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Arbeitsbericht Nr. 13/2005 Hrsg.: Matthias Schumann Andre Daldrup Kreditrisikomaße im Vergleich Georg-August-Universität Göttingen Institut für Wirtschaftsinformatik Professor Dr. Matthias Schumann Platz der Göttinger Sieben 5 37073 Göttingen Telefon: + 49 551 39 - 44 33 + 49 551 39 - 44 42

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Arbeitsbericht Nr. 13/2005

Hrsg.: Matthias Schumann

Andre Daldrup

Kreditrisikomaße im Vergleich

Georg-August-Universität Göttingen

Institut für Wirtschaftsinformatik Professor Dr. Matthias Schumann

Platz der Göttinger Sieben 5

37073 Göttingen

Telefon: + 49 551 39 - 44 33

+ 49 551 39 - 44 42

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Inhaltsverzeichnis II

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis .........................................................................................................................III

Tabellenverzeichnis ..............................................................................................................................III

Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................................... IV

1 Einleitung ...........................................................................................................................................1

2 Grundlagen ........................................................................................................................................2

2.1 Kreditrisiko und Standardrisikokosten .........................................................................................2

2.2 Expected Loss und zentrale Kalkulationsparameter ...................................................................5

3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss ................................................................8

3.1 Anforderungen an (Kredit-)Risikomaße.......................................................................................8

3.2 Varianz und Standardabweichung.............................................................................................11

3.3 Lower Partial Moments (LPM) ...................................................................................................13

3.4 Value at Risk..............................................................................................................................15

3.5 Expected Shortfall (Conditional VaR) ........................................................................................19

3.6 Vergleich der Risikomaße .........................................................................................................21

4 Zusammenfassung..........................................................................................................................25

Literaturverzeichnis .............................................................................................................................26

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Abbildungsverzeichnis III

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2.1-1: Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung von Kreditverlusten ............................................ 4

Abbildung 2.1-2: Risikoadjustierte versus risikoindifferente Konditionengestaltung............................... 5

Abbildung 3.3-1: Darstellung LPM0 und LPM1....................................................................................... 14

Abbildung 3.4-1: alternative VaR-Definitionen ...................................................................................... 17

Abbildung 3.5-1: Expected Shortfall ...................................................................................................... 20

Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.2-1: Anforderungsanalyse bei Standardabweichung und Varianz ........................................ 13

Tabelle 3.3-1: Anforderungsanalyse bei Lower Partial Moments.......................................................... 15

Tabelle 3.4-1: Anforderungsanalyse beim Value at Risk ...................................................................... 19

Tabelle 3.5-1: Anforderungsanalyse beim Expected Shortfall .............................................................. 21

Tabelle 3.6-1: Gegenüberstellung der alternativen Risikomaße........................................................... 24

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Abkürzungsverzeichnis IV

Abkürzungsverzeichnis

CE Credit Exposure

DP Default Probability

EL Expected Loss bzw. erwarteter Verlust

ES Expected Shortfall

E(X) Erwartungswert

F Verteilungsfunktion

LGD Loss Given Default

LPM Lower Partial Moment

LS Verlustquote

p Wahrscheinlichkeit

rf risikofreier Zinssatz

RR Recovery Rate

UL Unexpected Loss bzw. unerwarteter Verlust

VaR Value at Risk

VaRa absoluter Value at Risk

VaRr relativer Value at Risk

X Verlust

1-α Konfidenzniveau

ρ Risikomaß

σ Standardabweichung

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1 Einleitung 1

1 Einleitung

Das Kreditgeschäft der Banken ist in den letzten Jahren durch steigende Insolvenzzahlen und sinken-

de Margen gekennzeichnet. Aus diesem Grund steigen die ökonomischen Anforderungen an Banken,

das Kreditrisiko der eingegangenen Geschäfte adäquat zu quantifizieren, um darauf aufbauend die

Konditionen für Kredite risikoadäquat bestimmen und die Kreditrisiken direkt steuern zu können.

Zusätzlich wird von den Regulierungsbehörden gefordert, dass Banken ihr Kreditrisiko bestimmen und

entsprechend mit Risikokapital unterlegen, um der eigenen Insolvenz vorzubeugen. Das Kreditrisiko

sollte daher nach Möglichkeit in einer Kennzahl ausgewiesen werden, die das Risiko in Geldeinheiten

ausdrückt, um so einen Bezug zum benötigten Risikokapital aufzuzeigen.

Das Risikomaß Value at Risk hat sich in den letzten Jahren zum Standardrisikomaß für finanzielle

Risiken entwickelt, dessen Verwendung im Bereich des Kreditrisikos nicht gänzlich unumstritten ist, so

dass ihm vorgeworfen wird, für Portfoliosteuerung und Portfolio-Optimierungsprobleme nicht geeignet

zu sein. Die vorliegende Arbeit zeigt daher verschiedene alternative Risikomaße auf und untersucht,

ob für die Kreditrisikoquantifizierung ein alternatives Risikomaß zum Value at Risk existiert, das die

aufgezeigten Kritikpunkte beseitigt.

In Kapitel 2 werden hierfür zunächst eine geeignete Kreditrisikodefinition gegeben und der Unter-

schied zwischen erwartetem und unerwartetem Verlust im Rahmen der Konditionenkalkulation für

Kredite aufgezeigt. Bevor die alternativen Risikomaße beschrieben und analysiert werden, beginnt

Kapitel 3 mit einer Darstellung von Anforderungen, die an ein Kreditrisikomaß gestellt werden sollten.

Die Risikomaße werden anschließend miteinander verglichen und auf ihre Anwendbarkeit analysiert,

worauf die Arbeit in Kapitel 4 abschließend zusammengefasst wird.

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2 Grundlagen 2

2 Grundlagen

2.1 Kreditrisiko und Standardrisikokosten

Für die Definition des Begriffes „Kreditrisiko“ gilt es in einem ersten Schritt, einen zweckmäßigen allge-

meinen Risikobegriff festzulegen. In der Praxis und in der wissenschaftlichen Literatur hat sich bisher

noch keine gänzlich einheitliche Begriffsinterpretation herausgebildet.1 Grundsätzlich können die meis-

ten Ansätze jedoch auf eine ursachenbezogene oder auf eine wirkungsbezogene Auffassung von

