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Kapitel 5 Wahrscheinlichkeit

Kapitel 5 Wahrscheinlichkeit. Kapitel 5 © Beutelspacher Dezember 2004 Seite 2 Inhalt 5.1 Grundbegriffe, X,... 5.2 Wahrscheinlichkeitsräume (, P) 5.3 Das

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Kapitel 5

Wahrscheinlichkeit

Kapitel 5

Wahrscheinlichkeit

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InhaltInhalt

5.1 Grundbegriffe

, X, ...

5.2 Wahrscheinlichkeitsräume

(, P)

5.3 Das Laplace-Modell

P(A) = A/

5.4 Erwartungswert

E(X)

Literatur: N. Henze: Stochastik für Einsteiger (die erste Hälfte).

A. Engel: Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik

5.1 Grundbegriffe

, X, ...

5.2 Wahrscheinlichkeitsräume

(, P)

5.3 Das Laplace-Modell

P(A) = A/

5.4 Erwartungswert

E(X)

Literatur: N. Henze: Stochastik für Einsteiger (die erste Hälfte).

A. Engel: Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik

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5.1 Zufallsexperimente5.1 Zufallsexperimente

Beispiele: Münzwurf, Würfeln, ...

Wir sprechen von einem (idealen) Zufallsexperiment, wenn die

folgenden Bedingungen erfüllt sind:

• Versuchsbedingungen klar definiert. Zum Beispiel: Auswahl des

Würfels, ...)

• Menge der Ergebnisse (Ausgänge): vor der Durchführung

bekannt. Zum Beispiel: = {1, 2, 3, 4, 5, 6}.

• Das Experiment kann beliebig oft unter den gleichen Bedingungen

wiederholt werden.

Beispiele: Münzwurf, Würfeln, ...

Wir sprechen von einem (idealen) Zufallsexperiment, wenn die

folgenden Bedingungen erfüllt sind:

• Versuchsbedingungen klar definiert. Zum Beispiel: Auswahl des

Würfels, ...)

• Menge der Ergebnisse (Ausgänge): vor der Durchführung

bekannt. Zum Beispiel: = {1, 2, 3, 4, 5, 6}.

• Das Experiment kann beliebig oft unter den gleichen Bedingungen

wiederholt werden.

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Beispiele für ZufallsexperimenteBeispiele für Zufallsexperimente

• Münzwurf

= {Kopf, Zahl} oder = {K, Z} oder = {0, 1}.

• Anzahl der Würfe bis zur ersten Sechs

= {1, 2, 3, 4, ...}

• In einer Box liegen vier mit 1, 2, 3, 4 beschriftete Kugeln; zwei

Kugeln werden mit einem Griff gezogen.

= { {1,2}, {1,3}, {1,4}, {2,3}, {2,4}, {3,4} }.

• Zweimaliges Werfen mit einem Würfel.

= { (1,1), (1,2), (1,3), ..., (2,1), (2,2), ..., (3,1), ..., (6,6)}.

• Lotto 6-aus-49

= alle 6-elementige Teilmengen von {1, 2, 3, ..., 49}.

• Münzwurf

= {Kopf, Zahl} oder = {K, Z} oder = {0, 1}.

• Anzahl der Würfe bis zur ersten Sechs

= {1, 2, 3, 4, ...}

• In einer Box liegen vier mit 1, 2, 3, 4 beschriftete Kugeln; zwei

Kugeln werden mit einem Griff gezogen.

= { {1,2}, {1,3}, {1,4}, {2,3}, {2,4}, {3,4} }.

• Zweimaliges Werfen mit einem Würfel.

= { (1,1), (1,2), (1,3), ..., (2,1), (2,2), ..., (3,1), ..., (6,6)}.

• Lotto 6-aus-49

= alle 6-elementige Teilmengen von {1, 2, 3, ..., 49}.

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NotationNotation

= {1, 3, 3, ...} („omega“) heißt Ergebnismenge

(manchmal auch Grundraum).

Wenn man das Experiment n mal durchführt, hat man als

Ergebnismenge die Menge

bzw. wenn die i-te i Ergebnismenge vom Index i abhängt:

123n

= {1, 3, 3, ...} („omega“) heißt Ergebnismenge

(manchmal auch Grundraum).

Wenn man das Experiment n mal durchführt, hat man als

Ergebnismenge die Menge

bzw. wenn die i-te i Ergebnismenge vom Index i abhängt:

123n

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EreignisseEreignisse

In vielen Situationen interessieren nicht alle Ausgänge,

sondern nur spezielle.

Beispiele:

• Beim Würfeln interessiert nur, ob man eine 6 würfelt.

• Beim Würfeln mit zwei Würfeln kann eventuell nur interessieren,

ob die Summe der Augenzahlen mindestens 8 ist.

• Beim dreimaligen Werfen einer Münze interessiert nur,

ob zwei aufeinanderfolgende Würfe das gleiche Ergebnis haben.

In vielen Situationen interessieren nicht alle Ausgänge,

sondern nur spezielle.

Beispiele:

• Beim Würfeln interessiert nur, ob man eine 6 würfelt.

• Beim Würfeln mit zwei Würfeln kann eventuell nur interessieren,

ob die Summe der Augenzahlen mindestens 8 ist.

• Beim dreimaligen Werfen einer Münze interessiert nur,

ob zwei aufeinanderfolgende Würfe das gleiche Ergebnis haben.

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Definition: EreignisDefinition: Ereignis

Definition: Ein Ereignis ist eine Teilmenge von .

D.h. in dieser Teilmenge werden die interessierenden Ausgänge

zusammengefasst.

Ereignisse werden üblicherweise mit großen lateinischen

Buchstaben A, B, ... Bezeichnet.

{} = : unmögliches Ereignis

{}: Elementarereignis (

Definition: Ein Ereignis ist eine Teilmenge von .

D.h. in dieser Teilmenge werden die interessierenden Ausgänge

zusammengefasst.

Ereignisse werden üblicherweise mit großen lateinischen

Buchstaben A, B, ... Bezeichnet.

{} = : unmögliches Ereignis

{}: Elementarereignis (

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Rechnen mit EreignissenRechnen mit Ereignissen

Da Ereignisse Teilmengen von sind, kann man

den Durchschnitt A B, die Vereinigung A B, die Differenz A \ B

der Ereignisse A und B bilden.

A := \ A: Gegenereignis, Komplement von A

Ereignisse A, B unvereinbar, falls A B = {}. Ereignisse A1, A2, A3, ..., An unvereinbar,

falls je zwei der Mengen disjunkt sind.

Schreibweise: Ai = A1 + A2 + ... + An := A1 A2 ... An

für unvereinbare Ereignisse Ai.

Da Ereignisse Teilmengen von sind, kann man

den Durchschnitt A B, die Vereinigung A B, die Differenz A \ B

der Ereignisse A und B bilden.

A := \ A: Gegenereignis, Komplement von A

Ereignisse A, B unvereinbar, falls A B = {}. Ereignisse A1, A2, A3, ..., An unvereinbar,

falls je zwei der Mengen disjunkt sind.

Schreibweise: Ai = A1 + A2 + ... + An := A1 A2 ... An

für unvereinbare Ereignisse Ai.

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BeispielBeispiel

Zweimaliges Würfeln mit einem Würfel

Ereignis A: Der erste Wurf ist eine 5.

A = {(5,1), (5,2), (5,3), (5,4), (5,5), (5,6)}.

Ereignis B: Die Augenzahl aus beiden Würfen ist mindestens 9.

B = {(3,6), (4,5), (4,6), (5,4), (5,5), (5,6), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6)}.

A B = {(5,4), (5,5), (5,6)}.

A \ B = {(5,1), (5,2), (5,3)}.

B \ A = {(3,6), (4,5), (4,6), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6)}L

Zweimaliges Würfeln mit einem Würfel

Ereignis A: Der erste Wurf ist eine 5.

A = {(5,1), (5,2), (5,3), (5,4), (5,5), (5,6)}.

Ereignis B: Die Augenzahl aus beiden Würfen ist mindestens 9.

B = {(3,6), (4,5), (4,6), (5,4), (5,5), (5,6), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6)}.

A B = {(5,4), (5,5), (5,6)}.

A \ B = {(5,1), (5,2), (5,3)}.

B \ A = {(3,6), (4,5), (4,6), (6,3), (6,4), (6,5), (6,6)}L

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ErinnerungErinnerung

Seien A, B, C Ereignisse. Dann gelten die folgenden Gesetze:

A B = B A, A B = B A Kommutativgesetz

(A B) C = A (B C), (A B) C = A (B C) Assoziativges.

A (B C) = (A B) (A C) Distributivgesetz

A B = A B, A B = A B Regeln von de

Morgan

A1 A2 ... An = A1 A2 ... An .

Seien A, B, C Ereignisse. Dann gelten die folgenden Gesetze:

A B = B A, A B = B A Kommutativgesetz

(A B) C = A (B C), (A B) C = A (B C) Assoziativges.

A (B C) = (A B) (A C) Distributivgesetz

A B = A B, A B = A B Regeln von de

Morgan

A1 A2 ... An = A1 A2 ... An .

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ZufallsvariableZufallsvariable

Definition. Sei ein Grundraum. Eine Zufallsvariable ist eine

Abbildung

X: R.

Vorstellung: Jedem Ausgang eines Zufallsexperiments wird eine

reelle Zahl X() zugeordnet („Realisierung der Zufallsvariablen zum

Ausgang “).

Beispiel: Bei einem Glücksspiel ist X() der Gewinn bzw. Verlust

beim Ausgang des Spiels.

Bem. 1. Eine Zufallsvariable ist keine Variable, sondern eine

Funktion. 2. Sie wird nicht mit g, ... bezeichnet, sondern mit X, Y, ...

Definition. Sei ein Grundraum. Eine Zufallsvariable ist eine

Abbildung

X: R.

