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Lothar I. Kaiser und Mönch in Prüm Zum 1150. Jahr seines Todes Im Auftrag des Geschichtsvereins "Prümer Land" e.v. herausgegeben von Reiner N olden .., r ;.'_ Prüm 2005 D:; 1--1 G 0.::;

Kaiserund Mönch inPrüm - MGH-Bibliothek · cerius Theodor und der Nomenclator Leo wurden geblendet und im bischöflichen Lateranpalast von päpstlichen Dienst-leuten enthauptet

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Lothar I.Kaiser und Mönch in Prüm

Zum 1150. Jahr seines Todes

Im Auftrag desGeschichtsvereins "Prümer Land" e.v.

herausgegeben vonReiner N olden .., r ;.'_

Prüm 2005D:;1--1 G0.::;

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Kaiser Lothar I.:Das Ringen um die Einheit des

FrankenreichesVon Egon Boshof

Lothar - spes imperii

Aachen im Juli 817: Den hierversammelten Großen des Reiches legtKaiser Ludwig der Fromme, etwas mehrals drei Jahre nach seinem Regierungs-antritt, eine Nachfolgeregelung vor, die ermit seinen Ratgebern im engsten Kreisebeschlossen hat', Unmittelbarer Anlaßwar wohl das Unglück in der AachenerPfalz am Gründonnerstag - der Einsturzdes von der Pfalz zur Marienkircheführenden hölzernen Ganges, bei dem derKaiser schwer verletzt worden war',Zudem war seit der Reise Stephans IV. insFrankenreich im Jahre 816, bei derLudwig in Reims vom Papst mit derangeblichen Krone Konstantins gekröntworden war, die Kaiserfrage wieder akutgeworden'. Die Präambel des später alsOrdinatio imperii bezeichneten Gesetzesformuliert sehr präzise die Leitvor-stellungen, aus denen die Thronfolge-ordnung erwachsen ist: Das Reich ist ihm,Ludwig, als eine Einheit von Gottunversehrt bewahrt worden, und dieseEinheit will er nicht aus persönlichenMotiven, aus der Liebe zu seinen Söhnen,zerstören, damit nicht ein scandalum inder heiligen Kirche entstehe und Gottdadurch beleidigt würde", In Traktatenund Manifesten wird die Einheit des

Reiches - schlagwortartig verkürzt - mitder Einheit des Glaubens und der Kirchebegründet. Es erscheint als die Wider-spiegelung der religiös-metaphysischenEinheit des Corpus Christi, die politischeEinheit, herbeigeführt durch dynasti-schen Zufall - den vorzeitigen Tod derBrüder Ludwigs -, ist gottgewollt. IhrEndzweck ist die Verwirklichung desimmerwährenden Friedens für daschristliche Volk, der zugleich die ent-scheidende Voraussetzung für einenlebendigen Glauben ist. Politische Ord-nung und spirituelle Gemeinschaft gehenineinander über; die Einheitsvorstellungist wesentlich von den Theologen imUmkreis des Kaisers, einem Benedikt vonAniane' vor allem, konzipiert und Teilund Absicherung des großen Reform-werkes, das dem ersten Regierungsjahr-zehnt des Karolingers das Geprägegegeben hat', Die politischen und mate-riellen Interessen des weltlichen Hoch-adels, der in allen Teilen des Großreichesüber Besitz, Ämter und Lehen verfügteund daher auch als »Reichsaristokratie", bezeichnet wird, sprachen sicher für eineEinheit und gegen die Aufteilung desGroßreiches nach traditionellen frän-kischen Rechtsvorstellungen; dieseGruppe hatte sich daher auf der AachenerReichsversammlung für die neue Konzep-

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

tion gewinnen lassen. Aber es war dieFrage, ob diese Männer dem geistigenHöhenflug ihrer kirchlichen Partnerfolgen konnten, vor allem blieb ungewiß,ob sie noch zur Sache stehen würden,wenn ihre materiellen Interessen anderePrioritäten opportun erscheinen ließen.Die Entscheidung über die neue Thron-folgeordnung wurde nach umfassendenkirchlichen Vorbereitungen - Fasten,Gebet, Almosen - getroffen und wieder-um als von Gott inspiriert stilisiere. Dietraditionelle Form der Nachfolgerege-lung, nämlich die Teilung des Reichesunter alle legitimen Söhne nach demGrundsatz der Gleichberechtigung, wur-de nun entscheidend modifiziert, indemLothar zum Mitkaiser erhoben und zumNachfolger bestellt wurde, seine beidenBrüder Pippin und Ludwig den Status vonUnterkönigen - der eine für Aquitanien,der andere für Bayern - erhielten und demälteren Bruder untergeordnet wurden.Künftig sollten weitere Teilungen nichtvorgenommen werden. Die Einheit desReiches war im Kaisertum begründet. Beivorzeitigem Tode Lothars sollte dieNachfolge in der kaiserlichen Würde inder Weise geregelt werden, dass, wennlegitime Nachkommen fehlten, einer derüberlebenden Brüder durch Wahl anseiner Stelle erhoben wurde - »zumWohle aller, zum Frieden in der Kircheund zur Einheit des Reiches'",Mit der Erhebung zum Mitkaiser über-nahm der älteste Sohn Ludwigs nun eineführende Rolleim fränkischen Großreich.Als "Zierde des Königtums und zuver-lässigste Hoffnung des Reiches" feiert derBischof Theodulf von Orleans den

»schönen Jüngling" in einem Gedicht, daswohl um diese Zeit entstanden ist", Bisherwar Lothar in der politischen Öffent-lichkeit noch wenig in Erscheinunggetreten. Geboren war er im Jahre 795, alssein Vater Unterkönig in Aquitanien war.Wahrscheinlich im Jahre zuvor hatteLudwig sich mit Irmingard, der Tochterdes Grafen Ingram, vermählt; sie gehörteeiner Familie an, die sich, wohl in Neustri-en beheimatet, offenbar schon früh mitden Arnulfinger-Pippiniden verbündethatte und mit den im Mittelrheingebiet um800 aufsteigenden Robertinern versipptwar", Um 797 und 806 wurden die SöhnePippin und Ludwig geboren, zwischendiesen beiden sind zwei Töchter, Rotrudund Hildegard, einzuordnen, die um 800und 802/804 das Licht der Welt erblickthaben dürften". Seine Jugend hat Lotharalso in Aquitanien verbracht. Eine erstepolitische Aufgabe wurde ihm auf derAachener Reichsversammlung vom Au-gust 814 übertragen, als der Vater ihn zumUnterkönig in Bayern einsetzte; Pippinerhielt zur gleichen Zeit das Unterkönig-reich Aquitanien", Wahrscheinlich indiesem Zusammenhang wurde Einhard,eine der wenigen Persönlichkeiten, dieLudwig aus der Umgebung seines VatersKarl an seinen Hof übernommen hatte,Lothar als Mentor an die Seite gestellt",Über Aktivitäten des Unterkönigs inseinem neuen Wirkungsbereich ist nichtsbekannt; in bayerischen Urkunden er-scheint er als rex in Baioaria oder auch rexBaiuuiariorum", Von Zeit zu Zeit wirdLudwig ihn zum Rapport bestellt haben;so erscheint er wie Pippin und Bernhard,der Unterkönig von Italien, im Juli 815 auf

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

der Reichsversammlung von Paderborn..auf der Fragen der Grenzsicherung gegen-über den Dänen und slawischen Stämmenbehandelt wurden",Auch nach der Erhebung zum Mitkaiserbleibt Lothar zunächst im Hintergrund.Die Ordinatio imperii aber wurde derAnlaß zur ersten ernsteren Krise in derRegierung Ludwigs des Frommen. Bern-hard von Italien, der illegitime Sohn vonLudwigs Bruder Pippin, war noch vonKar! dem Großen 812 zum Nachfolgerseines im Jahre 810 verstorbenen Vatersim Unterkönigreich Italien eingesetztworden", Nach dem Regierungswechselhatte er Ludwig auf der Aachener Reichs-versammlung im August 814 als Vasallgehuldigt". In der neuen Thronfolge-ordnung wurde er nicht berücksichtigt;über das regnum Italiae verfügte dieOrdinatio lediglich,dass es »in allem"Lothar als dem Nachfolger im Kaisertumunterstellt bleibe. Am Rechtsstatus desUnterkönigreiches änderte sich dahernichts, aber die personelle Leitung bliebunerwähnt. Als Bernhard von den Be-stimmungen erfuhr, setzte er sich zurWehr und empörte sich", Der Kaiser hatden schlecht organisierten Aufstandschnell niedergeschlagen; die über denNeffen verhängte Todesstrafe wandelte erin Blendung um - Bernhard ist beim Voll-zug gestorben. Das Verfahren war juris-tisch einwandfrei durchgeführt worden,aber Ludwig ging nun einen Schritt weiterund bezog auch seine illegitimen Halb-brüder Drogo, Hugo und Theoderich indie Abrechnung mit seinen Gegnern ein.Er ließ sie, die .der Vater einst-seinerObhut anvertraut hatte, scheren und ins

Kloster verweisen. Das entsprach seinemVorgehen gegen die Vettern und Beraterseines Vaters Karl, Adalhard, Abt vonCorbie, und Graf Wala, die er beim Regie-rungswechsel entmachtet hatte, als erAdalhard in die Verbannung schickte undWala zwang, als Mönch ins Kloster Cor-bie einzutreten". Schon die Zeitgenossenhaben die brutale Aktion gegen seineHalbbrüder als eine prophylaktischeMaßnahme verstanden, die weitere Kon-flikte in der Dynastie um die Teilhabe ander Herrschaft verhindern sollte".Vier Jahre später hat der Kaiser für seinVerhalten auf der Reichsversammlung vonAttigny öffentlich Kirchenbuße geleistet,sich mit seinen Halbbrüdern ausgesöhntund in die Amnestie auch Adalhard undWala einbezogen, die nun zu seinenwichtigsten Ratgebern avancierten",Zu diesem Zeitpunkt hatten sich in derHerrscherfamilie wichtige Veränderungenergeben. Die Kaiserin Irmingard war am3. Oktober 818 verstorben; im Februardes folgenden Jahres vermählte sich Lud-wig mit Judith, der Tochter des GrafenWelf. Ihre Mutter Eigilwi/Heilwig ent-stammte sächsischem Hochadel. Die Fa-milie Welfs war ursprünglich im Maas-Mosel-Raum beheimatet und nun vorallem in Bayern und Alemannien begü-tert. Sie hatte wohl schon unter Kar! demGroßen über politischen Einfluß verfügt,war aber unter Ludwig dem Frommennoch nicht besonders hervorgetreten.Durch judiths Heirat kam sie in unmittel-bare Königsnähe und stieg damit in dieSpitzengruppe des karolingischen Reichs-adels auf". Auf der im Oktober 821 abge-haltenen Reichsversammlung von Die-

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denhofen, auf der - wie schon zuvor aufder Reichsversamlung von Nimwegen" -die Großen in Gegenwart päpstlicherLegaten auf die Ordinatio imperii ve-reidigt wurden", vermählte sich Lotharmit Irmingard, der Tochter des aus demalten elsässischen Herzogsgeschlecht derEtichonen stammenden Grafen Hugo vonTours", Neben dem Grafen Matfrid vonOrleans spielte Hugo in diesen Jahrenunter den Vertretern der Laienaristokratieeine führende Rolle in Ludwigs Umge-bung. Thegan, der Biograph des Kaisers,der ein polemisches und prononciertesUrteil nicht scheute, charakterisiert ihnallerdings sarkastisch als den furcht-samsten Menschen unter der Sonne undfällt bei dieser Gelegenheit - in Voraus-schau auf die späteren Ereignisse - auchein negatives Urteil über Lothar: »Schondamals lag ihm Untreue nicht fern, die erdann unter den Eingebungen des Schwie-gervaters und vieler anderer Feinde gegenden Vater zeigte?". Seiner Gemahlin über-trug Lothar als Morgengabe umfangrei-chen Besitz in der villa Erstein im Elsaß,den ihm sein Vater - vielleicht anlässlichseiner Erhebung zum Mitregenten - zufreiem Eigen geschenkt hatte", Irmingardhat hier später ein Kanonissenstift errich-tet", für das sie auch Eigengut zur Aus-stattung verwandte und Reliquien ausRom beschaffte.Wenig später, auf der Reichsversammlungvon Attigny, erhielt Lothar seine erstegrößere Aufgabe. Der Vater schickte ihnnach Italien", damit er hier die Zentralge-walt wieder zur Geltung bringe. Bern-hards Sturz hatte die politischen Verhält-nisse in diesem Unterkönigreich des ta-

bilisiert, Lothars Aufgabe war damit ein-deutig umrissen: für Recht und Ge-rechtigkeit zu sorgen und die fränkischeHerrschaft zu konsolidieren. Als Beraterstellte ihm der Kaiser für private undöffentliche Angelegenheiten Wala vonCorbie und den Obertürwart Gerung, derseine Karriere am Hofe später als Mönchdes Klosters Prüm been den sollte", zurSeite. Da Lothar bereits den Kaisertitelführte, hat er den langobardisch-italischenKönigstitel nicht angenommen, aber mitder Verkündigung von Kapitularien ineigenem Namen und der Ausstellung vonUrkunden dokumentierte er deutlich, dasser - natürlich unter der Oberhoheit Lud-wigs, auf den er in der Intitulatio alsinuictissimi domni imperatoris Hludowicifilius, Sohn des stets unbesiegbaren HerrnKaisers Ludwig, und in der Datierung derDiplome mit der Nennung der Herrscher-jahre des Vaters ausdrücklich Bezug nimmt- Herrschaftsrechte ausübte". Und wenner in dem Diplom für Corno vom 3. Januar824 sich ausdrücklich auf die Vorlagen derlangobardischen Könige und seiner karo-lingischen Vorgänger beruft", dannunterstreicht er damit die langobardisch-fränkische Kontinuität für die Herrschaftim regnum Italiae. Die Errichtung einereigenen Hofkapelle mit einer Kanzlei, dienach dem Vorbild der kaiserlichen Kanzleihierarchisch nach Kanzleivorsteher undNotaren gegliedert war", verdeutlicht einweiteres Mal, mit welcher Zielstrebigkeitder Karolinger und seine Berater bei derFestigung seiner Autorität vorgingen.Am Ostertage des Jahres 823 wurdeLothar in Rom von Paschalis I. gekröntund empfing dabei wohl auch eine Sal-

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bung", Die Initiative war vom Papsteausgegangen, der dem Karolinger eineEinladung übermittelt hatte. KonstitutiveBedeutung kam dem Krönungsakt nichtzu, denn die Kaiserwürde hatte Lotharbereits 817 mit der Erhebung durch denVater erhalten. Aber wie 816, als StephanIV. an dem bereits von seinem Vater Karlzum Kaiser erhobenen Ludwig in Reimsdie Krönung wiederholt hatte, bemühteman sich von römischer Seite erneut denAnspruch geltend- zu machen, dass dasKaisertum ohne eine Beziehung zu Romund zum Papst nicht zu denken war. Esist nicht anzunehmen, dass Lothar ohneEinvernehmen mit dem Vater gehandelthat. Am kaiserlichen Hofe hat man diepäpstliche Aktion wahrscheinlich nichtungern gesehen; sie dieß sich als einezusätzliche Bestätigung der Ordinatioimperii - aber auch nicht mehr - inter-pretieren".Als Lothar, von Wala beraten, nun aberdaranging, tatsächlich Herrschaftsrechtein Rom auszuüben.und beispielsweise aufeiner Gerichtssitzung in Gegenwart desPapstes, der römischen Beamten undseiner Großen dem Kloster Farfa gegenpäpstliche Ansprüche die Unabhängigkeitbestätigte", formierte sich die Oppo-sition, der zwei frankenfreundliche hoheBeamte zum Opfer fielen. Der Primi-cerius Theodor und der Nomenclator Leowurden geblendet und im bischöflichenLateranpalast von päpstlichen Dienst-leuten enthauptet. Was ihnen vorge-worfen wurde, ist nicht klar, die Strafensprechen für eine Anklage auf Entwen-dung von Kirchengut und Hochverrat,aber auf fränkischer Seite nahm man an,

dass ihre Treue zu Lothar ihnen zum Ver-hängnis geworden sei, und Paschaliswurde der Mitwisserschaft und des Ein-vernehmens mit den Mördern verdäch-tigt", Ludwig ordnete an, die Angelegen-heit durch Königsboten zu untersuchen,Paschalis aber versuchte zunächst, durchdie Abordnung von Legaten an den kai-serlichen Hof eine solche Untersuchungzu verhindern, und leistete dann, als ermit diesem Manöver keinen Erfolg hatte,vor einer großen Anzahl von Bischöfeneinen Reinigungseid. Die Auslieferungder Mörder lehnte er jedoch ab und be-tonte gleichzeitig, dass die Hingerichte-ten ihre gerechte Strafe gefunden hätten",Dem Kaiser waren die Hände gebunden,und so machte er gute Miene zum nichtsehr feinen Spiel, aber es war deutlich ge-worden, dass die politischen und recht-lichen Verhältnisse in Rom einer ein-deutigen Klärung bedurften.Paschalis starb im Frühjahr 824; seinNachfolger Eugen Il., der sich erst nachschweren internen Auseinandersetzungenwohl mit der Unterstützung Walas durch-setzen konnte, zeigte dem Kaiser seineWahl und Weihe an", Lothar, der zwi-schenzeitlich zur Berichterstattung anden kaiserlichen Hof zurückgekehrt war,ging erneut nach Rom und erließ imNovember - in einem gesetzgeberischenAkt, also nicht als Pactum mit dem Papst,aber im Einvernehmen mit diesem undden Römern - die »Constitutio Rorna-na?", die die beiderseitigen Kompetenzenregelte und auf eine feste Einbindung desKirchenstaates, in die fränkische Herr-schaft abzielte. Danach sollten Verwal-tung und Gerichtsbarkeit künftig von je

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einem kaiserlichen und päpstlichenMissus überwacht werden; letzte Instanzblieb der Kaiser, dem jährlich Bericht zuerstatten war. Den Römern wurde zuge-standen, selbst das Recht zu wählen, nachdem sie leben wollten. Den Schutz-befohlenen des Kaisers und des Papsteswurde bei Androhung der Todesstrafegegen Gesetzesbrecher ihre Sicherheitgarantiert. Die Papstwahl blieb nach altemRecht allein den Römern vorbehalten.Diese Bestimmung wurde ergänzt durchdie Einforderung eines Treueides allerRömer gegenüber Ludwig und Lothar,den auch der neu gewählte Papst vorseiner Weihe zu leisten hatte". Die Con-stitutio Romana hat die kaiserliche undfränkische Stellung in Rom in einem bis-her nicht gekannten Maße gefestigt. Eskommt nicht von ungefähr, dass die vonEugen H. im November 826 in St. Peterversammelte Synode, die sich die Erneue-rung der römischen Kirche und Gesell-schaft zum Ziele gesetzt hatte, mit dereigenen römischen Tradition die Reform-forderungen verband, die in der fränki-schen Kirche seit Karl dem Großen disku-tiert wurden", Nach Beendigung seinerMission und der Rückkehr an den Hofwurde Lothar, wie es die Ordinatio von 817vorsah, formell an der Herrschaft beteiligt.Seit dem Dezember 825 erscheint er nebendem Vater als Aussteller der kaiserlichenDiplome, und in der Datierung werdenseine Regierungsjahre neben denen Lud-wigs vermerkt. Dies galt auch für italischeEmpfänger; eine Sonderverwaltung für dasregnum Italiae gab es also nicht",Inzwischen aber war in der kaiserlichenFamilie ein Ereignis eingetreten, das der

karolingischen Geschichte eine drama-tische Wende geben sollte. Am 13. Juni823 hatte die Kaiserin J udith ihrem Ge-mahl nach der Tochter Gisela einen Sohngeschenkt, dem der Name des Groß-vaters, Karl, gegeben wurde". SowohlLudwig selbst als auch seiner Umgebungdürften die Probleme, die sich daraus fürdie Thronfolgeordnung von 817 ergaben,sofort klar gewesen sein. Nithard, derHistoriograph der Bruderkriege, der alsunehelicher Sohn der Karlstochter Berthaselbst der karolingischen Familie ange-hörte", hat aus der Rückschau das Dilem-ma lapidar und ohne höfische Zurück-haltung auf den Punkt gebracht: »NachKarls Geburt wusste der Vater nicht, waser mit ihm machen solle, da er das ganzeReich bereits unter seine übrigen Söhneaufgeteilt hatte"46. Der Astronomus ge-nannte Biograph Ludwigs" vermerkt zwardas Ereignis ohne Kommentar, aber es istnicht ohne tieferen Sinn, dass er für dieder Geburt Karls vorausgehende Zeit vonbösen Vorzeichen, Erdbeben, Hagel undSeuchen erzählt, die das Gemüt des Kai-sers beunruhigten und deren schädlicheWirkung er durch die Anordnung vonFasten, Gebeten und Almosen zu bannensuchte". Die Kaiserin aber handelte sofort- klug und vorausschauend gewann sieLothar als Taufpaten für ihren Sohn" undbrachte ihn mit Ludwigs Hilfe dazu, dasser sich eidlich verpflichtete, einer späterenAusstattung des Halbbruders mit einemvom Vater festzulegenden Reichsteil zu-zustimmen und Karl unter seinen Schutzzu nehmen". Die Taufpatenschaft alsgeistliche Vaterschaft knüpfte zwischenden beiden Halbbrüdern ein Band, das

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Abb. 1:Der Vertragvon Verdun 843

Verträge von Verdunund Ribemont 879/880CJ Ostfränkisches Reichc:=J Wesffränkisches ReichCC Nieäer-, Hochburgund[=:J Italitm

Abb. 2: Die Vertragevon Verdun und Ribemont 879/880

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

notwendig auch Konsequenzen im Be-reich der Politik und des Rechtes habenmusste. Lothar ist später mehr als einmalan die Pflichten erinnert worden, die erhier übernommen hatte. Die Kaiserinjudith hat sich von Anfang an zielstrebigdarum bemüht, ihrem Sohn einen Anteilam Erbe zu verschaffen. Das war ver-ständlich als elementare Forderung derMutterliebe, das hatte aber auch einengenuin rechtlichen Aspekt, da sie sich aufdie traditionellen Rechtsanschauungenberufen konnte, nach denen die Thron-folge durch Teilung geregelt wurde,während die neue Konzeption der Reichs-einheit in ihrer ganzen Tragweite undallen ihren Konsequenzen ohnehin nurvon einer kleinen geistigen Elite vollerfasst wurde. In zunehmendem Maßewurde nun die. Frage der AusstattungKarls zum zentralen Problem derfränkischen Politik.

Die Krise des ReichesDie loyale Palastrebellion

Mit seinem Eingreifen in Rom war Lotharauf einen ersten Höhepunkt seinerpolitischen Karriere gelangt. Die nächstenJahre verliefen für ihn zunächst ohnespektakuläre Ereignisse. Er erscheint -zumindest formal - als Mitkaiser in Ak-tion zusammen mit dem Vater: so um 825in den Beziehungen zu Byzanz, bei denenes wesentlich um die Probleme der Bilder-verehrung ging, beide Kaiser eine Bi-schofsversammlung nach Paris zur Dis-kussion dieser Fragen einberiefen unddarüber auch mit dem Papst Eugen 11.

korrespondierten", oder im Rahmen derauch für die Gestaltung der politischenVerhältnisse wichtigen Dänenmission, alsder von den Franken unterstützte Thron-prätendent Harald im Jahre 826 in Ingel-heim die Taufe empfing und die kaiser-liche Familie die Patenschaft - Lothar fürden Sohn Haralds - übernahm". In denAußenbeziehungen des Reiches zeichne-ten sich Veränderungen ab. Die Zeit derEroberungen war vorbei; nun ging es umdie Konsolidierung des Erreichten, unddabei hatten die fränkischen Amtsträgernicht immer eine glückliche Hand", Pro-blemzonen blieben die Bretagne, Wasko-nien und die Spanische Mark. Gerade inder Pyrenäenregion konnten aufstän-dische Große immer auch mit Unterstüt-zung aus dem Emirat von Cordoba rech-nen. Dänemark konnte nicht befriedetwerden, die slawischen Stämme warennicht mehr so einfach unter Kontrolle zuhalten, und im Südosten zog mit dem sichformierenden Bulgarenreich eine neueGefahr herauf. Ein von den Grafen Hugovon Tours und Matfrid von Orleansbefehligtes militärisches Unternehmengegen ein in die Spanische Mark eingefal-lenes muslimisches Heer endete miteinem Fiasko und führte im Februar 828zur Entmachtung der beiden Grafen, diemit dem Verlust ihrer Ämter und Lehenbestraft wurden. Um die Mitte des Jahreswurde Lothar mit einem Heer in dieSpanische Mark geschickt; das U nter-nehmen wurde jedoch abgebrochen, dasich die Sarazenen ruhig verhielten".Im Reich verschlechterte sich die allge-meine Stimmung, die Klagen über denVerfall der Sitten bei Klerus und Volk und

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über Korruption und Versagen der Amts-träger häuften sich". Gegen Ende desJahres berief Ludwig die einflussreichstenGroßen nach Aachen, um mit ihnen dar-über zu beraten, wie man nach GottesWillen aus der Krise herausfinden könne",Dabei wurde deutlich, dass es in demMaße, wie die Fortsetzung des Reform-werkes mit den Forderungen nach Schutzdes Kirchengutes und Abstellung derMissstände des Eigenkirchenwesens ma-terielle Interessen des Adels tangierte,geradezu zwangsläufig zu Differenzenzwischen Episkopat und Reichsaristo-kratie kommen musste, obwohl Wala, dernun eindeutig die Führung der Reform-partei übernahm, sich in der Frage derRückerstattung entfremdeten Kirchen-gutes kompromissbereit zeigte, wenn eineNotlage des Staates vorliege". Unter demEindruck der Gefahr, das Gesetz desHandelns zu verlieren, griff man zu dembisher mit Erfolg praktizierten Mittel, dieanstehenden Probleme auf Synoden zubehandeln, um Lösungen zu finden. ImJahre 829 fanden vier große Reformsyn-oden in den verschiedenen Reichsteilen,in Mainz, Paris, Lyon und Toulouse",statt, auf denen die Bischöfe noch einmalein umfangreiches Reformprogrammformulierten zu den Aufgaben des Klerusund der Lebensführung der Laien, zu denPflichten des Herrschers und der Mitver-antwortlichkeit der Stände. In der alsDenkschrift angelegten, wohl von demBischof Jonas von Orleans verfasstenWiedergabe der Pariser Beschlüsse" istviel von Verbesserung und Reform(correctio und emendatio) in allen Be-reichen der Gesellschaft und von Norm-

setzung (rectitudo) die Rede. Dabei wirdkein Zweifel daran gelassen, dass demKaiser die Hauptverantwortung zu-kommt: Er muss mit der correctio bei sichselber und bei seinem Amte anfangen,wenn er die Missstände beseitigen und dasVolk mit Gott versöhnen will". Gleich-zeitig betonen die Synodalen nun abergegenüber staatskirchlicher Praxis auchdie Autonomie der Kirche, im Sinne desgelasianischen Gewaltendualismus" dasgleichberechtigte Nebeneinander vonweltlicher und geistlicher Gewalt in deruniversalen Einheit des Corpus Christi, indem gleichwohl dem Priestertum einebesondere Verantwortung für das Seelen-heil aller, also auch des Herrschers, zuge-wiesen war". Das hatte nichts mit hiero-kratischen Bestrebungen zu tun, doku-mentierte aber das gewachsene Selbstbe-wusstsein des Episkopates und den Wil-len, die bischöfliche Eigensphäre, dielibertas episcopalis", zu behaupten. Allediese Bemühungen haben freilich nichtverhindern können, dass der Kaiser sichdem Einfluß der Kirchenmänner mehrund mehr entzog und die grundsätzlicheReformdiskussion von einem aktuellenpolitischen Thema überlagert wurde, dasnun die Innenpolitik des Reiches für mehrals ein Jahrzehnt noch über den Tod desalten Kaisers hinaus entscheidend be-stimmen sollte: die Frage der AusstattungKarls.Auf der Wormser Reichsversammlungvom August 829 war den Bestrebungender Kaiserin Judith ein erster Erfolgbeschieden: Ludwig der Fromme übertrugin Gegenwart Lothars und des jüngerenLudwig dem nachgeborenen Sohn einen

