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Hintergrund Korrekturen gravierender dentofazialer Anomalien und die multidiziplinäre Therapie kraniomandibulärer und orofazialer Funktionsstörungen bei Erwachsenen haben in den letzten Jahren einen wachsenden Anteil am Patientengut in den kieferorthopädischen Praxen [1]. Dominierende Behandlungsmotivation bei Erwachse- nen ist oft das gestiegene ästhetische Bewusstsein und Anforderungsprofil in der modernen Gesellschaft. Die Optimierung des eigenen dentofazialen Erscheinungs- bildes, insbesondere die Schaffung oder Erhaltung ei- nes jugendlichen Lächelns ist ein entscheidender Fak- tor der physischen Attraktivität [2]. Ein ästhetisches Erscheinungsbild ist ein Eckpfeiler des Zeitgeistes. Die allgegenwärtige Medienwelt verwendet dieses weit verbreitete Streben nach ästhetischer Perfektion als Marketingkonzept. Merke: In der Erwachsenenbehandlung münden nach Wertung medizinischer und funktioneller Ge- sichtspunkte zunehmend ästhetische Überlegungen in ein umfassendes, meist interdisziplinäres Be- handlungskonzept. Die Wünsche des Patienten hinsichtlich einer Verbes- serung der Gesichtsästhetik haben zunehmenden Ein- fluss auf die Indikationsstellung [3 – 5]. Eine emotional euphorische Vorhersage oder gar computergestützte Planung einer signifikanten Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes oder des „smile style“ sollte aus forensischen Überlegungen zurückhaltend erfolgen [1, 5]. Merke: Überzogene Wunschvorstellungen sind nach Auswertung der medizinischen Befunde durch eine eher konservative Indikationsstellung zu rela- tivieren. Die Motivation erwachsener Patienten wird durch die rasante technologische Weiterentwicklung der Medi- zintechnik forciert. Im Bereich der orthodontischen Apparaturen wird die unsichtbare Schienenbehand- lung, die linguale Bracketfixation oder die Verwen- dung von skeletalen Verankerungsmethoden häufig uneingeschränkt propagiert (Abb. 1)n 1 . Die Verwen- dung von Keramikbrackets und weiß beschichteten Drahtbögen reduziert den auffälligen Charakter von bukkal fixierten Metallapparaturenn 2 . Auswahl der geeigneten Apparatur Für den Kieferorthopäden ergibt sich die Indikation zur Auswahl der jeweiligen Apparatur weniger nach ästhetischen Überlegungen, sondern anhand des indi- viduellen Behandlungsaufwands, dem Schwierigkeits- Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener Robert Fuhrmann Übersicht Hintergrund 1 Behandlungsablauf 2 Therapiekonzepte bei Erwachsenen 4 Fazit 10 Zahnmedizin up2date 1 Œ 2008 Œ 1– n Œ DOI 10.1055/s–2007–989309 n 1 Lieber Professor Fuhrmann, hier könnte man noch Bildmaterial zum Thema Lingualtechnik einfügen, falls Sie es möchten.n n 2 Auch hier wäre vielleicht eine Abbil- dung interessantn Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 1

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung … · Erwachsene haben eine andere psychosoziale Aus-gangssituation: selbstbestimmter Behandlungs-wunsch, emotionale Stabilität

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Hintergrund

Korrekturen gravierender dentofazialer Anomalienund die multidiziplinäre Therapie kraniomandibulärerund orofazialer Funktionsstörungen bei Erwachsenenhaben in den letzten Jahren einen wachsenden Anteilam Patientengut in den kieferorthopädischen Praxen[1].

Dominierende Behandlungsmotivation bei Erwachse-nen ist oft das gestiegene ästhetische Bewusstsein undAnforderungsprofil in der modernen Gesellschaft. DieOptimierung des eigenen dentofazialen Erscheinungs-bildes, insbesondere die Schaffung oder Erhaltung ei-nes jugendlichen Lächelns ist ein entscheidender Fak-tor der physischen Attraktivität [2]. Ein ästhetischesErscheinungsbild ist ein Eckpfeiler des Zeitgeistes. Dieallgegenwärtige Medienwelt verwendet dieses weitverbreitete Streben nach ästhetischer Perfektion alsMarketingkonzept.

Merke: In der Erwachsenenbehandlung münden

nach Wertung medizinischer und funktioneller Ge-

sichtspunkte zunehmend ästhetische Überlegungen

in ein umfassendes, meist interdisziplinäres Be-

handlungskonzept.

Die Wünsche des Patienten hinsichtlich einer Verbes-serung der Gesichtsästhetik haben zunehmenden Ein-

fluss auf die Indikationsstellung [3–5]. Eine emotionaleuphorische Vorhersage oder gar computergestütztePlanung einer signifikanten Verbesserung des äußerenErscheinungsbildes oder des „smile style“ sollte ausforensischen Überlegungen zurückhaltend erfolgen[1,5].

Merke: Überzogene Wunschvorstellungen sind

nach Auswertung der medizinischen Befunde durch

eine eher konservative Indikationsstellung zu rela-

tivieren.

Die Motivation erwachsener Patienten wird durch dierasante technologische Weiterentwicklung der Medi-zintechnik forciert. Im Bereich der orthodontischenApparaturen wird die unsichtbare Schienenbehand-lung, die linguale Bracketfixation oder die Verwen-dung von skeletalen Verankerungsmethoden häufiguneingeschränkt propagiert (Abb. 1)n1. Die Verwen-dung von Keramikbrackets und weiß beschichtetenDrahtbögen reduziert den auffälligen Charakter vonbukkal fixierten Metallapparaturenn2.