Vorstellung: Jedem Ausgang eines Zufallsexperiments wird eine

reelle Zahl X() zugeordnet („Realisierung der Zufallsvariablen zum

Ausgang “).

Beispiel: Bei einem Glücksspiel ist X() der Gewinn bzw. Verlust

beim Ausgang des Spiels.

Bem. 1. Eine Zufallsvariable ist keine Variable, sondern eine

Funktion. 2. Sie wird nicht mit g, ... bezeichnet, sondern mit X, Y, ...

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BeispielBeispiel

Zweimaliges Würfeln:

= {(1,1), (1,2), ..., (6,6)} = {(i,j) i, j {1, 2, 3, 4, 5, 6}}.

X() = i + j, falls = (i,j)

(i: Augenzahl des ersten Wurf, j: Augenzahl des zweiten Wurfs).

Beobachtung: Aus der Realisierung X() kann man im allgemeinen

nicht zurückgewinnen. Zum Beispiel haben die drei Ausgänge

(1,3), (2,2), (3.1) die Realisierung 4.

Zweimaliges Würfeln:

= {(1,1), (1,2), ..., (6,6)} = {(i,j) i, j {1, 2, 3, 4, 5, 6}}.

X() = i + j, falls = (i,j)

(i: Augenzahl des ersten Wurf, j: Augenzahl des zweiten Wurfs).

Beobachtung: Aus der Realisierung X() kann man im allgemeinen

nicht zurückgewinnen. Zum Beispiel haben die drei Ausgänge

(1,3), (2,2), (3.1) die Realisierung 4.

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Wichtige (und schwierige ...) SchreibweiseWichtige (und schwierige ...) Schreibweise

Wir schreiben

{X = k} := { X() = k}.

Das ist das Ereignis, dass X den Wert k annimmt.

Beispiel (zweifaches Würfeln):

{X = 4} = {(1,3), (2,2), (3,1)}.

Wir können die Ereignisse {X = 2}, {X = 3}, ..., {X = 12} wieder als

Elementarereignisse eines Experiments auffassen, bei dem nicht ,

sondern X() als Ausgang angesehen wird.

Wir schreiben

{X = k} := { X() = k}.

Das ist das Ereignis, dass X den Wert k annimmt.

Beispiel (zweifaches Würfeln):

{X = 4} = {(1,3), (2,2), (3,1)}.

Wir können die Ereignisse {X = 2}, {X = 3}, ..., {X = 12} wieder als

Elementarereignisse eines Experiments auffassen, bei dem nicht ,

sondern X() als Ausgang angesehen wird.

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BeispieleBeispiele

Zweimaliges Würfeln

• Augensumme ist 9: {X = 9}

• Augensumme ist mindestens 10: {X = 10} + {X = 11} + {X = 12}

• Augensumme ist höchstens 5: {X = 2} + {X = 3} + {X = 4} + {X = 5}.

Zweimaliges Würfeln

• Augensumme ist 9: {X = 9}

• Augensumme ist mindestens 10: {X = 10} + {X = 11} + {X = 12}

• Augensumme ist höchstens 5: {X = 2} + {X = 3} + {X = 4} + {X = 5}.

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Rechnen mit ZufallsvariablenRechnen mit Zufallsvariablen

Aus einer bzw. zwei Zufallsvariablen kann man neue

Zufallsvariablen machen. Seien dazu X und Y Zufallsvariablen,

d.h. Abbildungen von R.

1. Produkt einer Zufallsvariablen mit einer reellen Zahl.

Die Abbildung aX: R, die definiert ist durch (aX)() := aX()

ist eine Zufallsvariable.

2. Summe zweier Zufallsvariablen.

Die Abbildung X+Y : R, die definiert ist durch (X+Y)() := X()

+Y() ist eine Zufallsvariable.

3. Entsprechend: Differenz, Produkt, Maximum, Minimum.

Aus einer bzw. zwei Zufallsvariablen kann man neue

Zufallsvariablen machen. Seien dazu X und Y Zufallsvariablen,

d.h. Abbildungen von R.

1. Produkt einer Zufallsvariablen mit einer reellen Zahl.

Die Abbildung aX: R, die definiert ist durch (aX)() := aX()

ist eine Zufallsvariable.

2. Summe zweier Zufallsvariablen.

Die Abbildung X+Y : R, die definiert ist durch (X+Y)() := X()

+Y() ist eine Zufallsvariable.

3. Entsprechend: Differenz, Produkt, Maximum, Minimum.

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BeispielBeispiel

Zweifaches Würfeln

Sei = (i, j),

X() = i (Augenzahl beim ersten Wurf),

Y() = j (Augenzahl beim zweiten Wurf).

Dann ist

X+Y = Summe der Augenzahlen

max(X, Y) = höchste Augenzahl

min(X, Y) = niedrigste Augenzahl

X–Y = Differenz des zweiten vom ersten Wurf

(X+Y)/2 = Durchschnitt der beiden Würfe

Zweifaches Würfeln

Sei = (i, j),

X() = i (Augenzahl beim ersten Wurf),

Y() = j (Augenzahl beim zweiten Wurf).

Dann ist

X+Y = Summe der Augenzahlen

max(X, Y) = höchste Augenzahl

min(X, Y) = niedrigste Augenzahl

X–Y = Differenz des zweiten vom ersten Wurf

(X+Y)/2 = Durchschnitt der beiden Würfe

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IndikatorfunktionIndikatorfunktion

Definition. Sei A ein Ereignis, d.h. eine Teilmenge von . Die Indikatorfunktion IA ist die Zufallsvariable, die 1 ist,

wenn das Ergebnis zu A gehört, und 0 sonst. Das heißt

IA() = 1, falls ,

IA() = 0, falls .

Die Realisierung von IA gibt an, ob das Ereignis eingetreten ist.

Beispiel: Sei A das Ereignis, beim einfachen Würfeln eine gerade

Zahl zu würfeln. Dann ist

IA(1) = IA(3) = IA(5) = 0, IA(2) = IA() = IA(6) = 1.

Definition. Sei A ein Ereignis, d.h. eine Teilmenge von . Die Indikatorfunktion IA ist die Zufallsvariable, die 1 ist,

wenn das Ergebnis zu A gehört, und 0 sonst. Das heißt

IA() = 1, falls ,

IA() = 0, falls .

Die Realisierung von IA gibt an, ob das Ereignis eingetreten ist.

Beispiel: Sei A das Ereignis, beim einfachen Würfeln eine gerade

Zahl zu würfeln. Dann ist

IA(1) = IA(3) = IA(5) = 0, IA(2) = IA() = IA(6) = 1.

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Dezember 2004Seite 18

Hilfssatz über IndikatorfunktionenHilfssatz über Indikatorfunktionen

5.1.1 Hilfssatz. Sei X eine Zufallsvariable,

und seien A und B Ereignisse. Dann gilt

IAB = IA IB.

In Worten: Die Indikatorfunktion des Durchschnitts zweier Ereignisse

ist gleich dem Produkt der einzelnen Indikatorfunktionen.

5.1.2 Folgerung. IA = IA IA.

Beweis der Folgerung: Setze B = A. Dann ist A B = A A = A.

5.1.1 Hilfssatz. Sei X eine Zufallsvariable,

und seien A und B Ereignisse. Dann gilt

IAB = IA IB.

In Worten: Die Indikatorfunktion des Durchschnitts zweier Ereignisse

ist gleich dem Produkt der einzelnen Indikatorfunktionen.

5.1.2 Folgerung. IA = IA IA.

Beweis der Folgerung: Setze B = A. Dann ist A B = A A = A.

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Dezember 2004Seite 19

Beweis des HilfssatzesBeweis des Hilfssatzes

Beweis. Sei ein Ergebnis. Wir unterscheiden zwei Fälle.

1. Fall: A B.Dann ist IA B) = 1.

Andererseits ist IA) = 1 und I B) = 1, da sowohl in A als

auch in B liegt. Somit ist auch (IAI B) = IA)I B) = 11 = 1.

Also gilt L.S. = R.S.

2. Fall: A B.Dann ist IA B) = 0.

Ferner ist A oder B. Somit ist IA) = 0 oder I B) = 0.

Also ist in jedem Fall (IAI B) = IA)I B) = 0.

Also ist auch im 2. Fall L.S. = R.S.

Beweis. Sei ein Ergebnis. Wir unterscheiden zwei Fälle.

1. Fall: A B.Dann ist IA B) = 1.

Andererseits ist IA) = 1 und I B) = 1, da sowohl in A als

auch in B liegt. Somit ist auch (IAI B) = IA)I B) = 11 = 1.

Also gilt L.S. = R.S.

2. Fall: A B.Dann ist IA B) = 0.

Ferner ist A oder B. Somit ist IA) = 0 oder I B) = 0.

Also ist in jedem Fall (IAI B) = IA)I B) = 0.

Also ist auch im 2. Fall L.S. = R.S.

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Dezember 2004Seite 20

ZählvariablenZählvariablen

Sei ein Grundraum, und seien A, B, C, ... Ereignisse.

Problem: Wir wollen beschreiben,

wie oft eines der Ereignisse A, B, C, ... auftritt.

Dies wird durch die folgende Zufallsvariable X beschrieben:

X = IA + IB + IC + ...

(Denn: Wenn wir die rechte Seite auf ein Ergebnis anwenden,

erhalten wir bei einem einzelnen Summanden eine 1, wenn w zu

diesem Ereignis gehört, und sonst eine 0.

Also X() die Anzahl der Ereignisse, zu denen gehört.)

Sei ein Grundraum, und seien A, B, C, ... Ereignisse.

Problem: Wir wollen beschreiben,

wie oft eines der Ereignisse A, B, C, ... auftritt.

Dies wird durch die folgende Zufallsvariable X beschrieben:

X = IA + IB + IC + ...

(Denn: Wenn wir die rechte Seite auf ein Ergebnis anwenden,

erhalten wir bei einem einzelnen Summanden eine 1, wenn w zu

diesem Ereignis gehört, und sonst eine 0.