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

Reichsteil, der Alemannien, Elsaß, Chur-rätien und einen Teil Burgunds umfasste",Zwar erhielt Karl nicht den Königstitel -die Weißenburger Annalen legen ihm denHerzogstitel bei" - es wurde also nichtein weiteres Unterkönigreich geschaffen,aber die Maßnahme widersprach dem inder Ordinatio imperii verankerten Verbotweiterer Teilungen und verstieß somit inder Sicht der Vertreter des Einheits-prinzips gegen den Geist dieses Ge-setzes", Der Einfluss der Reichseinheits-partei wurde weiter geschwächt, alsLothar, den Walahfrid Strabo, der Rei-chenauer Dichtermönch und seit 829Erzieher Karls des Kahlen, noch kurzzuvor in einem Panegyrikus auf Ludwigden Frommen und seinen Hofstaatüberschwänglich als "größte Hoffnungdes Reiches" und Garant einer glück-lichen Zukunft apostrophiert hatte", nunentmachtet wurde. Die Ausstattung Karlsging zu Lasten seines Reichsteils undbedeutete eine wesentliche Schwächungseiner materiellen Ressourcen. Trotz dermit der Taufpatenschaft übernommenenVerpflichtungen und des damals gegebe-nen Versprechens, einer Ausstattung desHalbbruders durch den Vater zuzu-stimmen, opponierte er nun und fanddabei auch die Unterstützung seinerBrüder". Es kam zum Bruch mit dem Ho-fe; Ludwig entzog dem Sohn die Funktionals Mitregent und verwies ihn nachItalien. Lothars Name verschwindet ausden Urkunden", Neue Männer - der GrafBernhard von. Barcelona, den Ludwigselbst aus der Taufe gehoben hatte", unddie Brüder der Kaiserin, Konrad undRudolf" - erscheinen nun in der Umge-

bung des Kaisers. Mit der Ernennung zumKämmerer erhielt Bernhard eine Schlüs-selposition am Hofe; in ihm sah Ludwig-oder eher noch die Kaiserin - den Garan-ten für eine erfolgreiche Durchsetzungder neuen Politik. Als zweiten Mann imStaate bezeichnet ihn Nithard",Aber anders als Ludwig erwartet hatte,wurde die Lage durch diese Maßnahmenicht beruhigt, sondern noch verschärft,da das anmaßende und herrische GebarenBernhards, der seine Gegenspieler amHofe rücksichtslos ausschaltete und demin Gerüchten und Propaganda ein ehebre-cherisches Verhältnis zur Kaiserin unter-stellt wurde, Widerstand in Aristokratieund Geistlichkeit provozierte", Als erdann noch, um von den innenpolitischenSchwierigkeiten abzulenken, den Kaiserzur Anordnung eines, wie man ihmvorwarf, völlig sinnlosen Feldzuges in dieBretagne veranlasste und den Heerbannausgerechnet auf den Gründonnerstagaufbot", kam es zur offenen Empörung,an deren Spitze sich Wala, Hilduin vonSaint-Denis und der ehemalige KanzlerLudwigs des Frommen, Helisachar, setz-ten", Bernhard gab seine Sache verlorenund floh nach Barcelona, die Empörerforderten Pippin und Lothar auf, zu ihnenzu stoßen. In der Zwischenzeit wurdender alte Kaiser gefangengesetzt undJ udith im Kloster der hI. Radegundis inPoitiers inhaftiert.Der Aufstand des Jahres 830 war alsozunächst nicht eine Aktion der Söhne,sondern eine Palastrebellion, bei der dieVertreter des Reichseinheitsgedankens dieReichsordnung von 817 gegen einen Kai-ser verteidigen zu müssen glaubten, der

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

falsch beraten war und unter verderbli-chem Einfluss stand", Sie verstanden ihrVorgehen gerade als einen Akt der Loya-lität, als Ausdruck der Treue gegenüberdem Herrscher und als äußerstes Mittel,das Wohl des Vaterlandes zu sichern unddie Stärke der Monarchie zu erhalten", Eswar daher nur konsequent, dass Wala aufkeinen Fall gewillt war, eine unehrenhafteBehandlung des alten Kaisers zu dulden.Mit dieser Auffassung setzte er sich gegenjene durch, denen es wie dem in seinefrühere Position restituierten Matfrid vonOrleans um die unwiderrufliche Abset-zung Ludwigs und die Wiedergewinnungihrer eigenen Machtstellung ging. Auf derReichsversammlung von CornpiegneAnfang Mai wird der alte Rechtszustandwiederhergestellt: Der aus Italien herbei-geeilte Lothar wird wieder als Mitregentanerkannt, sein Name erscheint vonneuem zusammen mit dem des Vaters inden Urkunden", Ludwig legte ein Schuld-bekenntnis ab und sicherte den Rebellenzu, künftig nicht ohne ihren Rat zuhandeln. Er rechtfertigte damit im Nach-hinein ihr Vorgehen und schloss sichüberdies, indem er seine Gemahlin zuKlosterhaft und Kirchenbuße "begnadig-te", ihrer Interpretation der verhängnis-vollen Rolle Judiths an", judiths Brüderwurden geschoren und in aquitanischenKlöstern unter Bewachung gestellt;Bernhards Bruder Heribert wurde gegenden Willen Ludwigs geblendet, andereAnhänger des Kaisers wurden inhaftiert.Der Umschwung war vollzogen; der alteKaiser hatte seinen Thron gerettet, aberwirkliche Herrschaftsrechte wurden ihmnicht zugestanden", Alle Hoffnungen

ruhten nun auf Lothar. Einhard, der nochzu Beginn der Empörung seinen ehemali-gen Schüler - vielleicht nicht ganz frei-willig - gewarnt hatte, falschen Ratgebernzu folgen und gegen den Willen des VatersItalien zu verlassen, begrüßte seine Rück-kehr nun enthusiastisch, versicherte ihnseiner Ergebenheit und bemühte sich umeine rasche Berufung an den Hof". Lotharbehandelte den Vater rücksichtsvoll, hieltihn und den Bruder Karl aber in leichterHaft; im übrigen hoffte er darauf, dassLudwig sich zum Eintritt in ein Klosterentschließen würde, und um einensolchen Verzicht auf die Herrschaft zubeschleunigen, ordnete er Mönche zumHofstaat des alten Kaisers ab, die indiesem Sinne auf ihn einwirken sollten".Aber-die- Zeit-arbeitete -für- Ludwig. Eszeigte sich, dass Lothar seiner Aufgabenicht gewachsen war und seine Anhängeram Missbrauch ihrer wiedergewonnenenMacht nicht zu hindern. vermochte". Diemit dem neuen Regime Unzufriedenennahmen Kontakt zum alten Kaiser auf, dieMönche, die ihn bewachen sollten, dien-ten als Mittelsmänner. Über den MönchGuntbald wurde die Verbindung zu Pip-pin von Aquitanien und dem jüngerenLudwig hergestellt, denen der Vater fürden Fall, dass sie ihn unterstützen wür-den, eine Vergrößerung ihrer Teilreicheversprach". In diesen Wochen entfalteteLudwig eine erstaunliche Tatkraft undUmsicht", Er setzte durch, dass die vor-gesehene Reichsversammlung im Okto-ber in Nimwegen und nicht an einem Ortim Westen des Reiches stattfand; in denostrheinischen Gebieten sowie in Ale-mannien und Bayern erwartete er sich

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eine größere Gefolgschaft, während seineGegner, die offenbar seine weitere Ent-machtung geplant hatten, mit stärkeremRückhalt im Westen rechneten", Zudemgelang es ihm, die führenden Köpfe derLotharpartei - so Wala, Hilduin und Heli-sachar - vom Hofe zu entfernen, indemer ihnen Fehlverhalten vorwarf: Hilduinbeispielsweise war trotz Verbotes mitbewaffneter Mannschaft in Nimwegenerschienen, und Wala, der nach Corbiezurückgeschickt wurde, erhielt offenbareine Abmahnung, weil er das benedikti-nische Gebot der stabilitas loci verletzthatte. Zug um Zug wurde Lothars Posi-tion geschwächt; seine Anhänger forder-ten ihn auf zu handeln, notfalls auchGewalt anzuwenden. Aber als der Vaterihn an seine Sohnespflichten erinnerte,gab der junge Kaiser nach. Der drohendebewaffnete Konflikt wurde vermieden, alsbeide Kaiser sich einträchtig dem Volkezeigten,Nun aber bestimmte Ludwig das Gesetzdes Handelns, Die Häupter der Ver-schwörung wurden verhaftet, die Kaiserinmit allen Ehren aus ihrem Exil in Poitiersnach Aachen zurückgeleitet und Lothargezwungen, einen Eid zu leisten, sich niewieder auf eine Aktion gegen den Vatereinzulassen". Auf der Aachener Reichs-versammlung vom Februar 831 zog deralte Kaiser in Gegenwart seiner Söhne denSchlussstrich unter die Abrechnung mitseinen Gegnern", Lothar musste in allerForm auf die Mitregentschaft verzichtenund wurde erneut nach Italien verwiesen;sein Name war schon vorher in den kai-serlichen Urkunden nicht mehr erwähntworden". Der Vater ersparte ihm nicht die

Demütigung, selbst die Urteile über seineAnhänger zu fällen", gegen die man nununter der Anklage des Hochverrats mitTodesstrafen, Exilierung, Absetzung undKonfiskationen vorging. Die Todesurteilewurden allerdings auf Ludwigs Geheißnicht vollstreckt. Die Kaiserin judithwurde rehabilitiert; freilich mutete ihrGemahl ihr zu, einen Reinigungseid zuleisten, obwohl niemand öffentlich An-klage zu erheben gewagt hatte, und be-mühte sich auf diese Weise, allen Ver-dächtigungen in der Öffentlichkeit dieGrundlage zu entziehen, vielleicht aberauch sein eigenes Misstrauen zu zer-streuen. Auch Bernhard von Barcelonareinigte sich wenig später durch Eid vomVorwurf des Ehebruchs, nachdem er demKaiser angeboten hatte, durch Zweikampfdie Haltlosigkeit der Anschuldigungen zubeweisen, sich aber kein Kläger gefundenhatte",Das den jüngeren Söhnen gegebeneVersprechen einer Vergrößerung ihrerTeilreiche löste Ludwig mit einer neuenErbfolgeordnung ein, die zwar undatiertüberliefert ist, aber am ehesten in diegeschilderten Zusammenhänge passt",Lothar ist darin nicht mehr berücksich-tigt; das regnum Italiae wird nicht er-wähnt. Das Reich wird unter die SöhnePippin, Ludwig und Karl aufgeteilt; alsVorlage diente die Divisio regnorum Karlsdes Großen von 80693

• Für die familiäreSituation und die psychische Verfassungdes alten Kaisers bezeichnend ist jeneBestimmung, mit der Ludwig sich dasRecht vorbehält, dem Sohne, der sich ihmergebener erweist, seinen Anteil aufKosten des weniger gehorsamen Bruders

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zu vergrößern - das Geschehen des ver-gangenen Jahres hatte tiefe Spuren imLeben des Herrschers hinterlassen. Dieneue Reichsteilung war zunächst lediglicheine Absichtserklärung, die zudem durchdie folgenden Ereignisse schnell überholtwar, sie belegt jedoch, dass Ludwig selbstsich an das System der Ordinatio nichtmehr gebunden fühlte. Das eigentlicheVerhängnis des dramatischen Geschehensdieser Monate aber lag in der Aus-schaltung der führenden Köpfe derReichseinheitspartei. Gescheitert war dieloyale Palastrebellion an dem Manne, indem man einst die "Hoffnung des Rei-ches" gesehen hatte. Lothar hatte versagt;ihm hatte es an Weitblick, Entschlos-senheit und Tatkraft gefehlt. Im Nach-hinein haben die Empörer bedauert, dasssie durch zu große Rücksichtnahme -nimia decepti reverentia - selbst denmöglichen Erfolg verspielt hatten". Aberdas war ihr Dilemma: Die Loyalität ge-genüber dem alten Kaiser verbot eine ra-dikale Lösung. Was folgte, war ein inner-dynastischer Kampf um die Macht undeinen möglichst großen Anteil am Reich.Wie unter diesen Umständen die Reichs-einheit aufrecht erhalten werden konnte,blieb die für die Zukunft des Frankenrei-ches entscheidende Frage.Die Kaiserin Judith gewann nach ihrerRehabilitierung ihren früheren Einflusszurück, den sie konsequent in ihren Be-mühungen um eine endgültige Aus-stattung ihres Sohnes nutzte. Ludwig warsich darüber im Klaren, dass nur durcheine wirkliche Aussöhnung mit denVertretern der Einheitsidee eine Konso-lidierung der Herrschaft zu erreichen sei.

So erließ er auf der Reichsversammlung inIngelheim im Mai eine Amnestie für allein Aachen Verurteilten, aus der jedochWala ausgenommen war. Auch Lotharhatte sich eingestellt und war ehrenvollempfangen worden", Aber die Hoffnungauf eine Befriedung des Reiches zerschlugsich, als es nun zu einem Konflikt desKaisers mit Pippin von Aquitanien kam,der offenbar im persönlichen Verhältnis,im beiderseitigen Misstrauen, begründetwar. Ludwig berief eine Reichsversamm-lung nach Orleans ein, um Maßnahmengegen den Sohn zu treffen; auch Lotharund der jüngere Ludwig sollten hiererscheinen". Die Versammlung kam je-doch nicht zustande, da sich nun, völligüberraschend, der Bayernkönig empörteund, beraten von Matfrid von Orleans, imFrühjahr 832 in Alemannien einmar-schierte; das Unternehmen machtedeutlich, dass der jüngere Ludwig nichtgewillt war, eine Ausstattung Karls imgermanischen Reichsteil zu akzeptieren",Lothar war offensichtlich eingeweiht,auch wenn er wenig später bei einerpersönlichen Begegnung mit dem Vater inMainz eine Beteiligung an den Machen-schaften des Bruders abstritt". Der Kaiserhandelte rasch und energisch. Er rücktezunächst mit starker Truppenmacht gegenLudwig, der sich bereits im Mai unterwarfund begnadigt wurde, nachdem er eidlichversichert hatte, künftig nichts derglei-chen mehr gegen den Vater zu unterneh-men". Weniger glimpflich kam Pippindavon, den der Kaiser durch einen Feld-zug nach Aquitanien im Herbst 'zurUnterwerfung zwang. Pippin wurde alsUnterkönig abgesetzt und mit seiner

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Familie nach Franzien verwiesen. Aquita-nien aber wurde Karl übertragen, dem derKaiser durch seinen Anhang sogleicheinen Treueid leisten ließloo. Möglicher-weise hat Ludwig in diesem Zusammen-hang sogar noch eine weitergehendeReichsteilung unter Lothar und Karlgeplant. Das jedenfalls berichtet derAstronomus'", Das bedeutete wohl, dassder jüngere Ludwig auf Bayern be-schränkt, Pippin aber ganz ausgeschaltetworden wäre. Der Plan, der offenkundigdie Handschrift der Kaiserin Judith trägt,kam jedoch wegen der nun eintretendenSchwierigkeiten - so der Astronomus -nicht zur Ausführung. Das aquitanischeUnternehmen erwies sich bald als einvölliger Fehlschlag, da Pippin auf demWege nach Franzien die Flucht gelang undein erneuter Feldzug des Kaisers kläglichscheiterte!". Kurze Zeit nach seinerRückkehr nach Aachen im Januar 833erhielt er die Nachricht vom Aufstandseiner Söhne aus erster Ehe. Ein neuerAkt des Familiendramas begann.

Der Aufstand der Söhne

Die Furcht vor weiteren Benachteiligun-gen durch die unberechenbaren Entschei-dungen des alten Kaisers führten Lothar,Pippin und Ludwig zum Bündnis gegenden Vater und den Halbbruder Karl iminnerdynastischen Machtkampf zusam-men. Aber der familiäre Konflikt gewannnoch einmal grundsätzlichen Charakterdurch das Eingreifen Gregors IV. (827 -844) in die Auseinandersetzung. DerPapst kam im Gefolge Lothars über dieAlpen, bewogen von der Hoffnung, dem

Reich und dem kaiserlichen Hause Frie-den und Eintracht zu vermitteln. Er for-derte die fränkischen Bischöfe auf, mitGebet und Fasten Gott um Erfolg für seinUnternehmen zu bitten und gebot ihnen,ihm zu seiner Unterstützung entgegenzu-eilen'", Bereits zu Beginn der Fastenzeithatte sich der Kaiser nach Worms bege-ben, hierhin das Heer aufgeboten undgleichzeitig auch die hohe Geistlichkeiteingeladen'", Die Parteigänger Lothars imEpiskopat, zu deren Sprachrohr sich nunder Erzbischof Agobard von Lyon mach-te, während sich Wala und Hilduin vonSaint-Denis offenbar nur noch zögerndden Empörern angeschlossen hatten'",suchten die päpstliche Aktion, durch diesie gleichzeitig ihr eigenes Tun legitimiertsahen, damit zu rechtfertigen, dass er dienach dem Willen des Kaisers mit derZustimmung des ganzen Reiches undpäpstlicher Bestätigung erlassene Reichs-ordnung wiederherstellen und kraft seinesregimen animarum den Kaiser, der seineHerrscherpflichten vernachlässigt unddadurch auch sein Seelenheil gefährdethabe, auf den rechten Weg zurückführenwolle. Wenn Ludwig einlenke, könne derBürgerkrieg noch immer vermieden wer-deri'", Die Ludwig treuen Bischöfe aberwarfen Gregor vor, mit der Parteinahmefür Lothar die Pflichten seines Hirten-amtes vernachlässigt und die seiner Stel-lung geschuldete Neutralität missachtetzu haben. Sie erinnerten ihn an seinendem Kaiser geleisteten Treueid und ludenihn ein, ins Hoflager Ludwigs zu kom-men, damit man ihm hier beweisen könne,dass die Abänderung der Ordinatio im-perii durch gute Gründe gerechtfertigt

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sei'", Die überaus scharfe ErwiderungGregors, der sich nach eigenem Bekundenin einer in der Kirchengeschichte bisherbeispiellosen Weise herausgefordert fühl-te'", hat den Konflikt weiter zugespitzt.Der Papst ließ im übrigen keinen Zweifeldaran, dass das gegen die Einheit und denFrieden von Kirche und Reich gerichteteVerhalten Ludwigs eine Exkommunika-tion rechtfertigen würde. Seine bischöf-lichen Gegenspieler, deren Kritik sichnicht gegen das Amt, sondern die Person,die es innehatte, richtete, haben ihrerseitsdie Situation noch verschärft, indem siedem Papst mit Absetzung und Exkom-munikation drohten'", Unversehens hattesich die Reichskrise ausgeweitet zu einerAuseinandersetzung, die die Einheit derKirche bedrohte. Statt zu vermitteln,polarisierte der Papst. Er hat so nichtverhindern können, dass das Ansehen desapostolischen Stuhles erheblich beschä-digt wurde'",Ludwig, der seine Truppen eidlich ver-pflichtet hatte, gegen seine Söhne ohneRücksicht wie gegen seine Feinde zukämpien'", rückte Mitte Juni gegen Col-mar vor, wo die Gegner ihr Lager aufge-schlagen hatten. Noch aber wurde ver-handelt'". Die Söhne stellten Bedingun-gen - vielleicht forderten sie die Rückkehrzur Ordinatio, der Kaiser lehnte ab113• Einletzter Vermittlungsversuch des Papstesscheiterte. Noch war man nicht zu einemAbschluß gekommen, als der Abfall unterden Truppen des Kaisers einsetzte - in derSicht des Astronomus ein Ergebnis derMachenschaften, Versprechungen undDrohungen der Söhne, von den Bischöfender Lotharpartei jedoch später in Com-

piegne als spontane Gehorsamsverweige-rung erklärt und als Gottesurteil gedeu-tet'". Am 30. Juni ist der alte Kaiser derGefangene seiner Söhne. Für einen Au-genblick hatte es so ausgesehe'n,' als obdiesen die Kontrolle über ihre Truppen zuentgleiten drohe und Ludwig ein Opferder aufgehetzten Menge werde, aber dieLage beruhigte sich, als sich der alteKaiser mit J udith und Karl unter denSchutz der Söhne stellte'". Das Rotfeldbei Colmar aber, auf dem sich der Verratvollzogen hatte, ging als "Lügenfeld" indie Geschichte ein'", und die ArmalesAlamannici vermerken zum Jahre 833,ohne auf die Ereignisse im einzelneneinzugehen, lapidar: franchorum dedecus -Schande der Franken'".Mit der Herrscherverlassung galt der alteKaiser als abgesetzt, und ebenso formlosging die Herrschaft auf Lothar über'", Diebeiden Brüder erhielten mit einer Ver-größerung ihrer Teilreiche den Lohn fürihre Beteiligung an der Empörung. Zu-mindest der jüngere Ludwig hat von jetztan für sich eine größere Unabhängigkeitreklamiert; künftig urkundete er als rex inorientali Francia nach ostfränkischen Kö-nigsjahren ohne einen Bezug zum Kaiser-tum und erhob den Herrschaftsanspruchauf das ganze rechtsrheinische Land119

• AnLothar lag es nun, das Reich nach derschweren Krise wieder zu konsolidieren.Den Vater ließ er nach St. Medard in Sois-sons, den Halbbruder Karl nach Prüm instrenge Haft überführen; die KaiserinJ udith war sofort nach dem Sturz Lud-wigs nach Tortona in Oberitalien ver-bannt worden'". Am 1. Oktober wurde inCornpiegne unter Lothars Vorsitz eine

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Reichsversammlung eröffnet, die denMachtwechsel rechtfertigen und sanktio-nieren sollte. Im Wesentlichen übernahmder Episkopat kraft seiner religiösen undmoralischen Autorität diese Aufgabe.Nach Ansicht der Anhänger Lothars hat-te der alte Kaiser seine Herrschaft für alleZeiten verwirkt; es blieb ihm nur nochübrig, für seine Fehler Buße zu tun. Kernund Angelpunkt aller Anklagen in demnun abgehaltenen Bischofsgericht überLudwig war im Sinne des kirchlichenAmtsgedankens der Vorwurf der negli-gentia, der Vernachlässigung der Amts-pflichten. Jeder einzelne der anwesendenBischöfe fertigte ein Protokoll über dasGeschehen an, unterzeichnete es undübergab es Kaiser Lothar zur Erinnerung!",Aus diesen Schriftstücken wurde dann eineZusammenfassung im Namen aller Bischö-fe und von allen unterzeichnet herge-stellr'".Das Sündenverzeichnis, das der unglück-liche Kaiser für die öffentliche Kirchen-buße überreicht erhielt'", zählte im ein-zelnen alle Vergehen auf, die man ihm zurLast legen konnte: von den Maßnahmengegen seine illegitimen Halbbrüder undVerwandten über die Mitschuld am TodeBernhards von Italien und die Bestrafungder Empörer von 830 bis hin zum Bruchder feierlich beschworenen Reichsord-nung von 817, der um so schwerer wog,als er Eidbruch und Meineid und schließ-lich den Bürgerkrieg zur Folge gehabthatte'". Ludwig hat zunächst noch umBedenkzeit gebeten, war aber schließlichdem von bischöflicher Seite auf ihn ausge-übten moralischen Druck nicht gewach-sen und vollzog in der Marienkirche des

Klosters St. Medard in Soissons vor einergroßen Volksmenge und in AnwesenheitLothars, mit dem der Vater sich offenbarauch offiziell aussöhnte, die von ihm ge-forderte Buße: Hingeworfen auf ein häre-nes Gewand bekannte er seine Sünden,legte seine Waffen am Altar nieder undempfing aus den Händen der Bischöfe dasBüßergewand. Die Niederlegung der Waf-fen sollte eine Rückkehr Ludwigs zurmilitia saecularis verhindern und damitfür alle Zukunft den Verlust der Herr-schaft besiegeln. Indem sie nun die völligeund endgültige Entmachtung des altenKaisers betrieben, machten die Empörerdeutlich, dass sie aus ihrer Niederlage desJahres 830 gelernt hatten. Gleichzeitiggab die moralische Vernichtung Ludwigsihrem Tun eine religiös-geistige Recht-fertigung: Der alte Kaiser war zum tyran-nus geworden; zu Recht war die Herr-schaft an seinen Sohn, den Christi dominiamator'", übergegangen, so wie die Ordi-natio es vorgesehen hatte.Der Preis, den man für diesen Erfolg ge-zahlt hatte, war freilich sehr hoch. Daskirchliche Verständnis der Herrscherwür-de als eines von Gott verliehenen Amteshatte ihrer Erhöhung, der Betonung dessakralen Charakters, dienen sollen. Indemnun die Bischöfe aus dem Amtsgedankendie negativen Konsequenzen zogen undsich mit eigenem Machtanspruch als Kon-trollorgan gegenüber dem König instal-lierten, wurden sie mitverantwortlich fürden unübersehbaren Autoritätsverlust derMonarchie'", Gerade in den Tagen vonCornpiegne war eine byzantinische Ge-sandtschaft am Hofe eingetroffen. Lotharhatte sie empfangen, die für den kaiser-

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lichen Vater gedachten Geschenke wur-den ihm jedoch vorenthalten'", Was dieByzantiner miterlebt hatten und zu Hau-se berichteten, dürfte eine verheerendeWirkung für das Ansehen des westlichenKaisertums gehabt haben.Die Übernahme der alleinigen Kaiser-herrschaft im Reich dokumentierte Lo-thar in seinen Urkunden: In Titel undEschatokoll ließ er die Bezugnahme aufden Vater tilgen, übernahm selbst die Ti-tulatur des Kaisers und zählte in der Da-tierung neben seinen italischen Herr-scherjahren jetzt gesondert die seiner Re-gierung im Frankenreich, die anni inFrancia. Der Kreis der Empfänger um-fasste das Gesamtreich und spiegelte da-mit äußerlich dessen Einheit wider. Aller-dings war die Kanzlei des Vaters nicht inseine Dienste getreten; seine Urkundenwurden von seiner italischen Kanzlei aus-gefertigt!", Die Reichskrise schien über-wunden. Aber auch jetzt vertat Lotharden Erfolg. Die harte Behandlung desVaters, den er von St. Medard nach Com-piegne holte, dann unter strenger Bewa-chung mit nach Aachen führte undschließlich im Februar 834 nach Saint-Denis brachte, bewirkte einen Stim-mungsumschwung im Volke. Der Miss-brauch der eben erst gewonnenen Machtdurch seine Günstlinge, unter denen dieGrafen Matfrid, Hugo und Lambert vonNantes'" um die Führungsposition strit-ten'", tat ein Übriges. Unter der Führungdes jüngeren Ludwig formierte sich eineOpposition im Reich, die publizistischvon dem Abt Hrabanus Maurus von Ful-da unterstützt wurde. Der berühmte Ge-lehrte, selbst ein Verfechter der Reichs-

einheitsidee, forderte in Traktaten dieSöhne zur Ehrfurcht gegenüber dem Va-ter auf und verlangte von den UntertanenGehorsam gegenüber dem Herrscher!".In direkten Verhandlungen mit Lotharversuchte sein Bruder Ludwig Ende desJahres und zu Beginn des folgenden Jah-res persönlich und durch Gesandte eineBesserung der Lage des Vaters zu errei-chen; ein Erfolg blieb ihm versagen. Alsnun auch Pippin auf die Seite des Vaterseinschwenkte, im Volk die Bereitschaftwuchs, sich für den alten Kaiser zu erhe-ben und die beiden jüngeren Brüder mitTruppen heranrückten, gab Lothar seineSache verloren, verließ Paris und zog sichfluchtartig nach Vienne zurück'". Ludwigder Fromme und Karl blieben in Saint-Denis zurück. Unmittelbar nach diesenVorgängen wurde der alte Kaiser am 1.März, es war der Sonntag "Reminiscere",in der Klosterkirche von einigen anwesen-den Bischöfen aus der Kirchenbuße ent-lassen; man gab ihm seine Waffen und dieköniglichen Gewänder zurück. Ebenso-wenig wie bei seiner Absetzung durch dieHerrscherverlassung auf dem Lügenfeldbedurfte es für seine Wiederanerkennungeines rechtsförmlichen Aktes. Aber nachder tiefen Demütigung in St. Medarderachtete es der Kaiser für notwendig, denerneuten Machtwechsel durch eine feier-liche Zeremonie zu dokumentieren. Sofand in Saint-Den is eine Krönung statt'",und in der neuen Legitimationsformelseiner Urkunden - divina repropitianteclementia - wies Ludwig auf die wiederer-langte göttliche Huld hin. In Quierzy trafer mit seinen jüngeren Söhnen zusammenund feierte dann in Aachen mit Ludwig

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dem Deutschen das Osterfest. Hier wur-de ihm auch die aus der Haft entlasseneGemahlin wieder zugeführt.

