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eine Publikation der
PharmigVereinigung pharmazeutischer
Unternehmen
in Zusammenarbeit mit
und dem Institut für Pharmakognosieder Universität Wien
Kleines Wörterbuch der Pflanzenmedizin
Impressum:
Herausgeber und Verleger:
Pharmig, Vereinigung pharmazeutischer UnternehmenPressestelle, 1072 Wien, Zieglergasse 5Tel. +43/1-523 29 56Fax: +43/1-523 29 519e-mail: [email protected]: www.pharmig.at
Diese Publikation ist im Volltext als Such-Datenbankauf der Internet-Homepage der Pharmig verfügbar.
Gesamtherstellung:
Schickmayr Werbung & Produktion GmbH.A-5152 Michaelbeuern, Breitenlohe 43Tel. 06274/2990-0, Fax: 06274/2990-4e-mail: [email protected]: www.schickmayr-werbung.com
Für unsere Umwelt:
Diese Broschüre wurde auf chlorfrei gebleichtemPapier hergestellt.
Bildquellennachweis:
APA, Biochemie, Buenos Dias (Cover), Institut fürGeschichte der Medizin der Universität Wien, Institutfür Pharmakognosie der Universität Wien, ORF
2. aktualisierte Auflage, Juni 2001
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Inhalt
Vorwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Die Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Von der Heilkraft der Pflanzen . . . . . . . . . . . . 13
Pflanzenheilkunde:Eine Reise durch die Zeiten . . . . . . . . . . . . . . 14
Von der alten Kräutermedizinzur modernen Phytotherapie . . . . . . . . . . . . . 16
Altes Wissen in modernen Labors . . . . . . . . . 18
Phytotherapie: Worum es geht . . . . . . . . . . . . 19
Drin ist, was drauf steht: Phytopharmaka,Qualität für Konsumenten . . . . . . . . . . . . . . . 21
Hochleistungsfabrik Pflanze . . . . . . . . . . . . . . 23
Tablette, Tee, Tinktur & Co. . . . . . . . . . . . . . . . 27
Phytotherapie: Wo sie nützt . . . . . . . . . . . . . . 30
Flower Power im Trend . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Die 10 wichtigsten Fragenzum Thema Phytotherapie . . . . . . . . . . . . . . . 37
Phytotherapie und Sozialversicherung . . . . . 39
Phytotherapie von A–Z: Stichwortlexikon . . . 40
Empfehlenswerte Literaturzum Thema Pflanzenmedizin . . . . . . . . . . . . . 58
Anlaufstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umschlagseite
Bestellformular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allonge
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Liebe Leserin, lieber Leser!
Die Pflanzenmedizin erlebt seit einiger Zeit eineRenaissance; immer mehr Menschen wollen die Vor-teile dieser als „natürlich“ und „sanft“ empfundenenTherapie-Richtung nützen. Dieses „Kleine Wörter-buch der Pflanzenmedizin“ will qualifizierte Informa-tionen zum Thema geben, mit so manchem Miss-verständnis und Vorurteil aufräumen und vor allemklar machen, dass Arzneimittel aus pflanzlichenWirkstoffen genauso sorgfältig und mit Sachver-stand angewendet werden müssen wie jene, diesynthetisch hergestellt werden.
Ich möchte an dieser Stelle Barbara Urban und Dr.Christoph Leprich vom ORF danken, dass sie alsAutoren dieses dritten „Kleinen Wörterbuches“ derPharmig diese überaus erfolgreiche Reihe weiterge-führt haben. Mein Dank gilt weiters O. Univ. Prof.Mag. Dr. Wolfgang Kubelka und A.o. Univ. Prof. Dr.Reinhard Länger vom Institut für Pharmakognosieder Universität Wien für die engagierte redaktionelleund fachliche Unterstützung, die zur Erstellung die-ser Publikation maßgeblich war.
Ich hoffe, dass dieses neue Büchlein dazu beitragenwird, auch im Bereich der Pflanzenmedizin Bewusst-sein zu schaffen und dass es insgesamt zu einemnoch vernünftigeren Umgang mit Arzneimitteln füh-ren wird.
Dr. Ulrich H. BodePräsident PharmigVereinigung pharmazeutischer Unternehmen
Dr. Ulrich H. Bode
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Pflanzen als Medizin, Medizin aus Pflanzen – brau-chen wir das heute noch, wo doch in unserem Ge-sundheitssystem unzählige, chemisch oder gentech-nologisch hergestellte, spezifisch wirkende Arznei-stoffe zur Verfügung stehen?
Unser Wissen über Pflanzen als Arzneimittel, überihre Wirkungen, Wirkstoffe und Anwendungsmög-lichkeiten hat in den letzten Jahrzehnten enormzugenommen. Ausgehend von Erfahrungen, dieüber viele Jahrhunderte gesammelt wurden, hat diemoderne Wissenschaft wesentlich dazu beige-tragen, dass pflanzliche Arzneimittel als „Phyto-pharmaka“ (von einfachen Teedrogen bis zu klinischgeprüften, modernsten Spezialpräparaten) heute inhoher, gleichbleibender Qualität verfügbar sind. Sohaben sie durchaus ihre Berechtigung neben ande-ren, etwa synthetischen Arzneistoffen.
Durch die Einhaltung medizinisch-naturwissen-schaftlicher Grundsätze unterscheidet sich die mo-derne Pflanzenmedizin („Phytotherapie“) von ande-ren Behandlungsformen, bei denen ebenfalls Pflan-zen verwendet werden, wie etwa Homöopathie oderBach-Blütentherapie. Sie ist deshalb nicht als „Alter-nativmethode“ zu betrachten, sondern soll dort, woihr Einsatz vernünftig („rational“) und gerechtfertigtist, in der Hand des Arztes oder bei der Selbstmedi-kation unter Beratung durch den Apotheker, zurAnwendung kommen.
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Kubelka
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Nicht jedes Pflanzenprodukt ist auch ein Arz-neimittel; pflanzliche Präparate werden in sehr unter-schiedlicher Weise hergestellt und angeboten, undsie enthalten immer viele, viele Stoffe. Eine kritischeBeurteilung ist daher wichtig, aber selbst für denFachmann oft nicht einfach. Es ist dem vorliegenden„Wörterbuch“ zu wünschen, dass es viele Fragenbeantwortet und Interesse an einer uralten, heuteaber zu Recht wieder ganz modernen, wichtigen,Therapiemöglichkeit weckt!
Univ. Prof. Dr. Wolfgang KubelkaVorstand
Institut für Pharmakognosie an derUniversität Wien
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Bereits zum dritten Mal können wir nun einer interes-sierten Öffentlichkeit ein „Kleines Lexikon“ vorlegen.Aber so „klein“ ist diese Broschüre gar nicht. Sie istsehr groß, was den Informationswert betrifft. Ichgestehe offen: Zunehmend fasziniert habe ich dasManuskript von Barbara Urban, Christoph Leprichund Reinhard Länger gelesen, und eine Vielzahl anneuem Wissen aufgenommen, ja mehr noch daseine oder andere „Vor-Urteil“ abgebaut. Das ent-spricht auch dem Ideal des guten Journalismus imAllgemeinen und eines seriösen Wissenschaftsjour-nalismus im Besonderen.
Wir müssen uns beständig bemühen, „Information“in gesichertes Wissen zu transformieren, um vomdiesem Wissen der „Erkenntnis“ einen Schritt näherzu kommen. Öffentlich-rechtliches Radio ist ganzwesentlich der Aufklärung und Bildung verpflichtet,sie sind sein eigentlicher Unternehmenszweck.Österreich 1, der „Heimatsender“ von Barbara Urbanund Christoph Leprich, bemüht sich darum in sei-nem vielfältigen Programmangebot. Und der Erfolggibt uns Recht. Mehr als eine halbe Million täglicherHörerinnen und Hörer sind ein deutliches Zeichendafür.
Aber Radio ist natürlich auch ein flüchtiges Mediumund das gesprochene Wort bedarf oftmals der Ver-tiefung, der Überprüfung, des Nachdenkens. DiesesBedürfnis wird möglicherweise sogar immer stärker,weil wir zunehmend in einer virtuellen Welt leben,
Dr. Manfred Jochum
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deren einziges Ideal die Geschwindigkeit zu seinscheint. Wer das „Kleine Wörterbuch der Pflanzen-medizin“ wirklich lesen will, wird sich dafür Zeit neh-men müssen – und das ist gut so. Der Lohn ist alle-mal ein vertieftes Verständnis in die Zusammen-hänge zwischen Natur und menschlichem Leben.
Abermals danke ich aber auch für die Partnerschaftzwischen dem Programm Österreich 1 und derPharmig, Vereinigung pharmazeutischer Unterneh-men, sowie dem Institut für Pharmakognosie derUniversität Wien. Wissenschaft, angewandte For-schung und Journalismus sind dabei ein Bündniseingegangen, dessen Fortsetzung ich mir sehr wün-sche.