Auswahl der geeigneten Apparatur

Für den Kieferorthopäden ergibt sich die Indikationzur Auswahl der jeweiligen Apparatur weniger nachästhetischen Überlegungen, sondern anhand des indi-viduellen Behandlungsaufwands, dem Schwierigkeits-

Interdisziplinäre kieferorthopädischeBehandlung ErwachsenerRobert Fuhrmann

�bersicht

Hintergrund 1Behandlungsablauf 2Therapiekonzepte bei Erwachsenen 4Fazit 10

Zahnmedizin up2date 1 Œ2008 Œ1 – n ŒDOI 10.1055/s–2007–989309

n1 Lieber Professor Fuhrmann, hier könnte man nochBildmaterial zum Thema Lingualtechnik einfügen, fallsSie es möchten.n

n2 Auch hier wärevielleicht eine Abbil-dung interessantn

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 1

grad der bevorstehenden Aufgabe und zunehmendnach den wirtschaftlichen Vorgaben der Kostenerstat-ter.

Bei kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgi-schen Korrekturen in einem Lückengebiss bedarf eseiner leicht zugänglichen, funktionsstabilen und ef-fektiven Behandlungsapparatur, die sich prä-, intra-und postoperativ einfach kontrollieren und nach bio-mechanischen Überlegungen leicht intraoral abändernlässt [4].

Merke: Die Auswahl der kieferorthopädischen

Apparatur ergibt sich primär aus funktionellen

Überlegungen. Die Ästhetik sollte zweitrangig sein.

Behandlungsablauf

Befundung

n Psychologische Ausgangssituation

Im Rahmen der Erwachsenenbehandlung liegt im Ver-gleich zu Kindern und Jugendlichen meist ein komple-xer Befund zugrunde. Bei Kindern kann eine dysgna-thiebedingte Beeinträchtigung der Gesichtsästhetikdie Persönlichkeitsentwicklung negativ beeinflussen.

Erwachsene haben eine andere psychosoziale Aus-gangssituation: selbstbestimmter Behandlungs-wunsch, emotionale Stabilität und Frustationstole-

ranz. Dennoch besteht bei einzelnen Erwachsenen eineauffallende Diskrepanz zwischen dem Ausmaß dervorliegenden Dysmorphie bzw. Zahnstellungsanoma-lie und der subjektiv-emotionalen Beeinträchtigung[2–4].

Merke: Teilweise wird die orale Problematik von

depressiven Psychosen bzw. Neurosen überlagert,

sodass das Behandlungsmotiv nicht eindeutig ist.

Im initialen Beratungsgespräch sollten solche psycho-pathologischen Projektionen herausgefiltert werden,um nicht unerfüllbare ästhetische Erwartungen an deninterdisziplinären kieferorthopädischen Therapie-erfolg zu knüpfen.

n Anatomisch-biologische Ausgangssituation

Der zahnärztliche Versorgungsgrad steigt meist mitzunehmendem Lebensalter durchschnittlich bei Er-wachsenen an. Die Inzidenz von parodontalen Vor-schädigungen ist erhöht. Destruktive Veränderungendes Kauorgans wie multipler Zahnverlust, atrophierteAlveolarkämme, Parodontopathien, endodontischeund kariöse Vorschädigungen, pathologische Zahn-wanderungen sowie craniomandibuläre Dysfunktio-nen kennzeichnen das Erwachsenengebiss.

Merke: Die Bedingungen der kieferorthopädischen

Behandlung können im Erwachsenengebiss durch

destruktive Veränderungen des Kauorgans er-

schwert sein.

Die vielschichtig veränderte anatomisch-biologischeAusgangssituation erfordert eine umfassende zahn-ärztliche Diagnostikphase. Die unterschiedlichen Be-funde sind im Rahmen der interdisziplinären differen-zialtherapeutischen Konzeption der Therapie zuberücksichtigen. Die Koordination der unterschiedli-chen Behandlungsaufgaben im Rahmen einer oralenRehabilitation ist im Team der Behandler zeitlich zudeterminieren. Gleichzeitig sollte der jeweilige Um-fang der einzelnen Therapieschritte mit einer sinn-vollen Aufwand – Nutzenrelation definiert werden,sodass die Kosten-Nutzen-Relation für den Patientenüberschaubar bleibt. Aus dem Blickwinkel des Kiefer-orthopäden sind die Risiken der orthodontischenZahnbewegung, die langfristige parodontale Prognosevorgeschädigter Zähne und biomechanische Limita-tionen im Rahmen der geplanten Behandlungsauf-gaben zu beachten.

Abb. 1 Retromolare Insertion einer orthodontischen Minischraube (Titan Firma Forestadent)zur skeletalen Verankerung.

Kieferorthopädie2

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

Merke: Nutzen und unerwünschte Nebenwirkun-

gen von orthodontischen Bewegungen sind gerade

bezüglich parodontal vorgeschädigter Zähne genau

gegeneinander abzuwägen.

Ästhetische Behandlungsplanung

In der Kieferorthopädie ist die Einbeziehung vonEn-face- und Profilfotos ein essenzieller Teil jeder Be-handlung. Die Beurteilung der extraoralen Fotografienund die kephalometrische Bewertung der dentofazia-len Morphologie sind Grundbausteine der initialenDiagnostik vor Therapiebeginn oder prächirurgischenVerlaufsdiagnostik bei einem Dysgnathieeingriff.

