn. Geschäftsführung) - Stutz GmbH, Kirchheim-Kemmerode (Kaufm. Geschäftsführung) Ausführung Vorschubgerüst: ThyssenKrupp Bauservice GmbH, Geschäftsbereich RöRo Traggerüstsysteme, Wuppertal

Tragwerksplanung Rückbau und Neubau: Büchting + Streit AG, München Tragwerksplanung Vorschubgerüst: Saul Ingenieure GmbH, Braunschweig Prüfingenieur: Dr.-Ing. T. Zichner, Frankfurt 7. Literatur [1] Wittfoht, Hans: Brückenbauer aus Leidenschaft. Düsseldorf, Verlag Bau+Technik, 2005 [2] Zichner, T.; Duda, H.: Ertüchtigung der Talbrücken Döllbach, Salzbach und Sechshelden. Vortrag beim VSVI-Seminar 2010 in Friedberg/Hessen [3] Amt für Straßen- und Verkehrswesen Fulda: Bau- beschreibung, - Abbruch und Neubau der Döllbach- talbrücke, 2009 [4] Lingemann, J.; Sonnabend, S: Rückbau der Döll- bachtalbrücke im Zuge der BAB A7 mit Vorschub- rüstung. Münchener Massivbauseminar 2010 [5] Lingemann, J.; Sonnabend, S: Rückbau der Döll- bachtalbrücke im Zuge der BAB A7 mit Vorschub- rüstung - Erstmaliger Rückbau einer Talbrücke mit Vorschubrüstung. In: Brückenbau, Ausgabe 1/2, 2012