Friedensbemühungen

Die dramatische Wende war durch dieOpposition der jüngeren Söhne gegenLothar herbeigeführt worden. Nithard,der beiden konzediert, aus Scham undReue gehandelt zu haben, weiß aber auchals illusionsloser Betrachter des Gesche-hens, dass es sich hier um ein Zweckbünd-nis handelte, da beide fürchteten, vomälteren Bruder überspielt und entmachtetzu werden'", Wenn dieser sich auf die Or-dinatio imperii berief, so hatten Pippinund Ludwig spätestens seit der nicht rea-lisierten Teilung von 831 eine andere Vor-stellung von der Gestaltung der Herr-schaftsverhältnisse im Reich, in der füreinen Vorrang des Erstgeborenen keinPlatz mehr war. Lothar gab sich allerdingsnoch nicht geschlagen und ging, als dieGrafen Matfrid und Lambert einem kai-serlichen Heer an der bretonischen Gren-ze im Juni eine vernichtende Niederlagebeibrachten, noch einmal in die Offen-sive. Bei der Eroberung von Chälon ander Saöne kam es zu schweren Greuel-taten, für die der Astronom und Thegan,beide zweifellos keine Freunde Lothars,nicht den Karolinger selbst, sondern denFanatismus seiner Umgebung und diemangelnde Disziplin seiner Truppen ver-antwortlich machen'",Nun endlich handelte der Kaiser, nach-dem ein weiterer Vermittlungsversuch,nun durch den Abt Markward von Prümunternommen, gescheitert warm. Ver-

stärkt durch Truppen seiner jüngerenSöhne zog er Lothar mit einem großenHeeresaufgebot entgegen. In die Enge ge-trieben, unterwarf sich dieser in Blois'",Das Zeremoniell der Kapitulation wird alsGegenstück zu Colmar und St. Medardinszeniert: Lothar und seine Großen be-gaben sich in das Lager des Kaisers, dersie, vor seinem Zelt sitzend, im BeiseinLudwigs und Pippins empfing. Sie warfensich vor ihm nieder, bekannten ihreSchuld und beschworen die Friedensbe-dingungen. Lothar erhielt das Unterkö-nigreich Italien mit der Auflage, es ohneErlaubnis des Vaters nicht zu verlassenund sich nicht in Reichsangelegenheiteneinzumischen. Seinen Anhängern gewähr-te der Kaiser Amnestie, beließ ihnen ihrenAllodialbesitz und stellte ihnen frei, denSohn nach Italien zu begleiten. Ludwighatte Gnade walten lassen. Das entsprachden Forderungen der Königsethik, waraber zugleich ein Gebot der Staatsräson.Die Frage der Ausstattung Karls war nochimmer nicht endgültig entschieden, undeine dauerhafte Lösung des Problems er-schien ohne Lothars Mitwirkung undenk-bar; denn seine Anhängerschaft war im-mer noch beträchtlich, und die Großen,die ihn nach Italien begleiteten'", reprä-sentierten dank der großzügigen Frie-densbedingungen immer noch einen er-heblichen Teil der fränkischen Machtelite.Sie verfügten auch weiterhin über gewich-tigen Einfluß nördlich der Alpen.Nach dem Abzug Lothars und seiner Ge-folgschaft wurden die Alpenpässe ver-sperrr'", Der Kaiser aber vollendete aufder zum 2. Februar, dem Feste "MariäReinigung", nach Diedenhofen einberufe-

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nen Reichsversammlung das Werk seinerRestitution: Die anwesenden Bischöfe undÄbte erklärten die Entscheidungen vonCompiegne für unkanonisch und ungültig,gaben - als Gegenstück zu dem Verfahrendes damals durchgeführten Bischofs-gerichtes - über die Unrechtmäßigkeit derAbsetzung jeder einzeln eine schriftlicheErklärung ab und fassten alles zusätzlich ineinem ausführlichen, von allen unterzeich-neten Protokoll zusammen. Darauf begabman sich nach Metz, wo in der Kathedraledes hI. Stephan der Ortsbischof Drogo,Ludwigs Halbbruder, das Protokoll verlasund erneut eine Krönung Ludwigs statt-Iand'". In die Abrechnung mit den Geg-nern des Kaisers gehörte schließlich nochder in Metz durchgeführte Prozess gegenden Erzbischof Ebo von Reims. Ihmnutzte seine Jugendfreundschaft mit Lud-wig nichts; dieser selbst trug gegen ihn,den »Bannerträger der Lotharpartei'?", dieAnklage vor, und nach einem vergeblichenRechtfertigungsversuch legte der Erz-bischof ein Schuldbekenntnis ab, resig-nierte, wurde von den in Diedenhofenversammelten Bischöfen am 4. März seinerWürde entkleidet und nach Fulda unter dieAufsicht des Hrabanus Maurus über-stellt!", Nun konnte man zur politischenNormalität zurückkehren. Dass aber dieinneren Wirren dem Ansehen des Reichesauch nach außen schwer geschadet hatten,war nicht zu übersehen. Mit dem Einfalldänischer Wikinger in Friesland und derZerstörung des wichtigen HandelsplatzesDorestad 834 begann die Dauerbedrohungdes Reiches durch die N ordrnänner'", undetwa um die gleiche Zeit plünderten dieSarazenen Marseille.

Lothar übte im regnum Italiae nun diealleinige Herrschaft aus, aber sein Blickblieb weiter auf das Gesamtreich gerich-tet. Wenn auch die Aussteller von Privat-urkunden noch die alte Datierungsformelnach Herrscherjahren Ludwigs und Lo-thars weiter verwendeten, so führte Lo-thar in seinen eigenen Diplomen den un-eingeschränkten Kaisertitel ohne Bezugauf den Vater und datierte nach Kaiser-jahren ohne jeden Hinweis auf sein Un-terkönigreich'". Auch in der Außenpoli-tik dokumentierte er seine Selbständig-keit, indem er im Februar 840 einen Ver-trag mit Venedig abschloss!", Seine auf dieOrdinatio gegründeten Ansprüche hatteer nicht aufgegeben.· Das vordringlicheInteresse Ludwigs des Frommen war aufeine Aussöhnung mit dem Sohne ge-richtet. Dabei war offenbar die KaiserinJudith die treibende Kraft; sie erhofftesich am ehesten von Lothar - auch für denFall eines vorzeitigen Todes ihres Ge-mahls - Unterstützung für sich und ihrenSohn Karl'", Daher kam es in den folgen-den Jahren mehrfach zum Austausch vonGesandtschaften. Bereits auf der im Juni835 abgehaltenen Reichsversammlungvon Stramiacus, auf der sich auch Pippinvon Aquitanien und der jüngere Ludwigeingefunden hatten, wurde die Verbin-dung zu Lothar aufgenommen'", und umdie Jahreswende machte sich eine hoch-rangig besetzte Gesandtschaft des Kaisersauf den Weg nach Pavia'", Während desJahres 836 wurden die Bemühungen umeinen Ausgleich noch intensiviert. AuchWala, der nach dem Scheitern Lotharsnach Italien gegangen war und die Leitungder Abtei Bobbio übernommen hatte,

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wurde noch einmal aktiv und setzte sichnun, zweifellos immer noch im Diensteder Reichseinheitsidee, für eine Aussöh-nung ein. Zusammen mit dem MarkgrafenEberhard von Friaul, einem der bedeu-tendsten Aristokraten seiner Zeit'", unddem ehemaligen Obertürwart Richarderschien er als Gesandter Lothars auf derReichsversammlung von Diedenhofen'".Das Ergebnis der Verhandlungen gab An-lass zur Hoffnung. Ludwig und seine Ge-mahlin söhnten sich mit Wala aus; Lothar,der seine Bereitschaft signalisiert hatte,vor dem Vater zu erscheinen, erhielt freiesGeleit zugesichert. Er stellte sich dannaber - angeblich durch Krankheit verhin-dert - doch nicht auf der im September inWorms abgehaltenen Reichsversamm-lung'", auf der auch Ludwig der Deutscheund Pippin anwesend waren, ein, obwohlder todkranke Wala ihn beschworen hatte,sein Versprechen einzuhalten. Der Aus-söhnungsprozess geriet zunächst insStocken, aber im Herbst wurden die Ver-handlungen wieder aufgenommen. Alsschwere Hypothek erwies sich die Frageder Entschädigungen der nach Italien insExil gegangenen Gefolgsleute Lothars fürihre Verluste nördlich der Alpen'". Lotharhatte auf Kirchengut zurückgreifen müs-sen und Besitz von Anhängern Ludwigskonfisziert; seine Großen waren zudemnicht vor Übergriffen auf das Patrimo-nium Petri zurückgeschreckt. Die väter-liche Forderung nach Rückerstattung derentfremdeten Besitzungen war für denSohn nicht ohne weiteres erfüllbar. Alsnun Ludwig einen Romzug vorbereiteteund dabei keinen Zweifel daran ließ, dasses ihm nicht allein um das Gebet an den

Apostelgräbern, sondern vor allem auchum einen wirksamen Schutz des aposto-lischen Stuhls ging'", und als er überdiesdurch eine Gesandtschaft direkten Kon-takt mit Papst Gregor IV. aufnahm, trafLothar Gegenmaßnahmen, um ein mög-liches kaiserlich-päpstliches Bündnis zuverhindern: Er ließ die Alpenpässe sper-ren und die vom Papst an Ludwig ab-geordneten Gesandten in Bologna an derWeiterreise hindern!".Die Situation schien ausweglos. Da trafLothar ein schweres Unglück, das eineüberraschende Wende im politischenKräftespiel herbeiführte. Eine Fieberseu-che raffte in Italien eine große Zahl derwichtigsten Gefolgsleute Lothars hin.Namentlich werden in den Quellen ge-nannt: Hugo von Tours, Matfrid von Or-leans, Lambert von Nantes, Gottfried undsein gleichnamiger Sohn, der Graf Agim-bert von Perthois, der ehemalige könig-liche Oberjägermeister Burgarit sowie dieBischöfe Jesse von Amiens und Elias vonTroyes'". Der Kommentar des Astrono-mus'" spiegelt den tiefen Eindruck wider,den diese Katastrophe auf die Zeitgenos-sen machte: »Durch diese Todesfälle ver-lor das Frankenreich seinen Adel, seineKraft wurde zerstört, gleichsam als hätteman die Sehnen zerschnitten, und seinSachverstand wurde vernichtet". Undwenn er dann Jeremias (9, 23) zitiert -»Ein Starker rühme sich nicht seinerStärke." -, so zielt das auf Lothar ab, derin den Verhandlungen mit dem Vater aufdie Stärke seiner aristokratischen Gefolg-schaft gepocht hatte.Lothar war damit in die Defensive gera-ten; der Kaiser aber nutzte die günstige

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

Situation sofort. Auf einer AachenerReichsversammlung im Oktober übertruger Karlohne Zustimmung Lothars, aberim Einverständnis mit den jüngeren Söh-nen ein großes Gebiet zwischen N ordsee-küste, Rhein und Seine bis Burgund, dasdie Fuldaer Annalen als den "besten Teildes Frankenreiches" beschreiberi'", Un-verzüglich ließ er die weltlichen und geist-lichen Großen dieser Region dem Knabenhuldigen und den Treueid leisten'". DieFolge war eine Annäherung Ludwigs desDeutschen an Lothar. Beide Brüder trafenim März 838 in Trient zusarnmen"; einegemeinsame Aktion aber kam nicht zu-stande. Dazu fehlte auch die rechtlicheGrundlage, denn Ludwig hatte zwar dem.nachgeborenen Sohn einen Herrschafts-bereich zugewiesen, aber nicht ein neuesUnterkönigreich geschaffen. Formell wardie Ordinatio imperii daher nicht aufge-hoben worden.Doch verschlechterte sich nun das Ver-hältnis des Kaisers zu Ludwig. Obwohlder Sohn bestritt, Verrat geplant zu haben,wurde er vom Vater auf einer Reichsver-sammlung in Nimwegen auf Bayern be-schränkt!", Wenig später ging der Kaisereinen Schritt weiter. Auf der Reichsver-sammlung von Quierzy fand Mitte Sep-tember die Schwertleite des nun volljähriggewordenen Karl statt. Bei dieser Gele-genheit krönte der Vater ihn zum Königund wies ihm erneut einen Reichsteil, nunN eustrien zwischen Seine und Loire, zu.Alle Bewohner dieser Region kommen-dierten sich ihm, als er dorthin kam, undleisteten ihm den Treueid'", Auf den Pro-test Pippins nahm Ludwig keine Rück-sicht, und der Sohn fügte sich. Ein neues

Unterkönigreich war geschaffen, und da-mit hatte der Kaiser selbst die Ordinatioin einem ihrer zentralen Bestandteile, demVerbot weiterer Teilungen, nun auch for-mell, allerdings stillschweigend ohne offi-zielle Erklärung aufgegeben.Die Lage war jedoch nicht wirklich beru-higt, wie ein - allerdings erfolgloser -Aufstandsversuch Ludwigs des Deut-schen zeigte'", Aber der dynastische Zu-fall schien noch einmal eine Möglichkeitzur friedlichen Lösung der Nachfolge-frage zu eröffnen. Im Dezember 838 ver-starb unerwartet Pippin von Aquitanieri'",Die Kaiserin judith, ohnehin durch densich abzeichnenden körperlichen Verfallihres Gemahls um ihr und ihres SohnesSchicksal in Sorge, ergriff die Initiativeund gewann Ludwig für eine Lösung, dieLothar als Garanten in eine neue Nach-folgeregelung einbinden sollte'". Ihmwurde, unter der Bedingung, dass er eineAusstattung Karls akzeptiere, das Ange-bot einer Aussöhnung mit dem Vater undeiner Reichsteilung unterbreitet'". Lotharnahm an. Im Mail] uni 839 wurde aufeinem Worms er Hoftag eine Teilung desReiches - Bayern ausgenommen - unge-fähr entlang der Maas-Saöne-Rhöne-Linievereinbart'", bei der Lothar als der Älteredie östliche Reichshälfte mit Italien wähl-te, der Westen aber mit seiner Zustim-mung an Karl fiel. Seine Anhänger wur-den in den Friedensschluß einbezogen'",und ihm selbst wurde noch einmal aus-drücklich die Kaiserwürde bestätigt'".Ursprünglich hatte Lothar selbst die Tei-lung vornehmen sollen, Kar! hätte danndas Wahlrecht gehabt; er hatte sich abernach dreitägigen Bemühungen dazu

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I·· 1lEtKAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

außerstande gesehen und den Auftrag anden Vater zurückgegeben.Zu diesem Zeitpunkt hatte jedoch einGroßteil des aquitanischen Adels, im Be-streben die Eigenständigkelt zu behaup-ten, bereits Pippins gleichnamigen Sohn,offenbar in förmlicher Wahl unter Aus-schluss seines Bruders Karl, zum Königerhoben'", Das entsprach der Bestim-mung der Ordinatio, die eine Wahl vor-schrieb, wenn mehrere gesetzliche Erbenvorhanden waren. Ludwig aber hatteschon so oft gegen dieses Gesetz, das eroffiziell nie aufgehoben hat, verstoßen,dass es auch jetzt für seine Pläne keinHindernis darstellte. In Aquitanien for-mierten sich nun die Parteien; Ludwigstrebte zunächst eine militärische Lösungan, aber der aquitanische Feldzug schei-terte kläglich. Noch ehe das Unterneh-men erneuert werden konnte, erreichteden Kaiser zu Beginn der Fastenzeit 840die Nachricht von einem neuen Aufstandseines Sohnes Ludwig, der seinen An-spruch auf das ganze Gebiet östlich desRheins nicht aufgegeben hatte'". Obwohldurch schwere Krankheit schon behin-deren, reagierte der alte Kaiser schnell undenergisch. Seine Gemahlin und Karl inPoitiers zurücklassend, brach er nachOsten auf, feierte das Osterfest in Aachenund griff dann den Sohn an, der erneut dieÜberlegenheit des Vaters anerkennenmusste und sich fluchtartig nach Bayernzurückzog. Der Kaiser berief nun eineReichsversammlung nach Worms auf den1. Juli ein, zu der auch Lothar geladenwurde; hier sollte endgültig über dasSchicksal des jüngeren Ludwig entschie-den werden. Dazu ist es nicht mehr ge-

kommen, denn Ludwig der Fromme ver-starb am 20. Juni 840173

• Seine sterblichenÜberreste ließ sein Halbbruder Drogomit großen Ehren nach Metz überführenund im Kloster St. Arnulf bestatten.Auf dem Sterbebette hatte er seinemSohne Lothar eine Krone und ein reichverziertes Schwert übersandt und dieVerpflichtung auferlegt, sich Karls undjudiths anzunehmen und dem Bruder denReichsteil zu überlassen, der ihm bei derletzten Teilung übertragen worden war'",Der Astronom berichtet das ohne Kom-mentar; die Fuldaer Annalen aber, die denVorgang bestätigen, geben zugleich eineverfassungsrechtliche Deutung: Ludwigdesignierte den Sohn zum Nachfolgerund übertrug ihm die Leitung des Rei-ches'", Alle Versuche des Kaisers, dasProblem der Ausstattung Karls zu regeln,waren gescheitert; dabei war die Reichs-ordnung von 817 von ihm selbst und vonden Söhnen faktisch aufgegeben worden.Die letzte Maßnahme zeigt jedoch, dassLudwig an einem ihrer Kernpunkte, demVorrang des ältesten Sohnes im corpusfratrum, festzuhalten gewillt war undhierin auch weiterhin die Möglichkeitgesehen hat, die Einheit des Reiches unterAnpassung an die gegenüber 817 ver-änderten Verhältnisse aufrechtzuerhalten.

Die Bruderkriege

Auf die Nachricht vom Tode des Vatersreagierte Lothar sofort und überschritt imSommer die Alpen mit dem Anspruch, dieHerrschaft im Gesamtreich gemäß gött-licher Verfügung im Sinne der Ordinatioimperii anzutreten, und er sandte überall-

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hin Boten, die seine Ankunft ankündigensollteri'". Die Berufung auf die Reichs-ordnung von 817 war gerade auf den Kreisder alten Gefolgsleute und legitimistischdenkenden Anhänger seines Vaters, vondenen einige ihn offenbar zur Übernahmeder Herrschaft auch nördlich der Alpenaufgefordert hatten, berechnet, die übri-gen Großen konnte er mit den hand-festeren Mitteln der Drohungen und Ver-sprechungen gewinnen. Sie schlossen sichihm an aus Furcht, ihre Ämter zu verlie-ren, oder in der Erwartung, für ihre Par-teinahme entsprechend belohnt zu wer-deri'", Tatsächlich wuchs so auf seinemVormarsch über Straßburg in die Kern-landschaften des Reichs sein Anhangständig, und selbst dort, wo seine Machtnicht unmittelbar zu spüren war, fand erAnerkennung!". Von den führenden Ver-tretern der Geistlichkeit traten die ÄbteWalahfrid Strabo von der Reichenau, derihn erneut als größte Hoffnung des Rei-ches apostrophiertc'", und HrabanusMaurus van Fulda auf seine Seite, dazuneben vielen anderen die Erzbischöfe undBischöfe Drogo von Metz, sein Oheim,Hetti van Trier, Frothar van Toul, Otgarvon Mainz sowie Ebo von Reims, der nunwieder in sein Erzbistum restituiert wur-de'". Unter den ersten auf dem Marschins Reich ausgestellten Urkunden über-wiegen die Bestätigungsdiplome, mit derSchenkung an das Arnulfkloster in Metzaber gedachte er des Todes seines Vaters,erfüllte die Sohnespflicht der Memoriaund legitimierte sich damit zugleich alsder Nachfolger Ludwigs'", Im Urkunden-formular erfolgte wenig später eine Verän-derung, indem nun, ähnlich wie bereits

833/834, die getrennte Zählung nachHerrscherjahren in Italien und in derFrancia eingeführt wurde, wobei als Epo-che für die Kaiserjahre in Francia der TodLudwigs des Frommen angesetzt wurde -auch das ein deutlicher Hinweis auf Lo-thars Stellung als Erbe des Vaters'".Die jüngeren Brüder haben diesen An-spruch freilich nicht akzeptiert und sichauf die bereits unter Ludwig dem From-men vorgenommenen Teilungen beru-fen'". Damit war ein Konflikt nicht mehrzu vermeiden. Lothar wandte sich zu-nächst gegen Ludwig und suchte Karl zuberuhigen, indem er sich zu den Ver-pflichtungen der Patenschaft bekannteund die vom Vater getroffene Regelungbekräftigte!", gleichzeitig aber Pippinsgleichnamigen Sohnzu schonen bat, biser mit ihm gesprochen habe. Hier schonwar zu ahnen, dass er ein doppeltes Spieltrieb, was offenkundig wurde, als er, dadas Unternehmen gegen Ludwig nichtden gewünschten Erfolg hatte, sonderndurch einen Waffenstillstand zunächstunterbrochen wurdc'", nun den Halb-bruder angriff, obwohl dieser ihm brüder-lichen Gehorsam zugesichert hatte, wenner sich an die Verfügungen des Vatershalte'", Auch dieser Feldzug endete miteinem Waffenstillstand, in dem vereinbartwurde, dass man am 8. Mai 841 in Attignyzusammenkommen werde, um dort eineendgültige Lösung zu finden. Bis dahinüberließ der Kaiser dem Bruder Aquita-nien, Septimanien, die Provence und zehnGrafschaften zwischen Loire und Seine.Das Wechselspiel von Drohgebärden undVerhandlungen, die nicht ernst gemeintwaren, wiederholte sich; Lothar taktierte

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und versuchte, jeweils einen der Brüderzu isolieren. Als er zu dem vereinbartenTreffen in Attigny nicht erschien, nahmKar! das Angebot Ludwigs des Deutschenzu gemeinsamem Vorgehen an. Damithatte sich die Lage so zugespitzt, dass nurnoch eine militärische Lösung offenblieb.Am 22. Juni 841 standen sich die beidenHeere bei Fontenoy, südlich von Auxerre,gegenüber. Letzte Verhandlungen, bei de-nen die jüngeren Brüder offenbar zu gro-ßen Zugeständnissen bereit waren, führteLothar nur noch zum Schein, um denZuzug der Aquitanier unter Pippin Ir. ab-zuwarten. Ein Vermittlungsversuch päpst-licher Gesandter blieb erfolglos. Am 25.Juni kam es zur Schlacht!", Nithard, derselbst auf Seiten Karls des Kahlen mit-kämpfte, liefert einen ausführlichen Be-richt'", und ein sonst unbekannter Angel-bert, der im Heere Lothars in der erstenSchlachtreihe gestanden hatte, hat einKlagegedicht verfasst, das aus dem unmit-telbaren Erleben heraus in meisterhafterForm die tiefe Erschütterung widerspie-gelt, die das Ereignis bei den Beteiligtenhervorgerufen hat'", Die Entscheidung indiesem äußerst blutigen Treffen fiel gegenLothar, dessen große Tapferkeit von An-gelbert gerühmt wird; das Ergebnis stem-pelt diese Schlacht zum bedeutendstenund folgenreichsten kriegerischen Ereig-nis des 9. Jahrhunderts. Für die Zeitge-nossen war es eine furchtbare Erfahrung,dass hier Christen gegen Christen, Ver-wandte gegen Verwandte gekämpft hat-ten, und Angelbert verwünscht den Tag,der nicht mehr gezählt werden soll imJahreskreis, sondern ausgetilgt werde ausdem Gedächtnis der Lebenden'", Aus der

Rückschau hat der Chronist Regino vonPrüm im Niedergang der fränkischenMacht die wesentliche Folge der Schlachtgesehen: Die Franken seien durch diegroßen Verluste auf beiden Seiten so ge-schwächt worden, dass sie nicht einmalmehr zum Schutze der Grenzen, ge-schweige denn zu einer Erweiterung desReiches in der Lage gewesen wären J9J.

In der Deutung des Geschehens standensich die Auffassungen der Beteiligten dia-metral gegenüber. Die Partei Ludwigs undKarls hatte die Schlacht von Anfang ananalog zum gerichtlichen Zweikampf alsein Gottesurteil verstanden und Lotharauch so angeboten'", Diese Interpretationwurde nach dem grandiosen Sieg nochbekräftigt, indem eine Bischofsversamm-lung für die Sieger die Bußpflicht aufhob,da der Ausgang der Schlacht die Gerech-tigkeit der Sache der jüngeren Brüderoffenbart habe - eine Deutung, die natür-lich von den Anhängern Lothars nichtakzeptiert wurde'". Der Kaiser hielt anseinem umfassenden Herrschaftsan-spruch fest und war entschlossen, denKampf fortzusetzen, obwohl nun neueGefahren das innerlich zerrissene Fran-kenreich bedrohten. Im Mai 841 war eineWikingerflotte in die Seine eingelaufen,hatte Rouen gebrandschatzt und dieUfergegenden verheert. Nithard machtLothar zum Vorwurf, die Normannen zuseiner Unterstützung herbeigerufen zuhaben und spielt dabei wohl darauf an,dass der Kaiser den NormannenführerHarald mit der Insel Walcheren und eini-gen benachbarten Orten belehnt und aufdiese Weise dessen Eroberungen legali-siert hatte!" - eine nicht unbedenkliche

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Maßnahme. Weit gefährlicher und skru-pelloser war jedoch, dass er, um LudwigSchwierigkeiten zu bereiten, in Sachseneinen Aufstand der beiden unteren Stän-de, der Frilinge und Lazzen, entfesselte'",Den Aufrührern, die sich Stellinga nann-ten, gestand er eine Rückkehr zu heid-nischen Gewohnheiten zu. Insofern hattealso die Revolte als Ausdruck des Wider-standes gegen das Christentum, die Reli-gion der Eroberer, einen religiösen As-pekt; sie war aber auch sozial motiviert,indem sie sich gegen die sächsischen Ede-linge und damit den Prozess der Feudali-sierung richtete. Welche Ausmaße derAufstand angenommen hat, ist schwer zusagen; Ludwig der Deutsche hat ihn imSpätsommer 842 verhältnismäßig raschund blutig niedergeschlagen, und als er imWinter 842/843 noch einmal aufflackerte,ist der sächsische Adel offenbar alleinedamit fertig geworden. Er dürfte zeit-weise die Verhandlungsposition Lotharsgestärkt haben, aber er hat sicher nichteine wesentliche Bedeutung für den Ab-schluss des Vertrages von Verdun gehabt.Im weiteren Verlauf der Auseinanderset-zung, der durch den Wechsel von Ver-handlungen und militärischen Bewegun-gen geprägt war, geriet Lothar je längerdesto mehr ins Hintertreffen, vor allemseit sich Ludwig und Karl am 14. Februar842 in Straßburg noch enger zusammen-schlossen und ihr Bündnis eidlich bekräf-tigten. Die berühmten Straßburger Eide,deren Wortlaut Nithard überliefert:",wurden in den Volkssprachen abgelegt,von Karl dem Kahlen in althochdeutscher(Teudisca lingua) und von Ludwig demDeutschen in altfranzösischer Sprache

(Romana lingua); jeder Herrscher be-diente sich also der Sprache des Vertrags-partners, um von dessen Gefolgschaft undHeer verstanden zu werden. Danach ver-pflichteten sich die Heere - jeweils in dereigenen Sprache - eidlich, ihrem Herr-scher nicht mehr beizustehen, wenn erden dem Bruder geschworenen Eid bre-che. Mit der Sanktionierung des Wider-standsrechtes ihrer Gefolgschaften ban-den sich die beiden Könige in der engst-möglichen Form. Natürlich war die Ver-wendung der Volkssprachen nicht Zei-chen einer nationalen Absonderung; dieHeere leisteten den Eid nicht als Reprä-sentanten zweier Völker, sondern als Ge-folgschaften ihrer Herren.Auf den Vorstoß der beiden Könige gegenAachen hin, verließ Lothar fluchtartig dieRheinlande und zog sich nach Burgundzurück, nicht ohne aus der Pfalz und demMarienstift den königlichen Hort mitzu-führen'". Dabei ließ er "einen silbernenTisch von wunderbarer Größe und Schön-heit, auf dem voneinander getrennt, eineKarte des ganzen Erdkreises, ein Bild desgestirnten Himmels und die verschiedenenPlanetenbahnen in erhabener Arbeit strahl-ten"!", in Stücke schneiden, die er unterseine Anhänger verteilte. Karl und Ludwigschalteten erneut den Episkopat ein, umihr weiteres Vorgehen "gleichsam aufGottes Geheiß'?" zu sanktionieren. Daraufsprach eine Bischofssynode in AachenLothar die Eignung zur Herrschaft ab undnahm dabei noch einmal das Argumentvom Charakter der Schlachtentscheidungvon Fontenoy als Gottesurteil auf'" - derVorgang stellt durchaus eine Parallele zumBischofsgericht von Cornpiegne dar.

