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235 CHEMISCHE REVUE. Heft 10. - Jahresbericht auf dem Gebiete der Fette, Oele und Wachsarten Er das Jahr 1911. Von Prof. Dr. W. He r b i g , Chernnitz. portsetrung.) 6. Arbeiten anf dem Gebiete der technischen Terwendnng der Pette und Oele. I. Fe t t ex t r akt io n , Fe t t g e w in nu n g, Ha n d e 1 s stat is t is c h e s. Ein Verfahren zum Extrahieren von Fettstoffen mit Tetrachlorkohlenstoff und ein dazu gehoriger Apparat wurde nach dem D. R. P. 229626 von Paul Bernard- Lomme bei Lill e') beschrieben. DieHoffnungen, die man in der Fettextraktionsindustrie auf den Tetrachlorkohlenstoff als Benzin- ersatzmittel gesetzt hatte, haben sich nach einem Aufsatz von Bela Lach') nicht erfullt. Die Zersetzlichkeit des CCla durch Wasserdampf in Kohlensaure und Salzsaure, der dadurch bedingte Materialverlust und die Zerstorung der Apparate durch die Salzsaure gaben Veranlassung , den *Tetra 6 durch andere Extraktionsmittel zu ersetzen. Bela Lach be- schrieb die Anwendung des Trichlor- athylen, kurz *Tric genannt, das, aus Azetylen und Chlor hergestellt, eine bei 88 O siedende spezifisch schwere Flussigkeit (spez. Gew. = 1,47) darstellt. Den Vorteilen dieses neuen Losungsmittels, die unter anderen be- sonders in der absoluten Feuersicherheit und dem Ausbringen eines hellen geruchlosen Knochenfettes bestehen, stellt sich der allerdings noch hohe Preis (100 kg kosten 100 Kronen, 100 kg Benzin 20-25 Kronen) entgegen. Ueber die in einer modernen Olivenolfabrik ver- wendeten Apparate, Kollergange, hy- draulischen Pressen und Oelseparatoren berichtete R. Gageys). Auf dem Oelkultur- kongress zu Sousse besprach Fleury du Sert4) die Anwendung der Zentrifugalkraft bei der Dekantierung der Olivenole und die Erfahrungen, die wahrend einer Karnpagne bei Gewinnung von 200 tons Olivenol mit der Oel- zentrifuge gesamrnelt worden sind. Auf dem- selben Kongress behandelte M. Bertainchaud6) die Trennung des Fruchtwassers vom Olivenol mittels der Turbine von Burmester und be- richtete uber Versuche mit der kontinuierlichen Oelpresse, System Colin. Mittels des gewohn- lichen Kollerganges und der hydraulischen Presse werden aus 100 kg Oliven 24 kg Oel erstcr -- l) Seifens.-Ztg. 1911, p.. 343. ') Seifens.-Ztg. 1911, p. 394. 8) 0.: Seifens.-Ztg. 1911, p. 393. 4) .%ifens.-Ztg. 1911, p. 504. Seifens,-Ztg. 1911, p. 444. und zweiter Pressung, 2-2,5 kg Hollenol, 4 kg Tresterol, 35 kg Trester und 36 kg Frucht- wasser gewonnen; insgesamt 30 kg Oel, von denen 80% als Speiseol verwendbar sind, mittels der kontinuierlichen Presse aber nur 20 kg Oel, von denen nut- 67 Y. Speiseol dar- stellen. Der Verband der deutschen Oel- muhlen veroffentlichte fur die Fett- bestimmung von Kopra eine Analysen- vorschrift'), die sich a h absolut zuverlassig erwiesen haben soll. An dieser Stelle mag auch der Grasser-Allen'sche Apparat Erwahnung finden, der sich nach einer Mit- teilung des Laboratoriums fur die Oel- und Fettindustrie von Lou is Allen- Ham b u r ga) zur Extraktion fetthaltiger Materialien sehr gut bewahrt hat. Ueber die Palmol- und Palmkern- gewinnung in den westafrikanischen Kolonien berichtete Ernst Gips3), wobei einige Anlagen nach dern sogenannten nassen Verfahren von H a a; ke , dem trockenen Ver- fahren von Fournier, die dazugehorigen Maschinen, endlich die Gewinnung des Palm- oles dvrch die Eingeborenen beschrieben und durch Abbildungen erlautert wurden. Neu- erungen auf dem Gebiete der Oel- fa br i ka t ion erorterte Louis Hoffman n4), wobei besonders die V e r besserungen an den Oelpressen und den Pressplatten berucksichtigt wurden. Im V. St. Am. Pat. 991419, angemeldet 9. Januar 1911, wurde von Chs. Edgerton5) ein Apparat beschrieben, der zur Gewinnung von Fetten und Oelen aus Ab- wassern dienen soll. Zum ununterbrochenen Ausschmelzen von Fett ist im D. B. P. 229004 Gustav HonnickeO) in Berlin ein Verfahren und eine Vorrichtung patentiert worden, die aus einer in der Bewegungsrichtung des Schmelz- gutes aufsteigend gelagerten Mulde und darin umlaufenden Forderschnecke besteht, deren Windungen ganz oder teilweise gelocht sind. Ueber die Industrie der Oele und Fette in den Niederlanden') finden sich in einem von der Handelsabteilung des niederlandischen Ministeriums fur Landwirtschaft, Industrie und I) Seifcns.-Ztg. 1911, p. 748. ' ) 0.: Chem. Revue 1911, p. 219. ') Seifens -2tg. 1911, p. 741. 3 Seifens.-Ztg. 1911, p. 115. ') Chem.-Ztg., Rep. 1911, p. 480. ') Chem. Rev. 1911, p. 147. ') Seifens.Ztg. 1911, p. 5.

