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www.energie-pflanzen.de 15
BIOGAS
14energie aus pflanzen 6/2013
Eines der Probleme, das häufig der zu-
nehmenden Anzahl von Biogasanlagen
zugeschrieben wird, ist die sogenannte
Vermaisung der Landschaft: Mais fast in
Monokultur – das ist schlecht für den Bo-
den, das Landschaftsbild und mehr. Zu-
dem ist Mais eine teure Kulturpflanze:
Saatgut, Dünger, Pestizide und – insbe-
sondere in Italien – Bewässerung verursa-
chen Kosten, die auf die Wettbewerbs-
fähigkeit der Betriebe drücken. Daher ist
das Interesse groß, alternative Energie-
pflanzen zu finden. Die bisherigen Alterna-
tiven Roggen, Sorghum, Triticale, Luzerne
und andere lösen das Problem nicht, denn
sie sind nicht wirtschaftlich. Im Gegenteil:
Einige sind sogar teurer als Mais.
Jetzt hoffen italienische Biogas-Akteure,
eine Pflanze entdeckt zu haben, die so-
wohl wirtschaftliche als auch ökologische
Vorteile bringt: Arundo donax. Sie gehört
zur Familie der Süßgräser und ist auch als
Pfahlrohr, Riesenschilf oder Spanisches
Rohr bekannt. Mit Mais verwandt, ähnelt
sie ihm in Größe und Aussehen. Im Unter-
schied zu Mais ist Arundo aber mehr-
jährig, und die Anpflanzungen können im
besten Fall 20 bis 25 Jahre alt werden, bei
gleichzeitig verringerten Betriebskosten.
Durch einen etwas höheren Lignin-Anteil
ist Arundo auch für die Pellets-Produktion
geeignet. Traditionell werden die Blätter
genutzt, um daraus Matten und Körbe zu
flechten. Unter idealen Bedingungen wer-
den die Pflanzen vier Meter und höher.
Dem Unkraut-Ruf entgegenwirken
„Arundo ist eine sehr genügsame Pflanze
mit großer Verbreitung: von Flußufern bis
zu sehr trockenen Gebieten. Düngemittel
und Bewässerung benötigt eine Arundo-
Kultur nur in den ersten Wochen, nach-
dem die Setzlinge auf dem Feld ausge-
bracht wurden“, erklärt Marco D’Annunzio
von der Firma Arundo Italia, die als Pionier
die ersten 50 Hektar in Italien anpflanzte.
Bei den Landwirten hat Arundo aber den
Ruf, ein Unkraut zu sein: Es würde sich
schnell verbreiten und wäre schwierig
auszurotten. „Doch Arundo hat auch einen
großen Vorteil: Die Pflanzen sind von Na-
tur aus steril und können sich nur vegeta-
tiv vermehren.“ Das sei sehr gut kontrol-
lierbar, indem ein ausreichender Abstand
zu Fließgewässern eingehalten werde, ist
D’Annunzio überzeugt.
Für den Feld-Anbau wird Arundo donax
per Meristemkultur vermehrt. Die kleinen
Stecklinge werden im Gewächshaus kulti-
viert und danach abgehärtet. Im Anschluß
werden sie im Freiland weitergezogen.
Nach rund zwei Monaten sind sie reif für
das Feld. Die Erfahrungen zeigen eine
fast vollständige Bewurzelungsrate. In we-
nigen Monaten sind die Pflanzen über
zwei Meter hoch und können erstmals ge-
erntet werden. Hierfür ist keine spezielle
Technik nötig, es werden übliche Mais-
häcksler eingesetzt. „Ab diesem Zeitpunkt
besteht der Aufwand hauptsächlich in der
Ernte. Die Pflanze ist sehr robust und der
nötige Aufwand an Dünger, Pflanzen-
schutz, Wasser und Arbeit ist minimal“, er-
klärt D’Annunzio. Unter diesen Vorausset-
zungen könnte Arundo auch auf brachlie-
genden, landwirtschaftlich minderwertigen
Flächen gepflanzt werden. Bis zu drei Ern-
ten im Jahr sind möglich. Der Trocken-
masse-Ertrag kann mit bis zu 55 Tonnen
pro Hektar sehr hoch sein, abhängig von
Standort und Klima.
Stichwort Klima: Arundo ist eine Pflanze,
die im Mittelmeer-Raum wild vorkommt.