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Lothar wäre die öffentliche Kirchenbußewohl nicht erspart geblieben, wenn er indie Hand der Brüder gefallen wäre. Nach-dem Ludwig und Karl versichert hatten,das Reich nicht wie der Bruder, sondernnach Gottes Willen zu leiten - also eineArt Throngelübde abgelegt hatten -erteilten ihnen die Bischöfe die Vollmachtzur Regierung. Erneut wird die starkeStellung des Episkopats deutlich, der ausdem Amtsgedanken und dem Idoneitäts-prinzip einen Anspruch auf Kontrolleüber den Herrscher ableitete.Als Konsequenz aus dem Bischofsurteilführten die beiden Brüder eine Reichs-teilung durch; Lothar sollte auf Italienbeschränkt bleiben. Nun lenkte dieser einund erklärte seine Bereitschaft zu einerDreiteilung des Reiches, nicht ohne umeinen größeren Reichsteil zu feilschen -wegen des ihm vom Vater verliehenenKaisertitels und der kaiserlichen Würdeund schließlich auch, weil er sonst nichtwisse, wie er seine Gefolgsleute für ihreVerluste entschädigen könne?". Tatsäch-lich erweiterten die Gesandten der beidenKönige sehr zur Entrüstung Nithards, derbetrügerische Machenschaften vermu-ter'", den Lothar zugedachten Teil aus ei-genem Ermessen. Aber die tatsächlicheEntscheidung konnten nur die Königeselbst treffen. Am 15. Juni kamen die Brü-der auf der Saöneinsel Ansille bei Maconzusammen und schlossen einen Prälimi-narfrieden, der die Voraussetzung für eineReichsteilung schaffen sollte/"; Aquita-nien, Bayern und Italien blieben wieschon zuvor aus der Teilungsmasse ausge-schlossen. Es war nicht zuletzt die For-derung der des Bürgerkrieges überdrüssi-

gen Großen, die die Könige zum Einlen-ken bewog. Nun sollte eine Kommissionvon je vierzig Vertretern der drei Herr-scher eine Beschreibung des Reiches vor-nehmen, auf deren Grundlage dann eineTeilung nach dem Grundsatz der aequaportio, der Gleichwertigkeit der Teile, vor-genommen werden sollte. Dieser ersteAnlauf scheiterte; denn bei der Zusam-menkunft der Kommissare, die sämtlichaus dem hohen Adel ausgewählt wordenwaren, im St. Kastorstift in Koblenz am19. Oktober 842 stellte sich heraus, dassdie Vertreter der jüngeren Brüder keineausreichenden Kenntnisse des Gesamt-reiches besaßen und daher zur Ausfüh-rung ihres Auftrages nicht in der Lagewarerr'". So wurde ein Waffenstillstand biszum 14. Juli 843 vereinbart; zu diesemZeitpunkt sollte die Teilung definitiv be-schlossen werden. In der Zwischenzeithatten die Kommissare die gefordertedescriptio regni, die Beschreibung des Rei-ches, vorzunehmerr'". Sie haben dieseAufgabe tatsächlich erfüllt und ein Inven-tar erstellt, das nach Ausweis der verschie-denen Quellen alles verzeichnete, wasman für eine Zusammenstellung gleich-wertiger Reichsteile wissen musste: Bistü-mer, Abteien und Stifte, über die der Kö-nig verfügen konnte, Grafschaften mitErwähnung der Güter, die die Amtsdota-tion ausmachten, die fisci, also das eigent-liche Königsgut, Einnahmen, wie bei-spielsweise der Königszins - zusammen-gefasst: die Ämter, Lehen, Güter undRechte, die ertragsfähig waren und tat-sächlich eine relativ realistische Schätzungder königlichen Ressourcen ermöglich-terr'",

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Der endgültige Abschluß des Vertrageserfolgte durch die Könige selbst in Ver-dun im August 84]2°7. Eine Urkunde istnicht auf uns gekommen; es ist die Frage,ob überhaupt ein Dokument in dieserForm ausgestellt worden ist. Das Haupt-element des Vertrages war wohl die öf-fentliche Verkündigung durch die Könige;hinzu kam die Beeidung durch dieseselbst und die Großen. Aufzeichnungendieser Eide wurden auch an den PapstGregor IV. gesandt. Aus späteren Quellenist der Inhalt in etwa zu erschließen: dasVersprechen, die festgesetzten Grenzenzu achten; Bestimmungen hinsichtlich desEintrittsrechtes der Söhne; Zusicherungwechselseitiger Hilfe und Freundschaft;Einhaltung des Friedens. Wahrscheinlichhat man an dem in den Verhandlungenschon ausgemachten Recht der erstenWahl für Lothar festgehalten, was imübrigen aber eine bloße Formalität war, dadie Grenzziehung durch die Tatsachepräjudiziert war, dass die Brüder bereitsüber mehr oder weniger gesicherte Macht-basen - Italien, Bayern und Aquitanien -verfügten und Lothar natürlich Aachen alsdas neben Rom zweite Zentrum des Kai-sertums beanspruchte. An ihn fiel daherder von den Westalpen bis Friesland rei-chende Mittelteil, der nach Osten durchRhein und Aare, nach Westen ungefährdurch die Flüsse Schelde, Maas, Saöneund Rhone begrenzt wurde, wobei dielinksrheinischen Gebiete um Mainz,Worms und Speyer aber als BrückenköpfeLudwig dem Deutschen zugesprochenwurden?", Jeder der Brüder verfügte künf-tig über eine der karolingischen Kernland-schaften: Karl der Kahle über das Gebiet

zwischen Seine und Aisne, Lothar überden Raum um Aachen und Ludwig überdas Rhein-Main-Gebiet. Einig war mansich darin, dass die Ansprüche Pippins n.von Aquitanien nicht berücksichtigtwurden. Da dieser seine Ausbootung abernicht hinnahm, blieb für Karl den Kahlendas Problem bestehen, dass er sich inweiten Teilen Aquitaniens erst durchset-zen musste.Der Vertrag von Verdun spiegelt eine ganzbestimmte, zufällige dynastische Situ-ation wider. Verglichen mit den zahlrei-chen projektierten und tatsächlich ausge-führten Teilungen der merowingischenund karolingischen Geschichte eignet ihmzunächst nichts Außergewöhnliches. Erstin der Rückschau gewinnt er eine heraus-ragende Bedeutung für die europäischeGeschichte, da er als erster Teilungsver-trag des 9. Jahrhunderts tatsächlich reali-siert und durch die hierin vereinbarte Ab-grenzung der Reichsteile der Rahmen fürdie Entstehung des deutschen und fran-zösischen Staates vorgegeben wurde,nachdem sich der Zerfall des Lothar zuge-fallenen Zwischenreiches unter seinenSöhnen entschieden hatte. Es ist eineheute von niemandem bezweifelte histo-rische Erkenntnis, dass bei dieser Teilungvölkisch-cnationale" Gesichtspunkte kei-ne Rolle gespielt haben - sie hat ja erst dieVoraussetzung für die Entstehung derGroßvölker im Westen und in der MitteEuropas geschaffen. Die leitenden Motivewaren dynastischer Art; es ging um einemöglichst gleichwertige Zuweisung dermateriellen Machtrnittel, unter anderemdes Reichsgutes, an die teilenden Brüder,und möglicherweise haben auch gewisse

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN U~l DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

strategische Gesichtspunkte eine Rollegespielt. Lothar war der Unterlegene iminnerdynastischen Machtkampf; seinZwischenreich erscheint in der Zusam-menbindung Italiens mit von der Pro-vence bis zur Nordsee sich erstreckendenRegionen in seiner ethnischen und geo-graphischen Heterogenität als ein überauskünstliches und schwer regierbares poli-tisches Gebilde. Ein wesentliches Ergeb-nis der Bruderkriege war im übrigen derMachtanstieg der Großen, auf derenLoyalität die Könige mehr denn je ange-WIesen waren.

Das System derSam therrschaft

der karolingischen BrüderFrankentage

Der Vertrag von Verdun hatte nicht sou-veräne Einzelstaaten geschaffen, er warnicht eine Real-, sondern eine Herr-schaftsteilung; künftig waren daher inAbhängigkeit von den dynastischen Ge-gebenheiten auch neue Konstellationenmöglich. Rechtlich und ideell blieb dasFrankenreich eine Einheit, regiert vomcorpus fratrum, der Brüdergemeinschaft.Dem Kaisertum kam allerdings, anders alses die Ordinatio imperii von 817 vorge-sehen hatte, nicht ein Vorrang, nicht dieOberhoheit über die anderen Teilkönigezu. Die drei Brüder waren gleichberech-tigt, ihre Zusammenkünfte, die sogenann-ten "Frankentage", auf denen Fragen derinneren und äußeren Politik gemeinsambehandelt und geregelt wurden, warenAusdruck dieser Einheit?". Die Grundlage

der gegenseitigen Beziehungen war diecaritas, die zwar zunächst als brüderliche,in kirchlicher Sicht!" letztlich religiös,paulinisch begründete Liebe verstandenwurde, aber, indem sie vertraglich fixiertwurde, den Charakter einer Rechtsbezie-hung annahm. Dieses System hat sich,solange Lothar lebte, im großen und gan-zen bewährt, auch wenn es immer wiederzu Spannungen zwischen den Teilreichenkam. Bezeichnend ist jedoch, dass es nurdrei gemeinsame Zusammenkünfte allerdrei Brüder gegeben hat, dass es danebenaber zu mehreren Zweiertreffen kam, diewechselnde Bündniskonstellationen wi-derspiegelten und zumindest dazu ange-tan waren, das Misstrauen untereinanderwachzuhalten oder neu aufkeimen zu las-serr'", Die Frankentage, die alle drei Brü-der vereinten, fanden sämtlich im ReicheLothars statt: 844 in Diedenhofen, 847und 851 in Meersen.Richtungweisend wurde dabei für dieerste Zusammenkunft in Diedcnhoferr'",auf der u.a. Kar! dem Kahlen Hilfe gegenPippin II. von Aquitanien und den Breto-nenfürsten Nominoe versprochen wurde,die zu gleicher Zeit in Yütz unter demVorsitz des Erzbischofs Drogo von Metztagende gesamtfränkische Bischofssyno-de. Ihre Beschlüsse wurden den königli-chen Brüdern vorgelegt und von diesenund deren Gefolgschaften approbiert?",Die Bischöfe nehmen für sich als Stellver-treter Christi ein Mahnrecht in Anspruch,fordern die Könige mit deutlicher Kritikan ihrem bisherigen Streit, der auch dieEinheit der Kirche zerrissen har'", auf, zurEintracht, zu caritas und concordia, zu-rückzukehren, und nehmen dann konkret

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die alten Reformforderungen der fränki-schen Kirche wieder auf: Rückerstattungdes entfremdeten Kirchengutes, kanoni-sche Besetzung der verwaisten Bischofs-stühle, Beseitigung des Laienabbatiatesoder, wenn dies aus staatlichen Notwen-digkeiten nicht möglich sein sollte, we-nigstens Sorge für das geistliche Leben inden Klöstern, also die Einsetzung einesgeistlichen Leiters neben dem Laienabt,zu tragen, auf simonistische Praktiken beider Besetzung geistlicher Ämter zu ver-zichten und schließlich Recht und Ge-rechtigkeit für das ganze Volk zu gewähr-leisten. Mit der Annahme dieses Pro-gramms durch die Könige wurde es fürihre Politik und die Regierung ihrer Rei-che theoretisch verbindlich. Damit wurdedas System der confraternitas durch dieBischöfe des Reiches legitimiert.Die hier aufgestellten Richtlinien wurdenauf den anderen Frankentagen bekräf-tigr'": Die Brüder sicherten sich gegen-seitigen Beistand gegen äußere Feinde zu;es wurde die Abordnung tüchtiger Kö-nigsboten für alle Teile des Reiches vor-gesehen, und gegen Rechtsbrecher solltegemeinsam und in gleicher Weise vorge-gangen werden. Von besonderer Bedeu-tung war, dass 847 in Meersen die Teil-reiche in ihrem derzeitigen Umfang auchfür die Söhne garantiert wurden, das Ein-trittsrecht also gegenüber dem Anwach-sungsrecht der Oheime sanktioniert, abergleichzeitig den Neffen der Gehorsamgegenüber den Oheimen eingeschärftwurde. Die Beschlüsse wurden als Kapitu-larien verabschiedet und galten für dasganze Reich. Hierin kam also die Rechts-einheit des Gesamtreiches zum Ausdruck;

es ist von dem ein e n Reich die Rede.Wenn es allerdings um Belange der fideles,um vasallitische Verhältnisse geht, wirddie Differenzierung, die Eigenexistenzund Parität der regna, deutlich?". NachVerdun beschleunigte sich der Prozeß derVerselbständigung der Teilreiche und derAuflösung des Gesamtreiches.Noch immer aber war die Kirche diestärkste Stütze des Einheitsgedankens.Der Episkopat, der in Yütz seine Füh-rungsrolle dokumentiert hatte, ließ sichnoch immer von ideellen Motiven leiten:Der universalen Gemeinschaft der Gläu-bigen, der Einheit des populus christianusentsprach im politischen Raum am ehes-ten die universale Einheit des Reiches,und mehr denn je spielten nun auch prak-tische Erwägungen eine Rolle. Die Teilun-gen hatten auf kirchliche Grenzen keineRücksicht genommen; die Zerreißung derKirchenprovinzen bedeutete aber eineerhebliche Behinderung für die Erfüllungder pastoralen Aufgaben. Jedoch zeichne-te sich auch hier ein Wandel ab: Ebensowie die Reichsaristokratie ist auch derhohe Klerus mehr und mehr in die spe-ziellen Aufgaben der Teilreiche hineinge-wachsen und hat so allmählich ein Son-derbewusstsein ausgebildet, das den Pro-zeß der Auflösung des Gesamtreichesvorangetrieben hat.Auf dem Gebiet der Kirchenpolitik hatLothar nach 843 den letzten Versuch un-ternommen, doch noch eine gewisseOberhoheit über die Herrschaftsbereicheseiner Brüder zu gewinnen. Im Jahre 844ließ er seinen Oheim Drogo durch denPapst Sergius n. zum päpstlichen Vikarfür alle Gebiete nördlich der Alpen

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

bestellen!", Das bedeutete, dass Drogoden Vorsitz bei Generalsynoden habenund Gerichtsfälle. die in einem Provin-zialkonzil nicht entschieden worden wa-ren, abhandeln sollte. Vor allem aber sollteeine Appellation an den Papst nur überihn laufen - ihm wäre damit die Funktioneines Mittlers zwischen dem apostoli-schen Stuhl und der Geistlichkeit seinesVikariatsbereiches zugekommen. Nachder Fülle der Vorrechte und der Größedes Vikariatsbereiches hätte er eine über-ragende Führungsposition im fränkischenEpiskopat gewonnen, und für Lothar hät-te das ein Ansatzpunkt sein können, übereine kirchliche Zwischeninstanz seinenEinfluss auf die Nachbarreiche auszudeh-nen. Im Westfrankenreich hat man diesePläne sofort durchschaut, und auf einerim Dezember 844 in Ver abgehaltenenSynode haben die westfränkischen Bischö-fe, die bei dieser Gelegenheit in der an Karlgerichteten Vorrede zu den Canones demallmächtigen Gott gegenüber ihren Dankfür die Beilegung des Bruderzwistes zumAusdruck brachten'", die AnerkennungDrogos von dem Beschluss eines gallisch-germanischen Gesamtkonzils abhängiggemachr'", Ein solches ist nicht zustande-gekommen; die ostfränkischen Bischöfeließen die Sache auf sich beruhen, unddamit blieb Drogos Vikariat ein bloßerTitel. Lothars Versuch war gescheitert.Auch in der Angelegenheit des ehemali-gen Erzbischofs Ebo von Reims, den er840/841 für kurze Zeit auf den Erzstuhlrestituiert hatte und den er nun wiedernach Reims zurückführen wollte, bliebihm der Erfolg versagr'". Sergius II. warfür diese Lösung nicht zu gewinnen; statt

dessen wurde auf Betreiben Karls desKahlen der Mönch Hinkrnar von Saint-Denis zum Erzbischof erhoben und imApril 845 geweihr'", Lothar hat dann 846in einer Phase neuer Spannungen mit Kar!dem Kahlen noch einmal, aber vergeblich,beim Papst intervenierr'", obwohl Eboinzwischen mit Hilfe Ludwigs des Deut-schen auf den Bischofsstuhl von HiIdes-heim übergewechselt war. Die Ausein-andersetzungen um Reims waren damitnoch nicht endgültig beigelegt; Lothar hatsich aber in der Folgezeit Hinkrnar genä-hert. Wenn er sich tatsächlich im Jahre851 beim Papst Leo IV. für die Verleihungdes Vikariats an Hinkmar verwendethaben sollte, was unter einem politischenAspekt sogar erklärlich wäre, aber ange-sichts der Problematik des durch Fäl-schungen belasteten Reimser Quellen-materials nicht eindeutig zu entscheidenist, so wäre ihm auch in diesem Falle einErfolg versagt geblieben; denn der Papstlehnte mit Hinweis auf die von Lothareinst selbst erbetene Verleihung des Vika-riats an Drogo von Metz ab und hatHinkmar offenbar lediglich den täglichenGebrauch des Palliums zugestanden'",Die durch den Reimser Konflikt ver-ursachten Spannungen zwischen Lotharund Kar! dem Kahlen wurden nochverschärft durch eine Familienaffäre: EineTochter Lothars war durch den maas-ländischen Grafen Giselbert ins Westfran-kenreich entführt und dort von diesemgeheiratet worden?". Der Kaiser machtedafür Karl als den Lehnsherrn des Grafenmitverantwortlich, obwohl dieser eineMitwisserschaft bestritt. Ludwig derDeutsche versuchte vergeblich zu vermit-

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teln; obwohl die drei Brüder zwischen-zeitlich auf dem Frankentag in Meersen847 Einigkeit demonstriert hatten, kameine wirkliche Aussöhnung zwischen Lo-thar und Karl erst 849 bei einem Treffenin Perenne zustande. Dabei haben beideoffenbar ein formelles Bündnis geschlos-serr'". Noch ein Jahr zuvor hatte Lotharbei einem Zweiertreffen in Koblenz denVersuch gemacht, Ludwig den Deutschenenger an sich zu binden und von Karlabzuziehen; Ludwig aber hielt unbeirrt andem vor Jahren mit dem jüngeren Bruderin Straßburg geschlossenen Bündnis festund bekräftigte dieses sogar noch imgleichen jahre'". Deutlich wird an diesenAktionen aber, dass die Grundlagen derBrüdergemeinschaft brüchig waren unddie Sonderinteressen der Brüder sehrschnell neue Konstellationen schaffenkonnten.Außenpolitisch haben die Vereinbarungenauf den Frankentagen ohnehin keine gro-ße Wirkung erzielt; in der Auseinander-setzung mit auswärtigen Feinden warjeder der Brüder letztlich auf sich alleingestellt. Lothar hat dies in der Norman-nenabwehr erfahren müssen. Der Plünde-rungszüge des Normannenführers Rorik,der Haralds Erbe angetreten hatte, konnteer sich nicht anders als dadurch erwehren,dass er ihn vertraglich an sich band. ImJahre 850 belehnte er ihn mit Dorestadund anderen Grafschaften; der Normanneverpflichtete sich dafür zur Tributzahlungund zur Übernahme des Küstenschut-zes'". Dieser Vertrag hat dem Lande keineRuhe gebracht; Rorik war entweder nichtwillens oder nicht in der Lage, der geplag-ten Bevölkerung Schutz zu gewähren. 855

kehrte er vorübergehend mit seinemNeffen Gottfried nach Dänemark zurückin der Hoffnung, hier die königlicheGewalt zu gewinnen. Prudentius vonTroyes bringt in den Armales Bertinianidieses Unternehmen in einen ursächli-chen Zusammenhang mit der von KaiserLothar vorgenommenen Reichsteilung,durch die. Friesland an seinen gleichnami-gen Sohn fiel'".Das letzte Dreiertreffen der Brüder inMeersen im Sommer 851229 bleibt im Rah-men des Üblichen mit der Einschärfungvon caritas und concordia und den Auf-forderungen zu gegenseitiger Hilfeleis-tung. Aber die Zusicherung ehrlicherLiebe ohne Falsch und Ränke und dervölligen Verzeihung für jegliches Fehlver-halten ist wortreicher als früher, eindring-licher und stärker religiös gefärbt. Diefideles werden noch intensiver in dieVereinbarungen einbezogen. Fast möchtees scheinen, als sei man sich der Unzuver-lässigkeit des eigenen Tuns bewusst ge-worden. Tatsächlich änderte sich diepolitische Lage wenig später dramatisch.Karl der Kahle hatte die oppositionellenKräfte in seinem Reiche bisher nicht wirk-lich ausschalten können. Als er im März852 den Grafen Gauzbert von Maineenthaupten ließ, formierte sich der Wider-stand. Die Gauzbert nahestehende Adels-gruppe lud Ludwig oder einen seiner Söh-ne nach Aquitanien zur Übernahme derKönigsherrschaft eirr'". Tatsächlich ließsich Ludwig unter Missachtung der einstdem Bruder geschworenen Eide und deraus der confraternitas sich ergebenden Ver-pflichtungen auf das Abenteuer ein undschickte seinen Sohn Ludwig den Jüngeren

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Anfang 854 mit Heeresmacht nach Aqui-tanien. Möglicherweise spielte hier auchein zunehmendes Misstrauen gegenüberseinen beiden Brüdern eine Rolle; dennLothar und Karl waren inzwischen beimehreren Treffen - zu St. Quentirr im Mai852231

, zu Quierzy im Januar 853232 und zuValenciennes im November dieses jahres'"- eine engere Verbindung eingegangen,und Lothar hatte dem Bruder bei einemmilitärischen Unternehmen gegen dieNormannen an der Seine im Herbst 852Hilfe geleister'". Als beide im Februar 854in Lüttich erneut zusammenkamen, wurdeauch Ludwig eingeladen; sein Fernbleibenwird von Lothar diplomarisch verschlei-ernd mit "gewissen Hinderungsgründen"erklärt; Karl jedoch wird präziser, indem erauf die von Ludwig dem Jüngeren verur-sachten Wirren hinweist. Er ist es auch, derdie caritas stärker unterstreicht und die Ei-genexistenz der Teilreiche betont, dieschließlich in den von beiden geleistetenEiden, die sich nun eindeutig gegen Lud-wig richten, mit der Garantie für das Ein-trittsrecht der Neffen sanktioniert wird'".Prudentius von Troyes hat die Verein-barungen als ein beschworenes und unauf-lösbares Bündnis gekennzeichnet'" - zwei-fellos eine richtige Deutung, die aber auchzum Ausdruck brachte, dass das Systemder Brüdergemeinschaft trotz aller Ver-sicherungen brüderlicher Liebe und Ein-tracht sich faktisch aufgelöst hatte.Lothar hat wohl noch einmal bei einer Zu-sammenkunft Ludwig den Deutschen indie Brüdergemeinschaft einzubinden ver-suchr'". Er hat damit jedoch nur das Miss-trauen Karls hervorgerufen, der ihn sofortnach Attigny einlud, wo das Lütticher

Bündnis bekräftigt wurde'". Als das aqui-tanische Unternehmen Ludwigs des Jün-geren scheiterte, weil nur ein geringer Teildes Adels auf seine Seite trat, war dieVoraussetzung für eine Wiederannäherungder beiden jüngeren Brüder gegeben. Be-zeichnenderweise bringt Prudentius vonTroyes diesen erneuten Wandel der politi-schen Konstellationen in einen kausalenZusammenhang mit der Erkrankung Lo-thars'", die wenig später zum Tode führensollte. Man bereitete sich offenbar auf denErbfall vor, bei dem aller Voraussicht nach- wie so oft in der karolingischen Ge-schichte - das Eintrittsrecht der kaiser-lichen Söhne trotz aller Eide kaum einHindernis für den Zugriff der Oheimespielen würde.

Das regnum Italiae und das Papsttum

Italien behielt nach 843 seine Sonder-stellung bei; im System der confraternitashat das Unterkönigreich keine Rolle ge-spielt. Immerhin bestanden weiterhinenge Beziehungen der hier ansässigenAmtsträger und des Adels zu den altenHeimatgebieten. Seit der Verbindung desLangobardenreiches mit dem Franken-reich durch Personalunion unter Karl demGroßen 774 waren nicht nur Angehörigeder fränkischen Reichsaristokratie. diehier administrative Aufgaben und Lehenerhielten, oder hohe Geistliche, die aufitalische Bischofsstühle gesetzt wurden,in größerer Zahl über die Alpen gekom-men, den Hauptteil der Zuwanderermachten die einfachen Vasallen und klei-nen Grundherren aus, die im königlichenDienst, mit Besatzungs- und Schutz-

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aufgaben betraut, ins Land kamen und aufKönigsland, Kirchengut oder konfiszier-tem Besitz langobardischer Großer ange-siedelt wurden!". Auch die fränkischeReichskirche wurde durch Vergabe vonitalischem Besitz an fränkische Klöster indas System der Herrschaftssicherungeingebaut. Nach 830/833 hatte sich auchhier die Position des Adels gefestigt;Lothar konnte über die Amtsträger kei-neswegs mehr so unbedingt verfügen wienoch sein Vater. Es war einzelnen Fami-lien, wie etwa den Widonen-Lamberti-nerrr'" im Dukat von Spoleto oder denUnruochingerrr'", aus denen der Mark-graf Eberhard von Friaul als SchwagerLothars 1. in engste Königsnähe aufgestie-gen war, gelungen, die Erblichkeit desAmtes durchzusetzen und so eine eigeneHerrschaftsstellung zu errichten. Dankseiner weitgestreuten Besitzungen undverwandtschaftlichen Beziehungen dachtedieser Adel überwiegend noch gesamt-fränkisch und konnte daher Ludwig, demSohne Lothars, eine wichtige Stütze sein,als der Kaiser sich entschloss, diesemgrößere Verantwortung im regnum Italiaezu übertragen, das ihm bereits von Lud-wig dem Frommen - wohl bei der ge-planten Reichsteilung von 839 - zugewie-sen worden war'". Anscheinend hatLothar selbst seinen ältesten Sohn schon840 zum italischen König bestellt.Die erste Mission des Kaisersohnes dientesogleich der Festigung der fränkischenMachtstellung jenseits der Alpen. NachMitte Januar 844 war Sergius H. nach demTode Gregors IV. gegen gewisse Wider-stände zum Nachfolger gewählt und unterMissachtung des kaiserlichen Mitsprache-

rechtes am 27. Januar in St. Peter geweihtworden?". Offensichtlich lag hier derVersuch vor, die kaiserliche Kontrolle zulockern und die in der Constitutio Roma-na verankerte Oberhoheit des Kaisersüber das Patrimonium Petri in Frage zustellen. Lothar handelte sofort undschickte seinen Sohn mit großem Gefolgenach Rom. Zwar wurde Ludwig zunächstehrenvoll empfangen, aber die Atmosphä-re war von gegenseitigem Misstrauen ge-prägt, und der Papst verlangte vom Karo-linger einen Sicherheitseid'", Unter Lei-tung Drogos von Metz fand dann nachdem 8. Juni in St. Peter eine - von päpst-licher Seite offenbar als unkanonischbeurteilte - Synode statt, die die Umstän-de der Erhebung des Sergius untersuchte,diesen schließlich bestätigte, gleichzeitigaber die kaiserlichen Rechte einschärfte.Künftig sollten Papstwahlen nur noch aufBefehl des Kaisers und unter Kontrolleseiner Boten stattfinden!", Den von frän-kischer Seite geforderten Treueid auf Lud-wig lehnten der Papst und die römischenAdeligen ab, erklärten sich aber bereit,einen solchen Eid - zusammen mit Lud-wig - auf Lothar abzulegerr'". Am 15. Junikrönte der Papst den Kaisersohn zum Kö-nig der Langobarden, erteilte ihm die Sal-bung und umgürtete ihn mit dem Königs-.schwerr'". Zur Einweisung in ein Unter-königreich bedurfte es an sich einer kirch-lichen Zeremonie nicht; der Akt war dazuangetan, den päpstlichen Anspruch aufMitwirkung bei einer Herrschererhebungzu unterstreichen. Konstitutive Bedeu-tung besaß er nicht; Ludwig hat seineHerrscherjahre von 840 an gezählt. DerPapst wird nicht ohne Einverständnis

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r 11'P.i}:KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

Lothars gehandelt haben, und dieser magdie päpstliche Krönung nicht ungern ge-sehen haben, da sie für die Stellung seinesSohnes eine zusätzliche Festigung bedeu-ten konnte.Lothar selbst ist nach 840 nicht auf Dauernach Italien zurückgekehrt, hat aber dieRegierungsgeschäfte nicht völlig seinemSohn überlassen. Zwar hat Ludwig eigeneKapitularien verkünder'", aber der Vaterurkundete weiter für italische Empfän-gerSO und schaltete sich in wichtige politi-sche Angelegenheiten ein. Das Verhaltendes Papstes und der Römer in der Fragedes Treueides zeigt im übrigen, dass manihn als den eigentlichen Herrn im regnumItaliae ansah, und noch 853 beklagten sichdie Römer bei ihm und nicht bei Ludwigüber mangelnden Schutz gegen die Über-fälle der Sarazenerr'".Der von der zunehmenden Sarazenen-gefahr ausgehende Druck stellte in der Tatdas Hauptproblern der fränkischen Herr-schaft in Italien dar'", Die politische Zer-splitterung des Südens der Halbinselleis-tete den Unternehmungen der Muslimestarken Vorschub. Südlich des Herzog-tums Spoleto, das noch in den fränkischenReichsverband eingegliedert war, beganndie Zone unklarer und ungesicherterHerrschaftsverhältnisse. Der Westen Sizi-liens war seit 827 in der Gewalt der Sara-zenen, vor denen Byzanz nach und nachauch den restlichen Teil der Insel räumenmusste. Interne Auseinandersetzungenum die Herzogswürde von Benevent, indenen die streitenden Parteien wechsel-seitig gegeneinander Sarazenentruppenzur Hilfe riefen, führten dazu, dass sichdie Muslime mit der Eroberung von Bari

841 auch auf dem Festland festsetzten. ImAugust 846 landete eine starke sarazeni-sehe Flotte in Ostia und fuhr dann tiber-aufwärts bis Rom; am 27. dieses Monatswurde der auf dem rechten Tiberufer lie-gende, nicht durch die aurelianische Mau-er geschützte, unbefestigte Bereich um St.Peter sowie S. Paolo fuori le mura schwerverwüstet und geplündert. Ob Ludwig indie anschließenden Abwehrkämpfe einge-griffen hat, ist nicht ganz klar'", DasEreignis machte tiefen Eindruck auf dieganze Christenheit und bedeutete zwei-fellos einen erheblichen Prestigeverlustfür das Kaisertum; denn hier hatte es inseiner vornehmsten Aufgabe, dem Schutzder römischen Kirche, versagt. Nun sahsich Lothar zum Handeln gezwungen.Wohl im Frühjahr oder Sommer desfolgenden Jahres traf er mit dem SohneLudwig an einem nicht näher bezeich-neten Ort in der Francia zusammerr'".Der Katastrophe begegnete man auf derim Rahmen der Zusammenkunft tagen-den Synode wie üblich zunächst mit reli-giösen Erklärungen und kirchenpoliti-schen Maßnahmerr": Man legte ein allge-meines Schuldbekenntnis ab und be-schloß Reformen zur Abstellung kirch-licher Missstände. Dann befasste man sichmit dem aktuellen Ereignis. Man ordneteden Wiederaufbau der Peterskirche an undforderte den Papst auf, die Kirche zubefestigen. Zur Deckung der Kosten sollteim ganzen Reich eine Kollekte abgehaltenwerden. Schließlich wurde ein FeldzugLudwigs nach Benevent, dessen Bewohnerum Hilfe gebeten hatten, angesetzt. Dazusollte das italische Aufgebot durch Trup-penkontingente aus der Francia, Burgund

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und der Provence, also aus dem ganzenReich Lothars, verstärkt werden. Das Heersollte sich zum 25. Januar in Pavia versam-meln; wohl nicht ohne Absicht wählte manalso den Festtag "Pauli Bekehrung". DenBeschlüssen der Versammlung hat derKaiser durch ein Kapitular Gesetzeskraftverliehen. Angesichts der Größe der Ge-fahr handelte er energisch und zielbewusst.Inzwischen hatte sich in Rom auf dercathedra Petri ein Wechsel vollzogen.Papst Sergius II. war am 27. Januar 847verstorben; zu seinem Nachfolger wurdeLeo, Presbyter an der Titelkirche SS.Quattro Coronati, gewählt und am 10.April in St. Peter geweiht, ohne dass mandie kaiserliche Zustimmung eingeholthatte. Von römischer Seite wurde dieseneuerliche Missachtung der ConstitutioRomana mit dem Zeitdruck, unter demman angesichts der Sarazenengefahr ge-standen habe, entschuldigt'",Eine relativ dichte Korrespondenz belegtdie guten Kontakte zwischen dem Kaiserund Leo I\Z257. In der Regel geht es umRechtsfragen und Personalangelegenhei-ten. Im Hinblick auf die päpstlichen Maß-nahmen zu Ausbau und Befestigung derLeostadt mit der Peterskirche wird zwarvon römischer Seite die Initiative desPapstes betont, aber zugleich erkenntman an, dass der Kaiser bereits bei derPlanung Hilfe geleistet hat, was durch in-schriftliche Quellen und das zitierte Kapi-tular auch deutlich dokumentiert wird'".Die materielle Unterstützung durch Lo-thar und seine Brüder ist unbestritten;sogar die offiziöse päpstliche Geschichts-schreibung, der Liber Pontificalis'", er-kennt das mit dem Vermerk an, dass die