„Risiko“ zurückgeführt werden. In der ursachenbezogenen Auffassung wird Risiko als Unsicherheit über

den Eintritt zukünftiger Ereignisse aufgefasst, wobei ein unvollständiger Informationsstand als Voraus-

setzung angenommen wird. In dieser Betrachtung können den somit unsicheren Ereignissen subjektive

oder objektive (Eintritts-) Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden.2 Die wirkungsbezogene Auffassung

stellt die Risikowirkung in den Mittelpunkt der Betrachtung, so dass Risiko als die Gefahr einer negati-

ven Zielverfehlung interpretiert werden kann.3 Diese beiden Risikoauffassungen können jedoch nicht

als unabhängig voneinander angesehen werden, da die wirkungsbezogene Risikoauffassung die ursa-

chenbezogene voraussetzt.4

Rekurrierend auf die in dieser Arbeit betrachtete finanzwirtschaftliche Problemstellung, wird Risiko

gemäß der obigen Betrachtung allgemein als die aus der Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen

resultierende Gefahr der negativen Abweichung eines tatsächlich erzielten Wertes einer (finanzwirt-

schaftlichen) Zielgröße von seinem Erwartungswert definiert.5 Die Fokussierung des Risikos auf aus-

schließlich negative Abweichungen von einem Referenzwert wird häufig auch als Downside- oder

Shortfall-Risiko bezeichnet.6

Um diese allgemeine Risikodefinition auf die Kreditrisikodefinition zu übertragen, wird zunächst die

Bedeutung des Kreditrisikos aufgezeigt. Der Begriff des Kreditrisikos umfasst sowohl das Ausfallrisiko

als auch das Bonitätsrisiko. Das Ausfallrisiko drückt hierbei die Gefahr aus, dass ein Kreditnehmer

seinen vertragskonformen Zahlungsverpflichtungen aus dem Kreditvertrag nicht oder nur unvollständig

nachkommt.7 Im Rahmen dieser Erläuterung bezeichnet das Ausfallrisiko also die Gefahr der Insolvenz

eines Kreditnehmers. Das Bonitätsrisiko bezeichnet demgegenüber die Gefahr einer Bonitäts-

verschlechterung des Schuldners während der Kreditlaufzeit. Somit ist der Begriff des Bonitätsrisikos

umfassender als der des Ausfallrisikos, da der Kreditausfall respektive der Default als Extremfall der

1 Vgl. Völker (2001), S. 33. 2 Vgl. Schulte/Horsch (2002), S. 14. 3 Die Definition des Risikos als ausschließlich negative Zielverfehlung wird häufig auch als Downside-

Risiko bezeichnet. Eine positive Zielverfehlung wird demgegenüber als Chance bezeichnet. 4 Vgl. Schulte/Horsch (2002), S. 14 f. 5 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 21 sowie Kürsten/Straßberger (2004), S. 203. 6 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 541. 7 Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 151.

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2 Grundlagen 3

Bonitätsverschlechterung angesehen und somit dem Bonitätsrisiko zugeordnet werden kann.8 Ausfall-

und Bonitätsrisiko werden daher im Weiteren unter dem Oberbegriff Kreditrisiko subsumiert.

Transformiert man abschließend die allgemeine Risikodefinition auf das Kreditrisiko, so bezeichnet es

die aus einem unvollständigen Informationsstand resultierende Gefahr der (negativen) Abweichung des

tatsächlichen vom erwarteten Zahlungsstrom, der aus einer Forderung entsteht.9

Intuitiv könnte angenommen werden, dass der erwartete Zahlungsstrom einer Forderung aus dem

Nominalvolumen eines Kredites zuzüglich der geforderten Zinszahlungen besteht und somit implizit von

einer vollständigen Erfüllung des Kreditvertrages ausgegangen wird. Diese Annahme ist jedoch nicht

realitätsnah, da Banken beispielsweise aus Erfahrung wissen, dass bei der Vergabe von vielen Kredi-

ten ein bestimmter Prozentsatz ausfallen wird und somit der erwartete Zahlungsstrom aller vergebenen

Kredite in der Regel nicht der Summe der vertraglich vereinbarten Zahlungsströme entspricht. Diese

aus Erfahrungswerten antizipierbaren Verluste aus Kreditausfällen können anhand statistischer Wahr-

scheinlichkeiten prognostiziert werden. Folglich können die mit Hilfe dieser Wahrscheinlichkeiten be-

stimmten Kreditverluste als Erwartungswert der Zufallsvariable „Verlust“ angesehen werden.10 Dieser

so genannte „erwartete Verlust“ respektive „Expected Loss“ (EL) wird bzw. sollte bereits im Vorfeld der

Kreditvergabe in die Risikokostenkalkulation des Kreditgeschäftes in Form von Ausfallprämien mit

einbezogen werden und wird daher nicht zum eigentlichen Kreditrisiko gezählt. Der in dieser Arbeit

verwendete Kreditrisikobegriff bezieht sich gemäß der obigen Definition auf die Verlustüberraschung,

d. h. auf den möglichen Verlustbetrag, der über den erwarteten Verlust hinausgeht und als „unerwarte-

ter Verlust“ respektive „Unexpected Loss“ (UL) bezeichnet wird.11

Wie in Abbildung 2.1-1 zu sehen ist, kann der erwartete Verlust bei dieser Betrachtung als Erwartungs-

wert E(x) der Kreditverlustverteilung interpretiert werden. Der unerwartete Verlust stellt demgegenüber

die (negative) Abweichung vom Erwartungswert dar.

8 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 314. 9 Vgl. Knapp (2002), S. 9. 10 Vgl. Schierenbeck (2003b), S. 153. 11 Vgl. Bröker (2000), S. 13-15.

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2 Grundlagen 4

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust/ Expected Loss

unerwarteter Verlust/ Unexpected loss

( )xE x

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust/ Expected Loss

unerwarteter Verlust/ Unexpected loss

( )xE x

Abbildung 2.1-1: Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung von Kreditverlusten12

Die Abbildung zeigt ergänzend, dass die Wahrscheinlichkeiten für Kreditverluste in der Realität (häufig)

deutlich rechtsschief (und nicht normal-) verteilt sind. Diese Rechtsschiefe und Asymmetrie lässt sich

ökonomisch dadurch begründen, dass hohe Kreditverluste nur selten, und daher mit niedrigen Wahr-

scheinlichkeiten eintreten, währenddessen kleinere Verluste höhere Wahrscheinlichkeiten aufweisen.

