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Seite 1 von 9 Kapitel 4 – Das Aktionspotenzial (Deutsche Fassung: Von Seite 83 bis Seite 97 „Die Auswirkungen von Toxinen auf den Natriumkanal zusammengefasst von Christine Trenner) Einführung Wie wir bereits in Kapitel 3 erfahren haben, ist das Cytosol des Neurons im Ruhezustand im Verhältnis zur extrazellulären Flüssigkeit negativ geladen. Das Aktionspotenzial ist eine schnelle Umkehrung dieser Situation in der Form, dass kurzzeitig das Innere der Membran im Verhältnis zur Außenseite positiv geladen ist. Das Aktionspotenzial bezeichnet man häufig auch als spike, Nervenimpuls oder Entladung. Die Aktionspotenziale, die eine Zelle erzeugt, haben alle dieselbe Größe und Dauer, und sie nehmen nicht ab, wenn sie ein Axon entlang weitergeleitet werden. Entscheidend für die Codierung von Informationen sind die Frequenz und das Muster von Aktionspotenzialen. Sie bilden den Code, den das Nervensystem für die Verarbeitung von Informationen nutzt. Verlauf eines Aktionspotenzials Während des Aktionspotenzials wird das Membranenpotenzial kurzzeitig positiv. Da dies 100-mal schneller als ein Augenzwinkern erfolgt, verwendet man eine bestimmte Art von Spannungsmessgerät, ein sogenanntes Oszilloskop, um Aktionspotenziale zu untersuchen. Das Membranpotenzial enthält bestimmte charakteristische Abschnitte. Der erste Abschnitt wird als Aufstrich bezeichnet und ist durch eine schnelle Depolarisation der Membran gekennzeichnet. Diese Veränderung des Membranpotenzials setzt sich fort, bis V m ein Maximum von etwa 40mV erreicht. Den Abschnitt des Aktionspotenzials, bei dem das Innere des Neurons im Verhältnis zur Außenseite positiv geladen ist, bezeichnet man als overshoot. Die fallende Phase des Aktionspotenzials ist eine schnelle Repolarisation, bis die Membran tatsächlich negativer ist als das Ruhepotenzial. Diesen letzten Abschnitt der fallenden Phase bezeichnet man als undershoot oder Nachhyperpolarisation. Schließlich stellt sich das Ruhepotenzial allmählich wieder ein. Vom Anfang bis zum Ende dauert das Aktionspotenzial etwa zwei Millisekunden (ms). Exkurs 4.1 – Methoden für die Messung von Aktionspotenzialen Methoden für die Untersuchung von Nervenimpulsen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: intrazelluläre und extrazelluläre Messungen. Für eine intrazelluläre Messung ist es erforderlich, das Neuron oder Axon mit einer Mikroelektrode anzustechen. Die geringe Größe der meisten Neuronen macht diese Methode zu einem schwierigen Unterfangen. Das Ziel der intrazellulären Messung ist einfach: Es soll die Potenzialdifferenz zwischen der Spitze der intrazellulären Elektrode und einer Referenzelektrode in der Lösung, die das Neuron umgibt, gemessen werden. Die intrazelluläre Elektrode ist mit einer konzentrierten Salzlösung gefüllt, die eine hohe elektrische Leitfähigkeit besitzt. Die Elektrode wird mit einem Verstärker verbunden, der die Potenzialdifferenz zwischen dieser Elektrode und der Referenzelektrode misst. Diese Spannung lässt sich in einem Oszilloskop darstellen. Das Oszilloskop sendet einen Elektronenstrahl von links nach rechts quer über einen Leuchtschirm. Senkrechte Auslenkungen dieses Strahls zeigen Veränderungen der Spannung an. Zum Aktionspotenzial gehöht eine Abfolge von Ionenbewegungen durch die Nervenzellmembran. Diese elektrischen Ströme lassen sich nachweisen, ohne dass man das Neuron anstechen muss, indem man eine Elektrode in der Nähe der Membran platziert. Dies ist die Grundlage der extrazellulären Messung. Wir messen wieder die Potenzialdifferenz zwischen der Spitze der Messelektrode und der Referenzelektrode. Die Elektrode kann eine feine Glaskapillare sein, die mit einer Salzlösung gefüllt ist, häufig handelt es sich jedoch um einen dünnen