Jahresbericht auf dem Gebiete der Fette, Oele und Wachsarten für das Jahr 1911

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235 CHEMISCHE REVUE. Heft 10. - Jahresbericht auf dem Gebiete der Fette, Oele und Wachsarten

Er das Jahr 1911. Von Prof. Dr. W. H e r b i g , Chernnitz. portsetrung.)

6. Arbeiten anf dem Gebiete der technischen Terwendnng der Pette und Oele.

I. F e t t e x t r a k t i o n , F e t t g e w i n n u n g, H a n d e 1 s s t a t i s t is c h e s.

Ein Verfahren zum E x t r a h i e r e n von Fet ts toffen mit T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f und ein dazu gehoriger Apparat wurde nach dem D. R. P. 229626 von Pau l Bernard- Lomme bei Lill e') beschrieben. DieHoffnungen, die man in der Fettextraktionsindustrie auf den Te t r ach lo rkoh lens to f f a l s Benzin- e r sa t zmi t t e l gesetzt hatte, haben sich nach einem Aufsatz von Bela Lach') nicht erfullt. Die Zersetzlichkeit des CCla durch Wasserdampf in Kohlensaure und Salzsaure, der dadurch bedingte Materialverlust und die Zerstorung der Apparate durch die Salzsaure gaben Veranlassung , den *Tetra 6 durch andere Extraktionsmittel zu ersetzen. Bela L a c h be - s ch r i eb d i e Anwendung des Tr i ch lo r - a t h y l e n , ku rz * T r i c genannt , das, aus Azetylen und Chlor hergestellt, eine bei 88 O

siedende spezifisch schwere Flussigkeit (spez. Gew. = 1,47) darstellt. Den Vorteilen dieses neuen Losungsmittels, die unter anderen be- sonders in der absoluten Feuersicherheit und dem Ausbringen eines hellen geruchlosen Knochenfettes bestehen, stellt sich der allerdings noch hohe Preis (100 kg kosten 100 Kronen, 100 kg Benzin 20-25 Kronen) entgegen. Ueber die in einer modernen Olivenolfabrik ver- wendeten A p p a r a t e , K o l l e r g a n g e , h y - draul ischen Pressen und Oe l sepa ra to ren berichtete R. Gageys). Auf dem Oelkultur- kongress zu Sousse besprach F l e u r y du Sert4) d i e Anwendung de r Zen t r i fuga lk ra f t bei de r Dekan t i e rung de r Olivenole und die Erfahrungen, die wahrend einer Karnpagne bei Gewinnung von 200 tons Olivenol mit der Oel- zentrifuge gesamrnelt worden sind. Auf dem- selben Kongress behandelte M. Bertainchaud6) die Trennung des Fruchtwassers vom Olivenol mittels der Turbine von Burmester und be- richtete uber Versuche mit der kontinuierlichen Oelpresse, System Colin. Mittels des gewohn- lichen Kollerganges und der hydraulischen Presse werden aus 100 kg Oliven 24 kg Oel erstcr --

l) Seifens.-Ztg. 1911, p.. 343. ') Seifens.-Ztg. 1911, p. 394. 8 ) 0.: Seifens.-Ztg. 1911, p. 393. 4) .%ifens.-Ztg. 1911, p. 504.