Somit ist es möglich, dass in mehreren (aufeinander folgenden) Jahren der realisierte Kreditverlust

geringer ist als der erwartete Kreditverlust E(x). In anderen Jahren kann der tatsächliche den erwarte-

ten Kreditverlust jedoch auch stark übersteigen, so dass der Mittelwert E(x) eine geeignete Kennzahl

für den erwarteten Verlust darstellt.13

Durch die Differenzierung zwischen erwarteten und unerwarteten Verlusten ergibt sich somit die Not-

wendigkeit der Aufteilung der Risikokosten. Die bereits bei der Kreditvergabe zu berücksichtigenden

Standard-Risikokosten sollten in Form von Ausfallprämien den erwarteten Verlust aller Kreditengage-

ments im Durchschnitt abdecken und verringern als Aufwand das ordentliche Betriebsergebnis.14 Die

Risikokosten für den unerwarteten Verlust können als außergewöhnliche Aufwendungen aufgefasst

werden und müssen durch entsprechende Eigenkapitalunterlegungen (ökonomisches Kapital) abgesi-

chert werden.15

Die Standard-Risikokosten können auf unterschiedlichen Ebenen kalkuliert werden.16 Die Bestimmung

auf Einzelkreditnehmerebene stellt die detaillierteste Variante dar, indem für jedes einzelne Kreditge-

schäft eine dem Kreditrisiko des Kunden entsprechende Ausfallprämie ermittelt wird. Neben dieser

individuellen Berechnung der Standard-Risikokosten können Risikokosten auch auf der Ebene von

Rating-Klassen, Geschäftssegmenten oder auf der Ebene des gesamten Kreditgeschäftes ermittelt 12 In Anlehnung an Bröker (2000), S. 18. 13 Vgl. Kirmße (2001), S. 122. 14 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 311. 15 Unerwartete Verluste können in Form von Risikoprämien in die Konditionengestaltung integriert

werden. 16 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 312.

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2 Grundlagen 5

werden. Die auf diesen Ebenen ermittelten und über die Kreditkonditionen weitergegebenen Ausfall-

prämien sollten die gesamten erwarteten Standard-Risikokosten abdecken.17 Die Ermittlung auf Ge-

samtgeschäfts- sowie auf Geschäftssegmentebene weist den Nachteil auf, dass alle bzw. viele Kredit-

nehmer eine identische Ausfallprämie zugeordnet bekommen, so dass es zu einer Quersubventionie-

rung der schlechten durch die guten Kreditnehmer kommen kann. Bonitätsmäßig bessere Kunden

zahlen demnach einen (ihrem Risiko entsprechend) zu hohen Preis für ihren Kredit, während schlechte-

re Kunden einen zu tiefen Preis bezahlen.18 Unter diesen Gesichtspunkten stellt eine Standard-

Risikokostenkalkulation auf der Ebene von Rating-Klassen eine in Bezug auf den Detaillierungsgrad

mindestens zu wählende Vorgehensweise dar. Die folgende Abbildung verdeutlicht abschließend den

Unterschied zwischen risikoadjustierter und risikoindifferenter Konditionenkalkulation, wobei die Kurve

für die risikoadjustierte Konditionenpolitik aufzeigt, dass eine Kalkulation der Standard-Risikokosten

mindestens auf Ratingklassen-Ebene vorgenommen werden sollte, um die oben beschriebene Gefahr

der Quersubventionierung zu vermindern.

AAA BBB B- CCC

Risiko

Zinssätze

Ris

ikol

imiti

erun

g

risikoloser Zinssatz (GKM-Satz/Triple-A Rendite)

Zinssatz bei risikoundifferenzierender Konditionspolitik

Zinssatz bei risikoadjustierender Konditionspolitik

gute Risiken mit zu hohem Preis

schlechte Risiken mit zu tiefem Preis

AAA BBB B- CCC

Risiko

Zinssätze

Ris

ikol

imiti

erun

g

risikoloser Zinssatz (GKM-Satz/Triple-A Rendite)

Zinssatz bei risikoundifferenzierender Konditionspolitik

Zinssatz bei risikoadjustierender Konditionspolitik

gute Risiken mit zu hohem Preis

schlechte Risiken mit zu tiefem Preis

Abbildung 2.1-2: Risikoadjustierte versus risikoindifferente Konditionengestaltung19

2.2 Expected Loss und zentrale Kalkulationsparameter

Der für die Bestimmung der Standard-Risikokosten relevante Expected Loss bzw. der erwartete Kredit-

verlust eines Kreditengagements ergibt sich als Produkt aus der (erwarteten) Ausfallwahrscheinlichkeit

(Default Probability, DP) mit dem (erwarteten) Verlustumfang einer Forderung zum Zeitpunkt des

17 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 313. 18 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 312. 19 Quelle: Schierenbeck (2003a), S. 312.

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2 Grundlagen 6

Ausfalles (Credit Exposure, CE) und der Verlustquote (Loss Severity, LS). Die Verlustquote wird häufig

auch als Loss Given Default (LGD) bezeichnet.20

(1) LSCEDPEL ⋅⋅=

Die Loss Severity gibt den Teil des Credit Exposure an, der uneinbringlich ist. Sie wird aus der Diffe-

renz von 1 minus der Wiedereinbringungsrate bzw. Recovery Rate (RR) bestimmt.21 Durch Einsetzen

dieses Zusammenhangs in Formel (1) ergibt sich die folgende Bestimmungsgleichung für den Expected

Loss.

(2) ( )RRCEDPEL −⋅⋅= 1

Im Rahmen einer Portfoliobetrachtung lässt sich der erwartete Verlust des Kreditportfolios (ELp) durch

die Summe der Erwartungswerte der einzelnen Kreditpositionen bestimmen.22

(3) ∑= ELELP

Für i = 1, 2, …, N Kreditpositionen ergibt sich

(4) ( )( )∑ −⋅⋅=i

iiiP RRCEDPEL 1 .

Der Credit Exposure (CE) bezeichnet hierbei allgemein das Kreditvolumen, welches einem Kreditrisiko

ausgesetzt ist. Im klassischen Kreditgeschäft entspricht seine Höhe in der Regel dem Buchwert aller

Forderungen gegenüber einem einzelnen Kreditnehmer.23 Diese Methodik ist durch ihre einfache

Anwendbarkeit sowie ihren direkten Bezug zur Rechnungslegung charakterisiert. Zudem gibt sie einen

recht guten Einblick in die offenen Positionen eines Schuldners.24 Bei ökonomischer Betrachtungsweise

erscheint der Buchwert jedoch nicht als geeignete Quantifizierungsgröße für den Credit Exposure.25

Fällt eine Forderung aus, so ist eine Wiederbeschaffung einer äquivalenten Kreditposition nur zu dem

im Ausfallzeitpunkt aktuellen Marktwert und nicht zum aktuellen Buchwert möglich. Daher entspricht der

Credit Exposure unter Verwendung des Barwertkonzeptes dem aktuellen Betrag der Wiederbeschaf-

fungskosten einer äquivalenten Kreditposition, wobei ein vollständiger Kreditausfall angenommen

wird.26

Die erwartete Rückzahlungsquote bzw. Recovery Rate (RR) bezeichnet den (prozentualen) Anteil

des Credit Exposure, der bei Ausfall eines Kreditnehmers an den Gläubiger zurückfließt.27 In ihrer Höhe

wird sie vor allem durch das im Ausfallzeitpunkt noch vorhandene Vermögen des Schuldners sowie

durch Kreditsicherheiten und die Rangstellung der Gläubigerposition beeinflusst.28 Bei Ausfall eines

20 Vgl. Heim/Balica (2001), S. 215 sowie Schuermann (2003), S. 2. 21 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 313. 22 Vgl. Ong (2000), S. 123. 23 Vgl. Knapp/Hamerle (1999), S. 138. 24 Vgl. Bröker (2000), S. 23. 25 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 327. 26 Vgl. Bröker (2000), S. 24. 27 Vgl. Ong (2000), S. 63. 28 Vgl. auch im Folgenden Schierenbeck (2003a), S. 328 f.