Karolinger "nicht geringe Summen Sil-bers" nach Rom übersandt haberi'" -offenbar hat die von Lothar verordneteKollekte das Gesamtreich betroffen.Dass der Kaiser sich persönlich auch ander Ausstattung der Peterskirche beteiligthat, dokumentieren die vom Papst für dasAntependium des Hauptaltares in Auf-trag gegebenen Goldplatten, die die Auf-erstehung Christi, Petrus, Paulus, Andre-as und als Stifter Leo selbst und Lothar -"zum künftigen Gedächtnis und Lohn" -zeigten. In diesem Zusammenhang wirdLothar sogar einmal als "geistlicherSohn", filius spiritualis, des Papstes be-zeichner'", Auch in seiner Auseinander-setzung mit seinem Gegenspieler Anasta-sius Bibliothecarius, dem Kardinalpriestervon San Marcello, der gegen das kano-nische Recht seine Titelkirche und Romverlassen hatte und der päpstlichen Auf-forderung zur Rückkehr trotzte, hat Leodie Unterstützung Lothars gefunderr'".Leo seinerseits hat Lothar und seinemSohne - wohl aus Anlass eines Sarazenen-feldzuges Ludwigs - Palmzweige als"Zweige des Sieges" übersandr'". SolcheBeweise des guten Verhältnisses zwischenden beiden höchsten Gewalten der Chris-tenheit konnten allerdings nicht darüberhinwegtäuschen, dass der Papst - was imGrunde schon bei seiner Erhebung deut-lich geworden war - sehr wohl darauf be-dacht war, seine Unabhängigkeit zu beto-nen und seine Herrschaft im Kirchenstaatauszubauen. Den Wünschen Lothars nachVerleihung des Palliums an den BischofAltheus von Autun'" und der Übertra-gung des Vikariats an Hinkmar vonReims'" - wenn diese Aktion glaubwürdig

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überliefert sein sollte - hat Leo IV. sichversagt. In dem einen Falle konnte erkirchenrechtliche Bedenken geltend ma-chen, im anderen darauf verweisen, dassauf des Kaisers eigene Initiative hin jaDrogo von Metz bereits das Vikariaterhalten hatte.Dem Bemühen des Papstes um U nab-hängigkeit und Steigerung der Bedeutungseines Amtes hat Lothar schließlich auflange Sicht selbst Vorschub geleistet, alser Ludwig im April 850 nach Rom schick-te, wo dieser - vielleicht am Ostersonntag- von Leo zum (Mit-) Kaiser gesalbt undgekrönt wurde'". Anders als bei den Erhe-bungen Ludwigs des Frommen durch Karlden Großen 813 und Lothars selbst durchLudwig den Frommen 817 zu Mitkaisernwar dieser päpstlichen Aktion nicht einkonstitutiver weltlicher Erhebungsaktdurch den herrschenden Vater vorausge-gangen. Damit war die Erhebung Ludwigs11. die erste konstitutive Kaiserkrönungund -salbung durch einen Papst. Hierwurden die Voraussetzungen dafür ge-schaffen, dass die Krönung durch denPapst zu einem konstitutiven Element derKaisererhebung im Abendland gewordenist und damit eine Gewichtsverlagerungzum römischen Kaisertum hin vollzogenwurde, die nach dem Erlöschen der lotha-rischen Linie der Karolinger endgültigwurde. Dabei ist nicht zu bezweifeln, dassLeo IV. im Einverständnis Lothars gehan-delt hat. Die Konsequenzen seiner Ent-scheidung sind dem Kaiser sicher nichtbewusst geworden; wahrscheinlich ginges ihm lediglich um eine zusätzlicheLegitimierung und Sicherung der Herr-schaft seines Sohnes in einem für die

Karolinger problematischen politischenUmfeld. Das erklärt wohl auch, dass dasEreignis bei zeitgenössischen Beobach-tern keine besonders große Resonanzgefunden hat und in manchen Berichtensogar mit der Königserhebung von 844vermengt wurde. Erst dem rückschauen-den Historiker enthüllt sich die für dieabendländische Geschichte fundamentaleTragweite des römischen Geschehens:Leos Ill. Konzeption von der kaiserlichenWürde, von Stephan IV. und Paschalis I.dem Anspruch nach mitgetragen, hattesich damit durchgesetzt.Im Zusammenhang mit der Kaiserkrö-nung dürfte jenes Pactum abgeschlossenworden sein, das nur im Fragment einesan Lothar und Ludwig gerichteten Leo-briefes zitiert wird. Hier heißt es mitlapidarer Kürze, dass künftig die Wahlund Weihe eines Papstes »nicht anders alsgerecht und kanonisch" erfolgen solle'",Man hat also von kaiserlicher Seite nach-träglich offenbar doch noch auf die WahlLeos IV. reagiert und anscheinend dieBestimmungen der Constitutio Romanaeingeschärft. Der Papst hat das zuge-stehen müssen und wohl auch den vonEugen 11. geforderten Eid geleister'". Waseventuell über die Wahlfrage hinaus-gehend Inhalt des Pactums gewesen seinkönnte - also vielleicht die Erneuerungder karolingischen Pakten - ist unge-wiß269.Der bei der Zusammenkunft von Vaterund Sohn in der Francia angeordneteFeldzug gegen die Sarazenen fand unterder Führung Ludwigs 11. im AuftragLothars wohl Anfang 848 statr'". Im Zugeder Vorbereitungen hat Lothar im

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März/April 847 seinem italischen Reichs-teil noch einmal einen kurzen Besuchabgestattet; er ist in dieser Zeit am HofeLudwigs in Pavia nachweisbar'", DenKampf gegen die Ungläubigen hat er auchals seine, als kaiserliche Aufgabe angese-hen. Auf diesem Feldzug vermittelte undgarantierte der Kaisersohn im Auftragedes Vaters einen Friedensschluß zwischenden streitenden beneventanischen Par-teien, der eine Teilung des Fürstentums indie Fürstentümer Benevent und Salernovorsalr'", Nach der Kaiserkrönung hatLudwig 11. die Regierungsgeschäfte inItalien selbständig geführt; er war es, dernun für italische Empfänger urkundete'".Die Akten der römischen Synode vomDezember 853, deren Hauptzweck dieAbsetzung und Exkommunikation desAnastasius Bibliothecarius war, tragennach der Unterschrift des Papstes die desKaisers Lothar'". Mit seiner persönlichenAnwesenheit ist jedoch nicht zu rechnen;in seinem Namen dürften die kaiserlichenMissi, die Bischöfe von Ivrea und Brescia,die Zustimmung zu den Synodalbeschlüs-sen ausgesprochen haben. Lothar hat sichzu dieser Zeit auf die politische Situationnördlich der Alpen und die Probleme dersich auflösenden Brüdergemeinschaftkonzentriert und wenig später aus dempolitischen Leben zurückgezogen. DieZuweisung des regnum Italiae an Ludwig11. und dessen Kaiserkrönung hatten einBeschränkung der politischen Aktivitätendieses Karolingers auf das Reichsgebietsüdlich der Alpen zur Folge, was aberzugleich eine Intensivierung der Herr-schaft bedeutete. Im ganzen stellt die Re-gierungszeit Ludwigs 11. (840/850 - 875)

einen Höhepunkt karolingischer Herr-schaft in Italien dar. Die Kaiserwürde aberbüßte ihre universale Geltung ein undverkümmerte zu einem italischen Prinzi-pat.

Hof und Familie

Das von außen durch Sarazenen undNormannen bedrohte lotharische Mittel-reich, das auch im Inneren nicht unbe-dingt stabil war, wie ein Aufstand in derProvence im Jahre 845, den Lothar aller-dings rasch niederschlagen konnte,zeigr'", stellte ein ethnisch und kulturellheterogenes politisches Gebilde dar, indem auch die Kirche kaum mehr eineeinheitsstiftende Wirkung entfaltenkonnte. Sehr deutlich dokumentiert sichdies in der Konzilstätigkeit. Der nördlicheRaum, das spätere, nach Lothar 11. sobenannte Lotharingien, tritt gar nicht inErscheinung; die Synoden in Burgundund Italien waren mit eigenen Problemenbefasst. Von den römischen Synoden, dievor allem Fragen der Papstwahl betrafen,war bereits die Rede. In den Jahren845/50 tagten in engerer Beziehung zuLudwig 11. zwei Versammlungen in Pavia:In dem einen Fall hatte er den Synodalenein Reformprogramm zur Beratung vor-gelegt, im anderen Falle übermittelten dieKonzilsteilnehmer ihm ihre Beschlüsse'".Aber zumindest für die zweite Synode er-gibt sich indirekt auch ein Hinweis darauf,dass Lothar an der Einberufung nichtunbeteiligt warm. Die Themen standenganz in der Tradition karolingischer Re-formsynoden: Lebensweise und Disziplindes Klerus, Kirchengut, Missbräuche des

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Eigenkirchenwesens, Ehe und Sexualität.Mit Reformfragen befasste sich auch dieam 8. Januar 855 in Valence tagendeSynode der Kirchenprovinzen Lyon,Vienne und ArIes, aber im Vordergrundstand hier das theologische Problem derPrädestination, das die fränkische Kirchein jenen Jahren besonders beschäftigte'",Nach der Vorrede zu den Synodalaktenhat Lothar die Versammlung einberufen,um Vorwürfe gegen den Bischof von Va-lence klären zu lassen. Davon verlautetdann aber nichts mehr, und ob der Kaiserzu diesem Zeitpunkt tatsächlich nocheinmal in diesem Teil seines Reiches aktivgeworden ist, erscheint eher fraglich.Für die fehlende innere Geschlossenheitdes Mittelreiches und ein mangelndes"Staatsbewusstsein" seiner Bewohnerkann wohl auch als Indiz gelten, dass sichhier eine bedeutendere Historiographieim Stile der Reichsannalistik nicht ausge-bildet hat. Die nicht in Xanten entstande-nen Annales Xantenses, die in einer erstenRedaktion vielleicht von Gerward, demehemaligen Pfalzbibliothekar Ludwigsdes Frommen, verfasst worden sind, kön-nen nur sehr bedingt dieser Gattung zu-geordnet werden. Sie sind jedenfalls nichtmit den Armales Bertiniani und denArmales Fuldenses, den Fortsetzungender Reichsannalen im West- und imOstreich, zu vergleicherr'".Da Lothar sich nach 840 überwiegend inAachen und im Umkreis der Kaiserpfalzaufhielt, entstand nun doch ein Zentrummit Residenzfunktion in der TraditionKarls des Großen und Ludwigs des From-men. Die Kaiserpfalz beherbergte auchdie Hofkapelle, zu deren Leiter der Kaiser

spätestens 844, vielleicht schon ein Jahrfrüher, seinen Oheim Drogo von Metz alsErzkapellan berufen hatte'". Wenn Lotharallerdings gehofft hatte, mit der Wahleines Mannes, der Karolinger war undbereits der Hofkapelle Ludwigs desFrommen vorgestanden hatte und der zu-dem zum päpstlichen Vikar für Gallienund Germanien bestellt wurde, Einflussauf die Teilreiche seiner Brüder gewinnenzu können, so wurden diese Erwartungenenttäuscht. Im Westen wie im Ostenwurden eigenständige Hofkapellen er-richtet. In dem wichtigen Teilbereich derKapelle, der mit der Ausfertigung derUrkunden betraut war, der "Kanzlei" also,lässt sich schon bald nach 833 in Italieneine gewisse Verfestigung feststellen, diewohl auch dazu geführt hat, dass aus derKanzlei Ludwigs des Frommen nach de-ren Auflösung nur ausnahmsweise Nota-re in die Kanzlei des Sohnes übernommenwurderr'". Auf den Kanzleivorsteher Agil-mar, der von 835 bis 843 amtierte unddann Erzbischof von Vienne wurde, folgteHilduin für den Zeitraum 844 bis 855. Obdieser mit dem berühmten Abt von Saint-Denis und einstigen Erzkaplan Ludwigsdes Frommen identisch ist, der wegenseiner Teilnahme am Aufstand von 830diese Würde verloren hatte und, nachdemer sich nach Ludwigs Tod Lothar ange-schlossen hatte, auch die Leitung der imMachtbereich KarIs des Kahlen gelegenenDionysiusabtei aufgeben musste, ist nichtzweifelsfrei zu entscheiderr'", Sollte einePersonengleichheit nicht gegeben sein, sosind beide Träger des Namens doch mit-einander verwandt gewesen.Wie weit der Hof auch als ein kulturelles

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

Zentrum gelten kann, ist schwer zu sagen.Die schweren inneren Auseinanderset-zungen und Bruderkriege im Reich habendas kulturelle Leben, Künste und Litera-tur, sicher sehr beeinträchtigt. Die For-schung geht von der Existenz einer Hof-schule aus, deren Skriptorium eine Grup-pe von vier oder fünf Handschriften - einPsalter, ein Sakramentar und drei Evan-geliare - zugeschrieben wird 283. Nachwir-kungen der Hofschule Karls des Großenund Reimser Einflüsse sind erkennbar.Das Skriptorium dürfte, wenn es denntatsächlich existiert hat, klein gewesensein und nur eine geringe Zahl an Schrei-bern und noch weniger Maler umfassthaben. Wie weit andere Handschriftenlotharingischer Provenienz mit Lothar 1.und seinem Hof in Verbindung zu brin-gen sind, bleibt letztlich hypothetisch'",Von den der Hofschule zugeschriebenenCodices ist das Berliner Evangeliar wahr-scheinlich ein Geschenk des Kaisers andas Kloster Prüm gewesen und mit einemim Schatzverzeichnis von 1003 aufgeführ-ten kostbaren Codex zu identifiziererr'",Der sogenannte Lothar-Psalter'" enthältim Widmungsgedicht, das die universaleGeltung des Kaisertums Lothars heraus-stellt, einen Hinweis auf eine byzantini-sche Gesandtschaft an den Kaiser, womitein Anhaltspunkt für die Entstehungszeitdes Codex gegeben ist; denn im Sommer842 empfing Lothar in Trier Gesandte desBasileus Theophilos, die ihn für einBündnis gegen die Sarazenen gewinnenwollten und dafür das Angebot der Heirateiner byzantinischen Prinzessin mit demKaisersohn Ludwig machterr'". Der Psal-ter ist mit dem Bild eines Herrschers -

also Lothars - geschmückt, der, angetanmit einem mit Perlen und Edelsteinen ver-zierten goldfarbenen Mantel, auf einemLöwenstuhl sitzt, in der Rechten einSzepter, in der Linken ein ebenfalls mitEdelsteinen besetztes Schwert haltend'".Künstlerisch ungleich bedeutender und inder Ausführung gewandter als der robust-ungeschlachte Lothar des Londoner Psal-ters ist die Darstellung des Karolingers indem in seinem Auftrag in Tours geschrie-benen Evangeliar, das Lothar dem Mar-tinskloster geschenkt har'", Der Kaisererscheint, auf dem Throne sitzend mitKrone und Stab, in herrscherlicher Pose,begleitet von zwei Trabanten, die ihmSchwert, Schild und Lanze halten. Antikeund mittelalterliche Motive sind hiermiteinanderverknüpft in einem Meister-werk touronischer Malerei. DasMartins-kloster lag im Reiche Karls des Kahlen,aber es war durch eine Gebetsverbrüde-rung mit Lothar verbunden, und die Verseund Segenswünsche des Widmungsge-dichtes lassen erkennen, dass man demKaiser auch hier noch einen Vorrang unduniversale Geltung zuerkannte.Eine besondere Stellung am Hofe kam derGemahlin des Herrschers zu. Der Erz-bischof Agobard von Lyon hat ihre Rolleeinmal als "Helferin in der Regierung undLeitung des Palastes und des Reiches'?"gekennzeichnet, und ohne Zweifel gab dieVerwaltung von königlichem Haushaltund Hof ihr Ansatzpunkte genug, auchauf die Regierung des Reiches Einfluss zunehmen. Ludwigs des Frommen Gemah-lin Judith ist dafür ein Paradebeispiel.Ganz anders aber Lothars GemahlinIrmingard, die Tochter Hugos von Tours:

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Im politischen Leben ist sie so gut wie garnicht in Erscheinung getreten. Offenbarhat sie sich einmal bei Hinkmar, der sieim übrigen in einem Schreiben zu ihrertiefen Frömmigkeit beglückwünscht undseiner Gebetshilfe versichert?", zugunstenihres Gemahls verwandt, als es zu Span-nungen zwischen beiden gekommen war,und auch für ihre Tochter Bertha, die Äb-tissin von Avenay (bei Reims), hat sie inderen Konflikt mit dem Erzbischof inter-veniert. Hinkmar hat sich allerdings ge-gen den Vorwurf der Treulosigkeit gegen-über Lothar verwahrt und auch sein Ver-halten gegenüber Bertha gerechtfertigr'".Nur selten erscheint Irmingard in denDiplomen Lothars als Bittstellerirr oderIntervenientin, und dann handelt es sichin der Regel um Angelegenheiten, die siepersönlich betreffen, so schon 835 imFalle des Klosters San Ambrogio in Mai-land, in dem ihr früh verstorbener BruderHugo bestattet worden warm, oder fürihre eigene Gründung Erstein'" und dasEtichonenkloster St. Stephan in Straß-burg'", Dem Königskloster San Salvatorein Brescia war sie besonders verbunden.Nachdem sie bereits 837 zugunsten derNonnen interveniert hatte, bestätigte ihrder Kaiser im Jahre 848 mit dem D. 101auf ihre Bitte hin den Nießbrauch desKlosters auf Lebenszeit; dieser Gunster-weis galt auch für die Tochter Gisela, dienach Irmingards Tod die Leitung desKonventes neben der Äbtissin überneh-men sollte'",Aus Irmingards Ehe mit Lothar gingendrei Söhne hervor, deren genaue Geburts-daten unbekannt sind: Ludwig, der zwi-schen 822 und 825 geboren sein dürfte/",

Lothar, der wahrscheinlich um 835 inItalien das Licht der Welt erblickte, undKar], Von den fünf bekannten Töchterngewinnen nur Gisela und Bertha ein etwasdeutlicheres Profil: Bertha wurde Äbtissinvon Avenay; sie interveniert zweimal inDiplornen des Vaters und dabei einmalzusammen mit dem Erzbischof Drogo vonMetz und dem archinotarius Hilduin, wasdoch für eine gewisse Geltung am Hofesprichr'". Gisela (+ 859) ist uns bereits alsNonne und spätere Leiterin des Ambro-siusklosters in Brescia begegnet. Sie wurdewohl 848 vom Vater dem Kloster überge-ben; wahrscheinlich bei dieser Gelegenheitist eine Oblationsliste aufgestellt worden,in die Gisela als erste eingetragen wurde -ihr Name erscheint hier in roter Zierma-juskel'", Die Tochter Rotrud heiratete denGrafen Lambert 11. von Nantes, der alserbitterter Gegner Karls des Kahlen 852 ineinem Aufstand den Tod fandJOo. Von einerweiteren Tochter Hiltrud sind nur derName und ihre Ehe mit einem GrafenBerengar bekannt'?', während wir von jenerTochter, die von dem maasländischen Gra-fen Giselbert entführt und die Stamm-mutter des bedeutenden niederlothringi-sehen Adelsgeschlechts der Reginare wur-de, nicht einmal den Namen kenneri'",Über Lothars Verhältnis zu seiner Ge-mahlin lässt sich kaum etwas Genaues sa-gen; die Quellen sind nicht so geartet,dass sie sich eingehender mit persönlichenAngelegenheiten des Herrschers befas-sen. Vielleicht dürfen wir aus der Tat-sache, dass die Kaiserin dort, wo sie in denUrkunden des Gemahls als Intervenientinerscheint, neben der Verwendung deroffiziellen Formel als Teilhaberin an der

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Herrschaft, consors imperii'", mit sehrpersönlichen Epitheta hervorgehoben, alsvielgeliebte und allerliebste Gemahlin,dilectissima et amantissima et dulcissimaconiux, angesprochen wird, auf ein inni-geres Verhältnis der Ehegatten zueinanderschließen. Nach der Darstellung des Pru-dentius von Troyes in den Armales Berti-niani hat Lothar aber mindestens zweiKonkubinen, "Mägde" aus der königli-chen Grundherrschaft, gehabt, mit denener sich allerdings erst nach IrmingardsTode verbunden habe'", Über eine vonihnen geben uns die Quellen genauereAufschlüsse.Die Kaiserin ist am 20. März 851 ge-storberr'", Hrabanus Maurus hat ihr einwarmherziges Epitaph, das ihren untade-ligen, asketischen Lebenswandel und ihreFreigebigkeit den Armen gegenüberrühmt, verfasst: Sie war ein Vorbild fürihre Mitmenscheri'", Sehr rasch nachihrem Tod hat Lothar sein Verhältnis zuder "Magd" Doda, das wahrscheinlich alsoschon zu Irmingards Lebzeiten bestandenhatte, legalisiert. Bereits am 19. April 851hat er Doda durch Schatzwurf aus derHörigkeit entlassen und ihr den im Besitzihres Vaters befindlichen Mansus zu freiemEigen geschenkeo7

• Seitdem lebte er mit ihrin einer Friedelehe zusammen; sie hat ihmeinen Sohn geschenkt, der den NamenKarlmann erhielt, aber wohl früh gestor-ben isr'", Im D. 138 vom 9. Juli 855 er-scheint Doda als Intervenientin; Lotharnennt sie hier seine "liebste und vertrau-teste Frau"J09.Nach seinem Tode fand sieanscheinend Aufnahme in die Familieseines Sohnes Lothar 1I.Jlo.Das D. 138 wardie vorletzte von ihm ausgestellte Urkun-

de. Zu diesem Zeitpunkt wird er vielleichtschon von der Krankheit befallen gewesensein, die zu seinem Tode führte.

Reichsteilung und Tod

Im September regelte der Kaiser seineNachfolge'". Vorentscheidungen waren jabereits gefallen durch die Zuweisung desRegnum Italiae und der Kaiserwürde anLudwig (1I.) und die Übertragung Fries-lands an Lothar (1I.) wohl zu Beginn desJahres, woraufhin die NormannenführerRorik und Gottfried nach Dänemarkzurückgekehrt waren'". Dazu erhielt Lo-thar nun die Lande bis zu den Alpen undBurgund, also den karolingischen Kern-raum mit Aachen und der Masse des karo-lingischen Krongutes. Der Rest des Mit-telreiches, die Provence und Teile Bur-gunds, kamen an den jüngsten Sohn Karl.Lothar, einst der Repräsentant derReichseinheit, die er noch über den Todseines Vaters Ludwig hinaus zu vertei-digen versucht hatte, war damit selbstzum dynastischen Teilungsprinzip zu-rückgekehrt; der berufene Vertreter einervon der geistigen Elite des Frankenreichesgetragenen Konzeption, für deren Ver-wirklichung so viele Opfer gebracht wor-den waren, gestand damit das endgültigeScheitern einer großen Idee ein.Auf den Tod erkrankt, ordnete er nunauch sein persönliches Leben. Nachdemer dem Thron entsagt hatte, ließ er sicham 23. September in den Konvent desKlosters Prüm aufnehmen'!'. Kurz zuvor,am 19. September, hatte er bei seinemAufenthalt in der Eifelpfalz Schüller, beidem er wohl auch die Reichsteilung vor-

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genommen hat, der Abtei sein Abschieds-geschenk gemacht: Er übertrug ihr dievilla Elvenich im Ripuariergau und be-stimmte sie zu seiner Grablege'", DerText des Diploms enthält sonst keinenHinweis auf die Erwartung des baldigenTodes, aber er zeichnet sich durch einebesonders feierliche Sanctio aus.Lothar hat selbst nicht ein Kloster gestif-tet, aber er hat die Eifelabtei mit Gunster-weisen überhäufr'" und sich als zweiterStifter der Gründung seines AhnherrnKönig Pippin verstanderr'", Prüm wurdefür ihn auch zu einem Zufluchtsort, wenner sich aus dem Getriebe der politischenAuseinandersetzungen zum Gebet zu-rückziehen wollte'". Mit der Schenkungvon Büchern, Reliquien und liturgischenGeräten sorgte er für eine angemesseneAusübung des cultus divinus und erfülltedamit eine herrscherliche Aufgabe, dienicht zuletzt der Legitimation seinerHerrschaft diente. Für das mit der Karo-lingerdynastie eng verbundene Marienstiftin Aachen hat er nur einmal - bezeich-nenderweise im letzten Lebensjahr, am 16.Januar 855 - geurkundet, sich aber indiesem Diplom, das den Gedanken dermemoria artikuliert, ganz dezidiert in dieNachfolge Karls des Großen und Ludwigsdes Frommen, also in imperiale Bezüge,gestell t}J8.Der Klostereintritt des Kaisers war mehrals der Ausdruck einer tiefen Resignationnach langem vergeblichem Ringen um eineGestaltung des Frankenreiches in seinemSinne. Mönch zu werden kam in derTradition der Kirchenväter einer zweitenTaufe gleich und wurde als Selbsthingabean Gott verstanderr'", Für Lothar be-

deutete diese professio in extremis die Ent-scheidung zur Christusnachfolge, durchdie er Vergebung seiner Sünden und dasErbarmen Gottes zu finden hoffte. Das istwohl auch der tiefere Sinn einer in derChronik Ademars von Chabannes, einesHistoriographen des 11. Jahrhunderts,überlieferten Legende, die sich um den Toddes Karolingers rankt. Danach hatten dieMönche von Prüm nach des KaisersAbleben die Vision, dass sich die guten unddie bösen Engel um seine Seele stritten.Die guten reklamierten für sich entspre-chend dem göttlichen Auftrag den Mönchund überließen den Kaiser den Dämonen.So nahmen sie die Seele mit sich; als aberdie Dämonen begannen, mit Gewalt denKörper aus dem Kloster zu zerren, wurdensie durch die Vorhaltungen (Gebete?) derMönche in die Flucht geschlagen undmußten unverrichteter Dinge abziehen'",Lothar ist wenige Tage nach dem Kloster-eintritt, am 29. September 855, gestorben.Seinem Wunsche gemäß wurde er in derAbteikirche bestatter'", Hrabanus Maurusapostrophiert ihn in dem von ihm verfass-ten Epitaph als Herrscher über Franken,!talier und Römer, aber er betont zugleich,dass Lothar alles aufgab, um als pauper, alsArmer, zu sterberi'". Das macht ihn zumfrommen Fürsten, zum pius princeps, alswelcher er von Hraban gerühmt wird. DieGebeine des Karolingers, die 1860 beiRenovierungsarbeiten im Altar wiederaufgefunden wurden, ruhen heute in einemvon Wilhelm 1. gestifteten Sarkophag inder Barockkirche der ehemaligen Abtei'",Wer war dieser Mann, der zum ErbenKarls des Großen berufen war, um dasvon diesem geschaffene Reich zu bewah-

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ren, und der an dieser gewaltigen Aufgabescheiterte? Wir haben seine politischeKarriere geschildert - was geben dieQuellen zu einem Bild seiner Persön-lichkeit her? Wer mit dem Charakter mit-telalterlicher Quellen vertraut ist, wirdnicht überrascht sein darüber, dass wir ausihnen nur wenig Konkretes erfahren.Selbstaussagen sind kaum zu erwarten.Aber einmal hat der Karolinger der Mit-welt einen tieferen Einblick in sein Den-ken und Fühlen gewährt und dargetan,was ihn offenbar am meisten in seinempersönlichen Dasein bewegt hat. In einemSchreiben an den Papst Leo IV. bezeichneter den Konflikt mit dem Vater als dasschwerste Unglück, das ihn betroffenhabe. Er hat dafür das Wirken des Teufelsund seiner Helfershelfer verantwortlichgemachr'" und so, in dem verzweifeltenBemühen, sich selbst zu entlasten, demtragischen Geschehen eine metaphysischeDeutung zu geben versucht. Dass er die-sen Streit nicht gewollt hat, erklärt wohlauch seine Unentschlossenheit, die mitver-antwortlich war für das Scheitern der loya-len Palastrebellion, und sein häufiges Zö-gern und Schwanken, schließlich seine Re-signation in dem verhängnisvollen Kon-flikt mit dem Vater und den Brüdern, indem ihn seine Gefolgsleute wieder undwieder zum Handeln drängen mussten. ImWiderstreit von Macht und Moral hat erkeine klare Entscheidung zu treffen ver-mocht und daher letztlich alles verspielt:den politischen Erfolg, die Achtung seinerGegner, die Loyalität seiner Anhänger unddas Vertrauen seiner Brüder.Die Lobhudeleien eines Sedulius Scottus,der am bischöflichen Hofe in Lüttich

lebte und schrieb, können wir getrost aufsich beruhen lassen; seine panegyrischenVerse sind Versatzstücke, die sich beliebigauf alle Karolinger, deren Gunst er zu ge-winnen suchte, anwenden ließen'". AuchWalahfrid Strabos Gedichte an Lothar'"verbleiben im Rahmen höfischer Topik.Dass Wandalbert von Prüm dem Kaisersein metrisches Martyrologium gewidmethat, ist sicher dessen engem Verhältnis zurEifelabtei zu verdanken:". Thegans undNithards Urteile sind von ihrer Partei-nahme für Ludwig den Deutschen undKarl den Kahlen geprägt. Jener zeiht denKaiser der Untreue und Falschheit undsieht ihn als Marionette seiner Ratgeber,vor allem Hugos von Tours, dieser machtihn verantwortlich für den moralischenVerfall der fränkischen Adelsgesellschaft;der in den Bruderkriegen überdeutlichgeworden ist. Unverkennbar haben diesetendenziösen Urteile noch das VerdiktErnst Dümmlers über den Kaiser be-stimmr'",Man wird dem auch nicht überzeugendentgegenhalten können, dass Lothar dieGefolgschaft der geistigen Elite des Fran-kenreiches, also der Einhard, Wala vonCorbie, Walahfrid Strabo, Hilduin vonSaint-Denis, Agobard von Lyon, Ebo vonReims, Drogo von Metz, Hrabanus Mau-rus, um nur die bekanntesten zu nennen,gefunden hat; denn deren Parteinahmegalt wohl weniger seiner Person als viel-mehr der Reichskonzeption, die er ver-trat. Ein engeres persönliches Verhältnisaber hat er offenbar zu Hrabanus Maurus,dem gelehrten Abt von Fulda und späte-ren Erzbischof von Mainz, gefunden. Ihnhat er mehrfach um exegetische Schriften

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gebeten, so um die Auslegung von Teilender Genesis sowie der Propheten Jeremiasund Ezechiel- dies anscheinend um 843,da er von den Turbulenzen spricht, vondenen er rings umgeben sei, und demGelehrten zugleich versichert, dass er ihnsehr verrnisse'". Von seinem Interesse anreligiöser und theologischer Literaturzeugt auch seine ebenfalls an Hraban ge-richtete Bitte um Kommentare zu denMesslektionen des Kirchenjahres. Ermöchte diese in einem einzigen Band fürdie Tischlesung zusammengestellt haben,da er bei seinen Unternehmungen nichtviele Schriften mit sich führen und auchnicht damit rechnen könne, solche in einerBibliothek zu finderr'", Dabei erfahren wirgleichsam nebenher, dass er sich währendder Fastenzeit wie gewohnt mit Erbau-ungslektüre befasst habe. Hraban hat dieseWünsche trotz mancher körperlicherBeschwerden erfüllt und vom Kaiser er-wartet, dass er sich - zusammen mit denGelehrten in seiner Umgebung - mit denTexten auseinandersetzen und ein Urteilabgeben werde. Das heißt aber auch, dasser Lothar die Fähigkeit zu solch kritischerLektüre zugetraut har'", Die Art, wie erden Kaiser in den jeweiligen Widmungs-schreiben anredet, belegt einmal seinebesondere Hochschätzung für den Karo-linger, dokumentiert darüber hinaus aberauch - jenseits aller höfischen Topik - einebesondere Verbundenheit, ja geradezu einetiefe persönliche Zuneigung zum kaiser-lichen Bittsteller'", die er an anderer Stellenoch mit der Zusicherung lebenslangerTreue - quamdiu vixero - unterstreichr'".Der Dichter Angelomus von Luxeuil, denLothar anlässlich des Todes seiner Ge-

mahlin aufgefordert hatte, ihm eine Aus-legung des "Hohen Liedes" allegoricosensu zu verfasserr'", verwendet im Wid-mungsschreiben die üblichen kaiserlichenEpitheta, redet den Karolinger aber auchmit doctissimus princeps an und hat alsodoch offenbar ebenso wie Hraban beimAdressaten das nötige Verständnis fürtheologische Texte unterstellt. Man wirddavon ausgehen können, dass der SohnLudwigs des Frommen eine ausgezeich-nete Erziehung genossen hat. Zu seinenLehrern zählte neben Einhard auch derIre Clemens, der ihm ein Werk über dieGrammatik widmete'", Sein Interesse anreligiöser Literatur dürfte also schon frühgeweckt worden sein; es entsprach seinerja auch bezeugten Frömmigkeit, die nichtzuletzt durch den Klostereintritt in seinenletzten Lebenstagen noch einmal ein-drucksvoll bestätigt wird.

