29
Prof. Dr. Siegfried Stumpf Interkulturelle Assessment Center in der Personalauswahl und -entwicklung

Interkulturelle Assessment Center in der Personalauswahl ... · Prof. Dr. Siegfried Stumpf • Kurze Einführung in die Assessment-Center-Technik • Interkulturelle Varianten des

Embed Size (px)

Citation preview

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Interkulturelle Assessment Center in der

Personalauswahl und -entwicklung

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

• Kurze Einführung in die Assessment-Center-Technik

• Interkulturelle Varianten des Assessment Centers aufzeigen

• Ein Projekt zur Entwicklung und Implementierung eines interkulturellen Assessment Centers beschreiben

Ziel der Präsentation

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

1. Grundsätzliches zum Instrument Assessment Center

2. Arten interkultureller Assessment Center

3. FAIJU: Ein Förder-Assessment-Center für MitarbeiterInnen aus der Internationalen Jugendarbeit

4. Fazit

Aufbau der Präsentation

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Grundsätzliches: Begriffsklärung

Assessment Center (AC) := Verfahren, bei dem mehrere Personen über mehrere Tage mehrere Aufgaben/Übungen zu bewältigen haben und dabei von mehreren

Beobachtern hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeiten beurteilt werden

Personal-auswahl

Personal-entwicklung

Ziel

Grundprinzipien: • Aufgabenvielfalt

• Beobachtervielfalt

• Simulationsprinzip

• Verhaltensorientierung

Entwicklungs-ACs

Auswahl-ACs

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Grundsätzliches: Historisches und Verbreitung

• Wurzeln liegen im militärischen Bereich: Offiziersauswahl der deutschenReichswehr (ca. 1925)

• Nach dem II. Weltkrieg erste Einsätze in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung, vor allem in GB und USA (z.B. AT&T, 1955-1965)

• In Deutschland 1957 Bundeswehr (ACs als Auswahlinstrument für Offiziersanwärter), 1969 erstes AC im Wirtschaftsbereich (IBM)

• 1990 führen 53% der umsatzstärksten Unternehmen in Dtl. ACs durch

• Aktuelle Befragungsstudie von 2001: 1560 Unternehmen in Dtl., A, Schweiz • Rücklauf: 281 Unternehmen (18%)• 50% dieser Unternehmen setzen ACs ein.• Anwendungshäufigkeit in letzten fünf Jahren: 53% , 35% .• 22% führen ACs für organisationsinterne Zielgruppen durch, 20% für

organisationsexterne Zielgruppen, 59% für beides.• Ziele bei organisationsinternen Zielgruppen: Personalauswahl 33%;

Potenzialanalyse, Karriereplanung 72%; Feststellung Entwicklungs-/ Trainingsbedarf 58%.

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Grundsätzliches: Teilkomponenten eines ACs

Anforderungs-profil Übungen

Beobachtungs- undBeurteilungsverfahren

Rückmelde-verfahren

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Grundsätzliches: Teilkomponenten eines ACs

Nennt und beschreibt die Fähigkeitsmerkmale, die Personenbenötigen, um den sich im Tätigkeitsfeld stellenden Handlungsanforderungen gerecht zu werden.

Repräsentieren und simulieren zentrale und für das Tätigkeitsfeldtypische Anforderungssituationen. Kandidaten absolvierenÜbungen und zeigen dabei Verhalten.

Beim Absolvieren der Übungen werden die Kandidatensystematisch und im Hinblick auf das Anforderungsprofil beobachtet und beurteilt.

Die Ergebnisse werden jedem Kandidaten in systematischer,differenzierter und wertschätzender Weise mitgeteilt.

Anforderungs-profil

Übungen

Beobachtungs- undBeurteilungsverfahren

Rückmelde-verfahren

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Grundsätzliches: Wissenschaftliche Erkenntnisse zu ACs

• Gute Prognose des Erfolges in einem Handlungsfeld (Kriteriumsvalidität: Leistungskriterien, Karriere ...; r = .37)

• Leistungen in einer Anforderungsdimension sind zum Teil übungsabhängig, Leistungen in verschiedenen Anforderungsdimensionen in einer Übung hängen tendenziell zusammen (Problem der Konstruktvalidität).

• Akzeptanz des Verfahrens seitens der Kandidaten in der Regel hoch (soziale Validität)

• Förderaspekt von ACs:

Umsetzung der AC-Ergebnisse hängt ab von ...

