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Journal für das Lohnbüro 03|2017 Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht Wer zahlt den Sprit? Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht Studentische Beschäftigungen Eine aktuelle Betrachtung Kurzfristige Beschäftigungen Aktuelles aus dem Arbeitsrecht Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

Journal fürdasLohnbüro 03|2017 · Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht Journal für das Lohnbüro März 2017 | 3 FG:1-Prozent-Regelungbeieinem ausländischenKraftfahrzeug DasFinanzgerichtNiedersachsen(NFG)

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Journalfür das Lohnbüro03|2017

Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

� Wer zahlt den Sprit?

Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

� Studentische BeschäftigungenEine aktuelle Betrachtung

� Kurzfristige Beschäftigungen

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

� Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

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2 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Editorial

nach Überwindung zum Teil großerMeinungsverschiedenheiten hat derBundestag am 21.7.2016 das neue Arbeit-nehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verab-schiedet, das am 1.4.2017 in Kraft tretenwird. In einem Fachbeitrag skizzieren wirIhnen die wesentlichen Änderungen imVergleich zur bisherigen Rechtslage und

weisen auf mögliche Problemstellungenhin.Die versicherungsrechtliche Beurteilungbeschäftigter Studenten ist nicht immereinfach. Nun gibt es ein neues Rund-scheiben der Spitzenorganisationen derSozialversicherung zu diesem Thema.Wir stellen Ihnen die verschiedenen

Varianten einer studentischen Beschäfti-gung und deren versicherungsrechtlicheAuswirkungen unter Berücksichtigungder erfolgten Anpassungen dar.Ich wünsche Ihnen eine interessanteLektüre.

Ihr Markus Matt

Markus MattChefredakteur

Liebe Leserinnen und Leser,

Editorial

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 3Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

FG: 1-Prozent-Regelung bei einemausländischen Kraftfahrzeug

Das Finanzgericht Niedersachsen (NFG)hat in seinem Urteil vom 16.11.2016 – 9 K264/16 – entschieden, dass die Entnahmedurch Nutzung eines betrieblichen Kraft-fahrzeugs durch die 1-Prozent-Regelungim Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStGzu ermitteln ist. Bemessungsgrundlage istdafür der inländische Bruttolistenpreis.Existiert für das betrieblich genutzteKraftfahrzeug kein inländischer Bruttolis-tenpreis und ist das Fahrzeug auch nichtmit einem Modell bau- oder typengleich,für welches ein inländischer Bruttolisten-preis existiert, ist demnach der inländi-sche Bruttolistenpreis zu schätzen. ImRahmen einer solchen Schätzung gibt beieinem ausländischen Kraftfahrzeug, wel-ches nach Deutschland importiert wurde,der Kaufpreis des Importeurs die Bemes-sungsgrundlage für den individuellenVorteil der privaten Kraftfahrzeugnut-zung realitätsnah wieder.Im Streitfall befand sich im Betriebsver-mögen des Unternehmers ein Kraftfahr-zeug der Marke Ford Mustang Shelby GT500 Coupé, welches mit Vertrag vom12.07.2013 durch den Kläger zu einemBruttopreis in Höhe von 78.900 Euro voneinem Autohaus angeschafft worden war.Das Fahrzeug war mit Datum vom02.07.2013 erstmals zugelassen worden.� FG Niedersachsen, Urteil vom

16.11.2016 – 9 K 264/14

FG: Betrieb des Entleihers istkeine erste Tätigkeitsstätte desLeiharbeitnehmers

Als eines der ersten Gerichte veröffent-lichte das Finanzgericht Niedersachsen(NFG) am 16.01.2017 ein Urteil vom

30.11.2016 – 9 K 130/16. Das Gericht hattedarüber zu entscheiden, ob im Anwen-dungsbereich des seit 2014 geltenden neu-en steuerlichen Reisekostenrechts, Leih-arbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer imBetrieb des Entleihers eine erste Tätig-keitsstätte begründen.

Zur bis 2013 geltenden Rechtslage warder Bundesfinanzhof (BFH) zu demSchluss gelangt, dass Leiharbeitnehmerin-nen und -arbeitnehmer typischerweisenicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte(bisheriger Begriff) verfügen und daherdie Fahrtkosten zu dem Entleihbetriebnach Dienstreisekostengrundsätzen mit0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer be-rechnen können. Dabei war fraglich, obdies auch noch nach dem neuen Reisekos-tenrecht anzuwenden ist. Danach sindFahrtkosten zwischen dem Wohnort undder „ersten Tätigkeitsstätte“ auf die sog.Entfernungspauschale mit 0,30 Euro proEntfernungskilometer begrenzt.

Im zugrunde liegenden Streitfall, war derKläger seit Mai 2012 bei einer Leiharbeits-firma als Helfer beschäftigt. Das Leihar-beitsverhältnis war zunächst bis Novem-ber 2012 befristet und mehrfach bis Mai2015 verlängert worden. Nach dem Ar-beitsvertrag musste der Kläger mit einerjederzeitigen Umsetzung/Versetzung,bundesweit, einverstanden sein. Im Streit-jahr 2014 war der Kläger ganzjährig für ei-nen Entleihbetrieb tätig. Den mit der Ein-kommensteuererklärung 2014 beantrag-ten Werbungskostenabzug von Aufwen-dungen für Fahrten zwischen der Woh-nung und dem Entleihbetrieb mit 0,30 Eu-ro pro gefahrenen Kilometer beanstandetedas zuständige Finanzamt und ließ unterHinweis auf das neue Reisekostenrechtnur den Abzug der Entfernungspauschalezu. Das Finanzamt ging dabei von einer

dauerhaften Zuordnung zum Entleihbe-trieb und damit von einer ersten Tätig-keitsstätte des Leiharbeitnehmers aus.

Dem ist das NFG entgegengetreten. Ergab dem Kläger Recht. Die Anweisungdes Leiharbeitgebers, „bis auf Weiteres“in einer betrieblichen Einrichtung desEntleihers tätig zu sein, kann nach Auffas-sung des NFG nicht als unbefristet i. S.des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alt. EStG angese-hen werden. Anders dagegen die Auffas-sung der Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (IV C 5-S2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412, Tz. 13).Das NFG geht darüber hinaus davon aus,dass aufgrund der gesetzlichen Beschrän-kung der Arbeitnehmerüberlassung be-reits aus Rechtsgründen bei Leiharbeits-verhältnissen keine dauerhafte Zuord-nung zu einem Entleihbetrieb denkbar ist.Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehmerüber-lassungsgesetz ist nur eine vorrüberge-hende Arbeitnehmerüberlassung zuläs-sig.

Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH)wurde wegen grundsätzlicher Bedeutungund zur Fortbildung des Rechts zugelas-sen. Ein BFH-Az. liegt derzeit noch nichtvor.Von den Auswirkungen der Entscheidungsind fast eine Million Leiharbeitnehmerin-nen und Leiharbeitnehmer in Deutsch-land betroffen.� FG-Urteil Niedersachsen vom

30.11.2016 – 9 K 130/16 (veröffentlichtam 16.01.2017)

BFH: Nutzung häusliches Arbeits-zimmer durch mehrere Personen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich ingleich zwei Urteilen vom 15.12.2016, ver-öffentlicht am 22.02.2017 – VI R 53/12und VI R 86/13 –, zur personenbezogenenErmittlung der Nutzung eines häuslichenArbeitszimmers geäußert und seineRechtsprechung zugunsten der Steuer-pflichtigen geändert. Nutzen demnachmehrere Steuerpflichtige ein häuslichesArbeitszimmer gemeinsam, ist dieHöchstbetragsgrenze von 1.250 Euro per-sonenbezogen anzuwenden, so dass jedervon ihnen seine Aufwendungen hierfürbis zu dieser Obergrenze einkünftemin-dernd geltend machen kann.

Der BFH war bislang immer von einemobjektbezogenen Abzug der Aufwendun-gen für ein häusliches Arbeitszimmer ausge-gangen. Die abziehbaren Aufwendungen

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waren demnach unabhängig von der Zahlder nutzenden Personen auf insgesamt1.250 Euro begrenzt. Nach neuer Recht-sprechung kann der Höchstbetrag von je-dem Steuerpflichtigen in voller Höhe inAnspruch genommen werden, der dasArbeitszimmer nutzt, sofern in seiner Per-son die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erfüllt sind.

Beim ersten Fall (VI R 53/12) nutzten dieKläger gemeinsam ein häusliches Arbeits-zimmer in einem Einfamilienhaus, das ih-nen jeweils zur Hälfte gehörte. Finanzamtund FG erkannten die Aufwendungen fürdas häusliche Arbeitszimmer von jährlichca. 2.800 Euro nur in Höhe von 1.250 Euroan und teilten diesen Betrag den Klägernje zur Hälfte zu.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufge-hoben. Der auf den Höchstbetrag von1.250 Euro begrenzte Abzug der Aufwen-dungen für ein häusliches Arbeitszimmerist jedem Steuerpflichtigen zu gewähren,dem für seine betriebliche oder beruflicheTätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zurVerfügung steht, wenn er in dem Arbeits-zimmer über einen Arbeitsplatz verfügtund die geltend gemachten Aufwendun-gen getragen hat. Der BFH hat zudemklargestellt, dass die Kosten bei Ehegattenjedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälf-te zuzuordnen sind, wenn bei hälftigem

Miteigentum ein häusliches Arbeitszim-mer gemeinsam genutzt wird. Im v. g. Fallhatte das FG jedoch nicht geprüft, ob derKlägerin in dem Arbeitszimmer ein eige-ner Arbeitsplatz in dem für ihre beruflicheTätigkeit konkret erforderlichen Umfangzur Verfügung stand. Der BFH hat die Sa-che deshalb an das FG zur Prüfung zu-rückverwiesen.

Beim zweiten Fall (VI R 86/13) hat derBFH darüber hinaus betont, dass für denAbzug der Aufwendungen für ein häusli-ches Arbeitszimmer feststehen muss, dassdort überhaupt eine berufliche oder be-triebliche Tätigkeit entfaltet wird. Außer-dem muss der Umfang dieser Tätigkeit esglaubhaft erscheinen lassen, dass derSteuerpflichtige hierfür ein häusliches Ar-beitszimmer vorhält. Dies hatte das FGnicht aufgeklärt. Der BFH musste die Vor-entscheidung daher auch in diesem Ver-fahren aufheben und die Sache an das FGzurückverweisen.� BFH-Urteile vom 15.12.2016 – VI R

53/12 und VI R 86/13 (veröffentlichtam 22.02.2017)

BFH: Zuzahlung des Arbeitnehmersmindert den geldwerten Vorteil

Nutzungsentgelte und andere Zuzahlun-gen des Arbeitnehmers an den Arbeitge-

ber für die außerdienstliche Nutzungeines betrieblichen Kraftfahrzeuges min-dern den Wert des geldwerten Vorteilsaus der jeweiligen Nutzungsüberlassung.Dies entschied der Bundesfinanzhof(BFH) mit gleich zwei Urteilen vom30.11.2016 (VI R 2/15 und VI R 49/14) zurKfz-Nutzung für private Fahrten und fürFahrten zwischen Wohnung und regelmä-ßiger Arbeitsstätte. Dabei hat der BFH sei-ne Rechtsprechung zugunsten der Steuer-pflichtigen insoweit modifiziert, dassnunmehr nicht nur ein pauschales Nut-zungsentgelt, sondern auch einzelne, alsoauch individuelle Kosten des Arbeitneh-mers – entgegen der aktuellen Auffassungder Finanzbehörden – bei Anwendungder sog. 1-Prozent-Regelung steuerlich zuberücksichtigen sind.

Beim ersten Fall (VI R 2/15) hatten sichder Kläger und sein Arbeitgeber die Kos-ten des Dienstwagens, den der Klägerauch für private Zwecke nutzen durfte,geteilt. Der Arbeitnehmer trug sämtlicheanfallenden Kraftstoffkosten (ca. 5.600Euro). Die übrigen Pkw-Kosten über-nahm der Arbeitgeber. Der geldwerte Vor-teil aus der Kfz-Überlassung wurde nachder 1-Prozent-Regelung nach § 8 Abs. 2Satz 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2EStG berechnet und betrug ca. 6.300 Euro.Der Kläger begehrte, die von ihm imStreitjahr getragenen Kraftstoffkosten als

4 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

Ein echter Vorteil: Zuzahlungen des Arbeitnehmers mindern den geldwerten Vorteil.

