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das Krankenhaus ISSN 0340 - 3602 94. JAHRGANG APRIL 2002 E 4321 Herausgeber Deutsche Krankenhausgesellschaft Verlag W. Kohlhammer W. Kohlhammer GmbH, 70549 Stuttgart · E 4321 · Entgelt bezahlt 4 Zeitenwende DRGs – Wie geht es weiter? Editorial: Der Katalysator (Seite 267) FPG: Entscheidungsverlauf und zentrale Inhalte (Seite 274) DRGs in Australien – Möglichkeiten und Grenzen (Seite 283) DKG-Chefarztvertragsmuster: Revolution oder Evolution? (Seite 302)

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dasKrankenhaus

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Zeitenwende DRGs – Wie geht es weiter?

Editorial: Der Katalysator(Seite 267)

FPG: Entscheidungsverlauf und zentrale Inhalte (Seite 274)

DRGs in Australien – Möglichkeitenund Grenzen (Seite 283)

DKG-Chefarztvertragsmuster:Revolution oder Evolution? (Seite 302)

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Inhalt

265

4/2002

PolitikEditorial: Der Katalysator 267

Zeitenwende DRGs: Wie geht es weiter? Frühlings-empfang der DKG am 19. März 2002 in Berlin 269

Blick in den Saal beim DKG-Frühlingsempfang am 19. März 2002

FPG deckelt die Krankenhäuser massiv – Auszüge aus der Rede von DKG-Präsident Dr. Burghard Rocke 271

Blickpunkt Berlin 273, 279

Das Fallpauschalengesetz: Entscheidungsverlauf und zentrale Inhalte 274

Britta Marquardt/Susanne Renzewitz/Markus Rudolphi/Dr. Nicole Schlottmann/Dr. Heinz Stapf-FinéDisease-Management-Programme: Rechtliche Grundlagen und Stand der Umsetzung 280

Nationales Programm für Versorgungsleitlinien bei der Bundesärztekammer (NPL) 281

DRG-Einführung/-umsetzungDr. Nicole Schlottmann/Dr. Peter SteinerDRGs in Australien – Möglichkeiten und Grenzen 283

Karl Heinz TuschenDRG-Einführung in Deutschland vor dem Hintergrund „australischer Erfahrungen“ 292

Dr. Dr. Dietmar Weißflog/Robert KopfInterne Budgetierung im DRG-Zeitalter 297

FachbeiträgeAndreas Wagener/Jörg MeisterDas neue Chefarztvertragsmuster der DKG: Revolution oder Evolution? 302

Dr. Sigrun BeverTrägerwechsel der Landesfachkrankenhäuser für Psychiatrie und Neurologie im Freistaat Thüringen 308

Aktuelle InformationenRechtsprechung: Zahlungsverweigerungen durch Krankenkassen 312

Recht und Praxis: PsychPV als Ausnahmetatbestand 314

International 317

DKI-Krankenhaus-Barometer 321

Nachrichten 322

DKG-Präsident Rocke kündigt„Beschäftigungsforum“ an 322

Minus-Bilanz der GKV für 2001 323

Verabschiedung des FPG: Reaktionen, Meinungen, Stimmen 324

Personalia/Namen und Nachrichten 330

Sonstige RubrikenBücher 282

Veranstaltungen 332

Impressum 334

Aktuelle Firmennachrichten 335

Aus Industrie und Wirtschaft 338

Stellenmarkt 343

Fortbildung U3

Bezugsquellen für den Krankenhausbedarf U3

Titelbild: Podiumsdiskussion beim DKG-Frühlingsempfang am 19. März2002 in Berlin (Foto: Mihatsch)

94. JahrgangApril 2002 . Heft 4

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Editorial 4/2002

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gramme entwickeln. Der Ausschuss wirkt imübertragenen Sinne wie ein Katalysator. ImHandbuch der Chemie wird ein Katalysator er-läutert als Substanz, die einen chemischen Vor-gang beschleunigt, ohne dabei selbst ver-braucht zu werden.

Katalysatoren sind in ihrer Zusammensetzungsehr unterschiedlich und kompliziert. Im Koordi-nierungsausschuss werden die Vorschläge fürdie Rechtsverordnung gemacht, die dann dieRichtschnur für die Durchführung bilden. Auchnach der bereits erfolgten ersten Zündung wirdes noch viele Reaktionen geben. Die Krank-heiten wurden einvernehmlich festgelegt. Beider Definition der Anforderungsprofile war diechemische Reaktion schon heftiger.

Zu besonders kritischen Reaktionen kam es beidem Thema „medizinische Anforderungen“,sprich „Leitlinien“; dies wird künftig nicht anderssein. Hier geht es um mehr als die Durchführungvon strukturierten Behandlungsprogrammen.Letztlich stehen die Festlegung von Standardsfür Behandlungen auf der Tagesordnung und dieFrage, wer für deren Umsetzung und Einhaltungverantwortlich ist.

Die Disease-Management-Programme sind nurein Vorbote für einen längerfristigen Prozess.Daher ist Skepsis angezeigt. Der Koordinie-rungsausschuss kann nicht die Spruchstelle fürkünftige medizinische Standards sein. Sinnvollerscheint der Vorschlag der Bundesärztekam-mer, ein nationales Programm für Versorgungs-leitlinien zu entwickeln und dieses bei der BÄKanzusiedeln.

Der Koordinierungsausschuss steht unter einemenormen Zeitdruck; die Rechtsverordnung mussschnell kommen, damit die Programme im Inter-esse der Patienten gestartet werden können. Esist der politische Wille der Bundesregierung,einen überzeugenden Start hinzulegen. Deshalbsollte man den griechischen Wortsinn von Kata-lyse – Auflösung – in diesem Zusammenhangnicht ins Feld führen. Stattdessen ist mehr Inte-gration gefragt.

DKG-Hauptgeschäftsführer Jörg Robbers

Der Katalysator

Bei zunehmendem Um-weltbewusstsein sindKatalysatoren gefragt,steht ihre Technik dochfür reine Luft. Eher dickeLuft kennzeichnet da-gegen die Situation despolitischen Katalysatorsim Gesundheitswesen –des Koordinierungsaus-schusses.

Am 1. Januar 2002 tratdas Gesetz zur Reformdes Risikostrukturaus-

gleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung inKraft, seitdem herrscht Hektik. Die Bundesregie-rung sieht die Umsetzung von Disease-Manage-ment-Programmen (DMP) als einen wichtigen ge-sundheitspolitischen Schritt in die Zukunft. Ziel desGesetzes ist es unter anderem, durch die Ein-führung von strukturierten Behandlungsprogram-men für bestimmte chronische Krankheiten dieLage vieler Patienten zu verbessern. Die Kranken-kassen drücken aufs Tempo, weil die Ausgaben fürsolche chronisch kranken Versicherten im Risiko-strukturausgleich besonders berücksichtigt wer-den. Von den niedergelassenen Ärzten und derenVertretungen wird die große Chance gesehen,durch die Teilnahme an derartigen Programmen, dienach ihrem Verständnis primär im ambulanten Be-reich anzusiedeln sind, Boden zu gewinnen. DieKrankenhausseite ist misstrauisch, besteht dochdie Gefahr der Dominanz des vertragsärztlichen Be-reichs. Eine abwartende Haltung gegenüber derEntwicklung der medizinischen Behandlungskriteri-en, also der Leitlinien, nimmt die Bundesärztekam-mer ein.

Die chronisch Kranken selbst wissen vermutlichnoch nicht viel von den neuen gesetzlichen Rege-lungen, für die jetzt erst die Grundlagen geschaffenwerden. Noch lässt sich nicht sagen, wie die Be-troffenen reagieren werden – mutig oder zurückhal-tend. Die Teilnahme ist freiwillig und setzt eine Ein-schreibung voraus. Zuvor muss das Ganze ersteinmal in eine verständliche Sprache übertragenwerden. Mit „Disease-Management-Programmen“können die meisten Patienten zunächst einmal ver-mutlich wenig anfangen.