Kapitel 4

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Kapitel 4 – Das Aktionspotenzial (Deutsche Fassung: Von Seite 83 bis Seite 97 „Die Auswirkungen von Toxinen auf den Natriumkanal

zusammengefasst von Christine Trenner)

Einführung

Wie wir bereits in Kapitel 3 erfahren haben, ist das Cytosol des Neurons im Ruhezustand im

Verhältnis zur extrazellulären Flüssigkeit negativ geladen. Das Aktionspotenzial ist eine schnelle

Umkehrung dieser Situation in der Form, dass kurzzeitig das Innere der Membran im Verhältnis zur

Außenseite positiv geladen ist. Das Aktionspotenzial bezeichnet man häufig auch als spike,

Nervenimpuls oder Entladung.

Die Aktionspotenziale, die eine Zelle erzeugt, haben alle dieselbe Größe und Dauer, und sie nehmen

nicht ab, wenn sie ein Axon entlang weitergeleitet werden. Entscheidend für die Codierung von

Informationen sind die Frequenz und das Muster von Aktionspotenzialen. Sie bilden den Code, den

das Nervensystem für die Verarbeitung von Informationen nutzt.

Verlauf eines Aktionspotenzials

Während des Aktionspotenzials wird das Membranenpotenzial kurzzeitig positiv. Da dies 100-mal

schneller als ein Augenzwinkern erfolgt, verwendet man eine bestimmte Art von

Spannungsmessgerät, ein sogenanntes Oszilloskop, um Aktionspotenziale zu untersuchen.

Das Membranpotenzial enthält bestimmte charakteristische Abschnitte. Der erste Abschnitt wird als

Aufstrich bezeichnet und ist durch eine schnelle Depolarisation der Membran gekennzeichnet. Diese

Veränderung des Membranpotenzials setzt sich fort, bis Vm ein Maximum von etwa 40mV erreicht.

Den Abschnitt des Aktionspotenzials, bei dem das Innere des Neurons im Verhältnis zur Außenseite

positiv geladen ist, bezeichnet man als overshoot. Die fallende Phase des Aktionspotenzials ist eine

schnelle Repolarisation, bis die Membran tatsächlich negativer ist als das Ruhepotenzial. Diesen

letzten Abschnitt der fallenden Phase bezeichnet man als undershoot oder Nachhyperpolarisation.

Schließlich stellt sich das Ruhepotenzial allmählich wieder ein. Vom Anfang bis zum Ende dauert das Aktionspotenzial etwa zwei Millisekunden (ms).

Exkurs 4.1 – Methoden für die Messung von Aktionspotenzialen

Methoden für die Untersuchung von Nervenimpulsen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen:

intrazelluläre und extrazelluläre Messungen. Für eine intrazelluläre Messung ist es erforderlich, das

Neuron oder Axon mit einer Mikroelektrode anzustechen. Die geringe Größe der meisten Neuronen

macht diese Methode zu einem schwierigen Unterfangen.

Das Ziel der intrazellulären Messung ist einfach: Es soll die Potenzialdifferenz zwischen der Spitze der

intrazellulären Elektrode und einer Referenzelektrode in der Lösung, die das Neuron umgibt,

gemessen werden. Die intrazelluläre Elektrode ist mit einer konzentrierten Salzlösung gefüllt, die eine hohe elektrische Leitfähigkeit besitzt. Die Elektrode wird mit einem Verstärker verbunden, der

die Potenzialdifferenz zwischen dieser Elektrode und der Referenzelektrode misst. Diese Spannung

lässt sich in einem Oszilloskop darstellen. Das Oszilloskop sendet einen Elektronenstrahl von links

nach rechts quer über einen Leuchtschirm. Senkrechte Auslenkungen dieses Strahls zeigen

Veränderungen der Spannung an.

Zum Aktionspotenzial gehöht eine Abfolge von Ionenbewegungen durch die Nervenzellmembran.

Diese elektrischen Ströme lassen sich nachweisen, ohne dass man das Neuron anstechen muss,

indem man eine Elektrode in der Nähe der Membran platziert.