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Werbungskosten bei den Einkünften ausnichtselbständiger Arbeit zu berücksichti-gen. Das FG gab der Klage statt und setzteden Vorteil aus der Privatnutzung ledig-lich in Höhe von 700 Euro fest (6.300 Euro– 5.600 Euro).

Der BFH hat nun die Vorinstanz im Er-gebnis bestätigt. Leistet der Arbeitnehmeran den Arbeitgeber für die außerdienstli-che Nutzung eines Dienstwagens ein Nut-zungsentgelt, mindert dieses Nutzungs-entgelt den Wert des geldwerten Vorteilsaus der Nutzungsüberlassung. Für dieRichter ist dies auch der Fall, wenn derArbeitnehmer im Rahmen der privatenNutzung einzelne, also auch individuelleKosten (wie hier Kraftstoffkosten) des be-trieblichen Pkw trägt. Der Umstand, dassder geldwerte Vorteil aus der Kfz-Über-lassung nach der 1-Prozent-Regelung er-mittelt worden ist, steht dem nach demjetzt veröffentlichten Urteil nicht mehrentgegen. Der BFH war demgegenüberbislang davon ausgegangen, dass vomArbeitnehmer selbst getragene Kfz-Kos-ten nicht steuerlich berücksichtigt werdenkönnen, wenn der Nutzungsvorteil pau-

schal nach der sog. 1-Prozent-Regelung(anstelle der sog. Fahrtenbuchmethode)bemessen wird.

Allerdings kann der Wert des geldwertenVorteils aus der Dienstwagenüberlassungdurch Zuzahlungen des Arbeitnehmerslediglich bis zu einem Betrag von 0 Eurogemindert werden. Ein geldwerter Nach-teil kann aus der Überlassung einesDienstwagens zur Privatnutzung nichtentstehen. Auch dann nicht, wenn die Ei-genleistungen des Arbeitnehmers denWert der privaten Dienstwagennutzungund der Nutzung des Pkw zu Fahrtenzwischen Wohnung und Arbeitsstätteübersteigen. Ein dann verbleibender„Restbetrag“ bleibt daher ohne steuerli-che Auswirkungen. Er kann insbesonderenicht als Werbungskosten bei den Ein-künften aus nichtselbständiger Arbeit ab-gezogen werden.

Auf Grundlage dieser Entscheidung hatder BFH die Revision des Klägers imzweiten Fall (VI R 49/14) zurückgewie-sen. Der Arbeitnehmer hatte für die Pri-vatnutzung des Dienstwagens an seinen

Arbeitgeber ein Nutzungsentgelt von ca.6.000 Euro geleistet, das höher als dernach der Fahrtenbuchmethode ermitteltegeldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 2EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStGvon ca. 4.500 Euro war, und in seiner Ein-kommensteuererklärung den übersteigen-den Betrag bei seinen Einkünften ausnichtselbständiger Tätigkeit steuermin-dernd geltend gemacht. Dem sind Finanz-amt und auch das FG entgegengetreten.Der BFH hat diese Auffassung mit seinemUrteil bestätigt.� BFH-Urteile vom 30.11.2016 – VI R

2/15 und VI R 49/14

Journal für das Lohnbüro März 2017 | 5Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

MARKUS STIERalga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEnEntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

Können selbst getragene Kraftstoffkostenbei einem Firmenwagen, der auch privat ge-nutzt werden darf, bei der Anwendung der1-Prozent-Regelung angerechnet werden?Mit dieser Frage hat sich der Bundesge-richtshof (BFH) beschäftigt und geurteilt.(Aktenzeichen VI R 2/15). Das Urteil wurdeam 15.02.2017 veröffentlicht.

SachverhaltDer Arbeitnehmer ist im Außendienst nicht-selbständig tätig. Sein Arbeitgeber überließihm ein betriebliches Kfz zum Bruttolisten-preis von 52.300 Euro zur dienstlichen undprivaten Nutzung. Sämtliche Kraftstoffkos-ten und damit auch den auf die beruflichenFahrten entfallenden Anteil trug der Arbeit-nehmer.Er wandte hierfür insgesamt einen Betragvon 5.599 Euro auf. Die übrigen Pkw-Kostenübernahm der Arbeitgeber. Im Rahmen desLohnsteuerabzugs ermittelte der Arbeitge-ber den geldwerten Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der Pauschalmethode mit1 Prozent. Er versteuerte einen monatlichengeldwerten Vorteil von 523 Euro. Im Rah-men der Einkommensteuererklärung be-gehrte der Arbeitnehmer die von ihm getra-genen Kraftstoffkosten in Höhe von 5.599

Euro als Werbungskosten zu berücksichti-gen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Das Fi-nanzgericht gab demArbeitnehmer Recht.

EntscheidungDie Richter des Bundesfinanzhofes bestätig-ten das Finanzgericht und den Arbeitneh-mer.

Die Überlassung eines betrieblichen Pkwdurch den Arbeitgeber an den Arbeitneh-mer für dessen Privatnutzung führt zu einerBereicherung des Arbeitnehmers und damitzum Zufluss von Arbeitslohn i. S. von § 19EStG. Der geldwerte Vorteil ist entwedernach der 1-Prozent-Regelung oder nach derFahrtenbuchmethode zu bewerten.

Die Richter bestätigten zunächst ihre Recht-sprechung, nach der ein vom Arbeitnehmergezahltes Nutzungsentgelt für die Nutzungeines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrtenund zu Fahrten zwischen Wohnung und re-gelmäßiger Arbeitsstätte/erster Tätigkeits-stätte den geldwerten Vorteil aus der priva-ten Nutzung eines Firmenwagens mindert(BFH, Urteil vom 07.11.2006 zum Aktenzei-chen VI R 95/04, BStBl II 2007, 269).Insoweit fehlt es bei Zahlung eines

Nutzungsentgeltes an einer Bereicherungdes Arbeitnehmers und damit an einerGrundvoraussetzung für das Vorliegen vonArbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1EStG.

Nichts anderes gilt, so die Richter in ihremaktuellen Urteil, wenn der Arbeitnehmer imRahmen der privaten Nutzung einzelne (in-dividuelle) Kosten (hier: Kraftstoffkosten)des betrieblichen Pkw trägt. Hier fehlt es be-reits dem Grunde nach an einem lohnsteu-erbaren Vorteil des Arbeitnehmers. Der Ge-setzgeber ist sowohl bei der Bewertung desNutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchme-thode als auch bei dessen Bemessung nachder 1-Prozent-Regelung davon ausgegan-gen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitneh-mer einen Vorteil als Arbeitslohn dadurchzuwendet, dass er ihm ein Kfz zur Privat-nutzung zur Verfügung stellt und alle mitdem Kfz verbundenen Kosten trägt.

Trifft diese Grundannahme nicht zu, so dieRichter, wendet der Arbeitgeber dem Ar-beitnehmer jedenfalls keinen Arbeitslohn indem Umfang zu, den der Gesetzgeber mitder 1-Prozent-Regelung typisieren wollte.Vielmehr ist der Arbeitnehmer insoweit

Wer zahlt den Sprit?BFH-Urteil zur Berücksichtigung selbst getragener Kraftstoffkosten bei einem Firmenwagen

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6 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

nicht bereichert, als er Kosten aufwendet,die durch die private Nutzung des ihmüberlassenen betrieblichen Pkw veranlasstsind. Auch soweit der Arbeitnehmer einzel-ne Kosten des betrieblichen Pkw selbstträgt, fehlt es an einer vorteilsbegründendenund damit lohnsteuerbaren Einnahme.

Die Anwendung der 1-Prozent-Regelungsteht dem nicht entgegen. Nach Ansicht derRichter wird der private Nutzungsvorteilweiterhin unabhängig von den individuel-len – tatsächlichen – (Nutzungs-)Verhältnis-sen und damit typisierend und pauschalie-rend mit 1 Prozent des Listenpreises bewer-tet oder mit dem individuellen anhand derFahrtenbuchmethode gefundenen Nut-zungsvorteil angesetzt.

Soweit die Finanzverwaltung zwischen ei-ner entsprechend der tatsächlichen Nut-zung des Kfz bemessenen Kilometerpau-schale und der Übernahme der Leasingra-ten durch den Arbeitnehmer, die sie jeweils– zutreffend – vorteilsmindernd berücksich-tigt, und anderen einzelnen Kfz-Kosten(z. B. Treibstoffkosten und Versicherungs-beiträgen), die nicht abgezogen werden, dif-ferenziert, gibt es hierfür, nach Ansicht derRichter, keinen tragfähigen Grund.

Leasingraten sind ebenso wie Kraftstoffkos-ten und Versicherungsbeiträge mit dem Kfzverbundene individuelle Kosten. Die Zah-

lung einer nutzungsabhängigen Kilometer-pauschale durch den Arbeitnehmer lässtsich bei entsprechender arbeitsvertraglicherGestaltung ohne weiteres auch nach demKraftstoffverbrauch des Dienstwagens be-messen, so die Richter. Allen diesen Fällenist lohnsteuerrechtlich aber gemeinsam,dass es an einer Grundvoraussetzung fürdie Annahme von Arbeitslohn im Zu-sammenhang mit der Kfz-Überlassungfehlt, nämlich an einer Bereicherung desArbeitnehmers.

Folglich sind nach Ansicht der Richter dieFälle auch in der Weise gleich zu behandeln,dass die Leistungen des Arbeitnehmers vor-teilsmindernd zu berücksichtigen sind.

Eine vorteilsmindernde Berücksichtigungder vom Arbeitnehmer selbst für den be-trieblichen Pkw getragenen Aufwendungenkommt allerdings nur in Betracht, wenn derArbeitnehmer den geltend gemachten Pkw-bezogenen Aufwand im Einzelnen darlegtund belastbar nachweist; insoweit trifft ihndie objektive Feststellungslast. Der Arbeit-nehmer muss folglich alle Belege der Kos-ten, die er trägt, aufbewahren und sammeln.

PraxishinweisNach Auffassung der Richter kann der Wertdes geldwerten Vorteils aus der Dienstwa-genüberlassung durch Zuzahlungen desArbeitnehmers allerdings nur bis zu einem

Betrag von 0 Euro gemindert werden. Eingeldwerter Nachteil (Verlust) kann aus derÜberlassung eines Dienstwagens zur Privat-nutzung nicht entstehen. Übersteigen dieEigenleistungen des Arbeitnehmers denWert der privaten Dienstwagennutzungund der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrtenzwischen Wohnung und Arbeitsstätte/Tätigkeitsstätte, bleibt der „Verlust“ daherohne steuerliche Auswirkungen. Er kanninsbesondere nicht als Werbungskosten beiden Einkünften aus nichtselbständigerArbeit abgezogen werden.

DANIELA KARBE-GESSLERRechtsanwältin

Referatsleiterin Arbeit-nehmerbesteuerung(national/international),Reisekosten, betrieblicheAltersvorsorge beimDeutschen Industrie-und Handelskammertage. V. (DIHK)Berlin

Wege zur Arbeit: Der Arbeitgeber kann helfen.

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MARKUS STIERalga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEnEntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

Journal für das Lohnbüro März 2017 | 7Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Krankenkassen im Plus

Eine gute Nachricht für alle gesetzlichKrankenversicherten. Die Finanzlage dergesetzlichen Krankenkassen ist deutlichbesser als noch vor Monaten prognosti-ziert. Danach haben die Krankenkassenim vergangenen Jahr ca. 1,4 MilliardenEuro mehr eingenommen als ausgegeben.Dies bedeutet stabile Beiträge in der ge-setzlichen Krankenversicherung.

Die 113 gesetzlichen Krankenkassenkonnten ihr finanzielles Polster zum Endedes Jahres 2016 um 1,4 Milliarden Euroauf 15,9 Milliarden Euro aufstocken. ImJahr 2015 hatten die Krankenkassen nochein Defizit von 1,1 Milliarden Euro ange-häuft. Genaue Zahlen lagen zum Zeit-punkt der Drucklegung durch dasBundesgesundheitsministerium nochnicht vor.