Mitglieder des Koordinierungsausschusses sind dieBundesverbände der gesetzlichen Krankenkassen,die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die DKGund die Bundesärztekammer. Sie sollen gemeinsamsowohl die allgemeinen als auch die speziellen An-forderungen an die Disease-Management-Pro-

Editorial

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Politik 4/2002

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Was kommt nach der Verabschiedung des Fall-pauschalengesetzes? Diese Frage stand ganzim Mittelpunkt des Frühlingsempfangs der DKG

am 19. März 2002 in Berlin. In den Vorträgen von Bundes-gesundheitsministerin Ulla Schmidt und DKG-PräsidentLandrat Dr. Burghard Rocke wurden 2 völlig unterschied-liche Ausblicke auf die weitere Entwicklung deutlich. Dieanschließende Podiumsdiskussion mit Vertretern von Par-teien und Verbänden sowie Körperschaften des Gesund-heitswesens (siehe Seite 270) zeigte unter anderem, dassim Rollenverständnis der Selbstverwaltung je nach Stand-punkt zwischen Politik und Betroffenen mitunter großeUnterschiede bestehen.

Ministerin Ulla Schmidt: „Jetzt ist die Selbstverwaltung am Zuge“Die unterschiedlichen Sichtweisen wurden bereits zu Be-ginn der Rede der Gesundheitsministerin deutlich, als siekurz und bündig feststellte, der Gesetzgeber habe überdas FPG entschieden, nun bestehe Rechtsklarheit und dieSelbstverwaltung sei am Zuge, das Weitere zu richten. So„einfach“ sei das. Zu einfach, wie viele der ca. 550 Teil-nehmer im Berliner Hyatt Hotel meinten. Schmidts Aussa-ge löste eine Mischung aus ungläubigem Staunen undteilweise auch Gelächter aus, aber die Ministerin zeigtesich davon nicht sonderlich beeindruckt. Sie sehe dieSelbstverwaltung in der Pflicht, das Gesetz umzusetzen,das eines der wichtigsten im Krankenhaussektor derzurückliegenden Jahre sei. Nun werde endlich ein moder-nes und leistungsorientiertesVergütungssystem geschaf-fen, das mehr Wirtschaftlich-keit, mehr Transparenz undmehr Qualität in die Kranken-häuser bringe. Nach diesemMuster wolle die Koalitionauch bei den nächsten Ge-sundheitsreformen verfahren.

Bis zur endgültigen Entschei-dung über die Rahmenbedin-gungen des neuen Vergü-tungssystems im Jahr 2007werde die Politik die Auswir-kungen der Fallpauschalensehr genau beobachten. Diessolle die Selbstverwaltungebenfalls tun. Im Falle von un-erwünschten Entwicklungenmüssten Änderungen an dengesetzlichen Bestimmungenvorgenommen werden.

Schmidt, die nach eigenerAussage zurzeit „sehr vieleKrankenhäuser“ besucht, er-

kennt die engagierten Vorbereitungsarbeiten in den Klini-ken auf das DRG-System an. Dafür sei die Politik dankbar.Trotz Kritik und bestehenden Ängsten werde der Umstiegauf das Fallpauschalensystem nach ihrer persönlichenEinschätzung für die Krankenhäuser ein Erfolg werden,prophezeite die Ministerin.

Das neue Vergütungssystem wird nach Schmidts Über-zeugung eine stärkere Kooperation innerhalb der Kran-kenhäuser (interdisziplinäre Zusammenarbeit) und zwi-schen den verschiedenen Gesundheitseinrichtungenerzwingen. Die Übergänge zwischen dem ambulantenund dem stationären Bereich müssten fließender gestaltetwerden, als sie es heute seien. Die integrierte Versorgungwerde gebraucht, damit die Menschen dort behandeltwerden, wo sie behandelt werden müssten. Die Ministerinkündigte Fallpauschalen auch für die ambulante Behand-lung an. Erst dadurch würden die Voraussetzungen dafürgeschaffen, die sektorale Abschottung im Gesundheits-wesen zu beenden und das Geld dorthin fließen zu lassen,wo die Leistung erbracht werde. Im BMG werde an die-sem Projekt gearbeitet.

„Disease-Management-Programme“ bzw. Programme zurBehandlung und Versorgung chronisch kranker Men-schen werden nach Schmidts Überzeugung einen zusätz-lichen „Durchbruch“ schaffen für das Entstehen vernetz-ter Strukturen. Die Selbstverwaltung müsse im Koordi-nierungsausschuss die „Nagelprobe“ bestehen und dieVoraussetzungen für diese Programme schaffen. Die

Zeitenwende DRGs: Wie geht es weiter?

Auf dem Podium (von links): Bundesärztekammerpräsident Dr. Jörg-Dietrich Hoppe; MonikaKnoche, MdB (Bündnis 90/Die Grünen); Eike Hovermann, MdB (SPD); DKG-HauptgeschäftsführerJörg Robbers; VdAK/AEV-Vorstandsmitglied Dr. Werner Gerdelmann; Dr. Dieter Thomae, MdB (F.D.P.); Dr. Ruth Fuchs, MdB (PDS). In der Mitte Moderator Dr. Uwe Preusker.

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Ministerin bat die Beteiligten des Koordinierungsaus-schusses, die noch ausstehenden notwendigen Entschei-dungen bis Mai 2002 zu treffen. Andernfalls könne dieFrage gestellt werden, ob andere unabhängige Einrich-tungen diese Aufgabe übernehmen sollten.

Die Gesundheitsministerin plädierte für einen Modernisie-rungsschub in der medizinischen Versorgung und in denVerwaltungsabläufen der Kliniken, unter anderem durchden verstärkten Einsatz EDV-gestützter Kommunikations-mittel („Ablösung der Zettelwirtschaft“). Die Krankenhäu-ser müssten wettbewerbsfähig gemacht werden. Die Ein-satzkraft der Ärzte solle weitgehend für die Arbeit mit denPatienten freigemacht werden.

Die Arbeitszeitbedingungen des Personals in den Kran-kenhäusern müssen nach der Überzeugung der Gesund-heitsministerin verbessert werden. Dies sei nicht zuletzteine Frage der Behandlungssicherheit. Überlastung dürfekein Dauerzustand werden. Die vollständige Umsetzungdes Fallpauschalengesetzes werde eine Veränderung derArbeitszeiten in den Krankenhäusern erzwingen. DieKrankenhäuser könnten mit diesen notwendigen Verän-derungen nicht bis 2007 warten.

Widerspruch löste Schmidts Feststellung aus, einezusätzliche Arztstelle sei wegen wegfallender Bereit-schaftsdienstvergütungen mit 20 000 Euro anzusetzen.Die Ministerin konterte jedoch mit der Bemerkung, dieshabe der Marburger Bund errechnet. Jede einzelne Kliniksei gefordert, ein pragmatisches Arbeitszeitmanagementzu entwickeln. Schichtdienste in der ärztlichen und pfle-gerischen Versorgung seien unerlässlich, es müssten aberauch mehr Ärzte eingestellt werden. Hierfür werde zusätz-liches Geld zur Verfügung gestellt.

Selbstverwaltung zwischen Souveränitätund ErfüllungsgehilfePodiumsdiskussion Die Souveränität der Selbstverwaltung degeneriert schnellzu einer reinen Auftrags- und Durchführungsverwaltung(Professor Hoppe), wenn beim Gesetzgebungsverfahrenseitens der Politik elementare Anforderungen der Betrof-fenen übersehen, unrealistische Termine gesetzt oderstrittige Fragen ausgeklammert werden. Die Verwirk-lichung gesetzlicher Bestimmungen wird dann für dieKrankenhäuser, aber auch für die Krankenkassen, eher zueiner lästigen Pflicht, und der Gesetzgeber muss sich un-ter Umständen schneller, als es ihm lieb ist, mit Novellie-rungsabsichten beschäftigen. Im Falle des FPG steht einesolche Überarbeitung nach Einschätzung von DKG-Hauptgeschäftsführer Jörg Robbers spätestens nach derBundestagswahl an. Bereits vor der Bundestagswahl istnach Ansicht der DKG der Gesetzgeber gefragt, perRechtsverordnung ein abrechnungsfähiges DRG-Systemin die Welt zu setzen, für den Fall, dass deutsche Relativ-gewichte noch nicht vorliegen. Letzteres ist nach überein-stimmender Meinung von Fachleuten in Folge der zu en-gen Zeitplanung des BMG wahrscheinlich.

