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KEIN SPAZIERGANG SOA-EINFÜHRUNG BRINGT FUNDAMENTALEN UMBRUCH Werden altehrwürdige Code-Monolithen durch wieder verwendbare Funktions- bausteine ersetzt, erweitert sich das Aufga- benfeld der Fachleute und Software- Entwickler. Die Wiederverwendung von Funktionalitäten muss bereits im fach- lichen Design der Geschäftsprozesse Be- rücksichtigung finden. Für die Entwicklung bedeutet dies auf der einen Seite, dass glei- che Funktionalitäten nicht wiederholt in verschiedenen Applikationen entwickelt werden müssen. Auf der anderen Seite wird ein intensiver fachlicher Austausch zwi- schen allen Beteiligten erforderlich. Denn in dem Maße, in dem Komponenten flexi- bel miteinander verknüpft werden, ist für die Entwicklungsarbeit eine intensive Abstimmung aller Akteure unumgänglich. Dabei reicht es nicht aus, wenn der einzel- ne lediglich über die Funktionen informiert ist, an deren Entwicklung er selbst mit- wirkt. Das Gesamtbild ist entscheidend. Bis die Nachhaltigkeit einer Service-orientierten Architektur (SOA) zum Tragen kommt, braucht es eine sorgfältige Planung und einen langen Atem. Auf dem Weg zum stabilen und reibungsfreien produktiven Betrieb warten viele technologische, insbesondere aber auch menschliche Herausforderungen. Für die Sparkassen Informatik und die von ihr betreuten Sparkassen hat sich die Mühe gelohnt. Bereits 229 Institute nutzen die prozessorientierte Gesamtbanklösung OSPlus (One System Plus) mit ihrer offenen und flexiblen Anwendungs- und Systemarchit- ektur. Nach der Fusion zwischen der Sparkassen Informatik und der IZB Soft kom- men bis Ende 2008 weitere 77 Sparkassen hinzu. Kommunikation, Dokumenta- tion und Automatisierung gehörten zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Entwicklung und Einführung der neuen IT-Architektur. Detlev Klage (E-Mail: [email protected]) Geschäftsbereichsleiter Multikanal Vertrieb der Sparkassen Informatik Detlev Klage zeichnet als Geschäfts- bereichsleiter Multikanal Vertrieb der Sparkassen Informatik verantwortlich für die web-basierte Weiterentwicklung der Vertriebssysteme innerhalb der Gesamtbanklösung OSPlus (One System Plus). Als Leiter des Architek- urboards ist er zudem maßgeblich an der Ausgestaltung der OSPlus-Architek- tur beteiligt. Seit seinem Eintritt in eines der Vorgängerunternehmen der Sparkassen Informatik im Jahr 1995 hat der gelern- te Industriekaufmann und Diplom- Informatiker Akzente bei der Entwick- lung einer modernen Gesamtbank- architektur für mehr als die Hälfte der deutschen Sparkassen gesetzt. Als Mann der ersten Stunde ist der Spezialist für Anwendungsintegration und Web- Technologie einer der Wegbereiter für die offene, an modernen Standards orientierten Schnittstellenarchitektur von OSPlus. konfrontiert. Management, Methodik und Vorgehensweise wurden daher einer grund- legenden Revision unterzogen. Dieser streckenweise recht unbequeme Weg hat allen Beteiligten viel abverlangt. Heute macht der hohe Aufwand sich bezahlt: Die Sparkassen Informatik arbeitet schneller, effizienter und kostengünstiger als je zuvor. Für ihre Kunden - die Sparkassen - resultie- ren daraus handfeste Wettbewerbsvorteile. Softwareentwicklung in vernetzten Strukturen beginnt im Kopf Wo Komponenten als Teil eines Ganzen gefertigt werden und Anwendungsbau- steine durch Mehrfachverwendung Be- standteil eines komplexen Gefüges mitein- ander in Beziehung stehender Funktionen bilden, wächst die Verantwortung eines jeden Einzelnen für die Qualität und Stabilität der Gesamtanwendung. Daraus resultieren vollständig neue Anforderungen an die Software-Entwickler. Zum einen wird ihnen ein noch höheres Maß an Sorgfalt, Präzision und strukturierter Ar- beitsweise abverlangt, als es ohnehin bereits im Berufsbild des Programmierers angelegt ist. Völlig neu ist aber für viele ein ganz anderer Aspekt: Soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten gewinnen damit als erfolgskritische Faktoren noch weiter an Bedeutung. Das tradierte Bild vom Programmierer, der zurückgezogen vor seinem Monitor sitzt und allein für die Qualität des von ihm entwickelten Codes verantwortlich ist, ist im Zeitalter der SOA überholt. Als 2001 drei Rechenzentrums-Betreiber der Sparkassen-Finanzgruppe zur Spar- kassen Informatik fusionierten, übernahm der neue IT-Dienstleister eine äußerst heterogene IT-Landschaft. In vier verschie- denen Basissystemen wurden spartenspezi- fische, nicht integrierte Anwendungen vor- gehalten. Die verschiedenen Systeme wurden separat betrieben, weiterentwickel und gepflegt. Innerhalb von vier Jahren gelang es, sämt- liche Altsysteme auf eine offene, komponen- ten-basierte IT-Plattform zu überführen. Mit der prozessorientierten Gesamtbanklösung OSPlus schuf der IT-Dienstleister nicht nur ein durchgängiges, spartenunabhäniges System für die 229 von ihm betreuten Sparkassen – rund die Hälfte der Spar- kassen in Deutschland. Vielmehr hatte er auch die Grundlage gelegt, die verschiede- nen Anwendungssysteme der zahlreichen Verbundpartner innerhalb der Sparkassen- Finanzgruppe wie Versicherungen, Bau- sparkassen, Wertpapierabwickler etc., funktional über eine SOA in das eigene Vertriebssystem einzubinden. So können Mitarbeiter in den Sparkassen heute auf Geschäftsprozesse von rund 30 Verbund- partnern aus der ihnen vertrauten Anwen- dungsumgebung heraus zugreifen. Die vollständige Modernisierung der IT- Architektur, die Umstellung auf Kompo- nentenbauweise und die konsequente Um- setzung des Service-orientierten Architekturansatzes brachte auch ein völ- lig neues Verständnis von Teamarbeit und Mitarbeiterführung bei der Sparkassen Informatik. Auch der Anwendungsbetrieb sah sich mit ganz neuen Anforderungen der autor artikel 1

