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Klinische Vignette Meningeom Lernziele im Blockpraktikum: - Wiederholen und Durchführen der bereits bekannten neurologischen Untersuchung. - Erheben und Interpretieren der typischen Anamnese und klinischen Symptome an Hand der anatomischen Lokalisation des Menigeoms - Kennenlernen der spezifischen Diagnostik zum Nachweis eines Meningeoms - Erkennen der korrekten Diagnose an Hand der typischen Bildgebung des Meningeoms - Kennenlernen von Grundlagen zum therapeutischen Vorgehen Anamnese: Eine 38-jährige Patientin beschreibt Schwindel und Unsicherheit beim Gehen. Außerdem falle es ihr zunehmend schwerer zu Schreiben. Die linke Seite ihres Gesichtes fühle sich pelzig an. Vorerkrankungen werden keine beschrieben. Sie hat 3 gesunde Kinder zwischen 10 und 15 Jahren. Klinischer Untersuchungsbefund: Wache, voll orientierte Patientin. Volle Kraft in den oberen und unteren Extremitäten. Hypästhesie in der linken Gesichtshälfte für V1, V2, sonstige Hirnnerven intakt. Reflexe beidseits mittellebhaft auslösbar, Dysdiadochokinese, Feinmotorikstörung der Hände bds.. Seiltänzergang unsicher, Unterbergertretversuch unsicher. Fallneigung nach rechts beim Rombergversuch. Keine Blasen- oder Mastdarmstörung. https://www.amboss.com/de/wissen/Neurologische_Untersuchung Bildgebung: Das cMRT (Abbildung 1) zeigt zum einen eine große petroclivale Raumforderung. homogen, scharf abgegrenzt mit geringem perifokalem Ödem. Dies zeigt ein homogenes und starkes Kontrasmittelenhancement. Am ehesten handelt es sich hierbei um ein großes petroclivales Meningeom mit Pelottierung des Mesencephalons und Kompression des Hirnstamms, Ausdehnung in die mittlere Schädelgrube links, Infiltration des Cavum Meckeli sowie des Sinus cavernosus links. Zudem zeigt sich ein kleineres linksseitiges frontobasales Meningeom mit einem mäßigen Perifokalödem. Das postoperative MRT (Abbildung 2) zeigt das Ausmaß der Resektion.

Klinische Vignette Meningeom Lernziele im … Typ II denken lassen. Frage 3: Welche Bildgebung sollte bei V.a. ein Meningeom erfolgen? Antwort: Die MRT ist Methode der Wahl zur weiteren

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KlinischeVignetteMeningeom

LernzieleimBlockpraktikum:

- WiederholenundDurchführenderbereitsbekanntenneurologischenUntersuchung.- ErhebenundInterpretierendertypischenAnamneseundklinischenSymptomeanHandder

anatomischenLokalisationdesMenigeoms- KennenlernenderspezifischenDiagnostikzumNachweiseinesMeningeoms- ErkennenderkorrektenDiagnoseanHanddertypischenBildgebungdesMeningeoms- KennenlernenvonGrundlagenzumtherapeutischenVorgehen

Anamnese:Eine38-jährigePatientinbeschreibtSchwindelundUnsicherheitbeimGehen.Außerdemfalle es ihr zunehmend schwerer zu Schreiben.Die linke Seite ihresGesichtes fühle sich pelzig an.Vorerkrankungenwerdenkeinebeschrieben.Siehat3gesundeKinderzwischen10und15Jahren.Klinischer Untersuchungsbefund:Wache, voll orientierte Patientin. Volle Kraft in den oberen undunterenExtremitäten.HypästhesieinderlinkenGesichtshälftefürV1,V2,sonstigeHirnnervenintakt.Reflexe beidseitsmittellebhaft auslösbar, Dysdiadochokinese, Feinmotorikstörung der Hände bds..Seiltänzergang unsicher, Unterbergertretversuch unsicher. Fallneigung nach rechts beimRombergversuch.KeineBlasen-oderMastdarmstörung.https://www.amboss.com/de/wissen/Neurologische_UntersuchungBildgebung: Das cMRT (Abbildung 1) zeigt zum einen eine große petroclivale Raumforderung.homogen,scharfabgegrenztmitgeringemperifokalemÖdem.DieszeigteinhomogenesundstarkesKontrasmittelenhancement. Am ehesten handelt es sich hierbei um ein großes petroclivalesMeningeommitPelottierungdesMesencephalonsundKompressiondesHirnstamms,AusdehnungindiemittlereSchädelgrubelinks,InfiltrationdesCavumMeckelisowiedesSinuscavernosuslinks.Zudem zeigt sich ein kleineres linksseitiges frontobasales Meningeom mit einem mäßigenPerifokalödem.DaspostoperativeMRT(Abbildung2)zeigtdasAusmaßderResektion.