• Qualität des Feedbacks (Konkretheit, Nachvollziehbarkeit ...)

• Unterstützungsaktivitäten durch Organisation (Beratung, Training ...)

• Kandidatenmerkmalen (Weiterentwicklungsmotivation ...)

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Formen interkultureller Assessment Center

Was mit dem Begriff "interkulturelles AC" gemeint sein kann:

• Kandidaten und/oder Beobachter haben unterschiedliche Nationalitäten

• Ein AC wird in unterschiedlichen Ländern/Kulturen eingesetzt

• AC zur Diagnose von Handlungskompetenz in fremdkulturellen Situationskontexten

Trends in der praktischen Anwendung der Assessment-Center-Methodik(vgl. z.B. Lievens & Thornton, 2005):

• Internationalisierung des Instrumentes (z.B. ACs mit internationalen Zielgruppen)

• Dabei aber viele offene Fragen und Defizit an wissenschaftlichen Studien

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Tätigkeitsunspezifisch

Tätigkeitsspezifisch

Kultur-übergreifend

Kultur-spezifisch

Kulturübergreifende, tätigkeitsunspezifische ACs

Kulturübergreifende, tätigkeitsspezifische ACs

Kulturspezifische, tätigkeitsunspezifische ACs

Kulturspezifische, tätigkeitsspezifische ACs

Subformen von Assessment Centern zur Diagnose von Handlungskompetenz in fremdkulturellen Kontexten

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Funktionen: • Unterstützung bei Entwicklung

(z.B. Datenerhebung, Probeläufe)• Prüfung und Anpassung der

Zwischen- und Endprodukte (Praxisrelevanz u. -tauglichkeit …)

• Marketing• Implementierung in Organisationen

Entwicklungs-AG

AuftraggeberIJAB e.V.

DSJAEJ AFS Trans-

fer eV

Auftragnehmeriko

Forscher-Praktiker-Kooperation

FAIJU: Entwicklungsprozess - Projektorganisation

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Projektkonzeption

Anforderungsanalyse

Übungskonstruktion

Beobachtungs-, Beurteilungs-und Rückmeldeinstrumente

Organisatorische Hilfsmittel

Probeläufe

Erstdurchlauf

Sta

ndar

ds d

er A

C-T

echn

ik a

ls

Leitl

inie

zur

Qua

lität

ssic

heru

ng

FAIJU: Entwicklungsprozess - Projektablauf

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Klassifikationvon Anforderungssituationen

Anforderungs-profil

ÜbungskonstruktionBeobachtungs-, Beurteilungs- und

Rückmeldungssystematik

Schriftliche Befragungmittels Kritischem-Ereignis-Bogen

(N = 30)

Einzelinterviews(N =9)

Anforderungsanalyse

Ziel

Methoden

Zielgruppe:Generalist/innen der

Internationalen Jugendarbeit(leiten, führen, entwickeln)

FAIJU: Methodik der FAIJU-Entwicklung

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

• Strukturiertheit

• Selbstbewusstsein & sicheres Auftreten

• Teamorientierung

• Konfliktfähigkeit

• Kreativität & Flexibilität

• Einfühlungsvermögen

• Perspektivenübernahme & Selbstreflexion

FAIJU-Komponenten: Anforderungsprofil - Anforderungsmerkmale

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Dimensionsbenennung

Inhaltliche Definition

Inhaltliche Verankerung

Inhaltliche Verankerung

Inhaltliche Verankerung

zu wenig

erwünscht

zu viel

FAIJU-Komponenten: Anforderungsprofil - Formaler Aufbau

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Konzeption, Vorbereitung und Planung einer Maßnahme des internat. Jugendaustausches

Konflikte und Spannungen im Leitungsteam

Vorgehen bei inhaltlichen, methodischen und organisat. Problemen während Maßnahme

Umgang mit „schwierigen“ Teilnehmenden während Maßnahme

Intergruppenprobleme bei der Maßnahmendurchführung

Unterstützung und Begleitung von Personen während Akkulturationsprozess

Postkorb (Einzelübung)

Gruppendiskussion(Gruppenübung mit Rollenspieler)

Präsentation(Einzelübung)

Teilnehmergespräch(Einzelübung mit Rollenspieler)

Gruppensituation(Gruppenübung)

Beratungsgespräch(Einzelübung mit Rollenspieler)

FAIJU-Komponenten: Situationsklassen und Übungen

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

444333Gesamt

4XXXXPerspektivenübern.& Selbstreflexion

3XXXEinfühlungs-vermögen

2XXKreativität & Flexibilität

3XXXKonfliktfähigkeit

3XXXTeamorientierung

3XXXSelbstbewusstsein & sicheres Auftret.