KEIN SPAZIERGANG SOA-EINFÜHRUNG BRINGT … · lung. Alle fachlichen Informationen wer-den darin in strukturierter Form verwaltet. Dadurch ist sichergestellt, dass jede Komponente,

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KEIN SPAZIERGANGSOA-EINFÜHRUNG BRINGTFUNDAMENTALEN UMBRUCH

Werden altehrwürdige Code-Monolithendurch wieder verwendbare Funktions-bausteine ersetzt, erweitert sich das Aufga-benfeld der Fachleute und Software-Entwickler. Die Wiederverwendung vonFunktionalitäten muss bereits im fach-lichen Design der Geschäftsprozesse Be-rücksichtigung finden. Für die Entwicklungbedeutet dies auf der einen Seite, dass glei-che Funktionalitäten nicht wiederholt inverschiedenen Applikationen entwickeltwerden müssen. Auf der anderen Seite wirdein intensiver fachlicher Austausch zwi-schen allen Beteiligten erforderlich. Dennin dem Maße, in dem Komponenten flexi-bel miteinander verknüpft werden, ist fürdie Entwicklungsarbeit eine intensiveAbstimmung aller Akteure unumgänglich.Dabei reicht es nicht aus, wenn der einzel-ne lediglich über die Funktionen informiertist, an deren Entwicklung er selbst mit-wirkt. Das Gesamtbild ist entscheidend.