Dr. Manfred JochumORF-Hörfunkintendant und
Wissenschaftssprecher
Zu den Autoren:
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Dr. Christoph Leprich
Barbara Urban
Univ. Prof.Dr. Reinhard Länger
Barbara Urban und Dr. med.Christoph Leprich, die schon1998 für die Pharmig das er-folgreiche „Kleine Wörterbuchder Gentechnologie“ verfassthaben, gehören seit 1991 demRedaktionsteam der überauserfolgreichen Radioreihe „DerRadiodoktor“ an und betreuendiese seit 1994 als verantwort-liche Redakteure. Diese Sen-dung wird in Ö1 wöchentlichausgestrahlt und lockt jeweilsknapp 50.000 Hörer aus demIn- und Ausland an die Radio-geräte. Als Moderator der Sen-dung fungiert seit deren „Grün-dung“ im Jahr 1989 Univ. Prof.Dr. Wolfgang Enenkel. SeitSommer 2000 wird er von Univ.Prof. Dr. Manfred Götz unter-stützt. – Barbara Urban und Dr. Christoph Leprich wurden1994 mit dem Pharmig-Preis fürGesundheitsjournalismus aus-gezeichnet.
Ao. Univ. Prof. Dr. ReinhardLänger ist Pharmazeut und amInstitut für Pharmakognosie derUniversität Wien tätig. SeineForschungsschwerpunkte lie-gen in der Ausarbeitung vonQualitätskriterien für Arzneidro-gen und deren Zubereitungen,aber auch Aspekte der Anwen-dung und Wirksamkeit stehenim Vordergrund. Im Rahmen
der pharmazeutischen Ausbil-dung vermittelt Prof. Längerdas Wissen und die Technikder mikroskopischen Prüfungvon Arzneidrogen. Er ist Autorzahlreicher wissenschaftlicherPublikationen, von Büchernund Computerprogrammen.Besonders wichtig ist für ihnder Kontakt zur Natur, zu denArzneipflanzen. In vielen Exkur-sionen gibt er sein Wissen überdas Erkennen und richtigeAnwenden von Arzneipflanzenan interessierte Fachkollegenund Laien weiter. ❍
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Von der Heilkraftder PflanzenSeit jeher spielen Pflanzen im Leben des Menscheneine wichtige Rolle. Sie sind Nahrungs- und Klei-dungslieferanten, Bäume werden als Bau- undBrennstoff gebraucht, Pflanzen dienen auch alsGewürze und Genussmittel oder werden als Zusätzezu Kosmetika verwendet. Seit urdenklichen Zeitenschätzt man sie zudem als Heilmittel bei verschie-denen Krankheiten.
Die moderne Phytotherapie, die heute die Heilkräftevon Pflanzen (Phyton, gr. = Pflanze) in genau kon-trollierten Arzneimitteln einsetzt und sich dabei aufnaturwissenschaftliche Grundlagen stützt, hat ihreWurzeln in der Volksmedizin, in der die lange Traditionim Umgang mit der heilenden Wirkung von Pflanzenbis heute lebendig geblieben ist. Genau genommenist Phytotherapie die älteste aller Heilkunden, weil allerWahrscheinlichkeit nach bereits unsere urzeitlichenVorfahren Verletzungen und Erkrankungen mit Heil-pflanzen behandelten, die sie auf der Suche nachgenießbaren Nahrungsmitteln entdeckt hatten.
Über Jahrtausende hinweg führte das Prinzip „trialand error“ – Versuch und Irrtum – zu wichtigen Er-kenntnissen über die Wirksamkeit von Pflanzen unddaraus hergestellten Zubereitungen. Im Laufe derJahrhunderte wurden die überlieferten Methoden ste-tig verfeinert. Daher wundert es nicht, dass die Pflan-zenheilkunde einen wichtigen Bestandteil der west-lichen Medizin, aber auch aller alten medizinischenSysteme darstellt. Dazu zählen etwa die traditionellechinesische Medizin, die japanische Kampoo-Medizinoder das indische Ayurveda. – Sogar Tiere nützen dieHeilkräfte von Pflanzen: So kauen zum BeispielSchimpansen, die an Durchfall leiden, an bestimmtenPflanzen, die sie normalerweise meiden, um ihre Ver-dauung wieder in Ordnung zu bringen.
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Pflanzenheilkunde:Eine Reise durch die Zeiten
In allen Hochkulturen des Altertums entwickeltensich komplizierte Lehren um die Verwendung, Mi-schung und Zubereitung von pflanzlichen Arzneien.Oft spielten auch religiös-spirituelle Momente einegroße Rolle. So wurden Kräutertrunke, -einreibungenund -salben oft nach streng vorgeschriebenen Ritua-len zubereitet. Die günstigste Stellung der Planetenam Himmel oder Zaubersprüche sollten die Wirkungder Kräutermedizin noch zusätzlich unterstützen.
Zahlreiche Rezepturen wurden bis in unsere Zeitüberliefert. Sie geben Einblick in die Vorstellungsweltder „alten Weisen“, die den Pflanzen Heil- und Zau-berkräfte zusprachen. Dennoch zeigen diese Ma-nuskripte auch, dass das Potenzial vieler Pflanzendamals schon richtig erkannt worden war und dieentsprechende Pflanzenzubereitung durchaus auchohne „Hokuspokus“ ihre Wirkung getan hätte.
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Eines der ältesten erhaltenen Bücher über Heilpflan-zen, das Chen Nong Bencao Jing, wurde der Sagenach von Chen Nong, einem der drei mystischenchinesischen Kaisergötter verfasst. In diesem Buch,das ca. 2800 v. d. Z. entstanden ist, sind 365 Heil-pflanzen angeführt, die der Verfasser alle im Eigen-versuch erprobt haben will. Aber auch Ägypter,Hebräer, Sumerer, Assyrer, Inder, Chinesen, Grie-chen und Römer beschäftigten sich intensiv mit der„Kraft der Pflanzen“.
So versuchten z. B. bereits die Heilkundigen im altenÄgypten die „Seele“ der Pflanzen, also ätherischeÖle, zu extrahieren, indem sie das ätherische Öl derBlüten in fetten Ölen lösten. Daraus stellten sie dannSalben, Pflaster, Zäpfchen und Pulver her. Auch inder arabischen Medizin nahm (und nimmt) die Pflan-zenheilkunde einen bedeutenden Stellenwert ein.
Die Anwendung von Heilpflanzen zur Heilung, Kräfti-gung und Erhaltung der Gesundheit wurde in Europadann ab dem Mittelalter vornehmlich von christlichenMönchen gepflegt. In fast jedem Kloster legte maneinen Kräutergarten und Aufzeichnungen über dieHeilwirkung der verschiedenen Pflanzen an. In die-sem Umfeld verfasste Hildegard von Bingen(1098 –1179) ihr medizinisches Lehrbuch „Die Ur-sachen und die Behandlung der Krankheiten“.
Aber auch außerhalb der Klöster lebten viele pflan-zenkundige HeilerInnen, die mit Hilfe von Blättern,Blüten, Wurzeln und Früchten kranken Menschen zuhelfen versuchten. Ihnen wurde ihr Wissen undEngagement jedoch mitunter zum Verhängnis: Da javermeintlich nur die gelehrten christlichen Mönche,die hinter dicken Klostermauern forschten, die„Wahrheit“ kennen konnten, wurden diese „Heilkun-digen“ und „weisen Frauen“ nur allzu oft als „Hexen“diffamiert und der Inquisition und somit dem Schei-terhaufen übergeben.
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Von der alten Kräuter-medizin zurmodernen Phytotherapie
Die Erkenntnisse dieser Pflanzenheilkundigen gingenin die im Mittelalter beginnende „wissenschaftliche“Medizin ein. Ein berühmter Vertreter der ärztlicheingesetzten Pflanzenheilkunde war Paracelsus(1493–1541). Er erkannte als erster, dass die Wirk-stoffmenge darüber entscheidet, ob eine Pflanze alsArznei oder als Gift wirkt. „Alle Dinge sind Gift undnichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass einDing kein Gift ist.“
Erst im 19. Jahrhundert setzte eine wissenschaft-liche Betrachtungsweise der Heilpflanzen und ihrerInhaltsstoffe im heutigen Sinn ein. Mittels chemischerArbeitsmethoden begann man, einzelne Wirkstoffeaus den Pflanzen zu isolieren. So etwa wurden aus
Paracelsus
dem Schlafmohn (Opium) das Morphin, aus der Toll-kirsche das Atropin und aus dem roten Fingerhutdas Digitoxin isoliert. Diese Stoffe sind aus dermodernen Medizin bis heute nicht wegzudenken.Durch die chemische Isolierung reiner Wirkstoffe ausGiftpflanzen konnte man nun auch das frühere Pro-blem der risikoreichen, nicht immer genau be-stimmbaren Dosierungsmenge umgehen. Es wurdemöglich, die einzelnen Wirkstoffe in Tabletten, Trop-fen oder Salben exakt zu dosieren und sie genau sowie synthetisch hergestellte anzuwenden.
