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Workshop des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership / Lösungen für Ingenieurbauwerke 9 / 2007 Herausgegeben vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. Hauptabteilung Volkswirtschaft, Information und Kommunikation Dr. Heiko Stiepelmann Kurfürstenstraße 129 10785 Berlin Tel. 030 21286-0 Fax 030 21286-189 E-Mail [email protected] www.bauindustrie.de www.ppp-plattform.de

Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership€¦ · Januar 2007 in Berlin Kommunale Infrastruktur ... Bedarf deutscher Kommunen Dr. Engelbert Recker Deutscher Landkreistag

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Workshop des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie

Kommunale Infrastruktur undPublic Private Partnership

/ Lösungen für Ingenieurbauwerke

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Herausgegeben vom

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

Hauptabteilung Volkswirtschaft, Information und KommunikationDr. Heiko Stiepelmann

Kurfürstenstraße 12910785 Berlin

Tel. 030 21286-0Fax 030 21286-189

E-Mail [email protected]

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Workshop am 17. Januar 2007 in Berlin

Kommunale Infrastruktur

und Public Private Partnership

Lösungen für Ingenieurbauwerke

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Vorwort

Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

Dr. Engelbert ReckerDeutscher Landkreistag

Kommunale Infrastruktur und PPP-Lösungen für Ingenieurbauwerke

Forbes JohnstonDivisional Technical Director, Mott McDonald

Wie sollte ein idealtypisches PPP-Projekt aussehen?

Dipl.-Ing. Thomas EchterhoffEchterhoff Baugruppe

Projekte und Modellbeispiele in der kommunalen Infrastruktur

Dipl.-Ing. Johann SchmiederPöyry Infra GmbH

Rechtsanwalt Malte Müller-WredeMüller-Wrede & Partner Rechtsanwälte

Modellbeispiel zur kommunalen Infrastruktur

Dipl.-Ing. (FH) Dipl. Wirtschaftsing. (FH) Alexander HofmannMitglied der Geschäftsstellenleitung Mautstraßen DeutschlandHochtief PPP Solutions GmbH

Modellbeispiel Kreisstraßen des Kreises Lippe

Friedel HeuwinkelLandrat Landkreis Lippe

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Inhalt

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So geschehen in Harsewinkel, wo eine 1,3 km lange kommunale Entlastungsstraße privatwirtschaftlich finanziert, geplant, gebaut und für 30 Jahre betrieben und unter-halten wird.

Für die deutsche Bauindustrie ergeben sich aus diesem Zuschlag ganz neue Perspektivenfür PPP-Projekte im Verkehrswegebau.

■ Erstmals bezieht eine Kommune ein privates Unternehmen in die gesamte Wert-schöpfungskette von Planung, Finanzierung, Neubau, Betrieb und Erhaltung einerStraße ein.

■ Erstmals wird für eine Straße – ähnlich wie bei den erfolgreichen PPP-Hochbauprojek-ten – ein Leistungssoll für die Betriebs- und Erhaltungsleistungen in einem Service-Level-Agreement festgeschrieben.

■ Erstmals wird in Deutschland für Planung, Finanzierung, Neubau, Betrieb und Erhal-tung einer Straße ein sog. Verfügbarkeitsentgelt gezahlt.

■ Erstmals wird in Deutschland ein PPP-Verkehrsprojekt realisiert, das im Unterschiedzu den bekannten A- und F-Modellen des Bundes auf die Erhebung einer Straßen-nutzungsgebühr verzichtet.

Für unsere Veranstaltung war der Zuschlag von Harsewinkel eine willkommene „Vorlage“. Zum ersten Mal lässt sich belegen, dass

1. PPP – wie im kommunalen Hochbau – auch im kommunalen Verkehrswegebau funk-tionieren kann,

2. PPP – wie bei Schulen und Verwaltungsgebäuden – auch bei Verkehrsprojekten dazubeitragen kann, den Instandsetzungsstau aufzulösen, die Qualität der Infrastrukturver-sorgung zu heben und Effizienzgewinne zu realisieren,

3. PPP im Verkehrswegebau auch jenseits der Pkw-Maut vorstellbar ist.

Trotzdem steckt PPP im kommunalen Verkehrswegebau noch in den Anfängen. Die lau-fenden Diskussionen in den Kreisen Lippe und Dithmarschen, in den Städten Branden-burg, Siegen und Frankfurt zeigen aber deutlich, dass Bewegung in die kommunale PPP-Szene gekommen ist.

Wir hoffen, dass unsere Veranstaltung wie auch die vorliegende Veröffentlichung einigeneue Aspekte in diese Diskussion einbringen kann.

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Öffentlich-private Partnerschaften sind inzwischen auch in Deutschland auf dem Weg, imöffentlichen Hochbau zu einer ganz normalen Beschaffungsalternative zu werden.

Für die deutsche Bauindustrie war 2006 das bislang erfolgreichste PPP-Jahr. 21 Projektemit einem Investitionsvolumen von 565 Mio. Euro bzw. einem Projektvolumen von über1 Mrd. Euro sind 2006 zugeschlagen worden. Auch für das laufende Jahr sind die Aus-sichten vielversprechend: Bis August 2007 wurden bereits 17 Projekte mit einem Investi-tionsvolumen von 660 Mio. Euro vergeben. Insgesamt sind damit seit 2003 66 PPP-Pro-jekte mit einem Investitionsvolumen von 2,1 Mrd. Euro auf den Weg gebracht worden.Mehr noch: Über 150 PPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von über 5 Mrd. Eurostecken in der Projekt-Pipeline.

Mit anderen Worten: Trotz aller Skepsis und trotz aller rechtlichen Hemmnisse hat sich inDeutschland ein Markt für PPP-Projekte etabliert.

Als PPP-Pioniere haben sich vor allem die deutschen Städte und Gemeinden profilierenkönnen. Mehr als drei Viertel aller vergebenen Projekte gehen auf kommunale Auftrag-geber zurück. Offensichtlich hat sich dieser Pioniergeist ausgezahlt. Inzwischen wollenauch viele andere Kommunen dem Beispiel der PPP-Pionier-Städte und -Kreise wie Offen-bach, Monheim, Witten oder Magdeburg folgen. Immerhin Investitionen im Umfang von4 Mrd. Euro stecken in der kommunalen Projekt-Pipeline.

Was liegt also näher, als den PPP-Gedanken vom kommunalen Hochbau auch auf denkommunalen Straßenbau und kommunale Ingenieurbauwerke zu übertragen?

Für uns ist deshalb nicht verwunderlich, dass PPP inzwischen auch „auf die Straße geht“.

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Kommunale Infrastrukturund Public Private Partnership –Lösungen für Ingenieurbauwerke

Dr. Heiko StiepelmannGeschäftsführer des Arbeitskreises Private Finanzierungim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie

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Kommunaler Infrastrukturbedarf

Die letzte umfassende Untersuchung, die es zum kommunalen Investitionsbedarf gege-ben hat, stammt aus den 90iger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Um die Quantitäten inErinnerung zu rufen: es handelt sich um ein Volumen in der Größenordnung von knapp70 Milliarden Euro pro Jahr.

Ein Blick auf die tatsächliche kommunale Investitionstätigkeit zeigt das Dilemma. In denJahren seit 1992 hätten die Investitionsausgaben jährlich bei 67,5 Milliarden Euro liegenmüssen, um den Investitionsbedarf zu decken. Dieser Betrag wurde zu keinem Zeitpunkterreicht. Die Investitionslücke betrug Anfang der 90er Jahre etwa die Hälfte, inzwischenist sie auf zwei Drittel angestiegen. Wir unterfinanzieren seit mehr als einem Jahrzehnt insehr großem Maße den Erhalt unserer vorhandenen Infrastruktur. Wir leben von der Sub-stanz. Das muss man ganz eindeutig sagen. Das kann auch nicht lange gut gehen. DieFrage ist allerdings, welche Finanzierungswege gibt es und wie können sie genutzt wer-

den. Ich verhehle nicht, dass wir uns manchmal der Vorstellung hingeben, wenn wir nichthinschauen und es nicht sehen, dann sei das Problem auch gar nicht da.

Kommunale Investitionsausgaben/-lücke (Milliarden Euro)

Allein im Straßenbau sind es zwölf Milliarden Euro, die fehlen. Im ÖPNV sind es fast fünf-zig Milliarden Euro, weit mehr noch als im Straßenbau. Alles zusammen, sind es fast sechzig Milliarden Euro, die über den Zeitraum von zehn Jahren gefehlt haben. Pro Jahrhätten wir circa sechs Milliarden mehr investieren müssen, als wir investiert haben.

Bedarf und Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur 2000 – 2009 in Mrd. €

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Kommunale Infrastrukturund Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

Dr. Engelbert ReckerDeutscher Landkreistag

Verkehr 26,1 %

Soziales (Schulen) 18,7 %

Wasser, Umweltschutz 18,2 %

Energie 6,1 %

Sonstiges 15,0 %

Kommunale Investitionsbereiche

Investitionslücke

Investitionsausgaben

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die Grenzen der Belastungsfähigkeit des Bürgers zusammen. Besonders schön ist eineMaut da, wo die Benutzung der bemauteten Verkehrswege so attraktiv ist, dass die Nut-zer selbstverständlich und freiwillig zahlen. Das ist aber selten der Fall. Brückenbautenüber eine Meerenge oder Tunnel sind attraktive Projekte. Aber selbst der Kanaltunnel warnicht erfolgreich, weil die Konkurrenz, die Kanalquerung mit dem Schiff, nicht unterbun-den werden konnte. Die Investitionsgesellschaft ist inzwischen pleite. Das zeigt die Gren-zen einer solchen Lösung. Den Nutzern dürfen im Grunde keine attraktiven Alternativenverbleiben.

Eine Privatisierung der Infrastruktur begegnet im Prinzip genau den gleichen Schwierig-keiten. Infrastrukturen lassen sich natürlich privatisieren, aber derjenige, der sie über-nimmt, muss sie am Markt refinanzieren. Wenn keine Erträge reinkommen, die seine Kos-ten decken, macht er das nicht. Also ist Privatisierung nur in wenigen Fällen eine wirklichleistungsfähige Alternative.

Dann bleibt als letztes Mittel Public Private Partnership. Zwar gibt es die Möglichkeit,dass man durch gemeinsame Bereitstellung von Leistungen, durch Nutzung der verschie-denen relativen Vorteile in einem Gesamtprojekt besser und günstiger zu einer Infrastruk-tur kommt. Diese Effizienzgewinne reichen aber keinesfalls aus, die oben aufgezeigtenFinanzierungslücken zu decken. Also stellt sich wieder die Frage: Wie kommen wir anMehreinnahmen?

Wenn die Gesamtbelastung nicht angehoben werden soll, dann muss entschieden wer-den: es gibt keine Maut oder wenn es eine Maut oder eine PKW-Vignette geben soll,dann müssen die Mineralölsteuern sinken. Das hängt schlichterdings einfach zusammenund wird vielfach übersehen. Eine Lösung für diese widerstreitenden Interessen liegtauch nicht in kommunaler Hand. Wir sind nicht in der Lage, unseren Steueranteil generellüber Jahre hinaus zu erhöhen. Seit Jahren schwankt der kommunale Steueranteil amGesamtsteueranteil zwischen zehn und elf Prozent. Selbst eine Erhöhung um ein halbesProzent würde angesichts des Finanzmittelbedarfs für Investitionen, die wir realisierenmüssen, keine grundlegende Entspannung bedeuten.

Bei PPP geht es nach meiner Auffassung also letztlich darum, dass wir gemeinsam Effi-zienzreserven, wo auch immer sie schlummern, nutzen. Wie die Erfahrungen gezeigthaben, bietet Public Private Partnership unter bestimmten Bedingungen bessere Lösun-gen, als wenn es die öffentliche Hand alleine macht.

Erfahrungen zeigen, dass erhebliche Effizienzvorteile bei der Anwendung von PPP mög-lich sind. Aber auch bei PPP bleibt die öffentliche Hand der Finanzgarant, sonst funktio-niert es nicht. So zahlt die Gemeinde für Schulen, die als PPP gebaut worden sind undbetrieben werden, pro Jahr ganz bestimmte Summen, mit denen der Investor auskommen

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Ursachen der Investitionslücke

Seit Anfang der neunziger Jahre stagnieren die kommunalen Einnahmen. Das ist ein Fak-tum. Zwar ergibt sich rechnerisch ein Plus von 7,1 Prozent, aber unter Berücksichtigungder Inflationsrate von 1992 bis 2004 bedeutet das einen realen Rückgang. Demgegen-über haben trotz Pflegeversicherung und anderer Entlastungen die kommunalen Ausga-ben für soziale Leistungen um fast fünfzig Prozent zugenommen. Die Zunahme der Aus-gaben für soziale Leistungen ist eines der zentralen Probleme kommunaler Finanzen, aufdie ich in einem anderen Zusammenhang noch einmal zurückkommen werde.