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2 Grundlagen 7

Schuldners kann der Gläubiger durch die Verwertung ggf. vorhandener Sicherheiten die Kreditverluste

reduzieren und im optimalen Fall sogar gänzlich vermeiden. Als Wert für die gestellten Sicherheiten

sollte möglichst der nachhaltig erzielbare Nettoerlös bei Sicherheitenverwertung angesetzt werden.

Recovery Rates lassen sich in der Praxis nur schwer bestimmen.29 Aus diesem Grund werden sie

häufig anhand von historischen Daten als Mittelwert respektive Median bestimmt. Aus pragmatischen

Gründen werden die Recovery Rates jedoch selten für einzelne Kreditengagements, sondern in der

Regel für Risikoklassen ermittelt. Hierbei wird die Annahme getroffen, dass sie innerhalb einer Risiko-

klasse konstant sind. Eine weitere Alternative zur Bestimmung von Recovery Rates (auch für einzelne

Engagements) liegt in deren Schätzung auf Basis einer Beta-Verteilung.30

Die erwartete Ausfallrate (Ausfallwahrscheinlichkeit) bzw. Default Probability (DP) gibt die Wahr-

scheinlichkeit des Ausfalles bzw. der vollständigen oder partiellen Zahlungsunfähigkeit eines Schuld-

ners an. Im Gegensatz zum Credit Exposure und der Recovery Rate, die sich auf einzelne Kreditpositi-

onen beziehen, kann die Ausfallwahrscheinlichkeit eindeutig der Ebene des Kreditnehmers zugeordnet

werden, da im Normalfall nicht eine einzelne Forderung, sondern ein Schuldner mit sämtlichen Forde-

rungen ausfällt.31 Die Default Probability von Kreditnehmern kann nicht direkt gemessen werden, son-

dern muss geschätzt werden.32 Der einfachste Ansatz zu ihrer Schätzung besteht darin, die aus Ver-

gangenheitsdaten ermittelte Ausfallrate, die der relativen Ausfallhäufigkeit einer Risiko- bzw. Rating-

Klasse entspricht, mit der Ausfallwahrscheinlichkeit gleichzusetzen.33 Eine weitere Möglichkeit der

Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit besteht in der Verwendung von statistischen Verfahren wie

z. B. Logit- oder Probit-Regressionen.34

29 Vgl. Rohmann (2000), S. 127. 30 Vgl. Altman et al. (2002), S. 11. 31 Vgl. Schierenbeck (2003a), S. 331. 32 Vgl. Rohmann (2000), S. 46. 33 Vgl. auch im Folgenden Oehler/Unser (2002), S. 259 f. 34 Vgl. Huschens (2004), S. 2. Für ein Beispiel siehe Daldrup/Gehrke/Schumann (2004).

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 8

3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss

Nachdem im vorigen Abschnitt der unerwartete Kreditverlust als Kreditrisiko identifiziert sowie die

Notwendigkeit aufgezeigt wurde, den erwarteten Kreditverlust in Form von Ausfallprämien in die Kondi-

tionenpolitik bei der Kreditvergabe zu integrieren, behandelt das folgende Kapitel verschiedene Risiko-

maße zur Quantifizierung des unerwarteten Verlustes. In einem ersten Schritt werden Anforderungen,

die an diese Kennzahlen im Bereich der Kreditrisikoquantifizierung gestellt werden, erarbeitet und die

Risikomaße anhand dieser analysiert. Abschließend folgt ein Vergleich der Kennzahlen, wobei sich der

Schwerpunkt des Vergleichs auf den Value at Risk und den Expected Shortfall konzentriert.

3.1 Anforderungen an (Kredit-)Risikomaße

Im Allgemeinen werden Risikokennzahlen bzw. Risikomaße verwendet, um Risiko quantifizieren und

darauf aufbauend Steuerungsmaßnahmen vornehmen zu können.35 Speziell für Banken ist die quanti-

tative Messung des Kreditrisikos von höchster Relevanz. Neben dem grundlegenden Ziel mittels der

Risikoquantifizierung durch Risikomaße existenzgefährdende Risiken zu erkennen, sind Banken zudem

durch aufsichtsrechtliche Bestimmungen verpflichtet, das Kreditrisiko zu bestimmen und es zur Siche-

rung ihrer eigenen Zahlungsfähigkeit mit Eigenkapital zu unterlegen. Des Weiteren ist die Kreditrisiko-

quantifizierung die Voraussetzung für eine nach dem jeweils eingegangenen Risiko differenzierenden

Bepreisung sowie für eine risikoorientierte Steuerung der Kreditvergabe auf Portfolioebene. Zur Quanti-

fizierung des Kreditrisikos muss daher ein Risikomaß verwendet werden, dass die Höhe des Risikos

adäquat wiedergibt. Allgemein kann das Risiko in Form einer Wahrscheinlichkeitsdichte- oder Vertei-

lungsfunktion einer Zufallsvariable dargestellt werden.36 Die Repräsentation des Risikos in einer sol-

chen Form ist jedoch nicht sehr operational und nachvollziehbar, so dass eine Verdichtung der Informa-

tionen in wenige bzw. eine Maßzahl erfolgen sollte, was allerdings prinzipiell mit einem Informationsver-

lust einhergeht.37

Gemäß der obigen Risiko- und Kreditrisikodefinition wird die Höhe des (Kredit-)Risikos durch das

Ausmaß der Zielverfehlung, also durch das Ausmaß der Abweichung vom Erwartungswert, sowie den

jeweils zuzurechnenden Wahrscheinlichkeiten determiniert. Aus diesem Grund sollten Kreditrisikomaße

einerseits Aussagen über die Eintrittswahrscheinlichkeiten und andererseits Aussagen über die Risiko-

höhe zulassen.38 Zusätzlich sollte das gewählte Risikomaß leicht zu interpretieren sein und daher

zum einfachen Verständnis in Geldeinheiten ausgedrückt werden.39

35 Vgl. Kürsten/Straßberger (2004), S. 203. 36 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 11. 37 Vgl. Völker (2001), S. 46. 38 Vgl. Schulte/Horsch (2002), S. 15. 39 Vgl. Rohmann (2000), S. 31.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 9

Aufgrund der alleinigen Betrachtung von negativen Abweichungen vom erwarteten Verlust und der

aufsichtsrechtlichen Verpflichtung zur Unterlegung des unerwarteten Verlustes mit Eigenkapital, stellt

eine erste Anforderung an Risikomaße daher die Möglichkeit der direkten Messung des ökonomi-schen Risikos dar.40 D. h. das Risikomaß sollte das Verlustpotenzial aufzeigen, welches mit ökonomi-

schem Kapital zu unterlegen ist. Zusätzlich ist es für eine risikoorientierte Steuerung des Kreditportfoli-

os notwendig, dass das Risikomaß ergänzend als Zielgröße von Optimierungsproblemen verwendet

werden kann.