Für die Anwendung australischer Relativgewichte will dieDKG nicht die Hand reichen. Sie sieht vielmehr den Ge-setzgeber in der Pflicht, seine eigene, im Gesetz fixierteKonflikt- bzw. Ersatzlösung umzusetzen. Dies wurde an-lässlich der DKG-Vorstandssitzung am 19. März 2002 undwährend der Podiumsdiskussion im Rahmen des DKG-Frühlingsempfangs am gleichen Tag noch einmal unmiss-verständlich klargestellt.

Die Krankenhäuser brauchen eine ehrliche Antwort auf dieFrage, ob das Optionsmodell ab 2003 von der Politikhandhabbar gemacht wird oder nicht. „Dies müssen dieHäuser bald wissen, nicht erst im Herbst 2002“ (JörgRobbers). Wenn die Vorbereitungen auf das deutscheDRG-System im Mai/Juni nicht weit genug gediehen sei-en, sollte nach F.D.P.-Meinung das Optionsmodell sogarganz gestrichen und die Kraft auf die Vorbereitung für denEinstieg im Jahr 2004 konzentriert werden (Thomae).

Ulla Schmidt betonte, dass die Politik gemeinsam mit derSelbstverwaltung die Umsetzung des FPG genauestensbeobachten werde (Begleitforschung), um eingreifen zukönnen, wenn es zu unerwünschten Effekten komme. Sol-che Auswirkungen wurden von einigen Podiumsteilneh-mern dezidiert erwartet oder befürchtet (Hoppe, Thomae,Fuchs, Knoche), vor allem Leistungsverschiebungen zwi-schen den Krankenhäusern und in den ambulanten Sektorsowie in den Reha-Bereich hinein. Die Frage wurde ge-stellt, ob die Krankenkassen und die Politik, die nieder-gelassenen Ärzte, die ambulanten Pflegedienste und dieSozialstationen, vor allem aber die Patienten, auf dieseVeränderungen ausreichend vorbereitet seien. Die Phaseder „Mildtätigkeit“ sieht der Präsident der Bundesärzte-kammer als beendet an, nun stehe das Zeitalter der Pro-fessionalisierung in den Krankenhäusern auf der Tagesord-nung. Daran müsse sich auch die Bevölkerung erst nochgewöhnen. Die Ärztin und PDS-BundestagsabgeordneteDr. Ruth Fuchs vermutet das hauptsächliche Risiko desFPG bei den Patienten. Die sich verkürzende stationäreVerweildauer mache verstärkte ambulante Versorgungs-möglichkeiten, auch in oder an den Krankenhäusern, not-wendig.

Negative Auswirkungen werden auch für kleinere Kran-kenhäuser auf dem Land erwartet (Thomae). Der dem-nächst aus dem Bundestag ausscheidende F.D.P.-Ge-sundheitspolitiker erteilte dem FPG keine guten Noten;eine Weiterentwicklung des bestehenden Fallpauschalen-systems wäre die bessere Alternative gewesen, aber jetzt„Schnee von gestern“. Sollte es bei der Budgetierungbleiben, habe sich „die ganze Sache nicht gelohnt“.

Kassen: FPG nicht der große WurfChancen und Risiken sind ebenso 2 Seiten einer Medaillewie Sieger und Verlierer des neuen Vergütungssystems.Zu den „hauptsächlichen Risikoträgern“ zählen sich fürserste die Krankenkassen, nachdem durch den Sicherstel-lungszuschlag dem Kapazitätsabbau ein Riegel vorge-schoben worden sei und sie ab 2003 das Gesetz zwin-gend anwenden müssten, während die Krankenhäuserdurch das Optionsmodell einen Aufschub bekommen(Gerdelmann). Sollten tatsächlich 60 Prozent der Kliniken

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Politik 4/2002

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Eindrücke vom DKG-Frühlingsempfang

am 19. März 2002

häuser für die ambulante Behandlung und insgesamt einebessere durchgehende Verbindung zwischen den Ge-sundheitsbereichen von der ambulanten Behandlung biszur Rehabilitation.

Dipl.-Volkswirt Peter Ossen,Chefredakteur ■

FPG deckelt die Krankenhäuser massivAuszüge aus der Rede von DKG-Präsident Landrat Dr.Burghard Rocke beim DKG-Frühlingsempfang am 19.März 2002 in Berlin:

Das Fallpauschalengesetz deckelt den stationären Sektormassiv. Ich erwähne hier die vorgesehene Absenkung desBasisfallwerts, wenn nicht über DRGs vergütete Leis-tungsbereiche sich dynamischer entwickeln als die Verän-derungsrate. In der Endversion ist auch nicht mehr vorge-sehen, dass demographisch oder morbiditätsbedingtezusätzliche Krankenhauskosten auch vergütet werden.Damit tragen die Krankenhäuser allein das Morbiditäts-risiko.

Die politische Diskussion der letzten Jahre und Monatewar auf die Beitragssatzentwicklung verengt. Zu Rechthatte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirt-schaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten2000/2001 betont, mehr sinnvolle Ausgaben im Gesund-heitswesen hätten wünschenswerte Beschäftigungswir-kungen. Die rot-grüne Koalition hat sich im Koalitionsver-trag mit ihrer Zielsetzung, die Lohnnebenkosten zusenken, selbst unter Zugzwang gesetzt; dies müssen dieKrankenhäuser nun auslöffeln. Das neue Gesetz setzt den

schon 2003 in das neue System einsteigen, werde es zuZahlungsverzögerungen kommen. Auf eine solch großeZahl seien die Krankenkassen nicht vorbereitet. Außer-dem könnten Vergütungsverschiebungen von 5 Prozentzwischen einzelnen Krankenkassen bereits eine „Kata-strophe“ auslösen. Insgesamt, so das enttäuschte Resü-mee des Kassenvertreters, sei das FPG „nicht der großeWurf“, vielmehr sei das Gesetz „auf halbem Wege steckengeblieben“.

■ Ruf nach „Lahnstein II“Um die notwendigen strukturellen Veränderungen im Ge-sundheitswesen herbeiführen zu können, hält der SPD-Politiker Eike Hovermann ein “Lahnstein II“, das heißt eineparteiübergreifende Initiative nach dem Muster der Über-einkunft zum Gesundheitsreformgesetz 1993 zwischenHorst Seehofer (CSU) und Rudolf Dreßler (SPD), für erfor-derlich. Anders könne die Rolle der Länder nicht „aus-tariert“ werden.

Gegen Ende ihrer politischen Laufbahn im Bundestag,dem sie 8 Jahre angehörte, rief die GesundheitspolitikerinMonika Knoche noch einmal die Vision einer regionalisier-ten Versorgungsplanung in Erinnerung, wie sie von denGrünen vor der Bundestagswahl 1998 programmatischvertreten, später jedoch in der Regierungskoalition nichtweiter verfolgt wurde. Unter den Bedingungen der DRGskönnten die Vorstellungen der Grünen jetzt wieder aktuellwerden. Der Wettbewerb allein könne die Versorgung mitGesundheitsleistungen nicht steuern. Knoche forderte„Regionalisierung anstatt Deregulierung“, eine veränderteRolle der Länder bei der Integration des Versorgungsbe-darfs in den Regionen, eine weitere Öffnung der Kranken-

Fotos: Mihatsch

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4/2002 Politik

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stationären Sektor unter noch stärkeren Kostendruck alsfrüher. Ich kann mich an kein Gesetz im Krankenhaus-bereich erinnern, das schon im Vorfeld von den Klinikenso viel Energien absorbiert hat: Die Häuser haben vieleVorbereitungen getroffen, um sich angemessen auf dieDRGs vorzubereiten. Das kostet Geld, das den Kranken-häusern niemand erstattet.

Verantwortung der PolitikDie Selbstverwaltung hatte sich im Einvernehmen mit derBundesregierung darauf verständigt, ein auf deutschenKosten basierendes Fallpauschalensystem einzuführen.Nun werden die Krankenhäuser verpflichtet, im Jahr 2003und auch danach hilfsweise australische Relativgewichteheranzuziehen, wenn keine deutschen Kalkulationen vor-liegen. Damit wird die Geschäftsgrundlage der DRG-Ein-führung verlassen. Die DKG hat mehrfach darauf hinge-wiesen, dass sich die deutschenKostenverhältnisse mit australischenGewichten nicht korrekt abbilden las-sen, und sie wird diesen Weg deshalbnicht mitgehen. Das muss die Bundes-regierung selbst verantworten.