Reinsubstanzen werden jedoch nicht als Phytothera-peutika bezeichnet. Das Faszinierende an pflanz-lichen Arzneimitteln ist die Vielzahl von Wirkstoffen indiesen Präparaten.
Bis heute gibt es Pflanzen, bei denen trotz intensiverBeforschung die Wirkstoffe nicht bekannt sind, dieWirksamkeit allerdings nicht nur aus der Erfahrung,sondern auch in vielen Fällen durch klinische Studienbelegt ist. Solche Stoffgemische werden in dermodernen Phytotherapie angewendet.
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Altes Wissen in modernenLabors
Die Wissenschaft, die sich mit der Erforschung vonArzneipflanzen beschäftigt, heißt Pharmakognosie.Pharmakognosten sind also die „Kräuterkundigender Moderne“.
An den medizinischen Fakultäten Österreichs wirdder Phytotherapie heutzutage nur wenig Platz einge-räumt. Das Wissen um pflanzliche Arzneimittel wirdaber im Rahmen der pharmazeutischen Ausbildungan den Instituten für Pharmakognosie gepflegt. Dar-über hinaus ist eine Spezialisierung auf dem Gebietder pflanzlichen Arzneimittel bis hin zum Pharma-kognosten (Doktoratsstudium) möglich. An diesenInstituten wird mit naturwissenschaftlichen Metho-den an der Erforschung und Isolierung von Inhalts-stoffen von Pflanzen gearbeitet, und diese Institutesind auch Ausgangspunkt einer Renaissance derPhytotherapie in Österreich.
Auf die moderne Pharmakognosie wartet ein schierunendliches Forschungsgebiet: Von rund 500.000Arten höherer Pflanzen, die auf unserem Planetenexistieren, werden weltweit ca. 70.000 zur Behand-lung von Krankheiten genützt. Nur ein Bruchteildavon wurde bisher chemisch oder pharmako-logisch untersucht.
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Phytotherapie:Worum es gehtDie Behandlung von Krankheiten mit pflanzlichenArzneimitteln heißt „Phytotherapie“. In der Phyto-therapie kommen ausschließlich sogenannte Phyto-pharmaka zur Anwendung. Bei diesen pflanzlichenArzneimitteln handelt es sich meist um Pflanzen-(teile), die durch Trocknen lagerfähig gemacht wur-den (=„Arzneidrogen“) oder um verschiedene Zube-reitungen daraus, wie etwa Tinkturen oder Extrakte,die in Folge zu Tabletten, Kapseln, Dragees etc. wei-terverarbeitet werden können.
Die Pharmakognosie fordert die Erfüllung von strengenQualitätsnormen für diese Arzneidrogen, denn Qualitäthat Vorrang. Ohne Qualitätskriterien ist die Wirkungpflanzlicher Arzneien nämlich unüberprüfbar.
Mit pflanzlichen Arzneimitteln können Befindlichkeits-störungen und leichte bis mittelschwere Erkran-kungen (z. B. des Magen-Darmtraktes, der Atem-wege,…) behandelt werden. Man kann aber pflanz-liche Arzneimittel mit Erfolg auch zusätzlich zu ande-ren Therapieformen bei schweren Erkrankungen ein-setzen, um deren Symptome zu lindern.
Die wissenschaftliche Betrachtung der Pflanzenheil-kunde geht allein von biologischen Prinzipien, wiedem „Dosis-Wirkungs-/Nebenwirkungs-Modell“ undanderen pharmakodynamischen (➣ siehe Lexikon-teil) Modellen aus.
Wichtige Grundsätze der Phytotherapie:
• Die Wirkung beruht auf bestimmten Pflanzenin-haltsstoffen: diese chemischen Wirkstoffe greifenan bestimmten Rezeptoren im menschlichen Or-ganismus an oder führen auf physikalische Weisezu einem Effekt.
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• Dosis – Wirkungsbeziehung: Zum Erzielen einestherapeutischen Effekts ist eine Mindestdosiserforderlich; bei Unterdosierung tritt keine Wir-kung auf, bei extremer Überdosierung könnenunerwünschte Wirkungen eintreten.
• Pflanzliche Arzneimittel stellen, auch wenn sie nuraus einer einzigen Pflanze hergestellt werden, einVielstoffgemisch dar.
• Die Qualität der angewendeten Arzneimittel ist mitmedizinisch-naturwissenschaftlichen Methodenüberprüfbar.
Dies bedeutet, dass gemäß dieser Definition auchhomöopathische Zubereitungen oder Bach-Blüten-präparationen nicht zu den pflanzlichen Arzneimit-teln im Sinne der Phytotherapie gehören. Damit sollaber die mögliche oder tatsächliche Wirksamkeit dererwähnten Methoden oder Substanzen nicht in Ab-rede gestellt werden.
Nicht als Phytopharmaka gelten weiters aus Pflan-zen isolierte Wirkstoffe (= Reinsubstanzen, z.B. Men-thol, Codein, Morphin, Digitoxin), die eher den che-misch-synthetischen Substanzen gleichgestellt wer-den.
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Drin ist, was drauf steht
Phytopharmaka, Qualität für KonsumentInnen
• Phytopharmaka sind nach internationalen Stan-dards wissenschaftlich erforschte und auf ihreWirksamkeit und Verträglichkeit genau überprüfteArzneimittel; sie unterliegen damit auch denstrengen Bestimmungen des österreichischenArzneimittelgesetzes und müssen daher die glei-chen strengen Anforderungen erfüllen wie che-misch-synthetische Arzneimittel;
• das „Gütesiegel Arzneimittel“ kann den Kon-sumenten eine verlässliche Orientierungshilfe imDickicht der als Heilmittel angepriesenen Präpa-rate pflanzlichen Ursprungs sein. Ob es sich beieinem Präparat tatsächlich um ein geprüftes undzugelassenes Medikament handelt, erkennt einKonsument an der Zulassungsnummer. Diese istunter der Bezeichnung „Z.Nr.“ auf jeder Packungangegeben. Fehlt sie, fällt das Mittel in aller Regelunter das Lebensmittelgesetz. Hier muss kein„Beweis“ für die Wirksamkeit erbracht, und auchalle anderen Auflagen des Arzneimittelgesetzesmüssen nicht erfüllt werden.
Daraus ergeben sich für Konsumenten/Patienten wichtige Schlussfolgerungen:
• Kamille ist nicht gleich Kamille, Ginseng nichtgleich Ginseng – die Wirkstoffzusammensetzungin einer Arzneidroge (= getrocknete Pflanze odergetrocknete Pflanzenteile) kann stark variieren.Der Gehalt an Wirkstoffen wird durch innere(genetisch determinierte) und äußere Faktoren(Boden, Witterung, etc.) bestimmt. Nur eineexakte chemische Analyse kann über den tat-sächlichen Wirkstoffgehalt Auskunft geben. Bei
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der Herstellung einer Zubereitung (z.B. einesExtraktes) spielen daher die verwendete Aus-gangsdroge, das verwendete Lösungsmittel unddie Extraktionsmethode eine große Rolle.
• Konsumenten können nur bei pflanzlichen Arz-neimitteln, die als solche nach den Richtlinien desArzneimittelgesetzes registriert sind (Z.Nr.!), sichersein, dass „in der Packung auch drin ist, was aufder Packung steht“.
• Pflanzliche Arzneimittel wirken; das heißt, siekönnen auch unerwünschte Wirkungen nach sichziehen. Daher gilt: Nicht alles, was „pflanzlich“ ist,ist auch mit „harmlos“ gleichzusetzen. Die ent-sprechende Beratung durch einen Arzt oder Apo-theker ist daher auch vor der Anwendung vonPhytopharmaka und selbst von alten, überliefer-ten Hausmitteln, sehr zu empfehlen!
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HochleistungsfabrikPflanzeJede Pflanze erzeugt aus einfachen Grundstoffendurch Biosynthese (➣ siehe Lexikonteil) hundertechemische Substanzen:
• vom Menschen leicht wahrnehmbare Sub-stanzen: Geruchsstoffe, Farbstoffe, Bitterstoffe;
• unauffällige Substanzen, die aber z. B. als Nähr-stoffe wichtig sind: u.a. Stärke;
• Giftstoffe mit unterschiedlichen schädlichen Wir-kungen;
• Arzneistoffe, welche die Pflanze zur Behandlungvon Krankheiten geeignet machen.
Pflanze und Selbstzweck
In erster Linie synthetisieren Pflanzen Stoffe aus„Egoismus und Eigennutz“. So dienen z. B. die Duft-stoffe der Blüten zumeist zur Anlockung jener Tiere,die die Bestäubung der jeweiligen Pflanze vorneh-men. So „duftet“ der vollerblühte Aronstab (Arummaculatum) nach Aas, um „seine Bestäuber“, näm-lich Aasfliegen, anzulocken.Andere Stoffe wiederum werden deshalb produziert,um Tiere abzuschrecken, also um sich z. B. vor In-sektenfraß zu schützen.