Dies ist die Grundlage der extrazellulären Messung. Wir messen wieder die Potenzialdifferenz zwischen der Spitze der Messelektrode und der Referenzelektrode. Die Elektrode kann eine feine

Glaskapillare sein, die mit einer Salzlösung gefüllt ist, häufig handelt es sich jedoch um einen dünnen

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isolierten Metalldraht. Normalerweise ist die Potenzialdifferenz zwischen der extrazellulären

Messelektrode und der Referenzelektrode beim Fehlen einer neuralen Aktivität gleich null. Wenn das

Aktionspotenzial jedoch an der Messstelle ankommt, fließen von der Messelektrode positive

Ladungen in das Neuron ab. Wenn sich dann das Aktionspotenzial wieder von der Elektrode entfernt,

fließen positive Ladungen durch die Membran nach außen zur Elektrode. Das extrazelluläre

Aktionspotenzial ist also gekennzeichnet durch eine kurze Wechselstrompotenzialdifferenz zwischen

Messelektrode und Referenz.

Diese Veränderungen der Spannung lassen sich mit einem Oszilloskop beobachten, aber man kann sie auch mithilfe eines Verstärkers mit Lautsprecher hörbar machen. Jeder Impuls ergibt dann ein

deutliches „Pop“-Geräusch. Tatsächlich klingt die Messung eines aktiven sensorischen Neurons wie

dir Herstellung von Popcorn.

Die Erzeugung des Aktionspotenzials

In Kapitel 3 haben wir festgestellt, dass eine Verletzung der Haut durch eine Reißzwecke ausreicht,

um ein Aktionspotenzial eines sensorischen Nervs hervorzurufen. Wir wollen uns nun anhand dieses

Beispiels ansehen, wie ein Aktionspotenzial beginnt.

Die Wahrnehmung eines deutlichen Schmerzes, wenn die Reißzwecke in den Fuß eindringt, wird

durch die Erzeugung von Aktionspotenzialen in bestimmten Nervenfasern in der Haut

hervorgebracht. Die Membran dieser Fasern besitzt eine bestimmte Art von Natriumkanälen, die sich

öffnen, wenn das Ende des Nervs gedehnt wird. Die ursprüngliche Ereignisfolge ist also folgende:

1. Die Reißzwecke dringt in die Haut ein.

2. Die Membran der Nervenfaser in der Haut wird gedehnt.

3. Na+-permeable Kanäle öffnen sich.

Aufgrund des starken Konzentrationsgradienten und der negativen Ladung des Cytosols dringen Na+-

Ionen durch diese Kanäle in die Faser ein. Dadurch wird die Membran depolarisiert, das heißt, die

cytoplasmatische Oberfläche der Membran wird weniger negativ. Wenn diese Depolarisation, die man als Rezeptorpotenzial bezeichnet, einen kritischen Wert erreicht, erzeugt die Membran ein

Aktionspotenzial. Das kritische Niveau der Depolarisation, das überschritten werden muss, um ein

Aktionspotenzial auszulösen, bezeichnet man als Schwellenwert.

Die Depolarisation, die ein Aktionspotenzial erzeugt, entsteht in verschiedenen Neuronen auf

unterschiedliche Weise. Im Beispiel oben wird die Depolarisation durch das Eindringen von Na+ über

spezialisierte Ionenkanäle verursacht, die für das Dehnen von Membranen empfindlich sind. In den

Interneuronen wird die Depolarisation normalerweise durch das Eindringen von Na+-Ionen durch

Kanäle erzielt, die auf von anderen Neuronen freigesetzte Neurotransmitter reagieren. Neben diesen

natürlichen Mechanismen können Neuronen auch durch elektrischen Strom über eine Mikroelektrode depolarisiert werden, eine Methode, die Neurowissenschaftler anwenden, um in

verschiedenen Zellen Aktionspotenziale untersuchen zu können.

Die Erzeugung von multiplen Aktionspotenzialen

Wenn wir über eine Mikroelektrode einem Neuron ständig depolarisierenden Strom zuführen,

erzeugen wir nicht ein Aktionspotenzial, sondern viele Aktionspotenziale in Folge. Die

Geschwindigkeit, Aktionspotenziale zu erzeugen, hängt von der Stärke des kontinuierlich

depolarisierenden Stroms ab. Wenn wir durch die Mikroelektrode genügend Strom zuführen, der

zwar bis zum Erreichen des Schwellenwertes, aber nicht weit darüber hinaus polarisiert, könnten wir z.B. feststellen, dass die Zelle Aktionspotenziale mit einer Geschwindigkeit erzeugt, die etwa bei

einem Impuls pro Sekunde liegt, was 1 Hertz (Hz) entspricht. Wenn wir die Stromzufuhr ein wenig

erhöhen, steigt die Erzeugungsrate der Aktionspotenziale an, z.B. auf 50 Impulse pro Sekunde (50

Hz).