Neben der dreidimensionalen Beurteilung des gesam-ten Gesichtsschädels und der Vermessung der Kiefer-basenrelation ist die Dimension der Weichgewebs-auflagerung, insbesondere die Länge und das Volumender Lippen zu beachten.

Kephalometrische Messwerte werden in ihrer Bedeu-tung für die dentofaziale Harmonie oft überschätzt.

Merke: Neben einer harmonischen Ausrichtung der

Kieferbasen zueinander, sind vor allem die Weich-

gewebsverhältnisse für das äußere Erscheinungs-

bild entscheidend.

Dabei sollte die statische Fotostatanalyse durch dieklinische Beurteilung der Lippendynamik beimLächeln ergänzt werden. Geschlechtsspezifische,ethnische und gesellschaftliche Unterschiede jeweilsin Abhängigkeit zum entsprechenden Kulturkreisbeeinflussen ebenso die subjektive Einschätzungvon „Schönheit“.

Merke: Die jeweilige Ausstrahlung eines Gesichtes,

insbesondere die des Lächelns ist zurzeit nicht

messbar und somit nicht sicher planbar oder vor-

hersagbar.

Beispielsweise ist die Relation der Oberkieferschnei-dezahnkronen zum Oberlippenverlauf beim Lächelnein entscheidender Faktor für die Brillanz des Lächelns.Diese Rot-Weiß-Relation kann durch Ex- bzw. Intru-sion der Zähne orthodontisch signifikant verändertwerden.

Therapie

n Präorthodontische Behandlungsphase

Die Vorbehandlungsphase beinhaltet die professio-nelle Plaquebeseitigung, Hygieneinstruktionen,Kariestherapie und wenn nötig Scaling und Kürettage.

Merke: In der präorthodontischen Behandlungs-

phase stehen neben der Kariestherapie die mar-

ginale und parodontale Entzündungsfreiheit im

Vordergrund.

Bei reduziertem Mukogingivalbefund ist eine prä-orthodontische Augmentation des Weichgewebs-volumens mittels Transplantaten (freies Schleimhaut-transplantat, Bindegewebstransplantat) indiziert.Simultan dazu sollte eine restaurative Interimsver-sorgung erfolgen.

Bei Erwachsenen mit komplexer craniomandibulärerBeschwerdesymptomatik empfiehlt es sich, mittelsphysiotherapeutischen Maßnahmen und Schienen-therapie präorthodontisch zumindest eine überwie-

Checkliste vor kieferorthopädischerBehandlung bei Erwachsenen

n Konservative Behandlung notwendig (z. B. Kariestherapie, endodontische

Behandlung)?n Chirurgische Behandlung notwendig (z. B. Extraktionen, Osteotomien)?n Parodontaler Befund?n Mukogingivalbefund (z. B. Rezessionen)?n Prothetische Behandlung notwendig (z. B. Zahnersatz)?n Kiefergelenksbefund?

Weichgewebsdynamik

Die Weichgewebsdynamik kann momentan noch nicht

umfassend von Computeranalysen erfasst werden.

Folgende Faktoren beeinflussen das Lächeln:n Verlauf der Lippen- bzw. Lachlinie.n Ausprägungsgrad der Bukkalkorridore.n Sichtbare Zahnfehlstellungen.n Dysmorphe und asymmetrische Zahnformen, Zahngrößen.n Interdentale dunkle Dreiecken und involutive Papillen.n Fortgeschrittener Attachmentverlust und parodontale Rezessionen.n Zahnverfärbungen.n Die Position der Oberkieferschneidezahnkronen zur angrenzenden Gingiva

und zum Oberlippenverlauf.

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 3

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

gende Schmerzfreiheit einzustellen, um das Risikoeiner Exazerbation schmerzintensiver Kiefergelenks-störungen im Verlauf der Orthodontie zu reduzieren.

n Orthodontische Behandlungsphase

Erst nach Sicherstellung einer ausreichenden Mund-hygiene darf die orthodontische Therapie beginnen.Meistens ist bei Erwachsenen eine festsitzende Appa-ratur mit kontrollierter Kraft- und Drehmoment-applikation indiziert.

Merke: Der Einsatz kleiner Kräfte zur kontrollierten

Zahnbewegung reduziert das Risiko von Knochen-

dehiszenzen, parodontalen Rezessionen und Wur-

zelresorptionen.

Die Planung der kieferorthopädischen Verankerungsollte dabei bestehende Implantate integrieren. ZurVereinfachung der Verankerungspräparation werdenzunehmend Minischrauben bzw. orthodontischeImplantate eingesetzt. Diese skeletale Verankerungs-präparation vermeidet aufwendige extraorale Ver-ankerungen mittels Headgear oder intraorale Verblo-ckungen von mehreren Zähnen. Die orthodontischenImplantate verbleiben bei ausreichender Osseointe-gration positionsstabil. Bei Einsatz von Kräften von1 N für orthodontische Zahnbewegungen ist kein Ver-ankerungsverlust zu erwarten.

Die Aufrechterhaltung der marginalen Entzündungs-freiheit ist im Verlauf der Orthodontie durch profes-sionelle Zahnreinigung sicherzustellen. Brackets sindBändern wegen der geringen marginalen Gingiva-irritation vorzuziehen.

Herausnehmbare Plattenapparaturen und Schienenwerden meist nur bei geringfügigen Zahnstellungs-anomalien verwendet bzw. als Retentionsgeräte ein-gegliedert.