Die Zusammensetzung des Zellsaftes bzw. das Vor-liegen der verschiedensten Pflanzeninhaltsstoffe istnicht nur von Pflanzenart zu Pflanzenart und vonPflanzenorgan zu Pflanzenorgan verschieden; auchJahres- und Tageszeit, Vegetationsperiode, Boden-beschaffenheit, Witterung, Sonneneinstrahlung etc.üben ihren Einfluss auf die Konzentration der jeweili-gen Pflanzeninhaltsstoffe aus.
Jede Pflanze ist für sich daher eine „Hochleistungs-fabrik“, deren Potenzial die Pharmakognosten zur
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Herstellung von Arzneimitteln und zur Entwicklungneuer Wirkstoffe nützen.
Stark wirksame Pflanzeninhaltsstoffe
In vielen Giftpflanzen finden wir zum Beispiel Inhalts-stoffe, die bereits in kleinsten Mengen zu sehr starkenWirkungen im menschlichen Organismus führen. Vieledieser Pflanzen, wie zum Beispiel die Tollkirsche,Herbstzeitlose oder der Mohn, beinhalten Alkaloide(Definition im Lexikonteil), die eine ausgeprägte Wir-kung auf das Nervensystem aufweisen. Weit verbrei-tet sind auch herzwirksame Glykoside (z. B. im Finger-hut, Maiglöckchen, ➣ siehe Lexikonteil), eine Vergif-tung kann bis zum Herzstillstand führen.
Früher wurden Extrakte viele dieser Pflanzen auchmedizinisch verwendet, heute gewinnt man die the-rapeutisch interessanten Inhaltsstoffe in reiner Form,um sie exakt dosiert an Patienten verabreichen zukönnen.
Wirkstoffe von Arzneipflanzen undPhytopharmaka
Für die vielfältigen Wirkungen von Arzneipflanzensind nur wenige chemische Stoffklassen verant-wortlich. Innerhalb dieser Gruppen entscheiden oftkleinste Unterschiede in der chemischen Struktur,welche Wirkung im menschlichen Organismus imVordergrund steht.
Ätherische Öle
Ätherische Öle verleihen vielen Pflanzen ihrencharakteristischen Duft. Äußerlich angewendetführen sie zu einer Anregung der Durchblutung;innerlich fördern manche die Sekretion von Ver-dauungssäften (Gewürze!), andere werden auch
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durch die Lunge wieder ausgeschieden undregen somit die Bronchialsekretion an (Husten).
Bitterstoffe
Bitterer Geschmack führt zu einer vermehrten Bil-dung von Verdauungssäften. Hungergefühl stelltsich ein (viele Aperitif-Getränke sind bitter), dieNahrung kann besser verwertet werden.
Gerbstoffe
Sie wurden früher verwendet, um tierische Hautzu Leder zu gerben. Medizinisch angewendetkönnen sie entzündetes Gewebe oberflächlichunempfindlich gegen Bakterien machen und soSchleimhautentzündungen und Durchfälle lindern.
Saponine
Ihre chemische Struktur verleiht ihnen seifen-ähnliche Eigenschaften (sapo = lat. Seife). Abhän-gig von der komplizierten chemischen Strukturkönnen sie bei Husten (z. B. Primel, Efeu), zurAnregung der Nierentätigkeit (z. B. Goldrute, Hau-hechel), aber auch zur Venenstärkung (Rosskas-tanie) eingesetzt werden.
Schleimstoffe
Pflanzenschleime legen sich wie eine schützendeSchicht über entzündete Schleimhäute; deshalbwerden viele Pflanzen mit Schleimen zur Husten-reizlinderung eingesetzt (z. B. Eibisch). Starkquellende Pflanzenschleime (z. B. Flohsamen) fin-den auch als milde Abführmittel Anwendung.
Flavonoide
Obwohl diese gelb gefärbten Stoffe (flavus = lat.gelb) in beinahe allen Pflanzen vorkommen, kön-
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nen manche Pflanzen aufgrund entsprechenderMengen an speziellen Flavonoiden auch thera-peutisch eingesetzt werden: Weißdorn bei Herz-schwäche, Mariendistel bei Leberschäden, dieFlavonoide der Kamille wirken krampflösend, jeneder Birkenblätter harntreibend.
Oft liegen mehrere dieser Stoffgruppen in einerPflanze kombiniert vor, die Wirkungen ergänzen ein-ander. So ist für die spezifische verdauungs-fördernde Wirkung der Kamillenblüten das Zu-sammenspiel von ätherischem Öl (entzündungs-hemmend) und Flavonoiden (krampflösend) aus-schlaggebend.
Definitionen der einzelnen Stoffgruppen: ➣ sieheLexikonteil.
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Tablette, Tee, Tinktur & Co.
Phytopharmaka können in höchst unterschiedlicherForm (Tees, Tabletten, Tropfen) zur Anwendungkommen. Dafür müssen die gewünschten Wirkstoffezunächst möglichst effektiv aus einer Arzneipflanzeherausgelöst (= extrahiert) werden. Diese Extraktionerfolgt mit Lösungsmitteln, im einfachsten Fall mitWasser; oft aber können die Wirkstoffe nur mittelskomplizierter Verfahren aus der Pflanze gelöst wer-den. Dementsprechend können manche Anwen-dungsformen zu Hause hergestellt werden, anderesind dem Apothekenlabor oder der pharmazeuti-schen Industrie vorbehalten.
Anwendungsformen, die selbst zubereitetwerden können (siehe auch Lexikonteil):
Tee:hier werden die Wirkstoffe mit kaltem (Mazerat ➣ siehe Lexikonteil) oder heißem Wasser extra-hiert.
Bad (Vollbad, Teilbad):Ätherische Öle können direkt dem Badewasserzugesetzt werden, aus Arzneidrogen wird einsehr konzentrierter „Tee“ hergestellt, der im Ba-dewasser verteilt wird. Ätherische Öle werdenbeim Baden sowohl durch die Lunge als auchdurch die Haut aufgenommen, Bäder mit Gerb-stoffen helfen bei Entzündungen von Haut undSchleimhäuten.
Inhalation:Da ätherische Öle in Wasserdampf angereichertwerden, kann die Inhalation mit heißem Wasseroder einem Inhalationsgerät sehr gut bei be-stimmten Hustentypen angewendet werden, da dieWirkstoffe direkt an den Zielort Lunge gelangen.
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Anwendungsformen, die von der Apotheke /Industrie hergestellt werden:
Drogenpulver:Die getrocknete Arzneidroge wird pulverisiert undgenau dosiert in Kapseln gefüllt. Die Verdau-ungssäfte lösen die Wirkstoffe aus dem pflanz-lichen Material heraus.
Tinktur, Fluidextrakt:Meist alkoholische, flüssige Zubereitungen, dieoft auch als „Tropfen“ bezeichnet werden.
Trockenextrakt:Wird meist aus Flüssigextrakten hergestellt,denen das Lösungsmittel durch Eindampfen oderGefriertrocknen wieder entzogen wird. Dadurcherzielt man eine Anreicherung der Wirkstoffe.Trockenextrakte werden für die Herstellung vonTabletten, Dragees oder Kapseln verwendet.
Sirup:Die Pflanzenextrakte werden in zuckerhaltige,dickflüssige Lösungen verarbeitet.
Ölige Drogenauszüge:Als Extraktionsmittel werden fette Öle verwendet.
Heilpflanzen im Handel –der kleine Unterschied
Früher baute man Heilkräuter selbst an oder sam-melte wild wachsende Pflanzen. Sie wurden meistgetrocknet und dienten so bis zur nächsten Ernte alsVorrat. Qualität und Konzentration der Wirkstoffekonnten – je nachdem an welchem Standort, zu wel-
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cher Vegetationsperiode sie gesammelt wurden, etc.– großen Schwankungen unterworfen sein. Die dar-aus zubereitete „Medizin“ konnte also von einerErnte zur nächsten recht unterschiedlich wirken.
Pflanzliche Arzneimittel, die in der modernen Phyto-therapie zur Anwendung kommen, müssen denstrengen Anforderungen gültiger Arzneibücher odervergleichbaren Vorschriften entsprechen. Um einebestimmte Qualität zu garantieren, werden Heilpflan-zen, die zu Phytopharmaka verarbeitet werden,unter kontrollierten Bedingungen kultiviert. Die Her-stellung der Arzneimittel erfolgt nach standardi-sierten Verfahren. Somit ist eine gleichbleibendeKonzentration der Wirkstoffe garantiert (Normierung).Der Wirkstoffgehalt ist auf der Packung angegeben.