Für das aktuellste Problem der Kran-kenhäuser sieht das Fallpauschalenge-setz nur eine „Notgroschenlösung“ vor:die Personalsituation in den Häusernund die etwaigen Folgen des EuGH-Ur-teils zum Bereitschaftsdienst. Die An-wendung des EuGH-Urteils zum Bereit-schaftsdienst würde zu Mehrkosten inMilliardenhöhe führen. Diese Kostenmüssen gegenfinanziert werden. Sonstkommt kein Tarifvertrag zustande. Dievielen Ärzte, die wir bei völliger Umset-zung des EuGH-Urteils zusätzlichbräuchten, stehen auf dem Arbeits-markt nicht zur Verfügung. Über Lösun-gen dieses Problems muss konstruktiv geredet werden,zum Beispiel auf dem Beschäftigungsforum am 16. April2002, zu dem die DKG die Politik und alle anderen Betei-ligten eingeladen hat (siehe dazu auch Seite 322 in diesemHeft).

Es darf nicht vergessen werden, dass nach der Bundes-tagswahl weitere Reformen folgen werden, nicht nur dasNachfolgegesetz des FPG. Positiv ist, dass es dann nachder Aussage vieler Akteure auch um eine Reform derfinanziellen Grundlagen der GKV gehen soll. Die GKV hatkein Kostenproblem, der Anteil der GKV-Ausgaben amBruttoinlandsprodukt stagniert seit Jahren bei etwas unter7 Prozent. Die GKV hat ein Einnahmenproblem, das im-mer größer wird. Die Lohnquote nimmt seit 20 Jahren kon-tinuierlich ab.

☛ Der Bund saniert andere Sozialversicherungszweigeauf Kosten der GKV. Für einen großen Teil des Beitrags-satzanstiegs ist die Politik deshalb selbst verantwortlich.

Zu beachten sind die Folgen des demographischen Wan-dels. Rentner zahlen nicht nur weniger Beiträge als Er-

werbstätige, sie nehmen Gesundheitsleistungen auchhäufiger in Anspruch. Hinzu kommt der teure medizini-sche Fortschritt.

☛ Die Reform der Rentenversicherung war fällig, die Re-form der GKV ist überfällig.

Wenn die Einnahmen das zentrale Problem der GKV dar-stellen, müssen die Reformen vor allem dort ansetzen.Wesentlich ist das Ende der Politik der Verschiebebahn-höfe zu Lasten der GKV. Außerdem ist eine Abkehr von derFinanzierung über ausschließlich lohnbezogene Beiträgenötig.

Versicherungsfremde Leistungen müssen aus dem GKV-Leistungskatalog herausgenommen werden. Es kannnicht länger angehen, der GKV aus sozial- oder familien-

politischen Gründen Aufgaben zu über-tragen, für deren Finanzierung die Steu-erzahler zuständig sind. Ein weiteresZiel ist die stärkere Vernetzung derLeistungssektoren. Die integrierte Ver-sorgung und die Disease-Manage-ment-Programme, die besser „gemein-same Behandlungsprogramme“ ge-nannt würden, sind die Vorboten dieserEntwicklung.

☛ Solche Programme und die integrier-te Versorgung werden nur mit denKrankenhäusern, nicht aber gegen sieerfolgreich sein.

Ein tieferer Grund für die Vernetzungmag das Ziel der Verlagerung von Leis-tungen in den ambulanten Bereich sein.Wenn das so ist, müssen die Kranken-häuser verstärkt zur ambulanten Ver-sorgung zugelassen werden. Schließ-

lich sind sie – wie im Ausland vielfach bewiesen –besonders gut dafür geeignet, die Leistungserbringungüber verschiedene Versorgungsbereiche hinweg zu orga-nisieren.

Das Nebeneinander unterschiedlicher Versorgungsformenwird auch für unser Verständnis der Bedarfsplanung undSicherstellung nicht folgenlos bleiben. Ein völlig „freiesSpiel der Kräfte“ kann und darf es hier nicht geben. Wasdann passiert, ist am Beispiel des amerikanischen Ge-sundheitssystems zu sehen: Dort sind viele Menschennicht versichert, und dennoch ist dieses Gesundheits-wesen deutlich teurer als das deutsche. Künftig soll denKrankenkassen zudem das Recht des selektiven Kontra-hierens eingeräumt werden. Für das deutsche Gesund-heitswesen wäre das eine Zäsur. Hier geht es um dieFrage, ob die Krankenkassen allein für ein bedarfsgerech-tes Angebot Sorge tragen können, wenn sie doch vor alleman einem niedrigen Beitragssatz interessiert sind.

Anschrift des Verfassers:DKG-Präsident Landrat Dr. Burghard Rocke,Münsterstraße 169, 40476 Düsseldorf ■

DKG-Präsident Landrat Dr. Burghard Rocke

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4/2002 Fallpauschalengesetz

Die bundesdeutsche Krankenhauspolitik wurde seitAnfang des Jahres 2001 nahezu permanent durchdie Diskussion über den gesetzlichen Rahmen der

DRG-Einführung beherrscht. Ein zentrales Anliegen derDKG war es immer, die ordnungspolitischen Rahmenbe-dingungen des neuen Vergütungssystems früh festzu-legen; sie beschloss deshalb nach intensiven Beratungenam 23. Januar 2001 ihre ausführlichen „Positionen zumordnungspolitischen Rahmen des neuen Entgeltsys-tems“. Die DKG forderte darin unter anderem die Aufhe-bung der Budgetierung und präsentierte ihre Vorstellun-gen zur Steuerung des Leistungsgeschehens. Im Februar2001 wurde dann der Entwurf eines Eckpunktpapiers desBMG bekannt, der erste Vorstellungen zum gesetzlichenRahmen der DRG-Einführung enthielt und zum Teil bereitsInhalte des späteren Arbeitsentwurfs thematisierte.

Gegenstand der politischen Auseinandersetzung war un-ter anderem auch die Frage, ob es zu einer kleinen ge-setzlichen Lösung nur für die Einführungs- und Über-gangsphase oder zu einer großen Lösung mit Wei-chenstellungen auch für die Folgezeit kommen sollte. DieDKG brachte ihre Vorstellungen zur budgetneutralen Pha-se und zur Konvergenzphase, zur Frage der Berücksichti-gung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität sowiezum ordnungspolitischen Rahmen nach Abschluss derKonvergenzphase in einer Anhörung am 2. Mai 2001 aufder BMG-Arbeitsebene zum Ausdruck. Die CDU hatte be-reits einige Wochen vorher ein Reformpapier für den sta-tionären Sektor erarbeitet, dessen Inhalte im Wesent-lichen den Forderungen der DKG entsprachen.

Am 1. Juni 2001 legte das BMG den Arbeitsentwurf desDRG-Einführungsgesetzes vor. Dieser beinhaltete unteranderem einen obligatorischen Einstieg in das neue Sys-tem im Jahr 2003, eine zweijährige budgetneutrale Phaseund daran anschließend eine zweijährige Konvergenz-phase, die Berücksichtigung des Grundsatzes der Bei-tragssatzstabilität bei der Vereinbarung des Basisfall-werts, die Erweiterung von Kompetenzen der Kran-kenkassen bei der Krankenhausplanung durch Änderungvon § 109 SGB V, eine Verschärfung der Prüfrechte desMDK und weitere Vorgaben zur Qualitätssicherung. In ih-rer am 19. Juni 2001 vom Vorstand beschlossenen Stel-lungnahme zum Arbeitsentwurf äußerte die DKG darauf-hin massive Kritik. Im Mittelpunkt standen dabei der zukurz geratene Zeitplan, das Konterkarieren betriebswirt-schaftlicher Preise durch starres Festhalten an der Bud-getierung, die vorgesehene Einschränkung der Kranken-hausplanung der Länder, unzureichende Öffnungsklau-seln, die fehlende Berücksichtigung der Umstellungsko-sten sowie die von Misstrauen geprägte Verschärfung derQualitätssicherung und der Kontrollbefugnisse des MDK.