Seifens,-Ztg. 1911, p. 444.

und zweiter Pressung, 2-2,5 kg Hollenol, 4 kg Tresterol, 35 kg Trester und 36 kg Frucht- wasser gewonnen; insgesamt 30 kg Oel, von denen 80% als Speiseol verwendbar sind, mittels der kontinuierlichen Presse aber nur 20 kg Oel, von denen nut- 67 Y. Speiseol dar- stellen. D e r Verband d e r deu t schen Oel- muhlen ve ro f fen t l i ch te fu r d i e F e t t - best immung von K o p r a e ine Ana lysen - vorschrift '), die sich a h absolut zuverlassig erwiesen haben soll. An dieser Stelle mag auch der Grasse r -Al l en ' s che A p p a r a t Erwahnung finden, der sich nach einer Mit- teilung des Laboratoriums fur die Oel- und Fettindustrie von Lou is Allen- Ham b u r ga) zur Extraktion fetthaltiger Materialien sehr gut bewahrt hat.

Ueber die Palmol- und Palmkern- gewinnung i n den westafrikanischen Kolonien berichtete E r n s t Gips3), wobei einige Anlagen nach dern sogenannten nassen Verfahren von H a a; ke , dem trockenen Ver- fahren von Fournier , die dazugehorigen Maschinen, endlich die Gewinnung des Palm- oles dvrch die Eingeborenen beschrieben und durch Abbildungen erlautert wurden. Neu- erungen auf dem Geb ie t e de r Oel- fa br i ka t ion erorterte L o u i s Hoffman n4), wobei besonders die V e r besserungen an den Oelpressen und den P res sp la t t en berucksichtigt wurden. Im V. St. Am. Pat. 991419, angemeldet 9. Januar 1911, wurde von Chs. Edgerton5) ein Apparat beschrieben, der zur Gewinnung von Fetten und Oelen aus Ab- wassern dienen soll. Zum ununterbrochenen Ausschmelzen von Fett ist im D. B. P. 229004 Gustav HonnickeO) in Berlin ein Verfahren und eine Vorrichtung patentiert worden, die aus einer in der Bewegungsrichtung des Schmelz- gutes aufsteigend gelagerten Mulde und darin umlaufenden Forderschnecke besteht, deren Windungen ganz oder teilweise gelocht sind. Ueber d i e Industr ie de r Oe le und F e t t e i n den Niederlanden') finden sich in einem von der Handelsabteilung des niederlandischen Ministeriums fur Landwirtschaft, Industrie und

I) Seifcns.-Ztg. 1911, p. 748. ') 0.: Chem. Revue 1911, p. 219. ') Seifens -2tg. 1911, p. 741. 3 Seifens.-Ztg. 1911, p. 115. ') Chem.-Ztg., Rep. 1911, p. 480. ') Chem. Rev. 1911, p. 147. ') Seifens.Ztg. 1911, p. 5.

Heft 10. CHEMISCHE REVUE. 236 a.

Handel herausgegebenen Bericht interessante Angaben betreffend die Fabrikation von Pflanzen- olen und Oelkuchen, wobei hauptsachlich Oele aus Lein, Raps, Erdnussen, Sesam, Sojabohnen, Palmkernen, Kopra und Rizinussamen in Betracht kommen. In einem Aufsatz uber die Wal- in du s t r i e Nor w eg ens berichtett Ja cob L und’) uber die Waljagd, die Arten der Wale, die Verarbeitung der erlegten Tiere in den Kochereien zu Tran, Fleischmehl, Knochen- mehl usw. D i e Bedeutung d e r Oelroh- stoffe in unseren Kolonien’) behandelt eine Denkschrift des kolonialwirtschaftlichen Komitees, nach der 1909 in Deutschland ein- gefuhrt wurden insgesamt fur 368 Millionen Mark, dem eine Ausfuhr von 43,7 Millionen Mark gegenubersteht. Unsere Kolonien lieferten dazu 608119 tons Oelfruchte im Werte von 175,8 Millionen Mark, die sich verteilen auf Palmkerne mit 61,l Millionen Mark und Kopra mit 46,5 Millionen Mark, der Rest entfallt auf Sesam-, Kotton-, Mohn-, Rizinussamen und Erdniisse. Insektenwachs aus Deutsch-Ostafrika im Werte von 659243 Mk.