Also X() die Anzahl der Ereignisse, zu denen gehört.)

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Dezember 2004Seite 21

BeispielBeispiel

In vielen Situationen interessiert die Anzahl der „Treffer“.

Beispiele: Würfeln (Treffer: 6, Niete: alles andere), Münzwurf (Treffer:

Kopf, Niete: Zahl), Lotto (Treffer: 6-er, Niete: alles andere),

zweimaliges Würfeln (Treffer: Augenzahl 8, Niete: Augenzahl < 8).

Modellierung: Wir beschreiben einen Treffer durch die Zahl 1, eine

Niete durch 0.

Dann ist die Ergebnismenge (bei n Grundexperimenten):

= {0,1}n = {(a1, a2, ..., an) ai {0,1}}.

X = a1 + a2 + ... + an ist die Zufallsvariable, die die Anzahl der Treffer

angibt.

In vielen Situationen interessiert die Anzahl der „Treffer“.

Beispiele: Würfeln (Treffer: 6, Niete: alles andere), Münzwurf (Treffer:

Kopf, Niete: Zahl), Lotto (Treffer: 6-er, Niete: alles andere),

zweimaliges Würfeln (Treffer: Augenzahl 8, Niete: Augenzahl < 8).

Modellierung: Wir beschreiben einen Treffer durch die Zahl 1, eine

Niete durch 0.

Dann ist die Ergebnismenge (bei n Grundexperimenten):

= {0,1}n = {(a1, a2, ..., an) ai {0,1}}.

X = a1 + a2 + ... + an ist die Zufallsvariable, die die Anzahl der Treffer

angibt.

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Dezember 2004Seite 22

Relative HäufigkeitRelative Häufigkeit

Um die Chancen eines Zufallsexperiments abzuschätzen, führt man

es häufig durch.

Beispiel: Werfen einer realen Münze (Zahl: 1, Kopf: 0):

1011000111 11101100011 0100111010 0000011011

0000110110

Relative Häufigkeit für das Auftreten einer 1 nach 10, 20, ...

Versuchen:

0,6 0,65 0,6 0,55 0,52

Man hat den Eindruck, dass sich die relativen Häufigkeiten

„stabilisieren“.

Um die Chancen eines Zufallsexperiments abzuschätzen, führt man

es häufig durch.

Beispiel: Werfen einer realen Münze (Zahl: 1, Kopf: 0):

1011000111 11101100011 0100111010 0000011011

0000110110

Relative Häufigkeit für das Auftreten einer 1 nach 10, 20, ...

Versuchen:

0,6 0,65 0,6 0,55 0,52

Man hat den Eindruck, dass sich die relativen Häufigkeiten

„stabilisieren“.

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Dezember 2004Seite 23

Definition relative HäufigkeitDefinition relative Häufigkeit

Definition. Wir führen ein Zufallsexperiment n mal durch. Wir

wollen wissen, „wie häufig“ der Ausgang zu einem Ereignis A

gehört. Angenommen, das Experiment liefert die Ausgänge a1, a2, ..., an.

Dann ist die relative Häufigkeit bezüglich dieser Experimente

definiert durch

r = rn(A) = {i ai A} / n.

Rezept: Zähle, wie oft der Ausgang in A liegt, dividiere durch n.

Achtung! Die relative Häufigkeit ist eine empirische Zahl!

Definition. Wir führen ein Zufallsexperiment n mal durch. Wir

wollen wissen, „wie häufig“ der Ausgang zu einem Ereignis A

gehört. Angenommen, das Experiment liefert die Ausgänge a1, a2, ..., an.

Dann ist die relative Häufigkeit bezüglich dieser Experimente

definiert durch

r = rn(A) = {i ai A} / n.

Rezept: Zähle, wie oft der Ausgang in A liegt, dividiere durch n.

Achtung! Die relative Häufigkeit ist eine empirische Zahl!

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Dezember 2004Seite 24

Eigenschaften der relativen HäufigkeitenEigenschaften der relativen Häufigkeiten

• rn 0 für alle Zufallsexperimente und alle Ereignisse

(„Nichtnegativität“).

• Wenn A und B zwei unvereinbare Ereignisse sind, dann gilt

rn(A B) = rn(A) + rn(B).

(„Additivität)

• rn() = 1 („Normiertheit“)

• rn 0 für alle Zufallsexperimente und alle Ereignisse

(„Nichtnegativität“).

• Wenn A und B zwei unvereinbare Ereignisse sind, dann gilt

rn(A B) = rn(A) + rn(B).

(„Additivität)

• rn() = 1 („Normiertheit“)

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 25

Stabilisierung empirischer Häufigkeiten Stabilisierung empirischer Häufigkeiten

• Bei vielen Experimenten „hat man das Gefühl“, dass sich die

empirischen Häufigkeiten stabilisieren.

• Beispiele: Münzwurf, Werfen einer Reißzwecke, Würfeln, ...

• Wenn z.B. ein Würfel „auf Dauer“ deutlich mehr als ein Sechstel

Sechsen zeigen würde, würde man nicht an einen fairen Würfel

glauben.

• Dieses Gesetz über die Stabilisierung empirischer Häufigkeiten ist

aber nur eine Erfahrungstatsache, kein mathematisches Gesetz!

• Alle Versuche, den Zufall mathematisch über den Weg der relativen

Häufigkeiten zu beschreiben, sind i.w. gescheitert ...

• Bei vielen Experimenten „hat man das Gefühl“, dass sich die

empirischen Häufigkeiten stabilisieren.

• Beispiele: Münzwurf, Werfen einer Reißzwecke, Würfeln, ...

• Wenn z.B. ein Würfel „auf Dauer“ deutlich mehr als ein Sechstel

Sechsen zeigen würde, würde man nicht an einen fairen Würfel

glauben.

• Dieses Gesetz über die Stabilisierung empirischer Häufigkeiten ist

aber nur eine Erfahrungstatsache, kein mathematisches Gesetz!

• Alle Versuche, den Zufall mathematisch über den Weg der relativen

Häufigkeiten zu beschreiben, sind i.w. gescheitert ...

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Dezember 2004Seite 26

5.2 Wahrscheinlichkeitsräume5.2 Wahrscheinlichkeitsräume

Definition. Ein (endlicher) Wahrscheinlichkeitsraum (W-Raum)

besteht aus einem Grundraum und einer Abbildung P, die jeder

Teilmenge A von eine reelle Zahl P(A) zuordnet, so dass

folgende Gesetze gelten:

• P(A) 0 für alle A . Nichtnegativität

• P(A B) = P(A) + P(B), falls A B = {}. Additivität

• P() = 1. Normiertheit

Wir schreiben (, P).

P heißt Wahrscheinlichkeitsverteilung (Wahrscheinlichkeitsmaß) auf

. Die Zahl P(A) heißt die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A.

Definition. Ein (endlicher) Wahrscheinlichkeitsraum (W-Raum)

besteht aus einem Grundraum und einer Abbildung P, die jeder

Teilmenge A von eine reelle Zahl P(A) zuordnet, so dass

folgende Gesetze gelten:

• P(A) 0 für alle A . Nichtnegativität

• P(A B) = P(A) + P(B), falls A B = {}. Additivität

• P() = 1. Normiertheit

Wir schreiben (, P).

P heißt Wahrscheinlichkeitsverteilung (Wahrscheinlichkeitsmaß) auf

. Die Zahl P(A) heißt die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A.

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Dezember 2004Seite 27

BemerkungenBemerkungen

• Mit diesen Axiomen werden nur „Spielregeln“ im Umgang mit den

mathematischen Wahrscheinlichkeiten festgelegt.

• Obwohl die Axiome nach dem Vorbild der Eigenschaften der

relativen Häufigkeiten gebildet sind, handelt es sich um Aussagen

über mathematische Objekte.

• Die Axiome ergeben sich nicht zwangsläufig aus der Erfahrung.

• Umgekehrt: Bei einer Anwendung muss man überprüfen, ob die

realen Bedingungen den mathematischen Axiomen entsprechen.

• Mit diesen Axiomen werden nur „Spielregeln“ im Umgang mit den

mathematischen Wahrscheinlichkeiten festgelegt.

• Obwohl die Axiome nach dem Vorbild der Eigenschaften der

relativen Häufigkeiten gebildet sind, handelt es sich um Aussagen

über mathematische Objekte.

• Die Axiome ergeben sich nicht zwangsläufig aus der Erfahrung.

• Umgekehrt: Bei einer Anwendung muss man überprüfen, ob die

realen Bedingungen den mathematischen Axiomen entsprechen.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 28

Erste EigenschaftenErste Eigenschaften

5.2.1 Hilfssatz. Sei (, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum.

(a) P({}) = 0.

(b) P(A B C) = P(A) + P(B) + P(C), falls A, B, C unvereinbar

sind.

(c) P(A B) = P(A) + P(B) – P(A B) für beliebige Ereignisse A, B.

(d) P(A) 1 für alle A.

(e) P(A) = 1 – P(A).

(f) Wenn A B, dann ist P(A) P(B).

5.2.1 Hilfssatz. Sei (, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum.

(a) P({}) = 0.

(b) P(A B C) = P(A) + P(B) + P(C), falls A, B, C unvereinbar

sind.

(c) P(A B) = P(A) + P(B) – P(A B) für beliebige Ereignisse A, B.

(d) P(A) 1 für alle A.

(e) P(A) = 1 – P(A).

(f) Wenn A B, dann ist P(A) P(B).

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Dezember 2004Seite 29

Beweis (a)Beweis (a)

(a) folgt aus der Additivität

P(A B) = P(A) + P(B) (falls A B = { })

und der Normiertheit

P() = 1

der Wahrscheinlichkeitsverteilung P, wenn wir A = { } und B =

setzen:

1 = P() = P({ } ) = P({ }) + P() = P({ }) + 1,

also P({ }) = 0.