Nachdem die Bundesregierung am Einführungstermin2003 trotz massiver Bedenken der DKG unbedingt fest-

halten wollte, beschloss der DKG-Vorstand am 2. Juli2001 einen Kompromissvorschlag, der auf einen Einstiegin das neue Vergütungssystem ab 2003 auf freiwilliger Ba-sis abzielte, eine obligatorische Einführung der DRGs je-doch erst für den 1. Januar 2004 vorsah.

☛ Das DKG-Optionsmodell wurde in einem am 9. Juli2001 zwischen dem BMG, den GKV-Spitzenverbändenund der DKG geführten Gespräch als Grundlage des wei-teren Entscheidungsprozesses zum DRG-Einführungs-gesetz vereinbart.

Als Basis der Anhörung im BMG am 30. Juli 2001 legte dieDKG vorab am 27. Juli 2001 eine umfassende schriftlicheStellungnahme vor. Begrüßt wurde darin die Übernahmedes DKG-Optionsmodells sowie die Rücknahme der ur-sprünglich beabsichtigten Streichung der Finanzierungder Qualitätssicherung. Als weiterhin völlig unzureichendwurde aber insbesondere das Fehlen echter Öffnungs-klauseln beurteilt. Außerdem wurden die Koali-tionsfraktionen aufgefordert, eine Finanzierung der erheb-lichen Zusatzkosten der DRG-Einführung für dieKrankenhäuser vorzusehen. Massive Kritik wurde zudeman den vorgesehenen Regelungen zur Absenkung des Ba-sisfallwerts geäußert.

Diese Positionen wurden von der DKG auch am 10. Okto-ber 2001 in der Anhörung des Bundestagsgesundheits-ausschusses zum FPG vertreten. Vorab war den Bundes-tagsfraktionen hierzu noch eine Stellungnahme zu deninhaltlichen Schwerpunkten des FPG übermittelt worden.Obwohl die DKG im Vorfeld der Bundestagsberatungenaußerdem verschiedene Gespräche mit den Fraktionsver-tretern führte, wurde bereits zu diesem Zeitpunkt erkenn-bar, dass die Regierungsparteien eher noch weitere Ver-schärfungen des Gesetzentwurfs planten.

Die Beratungen im Bundesrat im 1. Durchgang führten am9. November 2001 unter anderem zur Forderung der Län-derkammer, die Regelungen zur Qualitätssicherung imFPG weiter zu verschärfen. Die Länder forderten darüberhinaus, die Zuständigkeit für den Versorgungszuschlag inihre Kompetenz zu verlagern, die Ausdehnung ambulanterBehandlungsmöglichkeiten für die Hochschulkliniken so-wie Verbesserungen bei den zusätzlichen Entgelten fürneue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. In derGegenäußerung der Bundesregierung wurde diesen For-derungen nur teilweise Rechnung getragen.

Massive Verschlechterungen des ursprünglichenEntwurfsWährend die Forderungen der Länder zum Teil der DKG-Position entgegenkamen, kam es im Verlauf der Beratun-gen im Bundestagsgesundheitsausschuss zu massivenVerschlechterungen des ursprünglichen Entwurfs. Die

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Das Fallpauschalengesetz: Entscheidungsverlauf und zentrale Inhalte

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Fallpauschalengesetz 4/2002

Koalitionsfraktionen legten hier zahlreiche Änderungsvor-schläge vor, die unter anderem die hilfsweise Heranzie-hung australischer Bewertungsrelationen, die Einführungeiner DRG-Umsatzuntergrenze als Voraussetzung derNutzung des Optionsmodells im Jahr 2003, eine Ersatz-vornahme durch das BMG anstelle der Bundesschieds-stelle zur Konfliktlösung, verbindliche Mindestmengen fürKrankenhausleistungen sowie weitere Verschärfungen inder Qualitätsberichterstattung beinhalteten. Die DKGwandte sich massiv gegen die beabsichtigten Änderun-gen und legte Anfang Dezember 2001 mit einem 6-Punk-te-Forderungskatalog gegenüber dem BMG, den Fraktio-nen und den Länderministerien nochmals ihre Position zuden wichtigsten Problembereichen dar.

Trotz dieser umfangreichen Bemühungen konnten imweiteren Verlauf bis zur 2./3. Lesung im Deutschen Bun-destag am 14. Dezember 2001 nur noch marginale Ände-rungen erreicht werden. Während die Vertreter der Koaliti-onsfraktionen das Vorhaben der Bundesregierung dorteinhellig unterstützten, sprach sich die Unionsfraktion klargegen das Gesetz in der vorliegenden Fassung aus. In ei-nem Entschließungsantrag forderten CDU und CSU ins-besondere, einen längeren Zeitraum für die Umsetzung ei-nes Fallpauschalensystems gesetzlich vorzugeben unddieses auf Basis der bereits existierenden deutschen Fall-pauschalen zu entwickeln.

VermittlungsverfahrenNachdem das Gesetz im Bundesrat am 1. Februar 2002keine Zustimmung gefunden hatte, kam es am Ende desEntscheidungsprozesses auf die Verhandlungen im Ver-mittlungsausschuss an. Dieser tagte am 26. Februar2001; durch seine Beratungen kam es noch zu einigenVerbesserungen des Gesetzes im Sinne der Krankenhäu-ser. Das gilt insbesondere für den Verzicht auf die ur-sprünglich geplante Neuregelung des § 109 SGB V sowiedie nunmehr vorhandene Möglichkeit von Ausnahmenvon den verbindlichen Mindestmengen für planbare Leis-tungen. Der Bundestag stimmte dem Vermittlungsergeb-nis am 28. Februar zu, der Bundesrat am 1. März 2002.

In mehreren für die DKG zentralen Punkten konnte keineÄnderung des Gesetzes erreicht werden. Dies gilt insbe-sondere für die Vorgaben in § 10 KHEntgG, die auf eineFortführung der Budgetierung des stationären Sektorshinauslaufen (Absenkung des Basisfallwerts im Falle einesüber die Veränderungsrate hinausreichenden Ausgaben-wachstums bei nicht über DRGs vergüteten Leistungsbe-reichen, Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven).Ein Antrag der CDU-regierten Länder sah hier zwar inÜbereinstimmung mit dem Formulierungsvorschlag derDKG vor, dies für die Fortschreibung der Basisfallwerte er-satzlos zu streichen und zusätzlich bei Fallzahlsteigerun-gen die variablen Kosten erhöhend zu berücksichtigen.Der Vorschlag wurde jedoch von den SPD-Ländern mitHinweis auf das Gebot der Beitragssatzstabilität abge-lehnt.

Unberücksichtigt blieb auch die DKG-Forderung, die Vor-gabe der näherungsweisen Ermittlung von Relativgewich-ten auf australischer Basis für 2003 und 2004 zu strei-

chen. In dieser Frage hatte die DKG im Vorfeld bereitsdeutlich gemacht, dass sie für eine Selbstverwaltungs-lösung nicht zur Verfügung steht.

