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Intrazelluläre Zykotinhemmung als neuer Ansatz bei RA Die spezifische Zytokininhibition hat sich für Patienten mit hochaktiver rheuma- toider Arthritis (RA) als therapeutische Op- tion durchgesetzt. Bisherige Zytokinhem- mer waren hochmolekular und wirkten ex- trazellulär. Der Vorteil der spezifischen, int- razellulär angreifenden Zytokininhibitoren liegt darin, dass sie niedermolekular sind und damit oral gegeben werden könnten. Diese sogenannten small molecules blo- ckieren Umschaltstellen der intrazellulären Signaltransduktion verschiedener Zytokine, die für die chronisch entzündlichen und immunologischen Prozesse der RA verant- wortlich sind. Für den intrazellulären Inhibitor des Janus- Kinase (JAK)-Signalwegs Tofacitinib gibt es bereits vielversprechende Daten, die das Therapieprinzip bestätigen: Wird die Aktivi- tät der Schlüsselproteine der JAK-Familie (JAK 1 und JAK 3) kompetitiv gehemmt, re- duziert sich die Weiterleitung der Zytokin- signale von der Zelloberfläche in den Zell- kern. Die bei aktivem JAK-Signalweg dauer- haft aktivierte Neusynthese weiterer proin- flammatorischer Zytokine und Chemokine wird moduliert. Tofacitinib wurde im umfangreichen, welt- weiten Phase-III-Studienprogramm ORAL (Oral Rheumatoid Arthritis phase 3 triaLs) bei etwa 4.000 erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA un- tersucht. Fünf Studien sind bereits abge- schlossen. Fast alle primären Endpunkte wurden erreicht, wie Dr. Rieke Alten von der Schlossparkklinik in Berlin sagte. Sie präsen- tierte die auch beim EULAR-Kongress vor- gestellten aktuellen Ergebnisse. In der Analyse von Kremer et al. (Poster THU0143) ergab sich für Tofacitinib in allen Subgruppen eine konsistente Wirksamkeit. ACR- 20-Ansprechen und körperliche Funk- tion (Health Assessment Questionnaire- DIsablity Index, HAQ-DI) erwiesen sich unter zweimal täglich 5 oder 10 mg Tofacitinib als unabhängig von demographischen und krankheitsspezifischen Charakteristika (Tabelle). In der Untersuchung von van Vollenhoven et al. (Poster THU0151) war Tofacitinib bei Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat in Bezug auf patientenrelevan- te Outcomes (PROs), wie Schmerz (PtGA [VAS]), HAQ-DI, Lebensqualität (HR-QoL), Fatigue (FACIT-F) und Schlaf (MOS Sleep Scale) nach sechs Monaten der Placeboga- be signifikant überlegen und vergleichbar effektiv wie Adalimumab (40 mg s.c. jede zweite Woche). Dr. Wiebke Kathmann Pressegespräch „Intrazelluläre Targets in der Rheumatoiden Arthritis: Die intrazellulären Sig- nalwege der Janus-Kinasen“, Berlin, 7. Juni 2012; Veranstalter: Pfizer Knochenschwund: Strontiumranelat legt Osteoklasten das Handwerk Das Kalziumanalogon Strontium in Kombination mit Ranelicsäure hemmt bei Osteoporose den Knochenabbau und för- dert den Knochenaufbau. Mit einer Kombi- nation von beiden lässt sich deshalb die Frakturrate bei Osteoporosepatienten sig- nifikant vermindern. Strontiumranelat (Protelos®) drosselt die Aktivität der Osteoklasten und fördert die Proliferation und Differenzierung von Vor- läufern knochenbildender Zellen. Die ent- haltene Ranelicsäure sei zwar pharmakolo- gisch inaktiv, begünstige aber die Pharma- kokinetik und Verträglichkeit von Strontium, wie Prof. Franz Jakob von der Uniklinik Würzburg berichtete. Eine Studie mit Rat- ten hat belegt, dass sich unter Strontiumra- nelat mesenchymale Stammzellen des Knochenmarks eher zu knochenbildenen Zellen als zu Fettzellen differenzieren [Li Y et al. Biochem Biophys Res Commun 2012; 418: 725]. Bei Patienten, die bereits mit Bisphospho- naten oder dem rekombinanten Parathor- mon-Fragment Teriparatid behandelt wur- den, spreche die Datenlage für eine Folge- therapie mit Strontiumranelat, so Franz beim Internistenkongress in Wiesbaden. Um eine Wirbelfraktur zu verhindern, müss- ten neun Patienten mit Strontiumranelat behandelt werden. „Eine number needed to treat im einstelligen Bereich ist bei Arz- neimitteln selten und belegt eine hohe Wirksamkeit“, sagte Franz. Eine retrospektive britische Studie mit über 150.000 Frauen habe zudem gezeigt, dass eine Behandlung mit Strontiumranelat das Thromboserisiko nicht signifikant erhöht. Pro 1.000 Patientenjahren kam es unter Strontiumranelat zu 7,0 und unter Alendro- nat zu 7,2 venösen Thromboembolien. Sig- nifikant unterschiedlich war die Thrombo- serate lediglich zwischen unbehandelten Osteoporosepatientinnen und Frauen ohne Osteoporose (5,6 versus 3,2 venöse Throm- boembolien) [Breart G et al. Osteoporos Int 2010; 21(7): 1181). Dr. med. Stefan Käshammer DGIM 2012, Symposium „Was tun bei Osteopo- rose?“; Wiesbaden 14. April 2012; Veranstalter: Servier Deutschland | Tabelle Krankheitscharakteristika im Mittel Spannbreite Krankheitsdauer (Jahre) 8,8 0,5 – 55 Rheumafaktorstatus positiv (%) 71 63 – 88 CCP-Antikörper-Status positiv (%) 75 68 – 85 Zahl der schmerzhaften Gelenke 26 17 – 29 Zahl der geschwollenen Gelenke 15 14 – 17 HAQ-DI 1,44 1,19 – 1,58 DAS28-4 (ESR) 6,40 5,91 – 6,68 Vorbehandlung mit TNF-α-Inhibitor 1,4 1,14 – 1,49 Vorbehandlung mit traditionellem DMARD 1,5 0,75 – 1,73 Wirksamkeit von Tofacitinib in Abhängigkeit von den Krankheitscharakteristika zu Beginn. Alle RA-Patienten profitieren gleichermaßen. ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (5) 81 Pharmaforum