D i e S ta t i s t ik der F e t t v e r s o r g u n g im Jahre 1910 behandelte Franz Gabein- Hamb urge) und schilderte die Verhaltnisse auf dem Gebiete der technischen Oele und Fette: Leinol, Kotton-, Erdnuss-, Bohnen-, Fisch-, Palmkern- und Palmol, ferner diejenigen auf dem Gebiete der Speisefette, den Mange1 an Talg und Schweinefett und die dadurch hervorgerufene enorme Entwicklung der Pflanzen- butterindustrie. Eine interessante graphische Darstellung der Preisschwankungen auf dem Oelmarkte im Jahre 1910 veroffentlichten H. A. und Gustav Kiichler4), Hamburg, uber Harburger Leinol , deutsches Rubol, englisches Kottonol, Bohnen- und Rizinusol, Palmkernol und Ceylon-Kokosol. R u d. L u d w i g A r n o 1 d 5, berichtete uber die Lohn- und Arbei ts- verhi l tnisse in der Oel- und Seifen- indus t r ie auf Grund statistischer Erhebungen uber die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Mitglieder des Verbandes der Fabrikarbeiter Deutschlands.

Ueber die durch Benzin hervorgerufenen Un gliic ksfall e gibt die C h emis c he- F a b r ik Grie s he im-Elec t ron *) alljahrlich eine Statistik heraus, die, ohne Anspruch auf Vollstandigkeit,

1) Stifens.-Ztp. 1911, p. 203. ’) Seifenfabrikant 1910, p. 1258.

Seifenfabrilunt 1911, p. 29. 1 4 Seifenfabrikant 1911, p. 87. 8) Seifenfabrikant 1911, p. 326. 3 Farberoi und Appretur 1911, p. 71.

nur die in deutschen Tageszeitungen bekannt- gewordenen Falle verzeichnet. Danach sind im Jahre 1910 insgesamt 215 Unglucksfalle registriert worden, wobei 210 Personen schwer, 41 Personen leicht verletzt und 47 Personen getotet worden sind. Die Unglucksfalle verteilen sich wie folgt: Waschanstalten 3, Drogen und Apothektn 26, technische Betriebe und Trans- port 64, Abwasserbenzin 2, Benzin fiir motorische Zwecke 83, Beleuchtung 5, Handgebrauch des Publikums 32.

11. Raff inierung d e r Fette. Zur Gewinnung von geruchlosern Speise-

f e t t aus Kokosnussen werden nach dem V. St. Am. P. 992525 von G. C. W a r r und Edfa Produce Comp.’) fluchtige Sauren durch Behandlung mit heissem Dampf oder Gasen entfernt ; gleichzeitig erfolgt die Verkleisterung der Starke und die Gewinnung der Albumosen. Durch Einwirkung feuchter Hitze sol1 nun das Felt Dabgetriebeng werden. Die Raffination von Erdnuss- und Sesamol auf Speiseol wurde von Ar thur Meyera) ausfuhrl ich ges ch i lde rt. Raffinationsanlagen dieser Art werden gebaut von den Harbtxger Eisen- und BronzewerkenA.-G.,vorm. Koerber, Harburg a. E., Maschinenbau A.-G., Golzern-Grimma, C. E. Rost & Co., Dresden, Pommersche Eisengiesserei und Maschinenfabrik, Stralsund. Die Raffination verlauft in drei Phasen: 1. Entfernung der freien Fettsauren durch Neutralisation mit Natron- lauge und Abscheidung der Seifenflocken durch Ueberbrausen mit Salzwasser, Einblasen von Luft oder Zentrifugieren, 2. Entfernung der Riech- und Geschmackstoffe durch Behandeln mit uberhitztem Dampf von drei Atmospharen, 3. Entstearinisierung des Oeles durch starke Abkuhlung und Filtration mit Filterpressen, worauf das Oel noch mit Fullererde oder uber Blutkohle gebleicht wird. Die Apparate fu r eine Anlage zur Raffination von 2000 kg Speiseol per Tag werden am Schlusse des Auf- satzes zusammengestellt. Zur Geruchlos- machung von T r a n f e t t s a u r e n erhitzt Egon Bohm*) nach dem D. R. P. 230123 die Fettsauren unter gleichzeitiger Anwendung eines starken Stromes indifferenter Gase, eventuell im Vakuum, so lange auf einen unmittelbar tinter der Destillationstemperatur der Fettsauren liegenden Warmegrad, bis die abziehenden Dampfe frei von niederen Fett- sauren und riechenden Stoffen sind, worauf die