Für die gesetzlichen Versicherten ist diesein gutes Signal. Denn noch im Juli 2016hatte der Spitzenverband der gesetzlichenKrankenkassen einen Anstieg der Zusatz-beiträge vorausgesagt. Zum damaligenZeitpunkt ging der Spitzenverband auchnoch von einer Erhöhung des durch-schnittlichen Zusatzbeitrages um 0,3 Pro-zent auf 1,4 Prozent im Jahr 2017 aus.Auch diese Erhöhung blieb aus. Den all-gemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent,sowie den ermäßigten Beitragssatz von14,0 Prozent teilen sich die ArbeitnehmerundArbeitgeber. Den Zusatzbeitrag dage-gen müssen die rund 55 Millionen Mit-glieder der gesetzlichen Krankenkassen –nicht die beitragsfrei mitversicherten Ehe-gatten und Kinder – alleine bezahlen. Die

Zusatzbeiträge der Krankenkassen variie-ren von Krankenkasse zu Krankenkassezwischen 0,6 Prozent bis 1,8 Prozent.

Grund für die gute finanzielle Lage ist dieWirtschaft in Deutschland. Die wirtschaft-liche Situation in Deutschland ist nachMeinung von Fachleuten bestens. Die Re-kordbeschäftigung und gestiegenen Löh-ne wirken sich auch auf die Sozialversi-cherung aus. Allerdings steigen auch dieAusgaben für das Gesundheitswesen. DieKosten für Gesundheit steigen mit demÄlterwerden der Gesellschaft immer wei-ter an. In den ersten drei Quartalen 2016waren die Ausgaben um 3,2 Prozent auf

166,1 Milliarden Euro gewachsen.Zudem sind die auf den Weg ge-brachten Gesetze wie u. a. dieKrankenhausreform für den An-stieg der Ausgaben mit verant-wortlich.

„Es ist wichtig, dass die gutenRahmenbedingungen genutztwerden, um die Ausgabenseiteanzugehen. Wir brauchen bei-spielsweise Strukturveränderun-gen bei den Kliniken und besserePreise für Medikamente, dennsonst bekommen wir spätestensbei der nächsten Konjunkturdellemassiven Druck auf die Kranken-kassenbeiträge“, so Florian Lanz,Sprecher des GKV-Spitzenverban-des in einem Pressestatement.

NeuesSozialversicherungsabkommen

Zwischen Deutschland und der RepublikMoldau ist ein bilaterales Sozialversiche-rungsabkommen abgeschlossen worden.Das Abkommen regelt die Zuständigkeitbei vorübergehenden Entsendungen inden jeweils anderen Staat und die Zah-lung von Renten.

Bei einer Entsendung in die RepublikMoldau bleiben die deutschen Rechtsvor-schriften für die ersten 24 Monate weiter-hin anwendbar. Allerdings erstreckt sichdas Abkommen nur auf die Renten- undUnfallversicherung. In den anderen Versi-cherungszweigen muss weiterhin dieAusstrahlung geprüft werden, um auchdort die deutschen Vorschriften weiterhinanwenden zu können.

Das Abkommen ist zwar unterzeichnet,muss aber noch von den Parlamenten be-stätigt werden. Wann es in Kraft tretenwird, ist deshalb noch offen.

Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

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Gute Zahlen: Die Krankenkassen sind im Plus.

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8 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Die versicherungsrechtliche Beurteilungbeschäftigter Studenten ist nicht immereinfach. Ein gemeinsames Rundschreibender Spitzenorganisationen der Sozialversi-cherung zu diesem Thema unterstützt Ar-beitgeber, Steuerberater und andere Ab-rechnungsstellen bei der Erfüllung dieserAufgabe. Dieses Rundschreiben wurdenunmehr überarbeitet und am 23.11.2016neu veröffentlicht. Rechtsänderungen dervergangenen Jahre und die aktuelle Recht-sprechung wurden hierbei ebenso berück-sichtigt wie auch Rechtsauslegungen zuEinzelfragen. Es ist vom 01.01.2017 an an-zuwenden.

Nachfolgend werden die verschiedenenAlternativen einer studentischen Beschäf-tigung und deren versicherungsrechtlicheAuswirkungen unter Berücksichtigungder erfolgten Anpassungen dargestellt.

Minijob oder kurzfristigegeringfügige BeschäftigungÜbt ein Student eine Beschäftigung aus,ist zunächst zu beurteilen, ob es sich hier-

bei um eine geringfügige Beschäftigunghandelt.

Eine Beschäftigung kann wegen der gerin-gen Höhe des Arbeitsentgelts (geringfügigentlohnte Beschäftigung) oder auch wegenihrer kurzen Dauer (kurzfristige geringfü-gige Beschäftigung) geringfügig sein. Diebeiden Arten unterscheiden sich u. a. da-durch, dass eine geringfügig entlohnte Be-schäftigung regelmäßig und eine kurzfris-tige geringfügige Beschäftigung nicht re-gelmäßig, sondern gelegentlich ausgeübtwird.

Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung(Minijob) liegt vor, wenn das Arbeitsent-gelt regelmäßig im Monat 450 Euro nichtüberschreitet. Die wöchentliche Arbeitszeitund die Anzahl der monatlichen Arbeits-einsätze sind dabei unerheblich. Aller-dings sind der gesetzliche Mindestlohn(8,84 Euro je Stunde), eventuell branchen-spezifische Mindestlöhne bzw. Entgeltan-sprüche aufgrund eines allgemeinverbind-lichen Tarifvertrags zu beachten. Eine ge-

ringfügig entlohnte Beschäftigung ist ver-sicherungsfrei in der Kranken- und Ar-beitslosenversicherung und nicht versiche-rungspflichtig in der Pflegeversicherung.In der Rentenversicherung besteht grund-sätzlich Versicherungspflicht.

Hinweis:Übt der Student eine geringfügig entlohnteBeschäftigung aus, ist ein Nachweis des Stu-dentenstatus (Studienbescheinigung) gegen-über demArbeitgeber nicht erforderlich.

Ein eingeschriebener Student übt vom01.04.2017 an eine unbefristete Beschäftigunggegen ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhevon 440 Euro aus.

Die Beschäftigung des Studenten ist geringfü-gig entlohnt (Minijob). Sie unterliegt vom01.04.2017 an der Rentenversicherungspflicht.Sie ist kranken- und arbeitslosenversiche-rungsfrei und nicht versicherungspflichtig inder Pflegeversicherung.

Beispiel 1:

Studentische BeschäftigungenEine aktuelle Betrachtung

Junge Menschen, komplexe Regelungen: Studentische Beschäftigungen sind eine hohe Kunst für HR.

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 9Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Auf Antrag kann sich der als Minijobberbeschäftigte Student jedoch von der Ren-tenversicherungspflicht befreien lassen.Der hierzu notwendige schriftliche Befrei-ungsantrag ist demArbeitgeber zu überge-ben. Die Befreiung wirkt grundsätzlich abBeginn des Kalendermonats des Eingangsdes Befreiungsantrags beim Arbeitgeber,frühestens ab Beschäftigungsbeginn. Vor-aussetzung ist allerdings, dass der Arbeit-geber der Minijob-Zentrale die Befreiungspätestens innerhalb von sechs Wochennach Eingang des Befreiungsantrags mitder entsprechenden Anmeldung zur Sozi-alversicherung anzeigt. Anderenfalls be-ginnt die Befreiung erst nach Ablauf desKalendermonats, der dem Kalendermonatdes Eingangs der Meldung bei der Mini-job-Zentrale folgt.

Eine kurzfristige geringfügige Beschäfti-gung ist versicherungsfrei in der Kranken-,Renten- und Arbeitslosenversicherungund nicht versicherungspflichtig in derPflegeversicherung. Sie liegt nach derzeitgeltendem Recht immer dann vor, wennsie für eine Zeitdauer ausgeübt wird, dieim Laufe eines Kalenderjahres auf nichtmehr als drei Monate (bei Beschäftigungan mindestens fünf Tagen in der Woche)oder auf nicht mehr als 70 Arbeitstage (beiBeschäftigung von regelmäßig weniger alsfünf Tagen in der Woche) nach ihrer Eigen-art begrenzt zu sein pflegt oder im Vorausvertraglich begrenzt ist.

Voraussetzung ist ferner, dass diese Be-schäftigung nicht berufsmäßig ausgeübtwird, d. h. sie muss für denjenigen, der sieausübt, von untergeordneter wirtschaft-licher Bedeutung sein. Übt ein Student ei-ne kurzfristige geringfügige Beschäftigungaus, so erfüllt er diese Voraussetzung re-gelmäßig. Durch die Vorlage der aktuellen

Studienbescheinigung beim Arbeitgeber(Entgeltunterlage) weist der Student die-sen Status nach.

RentenversicherungspflichtHandelt es sich bei der zu beurteilendenBeschäftigung des Studenten weder um ei-ne geringfügig entlohnte noch um einekurzfristige geringfügige Beschäftigung,unterliegt sie der Rentenversicherungs-pflicht.

Die nachfolgenden Ausführungen erfolgendaher unter der Prämisse, dass es sich beider jeweils zu beurteilenden studentischenBeschäftigung um keine geringfügige Be-schäftigung handelt. Ob in diesen Sachver-halten neben der Versicherungspflicht inder Rentenversicherung aber auch Versi-cherungspflicht in der Kranken-, Pflege-und Arbeitslosenversicherung bestehtoder der beschäftigte Student in diesenZweigen der Sozialversicherung versiche-rungsfrei ist, ist allein von der Frage ab-hängig, ob der beschäftigte Student demErscheinungsbild nach Arbeitnehmer oderStudent ist.

Werkstudentenprivileg –20-Wochenstunden-GrenzeNimmt das Studium Zeit und Arbeitskraftdes Studenten überwiegend in Anspruch,bleibt er trotz der neben dem Studium aus-geübten entgeltlichen Beschäftigung sei-nem Erscheinungsbild nach Student (or-dentlich Studierender). Ist das Studiumdaher Hauptsache und die Beschäftigunglediglich Nebensache, ist die ausgeübte Be-schäftigung kraft Gesetzes kranken- undarbeitslosenversicherungsfrei sowie nichtversicherungspflichtig in der Pflegeversi-cherung. Dieses Privileg wird als soge-nanntes Werkstudentenprivileg bezeich-

net. Es soll insbesondere sicherstellen, dassder Student sich durch die Arbeit die fürdie Durchführung des Studiums und zumBestreiten des Lebensunterhalts erforder-lichen Mittel verdient.

Wie aber kann der Arbeitgeber feststellen,ob der Student trotz der neben seinem Stu-dium ausgeübten entgeltlichen Beschäfti-gung dem Erscheinungsbild nach Studentist, also ein ordentlich Studierender ist, fürden das Werkstudentenprivileg gilt?

Studenten, die neben ihrem Studium nichtmehr als 20 Stunden wöchentlich beschäf-tigt sind, erfüllen diese Voraussetzung re-gelmäßig, sie zählen daher ihrem Erschei-nungsbild nach zu den ordentlich Studie-renden. Die Höhe des Arbeitsentgelts istdabei ebenso ohne Bedeutung wie dieDauer der ausgeübten Beschäftigung.

Werkstudentenprivileg –20-Wochenstunden-Grenzebei mehreren BeschäftigungenBei Studenten, die bei verschiedenen Ar-beitgebern zeitgleich Beschäftigungen aus-üben, sind bei der Frage, ob die 20-Wo-chenstunden-Grenze erreicht oder über-schritten wird, die wöchentlichen Arbeits-zeiten der nebeneinander ausgeübten Be-schäftigungen zu addieren.

Ergibt die Addition, dass die wöchentlicheArbeitszeit von 20 Stunden überschrittenwird, ist grundsätzlich nicht mehr vom Er-scheinungsbild eines ordentlich Studieren-den auszugehen. In einem weiteren Schrittist dann jedoch zu beurteilen, ob mögli-cherweise eine der zeitgleich ausgeübtenBeschäftigungen die Merkmale einer ge-ringfügig entlohnten oder kurzfristigengeringfügigen Beschäftigung erfüllt.