Lothar stand im Zentrum der Gescheh-nisse nach 830 und der Bruderkriege, indenen sich das Scheitern der von ihm ver-tretenen Reichskonzeption vollzog. An-ders als sein Großvater Karl und sein Va-ter Ludwig der Fromme aber hat er nichteinen Biographen gefunden, der dem Bildseiner Persönlichkeit schärfere Konturenhätte geben und damit auch einem späte-ren Beobachter einen bleibenden Ein-druck hätte vermitteln können. Nach demTod des Vaters schien sich ihm noch ein-mal die Möglichkeit zu eröffnen, das Pro-gramm der Ordinatio imperii zu verwirk-lichen. Die Niederlage von Fontenoymachte diese Chance zunichte. Was erdanach noch an Versuchen unternahm,eine gewisse Oberhoheit über seine tat-

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kräftigeren Brüder zu behaupten, geschahnur noch halbherzig. Er lavierte zwischenden Fronten und bemühte sich bei Kon-flikten zu vermitteln. Das entsprach wohlseinem Charakter; denn es mangelte ihmoffensichtlich an Tatkraft und dem ent-schlossenen Willen, seine politischen Vor-stellungen energisch - notfalls auch mitGewalt - zu verfolgen und seine Zielekonsequent zu verwirklichen. Am Endeseines Lebens stand er als Verlierer da. Eswar in mancherlei Hinsicht ein persön-liches Versagen, aber auch ein Scheitern anden strukturellen Bedingungen seinerHerrschaft. Die Einheit des Großreicheszu bewahren war angesichts der innerdy-nastischen Rivalitäten und Machtkämpfe.

der steigenden Bedrohung von außen undder durch beides bedingten zunehmendenEmanzipation des Adels und des Episko-pates von der Zentralgewalt eine gewaltigeAufgabe, der er nicht gewachsen war. Eshätte eines Mannes von überragendenHerrscherqualitäten und starkem Macht-willen - vergleichbar einem Karl demGroßen - bedurft, um alle diese Problemezu lösen - wenn sie denn überhaupt lösbarwaren. Lothar besaß diese Qualitätenjedenfalls nicht. Der Auflösungsprozessdes Großreiches erscheint dem rück-schauenden Betrachter als unabdingbar'",Mit dem Teilungsvertrag von Verdun wur-den die Voraussetzungen für eine neuepolitische Ordnung Europas geschaffen.

Verzeichnis der häufig zitierten Literatur

Regestenwerke:IF. BÖHMER- E. MÜHLBACHER,Regesta Imperii I:Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karo-lingern, 2.Aufl. Innsbruck 1908, mit Ergänzungen v.C. BRÜHL u. H.H. KAMINSKY, Hildesheim 1966(zitiert: BM2 + Nr.).IF. BÖHMER,Regesta Imperii 1,3: Die Regesten desRegnum Italiae und der burgundiscben Regna, Teil1: Die Karolinger im Regnum Italiae 840 - 887.Bearb. v. H. ZIELINSKI, Köln/Wien 1991 (zitiert:BZ + Nr.).IF. BÖHMER,Regesta Imperii 1,4: Papstregesten 800- 911. Teil2: 844 - 872. Liefer. 1: 844 - 858. Erarb.v. K. HERBERS, Köln/Weimar/Wien 1999 (zitiert:BH + Nr.).

Literatut:H.H. ANTON, Fürstenspiegel und Herrscherethos inder Karolingerzeit. (Banner Hist. Forschungen 32)Bonn 1968.H.H. ANTON, Zum politischen Konzept karolin-gischer Synoden und zur karolingischen Brüder-gemeinschaft, in: HJb. 99 (1979) 333 - 384.

E. BOSHOF, Erzbischof Agobard von Lyon. Lebenund Werk, (Kölner Hist. Abh. 17) Köln 1966.E. BOSHOF, Lotharingien - Lothringen: VomTeilreich zum Herzogtum, in: Zwischen Gallia undGermania, Frankreich und Deutschland. Konstanzund Wandel raumbestimmender Kräfte, (Trier. Hist.Forschungen 12) 1987, S. 129-153.E. BOSHOF,Einheitsidee und Teilungsprinzip in derRegierungszeit Ludwigs des Frommen, in: Charle-magne's Heir, S. 161- 189.E. BOSHOF, Ludwig der Fromme, (Gestalten desMittelalters. Hrsg. v. P. HERDE) Darmstadt 1996.E. Bosnor, Die Kaiserkrönungen von Ludwig demFrommen bis Ludwig II. , in: Krönungen. Könige inAachen - Geschichte und Mythos. Katalog der Ausstel-lung, hrsg.v. M.KRAMP,Bd. 1,Mainz 2000, S. 195 - 202.E. BOSHOF, Karl der Kahle - novus Karalus mag-nus, in: F.-R. ERKENS (Hrsg.), Karl der Große unddas Erbe der Kulturen, Berlin 2001, S. 135 - 152.C. BRÜHL, Fränkischer Krönungsbrauch und dasProblem der "Festkrönungen", in: HZ 194 (1962)265 - 326.Charlemagne's Heir. New Perspectives on the Reignof Louis the Pious, (814 - 840). Ed. by P. GODMANand R. COLLINS, Oxford 1990.

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

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H. ZATSCHEK, Die Reichsteilungen unter KaiserLudwig dem Frommen. Studien zur Entstehung desostfränkischen Reiches, in: MÖIG 49 (1935) 185-224.H. ZIELINSKI, Die Kloster- und Kirchengründungender Karolinger, in: Beitrr. z. Gesch. u. Struktur dermittelalterlichen Germanie Sacra. Hrsg. v. I.CRUS/uS, (Veröff Max-Planck-Inst. f Gesch. 93,Stud. z. Germania Sacra 17) Göttingen 1989, S. 95-134.H. ZIELINSKl, Ein unbeachteter Italienzug KaiserLothars I. im Jahre 847, in: QFIAB 70 (1990) 1 -22.

I MGH Cap it. I, 270 Nr. 136; vg!. J.F. BÖHMER-E.MÜHLBACHER,Regesta Imperii I: Die Regesten desKaiserreiches unter den Karolingern, 2. Aufl.Innsbruck 1908, mit Ergänzungen v. C. BRÜHL u.HH KAMINSKY,Hildesheim 1966, Nr. 650 (künftigzit.: BM] + Nr.). - Zu Ludwig dem Frommen vg!.das als Materialsammlung immer noch wichtigeWerk von B. SIMSON, Jahrbücher des FränkischenReiches unter Ludwig dem Frommen, 2 Bde.,Leipzig 1874 u. 1876. Ferner: E. Bosnor, Ludwigder Fromme, (Gestalten des Mittelalters. Hrsg. v. RHERDE) Darmstadt 1996; DERS., Kaiser LudwigderFromme. Überforderter Erbe des großen Kari?, in:Zs. d. Aachener Gesch.ver. 103 (2001) 7 - 28. Zu

den Karolingern allgemein: R. SCHIEFFER, DieKarolinger, Stuttgart/ Berlin/Köln 1992, 3. Aufl·2000. - Um den Anmerkungsapparat knapp zuhalten, sei generell auf die bei Boshof und Schiefferverzeichnete Forschungsliteratur verwiesen; fernerwerden einsch/iigige Artikel des Lexikons desMittelalters (LexMa), die die neueste Literaturaufweisen, zitiert.] Vg!. RR. McKEON, 817: une annee desastreuse etpresque fatale pour les Carolingiens, in: Le MoyenAge 84 (1978) 5 -12.J Ermold le Noir, Poeme sur Louis le Pieux et epitresau roi Pepin. Ed. et trad. par E. FARAL,(Les classiquesde lbistoire de France au moyen age 14) Paris 1964,S. 84 V. 1076f; dazu: BOSHOF,Ludwig der Fromme,S. 137f VgI. auch E. BOSHOF,Die Kaiserkrönungenvon Ludwig dem Frommen bis Ludwig I/., in:Krönungen. Könige in Aachen - Geschichte undMythos. Katalog der Ausstellung, hrsg. v. M. KRAMP,Bd. 1, Mainz 2000, S. 195 - 202. Zu ErmoldusNigellus vg!. D. Scballer in: LexMa lI/ (1986) Sp.2160f4 Zur Ordinatio imperii vg!. TH. SCHIEFFER,DieKrise des karolingischen Imperiums, in: AusMittelalter und Neuzeit. Fs. G. Kallen, hrsg. v. J.ENGELu. H.M. KLINKENBERG,Bonn 1957, S. 1- 15;F.L. GANSHOF, Observations sur l'ordinatio imperiide 817, in: Fs. G. Kisch, Stuttgart, 1955, S. 15 - 31(eng!. Übers. in: DERS., The Carolingians and theFrankish Monarchy. Studies in Caro!ingian History,IthacafNem York 1971, S. 261 - 272); D. HÄGER-MANN,Reichseinheit und Reichsteilung. Bemerkungenzur Divisio regnorum von 806 und zur Ordinatioimperii von 817, in: HJb. 95 (1975) 278 - 307; E.BOSHOF,Einheitsidee und Teilungsprinzip in der Re-gierungszeit Ludwigs des Frommen, in: Charlemagne'sHeir. New Perspectives on the Reign of Louis the Pious(814 - 840). Ed. by R GODMANand R. COLLINS,Oxford 1990, S. 161 - 189; DERS., Ludwig derFromme, S. 129ff. (mit weiterer Literatur).j Zu Benedikt von Aniane vg!. J. SEMMLER/H.BACHT in: LexMa I (1980) Sp. 1864 - 1867.6 Zur Reformgesetzgebung Ludwigs vgl. BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 108f!. (mit derSpezialliteratur zu den einzelnen Reformbereichen ).7 Ordinatio, MGH Capit. I, 271: Quibus (sci/.ieiuniis, orationibus, elemosinarum largitionibus)rite per triduum celebratis, nut u 0m nip 0 ten ti s

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

Dei, ut credimus, actum est, ut et nostra et totiuspopuli nostri in dilecti primogeniti nostri Hluthariielectione uota concurrerent.8 Ordinatio, MGH Capit. I, c. 18, S. 272/: propteromnium salutem et ecclesiae tranquillitatem etimperii unitatem.9 Theodulf von Orleans, Carmina, in: MGH Poet.Lat. I, 579 Nr. 78: decus regni; imperii fidissima spes;puleher ephoebe.10 Das Geburtsdatum ist erschlossen aus der vonHrabanus Maurus verfassten Grabschrift, die Lotharein Altervon 60 Jahren zuschreibt: MGH Poet. Lat.II, 114 Nr. 11. Zu Lothar I. vgl. TH. SCHlEFFER,in:Neue Deutsche Biographie 15 (1987) 210- 216; zuden in unserem Zusammenhang behandelten Fragenvg!. auch: B. KASTEN, Königssöhne und Königs-herrschaft. Untersuchungen zur Teilhabe am Reich inder Merowinger- und Karolingerzeit. (Schriften derMGH, Bd. 44) Hannover 1997, passim.11 Zu den Familienverhältnissen vg!. BOSHOF,Ludwig der Fromme, S.59//1 BM] 528a.13 Vg!. das Schreiben Einhards an Lothar von Anfang830: MGH Epp. V, 114 Nr. 11. - Zu Einhard vg!.].FLECKENSTEIN in: LexMa III (1986) Sp. 1737J!.(mit der Literatur).14 Zur Datierung der bayerischen Privaturkunden vgl.BM2 .528a. Nach zwei Fragmenten von Briefen ausFulda, die über die Magdeburger Zenturiatorenüberliefert worden sind, soll Baturicb, später Bischofvon Regensburg. Erzkapellan Lothars gewesen sein.Das würde für den Aufbau einer Kapelle imUnterkönigreich sprechen. Doch die chronologischenUngenauigkeiten lassen die Nachricht unglaubwürdigerscheinen; es handelt sichwohl um eine Verwechslungmit Ludwig dem Deutschen, dessen ErzkapellanBaturich seit 833 tatsiichlich war - vgl. auch E.DÜMMLER, Geschichte des Ostfränkiscben Reiches,Bd. II, 2. Aufl. Leipzig 1887, S. 433 mit Anm. 2.I> BM] 587b.16 Die illegitime Abkunft Bernhards wird von Theganbehauptet: Theganus, Gesta Hludowici imperatoris.Hrsg. u. übers. v. E. TREMP,MGH SS rer. Germ. 64,Hannover 1995, bier c. 22, S. 211 (filius Pippini exconcubina natus). - Zur kontroversen Forschungs-diskussion vgl. BOSllOF, Ludwig der Fromme, S. 87Anm. 18. Die Glaubwürdigkeit Thegans ist abernicht zu bezweifeln; vg/. auch SCHlEFFER,

Karolinger, S. 108. - Zu Thegan, Chorbischof vonTrier, vgl. die Einleitung zur Edition von TREMP.11 BM2 515e.I' Zum Aufstand Bernhards vgl. BOSHOF, Ludwigder Fromme, S. 141f19 Zum Vorgehen gegen die Halbbrüder vg!. Chron.Moissiacense a. 817, MGH SS 1,313: Fratres verosuos ex concubinis natos, id est Drogonem, Tbeo-dericum et H ugonem, quos ei pater commendaveratclericos fieri iussit, et per singula misit monasteria;vgl. ferner Thegan, Gesta Hludowici, e. 24, S. 214.Zu Adalhards und Walas Entmachtung vg!. BOSllOF,Ludwig der Fromme, S. 94. - Zu Adalhard vgl. B.KASTEN,Adalhard von Corbie. Die Biographie eineskarolingischen Politikers und Klosteruorstebers,(Studia humaniora. Düsseldorjer Stud. z. Mittelalteru. Renaissance 3) Düsseldorf 198.5 (1986). - ZuWala vgl. L. WEINRICH, Wala, Graf, Mönch undRebell. Die Biographie eines Karolingers, Lübeck-Hamburg 1963. Vgl. auch: PH. DEPREUX,Prosopo-graphie de l'entourage de Louis le Pieux (781- 840),(Instrumenta Bd. 1) Sigmaringen 1997, S. 76J!.(Adalhard), S. 390J!. (Wala).10 Thegan, Gesta Hludowici, c. 24, S. 214; NithardiHistorierum libri IV, rec. E. MÜLLER,MGH SS rer.Germ.,3. Aufl. Hannover 1907, hier I. I c. 2, S. 2:metuens, ne post dicti fratres populo solicitato eadem(scil. wie Bernbard] facerent .... totondit ac permonasteria sub libera custodia commendavit. VgI.auch K. F. WERNER, Hludowieus Augustus. Gou-oemer l'empire chretien - Idees et realites, in:Charlemagne's Heir, S. 50.21 Dazu Bosnor, Ludwig der Fromme, S. 148ff.11 Vg!. BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 152. - Zuden Welfen: J. FLECKENSTEIN, Über die Herkunftder Welfen und ihre Anfänge in Süddeutschland, in:Stud. u. Vorarbeiten z. Gesch. des großfrk. undfrühdt. Adels, hrsg. v. G. TELLENBACH, (Forsch. z.oberrhein. LG IV) Freiburg 1957, S. 114jJ.(Genealogie: S. 339). Zur Kaiserin Judith auch:DERS. in: LexMa V (1991) Sp. 797 sowie E. WARD,Caesar's Wife: The Career of the Empress [uditb, in:Charlemagne's Heir, S. 205 - 227.1J BMl 735 e.14 BM1 740d.21 Vgl. F. VOLLMER, Die Etichonen, in:TELLENBACH,Studien und Vorarbeiten, (wie Anm.22) S. 137 -184, zu Hugo vorallem S. 139 u. 163jJ.

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Zu diesem auch: DEPREUX,Prosopographie, S. 262.ff.16 Thegan, Gesta Hludotoici, c. 28, S. 216; zu Hugoauch c. 55, S. 250: Hug timidus.27 BM} 733.18 BM1 733; vgl. die Vorbemerkung Th. Schie/fers zuD.Lo.!. 106 (849 Sept. 6) für Erstein = MGH DieUrkunden der Karolinger Ill. Bd.: Die UrkundenLothars I. und Lothars 11. Bearb. v. TH. SCHIEFFER,Berlin - Zürich 1966. - Zu Erstein vgl. E. BOSHOF,Traditio Romana und Papstschutz im 9.Jahrhundert,in: E. BOSHOF - H. WOLTER, Rechtsgeschichtlich-diplomatische Studien zu frühmittelalterlichenPapsturkunden. (Stud. u. Vorarb. z. GermaniaPontificia 6) Köln - Wien 1976, S. 61.ff.;ferner F.-j.FELTENin: LexMa III (1986) Sp. 2189f19 BM} 762 a.30 Vg!. auch WEINRICH, Wala, S. 43ff; J. JARNUT,Ludwig der Fromme, Lothar I. und das RegnumItaliae, in: Charlemagne's Heir, (wie Anm. 4) S.349- 362;. zu Gerungvgl. DEPREUX,Prosopographie, S.213f31 BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 159f31 D.Lo.!. 3 (824 Januar 3).JJ VgI. SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 4 und S. 14f3~ BM2 770 a und 1018 a; vgl. SIMSON, Ludwig derFromme, S. 192ff; C. BRÜHL, Fränkischer Krö-nungsbrauch und das Problem der "Festkrönungen ",in: HZ 194 (1962) 282ff u. 322 Nr. 7; TH. F. X.NOBLE, Louis the Pious and the Papacy. Law,Politics and the Theory of Empire in the Early NinthCentury, Ann Arbor 1974, S. 107ff; BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 160.3' Der Erzbischof Agobard von Lyon beispielsweisegibt eine solche Interpretation: vg!. die sog. Flebilisepistola an Ludwig den Frommen, MGH Epp. V,223 Nr. 15 - hier c. 4 S. 225: ...et consortem nominisvestri factum Romam misistis a summo pontificegesta vestra probanda et firmanda... ; dazu E.BOSHOF, Erzbischof Agobard von Lyon. Leben undWerk, (Kölner Hist. Abh. 17) Köln 1966, S. 202.Der Astronomus geht allerdings in der Deutungetwas weiter: Vita Hludowici imperatoris, ed. TREMP(wie Anm. 16), c. 36, S. 414: ....ab eodem papaclarissima ambitione susceptus (seil. Lothar), ipsosancto die apud beatum Petrum diadema imperialecum nomine suscepit augusti. Ähnlich berichten dieReichsannalen (die Quelle für den Historiographen)zum Jahre 823: Annales regni Franeorum inde et

Einhardi ab anno 741 usque ad annum 829, quidieunter Annales Laurissenses maiores, rec. F.KURZE, MGH SS rer. Germ. 1895, S. 160f ZumAstronomus vgl. die Einleitung von Tremp, S. 5J.ff.-Zur Sache vg!. auch J. FRIED, Ludwig der Fromme,das Papsttum und die fränkische Kirche, in:Charlemagne's Heir, (wie Anm. 4) S.256f36 Vgl. D.Lo.I. 51 (840 Dez. 15), mit DeperditumNr.149.37 Annales regni Franeorum ad a. 823, S. 161:...erantet, qui dicerent, vel iussu vel consilio Paschalispontificis rem [uisse perpetratam. Vg!. Astronomus,Vita Hludouiici, c. 37, S. 418. Zur Sache: SIMSON,Ludwig der Fromme, S. 202f; O. HAGENEDER,Dascrimen maiestatis, der Prozeß gegen die AttentäterPapst Leos Ill. und die Kaiserkrönung Karls desGroßen, in: Aus Kirche und Welt, Fs. f F. Kempf,hrsg. v. H.MORDEK, Sigmaringen 1983, 55 -79, hierS.74f38 VgI. die ausführliche Darstellung in den Annalesregni Franeorum und beim Astronomus l.c.J9 BM} 785 b.; WEINRICH, Wala, S. 49f40 BM} 1021; ed. MGH Capit. 1,322 Nr. 161. VgI.Annales regni Franeorum ad a. 824, S. 164f:Hlotharium [ilium suum imperii socium Romammittere decrevit (seil. Ludwig), ut v ice suafunctus ea, quae rerum necessitas flagitare videbatur,cum novo pontifice populoque Romano statueretatque firmaret. - Zur Sache: A.M. DRABEK, DieVerträge der fränkischen und deutschen Herrschermit dem Papsttum von 754 bis 1020, (Veröff d. Inst.f Österr. Gesch.forschung Bd. XXII) Wien/ Köln/Graz 1976, S. 43.ff.;ferner: H. MORDEK in: LexMaIII (1986) Sp. 176f (mitweiterer Lit.).41 Vgl. die Eidesformel: MGH Capit. I, 324 (Nr.161).41 MGH Cone. 11 2, 552.ff.;vgl. dazu W. HARTMANN,Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreich undin Italien, (Konziliengeschichte, hrsg. u. W. BRAND-MÜLLER, Reihe A) Paderborn/ München/ Wien/Zürich 1989, S. 17J.ff.;ferner auch: TH. F. X. NOBLE,The Place in Papal History of the Roman Synod of826, in: Church History 45 (1976) 434 - 449.43 SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 4... BM1 773 a. Zu Karl dem Kahlen vgl.: Charles theBald. Court and Kingdom, (Papers based on aColloquium held in London in April 1979) hrsg. v.M. GIBSON - J. NELSON, Oxford 1981; J.L.

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

NELSON, Charles the Bald, London 1992; weitereLiteratur bei B. SCHNEIDMÜLLER in: LexMa V(1991) Sp. 967f Vg!. auch E. BOSHOF, Kar! derKahle - novus Karolas magnus?, in: F.-R. ERKENS(Hrsg.), Karl der Große und das Erbe der Kulturen,Berlin 2001, S. 135 -152.41 Zu Nithard vg/. H.-w. GOETZ in: LexMa VI(1993) Sp. 1201.46 Nithard, Historiarum I. I c. 3, S. 3: Karolo quidemnato, quoniam omne imperium inter reliquos filiospater diviserat, quid huic faceret, ignorabat.41 Zum Astronomus vgl. die Einleitung von E. Trempzur Edition (wie Anm. 16), S. 53ff.48 Astronomus, Vita Hludowici, c. 37, S. 420: Eotempore quedam prodigiosa signa apparentiaanimum imperatoris sollicitabant ....; auch hier stütztsich der Historiograph auf den Bericht derReichsannalen zum jahre 823 (ed. KURZE, S. 163f),ergänzt diesen aber durch den Hinweis auf dieWirkung auf den Kaiser.49 Astronomus, Vita Hludowici, c. 60, S. 53Of;Nithard, Historiarum /. II c. 1, S. 14 und l. III c. 3,S. 32. Dazu vg!. A. ANGENENDT, Die Karolingerund die "Familie der Könige", in: Zs. d. AachenerGesch.vereins 96 ( 1989) 5 - 33, hier S. 30ff.; vgl.auch B. JUSSEN, Patenschaft, in: LexMa VI (1993)sp.1779f10 Nitbard, Historiarum I. I c. 3, S. 3: (Fortsetzung --Zitat Anm. 46) Cumque anxius pater pro ftlio (scil.Karl) filios rogaret, tandem Lodharius consensit acsacramento testatus est, ut portionem regni quamvellet eidem pater daret, tutoremque ac defensoremillius se fore contra omnes inimicos eius in futuroiurando ftrmavit.51 Dazu BosHOF, Ludwig der Fromme, S. 163ff.12 VgI. BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 167f u. 173.H Zum Folgenden vgl. BOSHOF, Ludwig derFromme, S. 166ff. und S. 173.14 BM2 1027 d; BOSHOF, Ludwig der Fromme, S.174.H VgI. Bosnor, Ludwig der Fromme, S. 174.16 Paschasius Radbertus, Epitaphium Arsenii (= VitaWalae), brsg. v. E. DÜMMLER, in: Abh. der KgI.Akad. der Wiss. Berlin, Phil.-Hist. KI. 1900, II c. 1,S. 61: Ex quo fit, .....ut imperator una cum suissenatoribus et proceribus terrae requireret, quid essetquod divina offensa tot taliaque fongo in tempore istopremonstraret in populo ... Zur Quelle vg/. die

Einleitung von DÜMMLER;zu Paschasius Radbertus:M.-A. ARIS in: LexMa VI (1993) Sp. 1754f11 Paschasius Radbertus, Epitaphium Arsenii II, S.64: Idcirco ..... si res publica sine suffragio rerumecclesiarum subsistere non valet, quaerendus estmodus et ordo cum summa reverentia et religioneChristianitatis, si quid uos, vestrique ab ecclesiis obdefensionem magis, quam ad rapinam acciperedebeatis .... - zur Rolle Walas: WEINRICH, Wala, S.61ff.; BOSHOF, Agobard von Lyon, S. 196f; H.H.ANTON, Fürstenspiegel und Herrscherethos in derKarolingerzeit, (Bonner Hist. Forsch. 32) 1968, S.202ff.11 MGH Cone. 11 2, S. 603ff.; dazu W. HARTMANN,Die Synoden der Karolingerzeit im Frankenreichund in Italien, (Konziliengeschichte, hrsg. v. W.BRANDMÜLLER. Reihe A) Paderborn/ München/Wien/ Zürich 1989, S. 179ff. Vgl. ferner H.H.ANTON, Zum politischen Konzept karolingischerSynoden und zur karolingischen Brüdergemein-schaft, in: Hjb. 99 (1979) 55 - 132, hier S. 55ff. ;Bosnor, Ludwig der Fromme, S. 175ff.19 VgI. HARTMANN, Synoden, S. 182; ANTON,Fürstenspiegel, S. 204f; J. SCHARF, Studien zuSmaragdus und [onas, in: DA 17 (1961) 333 - 384,hier S. 371f Skeptischerdagegen WEINRICH, Wala, S.69. VgI. auch K.F. WERNER, Hludovicus Augustus.Gouverner l'empire cbretien - I dies et rialitis,-in:--Charlemagne's Heir (wie Anm. 4), S. 55 mit Anm.191.60 Con cilium Parisiense, Epistola episcopo rum,MGH Cone. II 2, S. 667: ... ut, si Deus pacemundique et otium vobis tribueret, in hoc placitumvestrum generale consumere ooluissetis, ut primumquicquid in vobis, id est in persona et ministeriouestro, corrigendum inveniretur Domino auxiliantecorrigeretis, deinde ..." Concilium Parisiense c. 3, MGH Cone. II 2, S.610: Principaliter itaque totius sanctae Dei ecclesiaecorpus in duas eximias personas, in sacerdotalemvidelicet et regalem...divisum esse novimus. Es folgtdas berühmte Gelasiuszitat, ergänzt durch einFulgentiuszitat. Dazu vgl. ANTON, Fürstenspiegel, S.198ff.; DERS., Karolingische Synoden, S. 55ff. mitAnm. 4; zur Forschungsdiskusison um Gelasius S.58ff.62 Vgl. SCHIEFFER, Krise des karolingischenImperiums, S. 11.