I) Chem.-Ztg. Rep. 1911, p. 400. ’) Seifens.-Ztg. 1911, p. 985. *) Chem. Rev, 1911, p. 176.

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Fettsauren in der ublichen Weise destilliert werden.

Z u r E n t f a r b u n g von W a c h s u n d F e t t lost R. Sch i l l i ng ' ) nach dem D. R. P. 230251 und dem Zusatzpatent 230252 das zu raffinierende Material in Benzin oder Benzol und filtriert die Losung iiber einer Schicht sogenannter g e - w a c h s e n e r T o n e r d e , die man aus Aluminium- amalgam durch Einwirkung von Wasserdampf erhalt. Die bleichende und entfarbende Wirkung des leicht zu regenerierenden Materials soll vorzuglich sein.

H e i n r i c h Neurnann-Graza) will nach dem D.R.P.2342'24')undnach der D. R.P.A.N. 10692 z u r E n t f a r b u n g und D e s o d o r i s i e r u n g von A b f a l l f e t t e n L o s u n g e n o d e r S u s p e n - s i o n e n v o n T e e r f a r b s t o f f e n , z. B. Sulfo- sauren der Azo- und Aminoazofarbstoffe, Benzo- purpurin usw., rnit dem Fett emulgieren, wodurch die im Fett gelosten, eiweissartigen Stoffe gefallt werden sollen. Das von E. B. Ho l l andY) vorgeschlagene Verfahren, zur R a ff i n a t i o n un los l i che r F e t t s a u r e n d i e d a r a u s h e r - g e s t e l l t e n A e t h y l e s t e r im V a k u u m zu d e s t i l l i e r e n und nach der Verseifung der einzclnen Fraktionen die Fettsauren mit Saure abzuscheiden, soll nur zur Beleuchtung der in der neueren Literatur sich immer unangenehmer vordrangenden Erscheinung angefuhrt werden, liingst Bekanntes als neu aufzutischen Auf dem internationalen Kaltekongress in W ien referierte E m i l e Bontoux') u b e r d i e A n - w e n d u n g d e r K u h l u n g in d e r F e t t i n d u s t r i e . Nach dern interesranten Vortrag wird die Kalte angcwendet: zum Konservieren und Verarbeiten von Speisefetten; zur Klarung flussiger Oele, z. B. von Leinol; zur Demargarination, d. h. Ausscheidung der festen Glyzeride gewisser Speise- und Industrieole, z. B. Kotton- und Erdnussol, Olivenole, Klauenol, Robben- und Walfischole; zur Abscheidung der fliissigen und festen Glyzeride von Fetten, z. B. Talgol, Lardol, Presstalg usw., ferner der festen und flussigen Fettsauren, z. B. Stearin- und Oelsaure; zum Erstarrenlassen von Seifen und zur Raffi- nation des Glyzerins.

111. F e t t s p a l t u n g . Zahlreiche in der Natur allgemein verbreitete

Bakterien sind imstande, Fette anaerob zu ver- seifen und aerob zu oxydieren. Dieser Prozess wird stets durch eine von den Mikroben bewirkte Abscheidung von Lipase eingeleitet. Ver-

1) Chem.-Ztg. Rep. 1911, pp. 76, 167. ') Chrm.-Ztg. Rep. 1911, pp. 280, 76. ') Chem. Zentralbl. 1911, I, p. 1627. ') 0: Chem.-Ztg. 1911, p. 61.

schiedene fettspaltende Organismen erzeugen nun zwei Lipasen, die als a- und p-Lipase iinterschieden werden. Von diesen spaltet die n-Lipase sowohl in saurer wie in alkalischer Losung, die p-Lipase dagegen nur in neutraler Flussigkeit. Z u den b i s h e r b e k a n n t e n f e t t s p a l t e n d e n B a k t e r i e n kommen nach e i n e r S t u d i e von N. L. S o h n g e n ' ) hinzu Bacillus putrificus Bienstock, Bacillus mesen- tericus, Bacillus Stutzeri und Bacillus denitro fluorescens non liquefaciens. Der schadliche Einfluss fettspaltender Mikroben beruht ausser auf den oben angefiihrten lipolytischen Eigen- schaften auf der Bildung bitterschmeckender und ubelriechender Stoffe aus Eiweiss.