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Die Entladungsrate von Aktionspotenzialen ist ein Maß für die Stärke des depolarisierenden Stroms.

Dies ist ein Mechanismus, durch den die Intensität eines Reizes im Nervensystem codiert wird.

Die Entladungsrate nimmt zwar mit der Stärke des depolarisierenden Stroms zu, aber die

Geschwindigkeit, mit der ein Neuron Aktionspotenziale erzeugen kann, ist begrenzt. Die maximale

Entladungsrate liegt bei etwa 1.000 Hz. Sobald ein Aktionspotenzial ausgelöst wird, ist es innerhalb

ungefähr der nächsten Millisekunde nicht möglich, ein weiteres auszulösen. Diesen Zeitabschnitt

bezeichnet man als absolute Refraktärzeit.

Darüber hinaus kann es sogar für mehrere weitere Millisekunden nach dem Ende der absoluten

Refraktärzeit verhältnismäßig schwierig sein, ein weiteres Aktionspotenzial auszulösen. Während dieser relativen Refraktärzeit ist die Stromstärke, die notwendig ist, um das Neuron bis zum

Erreichen des Aktionspotenzialschwellenwertes zu depolarisieren, höher als der normale Wert.

Ströme und Leitfähigkeiten in der Membran

Betrachten wird das idealisierte Neuron in Abbildung 4.4.

Die Membran dieser Zelle besitzt drei Arten von Proteinmolekülen: Natrium-Kalium-Pumpen,

Kaliumkanäle und Natriumkanäle. Die Pumpen sind ständig aktiv, um einen

Konzentrationsgradienten aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Wie bei allen unseren bisherigen

Beispielen nehmen wir an, dass innerhalb der Zelle K+ 20-mal höher konzentriert ist, als außen, und

Na+ außerhalb 10-mal höher als innen. Nach der Nernst-Gleichung gilt bei 37°C für EK = -80mV und

ENa = 62mV. Wir wollen nun anhand dieser Zelle Faktoren untersuchen, die die Bewegung der Ionen

durch die Membran bestimmen.

Wir beginnen mit der Annahme, dass sowohl die Kaliumkanäle als auch die Natriumkanäle

geschlossen sind, und dass das Membranpotenzial Vm = 0mV (Abbildung 4.4a) beträgt. Jetzt werden

wir nur die Kaliumkanäle öffnen (Abbildung 4.4b). Wie wir in Kapitel 3 erfahren haben, fließen dann

K+-Ionen aus der Zelle, ihrem Konzentrationsgradienten folgend, bis die Innenseite negativ geladen

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ist und Vm = EK ist (Abbildung 4.4c). Wenn wir uns auf die Bewegung von K+ konzentrieren, durch die

das Membranpotenzial von 0mV auf -80mV ansteigt, sind folgende drei Aspekte von Bedeutung:

1. Die Nettobewegung von K+-Ionen durch die Membran ist ein elektrischer Strom. Wir können

diesen Strom durch das Symbol IK ausdrücken.

2. Die Anzahl der offenen Kaliumkanäle ist proportional zur elektrischen Leitfähigkeit. Wir können

diese Leitfähigkeit durch das Symbol gK ausdrücken.

3. Der Kaliumstrom IK fließt nur, solange Vm ≠ EK ist. Die elektrochemische Triebkraft für K+ wird

durch die Differenz zwischen dem tatsächlichen Membranpotenzial und dem

Gleichgewichtspotenzial bestimmt, und man kann sie durch Vm – EK ausdrücken.

Es gibt einen einfachen Zusammenhang zwischen der elektrochemischen Triebkraft, der

Ionenleitfähigkeit und der Stärke des elektrischen Stroms, der dann fließt. Für K+ lässt sich das so

ausdrücken: IK = gK (Vm – EK).

Allgemeiner lautet die Gleichung so: IIon = gIon (Vm – Eion).

Wenn uns das bekannt vorkommt, so liegt das daran, dass es sich einfach um eine Anwendung des

Ohm’schen Gesetzes handelt (I = gU), über das wir in Kapitel 3 bereits etwas erfahren haben.