Manche im Handel erhältliche Präparate, die nichtals Arzneispezialitäten registriert sind, zeigen zwarwerbewirksame Bilder der jeweiligen Ausgangs-pflanze, enthalten aber nur geringe Wirkstoffmen-gen. Eine echte arzneiliche Wirkung ist daher beidiesen Produkten nicht zu erwarten. Der Konsumentbzw. Patient sollte deshalb gerade auch bei Phy-topharmaka auf die Beratung durch Arzt oder Apo-theker nicht verzichten (siehe dazu auch Seite 21,„Drin ist, was drauf steht“).
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Phytotherapie: Wo sie nütztDie Basis unseres gegenwärtigen Wissensstandesüber die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel ist dieoft Jahrhunderte lange traditionelle Anwendung vonPflanzen in der Volksmedizin. In einer modernen,wissenschaftlich orientierten Therapieform genügtdies aber nicht als Wirksamkeitsbeweis. Deshalb istdie Arzneipflanzenforschung bestrebt, von modell-haften Labortests bis hin zu klinischen Studien anPatienten Fakten für den therapeutischen Wert unddie Unbedenklichkeit von Phytopharmaka zu liefern.
In folgenden Einsatzgebieten hat sich die Phytothe-rapie, alleine oder in Kombination mit anderen thera-peutischen Maßnahmen, bewährt (die angeführtenArzneipflanzen stellen nur eine kleine Auswahl dar;da die Pflanzen bei Präparaten meist mit dem lateini-schen Namen deklariert sind, ist auch dieser ange-führt):
Vorbeugung von Krankheiten:
Stärkung des Immunsystems:Roter Sonnenhut, Echinacea purpurea(Bild)
Schwitzkuren bei beginnendengrippalen Infekten Holunderblüten, Sambucus nigraLindenblüten, Tilia – Arten
Befindlichkeitsstörungenim Verdauungstrakt
Entzündungen im Bereich derMundhöhleSalbei, Salvia officinalis (Bild)
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Blähungstreibend, krampflösendKamille, Matricaria recutita (Bild)Kümmel, Carum carviFenchel, Foeniculum vulgarePfefferminze, Mentha piperita
Appetitanregend:Arzneipflanzen mit Bitterstoffen:Enzian, Gentiana-ArtenTausendguldenkraut, CentauriumerythraeaFieberklee, Menyanthes trifoliata
Arzneipflanzen mit aromatisch-bitterem Geschmack:Wermut, Artemisia absinthium (Bild)Schafgarbe, Achillea millefolium
Übersäuerung des Magens:Käsepappel, Malva – Arten (Bild)
Lebererkrankungen:Mariendistel, Silybum marianum (Bild)
Erkrankungen der Galle:Artischocke, Cynara scolymusLöwenzahn, Taraxacum officinale
Durchfallerkrankungen:Tormentillwurzel, Potentilla erectaHeidelbeeren (getrocknet!), Vaccinium myrtillus
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Verstopfung:Faulbaum, Frangula alnusSenna, Cassia – ArtenRhabarber, Rheum palmatumLeinsamen, Linum usitatissimum (Bild)Flohsamen, Plantago ovata
Erkrankungen im Bereichder Atemwege:
Reizhusten: Tees mit schleimhältigen DrogenEibisch, Althaea officinalis (Bild)Isländische Flechte, Cetraria islandica
Auswurffördernde Hustenmittel: Arzneipflanzen mit ätherischem Öl:Thymian, Thymus vulgaris (Bild)Anis, Pimpinella anisumEukalyptus, Eucalyptus globulusLatschenkiefer, Pinus mugo
Arzneipflanzen mit Saponinen:Schlüsselblume, Primula veris (Bild)Efeu, Hedera helix
Arzneipflanzen mit anderenWirkstoffen:Sonnentau, Drosera rotundifolia (Bild)
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Erkrankungen im Urogenitaltrakt
Erhöhung der Harnmenge,besonders bei Steinleiden oderEntzündungen der ableitendenHarnwege:Birke, Betula pendula (Bild)Hauhechel, Ononis spinosaSchachtelhalm, Equisetum arvenseWacholder, Juniperus communis
Unterstützung bei gutartigerVergrößerung der Prostata:Weidenröschen, Epilobiumangustifolium (Bild)Sägepalme, Serenoa repens
Herz- Kreislaufbeschwerden:
Leichte Herzmuskelschwäche,„Altersherz“:Weißdorn, Crataegus-Arten (Bild)
Krampfadern:Rosskastanie, Aesculushippocastanum
Durchblutungsstörungen:Ginkgo, Ginkgo biloba (Bild)
Vorbeugung gegen Arteriosklerose(= „Verkalkung“):Knoblauch, Allium sativum
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Nervöse Störungen
Leichte und mittelschwereDepressionen:Johanniskraut, Hypericum perforatum(Bild)
Einschlafstörungen:Baldrian, Valeriana officinalis (Bild)Melisse, Melissa officinalisHopfen, Humulus lupulus
Lavendel, Lavandula angustifolia
Gynäkologische Erkrankungen
Prämenstruelles Syndrom, klimakterischeBeschwerden:Mönchspfeffer, Vitex agnus-castusNordamerikan. Wanzenkraut, Cimicifuga racemosa
Hauterkrankungen:Ringelblume, Calendula officinalisArnika, Arnica montana (Bild)
Lassen Sie sich von Arzt und Apotheker beraten, obeine Erkrankung mit Phytopharmaka alleine be-handelt werden kann oder ob diese nur zusätzlich zuanderen Maßnahmen eingesetzt werden sollen.
ACHTUNG: Bei länger andauernden, schwererenoder chronischen Erkrankungen oder bei einer Ver-schlechterung des Gesundheitszustandes sollte manPhytopharmaka erst nach Abklärung der Beschwer-den durch den Arzt anwenden!
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Flower Power im TrendIn weiten Teilen Österreichs ist noch immer viel über-liefertes Wissen um Heilpflanzen aus der volksmedi-zinischen Tradition vorhanden. So gab es gerade inden letzten Jahren neuerlich eine starke Hinwen-dung zu „Naturheilmethoden“ und damit auch zurPflanzenheilkunde. Diese Bewegung ist wohl teil-weise auch eine Abwendung von der als vielfach„technisiert, steril und unpersönlich“ empfundenenSchulmedizin.
Der Begriff „pflanzlich“ wird von vielen Menschen mit„natürlich“ assoziiert. Die Vorstellung, dass der„Organismus Pflanze“ dem „Organismus Mensch“seine Heilkräfte zur Verfügung stellt, erweckt bei vie-len Menschen Vertrauen.
Pflanzliche Vielstoffgemische bieten ein umfang-reiches Wirkspektrum an. Diese Tatsache kommtdem Wunsch vieler Menschen, dass ihre Person undauch ihre Krankheit vom behandelnden Arzt alsmehrdimensional wahrgenommen werden soll, sehrentgegen.
Allerdings weisen Experten immer wieder darauf hin,dass auch alte Rezepturen nicht immer harmlos seinmüssen.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist weiters, dass pflanzli-che Arzneimittel immer „sanft“ und beinahe neben-wirkungsfrei seien. Doch dies entspricht nicht immerder Realität, denn: was wirkt, kann auch unerwün-schte Wirkungen haben – gleichgültig, ob „natürli-ches“ Phytopharmakon oder „chemisch-industriell“gefertigtes Medikament. Der Gegensatz „pflanzlich =ungefährlich“ und „chemisch hergestellt = unbere-chenbar“ entbehrt daher jeglicher Grundlage.
Übrigens: Die Prozesse, die in Pflanzen zur Produk-tion der Wirkstoffe führen, sind ebenfalls chemischer
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Art. Diesem Trend kommen auch die Anbieter entge-gen, indem sie eine hohe standardisierte Qualität beiPhytopharmaka anbieten. Es gibt Gesellschaften inÖsterreich, die sich mit der seriösen Anwendung vonPhytopharmaka beschäftigen.
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Die 10 wichtigsten Fragenzum Thema Phytotherapie 1.) Ist gegen jedes Leiden ein Kraut gewach-
sen?Nach dem gegenwärtigen Wissensstand:NEIN! Arzneipflanzen und Phytopharmaka wir-ken keine Wunder bei schweren Erkrankungenwie z. B. Krebs, Infektionskrankheiten, Bluthoch-druck usw., können hier aber unterstützend zuanderen Therapieformen angewendet werden.
2.) Sind selbstgesammelte Heilpflanzen bes-ser als jene aus der Apotheke?Wenn Sie Glück haben, ja. Allerdings ist zubedenken, dass Arzneidrogen und daraus her-gestellte Arzneimittel aus der Apotheke oderDrogerie auf ihre Qualität hin geprüft sind, beiselbst gesammelten ist über den Wirkstoffgehaltnichts bekannt.
3.) Müssen Arzneipflanzen bei einer bestimm-ten Mondphase gesammelt werden?Nach dem gegenwärtigen Wissensstand –nein; andere Faktoren (z. B. genetische Rassen,Entwicklungsstadium der Pflanze, Boden- undWitterungseinflüsse) sind für die Qualität pflanz-licher Arzneimittel wesentlich wichtiger.