Die Tatsache, dass Fette durch Pflanzen- samen vcrseift werden, wurde bereits 1855 von P e l o u z e beobachtet. Im Jahre 1902 studierten dann C o n n s t e i n , H o y e r und W a r t e n b e r g die Fettspaltung durch Rizinussamen, und F o k i n fand weiter, dass die Samen von Chelidonium majus und Linaria purpurea ebenso energisch fettspaltend wirken. Nach neueren Versuchen von S. S c h i m a n s k i e ) sind auch die S a m e n e i n i g e r P a p a v e r a z e e n u n d P i n a z e e n v o n b e s o n d e r e r l i p o l y t i s c h e r W i r k u n g , wobei die gleichzeitige Entfettung und Bleichung von Pflanzenfasern, z. B. Flachs- garn, durch Enzyme beobachtet wurde.

Con nst ein, H o y e r und W a r t en b e r g fiihrten die Fettspaltunganfangs mit 30- 40% Wasser und 5 % geschalten und gemahlenen Rizinussamen unter Zusatz von 0,06 % konzentrierter Essigsaure aus. Spater verwendeten diese das konzentrierte Fer- ment (ohne Mineralsaure), welches durch Mahlen des geschalten Samens, Zentrifugieren der Samen- milch und Vergahrung der abfliessenden EM^- sion, wobei sich das angereicherte Ferment als dicke sahnenartige Masse an der Oberflache ab- setzt, gewonnen wurde. Mit H i l f e d i e ses k o n z e n t r i e r t e n F e r m e n t e s k o n n t e A d o 1 f Wel t e r s ) in e ine r S t u d i e i iber Revens ib i - l i t a t d e r E n z y m w i r k u n g f e s t s t e l l en , dass aus 100 Teilen Palmkernolfettsauren, 20 Teilen wasserfreies Glyzerin und 10 Teilen Ferment 35% Neutralfett gebildet werden; ahnliche, aber weniger weit fortschreitende Esterifikation von Fettsauren wurde beobachtet an den Fettsauren aus Kokosol, Maisol, Kottonol, Erdnuss- und Rizinusol und Olein. In gleichem Sinne von Mor i tz Krausz ' ) mit einem aus Rizinusbohnen selbst hergestellten Ferment durchgefuhrte Rever-

I) Chem. Zentralbl. 1911, 1, p. 248. ') Chem.-Ztg 1911, p. 1376. 0: Zeitschr. f. angew. Chemit 1911, p. 385.

') 0: Zeitschr. f. angew. Chemie 1911, p. 829.

CHEMISCHE REVUE. 238 - Heft 10.

Gelegentlich eines Vergiftungsfalles, der nach Angabe des hiesigen Tierarztes, des Herrn Dr. med. vet. Levens , wahrscheinlich auf den Genuss van Teilen der Zaunrube bzw. des

sionsversuche an Oelsaure und Glyzerin ergaben neben der Bildung von Triolein auch die von Mono- und Diglyzeriden.

Interessante Angaben uber die Preiss te ige- r u n g des Glyzerins findet man in einer S tud ie iiberdie Entwicklungder Glyzerinindustrie cines ungenannten Verfassers I) . I m Jahre 1875 betrug die Weltproduktion 9950 Tons, von denen Frankreich 4000 Tons, Deutschland und Oester- reich je 1500 Tons, Vereinigte Staaten von Nord- Amerika 1000 Tons produzierten. Damals stand der Preis in Frankreich auf 45 Fr., 1881 stieg er auf 220 Fr., 1883 sank der Preis infolge der Einfuhrung der Glyzeringewinnung aus der Unter- lauge durchR u n co rn in Liverpool auf45Fr.,stieg aber 1886 auf 135 Fr. Infolge der allgemeinen Auf- nahme des Twitchell’schen Fettspaltungsver- fahrens ist die Produktioii inzwischen auf 72500 Tons gewachsen, die sich verteilt aufAmerika mit 18000 Tons, England mit 16000 Tons, Frankreich mit 11000 Tons, Deutschland mit 7000 Tons.