Bis die Nachhaltigkeit einer Service-orientierten Architektur (SOA) zum Tragenkommt, braucht es eine sorgfältige Planung und einen langen Atem. Auf dem Wegzum stabilen und reibungsfreien produktiven Betrieb warten viele technologische,insbesondere aber auch menschliche Herausforderungen. Für die SparkassenInformatik und die von ihr betreuten Sparkassen hat sich die Mühe gelohnt.Bereits 229 Institute nutzen die prozessorientierte Gesamtbanklösung OSPlus(One System Plus) mit ihrer offenen und flexiblen Anwendungs- und Systemarchit-ektur. Nach der Fusion zwischen der Sparkassen Informatik und der IZB Soft kom-men bis Ende 2008 weitere 77 Sparkassen hinzu. Kommunikation, Dokumenta-tion und Automatisierung gehörten zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren beiEntwicklung und Einführung der neuen IT-Architektur.

Detlev Klage (E-Mail:[email protected])Geschäftsbereichsleiter MultikanalVertrieb der Sparkassen Informatik Detlev Klage zeichnet als Geschäfts-bereichsleiter Multikanal Vertrieb derSparkassen Informatik verantwortlichfür die web-basierte Weiterentwicklungder Vertriebssysteme innerhalb derGesamtbanklösung OSPlus (OneSystem Plus). Als Leiter des Architek-urboards ist er zudem maßgeblich ander Ausgestaltung der OSPlus-Architek-tur beteiligt.Seit seinem Eintritt in eines derVorgängerunternehmen der SparkassenInformatik im Jahr 1995 hat der gelern-te Industriekaufmann und Diplom-Informatiker Akzente bei der Entwick-lung einer modernen Gesamtbank-architektur für mehr als die Hälfte derdeutschen Sparkassen gesetzt. Als Mannder ersten Stunde ist der Spezialist fürAnwendungsintegration und Web-Technologie einer der Wegbereiter fürdie offene, an modernen Standardsorientierten Schnittstellenarchitekturvon OSPlus.

konfrontiert. Management, Methodik undVorgehensweise wurden daher einer grund-legenden Revision unterzogen. Dieserstreckenweise recht unbequeme Weg hatallen Beteiligten viel abverlangt. Heutemacht der hohe Aufwand sich bezahlt: DieSparkassen Informatik arbeitet schneller,effizienter und kostengünstiger als je zuvor.Für ihre Kunden - die Sparkassen - resultie-ren daraus handfeste Wettbewerbsvorteile.

Softwareentwicklung invernetzten Strukturenbeginnt im KopfWo Komponenten als Teil eines Ganzengefertigt werden und Anwendungsbau-steine durch Mehrfachverwendung Be-standteil eines komplexen Gefüges mitein-ander in Beziehung stehender Funktionenbilden, wächst die Verantwortung einesjeden Einzelnen für die Qualität undStabilität der Gesamtanwendung. Darausresultieren vollständig neue Anforderungenan die Software-Entwickler. Zum einenwird ihnen ein noch höheres Maß anSorgfalt, Präzision und strukturierter Ar-beitsweise abverlangt, als es ohnehinbereits im Berufsbild des Programmierersangelegt ist. Völlig neu ist aber für viele einganz anderer Aspekt: Soziale Kompetenzund kommunikative Fähigkeiten gewinnendamit als erfolgskritische Faktoren nochweiter an Bedeutung. Das tradierte Bildvom Programmierer, der zurückgezogenvor seinem Monitor sitzt und allein für dieQualität des von ihm entwickelten Codesverantwortlich ist, ist im Zeitalter der SOAüberholt.

Als 2001 drei Rechenzentrums-Betreiberder Sparkassen-Finanzgruppe zur Spar-kassen Informatik fusionierten, übernahmder neue IT-Dienstleister eine äußerstheterogene IT-Landschaft. In vier verschie-denen Basissystemen wurden spartenspezi-fische, nicht integrierte Anwendungen vor-gehalten. Die verschiedenen Systemewurden separat betrieben, weiterentwickelund gepflegt.