Ionenströme beim Aktionspotenzial

Die Membran unseres idealisierten Neurons ist nur für K+ durchlässig, und Vm = EK = -80mV. Was

geschieht nun mit den Na+-Ionen, die außerhalb der Zelle eine höhere Konzentration aufweisen als

innerhalb? Da das Membranpotenzial im Verhältnis zum Natriumgleichgewichtspotenzial stark

negativ ist, besteht für Na+ eine sehr große elektrochemische Triebkraft (Vm – ENa = -80mV – 62mV = -

142mV). Dennoch kann kein Na+-Strom auftreten, solange die Membran für Na+ impermeabel ist. Wir

wollen nun betrachten, was bei Öffnung der Natriumkanäle mit dem Membranpotenzial geschieht.

In dem Augenblick, in dem sich die Ionenpermeabilität der Membran verändert, ist gNa hoch und es

gibt, entsprechend dem bisher Gesagten, eine strake elektrochemische Triebkraft für Na+. Auf diese

Weise wird ein starker Natriumstrom Ina durch die Membran erzeugt. Na+-Ionen passieren die Natriumkanäle in der Richtung, die Vm in Richtung auf ENa verschiebt. In diesem Fall verläuft der

Natriumstrom Ina durch die Membran nach innen. Sollte die Durchlässigkeit für Natrium wesentlich

größer sein als die für Kalium, so depolarisiert dieser Einstrom von Na+ das Neuron, bis sich Vm dem

Wert von ENa = 62mV annähert.

Wie lässt sich die fallende Phase des Aktionspotenzials erklären? Angenommen, dass sich

Natriumkanäle schnell schließen und Kaliumkanäle geöffnet bleiben, sodass die vorherrschende

Membrandurchlässigkeit für Ionen wieder von Na+ zu K+ wechselt, dann würde K+ aus der Zelle

herausströmen, bis das Membranpotenzial wieder gleich EK ist. Wenn gK während der fallenden

Phase zunehmen würde, wäre das Aktionspotenzial sogar noch kürzer.

Das Aktionspotenzial in der Realität

In der Praxis erweist sich die Messung an wirklichen Neuronen als ziemlich schwierig. Der

entscheidende technische Durchbruch waren die Einführung der sogenannten Spannungsklemme,

die der amerikanische Physiologe Kenneth C. Cole erfunden hat, und die aufschlussreichen

Experimente, die die Physiologen Alan Hodgkin und Andrew Huxley um 1950 durchführten. Die

Spannungsklemme ermöglichte es Hodgkin und Huxley, das Membranpotenzial eines Axons bei

jedem beliebigen Wert abgreifen zu können. So konnten sie die Ströme messen, die durch die

Membran flossen, und auf die Veränderungen der Membranleitfähigkeit rückschließen, die bei verschiedenen Membranpotenzialen auftraten.

Heute verfügen wir aufgrund aktueller wissenschaftlicher Entwicklungen über eine genaue

Vorstellung von gesteuerten Membrankanälen. Zum einen sind Neurowissenschaftler durch neue

molekularbiologische Methoden in der Lage, die genaue Struktur dieser Proteine zu bestimmen. Zum

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anderen können sie durch neue neurophysiologische Verfahren Ionenströme messen, die einzelne

Kanäle durchqueren.

Der spannungsabhängige Natriumkanal

Die Bezeichnung „spannungsabhängiger Natriumkanal“ ist zutreffend. Das Protein bildet in der

Membran eine Pore, die für Na+-Ionen hochselektiv ist, und die Pore öffnet und schließt sich bei

Veränderungen des elektrischen Membranpotenzials.

Der spannungsabhängige Natriumkanal ist aus einem einzigen langen Polypeptid aufgebaut. Das

Molekül besitzt vier getrennte Domänen, die mit I bis IV nummeriert sind. Jede Domäne enthält

sechs Alpha-Helices, die die Membran durchspannen und als S1 bis S6 bezeichnet werden (Abbildung

4.6). Die vier Domänen lagern sich wahrscheinlich eng zusammen und bilden in ihrer Mitte eine Pore.

Die Pore schließt sich beim negativen Ruhemembranpotenzial. Wird die Membran bis zum Erreichen

des Schwellenwertes depolarisiert, ergibt sich jedoch eine Veränderung der Konfiguration, die den

Durchtritt von Na+ durch die Pore ermöglicht.