(a) folgt aus der Additivität

P(A B) = P(A) + P(B) (falls A B = { })

und der Normiertheit

P() = 1

der Wahrscheinlichkeitsverteilung P, wenn wir A = { } und B =

setzen:

1 = P() = P({ } ) = P({ }) + P() = P({ }) + 1,

also P({ }) = 0.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 30

Beweis (b)Beweis (b)

(b) folgt durch mehrfaches Ausnutzen der Additivität

P(A B) = P(A) + P(B) (falls A B = { })

der Wahrscheinlichkeitsverteilung P:

P(A B C) = P((A B) C)

= P(A B) + P(C)

= P(A) + P(B) + P(C).

(b) folgt durch mehrfaches Ausnutzen der Additivität

P(A B) = P(A) + P(B) (falls A B = { })

der Wahrscheinlichkeitsverteilung P:

P(A B C) = P((A B) C)

= P(A B) + P(C)

= P(A) + P(B) + P(C).

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Dezember 2004Seite 31

Beweis (c)Beweis (c)

(c) Wir zerlegen die Menge A B in die disjunkten Teile A \ B, A B

und B \ A. Nach (b) gilt dann

P(A B) = P(A \ B) + P(A B) + P(B \ A).

Aufgrund der Additivität gilt

P(A) = P(A B) + P(A \ B) (denn A = (A B) (A \ B)),

P(B) = P(A B) + P(B \ A) (denn B = (B A) (B \ A)).

Lösen wir diese beiden Gleichungen nach P(A \ B) bzw. P(B \ A) auf,

und setzen das Ergebnis in die obere Gleichung ein, so ergibt sich

P(A B) = P(A) + P(B) - P(A B).

(c) Wir zerlegen die Menge A B in die disjunkten Teile A \ B, A B

und B \ A. Nach (b) gilt dann

P(A B) = P(A \ B) + P(A B) + P(B \ A).

Aufgrund der Additivität gilt

P(A) = P(A B) + P(A \ B) (denn A = (A B) (A \ B)),

P(B) = P(A B) + P(B \ A) (denn B = (B A) (B \ A)).

Lösen wir diese beiden Gleichungen nach P(A \ B) bzw. P(B \ A) auf,

und setzen das Ergebnis in die obere Gleichung ein, so ergibt sich

P(A B) = P(A) + P(B) - P(A B).

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Dezember 2004Seite 32

Beweise (e), (d) und (f)Beweise (e), (d) und (f)

(e) Wir zerlegen den Grundraum in die disjunkten Teilmengen A und

A. Aufgrund der Normiertheit und der Additivität von P folgt:

1 = P( ) = P(A A) = P(A) + P(A).

(d) Da P(A) 0 gilt, folgt aus (e): P(A) = 1 - P(A) 0, also P(A) 1.

(f) Wenn A B ist, dann können wir B in die disjunkten Teilmengen A

und B \ A zerlegen. Daher ist

P(B) = P(A) + P(B \ A).

Da P(B \ A) 0 ist, folgt P(B) P(A).

(e) Wir zerlegen den Grundraum in die disjunkten Teilmengen A und

A. Aufgrund der Normiertheit und der Additivität von P folgt:

1 = P( ) = P(A A) = P(A) + P(A).

(d) Da P(A) 0 gilt, folgt aus (e): P(A) = 1 - P(A) 0, also P(A) 1.

(f) Wenn A B ist, dann können wir B in die disjunkten Teilmengen A

und B \ A zerlegen. Daher ist

P(B) = P(A) + P(B \ A).

Da P(B \ A) 0 ist, folgt P(B) P(A).

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Dezember 2004Seite 33

Wahrscheinlichkeit von ElementarereignissenWahrscheinlichkeit von Elementarereignissen

Frage: Müssen wir die Wahrscheinlichkeitsverteilung P für jede

Teilmenge A von einzeln definieren?

(Bereits bei | | = 10 wären das 210 = 1024 Teilmengen, für die wir die

Wahrscheinlichkeit festlegen müßten!)

Antwort: Nein! Es genügt, jedem Elementarereignis {} eine

Wahrscheinlichkeit P({}) zuzuordnen. Zur Abkürzung: p() := P({}).

Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A ergibt sich dann wie folgt.

5.2.2 Satz. Sei A ( {}) ein Ereignis im Grundraum . Dann gilt

P(A) = p().

Frage: Müssen wir die Wahrscheinlichkeitsverteilung P für jede

Teilmenge A von einzeln definieren?

(Bereits bei | | = 10 wären das 210 = 1024 Teilmengen, für die wir die

Wahrscheinlichkeit festlegen müßten!)

Antwort: Nein! Es genügt, jedem Elementarereignis {} eine

Wahrscheinlichkeit P({}) zuzuordnen. Zur Abkürzung: p() := P({}).

Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A ergibt sich dann wie folgt.

5.2.2 Satz. Sei A ( {}) ein Ereignis im Grundraum . Dann gilt

P(A) = p(). A

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 34

BeweisBeweis

Beweis.

Jedes Ereignis A besteht aus gewissen Ergebnissen .

Wir können A wie folgt als Vereinigung von Elementarereignissen {}

schreiben:

A = {}.

Da die Elementarereignisse disjunkt sind, ergibt sich aufgrund der

Additivitätseigenschaft

P(A) = P( {}) = p().

Beweis.

Jedes Ereignis A besteht aus gewissen Ergebnissen .

Wir können A wie folgt als Vereinigung von Elementarereignissen {}

schreiben:

A = {}.

Da die Elementarereignisse disjunkt sind, ergibt sich aufgrund der

Additivitätseigenschaft

P(A) = P( {}) = p(). A

A

A

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 35

5.3 Das Laplace-Modell5.3 Das Laplace-Modell

Idee: Bei vielen Zufallsexperimenten sind alle Elementarexperimente

„gleich wahrscheinlich“.

Beispiele: Würfeln mit einem „korrekten“ Würfel, Werfen einer

„fairen“ Münze.

Definition: Sei = {1, 2, ..., s} eine s-elementige Menge,

und sei

p() = 1/s für alle .

Dann heißt (, P) ein Laplacescher Wahrscheinlichkeitsraum.

Man nennt P die diskrete Gleichverteilung (Laplace-Verteilung).

Idee: Bei vielen Zufallsexperimenten sind alle Elementarexperimente

„gleich wahrscheinlich“.

Beispiele: Würfeln mit einem „korrekten“ Würfel, Werfen einer

„fairen“ Münze.

Definition: Sei = {1, 2, ..., s} eine s-elementige Menge,

und sei

p() = 1/s für alle .

Dann heißt (, P) ein Laplacescher Wahrscheinlichkeitsraum.

Man nennt P die diskrete Gleichverteilung (Laplace-Verteilung).

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 36

BemerkungenBemerkungen

5.3.1 Satz. In einem Laplaceschen Wahrscheinlichkeitsraum gilt

P(A) = A / s = A /

für alle Ereignisse A.

(Beweis. Sei A = {1, 2, ..., t}. Dann folgt mit 5.2.2

P(A) = p(1) + p(2) + ... + p(t) = t 1/s = A / s.)

Pierre Simon Laplace (1749 – 1827): Professor in Paris.

5.3.1 Satz. In einem Laplaceschen Wahrscheinlichkeitsraum gilt

P(A) = A / s = A /

für alle Ereignisse A.

(Beweis. Sei A = {1, 2, ..., t}. Dann folgt mit 5.2.2

P(A) = p(1) + p(2) + ... + p(t) = t 1/s = A / s.)

Pierre Simon Laplace (1749 – 1827): Professor in Paris.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 37

Beispiel: Zweifaches WürfelnBeispiel: Zweifaches Würfeln

Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt die Augenzahl 5

(oder irgend ein Zahl zwischen 2 und 12) auf?

= {(1,1), ..., (6.6)} = {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}

(1,1) (1,2) (1,3) (1,4) (1,5) (1,6)

(2,1) (2,2) (2,3) (2,4) (2,5) (2,6)

(3,1) (3,2) (3,3) (3,4) (3,5) (3,6)

(4,1) (4,2) (4,3) (4,4) (4,5) (4,6)

(5,1) (5,2) (5,3) (5,4) (5,5) (5,6)

(6,1) (6,2) (6,3) (6,4) (6,5) (6,6)

Laplacescher Wahrscheinlichkeitsraum p() = 1/36.

Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt die Augenzahl 5

(oder irgend ein Zahl zwischen 2 und 12) auf?

= {(1,1), ..., (6.6)} = {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}

(1,1) (1,2) (1,3) (1,4) (1,5) (1,6)

(2,1) (2,2) (2,3) (2,4) (2,5) (2,6)

(3,1) (3,2) (3,3) (3,4) (3,5) (3,6)

(4,1) (4,2) (4,3) (4,4) (4,5) (4,6)

(5,1) (5,2) (5,3) (5,4) (5,5) (5,6)

(6,1) (6,2) (6,3) (6,4) (6,5) (6,6)

Laplacescher Wahrscheinlichkeitsraum p() = 1/36.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 38

Beispiel: zweifaches Würfeln. Die WahrscheinlichkeitenBeispiel: zweifaches Würfeln. Die Wahrscheinlichkeiten

X(w) = i+j für w = (i, j).

{X = 5} = {(1,4), (2,3), (3,2), (4,1)}.

Also P(X = 5) = 4/36 = 1/9.

Im allgemeinen gilt

P(X = 2) = 1/36, P(X = 3) = 2/36, P(X = 4) = 3/36, P(X = 5) = 4/36,

P(X = 6) = 5/36, P(X = 7) = 6/36, P(X = 8) = 5/36, P(X = 9) = 4/36,

P(X = 10) = 3/36, P(X = 11) = 2/36, P(X = 12) = 1/36.

X(w) = i+j für w = (i, j).

{X = 5} = {(1,4), (2,3), (3,2), (4,1)}.

Also P(X = 5) = 4/36 = 1/9.