Abbildung1:Indendargestelltenaxialen(obersteReiheT2,mittlereReiheT1+KM)undcoronaren(untereReihe)MRTAufnahmenerkenntmandeutlichdiebeidenMeningeome,scharfabgegrenztzumumgebendenHirn(linksfrontalmitHirnödem).Operation 1: Resektion des petroclivalenMeningeoms über einen subocciptalen retromastoidalenKraniotomie links unter kontinuierlichemNeuromonitoring. Der Anteil im Sinus cavernosuswurdebelassen.BeispielOP-Video:https://www.youtube.com/watch?v=55j9QCQEsH8

Operation 2: Komplettresektion (Simpson 1) des frontobasalenMeningeoms über eine pterionaleosteoplastische Kraniotomie. Beispiel OP-Video:https://www.youtube.com/watch?v=aqRNOoQyfsQ&t=28s

Suboccipitale,retromastoidaleKraniotomie PterionaleKraniotomieAbbildungenaus:https://mayfieldclinic.comVerlauf:Derintra-undpostoperativeVerlaufgestaltetesichunauffällig.DiehistologischenBefundebeschriebeneinmeningothelialesMeningeom(WHOII°)sowieeintransitionalesMeningeom(WHOI°).DiePatientinkonntepostoperativschnellmobilisiertwerden.DieFeinmotorikbessertesichdurchErgotherapie. Die frührehabilitiven physiotherapeutischenMaßnahmen führten zu einem deutlichsichererenGangbild.Im weiteren Verlauf soll der Meningeomanteil im Sinus cavernosus und Cavum Meckelistrahlentherapeutischbehandeltwerden.

Abbildung2:Indendargestelltenpostoperativenaxialen(T1+KM)MRTAufnahmenerkenntmandenbelassenen Tumoranteil im Sinus cavernosus links (linke Aufnahme) bei ansonsten vollständigerResektionderbeidenTumore.DiePonsistnochdeformiert.

Frage1:WelcheZellenstellenderUrsprungderMeningeomedar?Antwort:MeningeomehabenihrenUrsprunginarachnoidalenDeckzellenFrage2:WasistdieÄtiologiederMeningeome?Antwort: Meningeome treten meist solitär auf ohne erkennbare Ursache, können auch multipelvorkommen(sog.Meningeomatosis).IonisierendeStrahlung(Atombomben,SchädelbestrahlungnachmalignenVorerkrankungenv.a.imKindesalter)kannmiteinerLatenzvon10-30JahrenMeningeomeverusachen. Ein multiples Auftreten in Kombination mit Akustikusneurinomen muss an eineNeurofibromatoseTypIIdenkenlassen.Frage3:WelcheBildgebungsolltebeiV.a.einMeningeomerfolgen?Antwort:DieMRTistMethodederWahlzurweiterenEingrenzungderDiagnoseeinesintrakraniellenMeningeoms.TypischsinddieimT2-gewichtetenBildhypo-bisisointenseDarstellungunddiestarkhyperintense(homogene)DarstellungimT1-gewichtetenBildnachKontrastmittelgabe.MeningeomekommenamhäufigstenanderKonvexitätvor.SiesindscharfzumumgebendenHirnabgegrenzt(häufigmiteinemLiquorsaumumgeben).HäufigfindetsicheinperifokalesHirnödemundeine Ausbreitung des Tumors mit Einwachsen in die Schädelkalotte oder die Schädelbasis. ZurBestimmungderAusdehnungistdasduraleKM-Enhancement(duraltail)vonBedeutung.EineDOTATOC-PETkannunterStudienbedingungenangebotenwerden,kannaberentscheidendeHinweiseimRahmenderArtdiagnostikvorallembeiVerzichtaufeineHistologiegewinnung geben (z.B. wird bei Sinus cavernosus Meningeomen aufgrund derRisikobehaftungderOperationfürHirnnervenstörungenaufeineBiopsieverzichtet)undvoralleminderRezidivsituationnachTumorresektiondieZielvolumendefinitionzurStrahlentherapieerleichtern.Frage4:BennenSiedietherapeutischenOptionennachbildgebenderDiagnoseeinesMeningeoms.Antwort:Die therapeutischen Optionen nach Diagnose eines Meningeoms werden immer individuellentschieden.„WatchandWait“:Ein Großteil der bilddiagnostischen Meningeomverdachtsdiagnosen bedürfen keiner spezifischenBehandlung, sollten jedoch durch kernspintomographische Verlaufskontrolle beobachtet werden.Sollte sichhierbeieineklareeindeutigeWachstumstendenzzeigen isteineBehandlungnotwendig.DiesesollteebenfallsbeimAuftretenvonspezifischenSymptomenerfolgen,oderwenndurchGrößeundLokalisationeineBedrohungderGesundheitdesPatientenvorliegt.InvielenFällenvonRestmeningeomennacheinerOperationwirdausschließlicheinecomputer-oderkernspintomographische Verlaufsuntersuchung angestrebt, da u.U. ein jahrelangerWachstumsstillstandeintretenkann.Operation:Die primäre Therapie des Meningeoms ist meistens die mikrochirurgische Resektion. Durch einekompletteExzisiondesMeningeomssinddiePatienteninderRegelgeheilt.DiemikrochirurgischeResektionistnurdanndieMethodederWahl,soferndiesemitvertretbaremRisikodurchführbarist.BeiKonvexitätsmeningeomenkanninderüberwiegendenMehrheitderFälleeine komplette Resektion erreichtwerden. Hierbei ist einemakroskopisch vollständiger Resektionunter Einschluß der duralen Anhaftungsstelle und ggf. des veränderten Knochens anzustreben(SimpsonGrad1).BeiSchädelbasisinfiltration,vorallembeiEinwachsenindenSinuscavernosuskanndie Resektabilität eingeschränkt sein. Bei makroskopisch verbliebenem Tumorrest liegt das

