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KLASSENKAMPF 16

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Schwerpunkt: Krise, Gesundheitswesen, Revolutionäre ArbeiterInneninternationale

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Page 1: KLASSENKAMPF 16

KKLLAASSSSEENNKKAAMMPPFFZZeeii ttuunngg ffüürr RRäätteemmaacchhtt uunndd RReevvoolluuttiioonn

Nummer 1 6/Mai 201 3 Gruppe Klassenkampf Preis 2,-- EUR

www.klassenkampf.net

1 . Mai: Die revolutionäreArbeiterInnenpartei und dierevolutionäre ArbeiterInnen-Internationale aufbauen!

I SSN : 2220-0657

Seiten 9 bis 1 1

In den frühen Morgenstunden des 25. März 201 3 einigte sich diezypriotische Regierung unter dem konservativen PräsidentenAnastisiades mit der EU auf einen „Rettungsplan“ für diebankrotten Banken des Landes. Noch deutlicher als die Politik derTroika in Griechenland zeigt das „Rettungspaket“, worum es denimperialistischen Großmächten, welche die EU wirtschaftlichbeherrschen, geht: Die Rettung der Profite ihrer Banken undInvestitionen. Dafür nehmen die „demokratischen“, gesitteten,zivil isierten Regi erunge n der mächtigen Staaten der Eurozone inKauf, ein Land in den Bankrott zu stürzen und die Bevölkerungeben dieses Landes gnadenlos in Armut und Elend zu stürzen.

ZYPERN: UM DIE BANKEN ZURETTEN, RUINIERT MAN DIE

ARBEITENDEN MENSCHEN! WEGMIT DIESEM PROFITSYSTEM!

Vom 15. bis 22. April be-stand die Möglichkeit dasVolksbegehren gegen Kir-chenprivilegien zu unter-schreiben.

Forderungen des Volksbe-gehrens waren:

Für die Schaffung eines Bun-

desverfassungsgesetzes

1. ZurAbschaffung kirchli-

cher Privilegien

2. Für eine klare Trennung

von Kirche und Staat

3. Für die Streichung giganti-

scher Subventionen an die

Kirche

Für ein Bundesgesetz zur

Aufklärung kirchlicherMiss-

brauch- u. Gewaltverbrechen

Im Sinne der Traditionender revolutionären Arbeiter-

weiter auf Seite 2

Volksbegehrengescheitert,Kampf fürTrennung Kirchevon Staat gehtweiter!

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KONTAKT

Die Gruppe Klassenkampf im Internet:

www.klassenkampf.net

Die Gruppe Klassenkampf kontaktieren:

[email protected]

Unsere Postadresse:Gruppe KLASSENKAMPFStiftgasse 8A-1 070 Wien

IMPRESSUM:Eigentümer, H erausgeber, Verleger,Druck: Gruppe Klassenkampf.Druckort: Wien

Kirchenprivilegien/ReligionORGANISATIONbewegung, für die die Tren-nung von Kirche und Staatimmer schon eine zentraleForderung war, unterstütztedie Gruppe Klassenkampf dasVolksbegehren kritisch!

Religion ist für uns Marxis-ten keine den Menschen vonAußen eingepflanzte „falscheIdeologie“, Religion entstandund entsteht bei Menschenaus Verzweiflung über unge-rechte, undurchschaubare,unerträgliche Zustände undwir kämpfen daher nicht pri-mär gegen die Religion, son-dern dafür, die Zustände zubeseitigen, die sie entstehenlassen!

Religion war in der Ge-schichte ein Instrument, umdas Volk ruhig zu halten:

„Gäbe es die Religion nicht,

man müsste sie erfinden“

(Voltaire)

„Sie ist das Opium des Vol-

kes!“ (Marx)

Rechtliche Quelle für eineganze Reihe nach wie vorexistierender Privilegien derkatholischen Kirche in Öster-reich ist immer noch dasKonkordat von 1934, ein völ-kerrechtlicher Vertrag zwi-schen Vatikan und Österreich(erste „Großleistung“ des fa-schistischen Ständestaatesund später in der 2. Republikverräterische Anerkennungdes Konkordates durch dieSPÖ)!

Damit wurde der Weg zuenormen finanziellen Zuwen-dungen geebnet (Religions-gemeinschaften erhaltenderzeit 3,8 Milliarden Eurojährlich aus Steuermitteln! )und gleichzeitig wird den re-ligiösen Gruppen durch Zu-lassung des konfessionellenReligionsunterrichts (durchvom Staat bezahlte, aber vonden Religionsgemeinschaftentsendete Lehrer) Zugriffauf Kindergärten und Schu-len gewährt!

Daher auch unsere zusätz-liche explizite Forderung:

Völlige Trennung von Schu-le und Religionsgemeinschaf-ten!

Dass dem Kirchenvolksbe-gehren ein nur sehr beschei-dener Erfolg (im Sinne derZahl der geleisteten Unter-schriften) gelang, war auf-grund der mangelndenUnterstützung der etablier-ten Parteien und der durchdie einhellige, auch in denMedien, massiv eingesetzteFront der Religionsgemein-schaften, absehbar, und den-noch darf diese Initiative alsein wichtiges Signal gewertetwerden, dass es eine kriti-sche Masse gibt, die sich mitden überkommenen und ihreWurzeln immer noch im Kle-rikalfaschismus habendenPrivilegien der katholischenKirche nicht abfindet!

Selbstverständlich darf inder heutigen Welt das kriti-sche Augenmerk nicht alleineauf die christlichen Religi-onsgemeinschaft gerichtetsein, sondern es gilt, sichauch sehr intensiv mit allenanderen Religionsgemein-schaften, insbesondere aberauch mit dem Einfluss islami-scher Religionsgemeinschaf-ten auf zugewanderteArbeiter und Arbeiterinnen,auseinander zu setzen, derenoft verzweifelte Lage (Ar-beitsplatz, Wohnung, Schule,Anfeindungen durch dieMehrheitsbevölkerung etc.)von religiösen Gruppen fürihre Zwecke genutzt wird.Hier sollten MarxistInnen vor

Ort sein und die Möglichkeit

nutzen, die Probleme dieser

Menschen als Probleme von

Klassengegensätzen zu er-

klären und nicht das Feld

dem „Eia Popeia“ der religi-

ösen Benebeler überlassen!

Fortsetzung von Seite 1

DDIIEE PPRROOGGRRAAMMMMAATTIISSCCHHEENNGGRRUUNNDDLLAAGGEENN DDEERR GGRRUUPPPPEEKKLLAASSSSEENNKKAAMMPPFF

Der beste und umfassendste Weg, um unskennzulernen: Die Lektüre unseresprogrammatischen Dokuments "Für Revolution,Rätemacht und Sozialismus"! Für € 3,-- bei denGenossinnen und Genossen der GKK erhältlich.

Einführungsschulung in denMarxismus

Die Gruppe Klassenkampf führt regelmäßigEinführungsschulungen in den Marxsmusdurch. Wir setzen den erstenSchulungszyklus mit einem Abend "DieGeschichte der Arbeiterinnen- undArbeiterbewegung vom 1. Weltkrieg bis1945" fort. Informationen und Anmeldungenbei: [email protected]

Hinweis: Interessante Informationen zum Thema Kirche(n) undPrivilegien der " anerkannten Religionsgemeinschaften"

findet ihr auf der Website www.gottlos.at

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Die etablierte Politik in Ös-terreich hat das Thema„Wohnen“ im Wahljahr2013 für sich entdeckt undes gilt zu prüfen, ob dieseEntdeckung für die Arbei-terklasse mehr Drohung alsSegen zu bedeuten hat.

Wohnen ist nach einer Defi-nition der Weltgesundheitsor-ganisation (WHO) „dieVerbindung von Wohnunter-kunft, Zuhause, unmittelba-rem Wohnumfeld undNachbarschaft“, es ist somitdie Rolle der Wohnung als Le-bensmittelpunkt und Zu-fluchtsstätte angesprochen.Diese zentrale Bedeutung desPhänomens Wohnen zeigt sichbeispielhaft auch daran, dasses im Englischen für das Wort„wohnen“ keinen eigenen Be-griff gibt, sondern hier dasWort „living“, verwendet wird,was eben zeigt, dass es sichum ein das Leben sehr bestim-menden Umstand handelt!

Es ist also mehr als berech-tigt dieses Thema ins Zentrumder Betrachtung zu rücken:

Wohnraum deckt ein Grund-bedürfnis des Einzelnen ab, esist nicht substituierbar. DieWohnkosten stellen für denüberwiegenden Teil der priva-ten Haushalte die größte Kon-sumausgabenkategorie darund je einkommensschwächerdie Haushalte sind, desto grö-ßer wird der Anteil des Ein-kommens, der zur Abdeckungdes Wohnbedürfnisses aufge-wendet werden muss. Bei die-sen niedrigenEinkommensschichten führenschon ein geringfügiges Sin-ken des Einkommens oder einAnsteigen der Wohnkosten oftzu der Situation, dass dieWohnkosten durch das eigeneEinkommen nicht mehr ge-deckt werden können!