Ein eingeschriebener Student übt vom01.04.2017 an eine unbefristete Beschäftigunggegen ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhevon 1.000 Euro aus. Die wöchentliche Arbeits-zeit beträgt 20 Stunden (montags bis freitagsjeweils vier Stunden).

Die mehr als geringfügige Beschäftigung desStudenten unterliegt vom 01.04.2017 an derRentenversicherungspflicht. Da die wöchentli-che Arbeitszeit 20 Stunden nicht überschrei-tet, besteht aufgrund des Werkstudentenprivi-legs Versicherungsfreiheit in der Kranken- undArbeitslosenversicherung; die Beschäftigungist nicht versicherungspflichtig in der Pflege-versicherung.

Beispiel 4:

Ein eingeschriebener Student übt vom 01.04.bis 30.06.2017 eine im Voraus befristete Be-schäftigung aus (5-Tage-Woche – 40 Stundenwöchentlich); das monatliche Gehalt beträgt2.000 Euro. Der Student erklärt dem Arbeitge-ber schriftlich, dass er im Kalenderjahr 2017bislang keine Beschäftigung ausgeübt hat.

Bei der Beschäftigung des Studenten vom01.04. bis 30.06.2017 handelt es sich um einekurzfristige geringfügige Beschäftigung. Sie istkranken-, renten- und arbeitslosenversiche-rungsfrei und nicht versicherungspflichtig inder Pflegeversicherung.Dass die Beschäftigung während der Vorle-sungszeit ausgeübt wird, ist bei dieser Beurtei-lung ebenso unerheblich wie die wöchentlicheArbeitszeit und die Höhe des erzielten Arbeits-entgelts.

Beispiel 3:

Ein eingeschriebener Student übt seit01.04.2017 eine unbefristete Beschäftigunggegen ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhevon 440 Euro aus. Am 03.05.2017 übergibt erdem Arbeitgeber einen schriftlichen RV-Be-freiungsantrag. Der Arbeitgeber übermitteltder Minijob-Zentrale die entsprechende Mel-dung innerhalb von sechs Wochen nach Ein-gang des Antrags.

Die Beschäftigung des Studenten ist geringfü-gig entlohnt (Minijob). Sie unterliegt vom 01.bis 30.04.2017 der Rentenversicherungs-pflicht; vom 01.05.2017 an wirkt die Befreiungvon der Rentenversicherungspflicht. Die Be-schäftigung ist von Beginn an kranken- undarbeitslosenversicherungsfrei und nicht versi-cherungspflichtig in der Pflegeversicherung.

Beispiel 2:

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10 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Werkstudentenprivileg –Überschreiten der20-Wochenstunden-GrenzeDas Werkstudentenprivileg kann in zweiSachverhalten auch dann gegeben sein,wenn der Student eine Beschäftigung miteiner wöchentlichen Arbeitszeit von mehrals 20 Stunden ausübt.

Zum einen ist dies möglich, wenn die wö-chentliche Arbeitszeit von 20 Stundenzwar überschritten wird, jedoch im Einzel-fall so liegt, dass sie sich den Erfordernis-sen des Studiums anpasst und unterord-net. Bei einer Beschäftigung, die der Stu-dent (auch) am Wochenende sowie in denAbend- und Nachtstunden ausübt, ist die-se Voraussetzung regelmäßig erfüllt. Sollteeine solche Beschäftigung allerdings ohnezeitliche Befristung ausgeübt werden oderauf einen Zeitraum von mehr als 26 Wo-

chen befristet sein, muss vom Erschei-nungsbild eines Arbeitnehmers ausgegan-gen werden; das Werkstudentenprivilegfindet in diesem Fall keine Anwendung.

Hinweis:Würde der Student die Beschäftigung ab01.06.2017 unbefristet ausüben, kann dasWerkstudentenprivileg nicht angewendetwerden. Die Beschäftigung unterläge indiesem Fall ab 01.06.2017 nicht nur derVersicherungspflicht in der Rentenversi-cherung, sondern ebenfalls in der Kran-ken-, Pflege- und Arbeitslosenversiche-rung.

Der zweite Sachverhalt, in welchem dasWerkstudentenprivileg bei einer Beschäfti-gung mit einer wöchentlichen Arbeitszeitvon mehr als 20 Stunden angewendet wer-

den kann, ist in der Praxis wesentlich häu-figer zu finden. Er liegt immer dann vor,wenn eine solche Beschäftigung aus-schließlich auf die vorlesungsfreie Zeit(Semesterferien) begrenzt ist.

Ein eingeschriebener Student übt im Kalender-jahr 2017 folgende Beschäftigungen währendder vorlesungsfreien Zeiten (Semesterferien)aus:

13.02. – 13.04.2017 im Voraus befristete Be-schäftigung bei Arbeitgeber A – 40 Stundenwöchentliche Arbeitszeit (montags – freitags)– mtl. Gehalt 2.000 Euro31.07. – 29.09.2017 im Voraus befristete Be-schäftigung bei Arbeitgeber B – 35 Stundenwöchentliche Arbeitszeit (montags – freitags)– mtl. Gehalt 1.800 Euro

Die Beschäftigung des Studenten bei Arbeitge-ber A vom 13.02. bis zum 13.04.2017 ist einekurzfristige geringfügige Beschäftigung. Sie istkranken-, renten- und arbeitslosenversiche-rungsfrei und nicht versicherungspflichtig inder Pflegeversicherung.

Wegen der bereits ausgeübten kurzfristigengeringfügigen Beschäftigung bei ArbeitgeberA im Laufe des Kalenderjahres 2017 ist die Be-schäftigung bei Arbeitgeber B vom 31.07. biszum 29.09.2017 keine kurzfristige geringfügi-ge Beschäftigung. Sie unterliegt daher derRentenversicherungspflicht. Da die Beschäfti-gung auf die vorlesungsfreie Zeit (Semesterfe-rien) begrenzt ist, kann das Werkstudentenpri-vileg zur Anwendung gelangen.

Beispiel 7:Ein eingeschriebener Student übt vom 01.06.bis 31.10.2017 eine im Voraus befristete Be-schäftigung gegen ein monatliches Arbeits-entgelt in Höhe von 1.500 Euro aus. Die wö-chentliche Arbeitszeit beträgt 24 Stunden(montags bis samstags jeweils vier Stunden).

Die im Voraus auf nicht mehr als 26 Wochenbefristete Beschäftigung des Studenten unter-liegt vom 01.06.2017 an der Rentenversiche-rungspflicht. Da sich die wöchentliche Arbeits-zeit mit Blick auf die Verteilung des Beschäfti-gungsumfangs den Erfordernissen des Studi-ums anpasst, kann das Werkstudentenprivilegzur Anwendung gelangen.

Beispiel 6:

Ein eingeschriebener Student übt seit dem01.03.2017 beim Arbeitgeber A eine unbefris-tete Beschäftigung gegen ein monatliches Ar-beitsentgelt in Höhe von 900 Euro aus. Diewöchentliche Arbeitszeit beträgt 16 Stunden(montags und freitags jeweils von 08.00 bis17.00 Uhr).

Am 01.08.2017 nimmt er eine weitere unbe-fristete Beschäftigung bei Arbeitgeber B gegenein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von450 Euro auf. Diese Beschäftigung wird mitt-wochs von 8.00 bis 17.00 Uhr (8 Stunden) aus-geübt.

In der seit 01.03.2017 ausgeübten Beschäfti-gung bei Arbeitgeber A unterliegt der Studentder Rentenversicherungspflicht. Da die wö-chentliche Arbeitszeit 20 Stunden nicht über-schreitet, gilt für die anderen Zweige der So-zialversicherung das Werkstudentenprivileg:Die Beschäftigung ist kranken- und arbeitslo-senversicherungsfrei sowie nicht versiche-rungspflichtig in der Pflegeversicherung.Mit Aufnahme der zeitgleich ausgeübten Be-schäftigung bei Arbeitgeber B entfällt ab01.08.2017 das Werkstudentenprivileg (wö-chentliche Arbeitszeit nunmehr insgesamt 24Stunden). In der Beschäftigung bei ArbeitgeberA unterliegt der Student von diesem Zeitpunktan (neben der bereits bestehenden Rentenver-sicherungspflicht) auch der Versicherungs-pflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslo-senversicherung.

Die Beschäftigung bei Arbeitgeber B ist vom01.08.2017 an als (erste) geringfügig entlohn-te Beschäftigung neben einer versicherungs-pflichtigen (Haupt-)Beschäftigung kranken-und arbeitslosenversicherungsfrei und nichtversicherungspflichtig in der Pflegeversiche-rung. Sofern der Student keine Befreiung beimArbeitgeber schriftlich beantragt, besteht inder Rentenversicherung Versicherungspflicht.

Beispiel 5:

Fit im Studium: Die Nachwuchselite will richtig abgerechnet sein.

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 11Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Wird die 20-Wochenstunden-Grenze in an-deren als den beiden vorgenannten Sach-verhalten überschritten, kann das Werk-studentenprivileg nicht eingeräumt wer-den. Derartige studentische Beschäftigun-gen unterliegen daher neben der Renten-versicherungspflicht auch stets der Kran-ken-, Pflege- und Arbeitslosenversiche-rungspflicht.

Ob das Werkstudentenprivileg in einemder beiden vorgenannten Sachverhalte, indenen der Student eine rentenversiche-rungspflichtige Beschäftigung mit einerwöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20Stunden ausübt, allerdings tatsächlich zurAnwendung gelangen kann, ist noch voneiner zusätzlichen Beurteilung abhängig:Ist die zu beurteilende Beschäftigung desStudenten – unter Berücksichtigung even-tueller Vorbeschäftigungen – noch Neben-sache für den Studenten oder gehört er sei-

nem Erscheinungsbild nach bereits zumKreis der Beschäftigten?

Von einer Zugehörigkeit zum Kreis der Be-schäftigten ist immer dann auszugehen,wenn der Student im Laufe eines Jahresmehr als 26 Wochen (182 Kalendertage) ineinem Umfang von mehr als 20 Stundenwöchentlich beschäftigt ist. Der Jahreszeit-raum ist in der Weise zu ermitteln, dassvom voraussichtlichen Ende der zu beur-teilenden Beschäftigung ein Jahr zurückge-rechnet wird. Anzurechnen sind in diesemZeitraum alle Beschäftigungen, in denendie wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20Stunden beträgt. Die versicherungsrechtli-che Beurteilung dieser Beschäftigungenspielt keine Rolle. Dies bedeutet, dass u. a.kurzfristige geringfügige Beschäftigungenund Beschäftigungen in der vorlesungs-freien Zeit (Semesterferien) mit einer Wo-chenarbeitszeit von mehr 20 Stunden eben-so angerechnet werden wie befristete Be-schäftigungen bis zu (längstens) 26 Wo-chen, in denen die wöchentliche Arbeits-zeit von 20 Stunden zwar überschrittenwird, die Beschäftigung sich aber den Er-fordernissen des Studiums anpasst undunterordnet (Beschäftigungen amWochen-ende sowie in den Abend- und Nacht-stunden). Ob die Beschäftigungen beidemselben Arbeitgeber oder bei verschie-denen Arbeitgebern ausgeübt werden, istunerheblich. Vorgeschriebene Zwischen-praktika bleiben allerdings unberücksich-tigt.

Ergibt die Zusammenrechnung, dass ins-gesamt Beschäftigungszeiten von mehr als26 Wochen (182 Kalendertage) vorliegen,besteht vom Beginn der zu beurteilendenBeschäftigung an bzw. von dem Zeitpunktan, in dem erkennbar ist, dass der vorge-nannte Zeitraum überschritten wird, Versi-cherungspflicht in der Kranken-, Pflege-und Arbeitslosenversicherung. Für dieVergangenheit bleibt es bei der bisherigenversicherungsrechtlichen Beurteilung.