Was haben die Kommunen gemacht, um dennoch über die Runden zu kommen? Siehaben Kassenkredite aufgenommen. Kassenkredite werden nicht besichert. Die Bankenwissen, dass die Kommunen nicht zahlungsunfähig werden können. Deshalb gibt es imGrunde keine Grenzen für Kassenkredite. Sie bedürfen auch keiner Genehmigung durchdie Kommunalaufsicht, weil sie ja nicht wie normale Investitionen und Kreditaufnahmenim Haushalt veranschlagt werden. Es handelt sich im Grunde um Kredite zur Sicherstel-lung der Liquidität. Im Jahre 1992 lagen die Kassenkredite bei 1,8 Milliarden Euro; biszum Jahre 2004 stiegen sie auf 23,8 Milliarden Euro, also um mehr als das Zehnfache.Das heißt, selbst das jetzige niedrige Investitionsniveau wurde vermehrt aus Kassenkre-diten finanziert. Irgendwann muss das Geld beschafft werden entweder durch eineordentliche Kreditaufnahme oder durch Steuereinnahmen und Zuweisungen.

Mehreinnahmen zur Schließung der Finanzierungslücke

An zusätzliche Einnahmen denkt man immer als Erstes, wenn finanzielle Lücken auftau-chen. Wie kann man zu mehr Geld kommen? Allgemeine Steuererhöhungen sind eherundenkbar. Selbst eine Steuerreform zugunsten der Kommunen würde das Problem nichtgenerell lösen, weil dann Bund und Länder auf Steuereinnahmen verzichten müssten.Deren Finanzsituation kennen Sie auch. Also auch da gibt es Grenzen, auf die gleich nochmal im Einzelnen zurückkomme und gerne erläutern will, warum diese da sind. Die an-dere Alternative bestünde in der Erhebung von Nutzungsgebühren, Road Pricing. Mankann hin- und herdiskutieren, wenn wir diese Lücken irgendwann schließen wollen, weildie Benutzung der Infrastruktur das erfordert, dann werden wir uns etwas überlegenmüssen.

Wenn man kein generelles Road Pricing machen will, dann könnte man sich überlegen,eine Maut zu erheben, wie sie zum Beispiel die EU-Kommission vorgeschlagen hat. AufAutobahnen wird eine Maut ja schon erhoben. Man könnte sich auch überlegen, ob manan der Mineralölsteuer noch etwas dreht. Aber gleich, was man in Erwägung zieht, dieFinanzierungsmittel Benutzungsgebühren, Steuern, Maut oder Road Pricing hängen über

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Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

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Angemessene wirtschaftliche Risikoverteilung

Es bleibt dabei: Das Risiko muss der tragen, der es am besten beherrschen kann.Wer hät-te vor zwei Jahren gedacht, dass es eine dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung gibt,die natürlich auch PPP-Projekten belastet: Ein solches Risiko kann der private Investornicht schultern. Solche Risiken muss natürlich die öffentliche Hand als PPP-Partner selbstübernehmen. Aber andere Risiken muss man sinnvollerweise dem Investor zuordnen. DieSchwierigkeit der Vertragsgestaltung liegt vor allen Dingen darin, dass man Projekte hat,die über zwanzig, fünfundzwanzig Jahre laufen. Und wer einen Blick zurück wagt vonheute auf das Jahr 1980, der sieht, was sich alles geändert hat. Prognosen darüber, wassich in den nächsten zwanzig Jahren hinsichtlich der wirtschaftlichen und der politischenSituation der Bundesrepublik ergibt, wage ich nicht.

Erfolgsfaktoren für PPP

Nur wenn Effizienzvorteile da sind, die realisiert werden können, lohnt sich PPP. Wenn esnur um die Beteiligung Privater geht, ohne dass sich das im Haushaltsbudget gegenüberder Eigenerstellung als Effizienzgewinn niederschlägt, bringt PPP nichts. Um einen fün-fundzwanzigjährigen Vertrag einigermaßen vernünftig ausführen zu können, muss mansich partnerschaftlich verhalten. Es müssen Lösungen für unvorhersehbare Entwicklun-gen gefunden werden können. Entsprechend müssen auch die Verträge gestaltet sein. Siedürfen nicht zu komplex sein. Zuständigkeiten und Kompetenzen sollten eindeutig gere-gelt sein. Alles was in solch komplizierten Verträgen unklar ist, führt immer wieder dazu,dass es Streit gibt. Streit ist der Sache am Ende nicht dienlich. Letztlich kommt es ja dar-auf an, dass man fünfundzwanzig Jahre lang gemeinsam ein Ziel erreicht und da mussman immer kooperativ bleiben.

Aus meiner Sicht ist auch ist eine kompetente Verwaltung wichtig. Sie muss einen sol-chen Vertrag auch aktiv managen können und braucht deswegen ein Minimum an Know-how. Denn sonst sind Sie der anderen Seite schlichterdings ausgeliefert. Bei Verträgen,die derartig schwierig sind, wäre das nicht zu verantworten und es liegt sehr wohl auchim Interesse des privaten Partners, weil es die Entscheidungszuverlässigkeit erhöht.

Umfang an PPP-Projekten in Kommunen

Wie wird PPP angenommen? Ist PPP eigentlich eine Lösung? Wie schätzen das die Kom-munen ein? Seit der Jahrtausendwende, ist die Zahl der Projekte, die man unter PPPzusammenfassen kann, deutlich gestiegen, nämlich auf inzwischen über knapp vier-hundert. Das ist eine ganze Menge, wenn man sieht, wie es angefangen hat. Es gibt aberauch Unterschiede bei den verschiedenen Formen von PPP. Die Zahl der klassischen

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muss. Entweder sind es Haushaltsmittel oder wie beim Bund in den verschiedenen Finan-zierungsprogrammen für Autobahnen Gebühren. Der Bund gibt die Mautgebühren wei-ter und auf der Basis der Mautgebühren und anderer und zusätzlicher Haushaltsmittelkann dann die Finanzierung sichergestellt werden über die Laufzeit des PPP-Projektes.

Position der Rechnungshöfe zu PPP

Nicht zu verhehlen ist, dass es erhebliche Einschätzungsunterschiede gibt hinsichtlich derLeistungsfähigkeit von PPP gibt. So haben die Rechnungshöfe eine Reihe von Thesen undForderungen formuliert, die erfüllt sein müssen, um ein PPP-Modell für vorteilhaft zu hal-ten und realisieren zu können. So treten an die Stelle von Zins und Tilgung, die man leis-ten muss, wenn man selbst eine Investition macht, andere Ausgaben. Nur Effizienzgewin-ne, das habe ich eben schon gesagt, führen zu einer echten Haushaltsentlastung. Wennein Projekt konventionell nicht finanzierbar ist, dann eignet sich in der Regel auch nichtfür PPP.

Wichtig ist, wenn man ein PPP-Modell realisieren will, dass man auf jeden Fall vorhergenau analysiert, welche Bedingungen vorliegen. Man muss wirklich genau hinschauenund Lösungen entwickeln, die für das Projekt konkret geeignet sind.

Position der Rechnungshöfe zu PPP

■ andere laufende Ausgaben treten an die Stelle von Zins- und Tilgungslasten

■ nur Effizienzgewinne führen zur Haushaltsentlastung

■ wenn konventionell nicht finanzierbar, auch durch PPP nicht finanzierbar

■ Prüfung der Notwendigkeit vor Realisierung

■ Wirtschaftlichkeitsnachweis von PPP für die gesamte Lebensdauer

■ angemessene und wirtschaftliche Risikoverteilung

■ nicht mit PPP-Projekten aus dem Vergaberecht „stehlen“

■ besonders hohe Komplexität der Vertragsgestaltung

■ Haushaltsklarheit für PPP-Projekte insbesondere für zukünftige Jahre

■ Prüfungsrechte der Rechnungshöfe sicherstellen

■ PPP-Projekte sind häufig kreditähnliche Geschäfte. Genehmigung der Kommunalauf-sichtsbehörde erforderlich

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Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

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tendenziell jedenfalls nicht so schnell wie die Privatwirtschaft. Das muss man ganz klarsehen. Das hängt mit vielen Dingen zusammen; natürlich auch mit der Tatsache, dass sol-che Projekte öffentlich diskutiert werden. Wenn irgendwas geschieht, dann wird das Pro-jekt immer wieder neu auf die Tagesordnung gebracht und diskutiert. Das ist anders,wenn man die Kompetenzen etwa im PPP-Projekt ein für alle mal sauber verteilt hat.Dann ist auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar.

Es besteht Bedarf an privatem Kapital. Angesichts der Finanzschwierigkeiten, die sichergeben, kann es manchmal für einzelne Kommunen mitunter sehr kompliziert sein kann,an die notwendigen Finanzmittel zu kommen.Vielfach gelingt das in Kombination mit derprivaten Wirtschaft auch besser.

Wie bereits gesagt, steht die höhere Effektivität, das heißt die bessere Zielerreichung,was natürlich die Effizienzvorteile letztendlich ausmacht, im Vordergrund. Sie beruht aufdem privaten Know-how, dass in die gemeinsame Aufgabenerfüllung eingebracht wird.Im folgenden Schaubild werden die Effizienzvorteile aufgelistet.

Effizienzvorteile kommunaler PPP-Projekte

Die Effizienzvorteile sind nach verschiedenen Methoden ermittelt worden. Die wichtigsteund die sauberste Methode ist die so genannte Barwertmethode. Aber für nicht für alleProjekte waren die entsprechenden Daten verfügbar. Dann kamen andere, z.B. die Nomi-nalwertmethode, zur Anwendung. Bei der Barwertmethode lag der Effizienzgewinn beiden verschiedenen Projekten zwischen fünf und dreißig Prozent. Bei fünfzig Prozent derProjekte lag der Gewinn zwischen acht Prozent und zwanzig Prozent. Aber auch bei derNominalwertmethode wiesen 50 Prozent aller Projekte Effizienzvorteile zwischen 12 undknapp 45 Prozent auf. Und auch bei den Projekten, die sich hinsichtlich der Berechnungs-

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PPP-Projekte, wo mindestens drei Leistungsphasen zusammengefasst werden, liegt deutlich niedriger. Man sieht ganz deutlich, dass in den Kommunen ein großes Feld fürsolche Projekte brach liegt und das sollte man nutzen. Da, wo es sich lohnt, da, wo essich rechnet, sind sie mindestens so innovativ wie die Verwaltungen des Bundes und derLänder.

Gründe für die Durchführung von PPP-Projekten

An erster Stelle stehen die Effizienzvorteile. Also das ist wirklich der ganz zentrale Punkt.Wir haben ja auch gesehen, wo die Bereiche liegen, die für Kommunen beeinflussbarsind. Das ist eben nicht die allgemeine Steuerpolitik, das sind nicht generelle Mehrein-nahmen, sondern das ist ihr konkretes Handlungsfeld und das heißt: Wenn ich die Infra-struktur selbst erstelle, kostet sie 100 Millionen Euro, wenn ich es mit einem PPP-Modellmache, komme ich vielleicht mit 80 oder 85 Millionen Euro klar. Das ist angesichts derFinanznot allemal ein Wort. Kein Kämmerer, kein Oberbürgermeister, kein Landrat wirdsagen, da sprechen wir nicht drüber, das machen wir wie immer.

Der zweite Punkt ist die beschleunigte Realisierung. Wir wissen natürlich, dass die öffent-liche Hand und auch wir Kommunen nicht immer die Schnellsten sind. Es gibt Beispiele,in denen wir gezeigt haben, dass wir das sehr wohl sein können. Es gibt aber auch immerwieder Beispiele, wo wir es nicht sind. Bei der bei der Realisierung von Bauten sind wir

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Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

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PPP und Vergaberecht

Die Vertragssituation für PPP ist relativ schwierig. PPP-Projekte unterliegen dem Verga-berecht. Die Dienstleistungsrichtlinie sagt: Wenn ein Vertrag mit einer anderen Personabgeschlossen wird, dann muss zuvor eine Ausschreibung nach dem Vergaberechtgemacht werden.

Dies wurde vielfach in der Vergangenheit lockerer gesehen. Entsprechend zahlreich sindinzwischen die Verfahren, die die Kommission gegen die Bundesrepublik wegen fehler-hafter Vergaben angestrengt hat. Auch die Zahl der zum Vergaberecht ergangenen EuGH-Entscheidungen ist erheblich.