Ihre genaue Herkunft ist unklar; kultiviert
wird die Pflanze bereits seit der Antike, von
Asien bis zum Mittelmeer. Als invasiv ist Arundo vor allem in
den USA aufgefallen, dort in Kalifornien, Texas und Nevada.
„Arundo donax ist eine an das Mittelmeer-Klima sehr gut an-
gepaßte Pflanze. Sie kann aber durchaus auch im Norden gut
wachsen. Durch höhere Niederschlagsmengen wäre dort
wahrscheinlich die Ausbeute an Trockenmasse höher als in
südlichen Gebieten“, sagt Mario Rosato, Leiter der For-
schungs- und Entwicklungsabteilung der Sustainable Techno-
logies SL. Die Firma ist ein weiterer Pionier in Sachen Arundo.
Allerdings ist der Wurzelstock frostempfindlich: Dem kann
eventuell mit einem tieferen Einsetzen der Pflanzen in den
Boden begegnet werden.
Als Biogassubstrat wird die Pflanze genauso wie Mais ge-
nutzt. Die beiden sind in diesem Sinne so vergleichbar, daß
man „analog zu Silo-Mais auch von Silo-Arundo sprechen
kann“, so Marco D’Annunzio.
Unterm Strich: Arundo ist wirtschaftliche Alternative
Einige Untersuchungen im Labor zeigen, daß Arundo als
Gärsubstrat auf Grund von mehr Lignin im Stengel weniger
Gasertrag als Mais bringt. Eine Tonne Maissilage ergibt rund
200 Normkubikmeter Biogas, für Arundo liegt der Wert bei
160 Normkubikmetern – wenn allerdings die höhere Trocken-
masse-Ausbeute von Arundo berücksichtigt wird, ergibt sich,
daß die Ernte von einem Hektar Arundo die gleiche Gasmen-
ge bringt wie 1,5 Hektar Mais.
Die Kulturkosten beschränken sich auf die Etablierung der
Kultur. Sie sind mit 3.500 bis 4.000 Euro je Hektar höher als
für Mais, der bei rund 2.000 Euro je Hektar liegt. Für das
Schilfgras fallen die Kosten aber nur einmal für 15 bis 20 Jah-
re Standzeit an, für Mais dagegen jedes Jahr. In einer detail-
lierten Wirtschaftlichkeitsanalyse berechnete die Universität
Mailand die Gesamtkosten und Ausbeute einer Arundo-Plan-
tage und verglich die Werte mit den in Italien am häufigsten
verwendeten Energiepflanzen. Das Ergebnis: Strom aus
Mais kostet 7,5 bis 10,7 Cent pro Kilowattstunde, aus Arundo
dagegen 1,5 bis 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Hier lautet das
Fazit eindeutig: Es lohnt sich!
Maria Luisa Doldiwww.arundo.it
Kandidat für den Mais-Ersatz
Die ersten Anpflanzungen vonArundo donax erfolgten inItalien im Frühjahr 2013. Erst-mals geerntet wurde dort imNovember. Als Biogassub-strat, das Mais ersetzenkönnte, weckt die Pflanzegroße Hoffnungen.
Aus Italien gibt es erste Erfahrungen mit dem Schilfgras „Arundo donax“
PflanzeErtrag
Frischmasse(t/ha)
Kulturkosten (€/ha•a)
Substratkosten für produzierten
Strom (Cent/kWh)
Mais (Aussaat März) 71 2.106 7,5
Mais (Aussaat April) 65 2.098 9,4
Mais (Aussaat Juni) 56 2.098 10,7
Roggen 26 1.187 13
Triticale 90 1.248 5,9
Sorghum 128 1.655 10,7
Roggen + Mais (als Folgekultur, Aussaat Juni)
82 3.285 11,5
Triticale + Sorghum 187 2.903 9,2
Triticale + Mais (als Folgekultur, Aussaat Juni)
136 3.346 8,2
Arundo donax (min.) 97 700 2,4
Arundo donax (max.) 131 700 1,5
Vergleich von Energiepflanzen für die Biogas-Produktion. DieDaten stammen aus Feldtests, die von der Universität Mailandin der Lombardei durchgeführt wurden.
Arundo wird per Meristemkultur ver-mehrt und als Setz-ling gepflanzt.
Fotos: Arundo Italia