Wie der Kaliumkanal besitzt auch der Natriumkanal

Porenschleifen, die zusammen einen Selektivitätsfilter bilden. Durch diesen Filter ist der Natriumkanal für Na+ 12-mal

permeabler als für K+. Anscheinend werden von den Na+-Ionen

die meisten assoziierten Wassermoleküle abgestreift, wenn sie

den Kanal passieren. Das verbliebene Wasser dient als eine Art

molekularer Reisebegleiter für das Ion und ist für die Passage

des Ions durch den Selektivitätsfilter notwendig. Der Ionen-

Wasser-Komplex kann dazu dienen, Na+ zu selektieren und K+

auszuschließen.

Der Natriumkanal wird über die Veränderung der Spannung quer zur Membran gesteuert. Inzwischen

ist bekannt, dass sich der Spannungssensor im Abschnitt S4 des Moleküls befindet. In diesem

Abschnitt liegen positiv geladene Aminosäurereste in regelmäßigen Abständen auf den Windungen

der Helix. Der gesamte Abschnitt kann also durch Veränderungen des Membranpotenzials in

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Bewegung gesetzt werden. Eine Depolarisation verdreht S4, und diese Konformationsänderung im

Molekül führt dazu, dass sich die Schleuse öffnet.

Funktionelle Eigenschaften des Natriumkanals

Mit dem sogenannten patch clamp untersucht man die Ströme, die durch einzelne Ionenkanäle

fließen. Bei der Patch-Clamp-Methode wird die Spitze einer Glaselektrode so auf die Zellmembran

aufgesetzt, dass ein sehr kleiner Membranfleck (patch) elektrisch vom Außenmedium abgedichtet

wird. Dieser Membranfleck kann dann vom Neuron entfernt werden, und es ist möglich, den Ionenstrom durch den Fleck zu messen, da das Membranpotenzial bei jedem gewünschten Wert

konstant gehalten werden kann. Mit etwas Glück enthält der Membranfleck nur einen einzigen

Kanal, dessen Verhalten man dann genauer untersuchen kann. Mithilfe der Patch-Clamp-Methode

gelang es Mitarbeitern des Max-Planck-Institut in Göttingen, die funktionellen Eigenschaften des

spannungsabhängigen Natriumkanals zu bestimmen.

Ändert man das Membranpotenzial eines Stückes Axonmembran von -80mV auf -65mV, so hat das

nur geringe Auswirkungen auf die spannungsabhängigen Natriumkanäle. Sie bleiben geschlossen, da

die Depolarisation der Membran nicht den Schwellenwert erreicht. Verändert man jedoch das

Membranpotenzial von -65mV auf -40mV, öffnen sich diese Kanäle. Wie in Abbildung 4.9 dargestellt ist, zeigen spannungsabhängige Natriumkanäle ein charakteristisches Verhaltensmuster:

1. Sie öffnen sich mit einer geringen Verzögerung.

2. Sie bleiben etwa 1 ms offen und schließen sich dann (werden inaktiviert).

3. Sie können sich nicht wieder durch eine Depolarisation öffnen, bevor das Membranpotenzial

wieder einen negativen Wert nahe dem Schwellenwert erreicht hat.

Ein einzelner Kanal kann kein Aktionspotenzial auslösen. Die Membran eines Axons kann pro Quadratmikrometer (μm2) viele Tausend Natriumkanäle enthalten, und die gemeinsame Aktivierung

dieser Kanäle ist erforderlich, um ein messbares Aktionspotenzial zu erzeugen. Dennoch ist es

interessant festzustellen, wie viele der Eigenschaften des Aktionspotenzials durch die des

spannungsabhängigen Natriumkanals erklärbar sind. So erklärt z.B. die Tatsache, dass sich einzelne

Kanäle nicht öffnen, bevor ein kritischer Wert der Membrandepolarisation erreicht ist, den

Schwellenwert des Aktionspotenzials. Das schnelle Öffnen der Kanäle als Reaktion auf die

Depolarisation erklärt, warum der Aufstrich des Aktionspotenzials so schnell einsetzt. Und die nur

kurze Zeit, die die Kanäle geöffnet bleiben, bevor sie inaktiviert werden erklärt, warum das

Aktionspotenzial so kurz dauert. Darüber hinaus ist die Inaktivierung der Kanäle für die absolute

Refraktärzeit verantwortlich: Es kann kein weiteres Aktionspotenzial ausgelöst werden, bevor die Kanäle deinaktiviert worden sind.