Wird eine (unbefristete) Beschäftigung miteiner wöchentlichen Arbeitszeit von nichtmehr als 20 Stunden lediglich in der vorle-sungsfreien Zeit (Semesterferien) auf mehrals 20 Stunden ausgeweitet, so bleibt auchfür diese Zeit das studentische Erschei-nungsbild erhalten. Dies bedeutet, dass insolchen Sachverhalten auch während dervorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) dasWerkstudentenprivileg bestehen bleibt. Et-was anderes gilt jedoch ebenso, wenn sichderartige Beschäftigungen mit mehr als 20

Ein eingeschriebener Student übt folgende Be-schäftigungen aus (weitere Beschäftigungenwurden/werden nicht ausgeübt):

19.09. – 16.12.2016 im Voraus befristeteBeschäftigung bei Arbeitgeber A währendder Vorlesungszeit – 40 Stunden wöchentlicheArbeitszeit (montags – freitags)– mtl. Gehalt 2.000 Euro13.02. – 13.04.2017 im Voraus befristete Be-schäftigung bei Arbeitgeber B während dervorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) – 40Stunden wöchentliche Arbeitszeit (montags –freitags)– mtl. Gehalt 2.000 Euro

Beispiel 9:

Ein eingeschriebener Student übt im Kalender-jahr 2017 folgende Beschäftigungen aus:

13.02. – 13.04.2017 im Voraus befristeteBeschäftigung bei Arbeitgeber A während dervorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) – 40Stunden wöchentliche Arbeitszeit (montags –freitags)– mtl. Gehalt 2.000 Euro09.10. – 30.11.2017 im Voraus befristete Be-schäftigung bei Arbeitgeber B während derVorlesungszeit – 35 Stunden wöchentliche Ar-beitszeit (montags – freitags jeweils von 8.00bis 15.45 Uhr)– mtl. Gehalt 1.800 €

Die Beschäftigung des Studenten bei Arbeitge-ber A vom 13.02. bis zum 13.04.2017 ist einekurzfristige geringfügige Beschäftigung. Sie istkranken-, renten- und arbeitslosenversiche-rungsfrei und nicht versicherungspflichtig inder Pflegeversicherung.

Wegen der bereits ausgeübten kurzfristigengeringfügigen Beschäftigung bei ArbeitgeberA im Laufe des Kalenderjahres 2017 ist die Be-schäftigung des Studenten bei Arbeitgeber Bvom 09.10. bis zum 30.11.2017 keine kurzfris-tige geringfügige Beschäftigung. Die Beschäf-tigung unterliegt daher der Rentenversiche-rungspflicht.

Da die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20Stunden beträgt, die Beschäftigung aber we-der am Wochenende bzw. in den Abend- undNachtstunden noch während der vorlesungs-freien Zeit (Semesterferien) ausgeübt wird,kann das Werkstudentenprivileg nicht ange-wendet werden. Die Beschäftigung bei Arbeit-geber B unterliegt daher ebenfalls der Kran-ken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungs-pflicht.

Beispiel 8:

31.07. – 29.09.2017 im Voraus befristete Be-schäftigung bei Arbeitgeber C während dervorlesungsfreien Zeit (Semesterferien) – 35Stunden wöchentliche Arbeitszeit (montags –freitags)– mtl. Gehalt 1.800 Euro

Die Beschäftigung bei Arbeitgeber A vom19.09. bis zum 16.12.2016 ist eine kurzfristigegeringfügige Beschäftigung. Sie ist daherkranken-, renten- und arbeitslosenversiche-rungsfrei und nicht versicherungspflichtig inder Pflegeversicherung.

Die Beschäftigung bei Arbeitgeber B vom13.02. bis zum 13.04.2017 ist ebenfalls einekurzfristige geringfügige Beschäftigung. Sie istdaher auch kranken-, renten- und arbeitslo-senversicherungsfrei und nicht versicherungs-pflichtig in der Pflegeversicherung.

Wegen der bereits ausgeübten kurzfristigengeringfügigen Beschäftigung bei Arbeitgeber Bim Laufe des Kalenderjahres 2017 ist die Be-schäftigung des Studenten bei Arbeitgeber Cvom 31.07. bis zum 29.09.2017 keine kurzfris-tige geringfügige Beschäftigung. Die Beschäf-tigung unterliegt daher der Rentenversiche-rungspflicht.

Da die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20Stunden beträgt, die Beschäftigung aber wäh-rend der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien)ausgeübt wird, kann möglicherweise dasWerkstudentenprivileg zur Anwendung gelan-gen. Für die tatsachliche Berücksichtigung die-ses Privilegs ist in einem weiteren Schritt aus-zuschließen, dass der Student bereits zumKreis der Beschäftigten gehört.Der hierzu zu bildende Jahreszeitraum verläuftvom 30.09.2016 bis zum 29.09.2017. Anzu-rechnen sind die Beschäftigungen bei Arbeit-geber A (30.09. – 16.12.2016 = 78 Kalenderta-ge), Arbeitgeber B (13.02. – 13.04.2017 = 60Kalendertage) und Arbeitgeber C (31.07. –29.09.2017 = 61 Kalendertage). Insgesamtwerden im Jahreszeitraum mehr als 26 Wo-chen (hier: 199 Kalendertage) Beschäftigun-gen mit einer wöchentlichen Arbeitszeit vonmehr als 20 Stunden ausgeübt. Damit gehörtder Student in der Beschäftigung bei Arbeitge-ber C seinem Erscheinungsbild nach zum Kreisder Beschäftigten. Es besteht daher von Be-ginn der Beschäftigung an neben der Renten-versicherungspflicht auch Versicherungspflichtin der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversi-cherung.

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12 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

HUBERT WINGS

Verwaltungsdirektorbei der AOK RheinlandHamburg

Wochenstunden im Laufe des Jahreswiederholen und insgesamt mehr als 26Wochen (182 Kalendertage) ausmachen.

Werkstudentenprivileg – Nachweisdurch StudienbescheinigungZu den beschäftigten Studenten, für diedas Werkstudentenprivileg Anwendungfinden kann, gehören diejenigen Studen-ten, die u. a. an einer Hochschule einge-schrieben (immatrikuliert) sind. Die Ein-schreibung wird in der Regel durch die je-weils aktuelle Studienbescheinigung nach-gewiesen. Der Nachweis ist vom Arbeitge-

ber zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.Die Hochschulausbildung endet mit demTag der Exmatrikulation, wenn das Stu-dium abgebrochen, unterbrochen oder insonstigen Fällen durch Exmatrikulationohne Prüfung beendet wird.

Hat der Student die von der Hochschulefür den jeweiligen Studiengang vorgesehe-ne letzte Prüfungsleistung (z. B. Ablegender Diplomprüfung, des Staatsexamens,der Magisterprüfung oder Abgabe der Ba-chelor- oder Masterarbeit) erbracht, endetdie Hochschulausbildung mit Ablauf desMonats, in dem der Studierende vom Ge-samtergebnis der Prüfungsleistung perBriefpost vom Prüfungsamt durch Über-senden des vorläufigen Prüfungszeugnis-ses unterrichtet wird.

Wird während der Fortdauer einer Be-schäftigung, für die das Werkstudenten-privileg Anwendung findet, das Bachelor-studium beendet, endet ebenfalls die An-wendung des Privilegs. Dies gilt auch fürden Fall, dass der Student beabsichtigt,zum nächstmöglichen Zeitpunkt das Mas-terstudium aufnehmen zu wollen.

Studenten, die für ein oder mehrere Se-mester vom Studium beurlaubt sind, neh-men in dieser Zeit nicht am Studienbetriebteil. Wird während der Dauer der Beurlau-bung eine Beschäftigung ausgeübt, ist dasErscheinungsbild als Student grundsätz-lich nicht (mehr) gegeben. Dies gilt ebensofür Personen, die als Doktoranden nachihrem Hochschulabschluss ein Promo-tionsstudium aufnehmen und währendder Anfertigung ihrer Dissertation an einerHochschule eingeschrieben sind.

Der Student übt seit 01.10.2015 eine unbefris-tete Beschäftigung an 18 Stunden wöchent-lich aus. Die Beschäftigung unterliegt der Ren-tenversicherungspflicht; in der Kranken-, Pfle-ge- und Arbeitslosenversicherung gilt für ihndas Werkstudentenprivileg.

Im Februar 2017 schließt der Student sein Stu-dium mit der Abgabe der Bachelorarbeit ab.Am 5. Mai 2017 erhält er vom Prüfungsamtdas vorläufige Ergebnis per Post zugesandt.Die Übergabe des Zeugnisses erfolgt im Rah-men einer Abschlussfeier am 14.07.2017. DasSemester endet am 30.09.2017.

Das Werkstudentenprivileg endet am31.05.2017. Vom 01.06.2017 an unterliegt derStudent in der weiterhin ausgeübten Beschäf-tigung auch der Kranken-, Pflege- und Ar-beitslosenversicherungspflicht.

Beispiel 11:

Ein eingeschriebener Student übt vom01.04.2017 an eine unbefristete Beschäftigunggegen ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhevon 1.000 Euro aus. Die wöchentliche Arbeits-zeit beträgt 20 Stunden (montags bis freitagsjeweils vier Stunden). In der vorlesungsfreienZeit (Semesterferien) vom 31.07. bis29.09.2017 wird die wöchentliche Arbeitszeitauf 40 Stunden ausgeweitet (montags bis frei-tags jeweils acht Stunden). Das monatliche Ar-beitsentgelt beträgt in dieser Zeit 2.000 Euro.

Die Beschäftigung des Studenten unterliegtvom 01.04.2017 an der Rentenversicherungs-pflicht. Aufgrund des Werkstudentenprivilegsbesteht von diesem Zeitpunkt an Versiche-rungsfreiheit in der Kranken- und Arbeitslo-senversicherung; die Beschäftigung ist nichtversicherungspflichtig in der Pflegeversiche-rung.

Das Werkstudentenprivileg gilt auch währendder in der vorlesungsfreien Zeit auf 40 Stun-den ausgeweiteten Beschäftigung.

Beispiel 10:

Alles richtig gemacht — auch bei der Abrechnung der Studenten!

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 13Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Nicht immer ist eine geringfügige Be-schäftigung in der Sozialversicherungversicherungsfrei. Nachfolgend verratenwir Ihnen, wann bei einer kurzfristigenBeschäftigung von Beginn an Versiche-rungspflicht in allen Sozialversicherungs-zweigen besteht.

Eine kurzfristige Beschäftigung liegt nach§ 8 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 115Sozialgesetzbuch (SGB) IV vor, wenn dieBeschäftigung für eine Zeitdauer ausge-übt wird, die im Laufe eines Kalenderjah-res auf nicht mehr als drei Monate oderinsgesamt 70 Arbeitstage nach ihrer Ei-genart begrenzt zu sein pflegt oder imVoraus vertraglich begrenzt ist. Die Vor-aussetzungen einer kurzfristigen Beschäf-tigung sind nur gegeben, wenn die Be-schäftigung von vornherein auf nichtmehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage(auch kalenderjahrüberschreitend) befris-tet ist. Eine kurzfristige Beschäftigungliegt allerdings nicht mehr vor, wenn dieBeschäftigung berufsmäßig ausgeübtwird und das Arbeitsentgelt aus dieserBeschäftigung 450 Euro im Momant über-schreitet. Eine zeitliche Beschränkung derBeschäftigung nach ihrer Eigenart ist ge-geben, wenn sie sich vorausschauend ausder Art, dem Wesen oder dem Umfangder zu verrichtenden Arbeit ergibt.

Prüfung der Berufsmäßigkeit

Eine kurzfristige Beschäftigung erfülltdann nicht mehr die Voraussetzungen ei-ner geringfügigen Beschäftigung, wenndiese berufsmäßig ausgeübt wird und ihrArbeitsentgelt 450 Euro im Monat über-steigt. Die Prüfung der Berufsmäßigkeitist nicht erforderlich, wenn das aufgrunddieser Beschäftigung erzielte Arbeitsent-gelt die anteilige Arbeitsentgeltgrenzevon 450 Euro im Monat nicht überschrei-tet. Gleiches gilt, wenn das Arbeitsentgeltbei einer Rahmenvereinbarung, die dieVoraussetzungen für eine kurzfristige Be-schäftigung erfüllt, die Arbeitsentgelt-grenze von 450 Euro im Kalendermonatnicht übersteigt; die Anzahl der Arbeits-einsätze im jeweiligen Beschäftigungsmo-nat ist insofern unerheblich, wobei aller-dings zu beachten ist, dass die Beschäfti-gung ohne Entgeltzahlung aus sozialver-sicherungsrechtlicher Sicht spätestensnach Ablauf eines Monats endet (§ 7 Abs.3 Satz 1 SGB IV) und abzumelden ist.