Therapiekonzeptebei Erwachsenen

Zahnstellungsanomalien

Bei Erwachsenen können Zahnstellungsanomalien reindentoalveolär ausschließlich orthodontisch behandeltwerden. Bei gravierenden skeletalen Diskrepanzen isteine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgischeBehandlung indiziert. Meist ist ein multidisziplinärerTherapieansatz notwendig, um eine funktionell-ästhetische Rehabilitation des geschädigten Gebisseszu erreichen.

Eine Vielzahl neuer Behandlungswege ergänzt mitt-lerweile das klassische therapeutische Spektrum derinterdisziplinären Erwachsenentherapie.

Zahnnichtanlagen

Es gibt häufig Dysgnathien und dentale Anlagestörun-gen, die bereits im Kindes- oder Jugendlichenaltererstmals kieferorthopädisch behandelt werden.Eine definitive dauerhafte Versorgung ist aufgrunddes wachstumsabhängigen Befundes dann erst beimerwachsenen Patienten möglich.

Zur Vermeidung einer späteren Kompromissbehand-lung mit reduzierten bzw. involutiven Gewebevoraus-setzungen ist es sinnvoll, bereits bei den jugendlichenPatienten die später geplante Therapie im Erwachsen-alter vorzubereiten.

Solche langdauernden Behandlungskonzepte übermehr als 10 Jahre sind interzeptiv angelegt und weisenmehrere therapiefreie Intervalle bis zur definitivenVersorgung auf.

Merke: Schon bei Kindern/Jugendlichen ist eine

absehbare Behandlung im Erwachsenenalter

gegebenenfalls vorzubereiten.

n Interzeptive Lückenversorgung bei multiplen Aplasien

Eine interzeptive zahnärztliche Therapie beginnt beimultiplen Aplasien permanenter Zähne meist nacheiner Panoramaschichtaufnahme im Wechselgebissmit einer Überweisung des Hauszahnarztes zum Kie-ferorthopäden. Ausnahme sind Patienten mit ektoder-maler Dysplasie. Sie weisen neben multiplen Nicht-

Die klassischen Gebiete derinterdisziplinären kieferorthopädischenErwachsenenbehandlung

n Präprothetische Pfeileraufrichtung und -verteilung.n Reorientierung aufgefächerter Frontzähne.n Verbesserung der dentofazialen Ästhetik.n Auflösung des koronalen bzw. Wurzelengstandes.n Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapiekonzepte.

Kieferorthopädie4

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

anlagen zusätzlich schütteres Haar und eine Hautpig-mentstörungen auf, sodass sie meist bereits von denKinderärzten frühzeitig überwiesen werden.

Nach der Diagnose der Anzahl und der Lokalisationder nichtangelegten permanenten Zähne startet in derRegel bereits in der Wechselgebissphase einer erstekieferorthopädische Behandlung.

Merke: Eine abschließende implantologisch-pro-

thetische Versorgung von multiplen Aplasien ist

bei heranwachsenden Jugendlichen nicht möglich.

Deshalb bedarf es je nach Anzahl und Verteilung derAplasien bereits beim Jugendlichen einer langfristigenvorausschauenden Planung der Schaltlücken, die weitüber den ersten kieferorthopädischen Therapieansatzhinausgeht und eine langfristige orale Rehabilitationzum Ziel hat.

Die differenzialtherapeutische Abwägung zwischenorthodontischem Lückenschluss oder einer präim-plantologischen Lückenöffnung ist dabei nicht nurunter kieferorthopädischen Gesichtspunkten zu be-werten, sondern vor allem hinsichtlich der späterenErfordernisse der definitiven implantologisch-prothe-tischen Versorgung des ausgewachsenen Patienten.

Bei einer frühzeitigen orthodontischen Lückenöffnungfür Implantate bereits im Alter zwischen 10 bis14 Jahren im Rahmen der ersten kieferorthopädischenBehandlung wird bis zum Abschluss des Wachstumsmeist eine herausnehmbare Interimsprothese zurtemporären Lückenversorgung eingegliedert.

Merke: Unbezahnte Areale des Alveolarkamms

bergen bei fehlender funktioneller Belastung die

Gefahr einer fortschreitenden Atrophie.

Das reduzierte Hart- und Weichgewebsangebot er-schwert die spätere Implantation und den Aufbau vonInterdentalpapillen. Der periimplantäre Unterschussvon Gingiva (Interdentalpapillen) ist funktionell undästhetisch ungünstig. Solche implantologischen Ver-sorgungen mit reduziertem Gewebeangebot werdenim Frontzahnbereich ästhetisch als „mangelhafteRehabilitation“ aufgefasst und medizinisch als „Kom-promissbehandlung“ eingestuft.

Bei multiplen Aplasien ist ein langfristiges Therapie-konzept bis hin zur späteren Erwachsenenversorgungzusammen mit Implantologen und Prothetikern zudiskutieren, um eine bestmögliche Gewebeerhaltung

und Koordination der Behandlungsschritte zu errei-chen. Gleichzeitig können dadurch Patienten und El-tern umfassend über den zeitlichen Ablauf und dieKosten informiert werden.

Die medizinische Aufgabenstellung für das Behand-lungsteam ist die möglichst langfristige Erhaltung vonKnochen-, Zahn- und Weichgewebe.

Merke: Die Steuerung des Zahnwechsels zusammen

mit der Erhaltung und Stabilisierung von Milch-

zähnen in der Aplasieregion ist anzuraten.