Innerhalb von vier Jahren gelang es, sämt-liche Altsysteme auf eine offene, komponen-ten-basierte IT-Plattform zu überführen. Mitder prozessorientierten GesamtbanklösungOSPlus schuf der IT-Dienstleister nicht nurein durchgängiges, spartenunabhänigesSystem für die 229 von ihm betreutenSparkassen – rund die Hälfte der Spar-kassen in Deutschland. Vielmehr hatte erauch die Grundlage gelegt, die verschiede-nen Anwendungssysteme der zahlreichenVerbundpartner innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe wie Versicherungen, Bau-sparkassen, Wertpapierabwickler etc.,funktional über eine SOA in das eigeneVertriebssystem einzubinden. So könnenMitarbeiter in den Sparkassen heute aufGeschäftsprozesse von rund 30 Verbund-partnern aus der ihnen vertrauten Anwen-dungsumgebung heraus zugreifen.

Die vollständige Modernisierung der IT-Architektur, die Umstellung auf Kompo-nentenbauweise und die konsequente Um-setzung des Service-orientiertenArchitekturansatzes brachte auch ein völ-lig neues Verständnis von Teamarbeit undMitarbeiterführung bei der SparkassenInformatik. Auch der Anwendungsbetriebsah sich mit ganz neuen Anforderungen

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Dieses ständig vor Augen zu haben, ist eineder großen fachlichen Herausforderungenfür die Softwareentwicklung in vernetztenStrukturen.

Für IT-Professionals bedeutet dies, dasssie sich weit mehr als sie es von ihrer bishe-rigen Arbeit gewohnt sind, mit denKollegen im Team abstimmen und ausein-andersetzen müssen. Kommunikations-stärke ist eine Eigenschaft, die vielleichtnicht jedem Informatiker in die Wiegegelegt wurde. Sie ist aber erlernbar. Wererfolgreich an der Entwicklung SOA-basie-render IT-Systeme mitwirken will, wirdsich früher oder später mit dem ThemaKommunikation und einem modernenEntwicklungsprozess beschäftigen müssen.'Vom Hirn ins Terminal' ist mit derUmsetzung einer SOA endgültig passé.

Der service-orientierte Architekturansatzbedingt daher nicht nur in der Software-entwicklung einen vollständigen Paradig-menwechsel. Vielmehr bedarf es auch neuerManagement-Methoden und Führungs-konzepte. Führungskräfte in SOA-Entwicklungsprojekten finden sich in einerganz neuen Form der Abhängigkeit: Siesind absolut darauf angewiesen, dass jedereinzelne im Team seine Arbeit zu nahezu100 Prozent richtig macht. Und auch dabeigeht es nicht nur um einwandfreienAnwendungscode, sondern gleichermaßenum eine korrekte Kommunikation undDokumentation der entwickelten Funk-tionsbausteine. Jede Schwachstelle, jederFehler und jede nicht dokumentierte Ände-

rung an einer Komponente führt zwangs-läufig zu vielfachen Störungen in derGesamtarchitektur.

Erfolg oder Misserfolg sind somitwesentlich bedingt durch die Zusammen-arbeit und den Austausch im Team. Da dieFührungskraft in hohem Maße von derLeistung eines jeden einzelnen und derInteraktion im Team abhängig ist, liegt esan ihr, neben der rein fachlichen Basis einelebendige Kommunikations- und Infor-mationskultur zu etablieren. Wildwuchs inder Kommunikation ist allerdings kontra-produktiv. Um sicherzustellen, dass alle

Informationen zur richtigen Zeit an derrichtigen Stelle eintreffen, bedarf es dahereiner strukturierten Informationsbasis.Diese bildet die Grundlage für alle Ent-wicklungs-, Änderungs- und Abstim-mungsprozesse. Soll beispielsweise einService geändert werden, ist die Informa-tionsbasis die erste Referenzquelle. Aus ihrgeht eindeutig hervor, welches Teammit-glied angesprochen werden muss, wenneine Änderung an einer Komponente vor-genommen werden soll. Ebenso sind dortdie weiteren erforderlichen Prozessschrittehinterlegt.