progressionsfreie10-Jahres-Überlebenzwischen55%und18%.Dennochkannu.U.aufeineradikaleTumorresektionzugunsteneinerspäterenStrahlentherapieverzichtetwerden,wenneinekompletteResektionnurdurchInkaufnahmeneurologischerDefizitezuerreichenist.DieOperationistvorallemdann zu erwägen, wenn beim Vorliegen einer neurologischen Symptomatik eine Dekompressionerreichtwerdenkann.Strahlentherapie:AlternativkanneineprimäreStrahlentherapie/Radiochirurgie(LINAC,Gamma-Knife)erfolgen,wenndie Resektion aufgrundder Lokalisation ein zu großes Risiko für den Patienten bedeutet, oder eineingeschränkter gesundheitlicher Allgemeinzustand keine operative Versorgung in Vollnarkosezulässt. Außerdem spielt die Strahlentherapie eine wichtige Rolle bei der Nachbehandlung vonhöhergradigenMeningeomen(WHOGradIIoderIII).Eine Radiochirurgie als Alternative zur mikrochirurgischen Resektion kann bis zu einer maximalenGrößevon3cmimDurchmesserempfohlenwerden.BeigrößerenSchädelbasismeningeomensteigtdasRisikofürSpätkomplikationendrastischan.VonentscheidenderBedeutungistderAbstanddesTumors von der Sehbahn. Dieser sollte bei einer radiochirurgischen Maßnahme mehr als 2 mmbetragen.MiteinerstereotaktischgeführtenfraktioniertenKonformationsstrahlentherapiekannbeieinerGesamtdosisvon55–59GyinkonventionellerFraktionierungeinesicherelokaleKontrollebeigleichzeitig geringem Komplikationsrisiko erzielt werden. Das progressionsfreie Überleben ist beiTumorenbis3cmDurchmesservergleichbarmitdervollständigenResektion.ChemotherapieChemotherapeutischeAnsätzehabenbisherkeineneindeutigenNutzenzeigenkönnen.BehandlungenbleibenbislangEinzelfällenvorbehalten.BegleitendemedikamentöseTherapieFindet sich umeinMeningeomein peritumoralesÖdem imangrenzendenHirngewebeund tretenhierdurch bedingte Beschwerden auf, kann mit dem Ziel der Abschwellung eine vorübergehendeBehandlungmit Cortison (z.B. Fortecortin 4mg p.o. 1-0-0) notwendigwerden.Meistens erhält derPatientdieseTherapievorundfürkurzeZeitnachderOperation.ZurVermeidungvonKomplikationensolldieBehandlungnurfürkurzeZeiterfolgenundvoneinemPräparatzumMagenschutzbegleitetsein(z.B.Pantoprazol40mg1-0-0).SindepileptischeAnfälle aufgetreten,wirdeineBehandlungmitAntiepileptika (z.B. Levetirazetam)notwendig.DieseBehandlungsolltenichtunmittelbarnachderOperationbeendetwerden,sondernauchnachEntfernungdesTumorsunterEEG-KontrollefüreinigeZeit(3Monate)fortgeführtwerden.WeiterführendeLiteraturfürbesondersInteressierte:https://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045(16)30321-7/fulltexthttps://www.amboss.com/de/wissen/Meningeom