Knochenschwund: Strontiumranelat legt Osteoklasten das Handwerk

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Page 1: Knochenschwund: Strontiumranelat legt Osteoklasten das Handwerk

Intrazelluläre Zykotinhemmung als neuer Ansatz bei RA

— Die spezifische Zytokininhibition hat sich für Patienten mit hochaktiver rheuma-toider Arthritis (RA) als therapeutische Op-tion durchgesetzt. Bisherige Zytokinhem-mer waren hochmolekular und wirkten ex-trazellulär. Der Vorteil der spezifischen, int-razellulär angreifenden Zytokininhibitoren liegt darin, dass sie niedermolekular sind und damit oral gegeben werden könnten. Diese sogenannten small molecules blo-ckieren Umschaltstellen der intrazellulären Signaltransduktion verschiedener Zytokine, die für die chronisch entzündlichen und immunologischen Prozesse der RA verant-wortlich sind.

Für den intrazellulären Inhibitor des Janus-Kinase (JAK)-Signalwegs Tofacitinib gibt es bereits vielversprechende Daten, die das Therapieprinzip bestätigen: Wird die Aktivi-tät der Schlüsselproteine der JAK-Familie (JAK 1 und JAK 3) kompetitiv gehemmt, re-duziert sich die Weiterleitung der Zytokin-signale von der Zelloberfläche in den Zell-kern. Die bei aktivem JAK-Signalweg dauer-haft aktivierte Neusynthese weiterer proin-flammatorischer Zytokine und Chemokine wird moduliert. Tofacitinib wurde im umfangreichen, welt-weiten Phase-III-Studienprogramm ORAL (Oral Rheumatoid Arthritis phase 3 triaLs)

