34
SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 1 Ist das 2-Grad-Ziel realistisch? Welche Anstrengungen sind politisch und wirtschaftlich als nächste Schritte notwendig? Thementagung des Climate Service Centre Unter 2 Grad: Wie lassen sich der Klimawandel und seine Folgen begrenzen?“ Leipzig, 21.1.2011 Bernd Hansjürgens

Ist das 2-Grad-Ziel realistisch? Welche Anstrengungen sind politisch … · 2011. 1. 25. · SEITE 4 SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES Das 2-Grad-Ziel – zwei Funktionslogiken 1. Politisch-symbolische

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 1

    Ist das 2-Grad-Ziel realistisch? Welche Anstrengungen sind politisch und wirtschaftlich als nächste Schritte

    notwendig?

    Thementagung des Climate Service Centre „Unter 2 Grad: Wie lassen sich der Klimawandel und

    seine Folgen begrenzen?“

    Leipzig, 21.1.2011

    Bernd Hansjürgens

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 2

    1. Zum 2-Grad-Ziel

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 3

    Hintergrund: Stabilisierungsniveaus von Treibhausgasen und erwarteter Temperaturanstieg r

    Source: Stern (2008)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 4

    Das 2-Grad-Ziel – zwei Funktionslogiken

    1.  Politisch-symbolische Funktionslogik: -  Einprägsame Orientierung für eine

    ambitionierte, aber gerade noch realistische Klimapolitik

    -  Schon länger verankert in der EU, bestätigt in Kopenhagen und Cancun für die internationale Ebene

    2.  Wissenschaftliche Funktionslogik: - Der Nachweis gemäßigter, gerade noch

    zu verkraftender Klimawirkungen - Was heißt: „gerade noch zu

    verkraften“?

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 5

    Die wissenschaftliche Fundierung des 2-Grad-Ziels ist umstritten

    Beispiel Korallenriffe

    (TEEB Studie)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 6

    •  Tropische Korallenriffe machen nur etwa 1 Prozent der Weltmeere aus •  Sie beherbegen 25 % der marinen Biodiversität •  ca. 500 Mio. Menschen hängen von ihren Leistungen ab

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 7

    G

    H

    •  Korallenbleiche setzt schon bei 340 ppm ein.

    •  Bei der heutigen CO2-Konzentration von 389 ppm wird sich der Zustand der meisten Korallenriffe unwiederbringlich verschlechtern: verstärkte Korallenbleiche, schlechtere Wasserqualität, heftige Wetterereignisse…

    •  Bei 450 ppm (die etwa um 2030 – 2040 zu erwarten sind) wird es einen rapiden Niedergang der Korallenriffe geben, mit vollständigem Verlust der Ökosystemfunktionen für die Menschen.

    Korallenriffe: Kritische Bedeutung einer Konzentration

    von < 350 ppm (Veron et al. 2009, weitere…)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 8

    WHAT WE THINK CORAL REEFS LOOK LIKE…

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 9

    WHAT CORAL REEFS MAY ACTUALLY LOOK LIKE…

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 10

    2. Ist das 2-Grad-Ziel realistisch?

    … ökonomisch und politisch erreichbar? …

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 11 Quelle: Raupach et al. (2009), in: Richardson et al., Climate Change: Global Risks, Challenges & Decisions

    Glo

    bale

    CO

    2-E

    mis

    sion

    en g

    egen

    SR

    ES

    -Sze

    narie

    n

    Gemessene CO2-Emissionen gegen Emissionsszenarien

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 12

    Emissionen eines globalen CO2-Budgets von 750 Gt

    Emissionspfade zur maximalen globalen Emission von 750 Gt im Zeitraum 2010 – 2050. Damit würde die Erderwärmung mit 67prozentiger Wahrscheinlichkeit auf 2°C begrenzt.

    Quelle: WBGU (2009)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 13

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 14

    Zwischenfazit:

    •  Das 2-Grad-Ziel ist ökonomisch und politisch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreichbar.

    •  Es treten Klimafolgen in einem Ausmaß auf, die wir uns z.T. noch gar nicht vorstellen können.

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 15

    Klimafolgen Waldschäden

    Schädlingsausbreitung

    Schädlingsbekämpfung

    Rückgang Bestäuber

    Stadtflucht

    Malaria, Dengue? Biodiversitätsverlust

    Hitzewellen

    Krankheitsüberträger

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 16

    Klimafolgen

    Hochwasser

    Sturmfluten

    Klimaflüchtlinge

    Schneeschmelze

    Wassermangel

    Ausgetrocknete Flüsse (Rhein)

    Gletscherschmelze

    Wintertourismus?