In einer 2012 durch die -dem Revolutionären eher un-verdächtige Institution -OeNB ( Österreichische Na-tionalbank) beauftragten Un-tersuchung wird festgestellt,dass die Wohnkosten massivgestiegen sind und dass diesebei Eigentümern 25%, beiMietern 34% des Einkommensbetragen, wobei insbesondereder Blick auf das untere Vier-tel der Einkommen inter-essant ist, weil hier dieWohnkostenbelastung 44%bei Eigentümern und 51% beiMietern beträgt. Weiters wirdfestgehalten, dass ein Drittelder Mieter ihre Wohnkostennicht ohne Einschränkung derHaushaltsausgaben beglei-chen kann.

Die Ursachen für die gestie-genen Wohnkosten sind aller-dings nicht nur beigestiegenen Mieten, sondernauch bei Gebührenerhöhun-gen für Abwasser, Strom, Gasund Müll zu suchen. Diese imweitesten Sinne als Ver-brauchssteuern zu qualifizie-renden Abgaben treffen wieimmer bei „Massensteuern“am stärksten die unteren Ein-kommensbezieher!Bemer-kenswert ist der Schluss, densogar die OeNB zieht: „….aufdem Immobilienmarkt alleinAngebot und Nachfrage wir-ken zu lassen“ wird nicht ziel-führend sein, sondern „….essind wirtschaftspolitische bzw.strukturelle Eingriffe notwen-dig.“

Die OeNB hat es ganz rich-tig erfasst, „strukturelle Ein-griffe“ sind notwendig, diesedürfen sich aber nicht auf denBereich der Immobilienmärk-te beschränken und wir wer-den alles daran setzen, dieseEingriffe bald und strukturiertvornehmen zu können!

Eine Ursache für die gestie-genen Wohnungs(miet)preiseist das Auslassen des geför-derten Wohnbaus und damitverbunden ein zu geringes An-gebot von günstigen Wohnun-gen am Immobilienmarkt.

Die SPÖ fordert jetzt dieWiedereinführung der Zweck-bindung der Wohnbauförde-rung (1 ,78 Milliarden Euro),die der Bund jährlich an dieLänder überweist. Früherdurften die Länder diesesGeld ausschließlich für dengeförderten Wohnbau nutzen,seit 2009 wurde diese Bin-dung aufgehoben und dasGeld kann seitdem frei ver-wendet werden – zB in Nie-derösterreich zumSpekulieren!

Das heißt nichts anderes,als dass Herr Pröll sich unterBerufung auf eine sogenannte

„Finanzautonomie“ erdreistetdie Steuergelder der Arbeite-rInnen nicht so zu verwenden,dass ein leistbares Wohnenmöglich ist, sondern im Ge-genteil dieses durch die Werk-tätigen erarbeitete Geld in die„Finanzmärkte“ versenkt undeinige wenige über Provisi-onszahlungen und Bonis ver-dienen lässt, während dieArbeiterklasse große Teile ih-res Einkommens in dasGrundbedürfnis „Wohnen“ ste-cken muss!

Sind die „Genossen“ von derSPÖ daher in ihrer Forderung,die sicher auch am 1 . Maideutlich erhoben wird, zu un-terstützen? Nein, wir werdeneigene Forderungen stellenund wir werden die Arbeite-rInnen, die GenossInnen dar-auf hinweisen, wer zumZeitpunkt der Abschaffungder zweckgewidmeten Wohn-

IM WAHLJAHR ENTDECKT DIE SOZIALDEMOKRATIE IHR "HERZ FÜR MIETER"

Wohnen in der»Sozialen« Marktwirtschaft

In ihrer reformistischen Blütezeit, in den 20er Jahren,machte sich die sozialdemokratische Führung noch für denMieterschutz stark. Heute ist er eine Bedrohung für siegeworden.

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bauförderung im Jahr 2009 inÖsterreich den Kanzler ge-stellt hat: die ÖsterreichischeSozialdemokratie unter Wer-ner Faymann!

Was tönt aus der ÖVP zumThema? Altbekanntes undnichts Verwunderliches, näm-lich die Forderung nach Er-leichterungen für den Erwerbvon Eigentum - StichwortStreichung der Grunder-werbssteuer – eine typischeKlientelpolitik für kapitalstar-ke Schichten. Unterstützungkommt hier – selbstverständ-lich – von der FPÖ, die den„kleinen Mann“ vollmundigim Boulevard verteidigt, aberin der Sache Politik für dieReichen und Mächtigenmacht bzw. diese unterstützt!

Die ÖVP hat aber auchNeues zu bieten, nämlich dieForderung nach einem Ge-haltscheck bei Gemeindebau-mietern, weil diese, ach sogünstigen Wohnungen, nichtfür gut verdienende Mietergedacht seien.

Abgesehen davon, dassHerr Vizekanzler Spindeleg-ger selbst 10 Jahre in einerGemeindebauwohnung lebteund nach Definition seinerPartei wahrscheinlich nichtso förderungswürdig war,sollte man hier gar nicht sosehr die Frage betrachten, obes gerechtfertigt ist, dassReiche von geförderten Woh-nungen profitieren dürften,

sondern viel mehr, anschau-en, wie weit diese Gemeinde-wohnungen tatsächlich nochals „Sozial“-Wohnungen be-zeichnet werden können und,welchen Zweck die ÖVP inWirklichkeit mit dem Versucheine „Neiddebatte“ anzuzün-den verfolgt!

Wenn man bedenkt, dassseit 1998 alleine der Mietzinsfür die Wiener Gemeindewoh-nungen um über 300% ange-stiegen ist und sich daherbereits eine asymptotischeAnnäherung an den privatenWohnsektor ergibt, kann manschon die Frage stellen, ob esder ÖVP wirklich darum geht,gut verdienende Leute wieSpindelegger aus dem Ge-meindebau zu werfen, oderob nicht generell vom Macht-missbrauch der Kapitalisten,die arbeitslos durch denschlichten Besitz von Häu-sern und Immobilien ihrenüppigen Lebensunterhalt„verdienen“, abgelenkt wer-den soll und andererseitsdurch den Hinweis auf „billi-ge“, „geförderte“ Gemeinde-wohnungen nur einmal mehrMenschen, die durch ihre Ar-beit und die Ablieferung desdurch sie geschaffenen Mehr-werts ohnehin schon ausge-beutet werden, als Profiteureeines „überbordenden Sozial-systems“ dargestellt werdensollen.

Wen die ÖVP, aber vor allem

auch die selbsternannte „Ar-beiterpartei“ FPÖ, auch indieser Diskussion tatsächlichvertreten, zeigt sich beimThema Provisionszahlungenan Immobilienmakler, wo je-der Versuch diese Provisio-nen durch den aus diesemGeschäft tatsächlich profitie-renden Vermieter zahlen zulassen, vom „BürgerblockÖVFP“ abgeschmettert wird!

Lassen wir uns keine Mär-chen erzählen! Die durch dieParteien der herrschendenKlasse verursachten realenZuständen im Wohnbereichsind schlimm genug! Kämp-fen wir für die Durchsetzungfolgender Forderungen:

- Vergesellschaftung sämtli-

chen Wohnraums, Entschä-

digung der ehemaligen

EigentümerInnen aus derAr-

beiterInnenklasse

- Vergabe von Wohnungen

nach Zahl der Nutzer pro

Wohnung

- Entscheidung überWoh-

nungsgröße und Lage nach

gesellschaftlicherMachbar-

keit undWünschen des/der

Wohnungswerber

- Berücksichtigung von öko-

logischen Gesichtspunkten

beiWohnungsvergabe (Nähe

zum Arbeitsplatz) undWoh-

nungsbau (Nutzung umwelt-

freundlicher und Heizkosten

sparender Bauweisen)

- Stopp der Bodenversiege-

lung durch Verbot des Baus

von Einfamilienhäusern

- Abschaffung von Massen-

steuern auch fürWohn- und

Energiekosten

"Die sogenannte Woh-

nungsnot, die heutzutage in

der Presse eine so große Rolle

spielt, besteht nicht darin,

dass die Arbeiterklasse über-

haupt in schlechten, überfüll-

ten, ungesunden Wohnungen

lebt. Diese Wohnungsnot ist

nicht etwas der Gegenwart

Eigentümliches; sie ist nicht

einmal eins der Leiden, die

dem modernen Proletariat,

gegenüber allen frühern un-

terdrückten Klassen, eigen-

tümlich sind; im Gegenteil, sie

hat alle unterdrückten Klassen

aller Zeiten betroffen. Um die-

ser Wohnungsnot ein Ende zu

machen, gibt es nur ein Mittel:

die Ausbeutung und Unter-

drückung der arbeitenden

Klasse durch die herrschende

Klasse überhaupt zu beseiti-

gen!"