In dieser Arbeit liegt der Fokus zwar ausschließlich auf der Quantifizierung des Kreditrisikos, bei der

Wahl des Risikomaßes sollte allerdings von der Bestimmung von Marktpreisrisiken (und operationellen

Risiken) nicht vollständig abstrahiert werden. Im Rahmen einer Gesamtbanksteuerung wird eine integ-

rierte Risikomessung gefordert, bei der mithilfe eines Risikomaßes sowohl Marktpreis- als auch Kredit-

risiken quantifiziert werden können. Das zu wählende Risikomaß muss daher für eine integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten geeignet sein. Bei der Berücksichtigung verschiede-

ner Risikoarten stellt sich implizit die Notwendigkeit dar, dass das Risikomaß optimalerweise zur Risi-kosteuerung eines Bankportfolios verwendet werden kann, wobei das Risikomaß hier als Grundlage

für eine portfolio-übergreifende Risikosteuerung geeignet sein sollte. Gemäß dieser Anforderung haben

Artzner et al. vier Axiome formuliert, die ein Risikomaß im Rahmen der Risikosteuerungsmöglichkeit

erfüllen sollte. Risikomaße, die diesen Eigenschaften entsprechen werden als kohärente Risikomaße

bezeichnet.41

Bei der Formulierung der vier Axiome gehen Artzner et al. davon aus, dass es im Rahmen des Risiko-

managements notwendig ist, zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Portfolios differenzieren zu

können. Nicht akzeptable Portfolios sind durch ein zu hohes Risiko charakterisiert, wobei unter zu

hohem Risiko ein zu niedriger Portfoliowert zum prognostizierten Zeitpunkt verstanden wird.42 Diese

Differenzierung verstehen die Autoren bereits als grobe Risikomessung, indem sie in einem ersten

Schritt die Menge der akzeptierten Portfoliowerte, bestehend aus allen Portfoliopositionen mit einem

akzeptablen zukünftigen Wert, bestimmen.43 In die weitere Betrachtung gehen ausschließlich die nicht

akzeptablen Positionen ein, für die jeweils der kleinste Kapitalbetrag gesucht wird, der in Kombination

mit der untersuchten Position den minimalen (gerade) akzeptablen Wert ergibt. Entsprechend dieser

Überlegungen definieren Artzner et al. ein Risikomaß wie folgt:44

Der minimale Kapitaleinsatz, der benötigt wird, um aus einer nicht akzeptablen Position durch Investiti-

on in andere (finanzwirtschaftliche) Instrumente und deren Kombination mit der betrachteten Position

eine gerade akzeptable Position zu generieren, wird als Risikomaß bezeichnet.

Formal bezeichnet ein kohärentes Risikomaß ρ eine Abbildung, die jedem Portfolio mit dem zukünftigen

Wert X eine Zahl ρ(X) zuweist45 und die folgenden vier Eigenschaften erfüllt:46

40 Vgl. auch im Folgenden Theiler (2002), S. 69. 41 Vgl. Artzner et al. (1997) und Artzner et al. (1999). 42 Vgl. Theiler (2002), S. 70. 43 Vgl. Artzner et al. (1999), S. 205. 44 Vgl. Artzner et al. (1999), S. 204. 45 Vgl. Artzner et al. (1997), S. 68 sowie Theiler (2002), S. 72.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 10

(1) Subadditivität:

Die Subadditivitäts-Eigenschaft fordert von einem Risikomaß, dass das Risiko eines Portfo-

lios, bestehend aus zwei Positionen, stets kleiner oder gleich der Summe der Einzelrisiken

der zwei Positionen47 ist. Dieses Axiom berücksichtigt den Diversifikationseffekt im Portfo-

liokontext, so dass durch die Hinzunahme einer Position Y in das Portfolio X das Portfoliori-

siko maximal um das Einzelrisiko von Y ansteigt. Es gilt daher:

( ) ( ) ( )YXYX ρρρ +≤+ .

(2) Positive Homogenität:

Das Homogenitäts-Axiom fordert, dass das Risiko proportional zu einem positiven Faktor

steigt. D. h. eine Position, die den t-fachen Wert aufweist, beinhaltet auch das t-fache Risi-

ko, so dass gilt:

( ) ( ) 0, >⋅=⋅ tXtXt ρρ .

(3) Monotonie:

Die Monotonie-Eigenschaft besagt, dass das Risiko eines Portfolios X stets höher ist als bei

einem Portfolio Y, wenn der Wert von X in jedem möglichen Zustand immer kleiner ist als

der Wert von Y.48 X weist damit aufgrund des jeweils höheren Verlustpotenzials ein größe-

res Risiko auf als Y.49 Mit der Erfüllung der Monotonie-Eigenschaft wird zudem sicherge-

stellt, dass ein kohärentes Risikomaß mit dem Prinzip der stochastischen Dominanz ersten

Grades vereinbar ist.50 In diesem Axiom wird somit die (ökonomische) Risikodefinition be-

rücksichtigt, die ausschließlich negative Abweichungen als Risiko betrachtet.51 Es gilt somit:

( ) ( )YX ρρ ≥ , falls YX ≤

(4) Translationsinvarianz:

Wenn zu einem vorhandenen Portfolio X für die betrachtete Haltedauer zusätzlich ein

Geldbetrag n zu einem risikofreien Zinssatz rf investiert wird, so verringert sich das Risiko

des Portfolios um den Betrag n.