Noch gibt es im Vergaberecht keine Lösung. Der Kommission wurde das Problem mehr-fach vorgetragen. Die Kommission hat erwogen, in diesem Jahr eine Richtlinie für Dienst-leistungskonzessionen zu erlassen. Aber derzeit sieht es nicht danach aus.

Die nationale Rechtslage ist bekannt. Seit 2006 gibt es ein ÖPP-Beschleunigungsgesetz,das allerdings nichts an der vergaberechtlichen Situation geändert hat. Angesicht derKomplexität von PPP-Projekte kommt als Vergabeverfahren nur ein Verhandlungsverfah-ren in Betracht. Voraussetzung ist allerdings, dass die Bewerber nicht diskriminierendausgewählt werden und das Vergabeverfahren transparent durchgeführt wird. Alle, diewollen, müssen sich auch bewerben können. Entsprechend muss das PPP-Vorhabenbekannt gemacht werden im Amtsblatt der EU und dort auf weitergehende Hinweise z. B.die Homepage der betreffenden Kommune verwiesen werden. Sodann muss das Verfah-ren fair und transparent betrieben werden. Nicht alle, die Interesse äußern, sind auch inder Lage, ein PPP-Projekt durchzuführen. Im Verhandlungsverfahren muss sichergestelltwerden, dass alle Teilnehmer den gleichen Kenntnisstand bezüglich des Projektes haben.Irgendwann, zu irgendeinem Zeitpunkt schließen Sie das Verhandlungsverfahren ab.

Die Rechtsmittel räumen den Bietern einen Anspruch darauf ein, dass die Auftraggeberganz bestimmte, konkrete Verfahrensregeln einhalten. Wenn wir uns nicht nach diesenRegeln richten, dann ist Vergabeentscheidung hinfällig. Nicht zuletzt die Verfahren, diebei der Kommission und beim EuGH gelandet sind, haben uns gezeigt, wie man sich imVergaberecht bewegen muss. Allerdings ist die Rechtsprechung des EuGH sehr schwierig,nicht so sehr deswegen, weil die Sachverhalte so komplex sind, sondern weil der EuGHeuropäisches Recht heute auslegt, aber es ab dem Zeitpunkt gegolten hat, zu dem dieRichtlinie erlassen wurde.

Also wenn bis heute keiner irgendein Thema problematisiert hat und alle haben gesagt,ja das geht doch nach dieser Richtlinie, das ist doch gar kein Problem, und dann stellt derEuGH fest, nein, das geht nicht, dann sind alle, die bis dahin eine andere Rechtsauffas-

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methode nicht eindeutig zuordnen ließen, ergibt sich ganz eindeutig: Effizienzvorteilesind zu erwarten, wenn man PPP-Projekte richtig macht. Das ist jedenfalls eine Botschaft,die man aus unserer Sicht nicht vernachlässigen kann.

Aber es gab natürlich auch eine Reihe von Projekten, die nicht in ein PPP-Modell umge-setzt werden konnten. Fehlende Erfahrung und Unwirtschaftlichkeit lagen als Ursachenan erster Stelle. Ferner wurde ein zu großer Aufwand bemängelt. Es kann natürlich sein,dass bei bestimmten Projekten, wenn z.B. das Investitionsvolumen relativ gering ist, derunvermeidbare Aufwand überproportional steigt. Sie brauchen eine intensive Beratung;Sie müssen in der Verwaltung entsprechende Personen haben, die PPP abwickeln können.Fehlende Anschubfinanzierung wurde ebenfalls für bestimmte Bereiche genannt, fernerfehlende private Partner. Rechtliche Hindernisse wurden eigentlich relativ selten als aus-schlaggebend angeführt.

Bedarf an kommunalen Infrastrukturprojekten für PPP

Wo sehen die Kommunen wirklich Möglichkeiten und Bedarf für PPP? Bedarf ist ja etwasmehr als ein Wunsch, nämlich in der Ökonomie „ein mit Geld ausgestattetes Bedürfnis“.Im Bereich Schulen spiegeln sich auch ganz klar die Erfahrungen wider, die man damitschon gemacht hat. Die PPP-Modelle, die präsentiert werden, zeigen, dass es in Schulenfunktioniert. Entsprechend ist die Reihenfolge der Antworten: Sport, das sind ja auchHochbauten, Kultur, Stadtentwicklung. Der Verkehr steht erst an siebter Stelle; das istdann schon wieder relativ wenig, aber trotzdem insgesamt eine beeindruckende Aussa-ge über den Umfang und den Bedarf an PPP im kommunalen Bereich.

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Kommunale Infrastruktur und Public Private Partnership –Bedarf deutscher Kommunen

sung hatten und praktizierten, leider im Unrecht. Sie haben das Recht nicht richtig ange-wandt. Denn die Rechtsauslegung gilt nicht erst ab dem Zeitpunkt, an dem der EuGH siefestgestellt hat, sondern sie gilt ab dem Zeitpunkt, wo die Richtlinie erlassen wurde. Alsoder so genannte Vertrauensschutz ist bei Entscheidungen des EuGH über die Auslegungvon Richtlinien der Europäischen Union in der Regel nicht gegeben. Das macht die Sacheso schwierig. Vielen Objekten oder vielen Verträgen, die entstanden sind, ohne dass manwissen konnte, dass dieses Vorgehen nicht dem Vergaberecht entsprach, wurde gewis-sermaßen später der Boden entzogen.

Ich verweise auf das Beispiel der Stadt Halle. So hat der EuGH festgestellt, dass eineInhouse-Vergabe nur möglich ist, wenn sich das eigene Unternehmen zu 100 Prozent imkommunalen Eigentum befindet. Nur dann kann die Stadt ihrer Tochter ohne Ausschrei-bung einen Auftrag geben. Das war vorher völlig unbekannt: Viele Verträge haben das inder Form nicht beachtet und müssen geheilt werden. Das ist für die Kommunen sehrschwer. Wir wünschen uns, dass es doch eine Richtlinie zur Vergabe von Dienstleistungs-konzessionen gäbe, weil man die Gültigkeit bestehender Verträge sonst nicht regelnkann.

Ich weiß zwar, dass viele meiner Kollegen der Meinung sind, keine Richtlinien, bloß nicht:Was die Kommission nicht geregelt hat, darf sie auch nicht regeln. Aber das Problem ist,wenn sie keine Richtlinie erlässt, dann macht sie eine „Mitteilung“. Eine Mitteilungbedeutet, dass der Inhalt die vorherrschende Meinung darstellt und so faktisch zurGrundlage der Rechtsprechung und Rechtsanwendung wird. Bei Mitteilungen bestehtauch das Problem, dass die Mitwirkungsrechte des Rates unterlaufen werden. Die Kom-mission kann Mitteilungen in eigener Verantwortung erlassen und die Anwender müs-sen sehen, wie sie damit zu recht kommen. Bei einer Richtlinie müsste die Zustimmungaller oder zumindest der Mehrheit der Mitglieder des Rates vorliegen, um sie erlassen zukönnen. Also wir sind da in einem schwierigen Diskussionsprozess. Eine Mitteilung wirddie Rechtssicherheit nicht verbessern.

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Die öffentliche Hand ist aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, dieser beschleu-nigten Wertedegression gegenzusteuern; und sie investiert erst dann, wenn die Infra-struktur nahezu unbrauchbar ist. Der dann notwendige Erhaltungs- oder sogar Neubauübersteigt im Gegensatz zu einer PPP-Variante (Lebenszykluskosten) das erforderlicheBudget, weshalb sich PPP als mögliche Lösung anbietet. Außerdem arbeitet die öffentli-che Hand mit Haushaltsmitteln, die nur jährlich an die Inflation angepasst werden, undkann deshalb Lebenszyklusarbeiten nicht dann finanzieren, wenn sie erforderlich sind,weshalb die Arbeiten nur nach Haushaltslage ausgeführt werden und sich mit den Jah-ren ein struktureller Instandhaltungsrückstand gebildet hat.

Aus meiner praktischen Erfahrung als Projektleiter des PPP-Projekts Portsmouth lässt sichdarstellen:

22 Prozent des Straßennetzes haben ihre Lebensdauer überschritten, 26 Prozent sind ineinem kritischen Zustand (weniger als 5 Jahre Restlebensdauer). Der Investitionsrückstandbeträgt ca. 50 Millionen Euro. Die öffentliche Hand verfügt gegenwärtig über einen Inves-titionshaushalt von 3 Millionen Euro, um dieser dramatischen Lage zu begegnen.

Das Problem stellt sich wie folgt dar: Würden weiterhin nur die lokalen Einnahmen fürErhaltung eingesetzt, wäre das Straßennetz in 9 Jahren unbrauchbar. Bei Einsatz der verfügbaren 3 Millionen Euro wäre eine Verlängerung der Lebensdauer auf 17 Jahremöglich. Könnte die öffentliche Hand die mindestens notwendigen 50 Millionen Euroaufbringen, um den Investitionsrückstand zu beseitigen, käme man auf eine Restlebens-dauer von 29 Jahren.

Vor diesem Problemhintergrund musste ein völlig neues Vorgehen als alternativeBeschaffungsvariante der öffentlichen Hand gefunden werden, insbesondere musste eineneue Messung der zu erbringenden Leistung im Netz neu definiert werden, um das not-wendige Zielniveau der Qualität zu erreichen.

Diese spezifische Projektentwicklung musste vor dem Hintergrund der gültigen recht-lichen Rahmenbedingungen sowie den Gesetzen des Marktes entwickelt werden. Dabeimussten die Projektgröße, der Vertragstyp (Standardvertrag oder frei verhandelter Ver-trag), Risikoverteilung und insbesondere die Bankfähigkeit (bankability) genau unter-sucht werden. Der neu zu definierende Projektzuschnitt muss dem Eignungstest und derMachbarkeitsstudie sowie weiteren grundsätzlichen Prüfungen eines PPP-Projekts stand-halten. Dabei waren Fragen zu klären, wie: nur die strategischen Straßen oder alle Stra-ßen; nur die Teilsanierung oder der volle Service (mit der Betrachtung „economy of largescale“).

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1981 wurde die Autobahn von Bilbao nach Saragossa in Nordspanien gebaut. Dabei wur-de eine vertragsspezifische Endschaftsregelung getroffen: „Sie (die Autobahn) muss ineinem nach dem Dafürhalten der spanischen Regierung guten Zustand übergeben wer-den.“

Insgesamt konnten aus diesem und weiteren Projekten mehrere Lehren gezogen werden:

1. Offensichtlich ist eine umfangreiche technische Spezifikation nicht Voraussetzung fürein qualitativ hochwertiges Produkt.

2. Die Definition über die Qualität zum Vertragsende ist von zentraler Bedeutung, da siedem privaten Partner die Anreizstruktur bietet, ein Projekt zum Ende der Laufzeit ineinem definierten Zustand zu übergeben.

3. Bedeutend ist der Korridor, in der sich die Qualität bewegen soll, und insbesonderedabei die untere Schwelle des Korridors.

Eine typische Werteentwicklung für die Straßeninfrastrukturzeit zeigt, dass deren Wertund deren Qualität sich nach z. B. 15 Jahren, also nach 75 Prozent der Lebensdauer, umcirca 40 Prozent verringert. In den nächsten 2,5 Jahren ist ein weiteres Absinken um40 Prozent des Vermögenswertes festzustellen. Schließlich beschleunigt sich die Wertmin-derung gegen Ende der Lebensdauer sehr stark. Es kann festgehalten werden: 1 Euro imJahr 15 kostet 5 Euro im Jahr 17! Wenn man das optimale Zeit-Fenster für die (Re-)Inves-titionen in die Straßeninfrastruktur verpasst, fallen sehr hohe Kosten für ihre Grunderneu-erung an!

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Kommunale Infrastrukturund PPP-Lösungen für Ingenieurbauwerke

Forbes JohnstonDivisional Technical Director, Mott McDonald

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Schließlich kam man zum Ergebnis, dass weitestgehend alle Leistungen für alle Straßen-typen und Ingenieurbauwerke für den gesamten Lebenszykluszeitraum in einem PPP-Pro-jekt zusammengestellt werden sollten.

Der Vertrag, der die Verfügbarkeitselemente regelt, beruht auf der Erkenntnis, dass Schä-den grundsätzlich auftreten können und dürfen. Der Auftragnehmer (Konzessionsneh-mer) hat dann den Schaden in einer dafür vorgesehenen Frist zu beseitigen, andernfallsgibt es zunächst Abzüge bei der Vergütung oder im schlimmsten Fall Strafzahlungen.