(Friedrich Engels, aus „ZurWohnungsfrage“, geschrieben1872)

BROSCHÜREN DER GRUPPEKLASSENKAMPF

I n unserer Griechenland-Broschüre l i efern wi r ei negrundl egende Ei nschätzung derKri se i n Gri echenl and und derpol i ti schen Kri se des Prol etari ats i ndi esem Land. Di e Broschüre zumBürgerkrieg in Österreich 1934zei gt, wi e reformi sti sche I l l usi oneni n di e bürgerl i che Demokrati e i n di eN i ederl age führen.

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Am 17.04.2013 wurden diesterblichen Überreste derMargaret Thatcher in Londoneingeäschert und anschlie-ßend die Urne beerdigt.

In den letzten Jahre tat dieseit Beginn des 19. Jh. längstdienende PremierministerinGroßbritanniens (1979 –1990) nach mehreren Schlag-anfällen und konstatierterfortschreitender Demenz, daswas sie am besten auch inden 80er Jahren des letztenJahrhunderts tun hätte sollen:sie dämmerte vor sich hin.

Selbiges kann man von ih-ren, gemeinsam mit RonaldReagan und anderen, in dervorletzten Dekade des vori-gen Jahrhunderts initiiertenneoliberalen Ideen leidernicht behaupten. Diese lebennämlich auch in unserem heu-tigen Wirtschaftsgefüge - un-ter Berufung auf sie - munterfort und sind zwar sicherlichsehr kranke Zustände, abernoch nicht tot und zum Ein-äschern bereit! Wie ihr heuti-ger konservativer NachfolgerCameron beim gut 10 Millio-nen Pfund teuren Quasi-Staatsbegräbnis sagte: „Zu ei-nem gewissen Grad sind wirheute alle Thatcheristen“.

Die „Eiserne Lady“ hat dar-über hinaus auch Fakten ge-schaffen, an denenGroßbritannien bis heute la-boriert und deren Auswirkun-gen auch auf andere Staatenbis heute wirkt:

- Zerschlagung der Gewerk-schaften

- Ruin des öffentlichen Sek-tors (Gesundheit, Trinkwas-ser, Bahn, etc.)

- Verkauf („Privatisierung“)

von Staatsunternehmen zumNachteil der Beschäftigtenund der Konsumenten

- Senken der Steuern fürdie Vermögenden

Dass sie sich auch klassi-scher „imperialistischer Tu-genden“ befleißigte, zeigtesie 1982 mit dem gegen Ar-gentinien geführten „Fal-klandkrieg“.

Eine besonders ekelerre-gende politische Haltung de-monstrierte Thatcher imZusammenhang mit demrechten chilenischen DiktatorAugusto Pinochet, von demsie sich im Falkland-Krieg un-terstützen ließ, den sie alsFreund bezeichnete und ihnbis zum Ende verteidigte.

Die internationale Arbeiter-klasse vergießt an dieser Stel-le nicht Tränen der Trauerüber das Ableben einer Weg-bereiterin und Verfechterineiner Politik der Ausbeutungder Werktätigen. Wenn es amGrab der „Eisernen Lady“ et-was zu betrauern gibt ist esdie Tatsache, dass es möglichwar, diese neoliberale Politikzuzulassen, an deren Folgendie arbeitenden und arbeitslo-sen Werktätigen in Britannienbis zum heutigen Tag leiden.Als Mitschuldige sitzen hierdie Führer der Labour-Partyauf der Anklagebank der Ge-schichte; Ex-Labor-PremierTony Blair überschlug sich inLobhudeleien über seine toteVorgängerin, die er währendseiner Amtszeit unter ande-ren zu Bosnien und zur NA-TO-Erweiterung um Ratgebeten hatte. Und der aktu-elle Labour-Führer Milibandfand ebenfalls lobende Worte

für die „große politische Füh-rerin“ und verdammte dieTausenden jubelnden Jugend-lichen, Gewerkschafter, Ar-beiter, Arbeitslosen, die Opferdes Tatcherismus, die in aus-gelassener Stimmung ihrerFreude über den Tod ihrerTodfeindin Luft machten.

Die spontanen Freudenfei-ern sind verständliche Reak-tionen, sie sind Ausdruck

eines gesunden Klassenin-stinkts am Totenbett einer re-aktionären Architektin deskapitalistischen Systems. Die-se Gefühle dürfen aber nichtverpuffen – vielmehr müssensie zum Ausgangspunkt einerneuen Welle des Widerstan-des gegen die neuen, arbei-terfeindlichen Pläne derbritischen Kapitalistenregie-rung werden!

DING-DONG! THE WITCH IS DEAD!

Margaret Thatcher(1 925-201 3)

IN MEMORIAMKrieg um die Malwinen (" Falklandkrieg" ):

907 Tote

Irische politische Gefangene imHungerstreik:1 0 Tote

Britischer Bergarbeiterstreik:1 1 .300 Festnahmen,

9 Tote

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Ende 2008 wurden auch im kleinen Österreich die Auswir-kungen der durch Überproduktion verursachten Krise desWeltkapitalismus spürbar. Die österreichische Bourgeoisiereagierte prompt mit Produktionskürzungen und der bürger-liche österreichische Staat war untertänigst bereit, ihr inForm von Konjukturprogrammen (Mittelstandsmilliarde, vor-gezogene Investitionen in die ÖBB oder Verschrottungsprämi-en für die Fahrzeugindustrie) Geld in den Rachen zu werfen.Bei sinkendem Zinsniveau, welche Kreditaufnahmen begüns-tigte und Sparen zunehmend unattraktiver machte, begannder Wirtschaftsmotor rasch wieder zu brummen. Eine Re-naissance der Biedermeierzeit schien begonnen zu haben,und die Menschen investierten in Immobilien. Die Geschäftevon Möbelhäusern und Baumärkten boomten und der Auto-handel durfte neue Verkaufsrekorde bejubeln.

Doch bereits ab 2010 begann der Staat,sich das Geld für die durch uneinbringlicheKredite aus seiner Sicht notwendig gewor-denen Bankenrettungen (ÖVAG, Hypo AlpeAdria, Hypo Tirol etc.) von der ArbeiterIn-nenklasse zurück zu holen. Pensionen wur-den durch Anpassungen unter derInflationsrate real gekürzt, Pflegegelder re-duziert, die 13. Familienbeihilfe wieder ab-geschafft und die Bezugsdauer für dieFamilienbeihilfe mit dem vollendeten 24.Lebensjahr begrenzt.

2013 ist die Wirkung der Konjunkturprogramme längst ver-pufft. Die Geißel der Massenarbeitslosigkeit mit ihren ge-schönten Arbeitslosenzahlen bedroht die österreichischeArbeiterInnenklasse. Die Preissteigerungen bei Lebensmit-teln übersteigen die Lohn- und Pensionserhöhungen bei wei-tem. Die in allen Lagen exorbitant gestiegenenImmobilienpreise machen Wohnen für viele ArbeiterInnenkaum mehr leistbar. Die Auswirkungen des weltweiten Klima-wandels, welche durch die Verlagerung der Produktion in Bil-liglohnländer mit niedrigen Umweltauflagen wie China oderIndien mit verursacht wurden, sind auch in Österreich zuspüren. Hitzewellen, Überschwemmungen und andere in die-sem Ausmaß bisher nicht gekannte Katastrophen werdenhäufiger.

In dieser sich zuspitzenden kapitalistischen Krise zeigt dieLandschaft der politischen Parteien in Österreich ein Bild derPerspektivlosigkeit für die ArbeiterInnen. Die SPÖ – größte

Partei mit Wurzeln in der ArbeiterInnenklasse – war federfüh-rend am letzten großen Sparpaket beteiligt und verliert zu-nehmend ihre Verankerung in ihren bisherigen Hochburgen(siehe Wahlergebnis in NÖ ArbeiterInnenstädten, Mitglieder-schwund, Sektionensterben). Wie der Telekomskandal zeigt,steckt auch die SPÖ tief im für den Kapitalsimus charakteris-tischen Korruptionsumpf. Die KPÖ kommt über biedere refor-mistische Politik mit dem altbackenenstalinistisch-österreichpatriotischen Anstrich nicht hinausund ist zudem außerhalb der Steiermark marginalisiert. DieGrünen sind die Partei der Achterbahnfahrt von reformisti-scher ArbeiterInnen- bis zu offen prokapitalistischer Politik.Mit den NEOs und dem Team Stronach haben sich zwei Neu-linge zur Gruppe der offen bürgerlichen Parteien gesellt. Par-allelen der beiden Newcomer zueinander sind dabeiunverkennbar: Hinter liberalen, offen und modern wirkenden

Fassaden stecken beinharte arbeiterInnen-feindliche Programme von der Vereinheitli-chung der Leistungen derSozialversicherungsanstalten nach unten biszum einst schon von FPÖ Guru Jörg Haidergepredigten einheitlichen Einkommenssteu-ersatz. Diese neuen Parteien stellen kommu-nizierende Gefäße mit dem in Auflösungbefindlichen BZÖ und der FPÖ dar. Die FPÖist derzeit damit beschäftigt, ihre neofaschis-tische Parteibasis unter der Oberfläche zu

halten und die ihr von der Stronach Partei geschlagenenWunden zu lecken.