( )( ) ( ) nXnrX f −=⋅++ ρρ 1

Das Axiom der Translationsinvarianz unterstreicht die Definition des Risikomaßes als min-

destens zu investierenden Kapitalbetrag, um aus einer nicht akzeptablen Position eine ak-

zeptable zu generieren. Bei der Investition eines Anlagebetrages Z in Höhe des vorhande-

46 Vgl. auch im Folgenden Artzner et al. (1997), S. 68, Artzner et al. (1999), S. 208-210,

Kürsten/Straßberger (2004), S. 206 sowie Theiler (2002), S. 72-74. 47 In diesem Punkt wird das einer Einzelposition inhärente Risiko betrachtet, nicht sein Risikobeitrag im

Portfoliokontext. 48 Vgl. Denault (2001), S. 5. 49 Vgl. Albrecht (2003), S. 13 f. 50 Vgl. Baule (2004), S. 21. 51 Vgl. Theiler (2002), S. 73.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 11

nen Risikopotenzials der bestehenden Position X ( )( )XZ ρ= zum risikofreien Zinssatz rf,

neutralisiert die Hinzunahme der risikofreien Position das Risiko der Ursprungs-Position

und stellt damit implizit das Risikodeckungspotenzial dar.52

( )( ) ( ) ( )( ) ( ) ( ) 011 =−=⋅++=⋅++ XXXrXZrX ff ρρρρρ

Erfüllt ein Risikomaß die Axiome der Subadditivität und der Positiven Homogenität, so ist das Risiko-

maß konvex. Die Konvexität garantiert die Lösbarkeit von (Risiko-/Rendite-)Portfolio-Optimierungen, so

dass für jedes Risikoniveau ein optimales Risiko-/Rendite-Portfolio gefunden werden kann.53 Die Kon-

vexitätsanforderung an ein Risikomaß entspricht damit implizit der oben angesprochenen Anforderung

der Verwendung des Risikomaßes als Zielgröße für Optimierungsprobleme.

Zusammenfassend sollte ein Risikomaß zur Kreditrisikoquantifizierung die folgenden Anforderungen

erfüllen:

• leichte Interpretierbarkeit,

• Möglichkeit zur direkten Messung des ökonomischen Risikos,

• Verwendung als Zielgröße für Optimierungsprobleme,

• Möglichkeit der integrierten Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten,

• Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios sowie

• Kohärenz.

In den folgenden Abschnitten werden verschiedene Risikomaße dargestellt und auf die Erfüllung der

gestellten Anforderungen untersucht.

3.2 Varianz und Standardabweichung

Ein in der finanzwirtschaftlichen Theorie und Praxis stark verbreitetes und auch aus der Statistik be-

kanntes Risikomaß ist die Varianz (bzw. Standardabweichung).54 Diese Kennzahl stellt ein Streuungs-

maß dar, das die Dispersion vom Erwartungswert misst. Allgemein wird der Erwartungswert E(X), die

Varianz und die Standardabweichung (σ), als quadratische Wurzel der Varianz, gemäß der folgenden

Formeln für diskrete bzw. stetige Zufallsvariablen ermittelt.55

(5) ∑=

⋅=N

iii pxXE

1)( (6) ( )( )∑

=

⋅−=N

iii pxExVarianz

1

2

52 Vgl. Artzner et al. (1999), S. 209 und Theiler (2002), S. 74. 53 Vgl. auch für die hierzu geltenden Voraussetzungen Theiler (2002), S. 73 und Theiler (2001), S.

185. 54 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 12. 55 Vgl. Schierenbeck (2003b), S. 203, Hahn/Pfingsten/Wagner (2001), S. 277 f., Völker (2001), S. 41

sowie Rohmann (2000), S. 180 f.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 12

(7) ( ) ( )∫∞

∞−

= iii dxxfxXE (8) ( )( ) ( )∫∞

∞−

−= iii dxxfxExVarianz 2

(9) Varianz=σ .

xi bezeichnet hierbei die möglichen Werteausprägungen und pi die jeweils zugehörigen Eintrittswahr-

scheinlichkeiten.

Die Varianz quantifiziert die mittlere quadratische Abweichung vom Erwartungswert, wobei sie ein

zweiseitiges bzw. symmetrisches Risikomaß darstellt, d.h. es werden sowohl negative als auch positive

Abweichungen vom Erwartungswert quantifiziert.56 Diese Risikoquantifizierung entspricht jedoch nicht

der aufgezeigten Risikodefinition, in der ausschließlich negative Abweichungen vom Mittelwert betrach-

tet werden. Lediglich unter der unrealistischen Annahme von normalverteilten Kreditverlusten könnte

das Kreditrisiko anhand von symmetrischen Kennzahlen angemessen quantifiziert werden. Für asym-

metrische Verteilungen sind Varianz und Standardabweichung jedoch ungeeignet,57 und sie erfüllen

daher auch nicht die Anforderung, das ökonomische Risiko direkt messen zu können.58

Des Weiteren ist die Varianz kein leicht zu interpretierendes Risikomaß unter dem Gesichtspunkt, dass

das Risiko nicht in Geldeinheiten, sondern bei Verlustbetrachtungen in Geldeinheiten zum Quadrat

angegeben wird. In diesem Fall werden der erwartete und der unerwartete Verlust in unterschiedlichen

Maßeinheiten angegeben, was eine Vergleichbarkeit bzw. Interpretation der Ergebnisse erschwert.59

Die Standardabweichung als Wurzel der Varianz stellt ein in Ansätzen leichter zu interpretierendes

Risikomaß dar, da das Kreditrisiko in Geldeinheiten ausgedrückt werden kann, bzw. erwarteter und

unerwarteter Verlust die gleiche Maßeinheit aufweisen.60 Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass

die Standardabweichung kaum über eine eigenständige Interpretation im Sinne von zu unterlegendem

Risikokapital verfügt, sondern sie gibt lediglich einen Anhaltspunkt für die Streuung der Verluste.61

Standardabweichung und Varianz sind zwar positiv homogen62, aber nur unter der Bedingung von

normalverteilten Zufallsvariablen subadditiv63 und stellen damit bei allgemeiner Betrachtung keine

konvexen Risikomaße dar. Sie eignen sich daher nicht zur Portfoliooptimierung und –steuerung im

Kreditrisikomanagement, da sie zudem aufgrund ihrer Symmetrieeigenschaft die bei Kreditverlusten

vorherrschenden asymmetrischen Verteilungen nicht vollständig beschreiben können und daher für die

Optimierung ungeeignet sind. Im Rahmen einer Portfoliosteuerung können sie daher zu falschen Steue-

rungsentscheidungen führen.64

56 Vgl. Goovaerts/Kaas/Dhaene (2002), S. 1 sowie Theiler (2002), S. 76. 57 Gemäß der Risikodefinition wäre die untere Semivarianz besser geeignet, bei der die mittlere quad-

ratische Abweichung für die Werteausprägungen (einer Verlustverteilung) ermittelt wird, die größer als der Erwartungswert sind. Vgl. Kürsten/Straßberger (2004), S. 204.