Für diesen Verfügbarkeitsvertrag war von zentraler Bedeutung die Definition einesannehmbaren, beschreibbaren und erschwinglichen Leistungsniveaus. Dabei wurden dreiProjektziele mit der derzeitigen Technologie als die zentralsten angesehen:

■ Anhebung der Restlebensdauer durch Sanierung; Indizierung der Fahrbahn-beschaffenheit

■ Verringerung der Unfallzahl (Griffigkeit der Straße)

■ Klagen gegen die öffentliche Hand; Indizierung der Oberflächenbeschaffenheit

Diese drei Teil-Indizes wurden durch einen weiteren Index für den Gesamtzustand desStraßennetzes ergänzt. Dieses Mikro- und Makrowerkzeug bildet die Grundlage für denVerfügbarkeitsmechanismus für die jährlichen Entgelte der öffentlichen Hand an den Pri-vaten.

Zum Schluss noch ein Wort zu den Zahlungen an den Auftragnehmer: Die Tarife sind sogestaltet, dass sie einen starken Anreiz für das Erreichen der Projektziele bilden und, waswichtig ist, ermutigen und nicht entmutigen sollen. Für eine genutzte Infrastruktur ist vonBeginn an zu zahlen. Also werden die Zahlungen über die ersten fünf Jahre, in denen derAuftragnehmer die Sanierung durchführt, gestaffelt, danach setzen feste Jahresraten ein,die nach Verfügbarkeit der Straße variieren können. Diese Vorgehensweise bringt deröffentlichen Hand Budgetsicherheit und zugleich Sicherheit in Bezug auf das Level of Ser-vice und die Qualität.

Fazit: PPP ist auch in kommunalen Straßennetzen anwendbar auf der Basis eines gutstrukturierten Verfügbarkeitsmechanismus. Dies allein ist natürlich nicht der Schlüsselzum Erfolg, aber er spielt als Vergütungselement auf der Einnahmenseite und als Struk-turierung der Kostenelemente auf der Ausgabenseite eine wesentliche Rolle beim Port-mouth-Projekt.

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Kommunale Infrastrukturund PPP-Lösungen für Ingenieurbauwerke

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Spätestens seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der Pällmann-Kommission ist diesbundesweit bekannt, führt aber leider zu keinen Konsequenzen. Wir lassen die Infrastruk-tur weiter verkommen. Dabei gebe ich zu bedenken, dass nur 44 Prozent der Kosten proKilometer Autobahn wirklich in Bau und Ausrüstung gehen. Der Rest wird für Verwaltung,für Gutachten, für verschiedene Behördengänge etc. verwendet. Dies ist für mich nichtmehr nachvollziehbar. Besonders prekär ist auch der Zustand der Brücken der DeutschenBahn AG. Rund zwei Drittel von ihnen sind 65 Jahre und älter. Hier müsste viel Geld zurSanierung oder zum Neubau in die Hand genommen werden.

Auch die unterlassenen Investitionen in die Infrastruktur der Gemeinden werden meinerAnsicht nach gravierende Auswirkungen haben. Nach einer Veröffentlichung des Deut-schen Landkreistages fehlen hier 8,8 Milliarden Euro auf fünf Jahre verteilt. Das sind mei-ner Ansicht nach dramatische Zahlen.

PPP im Ingenieurbau

PPP im Ingenieurbau ist ein relativ neues Feld. Bisher standen hauptsächlich Hochbauteninsbesondere Schulen und andere Verwaltungsgebäude im Blickpunkt von PPP-Projekten.Funktionierende PPPs bei Schulen können auf jede Art von öffentlich genutzten Gebäu-den, bzw. von der öffentlichen Hand genutzten Gebäuden, wie Verwaltungsgebäude,übertragen werden. Denn eine Schule ist nichts anderes als ein normales Gebäude, demein Anteil an Betriebsleistungen hinzugefügt wird. Es gibt auch funktionsorientierte PPPs,nämlich Privatschulen, die staatlich anerkannt sind. Hier gibt der Staat auch einen Teilseiner hoheitlichen Aufgaben ab. Es handelt sich hier also um eine Funktions-PPP.

Vergangenes Jahr sind Empfehlungen zur Realisierung von PPP-Modellen für Kommunal-straßen in Nordrhein-Westfalen* herausgekommen. Diesen Ausführungen kann man sichgrößtenteils nur anschließen.

Wenn man Bestandsobjekte betrachtet, so ist die Planung natürlich sehr eingeschränkt.Das Objekt ist ja bereits vorhanden. Vielleicht muss es erweitert werden, aber die Grund-struktur steht. Hier geht es also hauptsächlich um das Sanieren, bzw. die Finanzierung derSanierung. Sanierung kann allerdings auch ein großer Umbau sein. Später kommenUnterhalt und Betrieb der Brücke hinzu. PPP ist für mich nicht nur die Vorfinanzierung,

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Was ist Mittelstand?

Die Echterhoff Baugruppe gehört zu den 200 bis 300 mittelständischen Firmen inDeutschland, die Infrastrukturprojekte realisieren. Diese mittelständischen Unternehmenhaben 300 bis 500 Beschäftigte bei einem Umsatz von 50 bis 100 Millionen.

Bedarf

Bevor man über PPP spricht, muss man sich überlegen: Haben wir Bedarf?

Wir haben Bedarf. Wir haben einen extremen Zuwachs bei den Verkehrsleistungen undgleichzeitig haben wir einen Investitionsrückstau. Die Bruttoanlageinvestitionen sindzwar seit 1990 gleich geblieben, aber sie sind immer noch 17 Prozent unter dem Wertvon 1970 und das ist auch nur deswegen so, weil wir in den neuen Bundesländern sehrviel investiert haben.

Der Modernitätsgrad der Straßeninfrastruktur liegt zurzeit bei 68 Prozent. Diese Zahl sollzum Ausdruck bringen, wie schlecht der Zustand unserer Straßen ist – oder andersherumgesagt, wie gut er noch ist, für die zu geringen Investitionen der vergangenen Jahre. Wirleben im Moment von der Substanz bzw. der guten Qualität, die einst in Deutschlandgebaut wurde. Unsere Straßeninfrastruktur stammt überwiegend aus der Mitte der 70erJahre, wobei sich heute daraus speziell Probleme im Brückenbau ergeben, weil in diesenJahren im Spannbetonbau die Hohlkastenquerschnitte richtig minimiert bzw. ausgehun-gert wurden. Gleichzeitig haben wir im Bundeshaushalt eine bereits geplante jährlicheInvestitionslücke von ungefähr 5,7 Milliarden Euro, die uns jedes Jahr immer mehr auf dieFüße fällt.

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Wie sollte einidealtypischesPPP-Projekt aussehen?

Dipl.-Ing. Thomas Echterhoff Echterhoff Baugruppe

* „Empfehlungen zur Realisierung von PPP-Modellen für Kommunalstraßen in NRW“. Herausgegeben vomBetriebswirtschaftlichen Institut der Bauindustrie (BWI-Bau), Mütze Korsch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,PSPC Private Sector Participation Consult GmbH. Download: www.bwi-bau.de

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Da habe ich gewisse Befürchtungen bekommen und mich an das ein oder andere im Pri-vatisierungsbereich erinnert, das schief gegangen ist:

– England; Rail Track; Zustand der Schienen katastrophal.

– Italien; Autostrade; Zustand der Autobahnen und Tunnel bedenklich.

– England; Thames Water; Wasserversorgung: Nachdem diese privatisiert wurde, istimmer mehr Wasser im Boden versickert, weil es billiger ist, Wasser im Boden versi-ckern zu lassen, als Rohre zu sanieren! Das ist im Übrigen auch in Deutschland immerwieder der Fall.

– Deutschland. RWE /ENBW/Vattenfall /EON. Stromversorgung: Zumindest ist das einOligopol.

Welche Form sollte gewählt werden?

■ Die Forfairtierung ist bei Kämmerern und Politikern durch das „Schielen“ auf kommu-nalkreditähnliche Zinshöhen beliebt. Es handelt sich jedoch um ein reines zeitlichesVerschieben der Belastungen, das zwar im Einzelfall hilfreich sein kann, jedoch grund-sätzlich abzulehnen ist.

■ Der Funktionsbauvertrag könnte für verschiedene Objekte interessant sein, jedoch nurim Neubaubereich.

■ Das Verfügbarkeitsmodell ist gerade im kommunalen Straßenbau und kommunalenBrückenbau eine gute und gangbare Lösung, weil es das Nachfragerisiko ausschließt,da die Nachfrage einer innerstädtischen oder größeren kommunalen Straße von so vie-len Aspekten beeinflusst werden kann, die für den Konzessionsnehmer nicht beein-flussbar sind.

■ Das Nachfragerisiko gehört nach meiner Einschätzung in die Risikosphäre des Konzes-sionsgebers. Eine empfindliche Bestrafung ist dann angemessen, wenn der Zustandder Brücke bzw. des Bauwerks nicht mehr so ist, wie vertraglich vereinbart wurde.Wobei ich die englische Variante, bei der die Strafe nicht in dem Moment kommt, woder Mangel erkannt wird, sondern dann, wenn dem Mangel nicht schnell genug abge-holfen wird, sehr fair finde.

■ Mautmodelle sind leider in Deutschland rechtlich gesehen noch nicht zulässig. Viel-leicht ist das G-Modell eine Alternative.

Nicht vergessen werden dürfen, die Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)-Mittel! Beim Neubau können 65 bis 80 Prozent der Investitionssumme durch GVFG-Mittel unterstützt werden. Das muss in die kommunalen Modelle einfließen. Oft passiert

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sondern muss auch den Unterhalt (die bauliche Unterhaltung) und den Betrieb für dienächsten zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre beinhalten. Die Laufzeit des Vertrages soll-te länger als die Lebenszeit des Assets sein, was bei Ingenieurbauwerken manchmal pro-blematisch sein kann, da Brücken, wenn sie einigermaßen vernünftig erhalten werden,eine weit aus höhere Lebensdauer als etwa dreißig Jahre Vertragslaufzeit haben.

Volkswirtschaftlich ist die Erhaltung der allerwichtigste Punkt. Die Verhinderung desInstandhaltungsrückstaus ist immens wichtig, damit wir, die Gesellschaft und unsere Kin-der, nicht in dreißig Jahren wieder vor einem Instandhaltungsrückstau stehen.

Ingenieurbauwerke Nachfragerisiko

Es gibt sicherlich einzelne F-Modelle wie Warnowquerung oder die Travequerung, dieproblematisch sind, weil die Nachfrage deutlich geringer ist als prognostiziert. Die Stre-lasund-Querung war als F-Modell gar nicht zu betreiben, weil nicht genügend Nachfragezu erwarten war. Ich bin der Meinung, das Nachfragerisiko muss für bestehende Bauwer-ke beim Besitzer, beim Konzessionsgeber, beim Straßenbaulastträger bleiben; nur dasBetriebsrisiko kann zum größten Teil auf einen möglichen Konzessionsnehmer überge-hen.

Idealtypische PPP

Ich möchte zu bedenken geben: Soll das PPP für den Auftraggeber oder Konzessionsge-ber idealtypisch sein, das heißt möglichst alle Risiken auf den Konzessionsnehmer zu ver-lagern, möglichst wenig Geld bezahlen?

Soll es für den Auftragnehmer oder Konzessionsnehmer am besten sein, das heißt mög-lichst wenig Risiken übernehmen?

Soll es ideal sein für den Mittelstand?

Soll es ideal sein fürs Handwerk?

Soll es ideal sein für die Konzerne – Big is beautiful – nur große Objekte mit der vielbeschworenen „economy of scale“?

Oder sollte es einfach nur die optimale Lösung für die Volkswirtschaft sein?Darüber sollten wir nachdenken, wenn es um eine „idealtypische Lösung“ geht.

Ich zitiere die Werbung eines Fondsanbieters für einen Infrastrukturfonds. „Investitionenin Infrastruktur dienen der Befriedigung von Grundbedürfnissen.“ Gut, das wissen wir alle.

„Planbare Rendite. Fehlender Wettbewerb. Monopolähnliche Renditen abzuschöpfen.“

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Wie sollte einidealtyisches PPP-Projekt aussehen?

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und kein Verhandlungsverfahren sein. Verhandlungsverfahren sind, wenn die Objektenicht zu komplex sind, immer ein Boden für Korruption. Der wettbewerbliche Dialog kannnur dann eingeführt werden, wenn Aufgaben unklar sind. Was auch noch sehr oft fehlt,sind die Bewertungskriterien. Darüber müssen die ausschreibenden Stellen nachdenken,bevor sie an den Markt gehen.

Standardisierung, Standardisierung, Standardisierung

Ein Effekt von standardisierten Verfahren ist, dass die Beraterkosten automatisch nachunten gehen. Dann können auch die öffentlichen Angestellten diese Verfahren, wie beiVOB-Verfahren, wieder selbst durchführen.