Im menschlichen Genom gibt es mehrere verschiedene Gene für Natriumkanäle. Unterschiedliche

Expressionsmuster dieser Gene in den verschiedenen Neuronen können dazu führen, dass die

Aktionspotenziale zwar geringe, aber wichtige Unterschiede aufweisen. Vor kurzem wurde

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nachgewiesen, dass Mutationen einzelner Aminosäuren in den extrazellulären Bereichen eines

Natriumkanals eine verbreitete Erbkrankheit bei Kleinkindern verursachen, die man als generalisierte

Epilepsie mit Fieberkrämpfen bezeichnet. Epileptische Anfälle entstehen durch explosionsartige,

hochgradig synchrone elektrische Aktivitäten im Gehirn. Bei dieser Erkrankung erfolgen die Anfälle

als Reaktion auf Fieber. Sie treten normalerweise nur in der frühen Kindheit auf, im Alter zwischen

drei Monaten und fünf Jahren. Es ist zwar nicht geklärt, wie genau die Anfälle durch eine erhöhte

Temperatur im Gehirn ausgelöst werden, aber neben anderen Auswirkungen verlangsamen die

Mutationen die Inaktivierung des Natriumkanals und verlängern so das Aktionspotenzial. Die

generalisierte Epilepsie mit Fieberkrämpfen ist eine „Kanalerkrankung“, eine genetisch bedingte Krankheit des Menschen, die durch Veränderungen der Struktur und Funktion von Ionenkanälen

auftritt.

Chapter 4.2. ; ab S.82:

„The Action Potential, In Reality“

Blick zurück: die Membran wird durch Na+ -Ionen depolarisiert, dieses muss schnell gehen aufgrund

der kurzen Dauer eines Aktionpotentials (AP) ; während „falling phase“ verlassen K+-Ionen das

depolarisierte Neuron (schneller).

Bahnbrechend zur Untersuchung der APs: „Voltage Clamp“ (von Hodgkin and Huxley) – ermöglicht

„abklemmen“ des Membran Potentials an jeder gewünschten Stelle am Axon, so konnten sie die Stromflüsse messen…

Sie entdeckten „Sodium Gates“ ( Natrium Kanäle) – aktiviert und offen bei Depolaristion – Inaktiv

und geschlossen wenn die Membran ein positives Membran Potential erreicht.

„The Voltage-Gated Sodium Channel“

Dieses Protein formt eine Pore in der Membran, die hochsensibel auf Na+-Ionen reagiert, und diese

Pore ist offen bzw. geschlossen je nach elektrischem Potential.

Struktur:

Eine einfache lange Polypeptidkette, in 4 Bereiche unterteil, jeder Bereich besteht aus 6

transmembranen Alpha Helices. Pore ist geschlossen bei negativem Membran-Potential – bei Depolarisation – Na+ kann durch die

Pore eindringen. Zusätzlich dienen „Pore Loops“ als Filter. Dabei sind die zurückgebliebenen

Wassermoleküle wichtig um durch diesen Filter zu gelangen.

Methode „Patch Clamp“ um die Ionenströme durch die Kanäle zu untersuchen. ( Pipette wird

angesetzt um Stromstöße zu induzieren)

„V.G. Sodium Channels“ haben folgende charakteristische Verhaltensweisen:

Sie öffnen mit Verzögerung.

Sie bleiben etwa 1msec offen und werden danach wieder inaktiv.

Sie können nicht offen bleiben bis das Membran-Potential wieder negativ ist.

Es existieren viele verschiedene Sodium Channel Gene im menschlichen Genom. Bei Mutationen kommt es zu Störungen wie z.B. bei der „generalized epilepsy with febrile seizures“. Diese

verlangsamt die Deaktivierung der Sodium Channels.

generell: „Channelopathy“: genetischer Defekt bei Schädigung in Struktur und Fuktion der Ionen

Kanäle.

„The Effects of Toxins on the Sodium Channel“

Tetrodotoxin: (TTX) hemmt die Na+ Poren indem es sich an die Außenseite des Channels heftet.

Somit hemmt es alle Natrium abhängigen APs.

Anderes „channel-blocking“ Gifte: Saxitoxin

Weitere chem. Substanzen (Verbindungen) die mit dem Nervensystem interagieren und dafür sorgen, dass sich die Channels unkontrolliert öffnen bzw dass die Channels länger offen bleiben als

normal: Batrachotoxin; Veratridine bzw. Aconitine

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„Voltage-Gated Potassium Channels“

Während falling phase, als Antwort auf Depolarisation; Öffnen aber nicht sofort nach Depolaristion,

sondern mit 1msec Verspätung, deswegen „delayed rectifier“ genannt.