Die Persistenz der primären Dentition bis ins Erwach-senenalter erlaubt eine dauerhafte physiologischeKnochenbelastung, sodass optimale Gewebevoraus-setzungen zur Implantation und anschließendem Pa-pillenaufbau vorliegen. Gleichzeitig kann durch eineorthodontische Zahnstellungskorrektur die Anzahlund die Breite der Schaltlücken reduziert werden. Einelangfristige Umgestaltung von Zahnkronen mittelsKeramikveneers oder Kunststoffaufbauten erlaubt diefunktionellen Aufgaben fehlender Zähne, insbesondereaplastischer Eckzähne auf andere Zähne bzw. Zahn-gruppen zu übertragen.

Therapiemöglichkeiten bei Aplasien

n Orthodontische Zahnstellungskorrektur.n Umgestaltung von Zahnkronen durch Veeners oder Compositeaufbauten.n Erhalt der ersten Dentition.n Implantation.n Konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantation.

Differenzialtherapeutischen Überlegungen

Zentrale Fragestellungen bei einer multiplen Aplasie

von permanenten Zähnenn Wie viele Aplasien liegen vor?n Welche Kieferregionen sind von Zahnaplasien betroffen?n Welche Behandlungsmaßnahmen führen zur bestmöglichen Gewebe-

erhaltung?n Wie lässt sich die Breite der zu erwartenden Schaltlücken reduzieren?n Wie lässt sich die Atrophie in den aplastischen Knochenregionen

vermeiden?n Sind Ausgleichsextraktionen für einen kieferorthopädischen Lückenschluss

sinnvoll?n Sind die Behandlungspläne ausreichend wirtschaftlich und genehmigungs-

fähig?n Welche Kosten entstehen für den Patienten?

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 5

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Da die Therapie von Nichtanlagen ein umfangreichesinterdisziplinäres Konzept verlangt, soll im Folgendendieses anhand eines klinischen Falls erläutert werden.

n Fallbericht

Bei einem 9 Jahre alten Jungen wurde eine Aplasie derbeiden lateralen Schneidezähne 12 und 22 und derbeiden angrenzenden Eckzähne 13 und 23 radiologisch

in einer Panoramaschichtaufnahme bestätigt (Abb. 2).Durch die Nichtanlage von 4 Oberkieferfrontzähnenbesteht das Risiko für zwei breite Frontzahnlücken.Unbezahnte Alveolarkämme haben ein hohes Atro-phierisiko. Eine abschließende Versorgung der beidenLücken ist erst nach dem Abschluss des skeletalenWachstums im Erwachsenenalter möglich.

Planungsphase

Die Ziele der interzeptiven Therapieplanung imGebiss des Heranwachsenden und des erwachsenenPatienten wurden prospektiv auf eine Gesamtbehand-lungszeit von circa 10 Jahren festgelegt.

Therapie

Die interzeptive Therapie begann mit einer erstenkieferorthopädischen Behandlungsphase über 6 Mo-nate. Das Diastema mediale zwischen den zentralenSchneidezähne 11/21 wurde geschlossen, der Ober-kieferzahnbogen mittels Quadhelix im Bereich derersten Molaren transversal erweitert, um primär beimDurchbruch der Prämolaren einen Kreuzbiss zu ver-meiden. Nach Erreichen der Therapieziele wurden diefestsitzenden Apparaturen entfernt und herausnehm-bare Retentionsplatten angefertigt (Abb. 3).

Zur Steuerung des Zahnwechsels wurden die beidenlateralen Milchzähne 52 und 62 zur Extraktion ange-wiesen. Primäres Ziel dieser Extraktion war es, dasssich die beiden Milcheckzähne 53 und 63 weiter me-sial orientieren und die Zahnwurzeln der beidenMilchzähne von möglichen Resorptionen beim Durch-bruch der ersten Prämolaren 14 und 24 zu bewahren.

Nach dem Durchbruch aller Prämolaren im Ober-und Unterkiefer wurde 3 Jahre später festsitzendeMultibracketapparaturen eingegliedert. Ziel dieserzweiten kieferorthopädischen Behandlungsphase wares, die ersten Oberkieferprämolaren 14 und 24 zusam-men mit den Milcheckzähnen 53 und 63 zur Reduktionder beiden Frontzahnlücken zu mesialisieren. Paralleldazu wurde der palatinale Höcker an den beiden ers-ten Prämolaren eingeschliffen, um die Pulpa zur Anla-gerung von Dentin anzuregen. Langfristiges Ziel dieserKronenumformung war es, dass die ersten Prämolarenlangfristig die Funktion der nichtangelegten Eckzähne13 und 23 übernehmen sollten. Auf eine Ausgleichs-extraktion von Prämolaren im Unterkieferzahnbogenwurde verzichtet (Abb. 4).

Abb. 2 Panoramaschichtaufnahme des 9 Jahre alten Jungen mit vier Nichtanlagen: Es fehlendie lateralen Oberkieferschneidezähne 12, 22 und die Oberkiefereckzähne 13, 23. EngeKeimlage zwischen den ersten Oberkieferprämolaren und den Zahnwurzeln der persistieren-den Milcheckzähne 53 und 63.