Es ist also keine Partei in Sicht, welche sich entschiedengegen drohende Einschnitte im Gesundheits- und Pensions-system und gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeitstellt, für leistbares Wohnen, existenzsichernde Arbeitsplätzeund eine Energie-, Verkehrs- und Umweltpolitik ohne Profit-orientierung eintritt, geschweige denn sich zum Ziel setzt,mit dem chaotischen, korrupten und in Elend und Umweltzer-störung führenden System des Kapitalismus Schluss zu ma-chen, die ArbeiterInnenklasse hinter sich zu sammeln und dieHerrschaft der kapitalistischen Ausbeuterklasse in einer so-zialistischen Revolution hinweg zu fegen, um mit dem Aufbaudes Sozialismus in Österreich und weltweit zu beginnen.

Der Aufbau einer solchen Partei ist die einzige Perspektive,die die Aussicht auf das Abschütteln des kapitalistischenJochs eröffnet und für die es sich auch an diesem 1 . Mailohnt, auf die Straße zu gehen und zu kämpfen.

Erklärung der Gruppe Klassenkampf zum 1 . Mai 201 3

ÖSTERREICH UND DIE KAPITALISTISCHE KRISE 201 3:MITTENDRIN STATT NUR DABEI

JETZT REVOLUTIONÄRE KAMPFPARTEI AUFBAUEN!VORWÄRTS ZUM SOZIALISMUS!

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Die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008-2009 wurde im in-ternationalen Rahmen vorübergehend durch die Geschenkeder kapitalistischen Staaten an ihre Bank-und Automobilkon-zerne überwunden. Aber diese Heilmittel dienten weltweit nurder Vorbereitung neuer Angriffe. In den Vereinigten Staatenund China verlangsamt sich das Wachstum. In Japan und in Eu-ropa setzt sich die Rezession fort. Einige europäische Länder(Portugal, Spanien, Griechenland .. . ) befinden sich in einemwahren Zersetzungsprozess.

Das Überleben des Kapitalismus führt zum schlimmsten so-zialen Rückschritt. Um ihre Profite zu verteidigen, greifen diejeweiligen Bourgeoisien die Arbeiterinnen und Arbetier, die Ju-gendlichen, die Migrantinnen und Migranten an.. . Eine endloseSpirale: im beinharten Wettbewerb gegeneinander muss jederSchritt, den eine Bourgeoisie gegen die eigenen Lohnabhängi-gen unternimmt, unverzüglich von den Konkurrenten nochüberholt werden.

Das Überleben des Kapitalismus verschärft die Ungleichhei-ten und die Vergeudung bis zur Absurdität: einerseits mangeltes an allem, auf der anderen Seite werden unter Missachtungvon Menschen und Ressourcen Waren im Überschuss produ-ziert.

Das Überleben des Kapitalismus heißt: Wettrüs-ten, Spannungen in Ostasien, heißt militärische In-terventionen der imperialistischen Mächte, umihre Interessen in Afrika und anderswo zu schüt-zen. Der zionistische Staat setzt die Besiedlung Je-rusalems und der Westbank fort, erwürgt dieWirtschaft in den besetzten Gebieten mit Hilfe derägyptischen islamistischen Regierung, schlägt,wann immer es ihm beliebt, in Gaza zu. Die israeli-sche Armee droht, mit dem Segen der Regierung der Demokra-tischen Partei der USA, welche die Sozialdemokraten undÜberreste des Stalinismus als „progressiv“ hinstellen, sogarden Iran anzugreifen.

Das Überleben des Kapitalismus verschärft Nationalismusund Fremdenfeindlichkeit, das Wiederaufleben von Faschismusund in Richtung Faschismus gehender sowie klerikaler Partei-en, die alle die Arbeiterinnen und Arbeiter gegeneinander auf-hetzen, um die Reichen und die Ausbeuter zu schützen. InGriechenland greifen die von des Kapitalisten finanzierten undvon der Polizei unterstützten Faschisten der „Goldenen Mor-genröte“ physisch Arbeitsmigrantinnen und Migranten an, dieals Sündenböcke herhalten müssen.

Überall versuchen die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Ju-gendlichen, die Frauen sich zu wehren, aber der Kampf wirddurch den Verrat der Gewerkschaftsführer und "reformisti-schen" Parteien erschwert. Wo "Labour"-Parteien, "Sozialisti-sche" oder "Kommunistische" Parteien existieren, machen siedie Massen glauben, dass Wahlen ausreichen, um den Kapita-lismus zu „verbessern“. Wenn sie an die Macht kommen, ma-chen sie die gleiche Politik, wie die bürgerlichen Parteien,sowohl nach Innen wie nach Außen. Die ANC-KP-Regierung inSüdafrika hat auf streikende Bergleute schießen lassen. DieRegierung von SP/Radikaler Partei/Grünen in Frankreich führteinen imperialistischen Krieg in Mali (und KPF und die „Partei

der Linken“ haben nicht dagegen gestimmt).In China ist die „Kommunistische“ Partei nur die Hülle der

Kapitalisten, seit die stalinistische Bürokratie den Kapitalismusrestauriert hat. Die „K“P-Regierung versucht, durch ihre "Ge-werkschaften" und polizeiliche Repression das gigantische Pro-letariat zu unterdrücken, das den Kampf gegen dierücksichtslose Ausbeutung aufgenommen hat und dadurch dastotalitäre Regime selbst bedroht.

Weltweit stimmen die Gewerkschaftsbürokratien im Namendes nationalen Interesses Verhandlungen über die Angriffe derUnternehmer und ihrer Regierungen zu. Wenn sich sozialenSpannungen zuspitzen, kanalisieren sie die Unzufriedenheit in"Aktionstagen" und "Rotationsstreiks" , um einen Generalstreik,der die ganze Kraft des Proletariats gegen die Unternehmerund den bürgerlichen Staat richten würde, zu verhindern. InGriechenland müssen wir auf die Spaltung der Reihen der Ar-beiterinnen und Arbeiter durch die stalinistische Partei KKEund ihre Gewerkschaft PAME hinweisen.

Die Wiederbelebung des bürgerlichen Nationalismus in La-teinamerika hat nirgendwo, auch nicht in Venezuela und Bolivi-en, zum Bruch mit dem Imperialismus, geschweige denn zurInfragestellung des Privateigentums an den Produktionsmitteln

geführt. In Nordafrika und im Nahen Osten habensich die Arbeiterinnen und Arbeiter gegen Arbeits-losigkeit, Korruption, polizeiliche Repression unddie Unterwerfung unter die imperialistischenMächte ebenso wie gegen die aus dem bürgerli-chen Panarabismus hervorgegangenen Regimesund die klerikalen Monarchien gewendet. In Tune-sien und Ägypten konnten die Massen die Diktatu-ren stürzen. Aber sie sind mit den islamistischen

Parteien konfrontiert, die das Privateigentum verteidigen undsich auf die Armee und die Polizei stützen. Während die russi-schen und chinesischen Imperialismen nach wie vor das bluti-ge Baath-Regime verteidigen, setzen die US- undeuropäischen Imperialismen in Syrien und Tunesien auf die Is-lamisten, so wie in der Türkei, in Ägypten und inLibyen, um diesoziale Revolution zu zerschlagen.

Die spontanen Kämpfe weisen in die richtige Richtung, abersie können nicht aus sich selbst heraus den Sturz des Kapitalis-mus sicherstellen und die Perspektive zum Weltsozialismus er-öffnen. Dazu bedarf es wirklich kommunistischer,internationalistischer Parteien, die in einer Revolutionären Ar-beiterinnen- und Arbeiterinternationale zusammengeschlossensind. Solche Parteien stehen auf dem Programm der Unabhän-gigkeit der Arbeiterklasse im Verhältnis zu den anderen Klas-sen der Gesellschaft, für den Kampf gegen dieKapitalistenklasse und für das Bündnis mit der Bauernschaftund der Jugend in Ausbildung.

Proletarierinnen und Proletarier aller Länder - vereinigt euchfür Arbeiterräte und Räte der Werktätigen, für Arbeiterinnen-und Arbeiterregierungen, die sich auf die Räte stützen, für diesozialistische Revolution, für die Zerstörung der bürgerlichenStaaten, die Enteignung der Kapitalisten, ihrer Konzerne undder Großgrundbesitzer!

Erklärung des Kollektiv Permanente Revolution (CoReP) zum 1 . Mai 201 3

SOZIALISMUS ODER BARBAREI!

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In den frühen Morgenstun-den des 25. März 2013 einig-te sich die zypriotischeRegierung unter dem konser-vativen Präsidenten Anasta-siades mit der EU auf einen„Rettungsplan“ für die bank-rotten Banken des Landes.Noch deutlicher als die Poli-tik der Troika in Griechen-land zeigt das„Rettungspaket“, worum esden imperialistischen Groß-mächten, welche die EU wirt-schaftlich beherrschen, geht:Die Rettung der Profite ihrerBanken und Investitionen.Dafür nehmen die „demokra-tischen“, gesitteten, zivilisier-ten Regierungen dermächtigen Staaten der Euro-zone in Kauf, ein Land in denBankrott zu stürzen und dieBevölkerung eben dieses Lan-des gnadenlos in Armut undElend zu stossen.