Darüber hinaus muss die Berufsmäßigkeitder Beschäftigung auch dann nicht ge-prüft werden, wenn die Beschäftigung be-

reits infolge Überschreitens der Zeitgren-ze von drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagenals nicht geringfügig anzusehen ist.

Rechtsprechungdes Bundessozialgerichts

Berufsmäßig wird eine Beschäftigungdann ausgeübt, wenn sie für die in Be-tracht kommende Person nicht von unter-geordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist(Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.Oktober 1960, Az.: 3 RK 31/56, SozR Nr. 1zu § 166 RVO).

Neben einer versicherungs-pflichtigen Hauptbeschäftigung

Kurzfristige Beschäftigungen, die� neben einer versicherungspflichtigen

Hauptbeschäftigung,� neben einem freiwilligen sozialen oder

ökologischen Jahr,� neben dem Bundesfreiwilligendienst,� neben einem dem freiwilligen sozialen

oder ökologischen Jahr vergleichbarenFreiwilligendienst (wie beispielsweisedem entwicklungspolitischen Frei-willigendienst „WELTWÄRTS“ oderdem „Incoming-Freiwilligendienst“),

� neben dem freiwilligen Wehrdienstoder

� neben dem Bezug von Vorruhestands-geld ausgeübt werden,

sind grundsätzlich nicht berufsmäßig.

Arbeitnehmer gehört zumPersonenkreis der Erwerbstätigen

Die Bestimmung von Berufsmäßigkeitgeht einher mit der Frage, ob der Arbeit-nehmer zum Personenkreis der Erwerbs-tätigen zu zählen ist. Sie ist anhand vonIndizien im jeweiligen Einzelfall bei Be-ginn der zu beurteilenden Beschäftigungunabhängig von der tatsächlichen Ein-kommenssituation des Arbeitnehmers zubeantworten. Berufsmäßigkeit kann sichbeispielsweise aufgrund des Erwerbsver-haltens des Arbeitnehmers ergeben oderbereits im Status der Person des Arbeit-nehmers begründet sein.

Gelegentlich ausgeübteBeschäftigungen

Beschäftigungen, die nur gelegentlichausgeübt werden, sind grundsätzlich von

untergeordneter wirtschaftlicher Bedeu-tung und daher als nicht berufsmäßig an-zusehen (Urteil des Bundessozialgerichtsvom 11. Juni 1980, Az.: 12 RK 30/79, USK80106). Hierzu gehören z. B. Beschäfti-gungen zwischen dem Schulabschlussund einer beabsichtigten Fachschulausbil-dung bzw. einen beabsichtigten Studium.

Kurzfristige Beschäftigungen zwischenSchulentlassung und Ableistung einesfreiwilligen sozialen oder ökologischenJahres, eines Bundesfreiwilligendienstes,eines dem freiwilligen sozialen oder öko-logischen Jahr vergleichbaren Freiwilli-gendienstes (wie beispielsweise der ent-wicklungspolitische Freiwilligendienst„WELTWÄRTS“ oder dem „Incoming-Freiwilligendienst“) oder eines freiwilli-gen Wehrdienstes werden dagegen be-rufsmäßig ausgeübt. Dies gilt auch, wennnach der Ableistung des freiwilligenDienstes voraussichtlich ein Studium auf-genommen wird.

Nicht nur gelegentlich ausgeübteBeschäftigungen

Folgt eine kurzfristige Beschäftigung aufbereits ausgeübte Beschäftigungen, ist Be-rufsmäßigkeit ohne eine weitere Prüfunganzunehmen, wenn die Beschäftigungs-zeiten im Laufe eines Kalenderjahres ins-gesamt mehr als drei Monate oder 70 Ar-beitstage betragen. Dabei werden alle Be-schäftigungen mit Ausnahme geringfügigentlohnter Beschäftigungen und kurzfris-tiger Beschäftigungen mit einem anteili-gen Arbeitsentgelt bis 450 Euro im Monatberücksichtigt.

Bei Personen, die aus dem Berufslebenausgeschieden sind und infolgedessennicht mehr zum Personenkreis der Er-werbsmäßigen zählen bzw. dem Arbeits-markt nicht mehr dauerhaft zur Verfü-gung stehen (z. B. Bezieher einer Vollrentewegen Alters), können für die Prüfungder Berufsmäßigkeit mehr als geringfügi-ge Beschäftigungszeiten nur nach demAusscheiden angerechnet werden. ImÜbrigen stehen bei der Prüfung der Be-rufsmäßigkeit Zeiten der Meldung alsAusbildung- und Arbeitsuchender (§ 15Sätze 1 und 2 SGB III) mit Beschäftigungs-losigkeit gleich (Urteil des Bundessozial-gerichts vom 27. September 1972, Az.:12/3 RK 49/71, USK 72149).

Kurzfristige Beschäftigungen

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14 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

ULRICH FRANKSozialversicherungsfachwirt undWirtschaftsjournalist

Kurzfristige Beschäftigungen nebenElternzeit, unbezahltem Urlaub oderselbstständiger Tätigkeit

Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsver-hältnis wegen Elternzeit oder wegen einesunbezahlten Urlaubs unterbrochen wirdund die während dieser Zeit eine auf dreiMonate bzw. 70 Arbeitstage befristete Be-schäftigung ausüben und deren Verdienstdie anteilige Arbeitsentgeltgrenze von 450Euro im Monat übersteigt, üben diese Be-schäftigung berufsmäßig aus. Dabei spieltes keine Rolle, ob die befristete Beschäfti-gung beim bisherigen Arbeitgeber oderbei einem anderen Arbeitgeber ausgeübtwird.

Neben einer selbstständigen Tätigkeitwird, auch wenn diese durch die Beschäf-tigung unterbrochen wird, eine kurzfristi-ge Beschäftigung mit einem anteiligen Ar-beitsentgelt von mehr als 450 Euro nichtberufsmäßig ausgeübt.

Beschäftigungslose

Üben Personen, die beschäftigungslosund bei der Arbeitsagentur für eine mehrals kurzfristige Beschäftigung als Ausbil-dung oder Arbeitssuchende gemeldetsind (mit und ohne Leistungsbezug), eineBeschäftigung aus, sind sie zum Perso-

nenkreis der Erwerbstätigen zu zählen,die eine Beschäftigung berufsmäßig unddaher ohne Rücksicht auf die Beschäfti-gungsdauer nicht kurzfristig ausüben; essei denn, die anteilige Arbeitsentgeltgren-ze von 450 Euro im Monat wird nichtüberschritten. Durch die Meldung bei derArbeitsagentur scheiden diese Personennicht aus dem Kreis der berufsmäßig Be-schäftigten aus. Vielmehr beruht ihrewirtschaftliche Stellung nach wie vor aufdem durch Erwerbstätigkeit als Beschäf-tigte zu erzielenden Verdienst (Urteile desBundessozialgerichts vom 27. September1972, Az.: 12/3 RK 49/71, USK 72149 undvom 11. Mai 1993, Az.: 12 RK 23/91, USK9353).

Berücksichtigung vonZeiten im Ausland

Für die Prüfung der Berufsmäßigkeit sindauch Beschäftigungszeiten im Ausland zuberücksichtigen, wobei allerdings die Hö-he des im Ausland erzielten Arbeitsent-gelts unerheblich ist. Folglich werden indiesem Zusammenhang auch Beschäfti-gungszeiten in anderen Staaten mit einemArbeitsentgelt bis zu 450 Euro im Monatangerechnet. Dem liegt die Ansicht zu-grunde, dass die Berufsmäßigkeit einerBeschäftigung nicht allein vom Erwerbs-verhalten in Deutschland bestimmt wird,sondern vom allgemeinen Erwerbslebendes Beschäftigten.

Ein Bezieher von Arbeitslosengeld vereinbarteine auf zwei Tage (Samstag und Sonntag) be-fristete Beschäftigung als Kellner zu je siebenStunden; das Arbeitsentgelt beträgt pro Tag 70Euro.

Da der Arbeitnehmer als Bezieher von Arbeits-losengeld als berufsmäßig Beschäftigter anzu-sehen ist und das Arbeitsentgelt für den Be-schäftigungszeitraum (140 Euro) die anteiligeArbeitsentgeltgrenze von 30 Euro (450 Euromal zwei Tage durch 30) übersteigt, liegt un-abhängig von der Dauer keine versicherungs-freie kurzfristige Beschäftigung vor.

Beispiel:

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 15Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Aktuelles aus dem ArbeitsrechtMassenentlassungsschutz beiArbeitnehmern in Elternzeit

Massenentlassungen eines Arbeitgebersinnerhalb von 30 Kalendertagen bedürfennach Maßgabe von § 17 KSchG zu ihrerWirksamkeit einer vorherigen ordnungs-gemäßen Beratung durch den Betriebsratund einer vorherigen ordnungsgemäßenAnzeige an die Agentur für Arbeit. Dieserdurch § 17 KSchG gewährleistete Schutzist europarechtlich durch die Richtlinie98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie)festgelegt. Nach der Rechtsprechung desEuropäischen Gerichtshofs (siehe EuGH27.01.2005 – C-188/03 – [Junk]) ist unter„Entlassung“ die Kündigungserklärungzu verstehen.

Hiervon ausgehend, hält das Bundesar-beitsgericht (BAG) mit seinem Urteil vom26.01.2017 (6 AZR 442/16) die Kündigunggegenüber einer Arbeitnehmerin vom10.03.2010 für wirksam, die sich zur Zeitder wegen einer Betriebsstilllegungdurchgeführten Massenentlassungen inElternzeit befand und deren Arbeitsver-hältnis erst nach Ablauf des Zeitraumsvon 30 Kalendertagen gekündigt wurde,obwohl sich die Kündigungen der übri-gen Arbeitsverhältnisse, mangels einerordnungsgemäßen Beteiligung des Be-triebsrats gemäß § 17 KSchG, als unwirk-sam erwiesen hatten (siehe BAG-Urteilvom 25.04.2013 – 6 AZR 49/12).

Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatmit Beschluss vom 08.06.2016 (BvR3634/13) dieses Urteil aufgehoben, weiles die Klägerin in ihren Grundrechten ausArt. 3 i. V. m. Art. 6 GG verletze. NachAuffassung der Richter werde die Kläge-rin unzulässig wegen der von ihr in An-spruch genommenen Elternzeit undwegen ihres Geschlechts benachteiligt,wenn ihr der Schutz vor Massenentlas-sungen versagt werde, weil das Abwartender wegen der Elternzeit notwendigen be-hördlichen Zustimmung zur Kündigungdazu geführt habe, dass die Kündigungerst nach Ablauf des 30-Tage-Zeitraumserklärt wurde. In diesen Fällen gelte der30-Tage-Zeitraum auch dann als gewahrt,wenn die Antragstellung auf Zustim-mung der zuständigen Behörde zu derKündigung innerhalb dieses Zeitraumserfolgt sei.

An diese nationalrechtliche Erweiterungdes Entlassungsbegriffs bei Massenentlas-sungen durch das Bundesverfassungsge-richt ist die Entscheidung des BAG unge-achtet der Probleme gebunden, die u. a.

dann entstehen, wenn die behördlicheZustimmung erst außerhalb der 90-tägi-gen Freifrist des § 18 Abs. 4 KSchG erteiltwird oder wenn bei einer Arbeitnehmerinin Elternzeit die Kündigung als solche zu-gleich Teil einer zweiten, § 17 KSchGunterfallenden Welle von Kündigungenist. Das BAG hat deshalb nun auf die Re-vision der Klägerin festgestellt, dass ihrArbeitsverhältnis durch die Kündigungvom 10.03.2010 nicht aufgelöst wordenist.� BAG-Urteil vom 26.01.2017 –

6 AZR 442/16

Schadensersatz wegenBenachteiligung nach dem AAG

Die Richter des Bundesarbeitsgerichts(BAG) entschieden mit Urteil vom26.01.2017 (8 AZR 736/15) über den Scha-densersatz wegen unterbliebener Erhö-hung der Wochenarbeitszeit und Benach-teiligung wegen der (Schwer-)Behinde-rung.