    Missernten

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 17

    Klimaänderung und Wasserhaushalt: meteorologische Dürre

    0 50 100 150 Tage

    Maximale Länge von Trockenperioden (Tage) 2071 – 2100

    Datengrundlage: ENSEMBLES data, METEO-HC – RegCM3

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 18 Quelle: Pompe, Badeck, Hanspach, Klotz, Thuiller & Kühn, 2008, Biology Letters 4, 564–567

    Klimafolgen und Biodiversität Artenwandel in Deutschland bis 2080

    Je größer der Klima- und Landnutzungswandel, desto größer der Artenwandel

    SEDG (Klima: B1)

    BAMBU (Klima: A2)

    GRAS (Klima: A1FI)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 19

    3. Welche Anstrengungen sind politisch und wirtschaftlich als nächste Schritte notwendig?

    Zwei Vorüberlegungen: a) Ökonomische Dimension des Problems b) Es geht um Architekturen

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 20

    Klimawandel: Die ökonomische Dimension des Problems

    1.  Die Nutzen des Klimaschutzes sind positiv, aber unsicher.

    2.  Treibhausgase sind Bestandsgrößen (stock pollutants).

    3.  Mitigation ist ein globales Problem, bei dem es keine regulierende (Welt-) Behörde gibt.

      Minimiere die Kosten! („Wo-, Wann-, Was-Flexibilität“)

      Du magst langsam starten, aber starte bald!

      Schließe sich selbstdurch-setzende Verträge ab ! (kleine Anzahl, proportionale Kosten)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 21

    Es geht nicht um Politiken (die kann man korrigieren) ,

    sondern um mehr…

    … um (eine) Architektur(en)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 22

    „When time is measured in centuries, the creation of durable institutions and frameworks seems both logically prior and more important than the choice of a particular policy program that will almost surely be viewed as too strong or too weak within a decade. (We need the) establishment of effective institutions for policymaking, as well as a policy architecture that permits efficient transitions between particular policies.“ (Schmalensee 1998: 141)

    Was meint „Architekturen“?

    Beispiele (außerhalb des ICCP): IWF und Weltbank, WTO, Nuklearverträge

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 23

    Welche Arten von Architekturen kann man sich vorstellen?

    1) Die gotische Klima-Kathedrale…

    2) Klima-Favelas…

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 24

    (Klima-)Kathedrale

    -  Top-down-Ansatz: - möglichst alle Staaten, - alle Treibhausgase, - absolute Emissionsbegrenzungen, - Zeitvorgaben und Quoten, - „gerechte“ Lastenverteilung als Prinzip, - Formeln für Minderungsleistungen, - …

    - kunstvoll, sorgsam und lange geplant, Zusammenfügung zahlreicher Elemente - ein ganzheitlicher Rahmen für die Klimapolitik - der „Global Deal“

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 25

    Emissionen eines globalen CO2-Budgets von 750 Gt

    Emissionspfade zur maximalen globalen Emission von 750 Gt im Zeitraum 2010 – 2050. Damit würde die Erderwärmung mit 67prozentiger Wahrscheinlichkeit auf 2°C begrenzt.

    Quelle: WBGU (2009)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 26

    Globale Emissionen pro Kopf: Geschichte und Entwicklung (1965 – 2050)

    Source: Stern Report (2007)

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 27

    Kyoto war der (erste) Versuch einer solchen Klima-Kathedrale

    - geringe erzielte Reduktionen - völlig unzureichende Partizipation - allenfalls marktwirtschaftliche Instrumente

    Aber: Kyoto ist (weitgehend) gescheitert:

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 28

    Kritik am Bau der Kathedrale:

    - Keine oder unzureichende Flexibilität - Verkennung des Charakters der Umweltproblematik als öffentliches Gut - hohe Transaktions- und Abstimmungskosten - setzt starke internationale Institutionen und Organisationen voraus

    Ansatz ist technokratisch geprägt, nach physikalischer Funktionslogik, nicht nach politischer / ökonomischer… …für gesellschaftliche und zwischenstaatliche Prozesse geeignet?

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 29

    Klima-Favela - ohne Anspruch auf Vollständigkeit

    - beruhend auf nationalen Aktivitäten

    - „ungeordnetes“ Nebeneinander von Aktivitäten (Wald, Technologietransfer, Kyoto-Klub, Anpassungsfonds, Carbon Trading…)

    - möglicherweise anschließende Verknüpfung

    - besondere Bedeutung des „Clubgedankens“

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 30

    Haupt-Emittenten 2007

    ~ 80 %

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 31

    Wenn überhaupt eine globale Klima-Architektur entsteht, dann passiert dies „evolutorisch“ auf

    Basis dessen, was existiert.

    Es existieren nationale Politikansätze und Institutionen, somit „fragmentierte“ Ansätze.

    Die Entwicklung einer internationalen Klima-Architektur (sofern sie überhaupt kommt)

    erfordert Zeit, gegenseitiges Lernen und einen langwierigen Abstimmungsprozess im Rahmen

    verbundener Systeme.

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 32

    Welche Anstrengungen sind politisch und wirtschaftlich als nächste Schritte notwendig? 1. „Kontrolliertes“, paralleles Vorgehen (globaler Kohlenstoffmarkt, Technologietransfer, Erhöhung der Partizipation, nationale oder regionale Verbünde, REDD, Klimaanpassungsfonds…)

    2. Post-Kyoto ist nicht aus der Welt, wird aber vermutlich nicht die einzige Lösung sein

    3. Das 2-Grad-Ziel ist dafür (weiterhin) politisch-symbolisch eine wichtige Richtschnur.

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 33

    Es ist gut, dass das 2-Grad-Ziel formuliert wurde.

    Es ist nicht gut, wenn man die Realität dauerhaft ignoriert.

  • SUSTAINABLE USE OF LANDSCAPES SEITE 34

    Vielen Dank