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423ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
Ökonomische Trends
ge aus den Euroländern gingen zwar deutlich zurück, doch konnte das durch eine wieder anziehende Nachfrage aus der übrigen Welt und durch die inländische Konsumnachfrage mehr als kompensiert werden. Die Beschäftigung wurde noch ausgeweitet, allerdings hat sich der Anstieg abgeschwächt. Die Arbeitslosenrate ist nach EU-Abgrenzung mit 5,4% weni-ger als halb so hoch wie im EU-Durchschnitt. In jüngster Zeit hat sich allerdings die Stimmungslage in der deutschen Wirt-schaft eingetrübt.
Eine Vorausschätzung des weiteren Konjunkturverlaufs ist oh-ne einschränkende Annahmen über die künftige Entwicklung in der Eurozone nicht möglich. Hier wird davon ausgegangen, dass die Eurozone erhalten bleibt und der durch den Fiskal-pakt vorgezeichnete Kurs von Reform- und Konsolidierungs-maßnahmen fortgesetzt wird. Für zusätzliche Wachstumsin-itiativen besteht angesichts der bereits hohen Verschuldung wenig Spielraum; sie werden vor allem durch EU-Mittel oder durch Umstrukturierungen in den nationalen Haushalten fi -nanziert werden. Weitere Sparmaßnahmen in den Euroländern dürften vom Umfang her geringer ausfallen als die bisherigen. Entsprechend werden auch die kontraktiven Effekte auf die
Aktuelle Prognosen stehen unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung der Eurokrise. Durch den unklaren Wahlausgang in Griechenland und die erforderlich gewordenen Neuwahlen hat sich die Unsicherheit noch erhöht. Ohne Strukturrefor-men mit teilweise unausweichlichen Sparmaßnahmen, wie sie auch in anderen Schuldenländern erforderlich sind, würden die grundlegenden Probleme der Krise jedoch nicht gelöst. Reformen können Wachstumspotenziale eröffnen. Zusätz-liche Wachstumsprogramme sind je nach Situation hilfreich, sie können den Anpassungsprozess aber auch behindern; ohne Reformen würden sie lediglich Strohfeuer erzeugen und die Verschuldung weiter erhöhen. Eine Aufweichung des Fiskalpakts, wie dies schon bei den Maastrichtverträgen ge-schehen ist, würde die Unsicherheit und damit die Eurokri-se verschärfen. Die Sparmaßnahmen in vielen Euroländern, wobei notwendige Reformen allerdings nicht selten durch allgemeine Steuererhöhungen oder Ausgabensenkungen er-setzt wurden, haben die Konjunktur in jenen Ländern und in der Eurozone insgesamt in eine Rezession geführt. Die deut-sche Wirtschaft hat sich dabei relativ gut gehalten; nach einer Konjunkturdelle Ende 2011 setzte sich die Aufwärtsbewegung zu Beginn dieses Jahres überraschend stark fort. Die Aufträ-
Konjunkturschlaglicht
Euro-Unsicherheit überschattet Konjunktur
DOI: 10.1007/s10273-012-1399-7
2010 2011 2012 2013
Bruttoinlandsprodukt1 3,7 3,0 1,0 1,5
Private Konsumausgaben 0,6 1,4 1,1 1,1
Staatl. Konsumausgaben 1,7 1,1 1,2 1,0
Anlageinvestitionen 5,5 6,4 0,3 2,5
Ausrüstungen 10,5 7,6 0,0 3,9
Bauten 2,2 5,8 0,6 1,0
Sonstige Anlagen 4,7 4,8 1,6 4,8
Inlandsnachfrage 2,4 2,5 1,1 1,7
Ausfuhr 13,7 8,2 3,0 5,6
Einfuhr 11,7 7,8 2,8 5,9
Arbeitsmarkt
Erwerbstätige 0,5 1,3 1,1 0,3
Arbeitslose (in Mio.) 3,24 2,98 2,86 2,73
Arbeitslosenquote2 (in %) 7,4 6,8 6,5 6,2
Verbraucherpreise 1,1 2,3 2,0 2,0
Finanzierungssaldo des Staates (in % des BIP) -4,3 -1,0 -0,6 -0,4
Leistungsbilanzsaldo3 (in % des BIP) 6,1 5,7 5,9 5,7
1 Preisbereinigt. 2 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept). 3 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.
Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagen-tur für Arbeit; ab 2012: Prognose des HWWI.
Tabelle 1Eckdaten für DeutschlandVeränderung in % gegenüber dem Vorjahr
1 Veränderung in % gegenüber dem Vorquartal, auf Jahresrate hochge-rechnet, rechte Skala. 2 Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.
Quellen: Statistisches Bundesamt; ab 2012 Prognose des HWWI.