QualitätssicherungentscheidendOhne ein systematisches, höchst struktu-riertes Qualitätsmanagement lässt sich eineSOA nicht beherrschen und die erarbeite-ten Vorteile werden schnell aufgezehrt. DieAufwände für die Qualitätssicherung sindzunächst hoch. Die Re-Investition einge-sparter Entwicklerkapazitäten in ein pro-aktives Fehlerhandling ist jedoch ohneAlternative. Die wesentlichen Determinan-ten für die Softwarequalität innerhalb einerSOA sind eine saubere Dokumentationsämtlicher Funktionsbausteine sowie eineintelligente, hoch effiziente Testautomati-sierung.

Die Automatisierung dient nicht nurdazu, Testläufe schneller abzuwickeln. Siebedingt auch eine nachhaltige Qualitäts-steigerung durch einen höheren Ab-deckungsgrad beim Softwaretest. Mit

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auf Dauer an Bedeutung. Eine sorgfältigeAbstimmung von System- und Anwen-dungsarchitektur ist dabei entscheidend fürdie spätere Performance. Die Projekter-fahrung der Sparkassen Informatik hatgezeigt, dass hier im Zuge der SOA-Einführung besondere Herausforderungenwarten.

Komplexität von System-und AnwendungsarchitekturbeherrschenMit der konsequenten Einführung derKomponentenbauweise wächst dieKomplexität der IT-Landschaft um einVielfaches. Auch bei noch so sorgfältigerPlanung lassen sich nicht alle Eventua-litäten vorab kalkulieren. Mit der Auf-nahme des produktiven Betriebes beginntdaher eine sehr fordernde Phase in SOA-Projekten. Diese Phase betrifft sowohl diefachliche als auch die Anwendungs- unddie Systemarchitektur und muss übergrei-fend koordiniert und gesteuert werden.Hier zeigt sich meist die ganze Radikalitätdes Architekturwechsels. Die intensiveVernetzung und wechselseitigen Abhängig-keiten von Anwendungen und Funktionenhaben zur Folge, dass Last- und Perfor-mance-Probleme schwerer aufzuspürensind und gegebenenfalls über mehrereVerantwortungsbereiche hinweg gehen.

In der Vergangenheit ließen sichEngpässe verhältnismäßig leicht identifizie-ren: Die Responsezeit unter einer 3270-Oberfläche betrug die Dauer X nachAnschlag der Return-Taste. Die Ursachenfür übermäßige Wartezeiten auf Anwen-derseite konnten in der Regel schnell nach-vollzogen und beseitigt werden. Es gibt eineVielzahl von ausgereiften und eingeführtenWerkzeugen zum Systemmanagement undzur Überwachung des Betriebes. In derSOA der Sparkassen Informatik greifensämtliche 229 Sparkassen über Web-Technologie auf die Applikation zu. Dabeiwerden unter einer einzelnen Oberflächemeist mehrere Services angesprochen. Auchkönnen verschiedene Applikationen auf einund die selbe fachliche Funktion zugreifen.Die Komplexität und die Abhängigkeit ska-liert also über System- und Anwendungs-komponenten hinweg. Performanceproble-me lassen sich daher - außer vom Userselbst – ohne weitere Eskalationsmecha-nismen nicht immer direkt ausmachen.Fachliche Geschäftsprozesse setzen sich auseiner Reihe von Services zusammen. Bei

kaufen. Damit entsteht vorerst weder fürden Anwender, noch für den IT-Dienst-leister, der darauf ein Geschäftsmodell auf-baut, ein Mehrwert. Dieser stellt sich erstein, wenn vielleicht bereits das dritte odervierte Stockwerk fertig gestellt wird. Ohneein solides Fundament wird es jedoch nieso weit kommen.