4.) Gibt es auch Präparate, die Pflanzenex-trakte und synthetische Arzneistoffe ent-halten? Ja, chemisch-synthetische Arzneistoffe undpflanzliche Extrakte können für manche Anwen-dungsbereiche sinnvoll kombiniert werden.
5.) Können Phytopharmaka auch Allergienauslösen?Ja, Pflanzen und auch daraus hergestellte Arz-neimittel können bei entsprechend disponierten
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Personen Allergien auslösen (z.B. Korbblütler).Hinweise, ob ein Präparat von überempfind-lichen Personen nicht verwendet werden darf,finden Sie in der Anwendungsinformation.
6.) Gibt es verschreibungspflichtige Phyto-pharmaka?Ja. Obwohl pflanzliche Arzneimittel im Allge-meinen mild wirken, sind manche Phytophar-maka rezeptpflichtig, besonders in jenen Fällen,in denen die Behandlung einer Krankheit durcheinen Arzt durchgeführt werden muss.
7.) Können Phytopharmaka bei hoher Dosie-rung zu Vergiftungen führen?Bei widmungsgemäßem Gebrauch: Nein.Pflanzliche Arzneimittel sind in der Regel sehrsicher, schwere unerwünschte Wirkungen sindbei widmungsgemäßen Gebrauch nicht zu er-warten.
8.) Sind Pflanzen prinzipiell sanft und harmlos?Nein! In der Natur kommen zahlreiche Gift-pflanzen vor. Oft genügt die Aufnahme kleinsterMengen um Vergiftungserscheinungen hervor-zurufen, die auch tödlich enden können.
9.) Können Phytopharmaka bei Kindern,Schwangeren und Stillenden immer beden-kenlos angewendet werden?Nein! Fragen Sie im Zweifelsfall Ihren Arzt oderApotheker um Rat.
10.) Erkenne ich bei pflanzlichen Produkten, obes sich um ein geprüftes und registriertesArzneimittel handelt? Ja! Registrierte Arzneispezialitäten sind mit einerZulassungsnummer (Z.Nr.) auf der Packung ge-kennzeichnet.
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Phytopharmaka undSozialversicherungDas österreichische Arzneimittelrecht kennt – imGegensatz zum deutschem – den Begriff des Phy-topharmakons nicht. Daher wird bei der Beurteilungbei der Aufnahme in das Heilmittelverzeichnis grund-sätzlich nicht unterschieden, ob ein Mittel pflanz-lichen Ursprungs ist oder nicht, solange es für eineausreichende und zweckmäßige Krankenversorgunggeeignet ist („es ist egal, ob eine Katze schwarz oderweiß ist, solange sie Mäuse fängt“).
Eine getrennte Auswertung nach diesem Gesichts-punkt kann die Sozialversicherung daher auch nichtmachen.
(Quelle: Hauptverband der österreichischen Sozial-versicherungsträger, 2000)
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Phytotherapie von A–ZStichwortlexikon
Abkochung A= Dekokt; Art der Teebereitung; die Arzneidrogewird mit kochendem Wasser übergossen undkurze Zeit (ca. 10–15 Minuten) weiter erhitzt.Anwendung bei Rinden- und Wurzeldrogen.
Aflatoxine
Giftstoffe aus Schimmelpilzen. Arzneidrogenmüssen auf Schimmelbefall geprüft werden.
Alkaloide
Stickstoffhältige Naturstoffe, mit deutlicher Wir-kung auf das Nervensystem. Beispiele: Atropin(Tollkirsche), Morphin (Schlafmohn), Nicotin(Tabak)
Allergie
Überreaktion des Immunsystems; der Orga-nismus wird beim Erstkontakt mit dem Allergensensibilisiert, jeder weitere Kontakt kann allergi-sche Reaktionen auslösen.
Anbau (kontrollierter)
Im Gegensatz zur früher üblichen „Wildauf-sammlung“ werden heute viele Arzneipflanzengroßflächig kultiviert. Dadurch kann eine gleich-bleibende Qualität garantiert werden. Beim kon-trollierten Anbau verzichtet der Produzent aufden Einsatz von ➣ Herbiziden und ➣ Pestizi-den.
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Anthocyane
Rote und blaue Pflanzenfarbstoffe; meist in Blü-ten und Früchten
Anthrachinone
Gelb gefärbte 1,8-Dihydroxyanthrazenderivate,die laxierende (abführende) Eigenschaften auf-weisen. Vorkommen: Rhabarber, Aloe, Faul-baum, Sennesblatt, …
Anthroposophische Medizin
Begründet von R. Steiner (1861–1925); dieanthroposophische Medizin baut auf natur-wissenschaftlichen Methoden auf und erweitertsie durch geisteswissenschaftliche Aspekte. Dereinzelne Mensch soll in seiner Individualität alsEinheit aus Leib, Seele und Geist erfasst wer-den. Die Therapie stützt sich vorwiegend aufSelbstheilungskräfte, die durch natürliche (auchpflanzliche) Heilmittel unterstützt werden sollen.Keine Therapieform der Phytotherapie.
Aquaretikum
Harntreibende Zubereitung aus Arzneipflanzen,die vorwiegend die Wasserausscheidung er-höht, nicht aber die Ausscheidung von Salzen.
Arzneibuch
Amtliche Vorschriftensammlung für die Qualitätvon Arzneimitteln; Vorschriften für die Methodikder Qualitätsprüfung; Vorschriften zur Herstel-lung von Zubereitungen; zur Zeit gültig: ➣ ÖAB,➣ Pharmacopoea Europaea.
Arzneidroge
Getrocknete (und dadurch haltbar gemachte)Arzneipflanze oder Pflanzenteile.
A
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Arzneispezialität
Arzneimittel, das im Voraus stets in gleicherZusammensetzung hergestellt und unter dergleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe anden Verbraucher oder Anwender bestimmtenForm in den Handel gebracht wird.
Ätherisches Öl
Flüchtiges, stark riechendes, ölartiges Stoffge-misch; ist für den Duft vieler Pflanzen (z.B. Pfef-ferminze, Lavendel) verantwortlich. Je nachZusammensetzung unterschiedliche therapeu-tische Anwendung (Husten, Verdauungsbe-schwerden, Einschlafstörungen, …).
Aufguss
= Infus; Art der Teebereitung: Arzneidroge wirdmit kochendem Wasser übergossen, 5–10Minuten bedeckt ziehen.
Aufgussbeutel
= Filterbeutel: enthält die Menge an Teedrogeoder Teemischung für die Zubereitung einerTasse. Pflanzenteile meist stark zerkleinert.
Auszug
Jede Art von durch Lösungsmitteleinwirkungund anschließender Abtrennung der Arznei-droge erhaltene Zubereitung. Beispiel: Wäss-riger Auszug = „Tee“.
Bach-Blütentherapie BTherapieform nach Edward Bach (1886-1936);Behandlung von 38 postulierten Seelenzu-ständen mit Blütenessenzen.Keine Therapieform der Phytotherapie.
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Biosynthese
Aufbau von chemischen Verbindungen in leben-den Zellen.
Bitterstoffe
Naturstoffe, die auch in hoher Verdünnung nochbitter schmecken. Wirken durch Anregung derSpeichel- und Magensaftsekretion verdauungs-fördernd. Vorkommen: Tausendguldenkraut,Enzianwurzel, Bitterklee, ...
Bitterwert
Reziproker Wert jener Verdünnung, in der 1 gArzneidroge (in Form eines wässrigen Auszugs)oder 1 g oder 1 ml einer Zubereitung geradeschon als deutlich bitter empfunden werden.Beispiel: Enzianwurzel: Bitterwert 10.000 –1 gEnzianwurzel macht 10 Liter Wasser bitter.
Bulbus
Lateinische Bezeichnung für „Zwiebel“;Beispiel: Bulbus Allii sativi = Knoblauchzwiebel.
Cortex CLateinische Bezeichnung für „Rinde“;Beispiel: Cortex Cinnamomi = Zimtrinde
Darreichungsform DArzneistoffe (Extrakte, ätherische Öle, ...) und
AB
DC
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Hilfsstoffe werden zur eigentlich anzuwen-denden Darreichungsform verarbeitet; Beispiele:Tablette, Dragee, Kapsel, Sirup, Tinktur, ....
Dekokt
➣ Abkochung
Dragee
Mit einer (Zucker-)Hülle überzogene Tablette.
Droge
Im Zusammenhang mit Arzneipflanzen:➣ Arzneidroge; umgangssprachlich Kurzformfür Rauschdroge (z. B. Haschisch, Heroin).
Droge – Extrakt – Verhältnis (DEV)
Angabe, aus wieviel Teilen (➣ Arzneidroge) einTeil Extrakt hergestellt wurde; Beispiel: DEV 5:1bedeutet, dass aus 5 Teilen Droge 1 Teil Extraktgewonnen wurde.