Im allgemeinen gilt

P(X = 2) = 1/36, P(X = 3) = 2/36, P(X = 4) = 3/36, P(X = 5) = 4/36,

P(X = 6) = 5/36, P(X = 7) = 6/36, P(X = 8) = 5/36, P(X = 9) = 4/36,

P(X = 10) = 3/36, P(X = 11) = 2/36, P(X = 12) = 1/36.

Page 39: Kapitel 5 Wahrscheinlichkeit. Kapitel 5 © Beutelspacher Dezember 2004 Seite 2 Inhalt 5.1 Grundbegriffe, X,... 5.2 Wahrscheinlichkeitsräume (, P) 5.3 Das

Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 39

Beispiel (Leibniz)Beispiel (Leibniz)

Leibniz (Gottfried Wilhelm Leibniz, 1646 – 1716) meinte, dass beim

Würfeln mit zwei Würfeln die Augensummen 11 und 12 gleich

wahrscheinlich sind.

Offenbar betrachtet Leibniz Grundraum

= {(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), (2,2), (2,3), (2,4), (2,5), (2,6),

(3,3), (3,4), (3,5), (3,6), (4,4), (4,5), (4,6), (5,5), (5,6), (6,6)}

wobei (i,j) interpretiert wird als „ein Würfel zeigt i, der andere j“.

Es gibt genau ein Experiment , das die Realisierung X() = 11

und genau ein Experiment, das die Realisierung 12 hat.

Aber ...

Leibniz (Gottfried Wilhelm Leibniz, 1646 – 1716) meinte, dass beim

Würfeln mit zwei Würfeln die Augensummen 11 und 12 gleich

wahrscheinlich sind.

Offenbar betrachtet Leibniz Grundraum

= {(1,1), (1,2), (1,3), (1,4), (1,5), (1,6), (2,2), (2,3), (2,4), (2,5), (2,6),

(3,3), (3,4), (3,5), (3,6), (4,4), (4,5), (4,6), (5,5), (5,6), (6,6)}

wobei (i,j) interpretiert wird als „ein Würfel zeigt i, der andere j“.

Es gibt genau ein Experiment , das die Realisierung X() = 11

und genau ein Experiment, das die Realisierung 12 hat.

Aber ...

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 40

Beispiel (Leibniz): FortsetzungBeispiel (Leibniz): Fortsetzung

... aber es handelt sich nicht um einen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum.

Das heißt: Nicht alle Elementarereignisse sind gleich wahrscheinlich!

Lösung: In unserer Vorstellung müssen wir die Würfel unterscheiden

(z.B. einer rot, einer schwarz).

Dann gibt es für die Augenzahl 12 nur einen Ausgang (nämlich rot

= 6 und schwarz = 6), aber für die Augensumme 11 zwei Ausgänge

(rot = 5, schwarz = 6 und rot = 6 und schwarz = 5).

Mit anderen Worten: Wenn man die Gleichverteilung anwenden will,

muss man den Grundraum = {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}

betrachten.

... aber es handelt sich nicht um einen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum.

Das heißt: Nicht alle Elementarereignisse sind gleich wahrscheinlich!

Lösung: In unserer Vorstellung müssen wir die Würfel unterscheiden

(z.B. einer rot, einer schwarz).

Dann gibt es für die Augenzahl 12 nur einen Ausgang (nämlich rot

= 6 und schwarz = 6), aber für die Augensumme 11 zwei Ausgänge

(rot = 5, schwarz = 6 und rot = 6 und schwarz = 5).

Mit anderen Worten: Wenn man die Gleichverteilung anwenden will,

muss man den Grundraum = {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}

betrachten.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 41

Beispiel (Galilei)Beispiel (Galilei)

Galileo Galilei (1564 – 1642) wurde folgende Frage gestellt:

Warum ist beim dreimaligen Würfeln die Augensumme 10

wahrscheinlicher als die Augensumme 9

– obwohl es jeweils gleich viele Kombinationen gibt, nämlich

1 2 6, 1 3 5, 2 2 5, 2 3 4, 1 4 4, 3 3 3 bzw.

1 3 6, 2 2 6, 1 4 5, 2 3 5, 2 4 4, 3 4 4 ???

Mögliche Antworten: (a) Es gibt zwar gleich viele „Kombinationen“,

diese haben aber nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit.

(b) Am besten betrachtet man den zugehörigen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum:

Galileo Galilei (1564 – 1642) wurde folgende Frage gestellt:

Warum ist beim dreimaligen Würfeln die Augensumme 10

wahrscheinlicher als die Augensumme 9

– obwohl es jeweils gleich viele Kombinationen gibt, nämlich

1 2 6, 1 3 5, 2 2 5, 2 3 4, 1 4 4, 3 3 3 bzw.

1 3 6, 2 2 6, 1 4 5, 2 3 5, 2 4 4, 3 4 4 ???

Mögliche Antworten: (a) Es gibt zwar gleich viele „Kombinationen“,

diese haben aber nicht die gleiche Wahrscheinlichkeit.

(b) Am besten betrachtet man den zugehörigen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum:

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 42

Beispiel (Galilei). LösungBeispiel (Galilei). Lösung

= {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}. = 63 = 216.

X() = i + j + k, wobei = (i, j, k) ist.

Das Ereignis {X = 9} besteht aus

6 Permutation von 1 2 6,

6 Permutationen von 135,

3 unterscheidbaren Permutation von 2 2 5,

6 Permutationen von 2 3 4,

3 unterscheidbaren Permutationen von 1 4 4,

dem Wurf 3 3 3.

Also P(X = 9) = 25/216. Andererseits ist P(X = 10) = 27/216.

= {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6} {1, 2, ..., 6}. = 63 = 216.

X() = i + j + k, wobei = (i, j, k) ist.

Das Ereignis {X = 9} besteht aus

6 Permutation von 1 2 6,

6 Permutationen von 135,

3 unterscheidbaren Permutation von 2 2 5,

6 Permutationen von 2 3 4,

3 unterscheidbaren Permutationen von 1 4 4,

dem Wurf 3 3 3.

Also P(X = 9) = 25/216. Andererseits ist P(X = 10) = 27/216.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 43

Das ZiegenproblemDas Ziegenproblem

In einer Spielshow steht der Gewinner am Ende vor folgender

Situation:

• Vor sich sieht er drei Türen. Er weiß: Hinter einer steht ein Auto,

hinter den beiden anderen nur eine Ziege (= Niete).

• Er wählt eine Tür – ohne sie zu öffnen.

• Dann öffnet der Showmaster eine andere Tür, hinter der eine Ziege

steht.

• Jetzt fragt der Showmaster den Kandidaten: Wollen sie die von

Ihnen gewählte Tür wechseln?

Problem: Kann die Mathematik dem Kandidaten helfen?

In einer Spielshow steht der Gewinner am Ende vor folgender

Situation:

• Vor sich sieht er drei Türen. Er weiß: Hinter einer steht ein Auto,

hinter den beiden anderen nur eine Ziege (= Niete).

• Er wählt eine Tür – ohne sie zu öffnen.

• Dann öffnet der Showmaster eine andere Tür, hinter der eine Ziege

steht.

• Jetzt fragt der Showmaster den Kandidaten: Wollen sie die von

Ihnen gewählte Tür wechseln?

Problem: Kann die Mathematik dem Kandidaten helfen?

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 44

Das Ziegenproblem: Ask Marylin!Das Ziegenproblem: Ask Marylin!

Das Ziegenproblem wurde durch folgendes Ereignis bekannt:

Marylin vos Savant, angeblich der Mensch mit dem höchsten

Intelligenzquotient, hat in den U.S.A. eine Kolumne („Ask Marylin“),

in der sie alle möglichen kniffligen Fragen beantwortet.

Auf das Ziegenproblem antwortete sie, dass Wechseln die

Gewinnchancen erhöht, und zwar auf das Doppelte.

Das Ergebnis war eine heiße Diskussionen, in der Marilyn heftigst

angegriffen wurde. Teilweise „wissenschaftlich“ („offensichtlich hat

bei zwei verbleibenden Möglichkeiten jede die gleiche Chance“),

teilweise unwissenschaftlich („Frauen und Mathematik ...“)

ABER ...

Das Ziegenproblem wurde durch folgendes Ereignis bekannt:

Marylin vos Savant, angeblich der Mensch mit dem höchsten

Intelligenzquotient, hat in den U.S.A. eine Kolumne („Ask Marylin“),

in der sie alle möglichen kniffligen Fragen beantwortet.

Auf das Ziegenproblem antwortete sie, dass Wechseln die

Gewinnchancen erhöht, und zwar auf das Doppelte.

Das Ergebnis war eine heiße Diskussionen, in der Marilyn heftigst

angegriffen wurde. Teilweise „wissenschaftlich“ („offensichtlich hat

bei zwei verbleibenden Möglichkeiten jede die gleiche Chance“),

teilweise unwissenschaftlich („Frauen und Mathematik ...“)

ABER ...

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 45

Das Ziegenproblem: Marylin hat Recht!Das Ziegenproblem: Marylin hat Recht!

5.3.2 Satz. Wenn man bei seiner Entscheidung bleibt, hat man eine

Gewinnchance von (nur) 1/3.

Wenn man wechselt, gewinnt man mit der Wahrscheinlichkeit 2/3.

Beweis. Wir nehmen an, dass der Kandidat jede der drei Türen mit

Wahrscheinlichkeit 1/3 wählt (Laplace-Verteilung).

(a) Der Kandidat wechselt nicht. Dann wählt er eine Tür und hat mit

Wahrscheinlichkeit 1/3 das Auto.

5.3.2 Satz. Wenn man bei seiner Entscheidung bleibt, hat man eine

Gewinnchance von (nur) 1/3.

Wenn man wechselt, gewinnt man mit der Wahrscheinlichkeit 2/3.

Beweis. Wir nehmen an, dass der Kandidat jede der drei Türen mit

Wahrscheinlichkeit 1/3 wählt (Laplace-Verteilung).