Nach Massenprotestenmusste die EU ihren ersten„Rettungsplan“ aufgeben, deralle Inhaber von Spareinla-gen auf zypriotischen Bankenmit mindestens 6,75 % belas-tet hätte. Nun sind Spareinla-gen unter 100.000 EUR vom„Rettungsabschlag“ ausge-

nommen. Damit werden dieEigentümer, Kreditoren undGroßanleger stärker in diePflicht genommen: Durch ei-ne Steuer auf Bankguthabensoll der zypriotische Staat 5,8Milliarden Euro aufbringen.

Gleichzeitig kann (undmuss) die Zypriotische Zen-tralbank Banken liquidierenund den gesamten Finanzsek-tor umstrukturieren. So wirddie zweitgrößte Bank der In-sel, die Laiki-Bank, liquidiert,und ihre Spareinlagen unter100.000 Euro an die Bank ofCyprus übergeben, ebensowie alle gut besicherten Ge-schäfte. „Risikofälle“ wan-dern in eine „Bad Bank“.Einlagen von 4,2 Milliardenwerden als Totalverlust abge-schrieben.

Präsident Anastasiades ver-kaufte den Pakt als „ausge-wogener“ als den erstenEU-Sanierungsplan. „Die Ge-fahr eines Bankrotts ist ge-bannt und gefährlicheKonsequenzen für Wirtschaftund Gesellschaft abgewen-det“. Das ist allerdings reinePropaganda.

Noch am gleichen Tag de-monstrierten in der Haupt-

stadt Nikosia TausendeBankangestellte, Schülerin-nen und Schüler unter Paro-len wie „Troika go home“,„Die Diebe ins Gefängnis, dieReichen müssen zahlen“. Siehatten klar erkannt, was der„Rettungsplan“ bedeutet:Den wirtschaftlichen und so-zialen Kollaps des Inselstaa-tes.

Die Wirtschaft Zyperns ruhtauf zwei Säulen: Dem Bank-sektor und dem Tourismus. Indiesem „Tertiärsektor“ sind72 % der Zypriotinnen undZyprioten beschäftigt. 2012trug der Produktionssektornur 5,9 % zum BIP bei. Die„Restrukturierung“ der Ban-ken wird zu einer massivenArbeitslosigkeit führen, undin Zeiten einer weltweitenKrise kann von einer Auswei-tung der Tourismuswirtschaftwohl kaum die Rede sein.

Die Rolle Zyperns als Fi-nanzplatz begann währenddes libanesischen Bürger-kriegs (1975 – 1990), alszahlreiche libanesische Ban-ken ihren Sitz von der„Schweiz des Nahen Ostens“auf die vorgelagerte Inselverlegten. Die heimische

Bourgeoisie und die politi-schen Eliten des durch ethni-sche Spannungen zerrissenenLandes witterten ihre großeChance: Steuerbegünstigun-gen für ausländische Anlegerund höchste Diskretion beiden Banken lockten immergrößere Vermögen an. DerGlaube an ein ungebremstes,expansives Wachstum des im-perialistischen Systems führ-te in weiterer Folge zu einerVernachlässigung andererwirtschaftlicher Entwick-lungsmodelle. Umso verhee-render ist nun derZusammenbruch.

Die Analysten jener euro-päischen Banken, deren An-lagen nun „gerettet“ werden,prognostizieren für die bei-den kommenden Jahre einSchrumpfen der zyprioti-schen Wirtschaft um 20 %und einen Anstieg der Ar-beitslosigkeit auf 25 %.

Aber selbst innerhalb derEU führte der harsche Kursgegenüber Zypern zu Unruhein Finanzkreisen. Schon diebloße Idee einer „Beteili-gung“ von Anlegern an derSanierung maroder Bankenlöste Wutgeheul aus, das sich

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aber schnell legte, als dieEU-Verhandler ihren Schrittals Schlag gegen die „russi-schen Oligarchen“ verkauf-ten.

Dieser Schlag ging aberins Leere, glaubt man Alex-ander Orlov von Arbat In-vestment Services (Moskau),der in einem Interview mitdem englischen „Indepen-dent“ erklärte, dass es „aufder höchsten Ebene der[wirtschaftlichen] Entschei-dungsträger [Russlands]“keinerlei Opfer gegeben ha-be. Im vergangenen Jahr sei-en 20 Milliarden Euro vonzypriotischen Banken abge-flossen, ein Großteil davonnach Russland. „Ich glaube,dass der 2,5-Milliarden-EuroKredit [Russlands an Zypern]dazu gedient hat Zeit zu kau-fen, damit ' jene, die es be-trifft' ihr Vermögen abziehenkonnten“.

Zwar sprach der russischePremierminister Dmitri Med-wedjew von „Diebstahl“, umden EU-Plan zu charakteri-sieren; aufhorchen lässt abereine Anspielung auf eine Äu-ßerung Lenins, die freilichunter komplett anderen Be-

dingungen fiel:„Hier wird gestoh-len, was bereitsgestohlen wurde“.

Offensichtlichfügt sich die Zy-pernkrise in eineninnerrussischenMachtkampf ein, indem der immer au-toritärer agierendePräsident Putin dieOligarchen unterDruck setzt, ihreVermögen zurücknach Russland zutransferieren.Medwedjews Stel-lungnahme kannhier als Drohung an jene ver-standen werden, die nachAuffassung der Putin-Leutedem „russischen Volk“ Ver-mögen entzogen haben.

Die verzweifelten Zu-kunftsperspektiven Zypernszeigen aber auch ganz klar:Speziell ein Kleinstaat wieZypern (der griechische Teilder Insel umfasst 5.900 km²und hat eine Bevölkerungvon 885.000 Menschen) istim imperialistischen Zeital-ter alleine nicht lebensfähig.Die Lösung der Probleme

kann daher nicht – wie es diezypriotischen Reformistenbehaupten – eine „Sanierungder Banken“ sein, um dasverlorene Spiel neu zu be-ginnen, ein tiefgreifenderwirtschaftlicher Wandel istnur im Rahmen einer Sozia-listischen Föderation derLänder des Mittelmeerraumsmöglich. Zurückzuweisensind höhnische Äußerungenwie jene des unseligen deut-schen christdemokratischenFinanzministers Schäuble,„die Zyprioten sind selbst an

der Krise schuld“. SolcheÄußerungen werden die Ar-beiterinnen und Arbeiternicht vergessen und nichtvergeben, wenn die notwen-dige Abrechnung mit demkapitalistischen System undseinen Profiteuren erfolgenwird.

ZYPERN

„RETTUNG“GELUNGEN -PATIENT TOT

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Krise, Sparpolitik – diemeisten Menschen denkendabei an Arbeitslosigkeit,sinkendes Einkommenoder den Gang zum Sozial-amt; an Einschränkungenbeim Essen. Schon der Ge-danke an eine ungeheizteWohnung oder gar derenVerlust (weil man sich dieMiete nicht mehr leistenkann) wird eher verdrängt.Die längere Lebensarbeits-zeit wird zwar erwartet –vorstellen können undwollen sich das die meis-ten (vor allem jüngeren)Werktätigen aber nicht.

Ein Bereich fällt, zumindestin den von der internationa-len Krise noch nicht voll ge-troffenen, kapitalistischenLändern, überhaupt aus demBlickwinkel der arbeitendenBevölkerung: Die gesundheit-lichen Auswirkungen der Kri-se.

Die international renom-mierte englische Medizin-fachzeitschrift „The Lancet“hat sich in ihrer Ausgabe 381vom 13, April in einer Reihevon Beiträgen mit diesemThema beschäftigt. Vor allemder Aufsatz „Financial crisis,austerity, and health in Euro-pe“ (Finanzkrise, Sparpolitikund Gesundheit in Europa)enthält beeindruckendes Ma-

terial und zieht vergleichs-weise radikale Schlüsse,wenn man an die beschwich-tigenden Aussagen sogenann-ter „Gesundheitsexperten“denkt.

Wir haben uns bereits in-tensiv mit den Auswirkungender Krise auf das Gesund-heitswesen in Griechenlandauseinandergesetzt (siehe dieSchwerpunktnummer 15 un-serer Zeitung KLASSEN-KAMPF). Betrachten wir jetztalso die Situation in ganz Eu-ropa.

SPARPOLITIK JA – ANGESUNDHEIT DENKENNEIN

Die Autorinnen und Autorender Studie in „The Lancet“bemängeln zunächst, dassseitens der Regierungen undEU-Institutionen die Untersu-chung der medizinischen Aus-wirkungen der ökonomischenKrise seit 2007 weitgehendvernachlässigt wurde. Beson-ders kritisiert wird dasSchweigen der EU-Generaldi-rektion für Gesundheit undKonsumentenschutz zu denAuswirkungen der Spardikta-te der Troika in Griechenland,obwohl diese gesetzlich ver-

pflichtet wäre, die gesund-heitlichen Folgen derEU-Politik zu bewerten. Stattdessen habe sich die General-direktion darauf beschränkt,Ratschläge für Einsparungs-maßnahmen seitens der na-tionalenGesundheitsministerien zugeben.