Reformetappen im Überblick13. Februar 2001: BMG-Eckpunktepapierentwurf zur„Einführung eines DRG-Fallpauschalensystems im Kran-kenhausbereich“

2. Mai 2001: Anhörung zu zentralen Punkten der ord-nungspolitischen Einbindung des neuen DRG-Fallpau-schalensystems im BMG

1. Juni 2001: BMG-Arbeitsentwurf eines DRG-Ein-führungsgesetzes

10. Juli 2001: BMG-Referentenentwurf.

30. Juli 2001: Anhörung zum Referentenentwurf im BMG

29. August 2001: Kabinettsbeschluss zum Entwurf desFallpauschalengesetzes

10. Oktober 2001: Anhörung zum FPG-Entwurf im Gesund-heitsausschuss des Deutschen Bundestages

9. November 2001: Stellungnahme des Bundesrates zumFPG-Entwurf

14. November 2001: Beratung des FPG im Bundestags-gesundheitsausschuss; Gegenäußerung der Bundes-regierung zur Bundesratsstellungnahme. �

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4/2002 Fallpauschalengesetz

12. Dezember 2001: Abschließende Beratung im Bundes-tagsgesundheitsausschuss

14. Dezember 2001: Verabschiedung nach 2./3. Lesungim Deutschen Bundestag

16. Januar 2002: Zustimmung zum Gesetz im BR-Ge-sundheitsausschuss

17. Januar 2002: Empfehlung zur Anrufung des Ver-mittlungsausschusses durch den Bundesratsinnenaus-schuss

1. Februar 2002: 2. Durchgang im Bundesrat; keine Zu-stimmung zum FPG, keine Anrufung des Vermittlungsaus-schusses

6. Februar 2002: Anrufung des Vermittlungsausschussesdurch die Bundesregierung

26. Februar 2002: Beratung und Empfehlungen des Ver-mittlungsausschusses.

28. Februar 2002: Zustimmung im Bundestag

1. März 2002: Zustimmung im Bundesrat

Die zentralen Inhalte des Fallpauschalen-gesetzesDie folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Voll-ständigkeit, sondern beschränkt sich auf eine zusammen-fassende Darstellung der zentralen Inhalte des Fallpau-schalengesetzes in der von Bundestag und Bundesratabschließend verabschiedeten Fassung.

■ Optionsmodell und budgetneutrale Phase (§ 17 b Absatz 4, 6, 7 KHG, § 3 KHEntgG)Das Vergütungssystem wird für die Jahre 2003 und 2004budgetneutral eingeführt. Für das Jahr 2003 soll dieSelbstverwaltung auf Bundesebene einen vorläufigenFallpauschalenkatalog auf der Grundlage des ausgewähl-ten australischen Katalogs vereinbaren. Kann eine Fall-gruppe wegen zu geringer Fallzahlen in der Erstkalkulati-on voraussichtlich nicht mit einem deutschen Rela-tivgewicht bewertet werden, ist dieses allerdings nähe-rungsweise auf der Grundlage australischer Relativ-gewichte zu ermitteln und zu vereinbaren.

Auf Verlangen des Krankenhauses wird das Vergütungs-system zum 1. Januar 2003 mit diesem vorläufigen Fall-pauschalenkatalog eingeführt. Voraussetzung dabei ist,dass von dem Krankenhaus voraussichtlich mindestens90 Prozent des um Zusatzentgelte und Ausbildungskos-ten verminderten Gesamtbetrags über DRGs abgerechnetwerden können. Wird dieser Prozentsatz nicht erreicht,kann das Krankenhaus das Vergütungssystem 2003 nurmit der Zustimmung der Krankenkassen einführen. DasKrankenhaus hat Letzteren sein Verlangen bis zum 31.Oktober 2002 schriftlich mitzuteilen und dazu eine Auf-stellung über Art und Anzahl der DRG-Leistungen im er-sten Halbjahr 2002 vorzulegen.

Zum 1. Januar 2004 wird das neue Vergütungssystem füralle Krankenhäuser mit einer ersten Fassung eines deut-schen Fallpauschalenkatalogs verbindlich eingeführt.Auch für 2004 gilt das Verfahren zur näherungsweisen Er-

mittlung auf australischer Basis, wenn Fallgruppen aufGrund zu geringer Fallzahlen nicht mit deutschen Relativ-gewichten bewertet werden können. Diese sind in den fol-genden Jahren durch Relativgewichte auf der Basis deut-scher Kostenerhebungen zu ersetzen.

Das BMG wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohneZustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Teilbe-reiche zu erlassen, in denen eine Einigung der Selbstver-waltung nicht zustande gekommen ist und eine der Ver-tragsparteien das Scheitern der Verhandlungen erklärt hat.

Ermittlung des BasisfallwertesZur budgetneutralen Umsetzung auf krankenhausindivi-dueller Ebene wird in den Jahren 2003 und 2004 ein Ge-samtbetrag in entsprechender Anwendung der BPflV ver-einbart. Für die Abrechnung der Fallpauschalen sind dannkrankenhausindividuelle Basisfallwerte zu ermitteln. Ausdem Erlösbudget, das heißt dem Teilbetrag des vereinbar-ten Gesamtbetrags, der auf die DRG-Fallpauschalen unddie Zusatzentgelte entfällt, wird der krankenhausindividu-elle Basisfallwert abgeleitet. Dazu werden von dem Erlös-budget die Erlöse aus Zusatzentgelten abgezogen und diesich ergebende Restsumme durch die mit den Bewer-tungsrelationen gewichtete Summe aller vereinbarten Be-handlungsfälle dividiert. Der so ermittelte Basisfallwertbestimmt die krankenhausindividuelle Höhe der Fallpau-schalen.

Mehr- und MindererlöseFür den Fall, dass die tatsächlich eintretenden Erlöse vomprospektiv vereinbarten und um periodenfremde Ausglei-che und Berichtigungen veränderten Gesamtbetrag ab-weichen, sieht das Gesetz Mehr- oder Mindererlöse vor.Mindererlöse werden im Jahr 2003 zu 95 Prozent, im Jahr2004 zu 40 Prozent ausgeglichen. Mehrerlöse aus Fall-pauschalen, die in Folge einer veränderten Kodierung vonDiagnosen und Prozeduren entstehen, werden vollständigausgeglichen. Für sonstige Mehrerlöse gilt dies im Jahr2003 zu 75 Prozent, im Jahr 2004 zu 65 Prozent. Für Leis-tungen mit einem sehr hohen Sachkostenanteil kann imVoraus ein abweichender Ausgleich vereinbart werden.Für die sonstigen Mehrerlöse im Bereich der Fallpauscha-len ist zudem ein vereinfachtes Ermittlungsverfahren vor-gesehen.

■ Konvergenzphase (§ 17 b KHG Absatz 6, § 4 KHEntgG)Ab dem Jahr 2005 wird das Erlösbudget des Kranken-hauses nach der neuen DRG-Systematik verhandelt. Da-bei gilt grundsätzlich die Formel „Menge x Preis“. Das soermittelte DRG-Erlösvolumen wird jedoch nicht sofortwirksam, wenn es von dem zuletzt vereinbarten Erlösbud-get abweicht. Das krankenhausindividuelle Erlösbudgetsowie der krankenhausindividuelle Basisfallwert werdenvielmehr jeweils zum 1. Januar 2005, 2006 und 2007 stu-fenweise an den landesweit geltenden Basisfallwert unddas sich daraus ergebende Erlösvolumen angeglichen.Zum 1. Januar 2007 gilt dann für alle Krankenhäuser einlandesweit einheitlicher Basisfallwert und damit ein ein-heitliches DRG-Preisniveau.

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Fallpauschalengesetz 4/2002

■ Vereinbarung des landesweiten Basisfallwerts (§ 10 KHEntgG)Zur Bestimmung der Höhe der Fallpauschalen vereinba-ren die Vertragsparteien auf Landesebene jährlich einenlandesweiten Basisfallwert für das folgende Kalenderjahr.Bei der erstmaligen Vereinbarung für 2005 ist dieser sofestzulegen, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossensind, es sei denn, die notwendige medizinische Versor-gung wäre dann nicht mehr zu gewährleisten.

In den Folgejahren sind bei der Vereinbarung des Basis-fallwerts insbesondere zu berücksichtigen: der Verände-rungsbedarf auf Grund der jährlichen Kostenerhebungund Neukalkulation, voraussichtliche allgemeine Kos-tenentwicklungen, Möglichkeiten zur Ausschöpfung vonWirtschaftlichkeitsreserven, die allgemeine Kosten-degression bei Fallzahlsteigerungen sowie die Aus-gabenentwicklung bei Leistungsbereichen, die nicht mitFallpauschalen vergütet werden, soweit diese die Ver-änderungsrate überschreiten.

Zusätzliche Fälle sind bei der Vereinbarung des Basis-fallwerts absenkend zu berücksichtigen. In der Geset-zesbegründung zu § 10 Absatz 3 KHEntgG wird aller-dings ausgeführt, dass Fallzahlsteigerungen, zumBeispiel auf Grund des medizinischen Fortschritts undder demographischen Entwicklung, auch anteilig zusätz-lich vergütet werden sollen – und zwar in Höhe der zu-sätzlich entstehenden variablen Fallkosten. Soweit inFolge veränderter Kodierung Ausgabenerhöhungen ent-stehen, sind diese vollständig durch eine entsprechendeAbsenkung des Basisfallwerts auszugleichen. Die ver-einbarte Veränderung des Basisfallwerts darf die Verän-derungsrate nicht überschreiten.