3XXXStrukturiertheit

Ge-samt

Berat.-gespräch

Gruppen-situation

TN-Gespräch

Präsen-tation

Gruppen-diskuss.

Post-korb

FAIJU-Komponenten: Anforderungs-Übungs-Matrix

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Einlesen

Bewertung

Übung

Beobachter protokollieren

Verhalten

Beobachtungs-bogen

Schriftliche Verhaltens-bewertung

Bewertungs-bogen

Ratingurteilzum

Verhalten

Bewertungs-bogen

FAIJU-Komponenten: Beobachtungs- und Beurteilungsprozess

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Einfühlungsvermögen (Empathie) bedeutet, dass sich die Person gut in ihr Gegenüber hineinversetzen und ihre/seine Gefühle nachempfinden kann. Hierbei ist vor allem der emotionale Aspekt von Bedeutung: Die Person spürt z.B., dass irgendetwas nicht stimmt oder ein/e Teilnehmer/in ein unausgesprochenes Anliegen oder Problem hat, was ihr erst die Möglichkeit gibt, Dinge anzusprechen oder Probleme zu klären. Einfühlungsvermögen zeigt sich im Erkennen und Aufgreifen unausgesprochener Probleme, im aufmerksamen Zuhören und im Ernstnehmen von Problemen und Gefühlen anderer.

Dimension: Einfühlungsvermögen

Übung: Beratungsgespräch

• geht ausschließlich auf die Gefühle der Gesprächspartner ein, nicht auf die inhaltlichen Punkte

• spricht Verständnis für die Gefühle der Gastmutter/ des Austauschschülers aus

• zeigt mit "mhm" oder Ähnlichem an, dass sie den/die Gesprächspartner/in verstanden hat

• geht nicht auf Ärger/Gefühle der Gastmutter/des Austauschschülers ein

• zeigt unbewegte Mimik

zu wenig erwünscht zu viel

FAIJU-Komponenten: Verhaltensanker zur Beurteilungsunterstützung

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Generalist/innen der internationalen Jugendarbeit

Interkulturelles Tätigkeitsfeld

Einfühlungs-vermögen

Perspektiven-übernahme,

Selbstreflexion

Selbst-bewusstsein,

sicher. Auftret.

Strukturiert-heit

Team-orientierung

Konflikt-fähigkeit

Kreativität,Flexibilität

Passung ?

Forschungsergebnisse Persönlichkeitsmerkmale interkultureller Handlungskompetenz

FAIJU als Instrument zur Diagnose interkultureller Handlungskompetenz

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Einfühlungs-vermögen

Perspektiven-übernahme,

SelbstreflexionSelbst-

bewusstsein, sicher. Auftret.

Strukturiert-heit

Team-orientierung

Konflikt-fähigkeit Kreativität,

Flexibilität

Forschungsergebnisse Persönlichkeitsmerkmale interkultureller Handlungskompetenz

(vgl. z.B. Hatzer & Layes, 2003; Stahl, 1998; Kealey, 1996; Kealey & Ruben, 1983)

FAIJU

EinfühlungsvermögenFähigkeit zur

Perspektivenübernahme

SelbstreflexionVeränderungs- und

Lernbereitschaft

Ambiguitätstoleranz

Rollenflexibilität

Zielorientierung

Positives Selbstkonzept

SozialeProblemlösungs-

kompetenz

Frustrations-toleranz

Geduld

Offenheit & Non-Ethnozentrismus

Toleranz

Kontakt-freudigkeit

Optimismus

Passung ?

FAIJU als Instrument zur Diagnose interkultureller Handlungskompetenz

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Einführung

Vorabend

Selbsteinschätzung

Tag 1+ 2

Beobachtungen,Bewertungen

Übung1

Feedback zu Übung 1

Tandemgespräch

......