Erntezeitpunkt EBlätter, oberirdische Teile: knapp vor oder wäh-rend der Blütezeit; Wurzeln: Frühjahr oderHerbst; Rinden: Frühjahr
ESCOP
European Scientific Cooperative on Phytothera-py: Europäischer Dachverband der Landesge-sellschaften für Phytotherapie (z. B. ➣ ÖGPhyt)
Esslöffel
als Dosierungsangabe: ca. 15 ml
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Ethnomedizin
= Volksmedizin; traditionell überlieferte, derjeweiligen Kultur entstammende Therapiefor-men.
Extrakt
Zu einem trockenen Pulver verarbeitete (meistwässrig-alkoholische) Drogenauszüge. Im Ex-trakt liegen Wirkstoffe in höherer Konzentrationvor als in der Arzneidroge.
Extraktionsmittel
Lösungsmittel(-gemisch) zur ➣ Extrakther-stellung; Wirkstoffe sollen darin gut löslich sein,unerwünschte Begleitstoffe dagegen schlecht.
Flavonoide FIm Pflanzenreich weit verbreitete, gelb gefärbteNaturstoffe; je nach chemischer Struktur spe-zielle Wirkungen auf den menschlichen Orga-nismus.
Flos
Lateinische Bezeichnung für „Blüte“; Beispiel:Flos Chamomillae = Kamillenblüte
Fluidextrakt
Wässrig – alkoholische Arzneidrogenauszüge;Menge an Extraktionsmittel ist so gewählt, dassdie Konzentration der Wirkstoffe im Fluidextraktgleich jener der Arzneidroge ist.
Folium
Lateinische Bezeichnung für „Blatt“; Beispiel:Folium Betulae = Birkenblatt
DEF
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Fructus
Lateinische Bezeichnung für „Frucht“; Beispiel:Fructus Anisi = Anisfrucht
Furanocumarine
Pflanzeninhaltsstoffe, die photosensibilisierendeEigenschaften aufweisen können. Kommen Fur-anocumarine auf die Haut, können unter Son-neneinwirkung verbrennungsähnliche Hauter-scheinungen auftreten. Furanocumarine kom-men z. B. im Riesenbärenklau vor.
Gehalt GMeist Prozentangabe über die Menge einesInhaltsstoffes oder einer Inhaltsstoffgruppe be-zogen auf die Pflanze, die Arzneidroge odereine Zubereitung daraus.
Gerbstoffe
Naturstoffe, die tierische Haut zu Leder umwan-deln. Sie wirken eiweißfällend und „schmecken“zusammenziehend. Vorkommen: z. B. Eichen-rinde, Tormentillwurzel.
Giftpflanze
Pflanze mit stark wirksamen Inhaltsstoffen, diebereits in geringer Dosierung zu ernsthaftenStörungen im Organismus führen können.
Glykoside
Naturstoffe bestehend aus einem Nicht-Zucker-Anteil (= Aglykon, Genin) und Zuckermolekülen;sehr unterschiedliche Gruppen: ➣ Herzwirk-same Glykoside, ➣ Saponine, …
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Haltbarkeit HZeitspanne, bis zu deren Ablauf das Arzneimittelbei sachgemäßer Lagerung garantierte Qualitätund Unbedenklichkeit bietet.
Herba
Lateinische Bezeichnung für „Kraut“; Beispiel:Herba Absinthii = Wermutkraut
Herbizid
Unkrautbekämpfungsmittel; die zulässigenHöchstmengen an Herbiziden für Arzneidrogensind gesetzlich festgelegt.
Herzwirksame Glykoside
Glykosidische Naturstoffe, die die Kontraktions-kraft der Herzmuskulatur steigern. Da sie sehrstark wirksam sind, werden in der Therapie fastausschließlich die exakt dosierbaren isoliertenReinsubstanzen und nicht mehr Pflanzenaus-züge angewendet. Vorkommen: Roter Finger-hut, Maiglöckchen, Oleander, … (Giftpflanzen!)
Hildegard von Bingen
1098–1179, Benediktinernonne. Stellte um-fangreiche Rezeptsammlung zusammen; man-che Rezepturen sind aus wissenschaftlicherSicht nicht empfehlenswert.
Hilfsstoff
Stoffe, die der Herstellung von ➣ Darreichungs-formen dienen, ohne selbst eine Wirkung aus-zuüben. Hilfsstoffe (z. B. Stärke, Milch, Zucker)können die Abgabe der Wirkstoffe aus der Dar-reichungsform steuern.
GH
F
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Homöopathie
Begründet durch Samuel Hahnemann(1755–1843); Therapie nach dem Prinzip „similiasimilibus curentur“ (Gleiches mit Gleichem be-handeln): Die eingesetzten Arzneimittel führen inhoher Dosierung zu krankheitsähnlichen Symp-tomen; die Arzneimittel (vielfach aus Pflanzen)werden bei ihrer Zubereitung stark verdünnt (=potenziert). – Keine Therapieform der Phyto-therapie.➣ siehe dazu: „Kleines Wörterbuch der Homöo-pathie“, © Pharmig, 1999
Immunstimulation IAktivierung des Immunsystems, Förderung derImmunabwehr. Beispiel: Echinacea (Sonnenhut).
Indikation
Grund oder Umstand, eine bestimmte medi-zinische Maßnahme durchzuführen.
Infus
➣ Aufguss
Instant-Tee
➣ Darreichungsform, die alle wesentlichenWirkstoffe in wasserlöslicher Form enthält.Instant-Tees enthalten oft große Mengen anZucker.
Kaffeelöffel K= Teelöffel; als Dosierungsangabe: ca. 5 ml
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Kaltauszug
= Mazerat; spezielle Art der Teebereitung fürschleimhaltige Arzneidrogen: Arzneidroge wirdmit kaltem Wasser bei Zimmertemperatur ange-setzt und mehrere Stunden unter wiederholtemUmrühren stehengelassen. Nach dem Abseihenleicht erwärmt trinken.
Kapsel
Feste ➣ Darreichungsform; Kapsel ist „Be-hälter“ für Wirk- und Hilfsstoffe in fester oderflüssiger Form; Kapselmaterial muss sich imMagen-Darm-Trakt auflösen.
Karzinogene
Stoffe, die ein Karzinom (= bösartige Ge-schwulst, „Krebs“), auslösen können.
Klinische Prüfung
Die Klinische Prüfung ist eine systematischeUntersuchung eines Arzneimittels an Versuchs-personen, die mit dem Ziel durchgeführt wird,• Wirkungen zu entdecken oder zu verifizieren;• unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu
identifizieren oder• Absorption, Verteilung, Metabolismus oder
Ausscheidung des Arzneimittels zu unter-suchen, um damit die Wirksamkeit oderUnbedenklichkeit des Arzneimittels sicher-zustellen.
Kombinationspräparat
im Zusammenhang mit Phytotherapie: Arznei-mittel, das aus mehreren Pflanzen hergestelltwird.
HIK
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Kontraindikation
Gegenanzeige; Zustände oder Krankheiten, beidenen ein bestimmtes Arzneimittel nicht an-gewendet werden darf.
Lagerung LPflanzliche Arzneimittel sind, wenn nicht andersangegeben, vor Sonnenlicht und Feuchtigkeitgeschützt bei Raumtemperatur zu lagern. (➣ Haltbarkeit)
Leitsubstanz
Pflanzenstoff, der für eine bestimmte Pflanzecharakteristisch ist. Dient als Qualitätsmarkerbei der Herstellung von Phytopharmaka.
Lektine
Pflanzliche Eiweißstoffe mit spezifischer Bin-dungsfähigkeit zu Zelloberflächen; Arzneistoffe(z. B. in der Mistel) oder Gifte (z. B. im Ricinus –Samen)
Lignum
Lateinische Bezeichnung für „Holz“; Beispiel:Lignum Juniperi = Wacholderholz
Mazerat M➣ Kaltauszug
Mikrobielle Verunreinigung
Wachstum von Bakterien oder Pilzen auf Arznei-drogen oder deren Zubereitungen. Die zulässi-gen Höchstwerte (Keimzahlen) sind im ➣ Arz-neibuch definiert.
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Mutagene
Führen zur Auslösung von Mutationen, d. h. zuchemischen oder physikalischen Veränderun-gen am genetischen Material.
Naturheilkunde NUmfassender Begriff für alle Therapieformen, dieHeilmittel aus der Natur verwenden.
Normierung➣ Einstellung eines Phytopharmakons auf einenbestimmten Wirkstoffgehalt.
ÖAB OÖsterreichisches ➣ Arzneibuch
ÖGPhyt
Österreichische Gesellschaft für Phytotherapie;beschäftigt sich mit allen Aspekten pflanzlicherArzneimittel, besonders der Förderung wissen-schaftlicher Forschung, dem Informationsaus-tausch in Fachkreisen und der breiten Öffent-lichkeit und der Positionierung der Phytothe-rapie bei Behörden.
OPC
Oligomere Procyanidine: phenolische Wirk-stoffe, z. B. im Weißdorn.