Auch die Forderung der öffentlichen Hand muss im Rahmen gehalten werden. Ein Bau-werk soll saniert, umgebaut oder ersetzt werden und man entscheidet sich für die Durch-führung eines PPP. Anstatt einen funktionsfähigen Ersatz auszuschreiben, wird nunmehrein Architekten-Entwurf beauftragt. Danach kommt der Stadtplaner und sagt, das wirktaber für die Silhouette der Stadt nicht gut genug, und danach kommen noch andere Gre-mien und verteuern das Bauwerk durch große Zeichen, Kunst und Aussichtsplattformenund so weiter. Das muss eingeschränkt werden. Hier ist die Verwaltung dazu aufgerufen,sich darauf zu konzentrieren, dass nur das technisch Notwendige gemacht wird. Mankann auch mit preiswerteren Mitteln ordentlich gestalten. Den Wettbewerb zwischenProjektfinanzierung und Teilvorfinanzierung halte ich persönlich für sehr wichtig. Mansollte immer beides miteinander vergleichen.

Die Risiken müssen gerecht verteilt werden. Auch das spart Geld. Der zufällige Untergangkann nicht vom Konzessionsnehmer mit übernommen werden. Die Genehmigungsrisikenmüssen ganz einfach beim Konzessionsgeber bleiben, ebenfalls die Planfeststellung oderder Grunderwerb. Das sind teilweise unbeeinflussbare Risiken, die es auch bei einem nor-malen Vergabeobjekt zu tragen gilt.

Sehr wichtig ist die Zusammenarbeit bei der Durchführung des Vertrages denn wir spre-chen hier nicht von einem Vertrag, der zwei oder drei Jahre bis zur Fertigstellung des Bau-werks dauert, sondern der eine Laufzeit von zwanzig bis dreißig Jahren hat.

Schlichtung

Die Einführung von Eskalationsebenen in PPP-Verträge, halte ich für das Wichtigste. Mansollte sich nie vor Gericht sehen, sondern alles schnell unter maximal zehn Augen klärenkönnen. Das müssen wir noch lernen. Aber wir müssen nicht lernen, indem wir immerwieder neue Gutachten machen.

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es, dass das klassische Haushaltsmodell mit GVFG-Mitteln gerechnet wird. Wenn mandas Mautmodell oder Verfügbarkeitsmodell ohne GVFG-Mittel dagegen stellt, dannerscheint es viel teurer.

Wir wissen inzwischen aus Harsewinkel, dass die Einarbeitung und Verwendung vonGVFG-Mitteln durch Private funktioniert. Leider ist es noch nicht so bekannt.

Ein weiteres Problem ist, dass die Lebenszykluskosten von Ingenieurbauwerken eigent-lich erst seit zwei, drei Jahren intensiver erfasst werden. Natürlich gibt es Fachleute, diedie Kosten schätzen können, aber eine Veröffentlichung von Quadratmeterkosten ist bis-her nicht erfolgt. Es gilt, dass ungefähr 0,8 bis 2 Prozent im Jahr auch bei einem Inge-nieurbauwerk zu reinvestieren sind.

Hier einige Eckpunkte, die für die Machbarkeit von PPP sehr wichtig sind:

■ keine zu hohen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Bieter stellen;

■ keine zu hohen Anforderungen an die Referenzen stellen;

■ Vernünftige Losgrößen schaffen. Ich bin der Ansicht, dass es nicht unbedingt – wie inOffenbach – zwanzig Schulen sein müssen. Es müssen nicht zwanzig oder dreißig Brü-cken sein, es reichen auch fünf Bauwerke. Und wenn man vier Mal fünf Bauwerke aufden Markt bringt, hat man einen besseren Wettbewerb, als wenn man einmal zwanzigauf den Markt bringt. Ansonsten wird sich auch hier mit Sicherheit ein Oligopol her-ausbilden.

Das Allerwichtigste ist die optimale Vorbereitung

Damit ist die Zustandserfassung gemeint. Es muss eine klare Vorgabe geben, was in tech-nischer Sicht herauskommen soll. Dann muss die Möglichkeit gegeben werden, bessereLösungen anzubieten.

Aber Vorsicht! Brücken kann man nicht wie Schulen ganz aus der Hand geben. Das sindnämlich Objekte der Daseinsfürsorge. Ein Schulgebäude an sich ist kein Objekt derDaseinsfürsorge, sie ist ein reines Vehikel, wie ein Taschenrechner. Die Daseinsfürsorge imSchulbereich sind die Lehrer und der Unterricht, der regelmäßig stattfindet. Ob der ineinem Pavillon, in einer Hütte, in einem Container oder im Luxushaus stattfindet, ist egal.Die Brücke an sich aber ist ein Objekt der Daseinsfürsorge.

Das Vergaberecht

Die VOB ist ein vernünftiges Instrument, das auch hier eingesetzt werden kann. Aber dieVergabeverfahren müssen sauber strukturiert werden. Es muss ein offener Wettbewerb

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Wie sollte einidealtyisches PPP-Projekt aussehen?

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Es dürfen nicht immer in jedes Testobjekt hohe politische Erwartungen gesetzt werden.Gleichzeitig muss der Wettbewerbsgedanke gestärkt werden, um auch die bisherigenErrichter solcher Bauwerke, d.h. die mittelständischen Unternehmen, zu einer Teilnahmezu ermutigen.

Auch die Verwaltung muss sich verändern. Sie muss eine gute und funktionierende Infra-struktur zur Verfügung stellen. Sie muss die Erstellung und Erhaltung verwalten, sie mussaber die Erstellung und Erhaltung nicht selber aktiv betreiben. Sie muss nur wissen, wensie beauftragt und wie sie denjenigen zu kontrollieren hat.

Es muss an den langfristigen Erhalt gedacht werden. Die Verwaltung muss sich auf dieKernaufgaben reduzieren, das heißt, Häuser müssen nicht von der Verwaltung errichtetund betrieben werden. Genau so können Brücken von Privaten unterhalten und gewar-tet werden. Es muss nur kontrolliert werden, ob sie es regelmäßig machen. Es muss Wett-bewerb und Wettbewerbsverhalten gefördert und gleichzeitig überprüft werden, um dieEinhaltung von EU-Regelwerken zu gewährleisten.

Dann, glaube ich, dass PPP eine sehr gute Effizienzsteigerung bringen kann, dass wir mitdem vorhandenen Geld mehr machen können als wir heute machen. Nicht alles, abermindestens zehn Prozent Effizienzsteigerung muss möglich sein.

PPP ist kein Allheilmittel gegen die Finanznot. Es muss schon Geld vorhanden sein, dasman auch ausgeben kann. PPP hilft, effizienter zu werden und einen Teil der anstehen-den Aufgaben schneller, sauberer, langfristiger und unter dem Gesichtspunkt des Erhaltsder Infrastruktur für unsere Kinder, zu betreiben; damit wir in dreißig Jahren auf eine bes-sere Infrastruktur schauen können als wir das heute tun.

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Wie sollte einidealtyisches PPP-Projekt aussehen?

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Britain) zeigt überdies, dass erfolgreiche PPP-Organisationsmodelle insbesondere abstel-len auf Planung, Bau, Finanzierung und Erhaltung der Infrastruktur und damit auf dielangfristige Verfügbarkeit von Infrastruktur im Sinne eines Lebenszyklusansatzes in Ver-bindung mit einem angemessenen Risikotransfer.

Auf der Grundlage der genannten Eckpunkte wird ein PPP-Grunderneuerungsmodell (G-Modell) für die Brücken vorgeschlagen. Der Auftragnehmer übernimmt die Instandhaltungund den Betrieb für mindestens 25 bis 30 Jahre. Für das G-Modell muss aus Effizienzgrün-den ein Brückenpool gebildet werden, der je nach Finanzvolumen etwa zwischen 15 undmaximal 100 Brücken groß sein sollte. Die Finanzierung kann sinnvoll aufgrund der zahl-reichen Brücken nicht über einzelne Gebühren, wie dies bei einem F-Modell der Fall wäre,unmittelbar vom Nutzer finanziert werden. Sachgerecht ist deshalb eine Vergütung nachdem Verfügbarkeitsprinzip und einem einfachen Bonus-Malus-System.

Als Modellvarianten ergibt sich als grobe Übersicht zum einen die Möglichkeit der Über-nahme mehrerer Verantwortlichkeiten durch die öffentliche Hand, indem sie refinanziert,die Baulast hält und zugleich Auftraggeber des PPP-Partners der Projektgesellschaft ist.Ebenso kommt eine zweite Modellvariante in Betracht, in der eine Verkehrsinfrastruk-turmanagementgesellschaft (VIMG) eingesetzt wird, die das finanzielle Managementübernimmt, also sozusagen zwischen öffentlicher Hand und Auftragnehmer agiert.Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die Übertragung der Projektstruk-tur in eine entsprechende Vertragsstruktur, deren Qualität bekanntermaßen generell überden Erfolg eines von allen Seiten zu lebenden Projekts entscheidet.

Da ein PPP-Eignungstest seriös nur auf den konkreten Daten eines Projekts belastbareErgebnisses zeitigen kann, gleichwohl die Inangriffnahme einer PPP von einem erfolgrei-chen PPP-Eignungstest abhängt, wurde auf der Grundlage bestimmter Annahmen einPPP-Eignungstest durchgeführt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das G-Modell gibtsowohl den Lebenszyklusansatz wieder, ermöglicht vernünftige Risikoallokationen, lässteine funktionelle Leistungsbeschreibung sowie eine Kompensation von Transaktionskos-ten zu und auch Wettbewerb auf Bieterseite erwarten. Die rechtlichen Rahmenbedingun-gen sowie das Schnittstellenmanagement lassen sich ebenfalls durchaus darstellen.

Im Ergebnis ist das vorgeschlagene G-Modell eine vorzugswürdige Beschaffungsvarian-te im Bereich von Brücken. Im G-Modell sind nicht nur die technischen Fragen, Verant-wortlichkeiten und (Re-)Finanzierungsaspekte enthalten. Zudem lässt der fiktive PPP-Eig-nungstest bereits Vorüberlegungen für eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu. Am Endesteht nur die Frage der Verwirklichung des in weiten Teilen vorgefertigten Modells mittatkräftigen und zukunftsorientierten Partnern.

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G-Modell – das erste PPP-Modell zur Grunderneuerung von Brücken

An Straßen- und Eisenbahnbrücken werden hohe Anforderungen gestellt. Die Anforde-rungen beziehen sich nicht nur auf die reibungslose Sicherstellung des über die Brückenlaufenden Verkehrs. Ganz besondere Bedeutung hat die Sicherheit der Nutzer und Nutz-nießer, z. B. der Reisenden in Brücken unterquerende Eisenbahnzügen.

Brücken sind naturgemäß erheblichen Belastungen ausgesetzt, die einen beschleunigtenAlterungsprozess bewirken. Deshalb kann es nicht verwundern, dass nach neueren wis-senschaftlichen Untersuchungen die meisten Straßenbrücken ein Alter erreicht haben, indem die ersten größeren Grundinstandsetzungen anstehen. Wegen der in einem aktuel-len Gutachten für den Bund zu Spannbetonbrücken über Bundesfernstraßen aufgeführ-ten Zustandsnoten ist ein eindeutiger Trend der Verschlechterung des Zustands deutscherBrücken zu attestieren. Infolgedessen mahnt dieses Gutachten nicht nur eine ständigeKontrolle und Wartung der Brücken an. Des Weiteren gibt es offenbar unabweisbareInvestitionszwänge zum Erhalt von Brücken. Die Kommunen und andere Baulastträgerstehen damit vor erheblichen finanziellen Lasten. Gerade die kommunalen Haushaltesind jedoch nicht in der Lage, den Bedürfnissen entsprechend investive Maßnahmen anBrücken vorzunehmen. Deshalb bietet sich ein PPP-Modell als alternative Beschaffungs-variante zur Lösung der beschriebenen sachlichen Zwänge an.

Die Anforderungen an das PPP-Modell ergeben sich aus den grundsätzlichen Struktur-merkmalen (Lebenszyklusorientierung, Langfristigkeit, outputorientierte Leistungsbe-schreibung, Risikomanagementkompetenzen, leistungsabhängige Entlohnung, Projekt-charakter). Die Auswertung internationaler Erfahrungen (z. B. Partners City Council, Great

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Projekte und Modellbeispielein der kommunalenInfrastruktur

Dipl.-Ing. Johann SchmiederPöyry Infra GmbH

Rechtsanwalt Malte Müller-WredeMüller-Wrede & Partner Rechtsanwälte

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nale, mitunter auch eine kommunale Bedeutung. Bei den Beispielen Warnowquerung in Rostock und der Travequerung in Lübeck spielt der überregionale Verkehr keine ent-scheidende Rolle. Insofern könnte man prinzipiell diese Modelle auch unter dem Begriffkommunale Modelle zusammenfassen. Die Tatsache, dass hier Maut erhoben wird, unddoch teils überregionaler Verkehr darüber fließt, veranlasst uns jedoch, diese Projektenicht zu den kommunalen Modellen zu zählen.