Zu einem tragfähigen Fundament gehörtnicht nur die fachlich einwandfreieAusführung der Bauarbeiten. Diese werdennur dann zu dem gewünschten Ergebnisführen, wenn sie einem fundierten, sorgfäl-tig ausgearbeiteten Bauplan folgen. Nebenfunktionalen und gestalterischen Merkma-len kommt dabei insbesondere der Statikeine hohe Bedeutung zu. Die Tragfähigkeitund der Nutzwert der Immobilie hängen inentscheidendem Maße von einer voraus-schauenden Planung ab.

Im übertragenen Sinne lässt sich diesesBild auch auf das Service-orientierteArchitekturkonzept anwenden. Eine sorg-fältige technische und fachliche Analysebildet den Ausgangspunkt, um die benötig-ten Services zu definieren und sie späternachhaltig gestalten zu können. Wenn diefachlichen Anforderungen dabei derFunktionalität und dem Design gleichzuset-zen sind, lässt sich die Systemarchitekturmit der Statik vergleichen. Je mehr diesespäter tragen muss, desto höher ist dieAnfangsinvestition. Gleichzeitig steigt derspäter zu erwartende Mehrwert: Durchintensive Nutzung und eine hohe Lebens-dauer verliert die ursprüngliche Investition

einem intelligenten Automatisierungs-konzept und leistungsfähigen Testroutinenlassen sich auf Dauer in gleicher Weise qua-litative wie quantitative Gewinne realisie-ren. Die Sparkassen Informatik konntedurch eine durchgängige Testautomati-sierung den zeitlichen Aufwand fürTestläufe auf einen Bruchteil dessen redu-zieren, was früher dafür erforderlich war.Umfassende Tests geschäftskritischerApplikationen können mittlerweile inner-halb weniger Stunden durchgeführt wer-den.

Neben den Testverfahren hat der IT-Dienstleister auch die Dokumentation inweiten Teilen automatisiert. Ein zentralesRepository bildet dabei den Dreh- undAngelpunkt in der Anwendungsentwick-lung. Alle fachlichen Informationen wer-den darin in strukturierter Form verwaltet.Dadurch ist sichergestellt, dass jedeKomponente, die an anderer Stelle wiederverwendet wird, jederzeit in der aktuellenVersion dokumentiert ist. Auch bei denautomatisierten Testverfahren spielt dasRepository eine entscheidende Rolle. AlsReportumgebung ermöglicht es beispiels-weise, parallele Schichten einer Applika-tion darzustellen und zu testen.

Investition in das FundamentVergleicht man die Einführung einer SOAmit dem Hausbau, so kann man sagen, dasszunächst sehr viel in das Fundament inve-stiert werden muss. Dieses alleine lässt sichnoch nicht bewohnen, vermieten oder ver-

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Störungen eines einzelnen Services könnendaher ganze Geschäftsprozesse lahm gelegtwerden. Der Ausfall einer einzelnen An-wendung hat schließlich unmittelbareAuswirkungen für alle Kunden.

Um die Performance-Engpässe, die in derAnfangsphase zu erwarten waren - und teil-weise auch eingetreten sind - möglichstgering zu halten, hat die SparkassenInformatik eine Reihe vorbeugender Maß-nahmen ergriffen und die Lernkurve bei derEinführung von Geschäftsprozessen beiden Kunden schnell in reale Maßnahmen inVerfahren beziehungsweise in der Softwareumgesetzt. So wurden beispielsweise Warn-schwellen implementiert, etwa für den Fall,dass ein Request mehr als die im ServiceLevel vereinbarte Zeit in Anspruch nimmt.Dazu wurde eine Technologie entwickelt,die ohne Softwareverteilung zur Laufzeitdie Antwortzeiten aus Sicht des End-benutzers ermittelt und auf die zentralenServer überträgt. Die übermäßige Nutzungvon Speicherressourcen wird bereits im lau-fenden Entwicklungsprozess, unabhängigob sie intern oder von einem externenPartner verursacht wurde, beobachtet undgemeldet.