Paracelsus PBeiname des Theophrastus Bombastus vonHohenheim (1494–1541).
KLMNOP
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Pestizide
Schädlingsbekämpfungsmittel; die zulässigenHöchstmengen an Pestiziden für Arzneidrogensind gesetzlich festgelegt.
Pharmacopoea Europaea
Abk.: Ph. Eur.; Europäisches ➣ Arzneibuch;in Österreich ergänzt durch das ➣ ÖAB.
Pharmakodynamik
Teilgebiet der Pharmakologie. Untersucht, wiedas Pharmakon auf den Organismus reagiert(Aufnahme, Verteilung, Metabolismus, Aus-scheidung).
Pharmakognosie
Wissenschaft, die sich der Erforschung bio-gener (z. B. pflanzlicher) Arzneimittel widmet.
Pharmakologie
Wissenschaft, welche die Wirkungen und Wir-kungsmechanismen von Arzneistoffen erforscht.
Pharmakologischer Test
Prüfung des Wirkungsmechanismus eines Arz-neistoffs oder eines Extraktes unter Labor-bedingungen („in-vitro“ = „im Reagenzglas“).
Plazebo
„Scheinmedikament“; Darreichungsform, diekeine Wirkstoffe enthält.
Polysaccharide
Polymeres aufgebaut aus vielen Zuckerbau-steinen; die Art der Zuckerverknüpfung ent-scheidet über die Eigenschaften; Beispiele:Stärke, Zellulose, Schleim, …
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Presssaft
Darreichungsform, die durch Auspressen fri-scher Pflanzenteile erhalten wird.
Pyrrolizidinalkaloide
➣ Alkaloide mit bestimmter Struktur, die Leber-karzinome hervorrufen können. Vorkommen:z. B. Greiskraut-Arten, Huflattich, …
Radix RLateinische Bezeichnung für „Wurzel“; imZusammenhang mit Arzneidrogen werden alleunterirdischen Organe (auch Wurzelstöcke,Ausläufer, Rüben, …) mit „Radix“ bezeichnet;Beispiel: Radix Valerianae = Baldrianwurzel.
Reinheitsprüfung
Kontrolle, ob in einer Arzneidroge Verunreini-gungen enthalten sind.
Rhizoma
Lateinische Bezeichnung für „Rhizom“ (= Wur-zelstock); im Zusammenhang mit Arzneidrogenwerden alle unterirdischen Organe (Wurzeln,Wurzelstöcke, Ausläufer, Rüben, …) üblicher-weise mit „Radix“ bezeichnet.
Saponine S➣ Glykosidische Naturstoffe mit seifenähnlichenEigenschaften, bilden mit Wasser stabilenSchaum. Vorkommen: z. B. Rosskastanien-samen, Primelwurzel.
PRS
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Schleime
Pflanzliche Schleime sind ➣ Polysaccharide, dieWasser binden und dadurch stark quellenkönnen, oder mit Wasser viskose Lösungenergeben.
Schulmedizin
Therapieformen, die wissenschaftlich anerkanntsind und im Rahmen der ärztlichen Ausbildungan den Universitäten gelehrt werden.
Schwermetalle
Giftige Metalle (z. B. Blei, Cadmium, Queck-silber), die über die Luft auf die Pflanze ge-langen können oder von der Pflanze aktiv ausdem Boden aufgenommen werden. Arznei-drogen müssen auf ihren Schwermetallgehalthin geprüft werden.
Semen
Lateinische Bezeichnung für „Same“; Beispiel:Semen Lini = Leinsame.
Sirup
dickflüssige, stark zuckerhaltige Darreichungs-form zur innerlichen Anwendung; Beispiel:Spitzwegerichsirup.
Species
lateinische Bezeichnung für Teegemisch; Beispiel: Species diureticae = HarntreibenderTee.
Spezialextrakt
Industriell nach einem standardisierten Ver-fahren hergestellter ➣ Extrakt, das definiertenQualitätskriterien entsprechen muss. Bei der
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Herstellung werden bestimmte Inhaltsstoffeangereichert und unerwünschte Komponentenentfernt.
Stammpflanze
Pflanzenart, die zur Gewinnung der ➣ Arznei-droge herangezogen werden muss.
Standardisierung
Alle Maßnahmen, die bei der Herstellung einespflanzlichen Arzneimittels gleichbleibende Quali-tät garantieren.
Tablette TEinzeldosierte feste Darreichungsform, diedurch Verpressen der Wirkstoffe mit Hilfsstoffenhergestellt wird.
Tee
= Arzneitee: wässriger Auszug aus einer Arznei-droge.
Tee, schwarzer, grüner, etc.
Echter Tee: verschieden aufbereitete Blätter desTeestrauches (Camellia sinensis).
Teelöffel
= Kaffeelöffel; als Dosierungsangabe: ca. 5 ml
Teemischung
Meist werden Arzneitees aus einer Mischungmehrerer Arzneidrogen hergestellt. Die Zusam-mensetzung soll optimale Wirksamkeit undguten Geschmack garantieren. Sinnvoll zu-
ST
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sammengesetzte Mischungen sollten nichtmehr als ca. fünf Komponenten enthalten.
Tinktur
Meist wässrig – alkoholischer Arzneidrogen-auszug; Verdünnung der Inhaltsstoffe ca. umdas 5-fache.
Traditionell angewendet ...
Angabe, die dem Patienten/Konsumenten ver-deutlichen soll, dass ein Präparat oder eine Arz-neipflanze zwar in der Volksmedizin traditionellmit gutem Erfolg angewendet wird, ein natur-wissenschaftlicher Beweis für die Wirksamkeitaber (noch) aussteht.
Trocknung
Vorgang, um eine Arzneipflanze oder Teiledavon haltbar zu machen (➣ Arzneidroge). DieTrocknung muss rasch und schonend durch-geführt werden (direkte Sonneneinstrahlungmuss vermieden werden).
Verunreinigung VAlle Komponenten in einem Arzneimittel, dienicht der Deklaration entsprechen. Bei Arznei-drogen wird ein minimaler Anteil, der im Arz-neibuch definiert ist, toleriert.
Verzehrprodukte
Stoffe, die dazu bestimmt sind, vom Menschengegessen, gekaut oder getrunken zu werden,ohne überwiegend Ernährungs- oder Genuss-zwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein.Äußerliches Erscheinungsbild oft ähnlich re-
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gistrierten Arzneimitteln, aber keine ➣ Zulas-sungsnummer.
Volksmedizin
➣ Ethnomedizin
Wildaufsammlung WGewinnung einer Arzneidroge nicht aus ➣
Anbau, sondern aus natürlichen Vorkommen;keine maschinelle Ernte sondern händischeSammlung.
Zerkleinerungsgrad ZArzneidrogen müssen vor ihrer Weiterverar-beitung oder Anwendung zur besseren Extrak-tion zerkleinert werden; grobe Zerkleinerung =Schnittdroge (Grobschnitt, Feinschnitt); feineZerkleinerung = Pulverisierung.
Züchtung
Maßnahmen zur Verbesserung des Ertrages,zur Erhöhung der Wirkstoffmenge und derReduktion unerwünschter Inhaltsstoffe von Arz-neipflanzen.
Zulassungsnummer
Abk.: Z.Nr.; Hinweis auf Arzneimittelpackungen,dass ein Präparat geprüft und staatlich zuge-lassen wurde (➣ Arzneispezialität). Ungeprüfte (➣ Verzehrprodukte) oder Lebensmittel weisenkeine Zulassungsnummer auf.
VWZ
T
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Empfehlenswerte Literaturzum Thema Pflanzenmedizin
R.F. Weiss, V. Fintelmann: Lehrbuch der Phytotherapie;Hippokrates Verlag, Stuttgart
H. Wagner, M. Wiesenauser: Phytotherapie;Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
M. Pahlow: Das große Buch der Heilpflanzen;Bechtermünz Verlag
W. Kubelka, R. Länger (Neuauflage 2001):Phytokodex – Pflanzliche Arzneispezialitäten in Österreich
V. Schulz, R. Hänsel: Rationale Phytotherapie;Springer Verlag 1999
H. Schilcher, S. Kammerer:Leitfaden PhytotherapieUrban & Fischer, München
K. Kraft:Checkliste PhytotherapieThieme Verlag, Stuttgart
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Anlaufstellen:
Österreichische Gesellschaft für Phytotherapiec/o Institut für PharmakognosieAlthanstraße 14A-1090 WienFax: +43/1/4277-9552
Institut für PharmakognosieUniversität WienO. Univ. Prof. Dr. Wolfgang KubelkaA.o. Univ. Prof. Dr. Reinhard LängerPharmaziezentrumAlthanstraße 14A-1090 WienTel.: +43/1/4277-55201Fax: +43/1/4277-9552
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Notizen:
Notizen:
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Notizen:
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PharmigVereinigung pharmazeutischer
Unternehmen
Institut für Pharmakognosie der Universität Wien