Viele verschiedene Arten von Potassium Channels – die meisten haben aber dieselbe Aufgabe: K+

Ionen einen Weg zu geben die Zelle durch die Membran zu verlassen.

Das Channel-Protein besteht auch aus 4 Polypeptiden die wiederum eine Pore formen ähnlich wie

bei den Sodium Channels. Nur hier wird eben den K+ der Durchfluss durch die Pore gewährt.

„Putting the Pieces Together“ Threshold: Membran-Potential, bei dem genug Sodium Channels offen sind damit mehr Natrium wie

Kalium durchdringen kann.

Rising Phase: Inneres der Membran negativ – Na+ dringen in die Zelle und depolarisieren

Overshoot: zu viel Na+ - Membran Potential größer als 0 mV.

Falling Phase: Sodium Channels inaktiv – Potassium Channels aktiv – K+ aus der Zelle raus

Undershoot: wenig Na+ Durchlässigkeit – Hyperpolarisation

Absolute refractory period: Sodium Channels inaktiv, können nicht aktiviert werden bis Membran

Potential wieder negativ.

Realtive refractory period: Membran Potential bleibt hyperpolarisiert bis Potassium Channel

geschlossen. Wichtig: „Sodium – Potassium Pump“ arbeitet eigentlich eher leise im Hintergrund, aber es ist immer

wichtig um die Ionen durch ihre Kanäle zu bewegen:

„Action Potential Conduction“

Um Informationen übers Nervensystem zu transportieren, muss das AP über die Axone

weitergeleitet werden.

APs an einem Ende eines Axons gehen nur in eine Richtung( orthodromic), die Membran dahinter ist

refräktär, aber es kann an beiden Enden eines Axons entstehen und in beide Richtungen gehen (

antidromic).

AP Geschwindigkeit: 10m/sec auf einer Länge eines 2cm langen Axons.

„Factors Influencing Conduction Velocity“

Geschwindigkeit des APs abhängig, wie weit die Depolarisation des AP streut, außerdem abhängig

von den physischen Eigenschaften des Axons.

2 Möglichkeiten wie sich die positive Ladung ausbreitet:

innerhalb des Axons

quer durch die axonale Membran

Wenn ein Axon viele geöffnete Poren besitzt, fließt das meiste durch die Membran, bei wenigen

Poren fließt die Strömung durch das Axon.

Evolutionäre Entwicklung: je überlebenswichtiger der neuronale Weg, desto größer die Axone. Abhängig von der Größe auch die Erregbarkeit: Schmalere Axone benötigen eine größere

Depolarisation um ein AP zu erreichen und sind anfälliger für lokale Anästesien. (blocken APs in

Axonen)

„Myelin and Saltatory Conduction“

Myelin Schicht besteht aus viele Lagen, bereitgestellt von Glia Zellen – Schwann Zellen (peripheres

NS) und Oligodendroglia ( ZNS ) – nicht nur um den Fluß im Axon zu halten, wirkt außerdem

beschleunigend auf die Geschwindigkeit.

Schicht nicht durchgehend, unterbrochen durch Ranvier’sche Ringe (dort kreuzen die Ionen – APs

werden generiert) Voltage-Gated Sodium Channels sind vor allem in der Membran dieser Ringe.

Distanz zwischen Ranvier’schen Ringen etwa 0.2 – 2.0 mm.

APs springen von Ring zu Ring, diesen nennt man „Saltatory Conduction“

Anhang: Multiple Sklerose und Guillain-Barre Syndrom durch Schädigung der Myelin-Schicht.

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Spike Initiation Zone:

Region der Membran wo normalerweise APs generiert werden.

„Concluding Remarks“

Spezielle Ionen Kanäle – erlauben positiv geladenen Na+ Ionen in die Nervenenden einzudringen –

diese depolarisieren die Membran an der Spike-Initiation Zone – AP ist generiert – die positive

Ladung, durch Rising Phase des AP eingetreten, wandert das Axon hinunter und depolarisiert die

Membran bei einer gewissen Schwelle – so wandert das AP wie eine Welle das Axon entlang – nun ist

es an dem Punkt wo die getragene Information ins NS integriert werden muss -> Synaptic Transmission….Kapitel 5