58 Vgl. Wehrspohn (2001), S. 582 sowie Hahn/Pfingsten/Wagner (2001), S. 278. 59 Vgl. Albrecht/Maurer (2002), S. 92. 60 Eine sinnvolle Interpretation ist hier jedoch auch nur für den Fall normalverteilter Verluste möglich. 61 Vgl. Wehrspohn (2001), S. 582. 62 Vgl. Theiler (2002), S. 72. 63 Vgl. Acerbi/Nordio/Sirtori (2001), S. 5. 64 Vgl. Wehrspohn (2001), S. 583 und S. 588.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 13

Varianz und Standardabweichung zählen auch nicht zu den kohärenten Risikomaßen, da neben der

Eigenschaft der Subadditivität auch die Eigenschaft der Monotonie durch die Berücksichtigung von

positiven und negativen Abweichungen vom erwarteten Verlust verletzt wird.65 Letztendlich lassen sich

die beiden Risikomaße aufgrund der restriktiven Festlegung auf eine Normalverteilung auch nicht für

die Messung unterschiedlicher Risikoarten verwenden. Zwar sind sie in der Lage Marktpreisrisiken, für

die in der Regel einer Normal- bzw. Lognormalverteilung unterstellt wird, zu quantifizieren, wie jedoch

gezeigt wurde, sind sie ungeeignet Kreditrisiken adäquat zu messen. Zusammenfassend zeigt die

folgende Tabelle, welche Anforderungen an Risikomaße für die Kreditrisikoquantifizierung durch die

Standardabweichung bzw. Varianz erfüllt werden.

Anforderung Standardabweichung Varianzleichte Interpretierbarkeit (+) -–direkte Messung des ökonomischen Risikos -– -–Integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten -– -–Zielgröße für Optimierungsprobleme -– -–Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios -– -–Kohärenz -– -–

Tabelle 3.2-1: Anforderungsanalyse bei Standardabweichung und Varianz

3.3 Lower Partial Moments (LPM)

Lower Partial Moments (LPM) zählen zu den so genannten Downside-Risikomaßen und betrachten

ausschließlich den Verlustbereich einer Verteilung, also den Teil der Wahrscheinlichkeitsverteilung, der

(bei Verlustbetrachtung) über einem vorher zu spezifizierenden Referenzwert liegt.66 Die allgemeine

Definition von Lower Partial Moments (LPMn(z)) der Ordnung n ≥ 0 für den Fall einer stetigen Zufallsva-

riable X mit Dichtefunktion f(x) und einem zu spezifizierenden Referenzwert z als Verlustschranke lautet

bei Verlustbetrachtung:67

(10) ( ) ( ) ( )∫∞

−=z

nn dxxfzxzLPM

Bei einer diskreten Zufallsvariable X mit den Ausprägungen x1, …, xk und den Eintrittswahrscheinlich-

keiten p1, …, pk ergibt sich der LPM der Ordnung n ≥ 0 gemäß Gleichung (11). Iz(x) stellt eine Indikator-

funktion dar, wobei Iz(x)=1 für x>z und ansonsten Iz(x)=0 gilt.68

(11) ( ) ( ) ( ) ( )∑∑ ⋅−=−=>

izin

izx

in

in xIpzxpzxzLPMi

65 Vgl. Theiler (2002). S. 73. 66 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 22, Kürsten/Straßberger (2004), S. 204 und Völker (2001), S. 48. 67 Vgl. Fishburn (1977), S. 116, Albrecht (2001), S. 1 und Wittrock (1995), S. 42. 68 Vgl. Albrecht (2001), S. 1, Eftekhari (1998), S. 646 und Hahn/Pfingsten/Wagner (2001), S. 279.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 14

Anhand dieser Definition lassen sich unzählige LPM definieren, sinnvoll ökonomisch interpretieren

lassen sich jedoch nur LPM der Ordnung null bis zwei.69

Der LPM nullter Ordnung (LPM0) wird auch als Shortfall-Risiko oder Downside-Wahrscheinlichkeit

bezeichnet und misst die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verlust eintritt, der den Referenzverlust über-

steigt. Das Ausmaß der Referenzwertverfehlung bleibt hierbei jedoch unberücksichtigt.70 Der LPM1,

oder auch Target Shortfall bzw. Downside-Erwartungswert, zeigt dagegen die durchschnittliche negati-

ve Abweichung vom Referenzwert an. Diese Betrachtung impliziert, dass Verluste, die kleiner als der

Referenzverlust sind eine „negative Abweichung“ von null aufweisen. Bei n = 2 misst der LPM2, als so

genannte Downside-Varianz, die mittlere quadrierte negative Abweichung vom Referenzwert, so dass

größere Abweichungen stärker berücksichtigt werden als kleine. Wird als Referenzwert der Erwar-

tungswert der Verteilung verwendet, so entspricht der LPM2 der Semivarianz. Die Downside-

Standardabweichung ergibt sich aus der Wurzel der Downside-Varianz.71

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)0 z ( )zxE i >

0LPM

1LPM

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)0 z ( )zxE i >

0LPM

1LPM

Abbildung 3.3-1: Darstellung LPM0 und LPM172

Die Downside-Wahrscheinlichkeit (LPM0) wird in Abbildung 3.3-1 durch die Fläche unter der Dichte-

funktion ab dem Referenzwert z dargestellt. Der LPM1 zeigt den Erwartungswert der möglichen Über-

schreitungen des Referenzwertes z an.

Durch die ausschließliche Betrachtung von negativen Abweichungen von einem Referenzwert (Erwar-

tungswert) unterstützen die LPM die oben angegebene Risikodefinition. Für den LPM0 lässt sich fest-

halten, dass er als Ausfallwahrscheinlichkeit zwar leicht zu interpretieren ist und das ökonomische

Risiko in Form einer Wahrscheinlichkeit widerspiegelt, das Kreditrisiko dabei jedoch nicht in Geldeinhei-

ten ausdrückt. Die letztgenannte Anforderung wird durch LPM1 und LPM2 (nur in Form der Downside-

69 Vgl. Oehler/Unser (2002), S. 22. 70 Vgl. auch im Folgenden Völker (2001), S. 48 f. und Eftekhari (1998), S. 646. 71 Vgl. Albrecht (2003), S. 24. 72 In Anlehnung an Hollidt (1999), S. 11.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 15

Standardabweichung) jedoch in Ansätzen erfüllt. Eine allgemeingültige Interpretation als zu unterlegen-

des Risikokapital ist hier allerdings ebenfalls kaum gegeben.

Aufgrund der Eigenschaft, dass alle LPM-Maße in Abhängigkeit von alternativen Referenzwerten für

beliebige Verteilungen bestimmt werden können, und zudem in der Lage sind Asymmetrien der Vertei-

lungen zu berücksichtigen, eignen sich diese Risikomaße zur Quantifizierung verschiedener Risikoar-

ten.73

Zur Überprüfung, ob sich LPMn(z) als Zielgröße für Optimierungsprobleme eignen, gilt es das Risiko-

maß auf Konvexität zu untersuchen. Wie in Abschnitt 3.1 bereits aufgezeigt wurde, ist ein Risikomaß

konvex, wenn es subadditiv und positiv homogen ist. Der LPMn(z) ist nur subadditiv bei positiven Refe-

renzwerten ( )+∈ Rz und bei Exponenten n, die größer als null und kleiner/gleich eins sind

( )10 ≤< n .74 Bei ausschließlicher Betrachtung ganzzahliger Exponenten n, erfüllt also nur der LPM1

bei positiven Referenzwerten die Anforderung der Subadditivität. Positive Homogenität erfüllen die

LPMn(z) nur bei z = 0 und bei n = 1, so dass nur der LPM1 bei einem Referenzwert in Höhe von null

positiv homogen ist. Für den allgemeinen Fall der LPMn(z) lässt sich also keine Konvexität dieser

Risikomaße nachweisen, so dass sie keine gute Zielgröße für Optimierungsprobleme darstellen.