(a) Der Kandidat wechselt nicht. Dann wählt er eine Tür und hat mit

Wahrscheinlichkeit 1/3 das Auto.

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Dezember 2004Seite 46

Das Ziegenproblem: Der Kandidat wechselt die TürDas Ziegenproblem: Der Kandidat wechselt die Tür

(b) Der Kandidat wechselt. Wenn er (mit Wahrscheinlichkeit 1/3) die

Autotür gewählt hat, verliert er.

Mit Wahrscheinlichkeit 2/3 hat er eine Ziegentür gewählt.

Der Showmaster öffnet die andere Ziegentür!

Das heißt: Wechseln bringt den Kandidaten zwangsläufig zur

Autotür!

Literatur: G.v. Randow: Das Ziegenproblem. rororo.

(b) Der Kandidat wechselt. Wenn er (mit Wahrscheinlichkeit 1/3) die

Autotür gewählt hat, verliert er.

Mit Wahrscheinlichkeit 2/3 hat er eine Ziegentür gewählt.

Der Showmaster öffnet die andere Ziegentür!

Das heißt: Wechseln bringt den Kandidaten zwangsläufig zur

Autotür!

Literatur: G.v. Randow: Das Ziegenproblem. rororo.

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Dezember 2004Seite 47

Das GeburtstagsparadoxDas Geburtstagsparadox

Frage 1: Wie groß muss eine Gruppe von Personen sein, dass die

Wahrscheinlichkeit > ½ ist, dass zwei dieser Personen am gleichen

Tag des Jahres Geburtstag haben?

Frage 1: Wie groß muss eine Gruppe von Personen sein, dass die

Wahrscheinlichkeit > ½ ist, dass zwei dieser Personen am gleichen

Tag des Jahres Geburtstag haben?

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Dezember 2004Seite 48

Das Geburtstagsparadox IIDas Geburtstagsparadox II

Frage 2: Am 29. 6. 1995 ging folgende Meldung durch die Presse:

„(dpa) Zum ersten Mal in der 40jährigen Geschichte des deutschen

Zahlenlottos wurden zwei identische Gewinnreihen festgestellt. Am

21. Juni dieses Jahres kam im Lotto am Mittwoch in der Ziehung A

die Gewinnreihe 15-25-27-30-42-48 heraus. Genau die selben

Zahlen wurden bei der 1628. Ausspielung im Samstagslotto schon

einmal gezogen, nämlich am 20. Dezember 1986. Welch ein

Lottozufall: Unter den 49 Zahlen sind fast 14 Millionen verschiedene

Sechserreihen möglich.“

Ist das wirklich so unwahrscheinlich?

Frage 2: Am 29. 6. 1995 ging folgende Meldung durch die Presse:

„(dpa) Zum ersten Mal in der 40jährigen Geschichte des deutschen

Zahlenlottos wurden zwei identische Gewinnreihen festgestellt. Am

21. Juni dieses Jahres kam im Lotto am Mittwoch in der Ziehung A

die Gewinnreihe 15-25-27-30-42-48 heraus. Genau die selben

Zahlen wurden bei der 1628. Ausspielung im Samstagslotto schon

einmal gezogen, nämlich am 20. Dezember 1986. Welch ein

Lottozufall: Unter den 49 Zahlen sind fast 14 Millionen verschiedene

Sechserreihen möglich.“

Ist das wirklich so unwahrscheinlich?

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Dezember 2004Seite 49

Modellierung des GeburtstagsproblemsModellierung des Geburtstagsproblems

Wir stellen uns n Fächer vor. Dies ist die Anzahl aller

Möglichkeiten. Bei den Geburtstagen ist n = 365 (Anzahl der

möglichen Geburtstage). Beim Lotto ist n 14 Millionen (Anzahl der

möglichen Ziehungen).

Nun werden die Fächer sukzessiv zufällig besetzt.

Frage: Wann wird das erste Fach doppelt besetzt, d.h. wann tritt die

erste Kollision auf ?

Xn = Zeitpunkt der ersten Kollision beim sukzessiven, rein zufälligen

Besetzen von n Fächern.

Wir stellen uns n Fächer vor. Dies ist die Anzahl aller

Möglichkeiten. Bei den Geburtstagen ist n = 365 (Anzahl der

möglichen Geburtstage). Beim Lotto ist n 14 Millionen (Anzahl der

möglichen Ziehungen).

Nun werden die Fächer sukzessiv zufällig besetzt.

Frage: Wann wird das erste Fach doppelt besetzt, d.h. wann tritt die

erste Kollision auf ?

Xn = Zeitpunkt der ersten Kollision beim sukzessiven, rein zufälligen

Besetzen von n Fächern.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 50

Ergebnis zum GeburtstagsparadoxErgebnis zum Geburtstagsparadox

5.3.3 Satz. P(Xn k+1) = n(n–1)(n–2)...(n–k+1) / nk.

Dies ist die Wahrscheinlichkeit, dass bis zur (k+1)-ten Belegung

noch keine Kollision aufgetreten ist.

Beweis. Wir gehen davon aus, dass alle Belegungen der Fächer mit

k Objekten gleichwahrscheinlich ist (Laplace-Modell).

Dann ist n(n–1)(n–2)...(n–k+1) die Anzahl der Belegungen ohne

Kollision und nk ist die Anzahl aller Belegungen.

Die Aussage des Satz ergibt sich jetzt durch Satz 5.3.1

(„Wahrscheinlichkeit = Anzahl der günstigen Fälle durch Anzahl der

möglichen Fälle“).

5.3.3 Satz. P(Xn k+1) = n(n–1)(n–2)...(n–k+1) / nk.

Dies ist die Wahrscheinlichkeit, dass bis zur (k+1)-ten Belegung

noch keine Kollision aufgetreten ist.

Beweis. Wir gehen davon aus, dass alle Belegungen der Fächer mit

k Objekten gleichwahrscheinlich ist (Laplace-Modell).

Dann ist n(n–1)(n–2)...(n–k+1) die Anzahl der Belegungen ohne

Kollision und nk ist die Anzahl aller Belegungen.

Die Aussage des Satz ergibt sich jetzt durch Satz 5.3.1

(„Wahrscheinlichkeit = Anzahl der günstigen Fälle durch Anzahl der

möglichen Fälle“).

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Dezember 2004Seite 51

Folgerung und AnwendungenFolgerung und Anwendungen

5.3.4 Folgerung. P(Xn k) = 1 – n(n–1)(n–2)...(n–k+1) / nk.

Dies ist die Wahrscheinlichkeit, dass bis zur k-ten Belegung

mindestens eine Kollision aufgetreten ist.

Beispiel 1: n = 365. P(Xn 22) 0,4757; P(Xn 23) 0,5073;

P(Xn 26) 0,5982; P(Xn 40) 0,8912; P(Xn 60) 0,99412.

D.h.: Bei 60 Personen ist die Wahrscheinlichkeit über 99%, dass

zwei am gleichen Tag Geburtstag haben.

Beispiel 2: n = 13983816. P(Xn 3500) 0,3546; P(Xn 4500)

0,5152; P(Xn 5500) 0,6609; P(Xn 6500) 0,7792.

5.3.4 Folgerung. P(Xn k) = 1 – n(n–1)(n–2)...(n–k+1) / nk.

Dies ist die Wahrscheinlichkeit, dass bis zur k-ten Belegung

mindestens eine Kollision aufgetreten ist.

Beispiel 1: n = 365. P(Xn 22) 0,4757; P(Xn 23) 0,5073;

P(Xn 26) 0,5982; P(Xn 40) 0,8912; P(Xn 60) 0,99412.

D.h.: Bei 60 Personen ist die Wahrscheinlichkeit über 99%, dass

zwei am gleichen Tag Geburtstag haben.

Beispiel 2: n = 13983816. P(Xn 3500) 0,3546; P(Xn 4500)

0,5152; P(Xn 5500) 0,6609; P(Xn 6500) 0,7792.

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Dezember 2004Seite 52

Zeitpunkt der ersten KollisionZeitpunkt der ersten Kollision

5.3.5 Satz. Bei einer sukzessiven, rein zufälligen Besetzung von n

Fächer ist der Zeitpunkt der ersten Kollision etwa n.

5.3.5 Satz. Bei einer sukzessiven, rein zufälligen Besetzung von n

Fächer ist der Zeitpunkt der ersten Kollision etwa n.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 53

5.4 Der Erwartungswert5.4 Der Erwartungswert

Mit dem Begriff des Erwartungswerts kann man u.a. Probleme des

folgenden Typs lösen:

Sie spielen folgendes Spiel: Sie werfen eine Münze 4 mal. Wenn

jedesmal Kopf erscheint, gewinnen Sie 20 Euro, wenn in genau 3

Würfen Kopf erscheint, gewinnen Sie 10 Euro.

Der Einsatz pro Spiel beträgt 4 Euro.

Würden Sie ein solches Spiel auf Dauer spielen?

Mit dem Begriff des Erwartungswerts kann man u.a. Probleme des

folgenden Typs lösen:

Sie spielen folgendes Spiel: Sie werfen eine Münze 4 mal. Wenn

jedesmal Kopf erscheint, gewinnen Sie 20 Euro, wenn in genau 3

Würfen Kopf erscheint, gewinnen Sie 10 Euro.

Der Einsatz pro Spiel beträgt 4 Euro.

Würden Sie ein solches Spiel auf Dauer spielen?

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 54

Allgemeinere FragestellungAllgemeinere Fragestellung

Wir stellen uns ein Glücksrad vor mit den Sektoren 1, 2, ..., s.

Wenn der Zeiger im Sektor i stehen bleibt, erhält man den Gewinn

X(i).

Wir spielen das Spiel n mal. Dabei bleibt der Zeiger h1 mal im

Sektor 1, h2 mal im Sektor 2, ..., hs mal im Sektor s stehen.