bei etwa 4.000 erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver RA un-tersucht. Fünf Studien sind bereits abge-schlossen. Fast alle primären Endpunkte wurden erreicht, wie Dr. Rieke Alten von der Schlossparkklinik in Berlin sagte. Sie präsen-tierte die auch beim EULAR-Kongress vor-gestellten aktuellen Ergebnisse. In der Analyse von Kremer et al. (Poster THU0143) ergab sich für Tofacitinib in allen Subgruppen eine konsistente Wirksamkeit. ACR- 20-Ansprechen und körperliche Funk-tion (Health Assessment Questionnaire-DIsablity Index, HAQ-DI) erwiesen sich unter zweimal täglich 5 oder 10 mg Tofacitinib als unabhängig von demographischen und krankheitsspezifischen Charakteristika (Tabelle).In der Untersuchung von van Vollenhoven et al. (Poster THU0151) war Tofacitinib bei Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat in Bezug auf patientenrelevan-te Outcomes (PROs), wie Schmerz (PtGA [VAS]), HAQ-DI, Lebensqualität (HR-QoL), Fatigue (FACIT-F) und Schlaf (MOS Sleep Scale) nach sechs Monaten der Placeboga-be signifikant überlegen und vergleichbar effektiv wie Adalimumab (40 mg s.c. jede zweite Woche). Dr. Wiebke Kathmann

Pressegespräch „Intrazelluläre Targets in der Rheumatoiden Arthritis: Die intrazellulären Sig-nalwege der Janus-Kinasen“, Berlin, 7. Juni 2012; Veranstalter: Pfizer

Knochenschwund: Strontiumranelat legt Osteoklasten das Handwerk — Das Kalziumanalogon Strontium in

Kombination mit Ranelicsäure hemmt bei Osteoporose den Knochenabbau und för-dert den Knochenaufbau. Mit einer Kombi-nation von beiden lässt sich deshalb die Frakturrate bei Osteoporosepatienten sig-nifikant vermindern. Strontiumranelat (Protelos®) drosselt die Aktivität der Osteoklasten und fördert die Proliferation und Differenzierung von Vor-läufern knochenbildender Zellen. Die ent-haltene Ranelicsäure sei zwar pharmakolo-gisch inaktiv, begünstige aber die Pharma-kokinetik und Verträglichkeit von Strontium, wie Prof. Franz Jakob von der Uniklinik Würzburg berichtete. Eine Studie mit Rat-ten hat belegt, dass sich unter Strontiumra-

nelat mesenchymale Stammzellen des Knochenmarks eher zu knochenbildenen Zellen als zu Fettzellen differenzieren [Li Y et al. Biochem Biophys Res Commun 2012; 418: 725].Bei Patienten, die bereits mit Bisphospho-naten oder dem rekombinanten Parathor-mon-Fragment Teriparatid behandelt wur-den, spreche die Datenlage für eine Folge-therapie mit Strontiumranelat, so Franz beim Internistenkongress in Wiesbaden.Um eine Wirbelfraktur zu verhindern, müss-ten neun Patienten mit Strontiumranelat behandelt werden. „Eine number needed to treat im einstelligen Bereich ist bei Arz-neimitteln selten und belegt eine hohe Wirksamkeit“, sagte Franz.

Eine retrospektive britische Studie mit über 150.000 Frauen habe zudem gezeigt, dass eine Behandlung mit Strontiumranelat das Thromboserisiko nicht signifikant erhöht. Pro 1.000 Patientenjahren kam es unter Strontiumranelat zu 7,0 und unter Alendro-nat zu 7,2 venösen Thromboembolien. Sig-nifikant unterschiedlich war die Thrombo-serate lediglich zwischen unbehandelten Osteoporosepatientinnen und Frauen ohne Osteoporose (5,6 versus 3,2 venöse Throm-boembolien) [Breart G et al. Osteoporos Int 2010; 21(7): 1181). Dr. med. Stefan Käshammer

DGIM 2012, Symposium „Was tun bei Osteopo-rose?“; Wiesbaden 14. April 2012; Veranstalter: Servier Deutschland

| Tabelle

Krankheitscharakteristika im Mittel Spannbreite

Krankheitsdauer (Jahre) 8,8 0,5 – 55

Rheumafaktorstatus positiv (%) 71 63 – 88

CCP-Antikörper-Status positiv (%) 75 68 – 85

Zahl der schmerzhaften Gelenke 26 17 – 29

Zahl der geschwollenen Gelenke 15 14 – 17

HAQ-DI 1,44 1,19 – 1,58

DAS28-4 (ESR) 6,40 5,91 – 6,68

Vorbehandlung mit TNF-α-Inhibitor 1,4 1,14 – 1,49

Vorbehandlung mit traditionellem DMARD 1,5 0,75 – 1,73

Wirksamkeit von Tofacitinib in Abhängigkeit von den Krankheitscharakteristika zu Beginn. Alle RA-Patienten profitieren gleichermaßen.

ORTHOPÄDIE & RHEUMA 2012; 15 (5) 81

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