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

&J Concilium Parisiense c. 94, MGH Cone. II 2, S.680... BM2868 a; SIMSON, Ludwig der Fromme I, S.327[. (mit den Quellen).61 Annales Weissenburgenses ad a. 829, MGH SS I,111: Karolas ordinatus est dux super Alisatiam,Alamanniam et Riciam.66 Vgl. SCHIEFFER, Krise des karolingischenImperiums, S. 11.61 "De imagine Tetrici", ed. E. DÜMMLER,MGHPoet. Lat. 11, 370f!., hier V, 158f!.; vgl. auch A.DÄNTL, Walahfrid Strabos Widmungsgedicht an dieKaiserin J udith und die Tbeodericbstatue vor derKaiserpfalz zu Aachen, in: Zs. d. AachenerGesch.vereins 52 (1930) 1 - 38, hier S. 16 (Lotharals "spes optima regni"). Zur Interpretation diesesGedichtes, das in manchen Passagen schwer zuentschlüsseln ist, gibt es eine umfangreiche Literatur- vgl. BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 178 mitAnm. 27. - Zu Walahfrid Strabo vgl. P. GODMAN,Poets and Emperors. Frankish Politics andCarolingian Poetry, Oxford 1987, S. 129f!.; G.BERNT in: LexMa VIII (1997) Sp. 1937[.68 Thegan, Gesta Hludowici, c. 35, S. 220; vgl. auchF.L. GANSHOF,A propos de la politique de Louis lePieux auant la crise de 830, in: Revue belg«d'archeol. et d'hist. de l'art 37 (1968) 37 - 48; DERS.,Am Vorabend der ersten Krise der RegierungLudwigs des Frommen. Die Jahre 828 und 829, in:Frühmittelalterliche Studien 6 (1972) 39 - 54.69 Vg!. SCHIEFFER,Urkunden Lotbars I., S. 4. Vom6. Sept. 829 an urkundet Ludwig wieder allein (BM2

869); in BM2 871 vom 11. Sept. erscheint Lotharzwar noch einmal als Mitaussteller, doch handelt essich hier nach Schieffer um "nachträgliche Beurkun-dung eines zeitlich schon zurückliegenden Rechts-aktes".70 Zu Bernhard, dem Sohne Wilhelms von Toulouse,vgl. J. WOLLASCH,Eine adelige Familie des frühenMittelalters. Ihr Selbstverständnis und ihre Wirk-lichkeit, in:AKG 39 (1957) 150-188; D. CLAUDEin: LexMa I (1980) Sp. 1985; DEPREux,Prosopographie, S. 137.71 Zu den Welfen Konrad und Rudel] vg!. DEPREUX,Prosopograpbie, S. 156[. und S. 358.71 Nitbard, Historiarum l. 1 c. 3, S. 3: Bernardumquendam, ducem Septimaniae, pater (sei/. Ludwig)in supplementum sibi sumens camerarium constituit

Karolumque eidem commendavit ac secundum a sein imperio praefecit. VgI. auch Astronomus, VitaHludowici, c. 43, S. 454: (Ludwig) statuit contra eos(sei!. die Vertreter der Reicbseinheitspartei) quasipropugnaculum erigere (durch die Ernennung Bern-hards). Zur Funktion des camerarius vgl. F.L.GANSHOF, Frankish Institutions under Charle-magne. Transl. from the French by B. and M. LYON,New York 1970, S. 19 u. 45.73 Vg!. BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 182[. DenVorwurf des Ehebruchs tut Thegan als Verleumdung(mentientes omnia) ab: Vita Hludowici c. 36, S.222; dazu G. BÜHRER-THIERRY,La reine adultere,in: Cahiers de civilisation medieuale 35 (1992) 299- 312. Zur Propaganda gegen [udith, die vor allemvon Agobard von Lyon als Verantwortliche für allesUnheil verteufelt wurde, vg!. BOSHOF,Agobard vonLyon,~ 232ff., 236[.,243ff.74 Vg/. die Episcoporum de poenitentia relatio (dazuunten S. 14[.) c. 3, MGH Capit. II 1, S. 54.71 VgI. BM2 874 a (Quellen zum Ablauf derEreignisse); BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 182ff.76 Zur Interpretation der Empörung vgl. SCHIEFFER,Krise des karolingischen Imperiums, S. 11[.77 Dazu BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 183[. mitAnm. 54 (weitere Literatur). Vgl. u.a. PaschasiusRadbertus, Epitaphium Arsenii 11, S. 73: Nihilitaque idem (seil. Wala) contra cesarem, quamvisaliter inscii malignantes sentiant, sed pro cesarefecitet imperio, pro patria ... , pro fide et zelo Dei ... proreligione Christianitatis usw.78 BM2874 b; vgl. SCHIEFFER,Urkunden Lothars I.,S.4.79 Paschasius Radbertus, Epitaphium Arsenii 11, S.73.80 Vgl. Astronomus, Vita Hludowici, c. 45, S. 460:solo nomine imperator aestatem transegit; Agobard,Liber apologeticus I c. 2, MGH SS Xv, 275; ed. L.VANACKER (Agobardi Lugdunensis opera omnia,CC Cont. med. 52, Turnhout 1981) S.309[.:... reddiderunt (seil. filii) patrem quieti etaliquantulae honestati. Zum Liber apologeticus vgl.BOSHOF,Agobard von Lyon, S. 228ff.8/ Vg/. die Briefe Nr. 11 und 16:MGH Epp. V,S. 114und 118 (gerichtet an einen Bischof); dazu: K.HAMPE, Zur Lebensgeschichte Einhards, in: NA 21(1896) 599-631,hierS. 619[.82 Vgl. Nithard, Historiarum I. le. 3, S. 4.

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

8J Vgl. Nithard, ebd.: Res autem publica, quoniamquisque cupiditate illectus sua querebat cotidiedeterius ibat... Vgl. Nitbard, ebd. Zu Pippin vgl. R. COLLINS,Pippin I and the Kingdom of Aquitaine, in:Charlemagne's Heir, (wie Anm. 4), S. 363 - 389; zuLudwig dem Deutschen vgl. E. DÜMMLER,Geschichte des ostfränkischen Reiches, Bd. I,Leipzig2. Aujl.1887, sowie W. HARTMANN, Ludwig derDeutsche, Darmstadt 2002. - Zu Guntbald vgl.Bosnor, Ludwig der Fromme, S. 188f.B5 Zum Folgenden vgl. BM2876 b - c, 877 a;BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 185ff.86 VgI. Astronomus, Vita Hludowici, c. 45, S. 460:Imperator autem clanculo obnitebatur (gegen eineReichsversammlung in der Francia), diffidens qui-dem Francis magisque se credens Germanis.87 Thegan, Gesta Hludowici, c. 37, S. 224: EtHlutharius filius eius cum iuramento fidelitatempromisit, ut post hoc numquam talia committeredebuisset.8B BM2881 a; Bosuor, Ludwig der Fromme, S. 186f.89 In BM2 880 (831 Jan. 7) für Markward von Prümurkundet Ludwig wieder allein: vg!. SCHlEFFER,Urkunden Lothars I., S. 5.90 So die Darstellung bei Nithard, Historiarum I. 1 c.3, S. 3: Hinc qui cum Lodhario senserunt incon cilium deducti et ab ipso Lodhario ad mortemdiiudicati aut vita donati in exilium retrusi sunt. DerAstronom lässt die Verurteilung durch das Volk undalle Söhne geschehen (c. 45, S. 464).91 Vgl. Thegan, Gesta Hludowici, c. 38, S. 224;Astronomus, Vita Hludowici, c. 46, S. 464.92 MGH Capit. II, S. 20ff. Nr. 194; dazu: BM2882und: H. ZATSCHEK, Die Reichsteilungen unterKaiser Ludwig dem Frommen. Studien zurEntstehung des ostfränkischen Reiches, in: MÖlG 49(1935) 185 - 224, hier S. 190ff.; BOSHOF,Einheitsidee und Teilungsprinzip. S. 184.9J Zur Reichsteilung von 806 vgl. Bosnor, Ludwigder Fromme, S. 83ff.9. Vg!. Paschasius Radbertus, Epitaphium Arsenii Il,S. 77 (c. 11); Agobard von Lyon, Liber apologeticusI c. 2, MGH SS Xv, 275; ed. VANACKER, S. 309f.91 BMz 888 a.96 BMz 895 a; 896 c und d; vgl. COLLlNS, Pippin I, S.384; BOSHOF,Ludwig der Fromme, S.190f.97 DÜMMLER, Ostfränkisches Reich I, S. 68f.;

ZATSCHEK, Relcbsteilungen, S. 196[..; W. HART-MANN, Ludwig der Deutsche, (Gestalten des Mittel-alters und der Renaissance) Darmstadt 2002, S. 29... Vgl. Thegan, Gesta Hludowici, c. 40, S. 226, derdie Aufrichtigkeit dieser Versicherung ironischbezweifelt: Et quam oerum hoc sit, nonnullis estcognitum ... BAP 899b-d.100 BM2 906 a - b; dazu COLLINS, Pippin I,S. 384f.101 Astronomus, Vita H/udowici, c. 47, S. 470; dazuZATSCHEK,Reicbsteilungen, S. 195.102 BM2 909 b; 910 a.IOJ VgI. PaschasiusRadbertus, Epitaphium Arsenii II,S. 81; SIMSON,Ludwig der Fromme, Bd. 1/, S. 33f.104 BM2 919 b und 925 a.10' Vgl. BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 196f.lOO Vgl. Agobards Schreiben an den Kaiser (Decomparatione regiminis ecclesiastici et politici):MGH Epp. V, 226 Nr. 16; ed. VANACKER, S. 305;dazu im einzelnen BOSHOF,Agobard von Lyon, S.217ff.107 Das Schreiben der Bischöfe ist nicht auf uns ge-kommen; es lässt sich aus dem Antwortschreiben desPapstes, der im Detail dazu Stellung nimmt, rekon-struieren: MGH Epp. V,228 Nr. 17. Dazu BOSHOF,Agobard von Lyon, S. 221.101 Vgl. S. 232: Quod uestre mine continent,numquam adhuc ab inicio ecclesie factum est.109 VgI. Astronomus, Vita Hludowici, c. 48, S. 474:... asserentibus nullo modo se uelle eius auctoritatisuccumbere, sed si excommunicans adueniret, ex-communicatus abiret. Vgl. auch Paschasius Rad-bertus, Epitaphium Arsenii II, S. 84.110 Vgl. die Urteile bei Nithard, Historiarum l. I c. 4,S. 5; Astronomus, Vita Hludowici, c. 48, S. 478;Hinkmar von Reims in einem Schreiben an denPapst Hadrian II., Migne, PL 126, col. 180: et ipsepapa cum tali honore sicut decuerat et suiantecessores[ecerunt, Romam non rediit.III Vgl. Relatio Compendiensis (dazu unten) c. 7,MGH Capit. Il 1, S. 55: quod iurare compulitomnem populum, ut contra filios suos, sicut contrainimicos suos agerent ...111 Vgl. PaschasiusRadbertus, Epitaphium Arsenii 1/,S. 85 - zur Glaubwürdigkeit: SIMSON, Ludwig derFromme, S. 38; sehr viel positiver: DÜMMLER,Einleitung zur Edition, S. 15./lJ VgI. Thegan, Gesta Hludowici, c. 42, S. 228.

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I jjEtKAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

J/4 Astronomus, Vita Hludowici, c. 48, S. 476(dagegen Paschasius Radbertus, Epitaphium ArseniiI/, S. 88f); Relatio Compendiensis (vgl. unten),MGH Cap it. I/ 1, S. 53: et ab eo divino iustoqueiudicio subito imperialis sit subtracta potestas.III BM1 925 d./16 Astronomus, Vita Hludouiici, c. 48, S. 474;Thegan, Gesta Hludouiici, c. 42, S. 228./17 Annales Alamanniei ad a. 833, MGH SS I, 49;W. LENDI, Untersuchungen zur frühalemannischenAnalistik. Die Marbacher Analen. Mit Edition,Freiburg/ Schweiz 1971, S. 176./18 VgI. dazu F. KERN, Gottesgnadentum und Wider-standsrecht im früheren Mittelalter, 2. Aufl. hrsg. v.R. BUCHNER, Münster - Köln 1954, S. 191ff., 341ff.(XXV), 344f (XXVI). Agobard hat das Protokollüber die Kirchenbuße Ludwigs (s. unten) in den 4.Monat des 1. Regierungsjahres Lothars datiert./19 VgI. MGH, Die Urkunden der deutschenKarolinger, Bd. I. Bearb. v. P. KEHR, Berlin 1932-1934, S. XV; ZATSCHEK, Reichsteilungen, S. 204f;HARTMANN, Ludwig der Deutsche, S. 30.110 BM1925 d undf111Auf uns gekommen ist das von Agobard von Lyonerstellte Einzelprotokoll (Cartula): MGH Capit. I/1, S. 56 Nr. 198; ed. VANACKER, S. 321f!.; dazuBOSHOF,Agobard von Lyon, S. 247ff.111 Episcoporum ... relatio Compendiensis, MGHCapit. I/ 1, S. 51 Nr. 197; dazu BOSHOF, Agobardvon Lyon, S. 247ff./1J Die Relatio enthält einen Auszug, als cartulabezeichnet: quam die in manibus gestabat (S. 54f).114 VgI. im einzelnen und zum Folgenden BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 201f!. sowie DERS.,Agobard von Lyon, S. 246f!.m VgI. Agobards Cartula, MGH Capit. I/ , S. 56:(zu Compiegne} praesldente ... Lothario imperatoreet Christi domini amatore .../16 VgI. auch SCHlEFFER, Krise des karolingischenImperiums, S. 13.m BM1 926 a..m VgI. SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 5./19 Zu ihm vgl. DEPREUX, Prosopographie, S. 288ff.no VgI. Nithard, Historiarum I. I c. 4, S. 6: ... dumH uc, Lambertus atque Mathfridus, quis illorumsecundus post Lodharium in imperio haberetur,ambigerent .../JI VgI. MGH Epp. V, 403 Nr. 15 (De honore

parentibus a filiis exhibendo) sowie ebd., S. 416 Nr.16 (Liber de virtutibus et vitiis). Zu Hraban vgl. R.KOTTjE und H. ZIMMERMANN,Hrabanus Maurus.Lehrer, Abt und Bischof, (Abh. d. Akad. d. Wiss. u.Lit. Mainz) Wiesbaden 1982; R. KOTTjE in: LexMaV (1991) Sp.144ff; B.-S. ALBERT, Raban Maur,I'unite de l'empire et ses relations avec les:Caro-lingiens, in: RH E 86 (1991) 5 - 44, hier S. 9ff./J1 Thegan, Gesta Hludowici, c. 46 u. 47, S. 238ffVg!. auch Annales Bertiniani ad a. 833, ree. G.WAlTZ, MGH SS rer. Germ., Hannover 1883, S. 7.Zur Quelle (neuere Edition: Annales de Saint-Bertin, ed. F. GRAT,J. VIEILLIARD,S. CLtMENCET,L. LEVILLAIN, Paris 1964) vgl. W. WATTENBACH/W.LEVISON/H. LÖWE, Deutschlands Geschichtsquellenim Mittelalter. Vorzeit und Karolinger, Weimar 1952- 1990, S. 348fIJJ Dazu und zum Folgenden BOSHOF, Ludwig derFromme, S. 205ff./J4 Die Krönung wird nur von Nithard berichtet (I,4), erscheint aber glaubwürdig. Zu dieser "Befesti-gungskrönung" vg!. BRÜHL, Fränkischer Krönungs-brauch, S. 278f mit Reg. 8./Jl Nitbard, Historiarum I. I c. 4, S. 6: Nam Pippinuset Lodhuwicus uidentes, quod Lotharius uniuersumimperium sibi vindicare illosque deteriores efficerevellet, graviter ferebant.IJ6 Astronomus, Vita Hludowici, c. 52, S. 494f; vgl.Thegan, Gesta Hludowici, c. 52, S. 244 undNithard, Historiarum I. I c. 5, S. 7fIJ7 Vgl. Thegan, Gesta Hludowici, c. 53, S. 246; dazuSIMSON,Ludwig der Fromme 11, S. 109f; BM1 929 a.IJ8 ZU den Quellen im einzelnen vgl. BM2 931 d.IJ9 Dazu SIMSON, Ludwig der Fromme I/, S. 115ff.;BOSHOF,Agobard von Lyon, S. 260ff.HOAstronomus, Vita Hludowici, c. 53, S. 498.141 VgI. MGH Cone. 11 2, S. 700 (Schreiben Karlsdes Kahlen an Papst Nikolaus 1.); BM1 938 b;ausführliche Darstellung des Geschehens in: AnnalesBertiniani ad a. 835, S. 10f Zur zweiten .Befesti-gungskrönung" vgl. BRÜHL, Frdnleiscber Krönungs-brauch, S. 279 mit Reg. 9.141 VgI.Annales Bertiniani, ebd.: Ebo Remorum pridemarchiepiscopus, qui eiusdem factionis oelut signiferfuerat ...Zu Ebo vg!. H. GOETTlNG in LexMa III(1986) Sp. 1527ff.;DEPREUX,Prosopographie,S. 169ff141 Zum Prozeß gegen Ebo vgl. BOSHOF,Ludwig derFromme, S. 211f

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/44 Dazu vgl. W. VOGEL, Die Normannen und dasfrä·nkische Reich bis zur Gründung der Normandie(799 - 911), Heidelberg 1906./41 Vg/. SCHIEFFER,Urkunden Lotbars I., S. 6.146 BM2 1067 (840 Febr. 22); MGH Capit. II. 130Nr. N233.147 Vgl:Astronomus, Vita Hludowici, c. 54, S. 504.us BM2 941 a; hier auch Verhandlungen über die alsvakant angesehenen Metropolitansitze Lyon (Ago-bard) und Vienne (Bamard); vgl. Bosnos, Agobardvon Lyon, S. 263fT./49 BM2 951 a; vgl. BOSHOF, Ludwig der Fromme, S.228.tso Zu Eberhard vgl. H. SCHMIDINGERin: LexMa III(1986) Sp. 1513; H. KRAHWINKLER, Friaul imFrübrniuelalier: Geschichte einer Region vom Endedes fünften bis zum Ende des zehnten Jahrhunderts,Wien/ Köln/ Weimar 1992, S. 245fT.III BM2 962 a.m BM2 963a.m VgI. BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 233./S4 Vgl. Annales Bertiniani ad a. 837, S. 13: iter suumRomam defensionis sanctae Romanae ecclesiae atqueoration is gratia indixit ..; dazu auch Tbegan, GestaHludowici, Continuatio, S. 256.m Vgl. SIMSON, Ludwig der Fromme II, S. 163fT./S6 Dazu SIMSON, Ludwig der Fromme 11, S. 166fIII Astronomus, Vita Hludowici, c. 56, S.- 512f: Hiienim erant, quorum recessu dicebatur: Francianobilitate orbata, fortitudine quasi neruis succisiseuirata, prudentia hiis obeuntibus adnullata./JB Annales Fuldenses ad a. 838, rec. F. KURZE, MGHSS rer. Germ. (7), Hannover 1891, S. 28.mAnnales Bertiniani ad a. 837, S. 15; die Quellegibt eine detaillierte Beschreibung des an Karlübertragenen Reichsteils; vg/. BM2 970 a./60 BM2 971 d./6/ Annales Bertiniani ad a. 838, S. 15; BM1 978 a.Vgl. ZATSCHEK,Reichsteilungen, S. 214f/62 BM2 982 a; BRÜHL, Fränkischer Kränungsbrauch,S. 301 u. 323 Nr. 10; BOSHOF,Ludwig der Fromme,S.236./63 DÜMMLER, Ostfränkisches Reich I, S. 127[;BOSHOF, Ludwig der Fromme, S. 240./64 COLLINS, Pippin I, S. 386f/6S Nithard, Historiarum I. I c. 6, S. 10; Astronomus,Vita Hludowici, c. 59, S. 528./66 Nithard, Historiarum I. I c. 7, S. 11. Vgl. BM 993 c.

'67 BM1 993 c; ZATSCHEK,Reichsteilungen, S. 216./61 Vgl. SIMSON, Ludwig der Fromme I1, S. 205fT./69 Annales Puldenses ad a. 839, S. 10: Hlutharioquidem, qui maior natu erat, nominis sui dignitatemet sedem regni tribuens .../70 VgI. L. AUZIAS, L'Aquitaine carolingienne 778 _987, Paris 1937, S. 125fT. ; G. OEXLE, Der BischofEbroin von Poitiers und seine Verwandten, in:Frühmittelalterliche Studien 3 (1969) 138 - 210, hierS. 165. - Zu Pippins Bruder Karl vgl. TH. SCHIEFFER,Karl von Aquitanien, in: L. LENHART (Hrsg.),Universitas. Festschr.f Bischof Dr. A. Stobr; I1, Mainz1960, S. 42 - 54.171 BM2 1003 a - f Den Rechtsanspruch Ludwigs desDeutschen formulieren die Annales Fuldenses (ad a.840, S. 30) so:....partem regni trans Rbenum quasiiure sibi debita m a/fectans ...In Vg!. die Schilderung der Krankheit beimAstronomus, Vita Hludowici, c. 62, S. 540 f ,S. 546.I1J Astronomus, Vita Hludowici, c.63 u. 64, S. 546fT.;BOSHOF,Ludwig der Fromme, S. 247f174 Astronomus, Vita Hludowici, c. 63, S. 548.I7l Annales Puldenses ad a. 839, S. 31: Hunc (scil.Hlutharium) enim ferunt imperatorem morientem de-signasse, ut post se regni gubernacula susciperet, missisei insigniis regalibus, hoc est sceptro imperii et corona.Den Widerstand der Brüder bezeichnet der Annalistebenda mit: insurgere.176 Nithard, Historiarum I. II c. 1, S. 13; vgl. D. Lo.I. 51 (840 Dez. 15) für das Kloster Farfa: quia nosdivine maiestatis dispositio successores illius fecit inimperio, quem et in oita sua consortem iam fecerat ..;vgl. BM1 1067 a.171 Was Nithard (I1 1) hier in tendenziöser Absichtvon Lothar sagt, berichten die Annales Bertiniani ada. 841, S. 24, ebenso von Ludwig dem Deutschenund Karl dem Kahlen.171 Zur Datierung in den Privaturkunden vgl. BM!1067 b. - Zur Ereignisgeschichte bis 843 vgl. dieausführliche und priizise, wenn auch gegenüberLothar tendenziöse Darstellung bei Nithard; dazuDÜMMLER, Ostfränkisches Reich I, S. 139jf;HARTMANN, Ludwig der Deutsche, S.35fT.'" MGH Poet. Lat. II 413, gedichtet nach derVertreibung von der Reichenau.liD Vgl. DÜMMLER, Ostfrä·nkisches Reich I, S. 142fsowie das Synodaldekret über die Restitution Ebos vonReims: BM11072, ed. MGH Capit. I1, III Nr. 226.

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KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

181 D. Lo. I. 46 (840 August 13); vgl. die Publicatio:... quia ob emolumentum remediumque animaedomni et genitoris nostri recolende memoriaeHludouuici piissimi augusti, quatenus copiosiorcelestis suffragii opitulatio sanctorumque multipliciorindesinenter intercessio ei adsit....m Vgl. SCHIEFFER,Urkunden Lotbars I., S. 6.JSJ VgI. BMl 1067 b.IN' Nithard, Historiarum l. Il c. 1, S. 14: se ergaillum, sicuti pater statuerat, et sicut erga filiolum exbaptismate oportebat, benivolum esse...1Nl Vgl. BMl 1070 b - d.186 Vgl. BMl 1072 a - d; 1075 a-c.187 VgI. BM2 1084 i (hier die Quellen); ferner: F.PIETZCKER, Die Schlacht bei Fontenoy, in: ZRGGerm. Abt. 81 (1961) 318 - 340; L. WEINRICH in:LexMa IV (1989) Sp. 626[; vgl. auch DÜMMLER,Ostfrä'nkisches Reich I, S. 153ff.188 Nithard, Historiarum I. Il c. 10, S. 24ff.189Angelberti Rhythmus de pugna Fontanetica, ed. E.MÜLLER,MGH SS rer. Germ. (Nithardi Hist. libriIV) Hannover 1907, S. 51ff.; E. DÜMMLER, in:MGH Poet. Lat. Il, 137 - 139. Dazu vg/. D.SCHALLER, in: Die deutsche Literatur desMittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1, Berlin/NewYork 1978, Sp. 356ff.I'IO Vgl. Str. 12: Maledicta dies illa nee in anni circulo/ numeretur, sed radatur ab omni memoria ....J9J Reginonis Chronica ad a. 841, ed. F. KURZE,MGH SS rer. Germ. (50), Hannover 1890, S. 75.m Nithard, Historiarum I. Il c. 10, S. 27; AnnalesFuldenses ad a. 841, S. 32.19J Vgl. DÜMMLER,Ostfriinkisches Reich I, S. 161.m Nithard, Historierum I. IV c. 2, S. 42; AnnalesBertiniani ad a. 841, S. 26. Zum Verhältnis zu denNormannen vgl. W. VOGEL,Die Normannen und dasfränkische Reich bis zur Gründung der Normandie(799 - 911), 1906, hier S. 85[; H. NE/FEIND,Vertragezwischen Normannen und Franken im neunten undzehnten Jahrhundert, Phi/. Diss. Heidelberg 1971, hierS. 41,85, 162.m BMl 1084 k (mit den Quellen). Vgl. B. SCHNEID-MÜllER in: LexMa VIII (1997) Sp. 107!; E.J. GOLD-BERG,Popular Revolt, Dynastic Politics, and Aristo-cratic Factionalism in the Early Middle Ages. TheSaxon Stellinga Reconsidered, in: Speculum 70 (1995)467 - 501, der die Rolle Lothars gegenüber der Darstel-lung in den Quellen als weniger gewichtig veranschlagt.