Was ist unter dem Begriff K-Modell zu verstehen? K-Modelle sind PPP-Projekte bei denenkommunale Aufgabenträger die Aufgabe der Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur aufeinen privaten Partner übertragen. Typische Modelle wären die Projekte des Kreises Ditt-marschen – hier geht es um die Bereitstellung von ca. 100 Kilometer Kreisstraßen – dasProjekt der Stadt Brandenburg, die Modelle der Stadt Harsewinkel, des Kreises Lippe, derStadt Goslar und des Kreises Waldeck/Frankenberg.

Das Projekt der Brücken der Stadt Frankfurt ist als typisches Pilotprojekt für das Themadieses Workshops „Ingenieurbauwerke als PPP-Modell“ anzusehen. Darüber hinausbeschäftigt sich die Stadt Siegen mit der Vorbereitung eines PPP-Projektes zur Erhaltungvon Brücken.

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Nennenswerte praktische Erfahrungen in der Durchführung von kommunalen PPP-Infra-strukturprojekten gibt es zurzeit noch nicht. Insofern muss eine Untersuchung inwieweitIngenieurbauwerke im kommunalen Bereich als PPP-Projekte sinnvoll durchgeführt wer-den können eine Ableitung aus Erfahrungen anderer PPP-Projektarten sein. Im Folgendensoll zunächst eine Abgrenzung zu anderen Modellen erfolgen, dann soll die Motivationder Beteiligten durchleuchtet werden, um schließlich den Versuch zu unternehmen einModell zu entwickeln.

I. Abgrenzung

Wie unterscheiden sich die kommunalen Modelle (K-Modelle) von den A-Model-len und den F-Modellen?

Die aktuellen A-Modelle umfassen den Ausbau, die Erhaltung, den Betrieb und die Finan-zierung von Autobahnabschnitten mit Streckenlängen zwischen 42 und 80 Kilometern.Die Streckenlänge ließe eher auf eine regionale Bedeutung schließen. Nichtsdestotrotz,der Verkehr, der darüber fließt, hat eine fernverkehrliche und damit überregionale Bedeu-tung, insofern sind die A-Modelle nicht zu den kommunalen Modellen zu zählen. Darü-ber hinaus ist der öffentliche Partner, der Bund, keinesfalls als kommunaler Partner zuklassifizieren.

Im Rahmen des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes werden Ingenieurbauwerkeals PPP-Projekte umgesetzt. Bei diesen Projekten hat der Verkehr oftmals auch eine regio-

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Modellbeispielzur kommunalen Infrastruktur

Dipl.-Ing. (FH) Dipl. Wirtschaftsing. (FH)Alexander HofmannMitglied der Geschäftsstellenleitung Mautstraßen DeutschlandHochtief PPP Solutions GmbH

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Wo liegen die Chancen des öffentlichen Partners?

Die Motivation des öffentlichen Partners liegt insbesondere in der Effizienz des Verfah-rens und der Ausführung. Dabei soll projektbezogen eine höhere Wirtschaftlichkeit erzieltwerden.

Wo liegen die Risiken für den öffentlichen Partner?

Risiken bestehen durch das eingehen einer langfristigen Verbindlichkeit in einer verrin-gerten freien Verfügbarkeit der Mittel und damit verbunden verringerten liquiden Spiel-räumen.

Handlungsspielräume könnten durch die langfristige Definition des Leistungsumfangeseingeschränkt werden. Lösungsmöglichkeiten hierfür bieten Ausstiegsszenarien, wie siebereits bei den A-Modellen definiert sind. Gleichwohl muss beachtet werden, dass derar-tige Ausstiegsszenarien für beide Seiten mit Kosten verbunden sind.

Ein weiterer Punkt ist die Sicherung der dauerhaften Leistungserbringung. Inwiefernist es dem öffentlichen Partner möglich, durch ein PPP-Modell die gefragte Leistung lang-fristig zu sichern? Dabei spielt die Form der gewählten Finanzierungsinstrumente eineentscheidende Rolle. Der private Partner verspricht mit seiner Projektgesellschaft, überProjektverträge, die Leistungen über einen Zeitraum von 25 oder gar 30 Jahren zu erbrin-gen. Der öffentliche Partner kann sich insbesondere dann auf das Versprechen des priva-ten Partners verlassen, wenn er im Falle von Nicht- oder Schlechtleistung ohne wirt-schaftlichen Schaden die Leistung selbst wieder erbringt oder durch einen anderenerbringen lassen kann. Dies gelingt dann, wenn zum einen die Projektgesellschaft dauer-haft mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet ist und zum anderen der öffentliche Part-ner sich durch den Einbehalt der mit dem Privaten vereinbarten Vergütung schadlos hal-ten kann.

Durch die Übertragung von Leistungen auf einen privaten Partner besteht für den öffent-lichen Partner die Gefahr des Kompetenzverlustes im jeweiligen relevanten Bereich.Darum sollte der öffentliche Partner regelmäßig die Möglichkeit nutzen, sich und seineOrganisation daraufhin zu überprüfen, über welche Kompetenzen er direkt verfügenmuss oder möchte und welche Ressourcen er dazu benötigt.

Wie sieht die Risikobetrachtung eines privaten Unternehmens aus?

Das Risiko des privaten Partners besteht in den Projektrisiken. Wie diese Risiken zwischenden Partnern aufgeteilt werden können ist in der nachfolgenden Tabelle verkürzt undexemplarisch dargestellt.

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II. Motivation

Die Motivation sich den PPP-Modellen zu nähern ist bei den K-Modellen die gleiche wiebei den bereits umfangreich getesteten PPP-Modellen im Hochbau und bei den PPP-Modellen, die gerade im Straßenbereich ausgetestet werden.

Die Motivation der Beteiligten besteht darin, Projekte zu gestalten, die ein positives Ver-hältnis oder zumindest ein Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken aufweisen kön-nen.

Wo sind die Chancen für den Privaten?

Chancen sind insbesondere in der Sicherung von bestehenden und der Entwicklung vonneuen Geschäftsfeldern zu sehen. Durch die Generierung von langfristigen Verträgen unddamit langfristig und nachhaltig gesicherten Umsätzen kann für Bauunternehmen dieAbhängigkeit vom zyklischen Baugeschäft reduziert werden. Dies hat nicht zuletzt auchAuswirkungen auf die Bewertung der Unternehmen. Darüber hinaus schafft es bei weitdiversifizierten Unternehmen auch die Möglichkeit des Leistungsaustausches innerhalbder verschiedenen Bereiche eines Unternehmens (Cross-Selling).

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Modellbeispielzur kommunalen Infrastruktur

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Das Beispiel orientiert sich an den Erfahrungen bisheriger Modelle. Hervorzuheben ist derPunkt des Verkehrsmengenrisikos. Im Gegensatz zu den A-Modellen und F-Modellen istdas Risiko der Verkehrsmenge bei den kommunalen Projekten dem öffentlichen Partnerzugeordnet. Dies hängt damit zusammen, dass die Verkehrsentwicklung und damit dieBelastung einzelner Ingenieurbauwerke innerhalb eines kommunalen Netzes nicht hinrei-chend genau vorhergesehen werden kann und damit verbundene Risikoaufschläge desprivaten Partners das Verfahren unwirtschaftlich machen.

III. Modell

Um Ingenieurbauwerke im Rahmen eines kommunalen PPP-Projektes realisieren zu kön-nen, ist eine Reihe von Parametern einzuhalten.

Da PPP-Projekte insbesondere wirtschaftlicher durchgeführt werden sollen als bei kon-ventionellen Beschaffungsverfahren, sind sowohl die Prozesskosten als auch die Transak-tionskosten in eine wirtschaftliche Relation zu den Gesamtkosten zu setzen. Dies bedeu-tet, dass die Projekte ein bestimmtes Projektvolumen nicht unterschreiten sollten.

Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass für die Erhaltung von Ingenieurbauwerken ca.0,7 bis 1,1 Prozent ihrer Neubaukosten im Jahr aufgewendet werden müssten. Bei derUnterstellung, dass ein Brückenneubau im Schnitt ca. eine Million Euro kostet, müsste einPPP-Projekt circa 100 Brücken (Projektgröße) umfassen, um gegenüber konventionellenVerfahren deutlich wirtschaftlicher zu sein. Projektvolumina mit einer Investitionssummevon 10 bis 20 Millionen Euro sind deutlich zu klein. Der gewählte Ansatz der Stadt Frank-furt mit über 200 Ingenieurbauwerken erscheint daher als richtig.

Wie sollte der Zustand der Ingenieurbauwerke selbst sein?

Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse eines PPP-Verfahrens mit den Ergebnissen einerkonventionellen Realisierung gewährleisten zu können, sollte der Zustand der Ingenieur-bauwerke, die vom privaten Partner zu erhalten sind, im Durchschnitt dem Zustand derbei der öffentlichen Hand verbleibenden Ingenieurbauwerke entsprechen. Dadurch kön-nen „Ausreißersituationen“ besser ausgeglichen werden. Dies wirkt sich positiv auf dasRisikoprofil der Projekte und die damit verbundenen Risikozuschläge aus.

Wie soll so ein Modell aussehen?

Um einen tatsächlich Transfer von Risiken von einem öffentlichen Partner auf einen pri-vaten Partner gewährleisten zu können und um dem privaten Partner die Möglichkeitbieten zu können, ein für beide Seiten wirtschaftliches Optimum zu erzielen, muss einPPP-Modell ein gewisses Paket von Phasen umfassen. Durch das Herauslösen einzelnerPhasen oder Pakete wird lediglich die Optimierung von Einzelaspekten provoziert. DerBaupartner wird versuchen, den Bereich des Bauens zu optimieren. Der Betriebspartnerwird versuchen, den Bereich des Betriebes zu optimieren. Dadurch werden für die Einzel-bereiche jeweils Optima erzielt, die aber in der Summe zu keinem Gesamtoptimum füh-ren. Insofern ist im PPP-Verfahren ein ganzes Paket von Funktionen auf den privaten Part-ner zu übertragen. Bei kommunalen Ingenieurbauwerken können das Teile der Planung,der Neu- oder Ausbau, die Finanzierung und der Betrieb sein.

Warum sollte ein Paket von Investitionen am Anfang anstehen?

Durch eine bedeutende Investition am Anfang eines Projektes wird die Bindung des pri-vaten Partners und dessen Interesse an dem Projekterfolg erhöht. Dies liegt daran, dassdie Rückzahlung der für das Projekt benötigten Kredite als auch die Auszahlung eineserwirtschafteten Gewinns zumeist erst in den letzten Jahren eines Projektes gelingt.Unter diesem Gesichtspunkt bieten Projekte, die in den ersten vier, fünf Jahren auch dieAuflösung des Erhaltungsrückstaus mit berücksichtigen auch für den öffentlichen Partnerein günstiges Risikoprofil.

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Modellbeispielzur kommunalen Infrastruktur

X

X

(X)

X

X

X

Planung

Ausführungsplanung

Altlasten

Baugrund

Baukosten

Verkehrsmenge

Gesetzesänderung

Steueränderung

Höhere Gewalt

X

(X)

X

X

X

Öffentlicher Partner Privater Partner

RisikoträgerRisiko

Beispiel für eine Risikoverteilung

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siko wäre jedoch vom öffentlichen Partner zu tragen. Beim privaten Partner verbliebe dieNachweispflicht über den Restwert des Bauwerks.

Welche Kriterien gibt es für die Eignung eines Projektes für ein PPP-Modell?

Diese Frage stellen sich öffentliche Partner „als auch private Partner“ gleichermaßen, dasowohl der öffentliche Partner als auch der private Partner es nur dann wagen wird diedoch bedeutenden Aufwendungen für einen Transaktionsprozess (Vorbereitung undDurchführung des Vergabeverfahrens) auf sich zu nehmen, wenn das Projekt für denjeweiligen Partner Aussicht auf Erfolg hat. Dazu gibt es einen Kriterienkatalog deranhand von Kontrollfragen die kritischen Eckpunkte eines potentiellen PPP-Modells über-prüft. Dieser kann u.a. aus folgenden Fragen bestehen:

■ Projekttyp Gibt es einen Markt für die nachgefragte Leistung?

■ Projektvolumen Ist das Projektvolumen angemessen im Verhältnis zu den Prozess-kosten?

■ Wille der Politik und Verwaltung Gibt es politische Beschlüsse zur Durchführungdes Projektes?

■ Führung Gibt es einen „Treiber“ des Projektes?