Fallbeispiel

Übersicht Therapiemaßnahmen während des Wachstumsn Aktive Steuerung des Zahnwechsels.n Extraktion der Milchzähne 52 und 62.n Mesialisierung der Milchzähne 53 und 63.n Langfristige Erhaltung und Aufbau der Milcheckzähne 53/63.n Reduktion der Lückenbreite durch Mesialisierung der Prämolaren 14/24.n Interkoronare Stabilisierung der Milcheckzähne 53/63 mit den Prämolaren.n Progredientes Umschleifen der Zahnkronen der Prämolaren 14/24.

Fallbeispiel

Übersicht der Therapiemaßnahmen nach Wachstumsabschlussn Simultane Extraktion der Milcheckzähne 53/63 und Implantatinsertion.n Eingliederung von Keramikabutments und Kronen auf den Implantaten.n Ggf. Eingliederung von „Eckzahn-Keramikveneers“ auf die mesialisierten

Prämolaren 14/24.n Retention der erreichten Zahnstellung und Okklusion.

Kieferorthopädie6

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

Nach Abschluss der zweiten kieferorthopädischen

Behandlung wurden die beiden Milcheckzähne 53und 63 mittels parapulpären Stiften und Kunststoffkonservierend aufgebaut (Abb. 5). Zur Sicherung dererreichten temporären Lückenversorgung und derorthodontisch neu aufgestellten Okklusion wurdenherausnehmbare Retentionsplatten eingegliedert.

Bis zum Abschluss des Wachstums waren regel-mäßige klinische Kontrollen und jährliche radiologi-sche Kontrollen der temporären Lückenversorgungnotwendig. Dabei wurde der Lockerungsgrad der bei-den Milcheckzähne 53 und 63 jeweils klinisch geprüftund die Progredienz der Wurzelresorptionen an denpersistierenden Milcheckzähnen in der Panorama-schichtaufnahme beurteilt (Abb. 6).

Die fortschreitende Wurzelresorption an den Milch-eckzähnen führte zur erhöhten Beweglichkeit derMilchzahnkronen. Deshalb wurden die Milcheckzähnemittels Kunststoffbrücken an die mesialisierten Prä-molaren 14 und 24 fixiert. Diese Kunststoffschienungfrakturierte zweimal bis zum Wachstumsabschlussund wurde entsprechend erneuert (Abb. 7).

Nach dem skeletalen Wachstumsabschluss beganndie definitive Versorgung der Zahnaplasien. Nach derExtraktion der Milcheckzähne 53 und 63 konnte imgleichen Eingriff die Implantatinsertion von zwei Im-plantaten (Prof. Dr. Yildirim, RWTH-Aachen) durch-geführt werden (Abb. 8). Während der sechsmonati-gen Einheilungsphase der Implantate erfolgte eineprovisorische Versorgung der beiden Zahnlückenin Regio 12 und 22 mittels Kunststoffzähnen in der

Retentionsplatte bzw. auf den freigelegten Implantat-abutments (Abb. 9).

Nach der Eingliederung von Keramikabutments auf diebeiden Implantate wurden entsprechende Keramik-kronen im zahntechnischen Labor gebrannt und an-schließend vom Prothetiker eingegliedert.

Gleichzeitig mit der Implantatversorgung wurden diemesialisierten Prämolaren 14 und 24 palatinal so be-schliffen, dass sich entsprechende Keramikveneers inder Form von permanenten Eckzahnkronen eingliedernließen. Sie konnten durch die prothetische Versorgungmit Eckzahnveneers die funktionellen Aufgaben deraplastischen Eckzähne übernehmen (Abb. 10).

Abb. 4 a Oberkiefersituation in der Aufsicht nach der zweiten Wechselgebissphase: Persistenz der mesial stehenden Milcheckzähne 53, 63. Zweite kieferorthopädi-sche Behandlung mit orthodontischer Mesialbewegung der Prämolaren 14 und 24 mittels Multibracketapparaturen als Ersatz für die aplastischen Eckzähne 13 und 23.b Ansicht von laterofrontal.

Abb. 3 Oberkiefersituation vor der zweiten Wechselgebissphase: Persistenz der Milch-schneidezähne 52, 62, 53, 63. Schluss des Diastema mediale. Quadhelix zur Aufdehnungdes transversalen Oberkieferzahnbogens.

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 7

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Abb. 6 Panoramaschichtaufnahme nach Abschluss der temporären Lücken-versorgung während der Endphase des skelettalen Wachstums. Deutliche fort-geschrittene Wurzelresorptionen der Milchzahnwurzeln 53 und 63.

Abb. 7 Interkoronare Kunststoffschienung zur Stabilisierung des gelockertenMilcheckzahns 63 an den benachbarten Zähnen 21 und 24.

Abb. 5 Intraorale Situation nach Abschluss der zweiten kieferorthopädischenBehandlung und dem konservierenden Aufbau der Milcheckzähne 53 und 63.

Abb. 8 Implantatinsertion in Regio 12 und 22 nach vorausgehender Milchzahn-extraktion der beiden Eckzähne 53 und 63 (Bild: Prof. Dr. M. Yildirim, RWTHAachen).

Abb. 9 Eingeheilte Implantate in Regio 12 und 22 mit Kunststoffprovisorium. Abb. 10 Eingliederung eines Keramikabutments zur Vorbereitung der Supra-konstruktion auf dem Implantat. nmesialisierten Prämolar 24 nach dem Be-schleifen, zur Vorbereitung eines eckzahnförmigen Keramikveneers.

Kieferorthopädie8

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

Diskussion

Die frühzeitige Steuerung des Zahnwechsels erlaubteine Reduktion des Lückenausmaßes von zu er-wartenden Schaltlücken bei multipler Aplasie vonpermanenten Zähnen. Der mesiale Durchbruch vonbleibenden Zähnen bzw. die orthodontische Mesial-bewegung benachbarter Zähne erlaubt einen teil-weisen Lückenschluss.