196 Nithard, Historiarum I. III c. 5, S. 36[ Dazu vgl.BM2 1091 a; R. SCHMIDT-WIEGANDin: Die deutscheLiteratur des Mittelalters. Verfasserlexikon Bd. 9,Berlin/New York 1995, Sp. 377ff. (mit derLiteratur); S. SONDEREGGER in: LexMa VIII(1997) Sp. 219[J97 Vg/. BMl 1091 d.198 Annales Bertiniani ad a. 842, S. 27 (Übersetzung:Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. ZweiterTeil, bearb. v. R. RAu, Freiherrvom Stein - Gedächt-nisausgabe, hrsg. v. R. BUCHNER, Darmstadt 158, S.57). Zu diesem Tisch, den Ludwig der Fromme alsErbstück von seinem Vater übernommen hatte, vgl.das Testament Karls: Einhard, Vita Karoli Magni,ed. 0 HOLDER-EGGER,MGH SS rer. Germ. 61911,c. 33, S. 40; Thegan, Gesta Hludowici, c. 8, S. 188[;dazu: F.N. ESTEY, Charlemagne's Silver CelestialTable, in: Speculum 18 (1943) 112 -117.199 Nithard, Historiarum I. IV c. 1, S. 39: .. ut illorumconsultu oeluti numine divino harum rerum exor-dium atque auctoritas proderetur.200 Dazu und zum Folgenden vg/. BM2 1091 isowieDÜMMLER, Ostfränkisches Reich I, S. 163ff.; vgl.auch die ausführliche Darstellung der Ereignisge-schichte bei Nithard IV c. Iff.201 Vgl. Nithard, Historiarum t. IV c. 3, S. 43 u. S.44.202 Vg/. Nithard, Historiarum l. IV c. 3, S. 44: ignore,qua Jraude decepti ...10J VgI. BMl 10911.204 VgI. Nithard, Historiarum I. IV c. 5, S. 46.201 Annales Bertiniani ad a. 842, S. 29: ... tandeminventum est, ut missi strenui per universum suaeditionis regnum deligerentur, quorum industriadiligentior discriptio fieret, cuius serie trium Jratrumaequissima regni divisio inrefragibiliter statutotempore patraretur.206 VgI. F. L. GANSHOF, Zur Entstehungsgeschichteund Bedeutung des Vertrages von Verdun (843), in:DA 12 (1956) 313 - 330; O. P. CLAVADETSCHER,Das churrätische Reichsgutsurbar als Quelle zur Ge-schichte des Vertrages von Verdun, in: ZRG Germ.Abt. 70 (1953) 1- 63.201 Vg!. BM2 1103 a (Zusammenstellung der Quel-len); dazu: Der Vertrag von Verdun 843. Neun Auf-sätze zur Begründung der europäischen Välker- undStaatenwelt, hrsg. v. TH. MAYER, Leipzig 1943; F.L.GANSHOF (wie Anm. 206); P. CLASSEN, Die Ver-

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träge von Verdun und Coulaines als politischeGrundlage des westfränkischen Reiches, in: HZ 196(1963) 1 - 35 (Wiederabdruck in: Ausgewä"hlteAuf-sätze von Peter Classen, hrsg. v. J. FLECKENSTElN,VuF 28, Sigmaringen 1983, S. 249 - 277); B.SCHNEIDMÜllER in: LexMa VIII (1997) Sp. 1509Jf(mit weiterer Literatur).208 Zum Reiche Lothars I. vg!. R. PAR/SOT, Leroyaume de Lorraine sous les Carolingiens (84J -923), Paris 1898; E. HLAW/TSCHKA, Lotbaringienund das Reich an der Schwelle der deutschenGeschichte, (Schriften der MGH 21) Stuttgart 1968,S. l lf]; U. NONN, Pagus und Comitatus in Nieder-lothringen. Untersuchung zur politischen Raumglie-derung im früheren Mittelalter, (Bonner Hist.Forsch. 49) Bonn 1983,S. 54ff. u. 88/ - Zum weite-ren Schicksal: E. BOSHOF, Lotharingien - Lothrin-gen: Vom Teilreich zum Herzogtum, in: ZwischenGallia und Germania, Frankreich und Deutschland.Konstanz und Wandel raumbestimmender Kräfte,(Trier. Hist. Forsch. 12) Trier 1987, S. 129-153.209 Vg!. zum Folgenden R. SCHNEIDER, Brüder-gemeine und Schwurfreundschaft. Der Aufläsungs-prozeß des Karlingerreiches im Spiegel der caritas-Terminologie in den Verträgen der karlingischenTeilkönige des 9. Jahrhunderts, (Hist. Stud. J88)Lübeck u. Hamburg 1964; U. PENNDORF, DasProblem der "Reichseinheitsidee" nach der Teilungvon Verdun 843. Untersuchungen zu den spätenKarolingern, München 1974.liD Vgl. Synode von Yütz (dazu unten), MGH Cone.Ill, 30: caritatem illam, quam apostolus docuit (vgl.1 Tim. 1, 5), de corde puro et conscientia bona et fidenon ficta inter uos studete habere ....211 Vgl. die Zusammenstellung der Treffen bis 881 beiSchneider, Brüdergemeine, S. 178ff.212 Zu den Verhandlungen der Könige vgl. AnnalesBertiniani ad a. 844, S.31/211 Vg!. BM2 1116 a. Synodalakten: MGH Cone. Ill,hrsg. v. W.HARTMANN, Hannover 1984, S. 27ff. NT.6. Dazu: SCHNEIDER, Brüdergemeine, S. 18/;ANTON, Karolingische Synoden, S. 87ff.; HART-MANN, Synoden der Karolingerzeit, S. 199ff.114 c. 1, S. 30: constat hanc sanctam ecclesiam ...vestradiscordia esse discissam et perturbatam atqueafflictam ...21l Zu Meersen 847 Februar vgl. BAf 1130 b; Akten:MGH Cap it. I/, 68ff. NT. 204; dazu ANTON,

Karolingische Synoden, S. 106ff. - Zu Meersen 851Mai vg/. BJf11145 a und 1146;Akten: MGH Capit.I/, 72ff. NT. 205; dazu ANTON, Karolingische Syno-den, S. 110ff.; ferner SCHNEIDER,Brüdergemeine, S.149/116 VgI. dazu ANTON, Karolingische Synoden, S. 111/111 VgI. BM2 1115 a; Schreiben des Papstes: MGHEpp. V, 583/; Annales Bertiniani ad a. 844, S. 30;dazu J. FLECKENSTEIN, Die Hofkapelle der deut-schen Könige. 1. Teil: Grundlegung. Die karolin-gische Hofkapelle, (Schriften der MGH 16/1)Stuttgart 1959, S. 120/111 Vg/. MGH Concilia Ill,S. 38: Einleitung zu denCan ones: Gratias omnipotenti deo referimus, inclyterex Karole, nos episcopi et ceteri fideles ..... quoddeposita discordia, unde tot mala processe-runt ..... redistis ad pacem cum fratribus uestris, quamet natura vobis et religione debetis ...1/' Vg/. MGH Con cilia Ill,S. 36ff. NT. 7; hier c. XI,S. 42: De praelatione reuerentissimi Drogonisdefinire aliud non audemus, nisi expectandum, quammaxim us cogi potest, Galliae Germaniaequeconuentum ....120 VgI. MGH Cone. Ill,S. 24 und 26.m Zu Hinkmar von Reims vgl. H. SCHRÖRS.Hinkmar, Erzbischof von Reims. Sein Leben undseine Schriften, Freiburg 1884;J. DEVISSE,Hincmar,arcbeoeque de Reims 845 - 882, 3 Bde., Genf1975/1976; R. SCHIEFFERin: LexMa V (1991) Sp.29/111 Vg!. BM2 1124 a.11J Vg/. BM! 1149; dazu: ausführlich K. HERBERS,Leo IV. und das Papsttum in der Mitte des 9. Jahr-hunderts. Möglichkeiten und Grenzen päpstlicherHerrschaft in der späten Karolingerzeit, (Päpste undPapsttum Bd. 27) Stuttgart 1996, S.336ff.zu Vg/. BM! 1124 a; Annales Fuldenses ad a. 846, S.36.m Vgl. Annales Bertiniani ad a. 849, S. 36: Hlotha-rius et Karolus ... in pacem germanamque con cor-diam redeunt. Dazu BM! 1136 a; SCHNEIDER.Brüdergemeine, S. 145.116 Annales Fuldenses ad a. 848, S. 37 - der Annalistspricht allerdings von einem Gerücht; vg!. BM21132a und 1391 a; SCHNEIDER,Brüdergemeine. S. 145/111 Annales Bertiniani ad a. 850, S. 38; AnnalesFuldenses ad a. 850, S. 39. Dazu E. BOSHOF, König-tum und adelige Herrschaftsbildung am Niederrhein

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Im 9. und 10 Jahrhundert, in: Klever Archiv 4(1982) 9 - 41, hier S. 10.11SAnnales Bertiniani ad a. 855, S. 45.119BMl 1145 a und 1146; ANTON, KarolingischeSynoden, S. 110fJ.; SCHNEIDER, Brüdergemeine, S.31 und 149.lJOZu den Einzelheiten vgl. DÜMMLER, Ostfränki-sches Reich I, S. 380fJ.; HARTMANN, Ludwig derDeutsche, S. 48fJ.lJIBMl 1151 a.lJlAnnales Bertiniani ad a. 853, S. 42; bei dieser Ge-legenheit wurde Lothar Taufpate einer Tochter Karls.lJ)BM' 1161 bund 1162.lJ4 BMl 1158 a.lJIVgI. BM' 1162 bund 1163; MGH Capit. ll, 76JfNr. 207; dazu ANTON, Karolingische Synoden, S.114Jf; SCHNEIDER,Brüdergemeine, S. 150flJ6Annales Bertiniani ad a. 854, S. 44: Ubi diu decommuni amicitia atque indissolubili tractantes,tandem coram omnibus qui aderant identidem supersancta iurando oicissim firmaverunt ...lJ7VgI. BMl1164 a;lJSVg/. BMl 1164 b.lJ9 Annales Bertiniani ad a. 855, S. 45: Lothariusinfirmatur; qua de re occasio data est Ludoico etKarlo fratribus ad concordiam redeundi.140Dazu vgl. E. HLAWITSCHKA, Franken, Aleman-nen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), Freiburg i. B. 1969.141Zu ihnen vgl. E. HLAWITSCHKA,Die Widonen imDukatvon Spoleto, in: QFlAB 63 (1983) 20- 92.14lZu ihnen vgl. E. HLAWITSCHKAin: LexMa VIII(1997) Sp. 1261.UJ Zu der Entwicklung im regnum Italiae ist dasMaterial zusammengestellt in: IF. BÖHMER,RegestaImperii I, 3: Die Regesten des Regnum Italiae undder burgundischen Regna, Teil l: Die Karolinger imRegnum Italiae 840 - 887. Bearb. v. H. ZIELINSKI,Köln/Wien 1991 (künftig zitiert: BZ + Nr.), zuoben BZ 1.1"Zu den das Papsttum betreffenden Angelegenheitenist das Material zusammengestellt in: IF. BÖHMER,Regesta Imperii I, 4: Papstregesten 800 - 911. Teil2:844 - 872. Lieferung 1: 844 - 858. Erarb. v. K.HERBERS, Köln/Weimar/Wien 1999 (künftig zitiert:BH + Nr.), zu oben: BH 1 - 5.Ul VgI. BZ 24.146MGH Cone. Ill, 24 Nr. 5. Vgl. BZ 26; BH 32.

Vgl. dazu DRABEK, Verträge, S. 48f; HARTMANN,Synoden der Karolingerzeit, S. 234.m MGH Cone. Ill, 26 (aus Liber Pontificalis, VitaSergii: Rede des Papstes): Quia si uultis domnoLothario magno imperatori hoc sacramentum utfaciant solummodo consentio atque permitto ; namHludowico eius [ilio ut hoc peragatur, nee ego neeomnis nobilitas Romanorum consentit.us Vg/. BZ 27; BH 33; dazu BRÜHL, FränkischerKrönungsbrauch, S. 323 Nr. 12.U9 Vgl. BMl 1178 und 1179; BZ 64.2JO Vg/. SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 9.m Annales Bertiniani ad a. 853, S. 43.m Dazu vgl. R. PANETTA, I Saraceni in Italia,Mailand 11973.llJ Vg/. im einzelnen BZ 41; DÜMMLER, Ostfrän-kisches Reich I, S. 303Jf; PANETTA,Saraceni, S. 69Jfzu Die zeitliche Einordnung dieses Treffens (Okto-ber/ November 846 - Frühjahr/Sommer 847) ist inder Forschung sehr umstritten: vgl. BM' 1127 a und1128 sowie BZ 46. Zielinski entscheidet sich ineingehender Erörterung mit guten Gründen für dasspätere Datum.mMGH Capit. Il, 65; MGH Cone. Ill, 133 Nr. 12(zu Oktober 846).ll6Vgl. BH 64 - 68; zum Pontifikat Leos IV. vgl. jetztK. HERBERS, Leo IV. und das Papsttum in der Mittedes 9. Jahrhunderts. Möglichkeiten und Grenzenpäpstlicher Herrschaft in der späten Karolingerzeit,(Päpste und Papsttum, Bd. 27) Stuttgart 1996.m Vg/. dazu im einzelnen HERBERS,Leo IV., S. 206JflISVgl. dazu HERBERS, Leo IV., S. 138fll9 Zur Quelle vgl. H. ZIMMERMANN in: LexMa V(1991) Sp. 1946f160Vgl. Vita Leonis, ed. L. DUCHESNE, Le LiberPontificalis. Texte, introduction et commentaire, 2Bde., Bd 3 hrsg. v. C. VOGEL, Paris 1886 - 1892,1957, hier: Il, 106 - 134, zu oben S. 123: ad quamipse cum suis fratribus non modicas argenti librasdirexit ... Vgl. HERBERS, Leo IV., S. 139.161Zu dem nicht erhaltenen Kunstwerk vgl. P.E.SCHRAMM, Die deutschen Kaiser und Könige inBildern ihrer Zeit 751 - 1190. Neuaufl. hrsg. v. F.MÜTHERICH, München 1983, S. 49 u. S. 163; HER-BERS,Leo IV., S. 182fl61Zu den Einzelheiten dieses Konfliktes vgl. HER-BERS,Leo IV., S. 214Jf, zu oben S. 221f; vgl.fernerMGH Cone. Ill, 230 Nr. 24 und 335 Nr. 32, sowie

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.,!1:t.~KAISER LOTHAR I.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

H. WOLTERin: LexMa 1(1980) Sp. 573/26J VgI. MGH Epp. V, 588 Nr. 6 (ramos victorie);dazu BZ 102 (zu 853); HERDERS,Leo I'll, S. 223.264 Dazu HERBERS,Leo IV., S. 412f2M Dazu HERBERS,Leo IV., S. 344ff; vgl. auch obenS.29.266 Vgl. dazu BM2 1179 a; BZ 67; BH 220; fernerDÜMMLER, Ostfränkisches Reich I, S. 344f; C.BRÜHL, Deutschland und Frankreich. Die Geburtzweier Völker, Köln/Wien 1990; K. HERDERS,LeoIV., S. 210ff (jeweils mit weiterer Literatur}; Bos-HOF,Kaiserkrönungen, (wie Anm. 34) S. 200[.267 MGH Epp. V, 604 Nr. 34: Lothario et Ludooico.Inter nos et uos pacti serie statutum et confirmatumest, quod electio et consecratio futuri Romanipontificis non nisi iuste et canonice fieri debeat. Vgl.dazu BM2 1130 a; BZ 69; BH 226 und 293 (jeweilsmit umfangreichen Literaturangaben); vgl. fernerDRABEK,Vertrage, s. 45Anm. 140,47,49. HERBERS,Leo IV., S. 213 und 228.268 Vgl. DRABEK, Vertrage, S. 45 Anm. 140.269 ZIELINSKI (BZ 69 mit Literatur) nimmt dieAusstellung eines umfassenden Kaiserprivilegs an,das als weitere Vorstufe zum Ottonianum zubetrachten sei.270 BZ 53; die Annales Bertiniani (ad a. 848, S. 36)bezeichnen das fra·nkische Heer als ",Lothars Heer":Exercitus Hlotharii contra Saracenos Beneuentumobtinentes dimicans, victor efficitur.271 Dazu vgl. BZ 44 und 45; H. ZIELINSKI, Einunbeachteter Italienzug Kaiser Lothars I. im Jahre847, in: QFIAB 70 (1990) 1- 22.m Vg!. BZ 55.27J Vgl. SCHIEFFER,Urkunden Lotbars I., S. 9.l74 Vg!. MGH Cone. Ill, 308 Nr. 32, hier S. 335.m Vg!. BM2 1121 a.276 MGH Cone. Ill, 207 Nr. 21 und 217 Nr. 23.Dazu vgl. HARTMANN, Synoden der Karolingerzeit.S.239ff277 MGH Cone. Ill, 217f.: ...urbs Papia, ubi tunc abomni Ita!ia piissimus imperator Lotharius iusseratepiscoporum comitumque magnum conuenireconuentum ....278 MGH Cone. ut, 347 Nr. 33; dazu HARTMANN,Synoden der Karolingerzeit. S. 262ff und 267ff ZumPrädestinationsstreit vgl. L. HÖDL/M. LAARMANNin: LexMa VII (1995) Sp. 142f (Abschnitt 2).m Zu den Annales Xantenses vg!. H. LÖWE in:

WATTENDACH-LEVlSON-LöWE, Deutschlands Ge-scbicbtsquellen im Mittelalter, Weimar 1952 - 1990, S.882f110 Zur Hofkapelle vgl. J. FLECKENSTEIN, DieHofkapelle der deutschen Könige. 1. Teil: Grund-legung. Die karolingische Hofkapelle, (Schriften derMGH 16//) Stuttgart 1959, hier S. 118ff u. s.111 Zu den Einzelheiten der Kanzleigeschichte vgl.SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 13ff111 Zu Hilduins Schicksal in den Jahren 830 - 834 vgl.BOSHOF, Agobard von Lyon, S. 211ff; fernerFLECKENSTEIN,Hofkapelle, S. 122ff; SCHIEFFER,Urkunden Lotbars I., S. 19ff;J. PRELOGin: LexMa V(1991) Sp. 20; DEPREUx, Prosopographie, S. 250ff.(der allerdings auf die Zeit nach 840 nicht eingeht).1IJ Dazu vgl.: Die karolingischen Miniaturen, hrsg. v.W. KOEHLER (+) u. F. MÜTHERICH. Vierter Band:Die Hofschule Kaiser Lothars - Einzelhandschriftenaus Lotharingien, Berlin 1971 (dazu ein Tafelband);zur Hofschule: S. 9- 70.114 Zur Problematik der Institution ",Hofschulec vgl.BOSHOF, Karl der Kahle, S. 136/ (hier auf dieumstrittene These von der Existenz einer Hofschuledieses Karolingers bezogen - weitere Literatur).111 Cod. Berlin Preuß. Kulturbesitz. Staatsbibliothektheol. lat. [ol. 260; dazu: Mittelalterliche Schatz-verzeichnisse. Erster Teil: Von der Zeit Karls desGroßen bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Hrsg. v.Zentralinstitut für Kunstgeschichte in Zusammen-arbeit mit B. BISCHOFF,München 1967, S. 79Jf Nr.74, hier S. 81; die im Schatzverzeichnis zitierteUrkunde Lothars I. über dessen Schenkung (Hand-schriften, Reliquien, liturgische Geräte] an Prüm =D. Lo. 1122 (zu 852 Endejuni - September ?). Vgl.KOEHLER- MÜTHERICH,Hofschule, S. 52ff;ferner:P.E. SCHRAMM- F. MÜTHER1CH, Denkmale derdeutschen Könige und Kaiser, 2. erg. Aufl. München1981, S. 125 Nr. 29.m Cod. London, British Museum Add. Ms. 37768;dazu KOEHLER - MÜTHERICH, HOfschule, S. 28ff.und 35ff.; SCHRAMM- MÜTHERICH, Denkmale, S.124 Nr. 27, mit Edition des Widmungsgedichtes;dieses auch MGH Poet. Lat. VI, 163.m Vg!. BM2 1091 0; BZ 8 (mit der einschlägigenLiteratur); vgl. auch D. La. I. 67.111 Vgl. dazu auch P. E. SCHRAMM,Die deutschenKaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit 751 -1190.Neuaufl. hrsg. v. F. MÜTHERICH,München 1983, S.

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KAISER LOTHAR 1.: DAS RINGEN UM DIE EINHEIT DES FRANKENREICHES

299 Abb. Nr. 22, Kommentar S. 162. Zum Bildtypusvgl. E. BOSHOF,Königtum und Königsherrschaft im10. und 11. Jahrhundert, (EDG Bd. 27) 2. Aufl.München 1997, S. 120f[.289 Vgl. SCHRAMM- MÜTHERICH,Denkmale, S. 123Nr. 25; SCHRAMM - MÜTHERICH, Kaiser undKönige, S. 48/; 298 Abb. Nr. 21; Kommentar S.160f[. Das Widmungsgedicht ist auch ediert: MGHPoet. Lat. II, 670 Nr. 25 = Sigilai Versus adHlotharium. Sigilaus ist in Tours nachweisbar. ZurHcchschätzung des Kaisers vgl. die Verse: (Gott)Hlotharium, qui nunc fultus pietate tua alma /Induperator habetur rex Augustus in orbe, / Dexteracelsa tua exaltet, dejendat et ornet, / Imperium utteneat, dilatet, firmet, adunet, / Utatur bene pacefmens et prosperitate / Ac valeat, vigeat, vivat persecula felix.290 Libri duo pro filiis et contra J udith uxoremLudovici Pii, c. 2, MGH SS Xv, 277: adiutrix inregimine et gubernacione palacii et regni.19/ VgI. Flodoardi Historia Remensis ecclesiae, edd. I.HELLER et G. WAlTZ, MGH SS XIII, hier: III 27,S. 547 = MGH Epp. VIII 1, S. 2 Nr. 4'~ (nach 845Mai 3): Irmingardae augustae scribens congratulatur;audita religion is ipsius [eruore, asserens se in precibusassidua pro ea dependere munia.192 Vg/. Flodoardi Historia Remensis ecclesiae ebd. =MGH Epp. VIII I, S. 4Nr. Ir (AntwortschreibenHinkmars. datiert zu 846 - Feb. 847); zum Konfliktmit Bertha vgl. auch MGH Epp VIllI, S. 4 Nr 1r:193 D. La. I. 23, wiederholt in D. La. I. 27; allgemeinzu den Interventionen in den DD Lothars vgl.SCHIEFFER, Urkunden Lothars I., S. 9 (Interoe-nienten sind selten).194 D. La. I. 106 (849 September 6).2" D. La. I. 90 (845 Mai 15).296 VgI.D. La. I. 35; D. La. I. 101 (848 Miirz 16); vgl.ferner die Neuausfertigung durch Lothar und Ludwig11. nach Irmingards Tod:D. La. I. 115 (851 SeptemberB). Dazu: H. BECHER,Das königliche FrauenklosterSan Salvatore/Santa Giulia in Brescia im Spiegelseiner Memorialüberlieferung, in: FrühmittelalterlicheStudien 17 (1983) 299 - 392, hier: S. 308f[.297 VgI. BZ 1.298 VgI. DD. La. I. 118 und 124; vgl. auch oben unterAnm.292.2" VgI. BZ 51; BECHER, Das königlicheFrauenkloster, S. 303f und 308f[. Der Eintrag lautet:

Domnus imperator Lotharius tradidit filiam suamDomnam Gislam secundum ordinem sanctae regale.Joo VgI. E. HLAWITSCHKA,Widonen, in: LexMa IX(1998) Sp. 72f[. (mit der einschlägigen Literatur).JO/ Dazu SCHIEFFER Urkunden Lothars I.,Deperditum 197.J02 Vg/. oben S. 29/; dazu f.-M. CAUCHIESin: LexMaVII (1995) Sp. 578.JOJ VgI. allgemein: T. VOGELSANG, Die Frau alsHerrseherin im hohen Mittelalter. Studien zur»consors regni"-Formel, Göttingen 1954.J04 Annales Bertiniani ad a. 853, S. 43: Lothariusimperator; defuncta ante biennium Ermengardachristianissima regina, duas sibi ancillas ex villa regiacopulat. Die Bezeichnung der Kaiserin als cbristia-nissima regina entspricht dem oben zitierten UrteilHinkmars über sie.JO' BM2 1143 c.J06 MGH Poet. Lat. II, 239 Nr. LXXXIX.J07 D. La. I. 1/3. Zur Freilassung durch SchatzwurJvgl. K. KROESCHELL in: LexMa VII (1995) Sp.1442/JOB Annales Bertiniani ad a. 853, S. 43. Dazu vgl.auch A. ESMYOL, Geliebte oder Ehefrau? Konku-binen im frühen Mittelalter, (Beihefte zum AKG 52)Köln/Weimar/Wien 2002. Die Verfasserin hä'lt dieVorstellung von einem Rechtsinstitut der Friedelebefür ein Konstrukt der Forschung und beurteiltdaherauch Dadas Verhiiltnis zu Lothar als Konkubinat (S.228f.). Auf das grundsätzliche Problem können wirhier nicht eingehen. Im Falle Dadas sind freilich ihreauch durch ihre Intervention (vgl. folgende Anm.)bezeugte besondere Stellung und die Tatsache zubeachten, dass ihr Sohn einen »legitimen" Karolin-gernamen erhielt.J09 D. La. I. 138 (Dada als Intervenientin: dilectis-sima et familiarissima femina nostra).J/O VgI. K. SCHMID,Ein karolingischer Königseintragim Gedenkbuch von Remiremont, in: Frübmal.Studien 2 (1968) 96 - 134, hier S. 126.J// VgI. BM1 1177 a; E. HLAWITSCHKA,Lotharingienund das Reich an der Schwelle der deutschenGeschichte, (Schriften der MGH, Bd. 21) Stuttgart1968, S. 13f[.J/1 VgI. BM1 1171 a.J/J Annales Bertiniani ad a. 855, S. 45: Lothariusimperator; morbo correptus vitamque desperans.monasterium Proniae in Arduenna constitutum

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adiit, seculoque et regnopenitus abrenuncians, tonsusest, vitam habitumque monachi humiliter sumens.Weitere Quellen unter BM1 1177 a. .JJ4 D. Lo. I. 139; hier heißt es: monasterio Prumia-censi , ubi domino iubente corpore iacerevolumus .m Vg!. SCHIEFFER,Urkunden Lothars I., S. 13; 'L'gl.auch das Schatzverzeichnis von 1003, ed. BISCHOFF,Mittelalterliche Schatzverzeichnisse, S. 79/: processutemporum pronepos eius (seil.. Pippini) Lothariusimperator aug~stus, licet alio modo, non disparitarnen affectu idem monasterium multiplici posses-

/ sione ditauit, uarioque ornamentorum genere deco-ravit .... ; folgt eine Aufziihlung im einzelnen. Vgl.auch D. Lo. I. 122. Vgl. auch den Beitrag von A.Finken in diesem Bande316 Vg!. die Formel: licet alio modo, non disparitarnen affectu in voriger Anm. sowie im D. Lo. I.136 für die Marienkirche in Aachen. Dazu auch: H.ZIELINSKI,Die Kloster- und Kirchengründungen derKarolinger, in: Beitrr. z. Gesch. u. Struktur der mal.Germanis Sacra. Hrsg. v. I. CRUSIUS, (Verö/f Max-Planck-Inst. / Gesch. 93, Stud. z. Germania Sacra17) Göttingen 1989, S. 95 - 134, insbesondere S.102ff u. 130.317 Vgl. D. Lo. I. 131 (854 Juli 10; nach denBegegnungen mit Ludwig dem Deutschen und Karldem Kahlen in der Aquitanienkrise): cum orationisgratia ad monasterium Prumiae ...peruenimus ...318 D. Lo. l. 136; vgl. hier: nos eorum participes intarn strenuo opere et consortes post buius lucisamissionem regni celestis esse queamus ...319 Dazu J. WOLLASCH, Das Mönchsgelübde alsOpfer, in: Frühmittelalterliche Studien 18 (1984)529 - 545 (der allerdings auf Lothar nicht eingeht).310 Ademari Historiarum !. Ill, c. 19, MGH SS IV,122. Zu Ademar vgl. W. WATTENBACH - R.HOLTZMANN, Deutschlands Geschichtsquellen imMittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier.Neuausgabe besorgt v. F.-j. SCHMALE,Köln/Graz1967 - 1971, S. 310/f u. 99'=f; K.-F. WERNER in:LexMa I (1980) Sp. 148/J11 BM1 1177 b.J11 MGH Poet. Lat. 1I, 241 Nr. 91.313 SCHlEFFER,Urkunden Lothars I., S. 10. VgI. dieDarstellung der Grablegung im Prümer Urbar:"anno verbi incarnati DCCCXCIII conscriptum"'.Im Jahre des Herrn 893 geschrieben. 1100 Jahre

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Prümer Urbar. Festschrift hrsg. v. R. NOLDEN, Trier1993, Faksimile Abb. IV und V. VgI. dazu denBeitrag von Hagedorn in diesem BandeJU Vg/. B~f 1149, dazu oben Anm. 223; hier heIßt eszum Streit: tempore infelieissimae discordiae, quaeoperanie diabolo per satellites suos inter nosgenitoremque nostrum aliquando durauit ...J1J VgI. etwa MGH Poet. Lat. Ill, 216/f: Carminatt.S. 216 Nr. 59; S. 217 Nr. 60; Carmina Ill, S. 234Nr. 4. Zu Sedulius Scottus vg/. R. DÜCHTING in:LexMa VII (1995) Sp. 1667/; zur Problematik derDichtungen des Sedulius vgl. am Beispiel Karls desKahlen BOSHOF,Kar! der Kable, S. 140/f116 Vg!. etwa MGH Poet. Lat. u, 405 Nr. 63 (mitden Epitheta: iuste, [elix et benigne, mitis et piissimeusw.) oder S. 413 Nr. 76 (zu 841);fernerS. 421 NT.88.111 MGH Poet. Lat. II, 569jJ.; Widmungsbrief anLothar: S. 575f Zu Wandalbert vgl. H. E. STIENEin:Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexi-kon, Bd. 10. Hrsg. v. B. WACHINGERu.a., 2. Aujl.Berlin/New York 1999, Sp. 704/f11. Vgl. DÜMMLER,Ostfra'nkisches Reich I, S. 393/fJ19 Vgl. B~f 1130; MGH Epp. V, 475 Nr. 38 (Lotharbeschreibt seine Situation so: vulgari tumultu cesiseircumseptus) .JJO BMl1176; MGH Epp. V, 503 Nr. 49.JJ1 Vgl. die Antworten Hrabans auf die kaiserlichenBitten: MGH Epp. V, 476 Nr. 39 und S. 504 Nr. 50.Vg/. hier: Erfüllung desWunsches, ut habeatis illud etsimul cum oestris eruditis doctoribus examinantes,quicquid ibi inueneritis bene et congruum dictum,eius gratie hoc deputetis, a quo est omne bonum; siquid vera aliter quam regula veritatis doceat, ibipositum vobis videatur, hoc etiam mihi eitius inti-mare curetis, ut aut errorem meum corrigam, aut siobscurius dictum est, plan ius dicam. Ferner im zwei-ten Schreiben: Dedit enim vobis Dominus in omni-bus intellectum, ita ut bene possitis, quid utile et quidsuperfluum sit in praesenti opusculo, discern ere...Und weiter: suffieit enim mihi, quod, vestro imperioobtemperans, opus, quod non sine labore confeci,vestri examinis iudieio ad probandum direxi. lubetei/lud coram vobis legi...JJl VgI. S. 504 Nr. 50: Domino glorioso et meritorectae fidei ac verae religion is bonique studii abomnibus calholicis rite venerando Hluthario ... ; S.505 Nr. 51: Amantissima imperatori Ludhario

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augusto salus victoria et vita perpetua ...JJJ Vgl. MGH Epp. V, 442 Nr. 28.JJ4 MGH Epp. V, 625 Nr. 7. Zu Angelemus (gest.855) vgl. WATTENBACH - LEV/SON - LÖWE,Deutschlands Geschichtsquellen, S. 329.JJJ ZU Clemens vg!. WATTENBACH - LEV/SON -LÖWE, Deutschlands Geschichtsquellen, S. 730[; P.

R/CHE, Les Irlandais et les princes carolingiens auxVIII' et IX' siecles, in : Die Iren und Europa imfrüheren Mittelalter. Hrsg. v. H. LÖWE, Teilbd. 2,Stuttgart 1982, S. 735 - 745, hier S. 739.JJ6 Vgl. W. SCHLES/NGER, Die Auflösung desKarlsreicbes, in: Karl der Große, hrsg. v. W. BRAUN-FELS,Bd. I, Düsseldorf 1965, S. 792 - 857.

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