Die Verfasser – bekannteMediziner, Medizinsoziologenund Epidemieforscher – sindbetont vorsichtig, weil dievorliegenden Fakten und Sta-tistiken teilweise unzurei-chend sind undLändervergleiche oft aufGrund unterschiedlicherMessmethoden schwierigsind. Dennoch lassen sich seitAufbrechen der Krise 2007einige Gemeinsamkeiten fest-stellen: In den von der Krisebetroffenen Ländern nimmtdie Zahl der Selbsttötungendeutlich zu, die HIV-Infektio-nen steigen an, psychischeErkrankungen, wie etwa De-pressionen, nehmen zu unddie Gefahr von Epidemienwächst.

Einige der Ergebnisseneuerer Untersuchungen wa-ren für die Forscherinnen undForscher wenig überra-schend, wie etwa die Steige-rung der Selbstmordraten inEuropa. Deutlich lässt sich

aber aus den nationalen Sta-tistiken ablesen: Arbeitslosig-keit alleine ist kein Faktor,der die Zunahme von Selbst-tötungen erklärt. Allerdingshat sich international eineFaustregel herauskristalli-siert: Eine Steigerung der Ar-beitslosenzahl um jeweils 3 %(egal, von welchem Niveauaus)führt auch zu eiem An-steigen der Selbsttötungen.Allgemein ist es durch Untersuchungen erwiesen, dass 34% der Arbeitslosen medizi-nisch erfasste psychische Pro-bleme haben, im Gegensatzzu 16 % bei Personen, die Ar-beit haben. Suizide nehmenin jenen Ländern deutlich zu,in denen die Sparmaßnahmender Regierungen die sozialeSicherheit insgesamt angrei-fen und die gesellschaftlicheSolidarität massiv angegriffenwird.

Womit wir in Griechenlandangekommen sind. Dort ver-zeichnete das Gesundheitsmi-nisterium für den ZeitraumJanuar bis Mai 2011 eine imVergleich zum selben Zeit-raum des Vorjahres um 40 %gestiegene Selbstmordrate.

Das deckt sich mit Zahlen,die Martin McKee von derLondoner School of Hygieneand Tropical Medicine undMitarbeiter der Studie in

Warnung derGruppe Klassenkampf:Kapitalismus gefährdet

Ihre Gesundheit!

Protest in Madrid, April 201 3: "Die öffentlicheGesundheit steht nicht zum Verkauf, sie verteidigtsich!"

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„The Lancet“ seit 2008 erho-ben hat: In Folge der Krisestieg in Irland zwischen 2008und 2012 die Zahl der Selbst-tötungen um 13 und in Lett-land (und Griechenland) um17 %.

ZWEIKLASSENMEDIZINMIT FATALEN FOLGEN.

Aus den Gesundheits- undvor allem Sterbestatistikengeht aber eines klar hervor:Die soziale Lage entscheidetnicht nur darüber, wer Zu-gang zu welchen medizini-schen Dienstleistungenbekommt, wie die Pflege aus-sieht, welche Behandlungs-methoden eingesetzt werden;selbst im Rahmen der viel-strapazierten „Zweiklassen-medizin“ wird bei den Armenund Ärmsten noch weiter dif-ferenziert.

Nur zur Erinnerung: Eineder wesentlichen Grundlagender marxistischen Theorie istdie Erkenntnis, dass sich derWert einer Ware durch die inihr enthaltene durchschnittli-che gesellschaftliche Arbeitsbemisst. Die menschliche Ar-beitskraft schafft also denWert, wobei ein Teil der Ar-

beitszeit des Arbeiters, dieder Kapitalist kauft (mit demLohn) nicht bezahlt wird undden Mehrwert produziert, derbeim Verkauf der Ware zumProfit des Unternehmerswird.

Wenn also Schichten der ar-beitenden Bevölkerung kei-nen Mehrwert schaffen,verlieren sie für das Kapitalihren Wert. Das ist zunächstdas Schicksal der „Alten“, dieaus dem Arbeitsprozess aus-geschieden sind.

Die Austeritätsmaßnahmenquer durch Europa zielen di-rekt oder indirekt auf die „Se-nioren“ ab. Ihr Schicksal zeigtunter Laborbedingungen,welche Auswirkungen die Kri-se und die Sparpolitik im Ge-sundheitswesen tendenziellauf alle Schichten der arbei-tenden Bevölkerung hat: Sin-kende Einkommen(Pensionen, Renten.. . ) undSelbstbehalte (oder die völli-ge Streichung öffentlicher Ge-sundheitsleistungen)verhindern nicht nur eine Ge-sundheitsvorsorge, sondernauch die Behandlung von aku-ten oder chronischen Erkran-kungen; der sinkendeLebensstandard führt zu Ne-beneffekten wie ungesunderoder unzureichender Ernäh-

rung, was wiederum die kör-pereigenen Widerstandskräfteschwächt. Armut führt gene-rell zur Verkürzung der Le-benserwartung.

In Portugal, einem massivvon der Krise betroffenenLand, nahm im Jahr 2012 dieZahl der Wintertoten unterden über 75jährigen, vergli-chen mit dem Vorjahr, um 10% zu.

Im Spanischen Staat zeigendie jüngsten „Gesundheitsre-formen“, um was es geht: imApril 2012 wurde das Rechtauf Gesundheitsversorgungfür Alle per königlichem De-kret (um eine Debatte im Par-lament zu umgehen)abgeschafft und auf jene ein-geschränkt, die eine Arbeitnachweisen können. Damitfallen nicht nur die Alten, son-dern auch alle Jugendlichen,die noch nie eine Arbeit hat-ten, und erst recht die soge-nannten „illegalenEinwanderer“ aus der Ge-sundheitsbetreuung heraus.

Denn das ist der Clou, derin der öffentlichen Debattevon den bürgerlichen Medienimmer unterschlagen wird:Die profitorientierte Sparpoli-tik kennt eine wirkliche Sym-metrie bei der Ausgrenzungvon alten und jungen Men-

schen. Während neben denklassischen Spaltungsmecha-nismen „einheimische“ gegen„ausländische“, „weibliche“gegen „männliche“ Arbeite-rinnen und Arbeiter immeröfter die Spaltung in „Junge“und „Alte“ gefördert wird,trifft die Aushungerungspoli-tik alle gleich, die nicht effizi-ent ausbeutbar sind.

Allerdings wird die Sterb-lichkeitsrate durch die Kriseauch „zum Guten“ verzerrt.So gibt es europaweit einenRückgang der Verkehrstoten,der darauf zurückzuführenist, dass sich die arbeitende –und zunehmend arbeitslose –Bevölkerung den Individual-verkehr nicht mehr leistenkann.

Länderweise unterschied-lich wirkt sich die Krise aufdie Zahl der Alkoholkrankenaus: Massensteuern auf Alko-hol und Tabak wurden etwa inGroßbritannien und Finnland2012 deutlich erhöht, um ei-nerseits die Staatseinnahmenzu erhöhen und andererseitsdie Behandlungskosten fürSuchterkrankungen zu sen-ken. Tatsächlich scheinen dieAlkoholerkrankungen zurück-gegangen zu sein, anderer-seits haben sich die Fälle von„Komatrinken“ erhöht, eine

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Erscheinung, die bereits inder Weltwirtschaftskrise 1929in den USA beobachtet wur-de.

DIE LÜGE VOM SPAREN

Die „Lancet“- Studie weistaber auch darauf hin, wieverlogen die „Sparargumen-te“ der bürgerlichen Regie-rungen in derGesundheitspolitik sind: Dieangeblichen „Kostensenkun-gen“ sind perspektivisch eineFarce, weil sie in weitererFolge zu einer Zunahme vonMassenerkrankungen führenund Kranke statt vorzusorgendie im Prinzip teureren Am-bulanzeinrichtungen in An-spruch nehmen müssen. Der„Einsparungseffekt“ tritt nur

dann ein, wenn ausreichendMenschen umkommen unddadurch die Gesundheitskos-ten reduziert werden.

Tatsächlich geht der Kapita-lismus im „zivilisierten“ 21 .Jahrhundert in diese Rich-tung: So ist es zum Beispiel inGriechenland zu einem deutli-chen Anstieg der HIV-Infek-tionen gekommen. "Währendsich zwischen 2007 und 2010zehn bis 15 Drogenabhängigeneu mit dem Virus infizierten,lag die Zahl 2011 bei 256 und2012 bis zum August bei314." Die Fachleute haltendas für eine Folge der Ein-schränkung bei den Vorbeu-gungsprogrammen seit 2008.