■ Risikostruktur Wird eine wirtschaftliche Risikostruktur angestrebt?

■ Zustandsdaten Liegt eine Zustandserfassung und -bewertung vor?

■ Projekte brauchen eine gute Vorbereitung Ist der Vergabeprozess gut vorberei-tet?

■ Beratung Ist der öffentliche Partner gut beraten?

■ Anzahl der zugelassenen Bieter Besteht ein hinreichend günstiges Verhältnis zwi-schen der Anzahl der Bieter und den Transaktionskosten?

Fazit

Unter der Beachtung verschiedener Kriterien erscheint die Realisierung von Ingenieur-bauwerken im Rahmen von kommunalen PPP-Projekten als sinnvoll. Dies ist neben derProjektgröße und einer wirtschaftlichen Risikostruktur insbesondere der Wille zur Partner-schaft zwischen dem öffentlichen und dem privaten Partner.

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Wie können die Projekte finanziert werden?

Die direkte Nutzerfinanzierung eignet sich nicht für die Finanzierung der K-Modelle. DerGrund hierfür liegt in der Anzahl der günstigen Umfahrungsmöglichkeiten die jedes kom-munale Netz aufweist. Daher sollte die Vergütung des privaten Partners für seine Leistun-gen im Wesentlichen an der Verfügbarkeit der Ingenieurbauwerke gemessen werden. Tei-le der Vergütung könnten in Form einer Schattenmaut vereinbart werden, wobei derUmfang der Schattenmaut den verkehrsabhängigen Verschleiß der Ingenieurbauwerkewiderspiegeln sollte. Der Anteil des Verfügbarkeitsentgeltes sollte jedoch den weit ausgrößeren Teil (80 bis 90 Prozent) der Gesamtvergütung darstellen.

Wie weit sind Betriebsleistungen mit einzubeziehen?

Im Gegensatz zu den Straßenprojekten liegen Ingenieurbauwerke zumeist ein Stück weitvoneinander entfernt und bilden somit keine geschlossenen Netze. Daher macht derumfängliche Betrieb einer beschränkten Gruppe von Ingenieurbauwerken keinen Sinn.Dies gilt für die Schneeräumung auf einer Brücke, ebenso wie für den Grassschnitt undähnliche rein betriebliche Leistungen.

Unter Betrieb subsumieren wir auch das Thema der Erhaltung. Diese Leistung sollte zwin-gend durch den privaten Partner erbracht werden. Dies gilt auch für die betrieblicheUnterhaltung, welche das Flicken von Löchern in Fahrbahnen und ähnliche Leistungenumfasst. Auch diese Themen sollten auf den Privaten übertragen werden, um zu gewähr-leisten, dass der private Partner räumlich und zeitlich nah an den Bauwerken ist, für daser sich dauerhaft verantwortlich zeichnet.

Wem nutzt ein Restwert?

Die Diskussion über die Verwertung eines Restwertes eines PPP-Projektes und dessenVergütung ist relativ neu und keine Forderung von Unternehmerseite. Im Vergleich zuStraßenprojekten kann man bei Ingenieurbauwerken in aller Regel von einem deutlichlängeren Lebenszyklus ausgehen. Dies bietet die Möglichkeit, die Erstinvestition einesIngenieurbauwerks über einen noch längeren Zeitraum abzuschreiben bzw. zu bezahlen.Durch die Vereinbarung und Begleichung eines Restwertes zum Ende der üblichen Ver-tragslaufzeiten von 30 Jahren könnten die an den privaten Partner zu zahlenden periodi-schen Zahlungen geringer ausfallen. Dies entlastet den Haushalt und harmonisiert dieZahlungsverpflichtungen des öffentlichen Partners mit dem tatsächlichen Werteverzehr.Die Finanzierung des Restwertes könnte durch Haushaltsmittel – falls vorhanden – oderdurch die Vergabe einer „Anschlusskonzession“ gegen Zahlung eines Konzessionswertesnach dem Ablauf des ursprünglichen PPP-Verfahrens erfolgen. Dieses Refinanzierungsri-

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Modellbeispielzur kommunalen Infrastruktur

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Ausgangslage des Straßen-Projektes

Der Kreis Lippe unterhält rund 460 km Straßen, 110 km Radwege und 17 km Gehwegemit 105 Brücken, 1.300 Durchlässen sowie 8.100 Kontroll- und Ablaufschächten auf einerGesamtfläche von 6,1 km2, dies alles mit einem Zeitwert von rd. 200 Millionen Euro.

Die Gemeindestraßen aller 16 Kommunen haben eine Länge von rd. 1.900 km, die Landstraßen von 500 km und die Bundesstraßen von rd. 200 km, insgesamt also über3.000 km. Hierfür zuständig sind 19 verschiedene Träger, die in Lippe 22 Bauhöfe undStraßenmeistereien und dazu noch weitere Nebenstellen unterhalten.

Ziele und Inhalte des Projekts

Im Mittelpunkt des Projekts stehen folgende Kerngedanken:

■ Abstimmung einer dauerhaften integrierten Verkehrsplanung zwischen den Kommu-nen, dem Kreis und dem Land mit dem Ziel einer bedarfsgerechten lokalen Verkehrs-infrastruktur

■ Dauerhafte Implementierung einer strukturierten Kooperation zwischen den Straßen-baulastträgern zum Abbau von Doppelstrukturen, der Herstellung von Netzschlüssenund der Nutzung von Synergien

■ Einbeziehung privater Dritter in die Leistungserstellung

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Der Kreis Lippe hat in den letzten Jahren insbesondere mit den drei Projekten „Neuord-nung der Abfallwirtschaft“, „Erweiterung und Modernisierung der Lipperlandhalle“ und„Ganzheitliches Finanzierungsmanagement“ in der Einführung und Umsetzung von PPP-Modellen sehr gute Erfahrungen gemacht und wirtschaftliche Erfolge erzielt, die der lip-pischen Bevölkerung zu Gute kommen.

Das Abfallwirtschaftsprojekt steht für eine interkommunale Kooperation der lippischenKommunen und dem Kreis und die langjährige Kooperation mit einem privaten Partner.Zunächst wurden die öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Einsammelns und Transportie-rens des Abfalls (Städte und Gemeinden) und der Verwertung und Entsorgung (Kreis) ineinem Abfallwirtschaftsverband gebündelt, der die Durchführung der Aufgaben dannausgeschrieben und an einem privaten Partner für 15 Jahre vergeben hat.

Mit unserem ganzheitlichen Finanzmanagementprojekt ist es uns gelungen, durch denEinsatz zukunftsorientierter Finanzierungsinstrumente insbesondere eine erheblicheLiquiditätsentlastung und damit eine Verbesserung der Handlungsfähigkeit des Kreises zuerreichen.

Auch das Verfahren für Planung, Bau, Unterhaltung und Finanzierung der „Lipperlandhal-le“, der Heimat des Handballbundesligisten TBV Lemgo, wurde als PPP-Projekt umge-setzt. Die Anforderungen an eine optimale Vermarktung der Halle konnten durch dieAngebote aus einer Hand bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Die Ergebnissedieses PPP-Verfahrens haben sicherlich viele PPP-Skeptiker überzeugt.

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ModellbeispielKreisstraßen desKreises Lippe

Friedel HeuwinkelLandratLandkreis Lippe Ausgangslage

19 Straßenbaulastträger

3.055 km

Bund Land Kreis16 Städte

und Gemeinden

193 km 502 km 460 km 1.900 km

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Kreisstraßen als auch für einen Teil der Gemeindestraßen (6 Gemeinden) ist daraufhin inseparaten Machbarkeitsstudien untersucht worden, ob die Realisierung der Einbeziehungprivater Dritter wirtschaftlich sinnvoll, bautechnisch möglich und rechtlich zulässig ist.Die Machbarkeitsstudien sollten ferner Modellvarianten aufzeigen, Aussagen zur Gestal-tung eines Vergabeverfahrens treffen bzw. welche weiteren Besonderheiten zu berück-sichtigen sind.

Im Ergebnis haben die beiden Machbarkeitsstudien die rechtliche Zulässigkeit, die bau-technische Machbarkeit sowie die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens nachgewiesen undfür die Durchführung der Maßnahme die PPP-Struktur als sinnvollste Umsetzungsvarian-te vorgeschlagen.

Die Studien haben insbesondere dargelegt, dass der Lebenszyklusansatz, der die Errich-tungs- und Nutzungsperiode z. B. einer neu gebauten Straße ganzheitlich und Gewerkeübergreifend und den Ressourceneinsatz über den gesamten Lebenszyklus betrachtet,Effizienzvorteile ermöglicht, die sich bei der klassischen Variante in aller Regel nicht erzie-len lassen.

Weiteres Vorgehen

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Machbarkeitsstudien hat der Kreistag am19.06.2006 den Grundsatzbeschluss gefasst, für den Bereich der Kreis-, Gemeinde- sowieBundes- und Landesstraßen ein europaweites Vergabeverfahren in der Form eines Teil-nahmewettbewerbes mit anschließendem Verhandlungsverfahren durchzuführen. Am

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Das Vorhaben, die Bau- und Bauunterhaltungsleistungen für die Kreisstraßen und mög-lichst auch für weitere Straßen zu bündeln und hierbei Schnittstellen zu vermeiden,begegnet schon allein aufgrund der Pilotcharakters des Vorhabens besonderen Heraus-forderungen.

So muss zunächst ein Kooperationsforum mit bis zu 19 Beteiligten/Aufgabenträgerngebildet werden. Notwendig ist darüber hinaus die frühzeitige Einbeziehung der Mitar-beiter in den Prozess, verbunden mit sozialverträglichen Regelungen, die zuvor mit demPersonalrat abstimmt worden sind.

Erforderlich ist weiterhin ein gewandeltes Grundverständnis im Hinblick auf die Leis-tungserbringung, dass nicht mehr die Eigenleistung, sondern die Kooperation mit Akteu-ren und Handlungsträgern in den Vordergrund stellt.

Eine weitere Herausforderung liegt in der angemessenen Berücksichtigung der Interes-sen des Mittelstandes bei der Leistungserbringung.

Der Kreis ist sich bewusst, dass er mit seinem Vorhaben Neuland betritt. Dies wird sichauf das Verfahren zur Vergabe der Leistungen auswirken, wenn es darum geht, Leistungs-beschreibungen zu entwickeln, Service-Level-Agreements zu vereinbaren und Leistungenzu bepreisen.

Es liegt auf der Hand, dass das Verfahren zur Vergabe der Leistungen sehr komplex seinwird. Das Know-how, das zur Durchführung erforderlich ist, wird in keiner Verwaltungvollständig vorhanden sein. Der Kreis Lippe wird sich daher externer Unterstützungbedienen. Das Verfahren zur Vergabe der entsprechenden Beratungsleistungen läuft der-zeit und es ist bereits im Rahmen dieses Verfahrens deutlich geworden, dass bestimmtePrämissen den Verlauf des Verfahrens zur Vergabe der Bau- und Bauunterhaltungsleistun-gen maßgeblich prägen werden. Beispielhaft seien hier nur genannt:

■ Die Notwendigkeit, dass komplizierte Verfahren zur Bewilligung von Fördermitteln zuvereinfachen, also „PPP-gängig“ zu machen.

■ Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme und an die Marktgängigkeitder vom Kreis künftig nachgefragten Leistungen.

Ergebnisse der Machbarkeitsstudien

Zur Klärung der Frage einer möglichen Zusammenfassung von bisher getrennt erbrach-ten Bau-, Finanzierungs-, Unterhaltungs- und in Eigenregie durchgeführten Betriebsleis-tungen beschloss der zuständige Betriebsausschuss des Kreises Lippe bereits im Frühjahr2005 u. a. die Überprüfung der Einführung von PPP-Modellen. Sowohl für den Bereich der

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ModellbeispielKreisstraßen des Kreises Lippe

PPP-Modell

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Straßen sollen alle Möglichkeiten der Zusammenarbeit bzw. Kooperation mit anderenStraßenbaulastträgern in Lippe mit dem Ziel einer weitgehenden gemeinsamen Straßen-bewirtschaftung ausgeschöpft werden. Die bisher durchgeführten Verhandlungen undGespräche mit interessierten Kommunen und mit dem Land sind angelaufen.

Aktueller Sachstand

In der Öffentlichkeit Lippes und im politischen Raum, aber auch innerhalb der Mitarbei-terschaft des Straßenbau- und -unterhaltungsbereichs des Kreises ist das Projekt vonBeginn an ausführlich und durchaus kontrovers diskutiert worden. Die gegen das Projektvorgebrachten Argumente sind meines Erachtens jedoch unberechtigt:

Es findet kein Verkauf der durch das Projekt erfassten Straßen statt. Die Steuerungs- undEinwirkungsrechte bleiben dem Kreis uneingeschränkt erhalten. Das Verfahren zur Verga-be der o. a. Leistungen wird zudem mittelstandsfreundlich gestaltet. Den betroffenenMitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden ihre arbeitsvertraglichen Rechte uneinge-schränkt erhalten bleiben. Außerdem hat der Kreistag für die Weiterführung des Vorha-bens eine Mindestwirtschaftlichkeitsgrenze von 5 Prozent gesetzt.