■ Absenkung oder Staffelung der DRG-Bewertungs-relationen (§ 17 b Absatz 1 KHG)Die Bewertungsrelationen der DRGs können für Leistun-gen, bei denen in erhöhtem Maße wirtschaftlich begrün-dete Fallzahlsteigerungen eingetreten oder zu erwartensind, gezielt abgesenkt oder in Abhängigkeit von der Fall-zahl bei diesen Leistungen gestaffelt vorgegeben werden.Auf diese Weise soll eine entsprechende, sonst notwen-dige Absenkung nach § 10 Absatz 3 KHEntgG vermiedenwerden können, damit die Höhe der Fallpauschalen innicht oder kaum mengenanfälligen Bereichen wenigerdurch Leistungsbereiche mit starken Fallzahlsteigerungenbeeinflusst wird.

■ Zuschläge und zusätzliche EntgelteSonstige Entgelte für 2003 und 2004 (§ 6 Absatz 1 KHEntgG)Für die Vergütung von Leistungen, die nach Feststellungder Vertragsparteien auf Bundesebene in den Jahren2003 und 2004 noch nicht von den DRG-Fallpauschalenund Zusatzentgelten erfasst werden, vereinbaren die Ver-tragsparteien auf örtlicher Ebene fall- oder tagesbezoge-ne Entgelte.

Sicherstellungszuschlag (§ 17 b Absatz 1 KHG, § 5 Absatz 2 KHEntgG)Zur Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölke-rung notwendigen Vorhaltung von Leistungen, die aufGrund des geringen Versorgungsbedarfs mit DRG-Fall-pauschalen nicht kostendeckend finanzierbar sind, sollenbundeseinheitliche Empfehlungen für Maßstäbe verein-bart werden. Diese sollen regeln, unter welchen Voraus-setzungen der Tatbestand einer notwendigen Vorhaltungvorliegt sowie in welchem Umfang grundsätzlich zusätz-liche Zahlungen zu leisten sind. Die für die Krankenhaus-planung zuständige Landesbehörde kann ergänzendeoder abweichende Vorgaben zu den Voraussetzungen er-lassen, muss dabei jedoch die Interessen anderer Kran-kenhäuser berücksichtigen. Wenn das Land keine Vor-gaben erlässt, sind die vereinbarten Empfehlungenverbindlich anzuwenden.

Die Vertragsparteien vor Ort prüfen, ob die Voraussetzun-gen für einen Sicherstellungszuschlag im Einzelfall vorlie-gen und vereinbaren diese sowie die Höhe der Zuschlägegegebenenfalls. Kommt eine Einigung nicht zustande,entscheidet das Land darüber, ob die Erbringung der Leis-tung durch das Krankenhaus zur Sicherstellung der Ver-sorgung erforderlich ist. Die Höhe des Zuschlags wirdauch in diesem Fall von den örtlichen Vertragsparteienvereinbart. �

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4/2002 Fallpauschalengesetz

Zuschlagsregelung für Ausbildungsstätten und Ausbildungsvergütungen (§ 17 a KHG)Ab 1. Januar 2004 werden die Kosten von Ausbildungs-stätten und Ausbildungsvergütungen pauschaliert übereinen Zuschlag je Fall finanziert, den alle Krankenhäuserim entsprechenden Bundesland einheitlich erheben. DerZuschlag wird an die jeweilige Landeskrankenhausgesell-schaft abgeführt; diese errichtet und verwaltet einen Aus-gleichsfonds, der aus der Summe aller Zuschläge besteht.Die Landeskrankenhausgesellschaften zahlen an dieKrankenhäuser die jeweils zustehenden Beträge zur pau-schalierten Finanzierung der Ausbildungskosten.

Zusatzentgelte (§ 17 b Absatz 1 KHG)Soweit es zur Ergänzung der Fallpauschalen in eng be-grenzten Ausnahmefällen erforderlich ist, können die Ver-tragsparteien auf Bundesebene Zusatzentgelte für Leis-tungen, Leistungskomplexe oder Arzneimittel verein-baren, insbesondere für die Behandlung von Blutern mitBlutgerinnungsfaktoren oder für eine Dialyse, wenn dieBehandlung des Nierenversagens nicht die Hauptleistungist. Sie vereinbaren auch die Höhe der Entgelte; diesekann nach Regionen differenziert festgelegt werden.

Vergütung neuer Untersuchungs- und Behandlungs-methoden (§ 6 Absatz 2 KHEntgG)Die Vertragsparteien auf örtlicher Ebene sollen für die Ver-gütung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmetho-den, die mit den Fallpauschalen und Zusatzentgeltennoch nicht sachgerecht vergütet werden können und dienicht durch den Ausschuss Krankenhaus (§ 137 c SGB V)von der Finanzierung ausgeschlossen sind, erstmals fürdas Jahr 2005 zeitlich befristete, fallbezogene Entgeltevereinbaren. Das Schiedsstellenverfahren ist zulässig. Voreiner entsprechenden Vereinbarung muss das Kranken-haus bis zum 30. September von den Vertragsparteien aufBundesebene eine Information einholen, ob die neue Me-thode mit bereits vereinbarten Fallpauschalen abgerech-net werden kann. Diese können eine Bewertung der neu-en Methode durch den Ausschuss Krankenhaus veran-lassen.

■ Qualitätssicherung (§ 137 SGB V)Mindestanforderungen an die Struktur- undErgebnisqualitätDie Vereinbarungen zur Qualitätssicherung nach § 137SGB V müssen künftig auch Mindestanforderungen an dieStruktur- und Ergebnisqualität umfassen. Laut Gesetzes-begründung sind hier vor allem sächliche oder personelleVoraussetzungen (Art und Anzahl des Personals sowiedessen Qualifikation) von Bedeutung. Bei geeigneten Fall-gruppen sollen auch Voraussetzungen an die Qualität desBehandlungsergebnisses vereinbart werden.

MindestmengenAuf Bundesebene ist ein Katalog planbarer Leistungen zuvereinbaren, bei denen die Qualität des Behandlungser-gebnisses in besonderem Maße von der Menge der er-brachten Leistungen abhängig ist. Zu vereinbaren sinddann Mindestmengen für solche Leistungen je Arzt oderKrankenhaus sowie Ausnahmetatbestände (zum Beispiel

beim Wechsel des behandelnden Arztes). Wenn die erfor-derliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraus-sichtlich nicht erreicht wird, dürfen ab 2004 solche Leis-tungen nicht mehr erbracht werden. Die für die Kran-kenhausplanung zuständige Landesbehörde kann auf An-trag des Krankenhauses Ausnahmen von den verbind-lichen Mindestmengen bestimmen, um eine Gefährdungder Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung zuvermeiden.

QualitätsberichtDie Krankenhäuser müssen künftig alle 2 Jahre einenstrukturierten Qualitätsbericht vorlegen. Dieser hat Aus-kunft über den Stand der Qualitätssicherung zu geben; ermuss auch Art und Anzahl der Leistungen des Kranken-hauses ausweisen und über die Umsetzung der Mindest-mengenregelung berichten. Bei nicht fristgerechter Veröf-fentlichung droht eine jährliche MDK-Prüfung. Der Berichtist erstmals 2005 für 2004 zu erstellen und von den Kran-kenkassen im Internet zu veröffentlichen. Die KVen unddie Krankenkassen können die Vertragsärzte und die Ver-sicherten auf der Basis der Berichte vergleichend über dieQualitätsmerkmale der Krankenhäuser informieren undEmpfehlungen aussprechen.

Finanzierung der QualitätssicherungFür die Beteiligung der Krankenhäuser an Maßnahmen zurQualitätssicherung sind Zuschläge zu vereinbaren; diesekönnen auch in die Fallpauschalen eingerechnet werden(§ 17 b Absatz 1 KHG).