Dann ist die durchschnittliche Auszahlung pro Spiel gleich

( h1 X(1) + h2 X(2) +...+ hs X(s) ) / n

= X(1) h1/n + X(2) h2/n +...+ X(s) hs/n .

Wir stellen uns ein Glücksrad vor mit den Sektoren 1, 2, ..., s.

Wenn der Zeiger im Sektor i stehen bleibt, erhält man den Gewinn

X(i).

Wir spielen das Spiel n mal. Dabei bleibt der Zeiger h1 mal im

Sektor 1, h2 mal im Sektor 2, ..., hs mal im Sektor s stehen.

Dann ist die durchschnittliche Auszahlung pro Spiel gleich

( h1 X(1) + h2 X(2) +...+ hs X(s) ) / n

= X(1) h1/n + X(2) h2/n +...+ X(s) hs/n .

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 55

Definition ErwartungswertDefinition Erwartungswert

Wenn man (für großes n) die relative Häufigkeit hi/n durch die

Wahrscheinlichkeit p(i) beschreibt, wird der vorige Ausdruck zu:

X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s) .

Das ist die auf lange Sicht erwartete Auszahlung pro Spiel.

Definition. Sei = {1, 2, ..., s} ein endlicher Grundraum mit

Wahrscheinlichkeitsverteilung P, und sei X eine Zufallsvariable.

Dann nennt man die Zahl

E(X) = X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s)

den Erwartungswert der Zufallsvariablen X.

Wenn man (für großes n) die relative Häufigkeit hi/n durch die

Wahrscheinlichkeit p(i) beschreibt, wird der vorige Ausdruck zu:

X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s) .

Das ist die auf lange Sicht erwartete Auszahlung pro Spiel.

Definition. Sei = {1, 2, ..., s} ein endlicher Grundraum mit

Wahrscheinlichkeitsverteilung P, und sei X eine Zufallsvariable.

Dann nennt man die Zahl

E(X) = X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s)

den Erwartungswert der Zufallsvariablen X.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 56

BeispieleBeispiele

Beispiel 1: einfaches Würfeln. Sei X() die Augenzahl beim Wurf .

Dann ist

E(X) = 1 1/6 + 2 1/6 + 3 1/6 + 4 1/6 + 5 1/6 + 6 1/6 = 3,5.

Beispiel 2: Eingangsbeispiel. Wir fassen = {0,1}4 als

Laplaceschen Wahrscheinlichkeitsraum auf, d.h. jedes

Elementarereignis hat Wahrscheinlichkeit 1/16.

X() ist der Gewinn bzw. Verlust (= Auszahlung – Einzahlung).

Dann ist einmal X() = 16 (= 20–4), viermal X() = 6 (= 10–4),

sonst X() = –4.

Also E(X) = (1 16 + 4 6 + 11 –4) / 16 = – ¼.

Beispiel 1: einfaches Würfeln. Sei X() die Augenzahl beim Wurf .

Dann ist

E(X) = 1 1/6 + 2 1/6 + 3 1/6 + 4 1/6 + 5 1/6 + 6 1/6 = 3,5.

Beispiel 2: Eingangsbeispiel. Wir fassen = {0,1}4 als

Laplaceschen Wahrscheinlichkeitsraum auf, d.h. jedes

Elementarereignis hat Wahrscheinlichkeit 1/16.

X() ist der Gewinn bzw. Verlust (= Auszahlung – Einzahlung).

Dann ist einmal X() = 16 (= 20–4), viermal X() = 6 (= 10–4),

sonst X() = –4.

Also E(X) = (1 16 + 4 6 + 11 –4) / 16 = – ¼.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 57

Satz über den ErwartungswertSatz über den Erwartungswert

5.4.1 Satz. Seien X, Y Zufallsvariablen auf ,

und sei A ein Ereignis.

Dann gelten die folgenden Aussagen:

(a) E(X + Y) = E(X) + E(Y) („Additivität“).

(b) E(aX) = a E(X) („Homogenität“).

(c) Wenn X Y (das bedeutet X() Y() für alle ), dann

gilt auch E(X) E(Y) („Monotonie“). (d) E( IA) = P(A).

5.4.1 Satz. Seien X, Y Zufallsvariablen auf ,

und sei A ein Ereignis.

Dann gelten die folgenden Aussagen:

(a) E(X + Y) = E(X) + E(Y) („Additivität“).

(b) E(aX) = a E(X) („Homogenität“).

(c) Wenn X Y (das bedeutet X() Y() für alle ), dann

gilt auch E(X) E(Y) („Monotonie“). (d) E( IA) = P(A).

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 58

Beweis (a)Beweis (a)

Beweis. (a) Es gilt

E(X + Y)

= (X+Y)(1) p(1) + (X+Y)(2) p(2) +...+ (X+Y)(s) p(s)

= X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s)

+ Y(1) p(1) + Y(2) p(2) +...+ Y(s) p(s)

= E(X) + E(Y).

(b) und (c) werden ganz entsprechend bewiesen (ÜA).

Beweis. (a) Es gilt

E(X + Y)

= (X+Y)(1) p(1) + (X+Y)(2) p(2) +...+ (X+Y)(s) p(s)

= X(1) p(1) + X(2) p(2) +...+ X(s) p(s)

+ Y(1) p(1) + Y(2) p(2) +...+ Y(s) p(s)

= E(X) + E(Y).

(b) und (c) werden ganz entsprechend bewiesen (ÜA).

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 59

Beweis (d)Beweis (d)

(d) Sei A = {1, 2, ..., t}.

Nach Definition ist IA(i) = 1 für i t (d.h. ) und = 0 sonst.

Also

E(IA) = 1 p(1) + 1 p(2) +...+ 1 p(t)

= p(1) + p(2) +...+ p(t) = P(A).

(d) Sei A = {1, 2, ..., t}.

Nach Definition ist IA(i) = 1 für i t (d.h. ) und = 0 sonst.

Also

E(IA) = 1 p(1) + 1 p(2) +...+ 1 p(t)

= p(1) + p(2) +...+ p(t) = P(A).

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 60

FolgerungFolgerung

5.4.2 Folgerung. Seien X, Y, Z, ... Zufallsvariablen auf . Dann gilt

E(X + Y + Z + ...) = E(X) + E(Y) + E(Z) + ...

Beweis. Wir führen den Beweis für drei Zufallsvariablen X, Y, Z.

Wir wenden zwei Mal 5.4.1 (a) an und erhalten:

E(X + Y + Z) = E( (X+Y) + Z) = E(X+Y) + E(Z) = E(X) + E(Y) + E(Z).

Im allgemeinen beweist man dies mit Induktion nach der Anzahl n

der Zufallsvariablen.

5.4.2 Folgerung. Seien X, Y, Z, ... Zufallsvariablen auf . Dann gilt

E(X + Y + Z + ...) = E(X) + E(Y) + E(Z) + ...

Beweis. Wir führen den Beweis für drei Zufallsvariablen X, Y, Z.

Wir wenden zwei Mal 5.4.1 (a) an und erhalten:

E(X + Y + Z) = E( (X+Y) + Z) = E(X+Y) + E(Z) = E(X) + E(Y) + E(Z).

Im allgemeinen beweist man dies mit Induktion nach der Anzahl n

der Zufallsvariablen.

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Dezember 2004Seite 61

Erwartungswert einer ZählvariableErwartungswert einer Zählvariable

5.4.3 Satz. Seien A, B, C, ... Ereignisse (d.h. A, B, C ), und sei

X die entsprechende Zählvariable, d.h.

X = IA + IB + IC + ...

Dann gilt

E(X) = P(A) + P(B) + P(C) + ...

Wenn die Ereignisse A, B, C, die gleiche Wahrscheinlichkeit p

besitzen, so ist

E(X) = n p,

wobei n die Anzahl der betrachteten Ereignisse ist.

5.4.3 Satz. Seien A, B, C, ... Ereignisse (d.h. A, B, C ), und sei

X die entsprechende Zählvariable, d.h.

X = IA + IB + IC + ...

Dann gilt

E(X) = P(A) + P(B) + P(C) + ...

Wenn die Ereignisse A, B, C, die gleiche Wahrscheinlichkeit p

besitzen, so ist

E(X) = n p,

wobei n die Anzahl der betrachteten Ereignisse ist.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 62

BeweisBeweis

Beweis. Nach 5.4.1 (d) gilt

E(IA) = P(A), E(IB) = P(B), E(IC) = P(C), ...

Nach 5.4.2 gilt

E(IA + IB + IC +...) = E(IA) + E(IB) + E(IC) + ...

Zusammen folgt die Behauptung:

E(IA + IB + IC +...) = E(IA) + E(IB) + E(IC) + ... = P(A) + P(B) + P(C) + ...

Beweis. Nach 5.4.1 (d) gilt

E(IA) = P(A), E(IB) = P(B), E(IC) = P(C), ...

Nach 5.4.2 gilt

E(IA + IB + IC +...) = E(IA) + E(IB) + E(IC) + ...

Zusammen folgt die Behauptung:

E(IA + IB + IC +...) = E(IA) + E(IB) + E(IC) + ... = P(A) + P(B) + P(C) + ...

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 63

BeispielBeispiel

Wir betrachten die Menge aller Permutationen der Menge {1, ..., n}.

Definition. Eine Permutation hat den Fixpunkt j, falls (j) = j ist.

5.4.4 Hilfssatz. (a) Es gibt genau (n–1)! Permutationen mit dem

Fixpunkt j.

(b) Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte

Permutation den Fixpunkt j hat, ist 1/n.

Beweis. (a) Jede Permutation mit Fixpunkt j kann auf den

restlichen n–1 Elementen eine beliebige Permutation sein.

(b) Insgesamt gibt es n! Permutationen, also ist der Anteil der

Permutationen mit Fixpunkt j genau 1/n.

Wir betrachten die Menge aller Permutationen der Menge {1, ..., n}.

Definition. Eine Permutation hat den Fixpunkt j, falls (j) = j ist.