Merke: Ein vollständiger orthodontischer Lücken-

schluss kann bei einzelnen Aplasien erreicht

werden.

Bei mehrfachen nebeneinander liegenden Nichtanla-gen ist ein alleiniger kieferorthopädischer Lücken-schluss meistens nicht sinnvoll, sondern es sollte vonvornherein ein langfristiges interdisziplinäres Konzeptbis hin zum Abschluss des Wachstums individuell er-stellt werden. Übergeordnetes Ziel der einzelnen Be-handlungsphasen ist die langfristige Erhaltung vonHart- und Weichgewebe.

Merke: Durch die langfristige Erhaltung der Milch-

zähne besteht für die Kieferregion ohne permanen-

te Zahnanlagen eine kontinuierliche funktionelle

Knochenbelastung.

Nach Abschluss des skeletalen Wachstums ist dasprimär angelegte Knochenlager ohne jegliche Atro-phieareale für die Implantatinsertion erhalten. Außer-dem bleiben die marginalen Weichgewebe für eineninterdentalen Papillenaufbau erhalten.

Die konsequente Erhaltung der Gewebe verbessert dielangfristige Prognose für die Implantateinheilung unddie Liegedauer.

Merke: Spätere augmentative Verfahren zum Kno-

chenaufbau können durch diese primär interzeptive

und interdisziplinäre Vorgehensweise vermieden

werden.

Durch die orthodontische Mesialbewegung von Prä-molaren und die konservierend-prothetische Umge-staltung der Zahnkrone mittels Keramikveneers kön-nen aplastische Oberkiefereckzähne funktionellkomplett ersetzt werden. Bei einer Laterotrusion desUnterkiefers gleiten die Buccalflächen der unterenEckzähne an den Palatinalflächen der neu aufgebautenOberkiefereckzähne so entlang, dass die Seitenzähnediskludieren.

Abb. 11 Intraorale Situation als Erwachsener nach Abschluss der interzeptiven zahnärzt-lichen und kieferorthopädischen Behandlung über mehr als 10 Jahre. Die weitgehende Sta-bilisierung des Gewebes durch die Erhaltung der primären Dentition hat zu einer ästhetischund funktionell ansprechenden Rehabilitation geführt. a Frontalansicht. b Oberkiefer in derAufsicht. c Detailansicht Regio 21 bis 24.

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 9

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Aplastische Oberkiefereckzähne können durch einlangfristiges interzeptives und interdisziplinäres The-rapiekonzept durch die orthodontische Mesialisierungvon Prämolaren und die funktionelle Umgestaltungder Kronenmorphologie komplett ersetzt werden(Abb. 11).

Obwohl die endgültige Therapie von multiplen Apla-sien meist erst im Erwachsengebiss erfolgen kann, istes indiziert, bereits im Rahmen der Wechselgebiss-periode eine langfristige Therapieplanung unter Ein-beziehung von allen zahnärztlichen Fachgebietenaufzustellen.

Fazit

Langfristig erfolgreiche Erwachsenenbehandlungensind überwiegend interdisziplinär angelegt und be-ginnen meist mit einer parodontal-konservierendenVorbehandlung und einer Hygienephase.

Merke: Kieferorthopädische Behandlungen sind

prinzipiell in jedem Lebensalter möglich.

Interdisziplinäre kieferorthopädische Therapiekon-zepte werden prospektiv in enger Absprache mit Paro-dontologen, Prothetikern, Implantologen und Kiefer-chirurgen festgelegt und anschließend in einzelnenBehandlungsphasen klinisch umgesetzt.

Bei der multiplen Aplasie von permanenten Zähnenlässt sich durch die interzeptive Abstimmung einzel-ner Therapieabschnitte während und nach Abschlussdes skeletalen Wachstums über viele Jahre eine Hart-und Weichgewebserhaltung erzielen. Die durch-gehende funktionelle Knochenbelastung erlaubt diephysiologische Erhaltung des Knochenlagers bis zumAbschluss des skelettalen Wachstums. Die umfassen-de Gewebeerhaltung macht eine vollständige funktio-nelle und ästhetische Rehabilitation des Gebissesmöglich.

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Über den Autor

Robert Fuhrmann

Jahrgang 1960, Univ.-Professor Dr. med.

Dr. med. dent., Facharzt für Kiefer-

orthopädie, Direktor der Poliklinik für

Kieferorthopädie der Martin-Luther

Universität Halle. Studium der Human-

und Zahnmedizin an der Universität des

Saarlandes von 1979 – 1988; Promotion

zum Dr. med. 1985; Promotion zum

Dr. med. dent. 1990. Die Fachausbildung zum Kieferortho-

päden begann 1988 in zwei Fachpraxen und wurde am

Universitätsklinikum in Aachen abgeschlossen. Seit 1991

zunächst Assistent, später Oberarzt der Klinik für Kiefer-

orthopädie, der RWTH-Aachen. Habilitation 1995; Ernen-

nung zum Professor 1999, akademischer Ruf an die MLU

2002. Hauptarbeitsgebiete: Ästhetische, forensische und in-

terdisziplinäre Kieferorthopädie, Erwachsenenbehandlung,

orthodontische Mikroimplantate; bildgebende Verfahren,

orofaziale Funktionsdiagnostik und Therapie, Grundlagen-

forschung.