Abschluss

Übung 2

Beobachtungen,Bewertungen

Feedback zu Übung 2

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- die Kurzversion

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Beobachtungen, Bewertungen

Tag 1+ 2

Absolvierung der Übungen

Tag 3Beobachter-konferenz

Rückmelde-gespräche

Tag 4Gesamt-

gutachten

Vorabend

Einführung

Selbsteinschätzung

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- die Langversion

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Vorteile Kurzversion

• An einem Wochenende durchführbar

• Höhere Affinität zur Organisationskultur in der internationalen Jugendarbeit

Vorteile Langversion

• Differenzierteres Ergebnis

• Bessere Ausgangsposition für gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- Unterschiede der Versionen

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

• Langversion

• 10 Teilnehmer/innen aus verschiedenen Organisationen

• 6 vorab für FAIJU trainierte Beobachter/innen

• 4 Rollenspieler/innen

• Externer Moderator bei der Beobachter(innen)konferenz

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- Eckdaten Erstdurchführung

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Erläuterung: • 43 Items. N = 9.• Skalierung: 1 = stimmt nicht; 2 = stimmt wenig; 3 = stimmt mittelmäßig; 4 = stimmt ziemlich; 5 = stimmt sehr• Mittelwerte aller Items: 3,44 – 4,88. Ausnahme: „Meine Organisation hat mich gut auf FAIJU vorbereitet“ (Mittelwert: 1,7)

4,6

4,6

4,3

4,1

4,8

4,8

4,8

4,9

4,1

3,9

1,7

1 2 3 4 5

Kann FAIJU mit gutem Gewissen weiter empfehlen

FAIJU insgesamt war transparent

Teilnahme an FAIJU war für mich erkenntnisreich

Durch FAIJU weiss ich mehr über meine Stärken undSchwächen

Fühlte mich als Person ernstgenommen

Feedbackgeber/in war kompetent

Gesamtgutachten war verständlich formuliert

Feedback bezog sich auf konkrete Verhaltensweisen

Bezug der Übungen zu Arbeitsalltag ist deutlich

FAIJU-Anforderungsdimensionen sind zentral ininternat. Jugendarbeit

Meine Organisation hat mich gut auf FAIJU vorbereitet

Mittelwert

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- Akzeptanz bei Teilnehmenden

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

Schwierigkeitsgrad

Anteil „Erwünscht“-Ratings

58%-75%63%Dimensionen

46%-88%63%Übungen

SpannweiteMittelwert

Teilnehmer-Differenzierung

343Anteil TN

> 75%50%-75%< 50%

Anteil „Erwünscht“-Ratings

Differenzierbarkeit Dimensionen

Pearson-Korrelationskoeffizienten von -.35 bis .61

FAIJU: Durchführungsvarianten und Erfahrungen- Innere Struktur des Verfahrens

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

• Bisher vier Durchführungen und weitere Durchführungen geplant

• Unterschiedlich starke Verankerung in verschiedenen Organisationen internationaler Jugendarbeit (Zeit- und Organisationsaufwand)

• Weitere Organisationen internationaler Jugendarbeit kommen im Anwenderkreis dazu

• Einrichtung und kontinuierliche Treffen eines Qualitätszirkels zu diesem Instrument

• Dissertation zur Evaluation von FAIJU (u.a. im Hinblick auf die Förderwirkung)

FAIJU: Gegenwärtiger Implementierungsstand und Ausblick

Prof. Dr. Siegfried Stumpf

• Assessment Center können für international agierende Organisationen sinnvoll eingesetzt werden.

• Eine Voraussetzung hierfür ist eine angemessene Anforderungsanalyse: In welchen Situationen muss sich ein Akteur bewähren? Was ist dabei ein produktives Verhalten, was ein nicht-produktives Verhalten? Perspektiven ("Kultur") der Personen, die sich in diesem Handlungsfeld bewegen, Ernst nehmen, erfassen und im AC abbilden.

• Verträglichkeit der Assessment-Center-Methodik mit spezifischen (kulturell geformten) Einsatzbedingungen vorab prüfen.

• Bei mehrkulturellem Teilnehmerkreis für Kulturfairness Sorge tragen: Keine Benachteiligung von Personen aus spezifischen Kulturen durch Faktoren, die für die zu messenden Fähigkeiten irrelevant sind (z.B. Übungsinstruktionen in Fremdsprache zu kompliziert formuliert).

• Jedes Assessment Center evaluieren (Akzeptanz, Innere Struktur, Aussagekraft und ggf. Förderwirkungen)

Fazit