Gleichwohl wurde im Herbst 2006 ein Bürgerbegehren gegen das Projekt auf den Weggebracht. Der Kreistag hat das Bürgerbegehren am 06.11.2006 für unzulässig erklärt. DasVerfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Das Projekt sieht nach wie vor ausdrücklich die Möglichkeit einer Beteiligung für die kreis-angehörigen Städte und Gemeinden sowie für den Landesbetrieb Straßen NRW vor.Inwieweit es hier insbesondere zu einer breiter gestreuten Beteiligung von Kommunenkommen wird, müssen die kommenden Gespräche zeigen.

Im Rahmen des bereits ausgeschriebenen Verfahrens zur Vergabe technisch-wirtschaft-licher Beratungsleistungen für das PPP-Projekt „Straßen im Kreis Lippe“ wird derzeit dasVerhandlungsverfahren durchgeführt. Ohne an dieser Stelle der abschließenden Entschei-dung vorzugreifen, kann aber bereits jetzt schon festgestellt werden, dass die Ausschrei-bung der genannten Beratungsleistungen ein großer Erfolg gewesen ist, denn alle nam-haften Anbieter von Beratungsleistungen am Markt haben sich am Verfahren beteiligt.Sogar ausländische Bieter beteiligen sich am Verfahren.

Fragen zum Vorhaben

Der Kreis wurde im Rahmen des laufenden Verfahrens mit einer Vielzahl von Fragen kon-frontiert. Die wichtigsten Fragen und die Position des Kreises möchte ich nachfolgenddarstellen:

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18.12.2006 hat der Kreistag die Grundlagen für die Durchführung des Projektes noch ein-mal bestätigt.

Bei der Festlegung des Leistungspaketes hat sich der Kreistag jedoch auf der Grundlageder Ergebnisse der geführten Gespräche mit anderen Beteiligten für eine Zweiteilung desbisherigen Verfahrens entschieden:

Gegenstand des Vergabeverfahrens wird sein:

■ Planung, Neu- und Vollausbau der in den nächsten 5 Jahren auf der Grundlage desMehrjahresstraßenbauprogrammes des Kreises Lippe (2008 – 2012) anstehendenStraßenbaumaßnahmen einschl. der baulichen Unterhaltung dieser Abschnitte für 25Jahre sowie Finanzierungsleistungen

■ Bauliche Instandsetzungsmaßnahmen bereits definierter Straßenabschnitte im Rah-men des Mehrjahresstraßenbauprogramms 2008 – 2012

■ Bauliche Instandhaltung des übrigen Kreisstraßennetzes

Gleichzeitig ist beschlossen worden, Leistungen der betrieblichen Instandhaltung undUnterhaltung nicht auszuschreiben. Für den Bereich der betrieblichen Unterhaltung der

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ModellbeispielKreisstraßen des Kreises Lippe

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■ Eine der Anforderungen des anstehenden Vergabeverfahrens wird die Entwicklung vonFinanzierungsmodellen sein, bei denen der Kapitalbedarf für Bieter sich in einem ver-tretbaren Rahmen hält. Ferner wird es wichtig sein, keine überhöhten Präqualifizie-rungsanforderungen in das Verfahren einzubringen, Bietergemeinschaften zuzulassen,ggf. losweise Vergaben zu ermöglichen und Nebenangebote zu ermöglichen, um auchUnternehmen des Mittelstandes gute Chancen zu bieten, sich am Verfahren zu betei-ligen.

■ Im Gegenteil: Ich sehe sogar deutlich verbesserte Chancen für den regionalen Mittel-stand, im Verfahren zu reüssieren. Hierfür sprechen ihre größere Flexibilität, ihre Kennt-nis der örtlichen Gegebenheiten und die Notwendigkeit einer ständigen regionalenPräsenz. Auch das gesamte Projektvolumen über 5 Jahre verteilt ist nicht so groß, alsdas es nicht von Mittelständlern gestemmt werden könnte. Dieses Ergebnis hat sich imÜbrigen auch bei den vom mir eingangs dargestellten vom Kreis Lippe bereits durch-geführten PPP-Verfahren ergeben.

■ Auch halte ich die Kosten für die vom Kreis gewählte Verfahrensart für angemessen.Denn auch bisher schon mussten sich die Unternehmen mit entsprechenden Kosten beiden Einzelausschreibungen beteiligen, wenn sie einen Auftrag haben wollten. DieseVerfahrenskosten entfallen nun.

■ Unabhängig davon werden sich für die Unternehmen Vorteile ergeben, weil Maßnah-men besser geplant werden können und weil die Aufgabenbündelung – anstelle vonEinzelvorgaben – größere Spielräume für die Leistungserbringung ermöglicht.

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1. Findet eine Privatisierung von Kreisvermögen statt?■ Eine Privatisierung oder ein Verkauf von Straßen findet nicht statt und war nie beab-

sichtigt. Im Übrigen wurden auch in der Vergangenheit alle Maßnahmen, die Gegen-stand des Ausschreibungsverfahrens werden sollen, aufgrund zwingender vergabe-rechtlichen Vorschriften ausgeschrieben und an Private vergeben. Eine wesentlicheÄnderung zum bisherigen Verfahren liegt zukünftig darin, dass Ausschreibungengebündelt und mit der Bauunterhaltung verknüpft werden. Zukünftig tritt die funktio-nale Ausschreibung an die Stelle von Einzelgewerken. Hierzu ist – insoweit im Gegen-satz zu Behauptungen von Gegnern des Vorhabens – die separate Gründung einerPPP-Gesellschaft nicht erforderlich.

2. Was geschieht mit den Betriebshöfen und den in der betrieblichen ■ Unterhaltung eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?■ Unabhängig davon, dass die Betriebshöfe in kommunaler Trägerschaft verbleiben,

ändert sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des betrieblichen Unterhaltungs-dienstes nichts, weil die betriebliche Unterhaltung aus dem Leistungsumfang des Ver-gabeverfahrens herausgenommen worden ist. Auf die Einbeziehung bzw. die Beteili-gung privater Dritter wurde bewusst verzichtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterbleiben damit Bedienstete des Kreises Lippe mit allen erworbenen Rechten.

■ Gerade im Bereich der betrieblichen Unterhaltung wird der Kreis zukünftig verstärktauf eine Zusammenarbeit mit den Kommunen und dem Land hinarbeiten, um auch indiesem Bereich Synergien erzielen zu können.

■ Auch die baulastträgerübergreifende Betrachtung der Straßen nach ihrer Verkehrs-funktion (Netzschluss) wird zukünftig unter einem anderen Blickwinkel erfolgen. Bis-her ist jeder Straßenbaulastträger für seine Straßen selbst zuständig, er organisiert alleLeistungen und er betreibt die Straßen teilweise auch selbst. Dies führt, je größer dasZuständigkeitsgebiet ist, zu umso geringeren Netto-Betriebszeiten und höheren Leer-lauf- und Anfahrtszeiten. Durch eine gemeinsame Bewirtschaftung der Straßen lassensich erhebliche Auslastungsvorteile und Zeitgewinne im Betriebsdienst erzielen. Durchdie Einbeziehung der Gesamtverkehrsplanung für den lippischen Verkehrsraum wirdzudem sichergestellt, dass die jeweils notwendigen Straßen und Einrichtungen zukünf-tig bedarfsgerecht geschaffen und bereitgehalten werden.

3. Wie werden mittelständische Unternehmen am Verfahren beteiligt?■ Zunächst muss man feststellen, dass der Kreis Lippe in den Jahren 2003 – 2005 allein

für den Bereich des Kreises Lippe mittelstandsrelevante Vergaben im Umfang von rund11,5 Millionen Euro durchgeführt hat.

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ModellbeispielKreisstraßen des Kreises Lippe

Mittelstandsrelevante Vergaben rd. 11,5 Mio. €

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Wir wollen

■ die Schnittstellen und Doppelarbeiten zwischen Planung, Bau, Bauunterhaltung inöffentlicher und privater Hand vermindern.

■ eine richtige Dimensionierung und Bauausführung durch Funktionsbauverträge errei-chen und auch auf kostspielige Details der Bausausführung verzichten. Für viele Bau-ausführungen ist keine immer wiederkehrende neue Einzelplanung und Beschreibungbis in die Feinheiten erforderlich.

■ den Lebenszeitansatz bei neuen Straßen durch eine Verknüpfung zwischen Planungund Bauleistung mit langjähriger Bauunterhaltung verwirklichen.

■ die langjährigen Unterhaltungsrisiken dem privaten Dritten übertragen, der dadurchauch für den gesamten Zeitraum die Verantwortung für die von ihm erbrachten Leis-tungen behält, was zur Verminderung von Nachträgen und Folgekosten führen wird.

■ eine bessere Planbarkeit und Flexibilität für das Bauunternehmen über einen längerenZeitraum ohne jährliche Zwänge des kommunalen Haushalts und eine

■ bessere Auslastung der Kapazitäten der Bauunternehmen und Ausgleich bestehenderwitterungsbedingter Einschränkungen ermöglichen.

■ eine Klumpenbildung von neuen öffentlichen Aufträgen wie jetzt ab Frühsommer bisSpätherbst mit hohen Kosten für die Unternehmen verhindern.

■ eine bessere Qualität der Bauausführung durch wirtschaftliche Planung der Bauaus-führung und Wegfall des Zeitdrucks.

■ deine Reduktion von Unternehmenskosten durch örtliche Bündelung von Maßnahmenermöglichen.

Durch all diese Maßnahmen, und davon bin ich zutiefst überzeugt, werden wir Kosten-und Qualitätsvorteile beim Unternehmen erzeugen können, die es im Wettbewerb mitanderen im Ausschreibungsverfahren an den Kreis Lippe weitergeben kann.

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4. Welche grundsätzlichen Vorteile verbleiben durch die Einschränkung des ■

■ Leistungsumfanges?■ Zunächst wird die Herausnahme der betrieblichen Unterhaltung aus dem ursprünglich

vorgesehenen Leistungspaket dazu führen, dass das Vergabeverfahren schneller undeinfacher realisiert werden kann.

■ Wesentliche Vorteile, die die Entscheidung für die Durchführung des Verfahrens alsStraßenprojektes mit sich bringt, werden durch die Herausnahme der betrieblichenUnterhaltung nicht berührt. Dies betrifft insbesondere die Vorteile im investivenBereich und in der Bauunterhaltung, die sich aus der funktionalen und wirtschaftliche-ren Bauweise gegenüber der herkömmlichen Leistungserbringung, aus dem Risiko-transfer durch Einbeziehung der Bauunterhaltung und aus der Lebenszyklusbetrach-tung ergeben.

■ Darüber hinaus ist die Möglichkeit der Gewinnung weiterer Partner für das Verfahrenauch zukünftig sichergestellt.

5. Ist die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme gewährleistet?■ Zunächst haben die Machbarkeitsstudien die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens nach-

gewiesen. Es wird allerdings wichtig sein, insbesondere in der Frage der Förderung derMaßnahme durch das Land möglichst schnell zu einer befriedigenden Lösung zu kom-men. Grundsätzlich ist das Verfahren aber auch als PPP-Projekt nach den Vorschriftendes GVFG förderfähig.

■ Unabhängig davon ist sichergestellt, dass das Vorhaben nicht durchgeführt wird, wenndie an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassende Kalkulation der Vorteilhaf-tigkeit der Maßnahme nicht mindestens einen Wirtschaftlichkeitsvorteil von 5 Prozentergibt.

■ Dass diese Wirtschaftlichkeitsmarge nicht nur erreicht, sondern deutlich übertroffenwird, davon bin ich überzeugt, zumal die bisherigen positiven Erfahrungen mit inves-tiven Maßnahmen im Hochschulbereich, die als PPP-Projekte durchgeführt wordensind, durchaus auf den Bereich der Straßen übertragbar sind.

Fazit

Ich halte das Straßenprojekt des Kreises Lippe zwar für ein ehrgeiziges, anspruchsvollesund komplexes Verfahren. Die Einsparungen und Verbesserungen sind jedoch durchausrealistisch. Wir wollen nichts Unmögliches. Alle Vorteile einer veränderten Verfahrens-weise lassen sich durch Beispiele der aktuellen Praxis belegen.

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ModellbeispielKreisstraßen des Kreises Lippe