Und dann gibt es eine wei-tere tickende gesundheitlicheZeitbombe: Die Sparpolitikder Regierungen, welche dieKrisenlast auf die werktätigen

Schichten der Bevölkerungabwälzen, führt europaweitzum Ansteigen der Zahl dervon Armut betroffenen Kin-der. Die Durchimpfungsratein einzelnen Ländern nimmtab, längst ausgestorbeneKrankheiten wie Kinderläh-mung und TBC kehren zu-rück. In den südeuropäischenLändern, die besonders vonder Krise betroffen sind, tre-ten schon wieder erste Mala-riafälle auf.

JA, ES GEHT AUCHANDERS!

Immer wieder haben Mar-xistinnen und Marxisten diebekannte Alternative von Ro-sa Luxemburg als Warnungausgesprochen: „Sozialismusoder Barbarei“. Heute sehenwir, dass das keine abstrakteFormel ist.

Aber es sind letztlich dieMenschen, die ihre Geschich-te selbst machen, und wirsind nicht dazu verdammt, se-henden Auges in den Ab-grund zu rennen.

Die Verfasser der Studie in„The Lancet“ zeigen nämlich,dass es sehr wohl Alternati-ven gibt. Ihr Beispiel ist einekleine Insel, die sich nachMassenprotesten dem Spar-diktat der imperialistischenMächte zumindestens teilwei-se widersetzt hat: Island. Als

der Internationale Währungs-fonds ein „Rettungspaket“ fürdas durch den Zusammen-bruch des Bankensektors vordem Bankrott stehende Landverordnete, das bedeutet hät-te, zwischen 2016 und 202350 % der jährlichen Staats-einnahmen an die britischenund niederländischen Regie-rungen zu zahlen, stimmten93 % der Isländerinnen undIsländer gegen dieses Diktat.Die britische Regierung griffzu Anti-Terror-Gesetzen, umisländisches Vermögen imAusland beschlagnahmen –aber die Bevölkerung gabnicht nach. Die WährungIsands – Króna – kollabierte,und die isländische Bevölke-rung erlitt herbe Einkommen-seinbußen. Aber: es gabkeine Steigerung der Selbst-mordrate, und generell ver-besserte sich derGesundheitszustand der Be-völkerung. Das „Humankapi-tal“ in Form von Solidaritätund gemeinsamen Wider-stand stärkte offenbar diekörperlichen Kräfte der Ein-zelindividuen. Zudem gab eseine deutliche Erhöhung derNahrungsqualität, unter an-derem durch den Rückzugvon McDonald's auf Grundder gewaltig gestiegenenKosten für Tomaten undZwiebel (den teuersten Zuta-ten in den Burgern). Dafürnahm der Fischkonsum zu,und entgegen der Forderun-

BROSCHÜREN DER GRUPPEKLASSENKAMPF

I n unserer Griechenland-Broschüre l i efern wi r ei negrundl egende Ei nschätzung derKri se i n Gri echenl and und derpol i ti schen Kri se des Prol etari ats i ndi esem Land. Di e Broschüre zumBürgerkrieg in Österreich 1934zei gt, wi e reformi sti sche I l l usi oneni n di e bürgerl i che Demokrati e i n di eN i ederl age führen.

Kein Bild aus dem 1 9. Jahrhundert, sondern England imApril 201 3: Arbeitslos, obdachlos, hungrig, krank

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gen des IWF nach einer Verbilligung vonAlkohol (um die Bierkonzerne der Gläubi-gerstaaten zu stärken) blieb die isländischeRegierung bei einer restriktiven Preispolitikfür alkoholische Getränke.

Das isländische Beispiel lässt die Kontu-ren erahnen, die eine Politik haben kann,die sich den Krisendiktaten der Banken undKonzerne widersetzt. Die Einheit der arbei-tenden Bevölkerungen in Europa, ihr ge-meinsamer Kampf gegen die kapitalistischeKrise und die Verjagung der Schuldigendaran würde ganz andere Möglichkeitenschaffen eine Gesellschaft aufzubauen, dieohne Ausbeutung nicht nur glücklicher,sondern auch gesünder wäre.

Anna Maria Sopranzi (68) und Romeo Dio-nisi (62) aus Civitanova Marche in Italienhaben sich aufgehängt. Sie haben so ordent-lich Selbstmord verübt, wie sie lebten. Sieließen die Tür zu ihrer Garage offen und de-ponierten gut sichtbar einen Brief, in demsie ihre Angehörigen um Vergebung batenund den Finder des Schreibens schonend aufeinen furchtbaren Anblick im Nebenraumvorbereiteten.

Die Tragödie von Sopranzi und Dionisi war abernoch nicht vollendet. Als Giuseppe Sopranzi, derBruder Anna Marias, die Nachricht vom Doppel-selbstmord seiner Angehörigen erhielt, schied erebenfalls freiwillig aus dem Leben – er ertränktesich im Meer.

Romeo Dionisi war Angestellter einer Baufirma.

Die Krise traf die Branche hart, und er verlor sei-nen Arbeitsplatz. Dann setzte die Regierung dasRentenantrittsalter um fünf Jahre hinauf. Wietausende andere wurde er zum „Esodati“, zum„Exilierten“. So nennt man in Italien jene älterenBeschäftigten, die nach der Änderung des Pensi-onsrechts wegen unzureichender Pensionsbeiträ-ge um ihre Altersvorsorge gebracht wurden.Dionisi bekam keinen Cent mehr und versuchte,als „selbständiger Bauarbeiter“ über die Rundenzu kommen – vergebens. Bis zuletzt klammerte ersich an die illusorische Hoffnung, Pensionszeitennachkaufen zu können.

Die 500 Euro Rente seiner Frau, einer ehemali-gen Handwerkerin, reichten nicht mehr für dieMietzahlungen des Paares. „Sie waren zu stolz,um in Armut zu leben“, sagen die Nachbarn.

Island: Weniger Fastfood,mehr Fisch

ITALIEN

ErstArbeitsplatz,dann Pensiongestohlen –Geschichteeines Dreifach-selbstmords

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rialismus seine militärischenInterventionen; der „Krieg ge-gen den Terrorismus“ istweltweit zum Vorwand gewor-den, um die der Bourgeoisieangeblich so heiligen „demo-kratischen“ Werte einzu-schränken und in Richtungstarker, bonapartistischer Re-gimes zu gehen. Weltweitwerden „private“ Söldner-truppen und faschistischeBanden finanziert.Gleichzeitig zeigt sich, dass,entgegen der Erwartung man-cher zentristischer Gruppen,die Krise nicht automatischzu einem Anstieg des Klassen-bewusstseins und revolutio-nären Situationen führt: Dazubedarf es des Eingreifens derbewussten revolutionärenAvantgarde.In der folgenden, mehrstündi-gen Diskussion wurden aus-führlich Probleme der Krise inGriechenland und die Situati-on in Syrien diskutiert, unteranderem vor dem Hinter-grund des Sozialforums in Tu-nis. Wir haben die Sozialforenimmer als moderne Versionder Volksfront, also der An-passung an die Bourgeoisie,kritisiert. Im Zuge der Diskus-sion zeigte sich, dass durch-aus der Vergleich mit einerneuen internationalen Ausga-be der "anti-imperialistischenEinheitsfront" zulässig ist, al-so der Unterordnung der Ar-beiterinnen und Arbeiter derkolonialen und halbkolonialenLänder unter die "antiimpe-rialistische" nationale Bour-geoisie.Am späten Nachmittag folgteein Referat des GenossenAmadys (Mitglied der Proviso-rischen Gemeinsamen Lei-tung von GB und CCI(t) vorder Vereinigung) zur Situati-on in Frankreich.

Mit 3,6 Millionen hat dieZahl der Arbeitslosen inFrankreich momentan einenhistorischen Höchststand er-reicht. Das Wachstum des BIPhat sich dramatisch verlang-samt, und mit Hilfe der Regie-rung aus Sozialdemokraten,Grünen und bürgerlichen 

"Radikalen" bereitet der Un-ternehmerverband MEDEFneue Massenkündigungenund Angriffe auf Lohne, Ar-beitszeit und Renten vor. Diereformistischen Arbeiterpar-

teien leisten diesen Plänenkeinen wirklichen Wider-stand: Die SP ist selbst Träge-rin der Angriffe; die "Front deGauche" (Linksfront) des ehe-maligen sozialdemokrati-schen Ministers Jean-LucMelenchon mit den Restender KPF führt mit radikalenSprüchen einen Kampf für dieErneuerung der bürgerlichenDemokratie und mobilisiertfür den 5. Mai zu einer Groß-kundgebung für eine "6. Re-publik" , die "der Staat allerFranzosen" sein soll. Zugleichgibt es seitens Melenchonsund der FdG chauvinistischeAusfälle gegen immigrierteArbeiter und Arbeiterinnen.Die KPF kontrolliert weiter-hin die wichtige Gewerk-schaft CGT. Diese spielt beimKampf im Peugeot-Werk vonAulnay eine zurückzerrendeRolle, wobei dort an der Spit-ze der Gewerkschaftsorgani-sation ein Mitglied derpseudotrotzkistischen Gruppe"Lutte Ouvriere" steht. DieCGT weigert sich, den seitJänner währenden Streik ge-gen Massenentlassungen beiPSA auf andere Konzernbe-triebe auszuweiten und in an-deren Branchen zuSolidaritätsaktionen aufzuru-fen. Stattdessen werden fall-weise "aktionistische"