G.A,Moore’)berichtete iiberdieReinigung d e r u n t e r l a u g e fur die Glyzeringewinnung nach dem Verfahren vonGarrigues; O.HellerS) uber die Glyzerindesti l lat ion und uber die spezifischen G e w i c h t e konzentr ier ter r o h e r u n d raffinierter Glyzerine4) und uber die Erfahrungen bei d e r P r o b e n a h m e aus F a s s e r n an der Hand von Fallen aus der Praxis.

Von dem Gedanken ausgehend, dass die Trennung der Oelsaure von der Stearinsaure durch Pressen wesentlich von der Art der Kristal- lisation der Fettsauren abhangig ist, wurden von H u g o Dubovitz5) U n t e r s u c h u n g e n u b e r d i e F e t t s a u r e k r i s t a l l i s a t i o n e n der in d e r S t ear in fab r ik a t ion v e r w en d e t en F e t t e an- gestellt, und zwar uber dieFettsauren derKnochen- fette, Abfallfette, mancher Talge und Presstalg- arten, welche gut, und solcher, welche schlecht

1) Seifenfabrikant 1910 Nr. 1. ’) Seifenfabrikant 1911, Nr. 62. 7 Seifenfabrikant 191 I , p. 852. 4) Seifenfabrikant 1911, p. 275. b) Seifens.-Ztg. 1911, p. 1164.

Anregung dieses Herrn, der inir auch das Samenmaterial zur Verfiigung stellte, Samen bzw. das Samenfett genannter Pflanzen unter- sucht. Das Ergebnis dieser rein chemischen

oder nicht kristallisierende Fettsauren ergeben, ferner uber die Fettsauren von Palmol, Shea- butter und chinesischen Pflanzentalges.

Von demselben Verfasser’) wurde in einer Studie uber die D es tilla t ion sch w ersiedende r Substanzen die Desti l lat ion rnit gesat- t i g t em W asser damp f unter Berucksichtigung des Molekulargewichtes und des Dampfdruckes der Fettsauren an dem Beispiel der Destillation von 10 000 kg Knochenfett-Fettsauren und die Destillation azidifizierter Fettsauren, also oxy- stearinsaurehaltiger Produkte, besprochen. Eine eingehende Beschreibung der Herstel lung technischer Oelsaure lieferte 0. Rosauera), wobei besonders der Destillationsbetrieb behandelt wurde. Die Handelsmarken: Saponifikat-, Desti l lat- und weisses Olein unterscheiden sich nach Rosauer in folgender Weise: Saponi- fika t e werden erhalten aus hellen Talgfettsauren und gebleichtemPalmo1, gespalten im Au toklaven , fermentativ oder nach Twitchell. Diese sind frei von Kohlenwasserstoffen, enthalten aber erhebliche Mengen von Neutralfett. Desti l lat- olein, nach dern Schwefelsaure- oder gemischten Verfahren oder auch aus dunklen Fettsauren nach einem der Saponifikatverfahren gewonnen und nach der Spaltung destilliert, ist frei von Neutralfett, enthalt aber Isoolsaure, Oxysauren, Laktone und unverseifbare Stoffe. Das sogenannte weisse Olein ist ein doppelt destilliertes Olein, von dunkelgelber bis gelblich weisser Farbe, frei von Neutralfett und Kohlenwasserstoffen. Die Fe t t spa l tung nach dem Verfahren von Twi tche l l mit d i r ek te r Feue rung wurde von J. Leimdorfers) an einer fur kleineBetriebe geeigneten Einrichtung beschrieben. Dieeinzelnen Tei le einer Fettsauredestillationsanlage, Blase, Ueberhitzer, Kuhlung usw. wurde von C. Hajek’) besprochen, wobei an dern Beispiele eines Tischbeinkessels von 120 qm Heizflache die Grosse der Ueberhitzerflache berechnet wird.

(Fortsetzung folgt.) l) Seifens.-Ztg. 1911, p. 529. ’) 0: Chem. Revue 1911, p. 28. ’) Seifens.-Ztg. 1911, p. 526. 4) Seifens.-Ztg. 1911, p. 1168.