Der Kläger, der seit Dezember 2011 mit ei-nem Grad der Behinderung von 50 alsschwerbehinderter Mensch anerkannt ist,ist bei der Beklagten, die einen Express-Versand und Transport-Service betreibt,in deren Station als Kurier mit einer wö-chentlichen Arbeitszeit von 27,5 Stundenbeschäftigt. Im Juni 2013 verteilte die Ar-beitgeberin ein Stundenvolumen voninsg. 66,5 Stunden – unbefristet – an 14 in

Teilzeit beschäftigte Kuriere und schlossmit diesen entsprechende Änderungsver-träge ab. Dabei wurden bis auf den Klä-ger, der bereits mehrfach um eine Erhö-hung seiner Wochenstundenzahl bei sei-nem Arbeitgeber nachgesucht hatte, undeinen weiteren Kollegen, der erst im Janu-ar 2013 in die Station gewechselt war,sämtliche Arbeitnehmer in Teilzeit mitWunsch auf eine Stundenerhöhung be-rücksichtigt. Mit seiner Klage hat der Klä-ger eine Erhöhung seiner wöchentlichenArbeitszeit unter entsprechender Ver-tragsänderung begehrt. In der Berufungs-instanz hat er seine Klage erweitert undzusätzlich hilfsweise einen Schadenser-satzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG inHöhe der ihm entgangenen Vergütunggeltend gemacht. Als Begründung führteder Arbeitnehmer aus, die beklagte Ar-beitgeberin habe ihn bei der Vergabe derStundenerhöhungen allein wegen seinerSchwerbehinderung benachteiligt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewie-sen. Auf die Berufung des Klägers hat dasLandesarbeitsgericht – unter Zurückwei-sung der Berufung des Klägers im Übri-gen – dem Kläger Schadensersatz in Höhedes ihm entgangenen Verdienstes zuge-sprochen. Die hiergegen gerichtete Revi-sion der Beklagten hatte vor dem BAG Er-folg. Das LAG durfte der Klage nicht mitder Begründung stattgeben, es lägen Indi-zien i. S. v. § 22 AGG vor, die eine Benach-teiligung des Klägers wegen seinerSchwerbehinderung vermuten ließen,

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16 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

und die Beklagte habe diese Vermutungnicht widerlegt. Das LAG hat verkannt,dass die Vermutung einer Benachteili-gung wegen eines in § 1 AGG genanntenGrundes nur besteht, wenn Indizien vor-liegen, die mit „überwiegender Wahr-scheinlichkeit“ darauf schließen lassen,dass ein in § 1 AGG genannter Grund ur-sächlich für die Benachteiligung war, unddass damit die vom LAG angenommene„Möglichkeit“ einer Ursächlichkeit nichtausreicht. Aufgrund der bislang vomLAG getroffenen Feststellungen konntedas BAG den Rechtsstreit allerdings nichtabschließend entscheiden. Die Sache wur-de deshalb zur neuen Verhandlung undEntscheidung an das LAG in Hessen zu-rückverwiesen.� BAG-Urteil vom 26.01.2017 –

8 AZR 736/15

Keine fristlose Kündigung wegenBenennung als Freiberufler imXING-Profil

Die falsche Angabe eines Arbeitnehmerszum beruflichen Status in seinem XING-Profil kann ohne Hinzutreten weitererUmstände keine fristlose Kündigungwegen einer unerlaubten Konkurrenztä-tigkeit rechtfertigen. Der Arbeitnehmerhatte unmittelbar nach seiner Kündigung,im noch bestehenden Arbeitsverhältnis,seinen beruflichen Status in „Freiberufler“geändert. Das Landesarbeitsgericht(LAG) Köln hat in seinem Urteil vom07.02.2017 (12 Sa 745/16) entschieden,dass dies keine fristlose Kündigung durchden Arbeitgeber rechtfertigt.

Der Kläger war Arbeitnehmer einer Steu-erberaterkanzlei. Arbeitgeber und Arbeit-nehmer vereinbarten im Wege eines Auf-hebungsvertrages die Beendigung des Ar-beitsverhältnisses mit mehrmonatigerAuslauffrist. Kurz vor Ende des Arbeits-verhältnisses stellte die beklagte Arbeitge-berin fest, dass der klagende Arbeitneh-mer in seinem privaten XING-Profil be-reits angegeben hatte, als „Freiberufler“tätig zu sein. In dieser Änderung sah dieArbeitgeberin eine direkte Konkurrenztä-tigkeit. Aufgrund dessen sprach die Ar-beitgeberin die fristlose Kündigung desArbeitsverhältnisses aus. Als Begründungführte sie aus, dass davon auszugehen sei,dass durch die überwiegend beruflicheNutzung des sozialen Netzwerks XINGder Kläger aktiv eine freiberufliche Tätig-keit in Konkurrenz zur Arbeitgeberin be-worben hat und Mandanten habe abwer-ben wollen.

Das LAG hat, wie bereits das Arbeitsge-richt als Vorinstanz, die außerordentliche

Kündigung als rechtsunwirksam angese-hen. Einem Arbeitnehmer ist zwar grund-sätzlich während des gesamten recht-lichen Bestandes des Arbeitsverhältnisseseine Konkurrenztätigkeit untersagt. Aller-dings sind Handlungen zulässig, mit de-nen eine spätere Konkurrenztätigkeitnach Ende des Arbeitsverhältnisses ledig-lich vorbereitet wird. Die Grenze der nochzulässigen Vorbereitungshandlung wirderst bei einer aktiv nach außen tretendenWerbung für eine Konkurrenztätigkeitüberschritten. Dieser Umstand kann beider fehlerhaften Angabe des aktuellen be-ruflichen Status „Freiberufler“ ohne Hin-zutreten weiterer Umstände nicht ange-nommen werden. Entscheidend war fürdie Richter des LAG auch, dass der Nameder Arbeitgeberin im XING-Profil weiter-hin als aktuelle Tätigkeit genannt warund unter der XING-Rubrik „Ich suche“gerade keine Angaben durch den Klägerdahingehend vorgenommen worden wa-

ren, dass freiberufliche Mandate gesuchtwerden. Die Revision ist nicht zugelassen.� LAG Köln, Urteil vom 07.02.2017 –

12 Sa 745/16

Berufserfahrung beim selbenArbeitgeber darf sich auf die Höhedes Gehalts auswirken

Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts(BAG) vom 23.02.2017 – 6 AZR 843/15 –verstößt es nicht gegen die unionsrecht-lichen Freizügigkeitsvorschriften (Art. 45AEUV und Art. 7) der Verordnung (EU)492/2011, dass § 16 Abs. 2 TV-L die beimselben Arbeitgeber erworbene einschlägi-ge Berufserfahrung gegenüber entspre-chenden Zeiten bei anderen Arbeitgebernprivilegiert.

Die klagende Arbeitnehmerin ist seit Ja-nuar 2014 als Erzieherin beim beklagten

Fristlose Kündigung wegen XING-Profil? Die Richter sind anderer Meinung.

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 17Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Arbeitgeber (Bundesland) beschäftigt. Siewird nach Entgeltgruppe 8 Stufe 2 TV-Lvergütet. Die Klägerin war seit 1997 beiverschiedenen anderen Arbeitgeberndeutschlandweit tätig. Sie hält die Privile-gierung einschlägiger Berufserfahrungbeim selben Arbeitgeber durch § 16 Abs. 2TV-L unter anderem wegen der unmittel-bar wirkenden unionsrechtlichen Arbeit-nehmerfreizügigkeitsbestimmungen fürunzulässig. Deshalb will die Klägerin fest-gestellt wissen, dass ihr seit Januar 2014Entgelt aus Stufe 5 der Entgeltgruppe 8TV-L zusteht.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage statt-gegeben. Das LAG dagegen hatte sie ab-gewiesen. Die dagegen gerichtete Revi-sion der Klägerin hatte vor dem BAGebenfalls keinen Erfolg. § 16 Abs. 2 TV-Lweist keinen hinreichenden Auslandsbe-zug auf, wenn Arbeitnehmer nur in derBundesrepublik Deutschland beschäftigtwaren und keine Qualifikationen in ande-ren Mitgliedstaaten der EuropäischenUnion erworben haben. Der sachliche An-wendungsbereich der unionsrechtlichenFreizügigkeitsvorschriften ist in solchenFällen nicht eröffnet. Das ist durch dieRechtsprechung des EuGH geklärt. Auchnationale Regelungen stehen der Privile-gierung der beim selben Arbeitgeber er-worbenen einschlägigen Berufserfahrungnicht entgegen.� BAG-Urteil vom 23.02.2017 –

6 AZR 843/15

Gesetzesentwurf zur Lohngerechtig-keit in Bundestag und Bundesrat

Nachdem der Bundesrat auf seiner Sit-zung am 10.02.2017 dem Gesetzesentwurfder Bundesregierung zur Beseitigung derLohnunterschiede zwischen Frauen undMännern zugestimmt hat, beriet derBundestag auf seiner Sitzung am16.02.2017 den Gesetzesentwurf in ersterLesung. Bereits am 11.01.2017 hatte das

Bundeskabinett dem Gesetzesentwurf zurFörderung der Transparenz von Entgelt-strukturen zugestimmt.Der Gesetzgeber möchte damit eineRechtsgrundlage für den Anspruch aufgleichen Lohn bei gleicher oder gleich-wertiger Arbeit, unabhängig vom Ge-schlecht, schaffen. Bundesfamilienminis-terin Manuela Schwesig (SPD) spricht vonbis zu 14 Millionen Männern und Frauen,die durch das Gesetz erfahren, ob sie ge-recht bezahlt werden.

Nach dem Entwurf erhalten Arbeitneh-mer in Unternehmen mit mehr als 200 Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmern ei-nen Auskunftsanspruch zu den Entgelt-strukturen. Ist das Unternehmen tarifge-bunden, soll der Auskunftsanspruch überden jeweiligen Betriebsrat wahrgenom-men werden können. In Unternehmen oh-ne Betriebsrat können sich die Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer direkt anden Arbeitgeber wenden.

Unternehmen mit mehr als 500Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer sind nachdem Entwurf verpflichtet, in einem Be-richt zur Gleichstellung und Entgelt-gleichheit über die jeweilige Entgeltstruk-tur zu berichten. Dieser Bericht muss füralle einsehbar sein. Nach jetzigem Standsoll das Gesetz zum 01.07.2017 in Krafttreten.

Bundesrat fordert Änderungenbei gesetzlicher Mitbestimmungvon Arbeitnehmern

Auf seiner Sitzung am 10.02.2017 hat derBundesrat eine Entschließung (BR-Drs.740/16 (B)) gefasst, in der er sich für Än-derungen bei der gesetzlichen Mitbestim-mung von Arbeitnehmern ausspricht. Da-rin fordert der Bundesrat die Bundesre-gierung auf, u. a. eine Anpassung des Ar-beitnehmerbegriffs vorzunehmen. Esmuss sichergestellt werden, dass die Mit-

bestimmung auch bei arbeitnehmerähn-lichen Beschäftigungen greift. Eine An-passung an die betriebliche Realität ist da-her unumgänglich.

Nach Aussage des Bundesrats vergrößertsich der Anteil der Arbeitnehmer die in ei-nem nicht tarifgebundenen Arbeitsver-hältnis stehen. Als Grund wird u. a. diezunehmende Digitalisierung der Wirt-schaft genannt. Ein weiterer Grund ist diezunehmende Entgrenzung der Arbeit.Viele arbeiten immer häufiger außerhalbihrer regulären Arbeitszeit und ihres ei-gentlichen Arbeitsortes. Daher müsse die-se Arbeit auch als solche anerkannt undvergütet werden.

Zudem fordert der Bundesrat die Schlie-ßung nationaler und europäischerSchlupflöcher für junge und wachsendeKapitalgesellschaften. Die Bundesregie-rung entscheidet über die Entschließungin naher Zukunft.

MARKUS STIERalga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEnEntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

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18 | Journal für das Lohnbüro März 2017 Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Nach Überwindung zum Teil großer Mei-nungsverschiedenheiten hat der Bundes-tag am 21.07.2016 das neueArbeitnehmer-überlassungsgesetz (AÜG) verabschiedet,das am 01.04.2017 in Kraft treten wird.