Um die technische Qualität derArchitektur auf Dauer zu sichern, wurdenentsprechende Eskalationsmechanismentief im Framework verankert. Dabei wer-den unmittelbare Warnmeldungen erzeugt,die automatisch über ein Ticket Systemzum einem Request führen. Die Zuordnungzum Bankfachmann beziehungsweise Ent-wickler erfolgt automatisiert über dasRepository. Dadurch sind die Verant-wortlichen in der Lage, Performance-probleme oder Designschwächen frühzeitigzu erkennen und nach den Ursachen zielge-richtet zu suchen. Ebenso wie beiAnwendungsentwicklung und Software-Testing, ist durch eine umfassende Doku-mentation sichergestellt, dass die nötigenInformationen im Bedarfsfall jederzeit zurVerfügung stehen.

Derzeit implementiert die SparkassenInformatik weitere Lösungen, die bis zumEndarbeitsplatz reichen und damit auchSystemkomponenten mit einbeziehen, diein der Verantwortung Dritter liegen. Damitwerden proaktive Auswertungen ermög-licht, die zum Beispiel auf Probleme hin-weisen, die nur bei einzelnen Arbeits-plätzen auftreten. Diese können etwa durcheinen Virenscanner oder die Browser-Konfigurationen verursacht werden. Diese

einzelnen Arbeitsplätze würden in derGesamtbetrachtung der Auswertungenuntergehen.

Auf Dauer spürbarerMehrwertDie Implementierung einer SOA ist für IT-Dienstleister kein Selbstzweck. Der immen-se Aufwand lohnt sich erst dann, wenn demgetätigten Investment ein handfester undnachhaltiger Mehrwert gegenübersteht. Fürdie Sparkassen Informatik bedeutet das,dass eine Situation entstehen muss, von derKunde und IT-Dienstleister in gleicherWeise profitieren. Die Anfangsinvestitionliegt dabei eindeutig auf Seiten des IT-Dienstleisters. Denn für die bloße Ent-wicklung und Bereitstellung der Archi-tektur ist – verständlicherweise – keinKunde bereit, etwas zu bezahlen.

Doch schon bald stellen sich spürbarpositive Effekte ein: Die Anwendungs-entwicklung nach dem neuen Architektur-konzept wird schneller, flexibler undkostengünstiger. Funktionen werden nichtmehr redundant entwickelt und lassen sichjederzeit auffinden und wiederverwenden.Dies hat auch Vorteile für die Benutzer derSoftware, denn fachliche Funktionen wer-den in unterschiedlichen Geschäftspro-zessen wiederverwendet und deren Be-schreibung, Funktion und Design istbekannt und identisch. Die flexible Inte-gration von internen und externenAnwendungen über technische und fachli-che Services ermöglicht die Gestaltung

durchgängiger und leicht zu administrie-render Geschäftsprozesse. IT-Dienstleisterund Kunden profitieren beide auf ihreWeise von den Vorteilen des konsequentumgesetzten Architekturansatzes.