5.4.4 Hilfssatz. (a) Es gibt genau (n–1)! Permutationen mit dem

Fixpunkt j.

(b) Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte

Permutation den Fixpunkt j hat, ist 1/n.

Beweis. (a) Jede Permutation mit Fixpunkt j kann auf den

restlichen n–1 Elementen eine beliebige Permutation sein.

(b) Insgesamt gibt es n! Permutationen, also ist der Anteil der

Permutationen mit Fixpunkt j genau 1/n.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 64

Die Wahrscheinlichkeit für einen Fixpunkt Die Wahrscheinlichkeit für einen Fixpunkt

5.4.5 Satz. Die Zufallsvariable X beschreibe die Anzahl der

Fixpunkte einer zufällig gewählten Permutation. Dann gilt: E(X)=1.

Mit anderen Worten: Wenn man eine Permutation rein zufällig

aussucht, hat diese im Mittel genau einen Fixpunkt.

Beweis. Wir betrachten den Grundraum aller Permutationen und

gehen davon aus, dass alle die gleiche Wahrscheinlichkeit haben.

Das Ereignis Aj „eine Permutation hat den Fixpunkt j“ hat nach

5.4.4 die Wahrscheinlichkeit 1/n.

Dies gilt für alle j {1, ..., n}, also folgt nach 5.4.3 für die

Zählvariable X („es tritt einer der Fixpunkte 1, 2, ..., n auf“)

E(X) = P(A1) + P(A2) + ... + P(An) = n1/n = 1.

5.4.5 Satz. Die Zufallsvariable X beschreibe die Anzahl der

Fixpunkte einer zufällig gewählten Permutation. Dann gilt: E(X)=1.

Mit anderen Worten: Wenn man eine Permutation rein zufällig

aussucht, hat diese im Mittel genau einen Fixpunkt.

Beweis. Wir betrachten den Grundraum aller Permutationen und

gehen davon aus, dass alle die gleiche Wahrscheinlichkeit haben.

Das Ereignis Aj „eine Permutation hat den Fixpunkt j“ hat nach

5.4.4 die Wahrscheinlichkeit 1/n.

Dies gilt für alle j {1, ..., n}, also folgt nach 5.4.3 für die

Zählvariable X („es tritt einer der Fixpunkte 1, 2, ..., n auf“)

E(X) = P(A1) + P(A2) + ... + P(An) = n1/n = 1.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 65

StichprobenStichproben

Problem: Eine Urne enthält r rote und s schwarze Kugeln.

Aus der Urne werden nacheinander zufällig n Kugeln gezogen.

Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Stichprobe

genau k rote Kugeln enthält?

Anwendung: Rote Kugeln entsprechen defekten Teilen einer

Warenlieferung. Man möchte aufgrund der Stichprobe Rückschlüsse

auf die Gesamtzahl der defekten Teile ziehen.

Problem: Eine Urne enthält r rote und s schwarze Kugeln.

Aus der Urne werden nacheinander zufällig n Kugeln gezogen.

Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Stichprobe

genau k rote Kugeln enthält?

Anwendung: Rote Kugeln entsprechen defekten Teilen einer

Warenlieferung. Man möchte aufgrund der Stichprobe Rückschlüsse

auf die Gesamtzahl der defekten Teile ziehen.

Page 66: Kapitel 5 Wahrscheinlichkeit. Kapitel 5 © Beutelspacher Dezember 2004 Seite 2 Inhalt 5.1 Grundbegriffe, X,... 5.2 Wahrscheinlichkeitsräume (, P) 5.3 Das

Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 66

ModellierungModellierung

Wir nummerieren die Kugeln: 1, ...., r+s.

Dabei seien die Kugeln 1, ..., r die roten Kugeln,

also die Kugeln r+1, ..., r+s die schwarzen.

Als Ergebnisraum bietet sich an:

= {(a1, a2,..., an) ai {1, ..., r+s}, ai aj},

wobei ai die Nummer der i-ten gezogenen Kugel ist.

Dann ist = (r+s)(r+s–1) ... (r+s–n+1).

(Für die erste Kugel stehen r+s Werte zur Verfügung, für die zweite

nur noch r+s–1. Usw. für die n-te nur noch r+s–n+1.)

Wir nummerieren die Kugeln: 1, ...., r+s.

Dabei seien die Kugeln 1, ..., r die roten Kugeln,

also die Kugeln r+1, ..., r+s die schwarzen.

Als Ergebnisraum bietet sich an:

= {(a1, a2,..., an) ai {1, ..., r+s}, ai aj},

wobei ai die Nummer der i-ten gezogenen Kugel ist.

Dann ist = (r+s)(r+s–1) ... (r+s–n+1).

(Für die erste Kugel stehen r+s Werte zur Verfügung, für die zweite

nur noch r+s–1. Usw. für die n-te nur noch r+s–n+1.)

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Dezember 2004Seite 67

Fortsetzung ModellierungFortsetzung Modellierung

Wir stellen uns vor, dass es sich um einen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum handelt (die Ziehungen erfolgen rein

zufällig!). Daher gilt für jedes Ereignis A :

P(A) = A / = A / (r+s)(r+s–1)...(r+s–n+1).

Die Teilmenge

Aj = {(a1, a2,..., an) aj r}

beschreibt genau das Ereignis „die j-te Kugel ist rot“.

Wir stellen uns vor, dass es sich um einen Laplaceschen

Wahrscheinlichkeitsraum handelt (die Ziehungen erfolgen rein

zufällig!). Daher gilt für jedes Ereignis A :

P(A) = A / = A / (r+s)(r+s–1)...(r+s–n+1).

Die Teilmenge

Aj = {(a1, a2,..., an) aj r}

beschreibt genau das Ereignis „die j-te Kugel ist rot“.

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Dezember 2004Seite 68

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die j-te Kugel rot istDie Wahrscheinlichkeit dafür, dass die j-te Kugel rot ist

5.4.6 Hilfssatz. P(Aj) = r/(r+s) für alle j.

Mit anderen Worten: Die Ereignisse A1, A2, ..., An haben alle die

gleiche Wahrscheinlichkeit.

1. Beweis. Jede der r+s Kugeln hat die gleiche Wahrscheinlichkeit,

als j-te gezogen zu werden.

Dafür, dass diese rot ist, gibt es r Möglichkeiten.

2. Beweis. Wie viele Möglichkeiten gibt es, n Kugeln zu ziehen, so

dass die j-te rot ist? Dazu legen wir zuerst die j-te fest (r Möglichkt.).

Die anderen n–1 Kugeln sind beliebig.

Also ist die Gesamtzahl r(r+s–1) ... (r+s–n+1).

Mit = (r+s)(r+s–1)...(r+s–n+1) folgt die Behauptung.

5.4.6 Hilfssatz. P(Aj) = r/(r+s) für alle j.

Mit anderen Worten: Die Ereignisse A1, A2, ..., An haben alle die

gleiche Wahrscheinlichkeit.

1. Beweis. Jede der r+s Kugeln hat die gleiche Wahrscheinlichkeit,

als j-te gezogen zu werden.

Dafür, dass diese rot ist, gibt es r Möglichkeiten.

2. Beweis. Wie viele Möglichkeiten gibt es, n Kugeln zu ziehen, so

dass die j-te rot ist? Dazu legen wir zuerst die j-te fest (r Möglichkt.).

Die anderen n–1 Kugeln sind beliebig.

Also ist die Gesamtzahl r(r+s–1) ... (r+s–n+1).

Mit = (r+s)(r+s–1)...(r+s–n+1) folgt die Behauptung.

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 69

Die hypergeometrische VerteilungDie hypergeometrische Verteilung

Die Zufallsvariable X = IA1 + IA2 + ... + IAn beschreibt die Anzahl der roten

Kugeln beim n-maligen Ziehen ohne Zurücklegen.

Die Verteilung (d.h. die Wahrscheinlichkeiten P(X = k)) dieser

Zufallsvariablen heißt die hypergeometrische Verteilung.

5.4.7 Satz. (a) E(X) = nr/(r+s).

(b) P(X=k) =

Die Zufallsvariable X = IA1 + IA2 + ... + IAn beschreibt die Anzahl der roten

Kugeln beim n-maligen Ziehen ohne Zurücklegen.

Die Verteilung (d.h. die Wahrscheinlichkeiten P(X = k)) dieser

Zufallsvariablen heißt die hypergeometrische Verteilung.

5.4.7 Satz. (a) E(X) = nr/(r+s).

(b) P(X=k) =

n

srkn

s

k

r

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Kapitel 5 © Beutelspacher

Dezember 2004Seite 70

BeweisBeweis

Beweis. (a) folgt aus 5.4.2.

(b) (X = k) bedeutet, dass genau k der Ereignisse A1, ..., An eintreten.

Wir zählen die Anzahl dieser Möglichkeiten:

Es gibt Möglichkeiten für die Stellen, an denen die roten Kugeln stehen.

Diese werden durch verschiedene Nummern r besetzt.

Dafür gibt es r(r–1)...(r–k+1) Möglichkeiten.

Nun werden die restlichen n–k Stellen aus dem Bereich der schwarzen

Kugeln ausgewählt. Dafür gibt es s(s–1)...(s–(n–k)+1) Möglichkeiten.

Multiplizieren, durch teilen, ausrechnen!

Beweis. (a) folgt aus 5.4.2.

(b) (X = k) bedeutet, dass genau k der Ereignisse A1, ..., An eintreten.

Wir zählen die Anzahl dieser Möglichkeiten:

Es gibt Möglichkeiten für die Stellen, an denen die roten Kugeln stehen.

Diese werden durch verschiedene Nummern r besetzt.

Dafür gibt es r(r–1)...(r–k+1) Möglichkeiten.

Nun werden die restlichen n–k Stellen aus dem Bereich der schwarzen

Kugeln ausgewählt. Dafür gibt es s(s–1)...(s–(n–k)+1) Möglichkeiten.

Multiplizieren, durch teilen, ausrechnen!

k

n