■ Medizinischer Dienst (§§ 275 SGB V, 17 c KHG)Die Krankenkassen gemeinsam können zur Überprüfungder ordnungsgemäßen Abrechnung der Fallpauschalenden MDK einschalten. Dieser darf Stichproben von akutenund abgeschlossenen Fällen erheben und verarbeiten.Diese können sich auf bestimmte Organisationseinheitenoder bestimmte Diagnosen, Prozeduren und Entgelte be-ziehen. Bei fehlerhafter Abrechnung sind Ursachen undUmfang festzustellen. Für die Erstattung oder Nachzah-lung ist ein pauschaliertes Ausgleichsverfahren vorgese-hen. Soweit nachgewiesen wird, dass Fallpauschalengrob fahrlässig zu hoch abgerechnet wurden, ist der dop-pelte Differenzbetrag zurückzuzahlen.

Für strittige Prüfergebnisse wird ein Schlichtungsaus-schuss eingerichtet. Dieser kann von Krankenhausträgernund Krankenkassen angerufen werden. Der Schlichtungs-ausschuss hat auch das Nähere zum Prüfverfahren desMDK, insbesondere zur fachlichen Qualifikation der Prü-fer, zur Größe der Stichproben, zur Möglichkeit der Be-gleitung der Prüfer durch Krankenhausärzte und zur Be-sprechung der Prüfergebnisse mit den betroffenenKrankenhausärzten vor Weiterleitung an die Krankenkas-sen, zu vereinbaren.

■ Begleitforschung (§ 17 b Absatz 8 KHG)Die Vertragsparteien führen eine Begleitforschung zu denAuswirkungen des neuen Vergütungssystems durch, ins-besondere zur Veränderung der Versorgungsstrukturenund zur Qualität der Versorgung. Die Begleitforschung soll

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Fallpauschalengesetz 4/2002

auch die Auswirkungen auf die ambulante Versorgungund andere Leistungsbereiche sowie Art und Umfang vonLeistungsverlagerungen umfassen. Erste Ergebnisse sindim Jahr 2005 zu veröffentlichen.

Hochschulambulanzen (§§ 117, 120 SGB V)Der Zulassungsausschuss wird verpflichtet, auf Verlangenvon Hochschulen oder Hochschulkliniken die Hoch-schulambulanzen zur ambulanten ärztlichen Versorgungin dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang zuermächtigen. Die Leistungen der Hochschulambulanzenwerden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Eserfolgt daher für das Jahr 2003 eine Bereinigung der Ge-samtvergütungen für die vertragsärztliche Versorgung (§ 85 SGB V).

■ Übermittlung und Nutzung von DRG-Daten (§ 21 KHEntgG)Das Krankenhaus muss jeweils zum 31. März für das vo-rangegangene Kalenderjahr einen Datensatz mit Struktur-und Leistungsdaten an die DRG-Datenstelle übermitteln,erstmals zum 1. Juli 2002. Die Datenstelle veröffentlichtzusammengefasste Daten bei der erstmaligen Übermitt-lung im Jahr 2002 zum 1. Oktober, in den Folgejahren je-weils bis zum 1. Juli, gegliedert nach bundes- und lan-desweiten Ergebnissen. Krankenhäusern, die ihre Ver-pflichtung zur Datenübermittlung nicht, nicht vollständigoder nicht rechtzeitig erfüllen, droht ein Abschlag von den

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Fallpauschalen, der von den Vertragsparteien auf Bun-desebene zu vereinbaren ist.

■ Arbeitszeit (§ 6 Absatz 5 BPflV)Die Vertragsparteien vereinbaren zur Verbesserung derArbeitszeitbedingungen für das Jahr 2003 einen zusätz-lichen Betrag bis zur Höhe von 0,2 Prozent des Gesamt-betrags. Das Krankenhaus muss allerdings nachweisen,dass auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung mit derArbeitnehmervertretung, die eine Verbesserung der Ar-beitszeitbedingungen zum Gegenstand hat, zusätzlichePersonalkosten zur Einhaltung der Regelungen des Ar-beitszeitrechts zu finanzieren sind. Der zusätzliche Betragist im Gesamtbetrag zu berücksichtigen; er kann dabei dieVeränderungsrate überschreiten. Für das Jahr 2004 darfunter den gleichen Voraussetzungen erstmals oder zu-sätzlich ein Betrag bis zur selben Höhe vereinbart werden,soweit Verweildauerverkürzungen oder eine verbesserteWirtschaftlichkeit ansonsten zu einer entsprechenden Ab-senkung des Gesamtbetrags führen würden. Die zusätz-lichen Finanzierungsmittel gehen in das Erlösbudget desKrankenhauses für das Jahr 2005 ein und werden mit die-sem stufenweise an das neue DRG-Vergütungssystemangeglichen.

Dr. Martin Schölkopf, Referent im Bereich Politik, DKG Berlin, Straße des 17. Juni 114, 10623 Berlin ■

Blickpunkt BerlinFortsetzung von Seite 273

Die von den Koalitionsfrak-tionen vorgenommenen Än-derungen betrafen entschei-dende Punkte, um der Hoch-schulmedizin gleichermaßendas FPG schmackhaft zu ma-chen und ihr eine Zustim-mung zur Approbationsord-nung abzuringen.Seit ein erfolgreicher Ab-schluss des Gesetzgebungs-verfahrens zum FPG in greif-bare Nähe gerückt war, liefes wie am Schnürchen. DieKultusressorts erarbeiteten21 Änderungsanträge, de-nen schließlich auch dasBMG seine Zustimmunggab. Die ArbeitsgruppeHochschulmedizin stimmtedem Antragspaket dann am22. Februar zu. Nachdem esden unionsgeführten Län-dern im Bundesrat in derSitzung am 1. März nicht ge-

lungen war, das FPG zustoppen, machte der Aus-schuss für Kulturfragen desBundesrates bereits 3 Tagespäter „Nägel mit Köpfen“und beschloss die Ände-rungsanträge. Das Bundes-ratsplenum könnte am 26. April endgültig „grünesLicht“ für die Novellierunggeben.

SPD und Union bemühen sich um innereGeschlossenheit Beide großen Volksparteienbemühen sich verstärktdarum, eine gemeinsame -Linie für die programmati-sche Ausgestaltung der Ge-sundheitspolitik zu finden.Bei der SPD tut dies auf In-itiative des Vorstands derBundespartei eine von FranzMüntefering moderierte„High Level Group“, die ausden Spitzen des BMG, der

SPD-Bundestagsfraktionund der SPD-geführten Bun-desländer besteht. Unter-schiedliche Auffassungengibt es ebenso bei der Uni-on: zwischen den Parteien,der Bundestagsfraktion undden unionsgeführten Bun-desländern. Auch hier wirdmit Hochdruck daran gear-beitet, um schnell zu einergemeinsamen Position zugelangen.Insgesamt scheinen die in-ternen Differenzen bei derSPD größer als bei der Uni-on zu sein, da sie sowohlgravierende inhaltliche wiepersonell-machtpolitischeAspekte betreffen. In derUnion wird die Gesundheits-politik nach wie vor vonHorst Seehofer dominiert,der offensichtlich trotz sei-ner Erkrankung auch ver-sucht, seine Auffassungenüber ein Wahl- bzw. Regie-rungsprogramm gegen dieCDU durchzusetzen. Diffe-renzen gibt es bei der Unionvor allem in der Frage, wie

man an die Differenzierungdes Leistungskatalogs he-rangeht: durch die Auftei-lung von Kern- und Wahlleis-tungen oder durch die Ein-führung von Selbstbehalt-tarifen, Beitragsrückgewähretc. Die unionsregiertenBundesländer haben sich ineinem Ende Januar veröf-fentlichten Programmpapiereher auf die Seite Seehofersgeschlagen. Einig ist mansich aber innerhalb derUnion in dem grundsätz-lichen Ziel, die GKV-Kostendurch eine Veränderung derFinanzierung des Leistungs-katalogs und eine größereIndividualisierung seinerInanspruchnahme zu stabili-sieren. Hier dürfte, bezogenauf den Wahlkampf und diePerspektiven nach der Bun-destagswahl, der größte Un-terschied zur SPD liegen,die Änderungen am Leis-tungskatalog – einschließ-lich höhere Zuzahlungen –weitgehend ausklammernwill. Broll & Lehr