Abbildung 1Preisbereinigtes BIP in DeutschlandSaison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima
82
8486
8890
9294
9698
100
102104
106108
110112
114116
118
I II III I II III I II III I II III I II III I II III�16
�14�12
�10�8
�6�4
�20
2
46
810
1214
1618
20laufende Rate¹Kettenindex (2005=100)Jahresdurchschnitt2
Index (2005 = 100)
2012
%
20092008 20112010
1,03,0
3,7
�5,1
1,5
2013
1,1
IV
Prognose
IV IV IV IV IV
Wirtschaftsdienst 2012 | 6424
Ökonomische Trends
Die Prognose für 2013 hängt in noch stärkerem Maße als die für 2012 von den Weichenstellungen im Rahmen der Eurokrise ab. Eine Fortführung der durch den Fiskalpakt vorgegebenen Reformmaßnahmen würde über eine Wiedergewinnung von Vertrauen und Stabilität mittel- bis längerfristig allen Ländern in dieser Region zugutekommen. Bei glaubhafter rascher Um-setzung könnte sich die Konjunktur im Euroraum im kommen-den Jahr mehr und mehr wiederbeleben. Für Deutschland bedeutete dies, dass die für dieses Jahr erwartete Aufwärts-tendenz an Dynamik gewinnen würde. Im Durchschnitt von 2013 könnte das Wirtschaftswachstum dann 1½% erreichen. Bei weiterer Verschärfung oder gar Eskalation der Eurokrise ist jedoch auch ein Abschwung bis hin zur Rezession nicht auszuschließen.
Jörg Hinze
Nachfrage aus diesen Ländern geringer werden. Die Expor-te werden daher wieder mehr von der steigenden Nachfrage aus der übrigen Welt bestimmt werden, zumal der Euro spür-bar abgewertet wurde. Im Inland stützen die gute Beschäfti-gungslage und höhere Tarifabschlüsse die Einkommen und den privaten Konsum. Zudem sind im Wohnungsbau dank sehr niedriger Zinsen die Aufträge so stark gestiegen, dass der Rückgang im öffentlichen Bau mehr als kompensiert wird. Lediglich die Unternehmen dürften angesichts der unsicheren Perspektiven vorsichtiger investieren. Alles in allem sollte die deutsche Wirtschaft auf einem moderaten Wachstumspfad bleiben. Im Durchschnitt dieses Jahres wäre dann mit einer Zunahme des realen BIP von 1% zu rechnen. Die Beschäfti-gung würde bei dieser Entwicklung im weiteren Verlauf stag-nieren. Der Preisauftrieb bliebe moderat und würde, sofern es nicht zu neuerlichen Ausschlägen bei den Ölpreisen kommt, unter der 2%-Marke bleiben.
HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe
HWWI-Index mit Untergruppena 2011 Nov. 11 Dez. 11 Jan. 12 Feb. 12 Mrz. 12 Apr. 12 Mai 12
Gesamtindex 128,6 126,6 124,8 128,0 134,1 138,8 134,0 124,0
(28,6) (17,5) (9,2) (7,8) (8,1) (3,4) (-5,9) (-7,3)
Gesamtindex, ohne Energie 118,1 103,8 101,6 104,8 107,4 107,7 106,2 102,8
(18,1) (-6,5) (-11,3) (-13,1) (-14,1) (-12,5) (-16,9) (-17,2)
Nahrungs- und Genussmittel 129,0 116,7 112,8 116,0 117,5 118,8 118,7 116,3
(29,0) (-0,9) (-9,7) (-12,4) (-14,9) (-11,8) (-13,1) (-13,4)
Industrierohstoffe 114,3 99,2 97,6 100,9 103,8 103,7 101,8 98,0
(14,3) (-8,6) (-12,0) (-13,4) (-13,7) (-12,7) (-18,3) (-18,7)
Agrarische Rohstoffe 110,5 97,7 94,0 93,8 96,5 97,7 98,2 95,4
(10,5) (-9,7) (-13,4) (-16,9) (-17,1) (-14,4) (-16,9) (-17,1)
NE-Metalle 111,8 95,2 94,1 99,8 103,9 102,4 98,0 94,8
(11,8) (-12,8) (-16,7) (-15,6) (-15,6) (-15,7) (-20,8) (-19,6)
Eisenerz, Stahlschrott 125,5 111,3 111,0 113,0 113,2 115,1 116,1 109,6
(25,5) (3,3) (2,1) (-3,5) (-4,3) (-3,2) (-14,5) (-18,6)
Energierohstoffe 131,3 132,6 130,9 134,1 141,1 147,0 141,3 129,6
(31,3) (24,0) (14,6) (13,4) (13,9) (7,2) (-3,3) (-5,0)
a 2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.
Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/
2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.
50
100
150
200
2007 2008 2009 2010 2011 201250
100
150
200
Nahrungsmittel
Industrierohstoffe
Energierohstoffe
Gesamtindex