Schließlich lassen sich auf dieser Basisauch neue, verursachergerechte Preismo-delle entwickeln. So kann die SparkassenInformatik aufgrund der vorhandenenDokumentation und der genau festgelegtenPreise pro Service die Kosten für Geschäfts-prozesse im Voraus während der fachlichenSpezifikationsphase kalkulieren. Damit hatder IT-Dienstleister in der Produktion dasklassische Preismodell nach Prozessorzahlzugunsten einer weit transparenterenBerechnungsgrundlage weiter optimiert.Die Indikatoren von Speicher, CPU, etc.nutzt er heute lediglich für die Vor- undNachkalkulation. Mit diesen Informa-tionen wird ein Preis für die aufgerufenenServices festgelegt. Eine Suchanfrage kannbeispielsweise sehr unterschiedliche Kapa-zitäten in Anspruch nehmen. Die Durch-suchung des Stammdatenbestands nacheinem relativ exotischen Namen etwa wür-de verhältnismäßig wenig Ressourcenbeanspruchen im Vergleich zu „Müller”oder „Schmitz”. Die Systemauslastungkann ebenfalls die realen Verbräuchezusätzlich beeinflussen. Zur Laufzeit wirddaher die Information festgehalten: „Wel-cher Nutzer hat zu welchem Zeitpunkt wasgemacht?” Diese Daten werden in dienachgelagerten Systeme zur Fakturierung,Archivierung und in ein Performance Data-

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Komplexität und das starke Wachstum imSystem konnten durch ein systematischesEnd-to-End Management beherrscht wer-den. Auf Dauer lässt sich dadurch nicht nurdie Performance besser steuern, sondernauch Services präzise bepreisen und dieKapazitätsauslastung optimieren.

Die hohe Anfangsinvestition war von derSparkassen Informatik bewusst kalkuliert.Der Return On Investment (ROI) stellt sichdabei sukzessive ein. Durch einen hohenAutomatisierungsgrad, eine beschleunigteAnwendungsentwicklung ohne Redundan-zen und eine bessere Lastverteilung werdendie erzielten Synergieeffekte die getätigteInvestition auf Dauer um ein Vielfachesübertreffen.

Wie der IT-Dienstleister, so profitierenauch seine Kunden. Zunächst einmal kom-men sie in den Genuss der offenen und fle-xiblen Anwendungsarchitektur, durchgän-gigen, schlanken Geschäftsprozesse undder Möglichkeit, fachliche Funktionen vonPartnern in die eigenen Anwendungs-landschaft zu integrieren. Darüber hinausprofitieren sie von einer verbesserten Soft-warequalität und dem proaktiven Fehler-handling seitens des IT-Dienstleisters. Beiden IT-Kosten bekommen die Kunden neueGestaltungsmöglichkeiten: Dank der trans-parenten, verursachergerechten Preis-modelle können sie die tatsächlich entstan-denen Aufwände eindeutig nachvollziehen.Durch eine kritische Überprüfung der inAnspruch genommenen Services und derauftretenden Lastspitzen können sieKostentreiber identifizieren und gegebenen-falls durch eine intelligente Verteilung Ein-sparpotenziale realisieren. ■

gerungen im normalen Produktbetrieberkannt.

Tragfähige LösungJahrelange, strukturierte Vorarbeitenhaben bei der Sparkassen Informatik dieImplementierung einer tragfähigen SOAerst ermöglicht. Die Einführung stellte den-noch höchste Anforderungen an Füh-rungskräfte, Mitarbeiter, Ressourcen undVorgehensweise. Mit ausgefeilten Metho-den, Konzepten und Werkzeugen konnteder IT-Dienstleister die Herausforderungenin Bereichen wie Kommunikation, Doku-mentation und Qualitätsmanagementerfolgreich bewältigen. Die steigende

Warehouse überführt. So bekommt derKunde einen Preis, der dann über dieNachkalkulation fortgeschrieben werdenkann. Die fein differenzierten Preismodelleauf Basis der SOA ermöglichen daher einehöchst transparente Abrechnung, die fürden Kunden leicht nachvollziehbar ist undlediglich den tatsächlich entstandenenDatenverkehr in Rechnung stellt.

Auf Basis der SOA in Verbindung mitden implementierten Reportingtools kanndie Sparkassen Informatik eine sehr präziseProduktionsplanung vornehmen. Die Ver-bräuche werden in den Komponenten kon-tinuierlich auf Abweichungen überwacht.So werden auch „schleichende” Stei-

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