Kundgebungen gestartet. Un-sere französischen Genossenhaben mit Flugblättern undZeitungen auf der Linie derPropagierung des General-streiks in den Konflikt inter-

veniert.Der Nationalismus der tradi-tionellen Arbeiterparteien, bishin zur Unterstützung der mi-litärischen Interventionen desfranzösischen Imperialismusin Afrika, hat den reaktio-nären, klerikalen und offenfaschistischen Banden Auf-trieb gegeben. Im Gegensatzzu den anderen Organisatio-nen führt die GMI einen ent-schlossenen Kampf für dieArbeiterselbstverteidigung.Anschließend an den Beginnder Diskussion erstattete Ge-nosse Sergio aus Peru einenBericht über die Arbeit desCoReP in seinem Land undüberbrachte die Grüße derperuanischen Genossen andie Konferenz (wir werden inder nächsten Ausgabe eineZusammenfassung seines Bei-trages veröffentlichen).Am Abend diskutierten Kom-missionen die künftige Ge-staltung der Zeitung, die 1 .Mai-Erklärung der Organisa-tion, Sicherheitsfragen unddie Endredaktion der progrm-matischen Plattform der künf-tigen gemeinsamenOrganisation.Die Diskussion zum Referatdes Genossen Amadys wurdeam Sonntag morgen fortge-setzt und durch konkrete Be-richte von Interventionen der

Genossinnen und Genossen inden Gewerkschaften und amArbeitsplatz illustriert.Zu Mittag präsentierte Ge-nossin Valentina Cohen denOrganisationsbericht, der ei-

ne Bilanz der einjährigen Zu-sammenarbeit zwischen denbeiden Organisationen undder gemeinsamen Leitungzog. Anschließend wurde diePlattform diskutiert, die dasklare Bekenntnis der Organi-sation zum Kommunismus alsZiel festschreibt. (Das Politi-sche Büro des CoReP, dasnach der Konferenz der GMIzusammentrat, wird den Sek-tionen eine überarbeiteteFassung der Plattform als in-ternationales Grundlagendo-kument vorschlagen).Bei den anschließenden Ab-stimmungen wurde einstim-mig die Fusion beschlossen;dann wurde aus acht Vor-schlägen der endgültige Or-ganisationsname ausgewählt.Die Konferenz verlief in einerausgesprochen kamerad-schaftlichen Atmosphäre,auch wenn es zu einzelnenFragen mitunter heftige Dis-kussionen gab. Wir freuenuns, dass wir mit der GMIüber eine wesentlich gestärk-te Schwesterorganisation inFrankreich verfügen.Vive le Groupe Marxiste In-

ternationaliste!

Hoch die Internationalisti-

sche Marxistische Gruppe!

Vorwärts im Kampffür den

Aufbau der Revolutionären

ArbeiterInneninternationale!

Fortsetzung v. S. 16

Peugeot Aulnay: Seit 1 6. Jänner im Streik

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KLASSENKAMPF

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Lest die Pressedes CoReP!

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Fatalismus und MarxismusDer prol etari sche Revol uti onär muss vor al l em begrei fen, dass der

M arxi smus, di e ei nzi ge wi ssenschaftl i che Theori e von derprol etari schen Revol uti on, ni chts gemei n hat mi t fatal i sti schemWarten auf di e „l etzte“ Kri se. Der M arxi smus i st sei nem Wesen nachei ne Anl ei tung zu revol uti onärem H andel n. Der M arxi smus i gnori ertni cht Wi l l en und M ut, sondern hi l ft i hnen auf den ri chti gen Weg.

Es gi bt kei ne Kri se, di e von sel ber für den Kapi tal i smus „tödl i ch“werden könnte. Di e Konj unkturschwankungen schaffen l edi gl i chSi tuati onen, i n denen es dem Prol etari at l ei chter oder schwerer fäl l t,den Kapi tal i smus zu stürzen. Der Übergang von der bürgerl i chen zursozi al i sti schen Gesel l schaft hat zur Voraussetzung das H andel nl ebender M enschen, di e i hre ei gene Geschi chte gestal ten. Dabeigehorchen si e ni cht dem Zufal l oder i hrer Lust, sondern dem Ei nfl ussbesti mmter obj ekti ver Ursachen. I hre ei genen H andl ungen aber – i hreI ni ti ati ve, Kühnhei t, Aufopferung, oder umgekehrt Dummhei t undFei ghei t – bi l den notwendi ge Gl i eder i n der Kette der hi stori schenEntwi ckl ung.

N i emand hat di e Kri sen des Kapi tal i smus numeri ert und i m vorausangemerkt, wel che di e „l etzte“ sei n sol l . Aber unsere ganze Epocheund vor al l ei n di e gegenwärti ge Kri se gebi eten dem Prol etari at: ni mmdi e M acht! Zei gt si ch j edoch di e Arbei terpartei trotz günsti genUmständen unfähi g, das Prol etari at zur M achteroberung zu führen,dann wi rd di e Gesel l schaft notwendi gerwei se auf kapi tal i sti scherGrundl age fortl eben – bi s zu ei ner neuen Kri se oder ei nem neuenKri eg, vi el l ei cht bi s zum vol l ständi gen Zusammenbruch dereuropäi schen Zi vi l i sati on.

AUS DEN ARCHIVEN DES MARXISMUS

Leo Trotzki:Wohin geht Frankreich?

März 1 935

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Am 28. April 2013 ist in Pa-ris die Vereinigungskonferenzzwischen Groupe Bolchévikund Comité Communiste In-ternationaliste (trotskyste)mit dem Absingen der "Inter-nationale" zu Ende gegangen.Die Konferenz beschloss ein-stimmig, die Groupe MarxisteInternationaliste (Internatio-nalistische MarxistischeGruppe, franz. Sektion desCoReP) zu gründen. Die Zei-tung der neuen Organisationwird "Révolution Communis-te" heißen. Die GMI verfügtüber Zellen in Paris, Lyon undNantes sowie Stützpunkte imLimoges, Rennes und einerStadt in Südfrankreich.Die Konferenz wählte einefünfköpfige Leitung, diegleichzeitig die Redaktion derZeitung ist.Am ersten Tag der Konferenzstand der Bericht zur interna-tionalen Lage des österreichi-

schen Vertretes imPolitischen Büro des CoRePim Mittelpunkt der  Diskussi-on. In seinem Referat gabGen. Paul Mazurka einenÜberblick über die aktuellepolitische und ökonomischeKrise der imperialistischenWeltwirtschaft.Die Krise des Kapitalismusäußert sich in verschiedenenArten, und auf verschiedenenKontinenten anders: In Euro-pa erleben wir zur Zeit eineWelle sogenannter „Austeri-tätsmaßnahmen“, mit denendie Auswirkungen der Kriseauf die arbeitenden Men-schen abgewälzt werden sol-len. Aber nicht nur die„arbeitenden“ im engstenSinne des Wortes trifft es –immerhin gibt es in der EUzur Zeit 28 Millionen Arbeits-lose, und auch deren Lebens-situation wird immerprekärer und elender.

Der russische Imperialismusist im Zuge der „Zypernkrise“erstmals in eine direkte Kon-frontation mit westeuropäi-schen Imperialismen geraten.Damit ist ein neuer interna-tionaler Krisenherd erstmalssichtbar geworden.In den USA versucht dieBourgeoisie Optimismus übereinen Aufschwung zu verbrei-ten, der sich aber in den Löh-nen der Arbeiterinnen undArbeiter nicht im geringstenniederschlägt; für Afrika wei-sen die internationalen Sta-tistiken einWirtschaftswachstum aus,das jedoch innerhalb desKontinents und zwischen denKlassen völlig disproportionalverteilt ist. Während ölför-dernde Länder teilweisezweistellige Wachstumsratenvorweisen können (z.B. Ango-la), kommen die Gewinne nurder schmalen herrschenden

Elite zugute. Afrika im Subsa-haragürtel ist nach wie vorder ärmste Teil der Welt, ge-prägt von Epidemien undHungersnöten.In Asien stärkt sich der chi-nesische Imperialismus aufKosten seiner regionalenKonkurrenten – und auf derBasis einer immer schärferenAusbeutung der ArbeiterIn-nenklasse. Zugleich wachsendie sozialen Spannungen amindischen Subkontinent.In Lateinamerika ist es demImperialismus und den ein-heimischen Bourgeoisien inkeinem einzigen Land gelun-gen, die traditionellen insta-bilen Verhältnisse zubeseitigen. Überall treffen dieSparpläne der Regierungenauf heftigen Widerstand derArbeiter und armen Bauern.Weltweit verschärft der Impe-

FRANZÖSISCHE REVOLUTIONÄRE FUSIONIEREN

Frankreich:Groupe Marxiste Internationalistegegründet

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