Korrespondenzadresse

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Robert A. W. Fuhrmann

Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg

Universitätspoliklinik für Kieferorthopädie

Große Steinstraße 19

06097 Halle

Telefon: 0345-557-3738

Fax: 0345-557-3767

E-Mail: [email protected]

Internet: www.kiss-orthodontics.de

Literatur

1 Bock J, Bock F, Fuhrmann R. Juristische Aspekte der kieferortho-

pädischen Behandlung unter besonderer Berücksichtigung der

Extraktionstherapie. Die Quintessenz 2004; 55: 643 – 651

2 Diedrich P. Kieferorthopädie zwischen Ästhetik und Funktion.

Schweiz Monatsschr Zahnmed 1995; 105: 491 – 505

3 Diedrich P. Kieferorthopädische Behandlung Erwachsener.

In: Diedrich n (Hrsg.): Kieferorthopädie III. München:

Urban & Fischer 2002: 173 – 208

4 Fuhrmann R. Die kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirur-

gische Behandlung. In: Diedrich n (Hrsg.): Kieferorthopädie III.

München: Urban & Fischer 2002: 102 – 136

5 Fuhrmann R. Risikomanagement für den zahnärztlichen Scha-

densfall. In: Heidemann n (Hrsg): Deutscher Zahnärztekalender

2007. Köln: Deutscher Zahnärzte Verlag 2007: 181 – 192

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 11

Zahnmedizin up2date 1 Π2008

Kieferorthopädie12

CME

1Was ist die dominierende Behand-

lungsmotivation für eine inter-

disziplinäre kieferorthopädischen

bei erwachsenen Patienten?

A Dysfunktionelle Kiefergelenksbeschwerden.

B Erschwerte Mundhygiene.

C Eingeschränkte Kaufunktion.

D Craniofaziale Schmerzen bzw. Tinnitus.

E Ästhetische Wünsche des Patienten.

2Welche therapeutischen Vorhersagen

bezüglich kieferorthopädischer

Behandlung sollten Zahnärzte

möglichst unterlassen?

A Ungefähre Behandlungsdauer.

B Ungefähre Behandlungskosten.

C Mögliche Beschwerden im Behandlungsverlauf.

D Vorhersage des äußeren Erscheinungsbildes.

E Behandlungsbedürftige Karies bzw. notwendige Parodontopathien.

3Nach welchen Überlegungen wählt ein

Fachzahnarzt für Kieferorthopädie die

geeignete Behandlungsmethode bzw.

Apparatur nicht aus?

A Ästhetisches Design.

B Sichtbarkeit.

C Erforderliche Biomechanik.

D Schwierigkeitsgrad der Behandlung.

E Individuellem Behandlungsaufwand.

4Bei welcher Grunderkrankung sollte

man keine kieferorthopädische

Erwachsenenbehandlung anstreben?

A Diabetes mellitus.

B Erheblich beeinträchtigte Gesichtsästhetik.

C Frühere Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte.

D Überlagerte depressive Psychose oder Neurose.

E Konkaves Untergesicht.

5Welche Veränderungen des Kau-

organs im Erwachsengebiss haben

keinen destruktiven Charakter?

A Multipler Zahnverlust.

B Atrophierte Alveolarkämme.

C Parodontopathie.

D Pathologische Zahnwanderungen.

E Aufgeklebter fazialer Schmuckstein an 12.

6Welcher Aspekt ist kein wesent-

licher Faktor einer interdisziplinären

kieferorthopädischen Erwachsenen-

behandlung?

A Mundhygiene.

B Ästhetische Behandlungsplanung.

C Parodontale Prognose der Zähne.

D Kosten-Nutzen-Relation.

E Bisher verwendete Zahnpasta.

CME-Fragen Die folgenden Fragen beziehen sich auf den vorangehenden Beitrag. Sie können uns die

entsprechenden Antworten entweder online unter http://cme.thieme.de oder durch das

CME-Teilnahmeheft hinten in dieser Zeitschrift zukommen lassen. Jeweils eine Antwort

ist richtig. Die Vergabe von CME-Punkten ist an die korrekte Beantwortung der Multiple-

Choice-Fragen gebunden.

Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener 13

CME

7Welcher Aspekt steht nicht im

Vordergrund der präorthodontischen

Behandlungsphase?

A Zahnstellung.

B Hygieneinstruktionen.

C Scaling.

D Kürettage.

E Kariestherapie.

8Welche Behandlungsmaßnahme

gehört nicht in die orthodontische

Behandlungsphase?

A Bracketfixation.

B Wechsel des Drahtbogens.

C Eingliederung einer Implantatsuprakonstruktion.

D Körperliche Zahnbewegung.

E Pfeileraufrichtung.

9Welches Teilgebiet ist nicht Pfeiler

der kieferorthopädischen Erwach-

senenbehandlung?

A Kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie.

B Präprothetische Pfeileraufrichtung und Verteilung.

C Reorientierung aufgefächerter Frontzähne.

D Versorgung atrophierter Alveolarkämme.

E Auflösung des Engstandes.

10Was ist ein skeletaler Verankerungs-

aufbau in der Kieferorthopädie?

A Einsatz von okzipitalem Headgear.

B Einsatz von Transpalatinalbügel.

C Einsatz von orthodontischen Minischrauben.

D Einsatz einer Delaire-Maske.

E Einsatz von modifizierter Nance-Apparatur.

CME-Fragen Interdisziplinäre kieferorthopädische Behandlung Erwachsener