Die wesentlichen Änderungen im Ver-gleich zur bisherigen Rechtslage lassensich wie folgt skizzieren:� Einführung einer Überlassungshöchst-

dauer für Leiharbeitnehmer,� Unzulässigkeit einer Vorratsüberlas-

sungserlaubnis,� Verschärfung des Equal-Pay-Grund-

satzes,� Verbot des Einsatzes von Leiharbeit-

nehmern als Streikbrecher,� Erweiterung der Mitbestimmungs-

und Beteiligungsrechte des Betriebs-rats.

Künftig darf ein Verleiher denselben Leih-arbeitnehmer „nicht länger als 18 aufein-ander folgende Monate demselben Entlei-her überlassen“ (§ 1 Abs. 1 b) Satz 1AÜG); die Frist knüpft an die Person desLeiharbeitnehmers an („arbeitnehmerbe-zogen“) und nicht an den konkreten Ar-beitsplatz, den der Leiharbeitnehmer imEntleihbetrieb besetzt. Derselbe (Dauer-)Arbeitsplatz kann daher künftig nachein-ander mit wechselnden Leiharbeitneh-mern besetzt werden, solange die Höchst-überlassungsdauer mit Blick auf deneinzelnen Leiharbeitnehmer nicht über-schritten wird. Das bisherige Konzernpri-vileg nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG bleibt be-stehen; damit ist auch möglich, dass einLeiharbeitnehmer nach Ablauf eines 18-monatigen Einsatzes an ein anderesUnternehmen überlassen wird, das mitdem vorherigen Entleiher gem. § 18 AktGim Konzern verbunden ist. VorherigeÜberlassungen an denselben Entleiherwerden auf die Überlassungshöchstdauervollständig angerechnet, wenn zwischenden Einsätzen jeweils nicht mehr als dreiMonate liegen (§ 1 Abs. 1 b) Satz 2 AÜGn. F.). Unterbrechungszeiten von mehr alsdrei Monaten werden vermutlich dazuführen, dass die Frist neu zu laufen be-ginnt. Damit wird es auch künftig mög-lich sein, „Einsatzketten“ zu bilden, wenndie dreimonatige Karenzzeit eingehaltenwird – unabhängig von der Position undvom Personaldienstleister, der den Lei-harbeitnehmer überlässt.

Von dieser Überlassungshöchstdauerkann jedoch durch oder aufgrund tarif-

vertraglicher Regelungen der Einsatz-branche abgewichen werden; dies bedeu-tet, dass in tarifgebundenen Unterneh-men längere Einsätze von Leiharbeitneh-mern über 18 Monate hinaus möglich seinwerden. Im Geltungsbereich eines solchenTarifvertrages können in nicht-tarifgebun-denen Unternehmen die tarifvertrag-lichen Regelungen zur Überlassungs-höchstdauer bis zu längstens 24 Monatendurch Betriebs- oder Dienstvereinbarunginhaltsgleich übernommen werden.

Künftig müssen Personaldienstleister undEinsatzunternehmen vor der Überlassungdes Arbeitnehmers diese ausdrücklich alsArbeitnehmerüberlassung bezeichnenund die Person des Leiharbeitnehmersunter Bezug auf den Überlassungsvertragkonkretisieren (§ 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG n.F.). Andernfalls wird ein Arbeitsverhältniszwischen Leiharbeitnehmer und Entleiherfingiert. Diese gesetzliche Fiktion sollauch dann eintreten, wenn bei einem – ge-setzlich untersagten – Weiterverleih vonLeiharbeitnehmern weitere Unternehmenohne arbeitsvertragliche Beziehung zumLeiharbeitnehmer zwischengeschaltetwerden und die Überlassungshöchstdau-er überschritten ist, keine Verleiherlaubnisbesteht oder eine verdeckte Arbeitneh-merüberlassung vorliegt. § 10 AÜG n. F.sieht allerdings die Möglichkeit vor, dassder Leiharbeitnehmer den Eintritt dervorgenannten gesetzlichen Fiktion ver-hindern kann, wenn er innerhalb einesMonats per sog. Festhaltenserklärunggegenüber der Bundesagentur für Arbeiterklärt, am Arbeitsverhältnis mit demVerleiher weiter festhalten zu wollen.

Das Vorhalten einer Verleiherlaubnis istkünftig nicht mehr möglich, Rahmenver-träge allerdings schon.

Leiharbeitnehmer sollen künftig späte-stens nach neun Monaten hinsichtlich desArbeitentgelts mit den Stammbeschäftig-ten gleichgestellt werden. Der Verleiherist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer fürdie Zeit der Überlassung die im Betriebdes Entleihers für vergleichbare Arbeit-nehmer geltenden Arbeitsbedingungeneinschließlich des Arbeitsentgelts zu ge-währen (Equal-Pay- bzw. Equal-Treat-ment-Grundsatz; §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 10Abs. 4 Satz 1 AÜG). Längere Abweichun-gen sollen aber auch künftig möglich sein,wenn sog. (Branchen-)Zuschlagstarifver-träge sicherstellen, dass das Entgelt der

Leiharbeitnehmer stufenweise an einevergleichbare Bezahlung im Einsatzbe-trieb herangeführt wird. Dieses gleich-wertige Arbeitsentgelt muss nach späte-stens 15 Monaten Einsatzdauer erreichtwerden. Frühere Überlassungen bei dem-selben Entleiher sind auf die neunmonati-ge Frist vollständig anzurechnen, wennzwischen den Einsätzen jeweils nicht min-destens drei Monate liegen (§ 8 Abs. 4Satz 4 AÜG n. F.). Auch hier bleiben Ein-satzzeiten vor dem 01.04.2017 unberück-sichtigt. Da die Anrechnungs- und Unter-brechungsregelungen identisch mit deno. g. Regelungen zur Überlassungshöchst-dauer sind, kommen die gleichen Gestal-tungsmöglichkeiten wie oben dargelegt inBetracht. Folge eines Verstoßes gegen denEqual-Pay-Grundsatz ist die Unwirksam-keit der Vertragsklauseln, die für dieLeiharbeitnehmer schlechtere Arbeitsbe-dingungen vorsehen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2AÜG n. F.). Auch kann die Arbeitnehmer-überlassungserlaubnis des Verleiherswiderrufen werden, was wiederum dieUnwirksamkeit des Arbeitsvertrageszwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer(§ 9 Abs. 1 Nr. 1 AÜG n. F.) und dieFiktion eines Arbeitsverhältnisses zumEntleiher zur Folge haben kann.

Das neue Gesetz verschärft den Einsatzvon Leiharbeitnehmern als Streikbrecher.Künftig sieht das Gesetz ein bußgeldbe-wehrtes Einsatzverbot für den Entleihervor (bis zu 500.000 Euro gem. § 16 Abs. 1Nr. 8a, Abs. 2 AÜG n. F.), wenn er Leihar-beitnehmer in einem Betrieb tätig werdenlässt, der „unmittelbar durch einen Ar-beitskampf betroffen“ ist (§ 11Abs. 5 AÜGn. F.); dieses Verbot gilt nicht, wenn keine

Tätigkeiten übernommen werden, die bis-her Arbeitnehmer erledigt haben, die sichim Arbeitskampf befinden. Allerdings istder Leiharbeitnehmer nicht zum Einsatz

Die Reform des Arbeitnehmer-überlassungsgesetzes

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Journal für das Lohnbüro März 2017 | 19Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

beim bestreikten Unternehmen verpflich-tet und kann die Arbeitsleistung verwei-gern. Da aufgrund der vorgenannten Än-derungen bei Streiks mit einer stärkerenÜberprüfung durch Behörden und Ge-werkschaften zu rechnen ist, sollten Ent-leiher bei einem Zusammentreffen vonStreik und Leiharbeitnehmereinsatz sorg-fältig darauf achten, für welche Tätigkei-ten Leiharbeitnehmer eingesetzt werden,und dies bei Einsatzbeginn genau doku-mentieren, um später einen verlässlichenAbgleich des konkreten Einsatzzeitraumsund des Tätigkeitsfelds mit dem betroffe-nen Streikbereich vornehmen zu können.

Künftig sind Leiharbeitnehmer bei allenSchwellenwerten des BetrVG (mit Aus-nahme des § 112a BetrVG), des Europäi-schen Betriebsrätegesetzes und der dazu-gehörigen Wahlordnungen zu berücksich-tigen, ohne dass es dabei auf konkrete Er-wägungen des jeweiligen Normzwecksankommt (§ 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG n. F.);dies bedeutet aber noch nicht, dass alleweiteren in der gesetzlichen Vorschrift ge-nannten Voraussetzungen auch erfülltsind.

Auch bei allen Schwellenwerten des Mit-bestimmungsgesetzes und anderer mitbe-stimmungsrechtlicher Gesetze und derhierzu erlassenen Wahlordnungen sindLeiharbeitnehmer künftig mit der Ein-schränkung zu berücksichtigen, dass die

Einsatzdauer der mitzuzählenden Leihar-beitnehmer sechs Monate übersteigenmuss (§ 14 Abs. 2 Satz 6 AÜG n. F.). ImHinblick auf die Personalplanung 2017 istPersonalabteilungen in Entleihunterneh-men die Prüfung zu empfehlen, ob durchdie Gesetzesänderung zum 01.04.2017 re-levante Schwellenwerte erreicht werdenund welche Handlungspflichten sich dar-aus ergeben, wie z. B. die Bildung einesparitätisch mitbestimmten Aufsichtsratsbei mehr als 2.000 Arbeitnehmern im In-land.

Die schon bisher geltenden Unterrich-tungs- und Vorlagepflichten gegenüberdem Betriebsrat des Entleihbetriebs er-gänzt das neue Gesetz dahingehend, dasssich in § 80 Abs. 2 Satz 1 und § 92 Abs. 1Satz 1 BetrVG n. F. das Informationsrechtdes Betriebsrats auch auf den Einsatz vonPersonen, die nicht im Arbeitsverhältniszum Arbeitgeber des Betriebs stehen, nunausdrücklich auf den Einsatz im Rahmenvon Dienst- und Werkverträgen erstreckt,d. h. auf den zeitlichen Umfang des Ein-satzes, den Einsatzort und die Arbeitsauf-gaben des Leiharbeitnehmers. Die Vorla-gepflicht besteht zudem auch hinsichtlichder dem Fremdpersonaleinsatz zugrun-deliegenden Verträge, insbesondere beimArbeitnehmerüberlassungsvertrag (§ 80Abs. 1 Satz 3 BetrVG n. F.). Durch die stär-kere Einbindung der Betriebsräte in diePersonalplanung soll die Arbeitnehmer-

überlassung auf ihre Kernfunktion als In-strument zur zeitlich begrenzten Deckungdes Arbeitskräftebedarfs ausgerichtetwerden; zudem soll die Stellung der Leih-arbeitnehmer gestärkt und die Arbeit derBetriebsräte im Einsatzbetrieb erleichtertwerden.

Auch wenn das neue Gesetz das Ziel ver-folgt, den Missbrauch der Arbeitnehmer-überlassung insbesondere durch Werk-vertragsgestaltungen zu verhindern, fürfaire Bezahlung der Arbeit durch Leihar-beitnehmer und damit für deren berufli-che Sicherheit zu sorgen, lässt sich nichtleugnen, dass die neuen gesetzlichenVorgaben zu einem nicht unerheblichenbürokratischen Mehraufwand und einerstärkeren Regulierung führen werden.

DR. MARTIN JUNGRAITHMAYR

Rechtsanwaltund Fachanwaltfür ArbeitsrechtMannheim

Arbeitnehmerüberlassung modern: Das AÜG wurde geändert.

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Journalfür das Lohnbüro03|2017

Ein Service der VerlagsgruppeHüthig Jehle Rehm GmbH für die Bezieherdes Lexikons für das Lohnbüro 2017 plus, Journal

Verantwortlich im Sinne der PresseMarkus MattTel.: 02234/[email protected]

GeschäftsführerDr. Karl Ulrich, Hermann Damböck,Sabine Meuschke-Walbert

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ISSN 2191-625X

2017_03_Journal_End:Layout 1 27.03.2017 16:59 Uhr Seite 20