Des Weiteren stellen LPMn(z) keine kohärenten Risikomaße dar, da sie neben den beiden letztgenann-

ten Anforderungen auch nicht den Anforderungen der Monotonie und der Translationsinvarianz genü-

gen. Während die Translationsinvarianz durch keinen LPMn(z) erfüllt wird, wird die Monotonie-

Eigenschaft lediglich durch den LPM nullter Ordnung verletzt.75 Aufgrund der fehlenden Kohärenz-

Eigenschaft der LPMn(z) sind sie für eine Risikosteuerung gemäß dem Axiomensystem von Artzner et

al. ungeeignet. Die folgende Tabelle fasst die Untersuchung der LPMn(z) abschließend zusammen.

Anforderung LPMn>2(z) LPM0 LPM1 LPM2

leichte Interpretierbarkeit -– (+) + (+)direkte Messung des ökonomischen Risikos -– (+) + (+)Integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten + + + +Zielgröße für Optimierungsprobleme -– -– -– -–Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios -– -– -– -–Kohärenz -– -– -– -–

Tabelle 3.3-1: Anforderungsanalyse bei Lower Partial Moments

3.4 Value at Risk

Das Risikomaß Value at Risk76 zählt zu den Downside-Risikomaßen und betrachten damit, wie die

LPMn(z), ausschließlich die Verlustseite der Verteilung. Die VaR-Methodik wurde anfänglich aus-

73 Vgl. Wittrock (1995), S. 44. 74 Vgl. auch im Folgenden Barbosa/Ferreira (2004), S. 10. 75 Für die mathematischen Beweise sei auf Barbosa/Ferreira (2004), S. 22-25 verwiesen. 76 Im Rahmen des Kreditmanagements wird der VaR auch als Credit Value at Risk bezeichnet.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 16

schließlich für die Quantifizierung des Marktpreisrisikos entwickelt. Erst später fand der VaR auch

Berücksichtigung im Rahmen der Kreditrisikomessung.77

Allgemein wird der Value at Risk (VaR) als der maximal mögliche Verlust einer Position oder eines

Portfolios über einen bestimmten Zeitraum bei einem vorgegebenen Konfidenzniveau 1-α definiert.78

Das spezifizierte Konfidenzniveau 1-α stellt hierbei die Wahrscheinlichkeit dar, mit der ein möglicher

eintretender Verlust nicht überschritten wird. Nur in α% der Fälle wird ein Verlust-Szenario eintreffen,

das den VaR-Wert überschreitet.79 In dieser allgemeinen Form wird der VaR als absoluter VaR (VaRa)

bezeichnet. Eine alternative Definition bezeichnet den VaR als den relativ zum Erwartungswert der

Verteilung gemessenen maximal möglichen Verlust für eine bestimmte Haltedauer bei gegebenem

Konfidenzniveau.80 Bei dieser zweiten Definition berechnet sich dieser relative VaR (VaRr) aus der

Differenz vom maximalen Verlust beim Konfidenzniveau 1-α (VaRa) und dem Erwartungswert der

Verteilung.81 Formal lassen sich der absolute und relative VaR wie folgt für die Betrachtung von Kredit-

verlusten definieren:82

Der VaR stellt bei einem Konfidenzniveau von 1-α eine Verlustschranke dar, die nur mit der Wahr-

scheinlichkeit p = α überschritten wird. X bezeichnet hierbei den Verlust und F die Verteilungsfunktion.

(12) ( ) αα => −1VaRXp

Der VaR stellt somit das 1-α-Quantil der Verlustverteilung dar. Für den absoluten VaR gilt daher:

(13) ( ) ( )∫−

−== −

α

αα

1

0

1 1aVaR

aVaRFdXXf

Über die Umkehrfunktion der Verteilungsfunktion F-1 der Verluste kann der VaRa direkt ermittelt werden.

(14) ( )αα −= −− 111 FVaRa

Der relative VaR berechnet sich aus der Differenz des absoluten VaR und dem Erwartungswert der

Verlustverteilung bzw. dem erwarteten Verlust (EL).83

(15) ELVaRVaR ar −= −− αα 11

Abbildung 3.4-1 veranschaulicht die beiden alternativen Definitionen des VaR für Kreditverluste.

77 Vgl. Jorion (2001), S. 15. 78 Vgl. Jorion (2001), S. 22, Wilson (1999), S. 61 sowie Duffie/Pan (1997), S.7. 79 Vgl. Völker (2001), S. 70. 80 Vgl. Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 189. 81 Vgl. Jorion (2001), S. 109 sowie Völker (2001), S. 69. 82 Vgl. Wilkens/Völker (2001), S. 416, Völker (2001), S. 70 f., Meyer (1999), S. 27 f., Albrecht (2003),

S. 29, Albrecht/Koryciorz (2003), S. 1 sowie Jorion (2001), S. 109 f. 83 Vgl. Völker (2001), S. 69.

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Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust (EL) maximaler Verlust bei Konfidenzniveau 1-α

0

VaRa

VaRr (unerwarteter Verlust)

α

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust (EL) maximaler Verlust bei Konfidenzniveau 1-α

0

VaRa

VaRr (unerwarteter Verlust)

α

Abbildung 3.4-1: alternative VaR-Definitionen84

Die Abbildung verdeutlicht, dass der relative VaR der Differenz aus dem absoluten VaR und dem

erwarteten Verlust entspricht, während der absolute VaR den erwarteten und den unerwarteten Verlust

zusammen als Kreditrisiko quantifiziert. Aus diesem Grund wird im weiteren Verlauf der Arbeit aufgrund

seiner Konsistenz zur gegebenen Risiko- bzw. Kreditrisikodefinition auf den relativen VaR abgestellt.85

Im Rahmen der Betrachtung von Kreditverlusten kann der VaR eines Kreditengagements oder eines

Kreditportfolios als Risikomaßzahl definiert werden, der die maximale Höhe eines potenziellen uner-warteten Verlustes für einen bestimmten Betrachtungszeitraum und für eine vorgegebene Wahrschein-

lichkeit aufzeigt.86

Bei der Bestimmung des VaR kann, bezogen auf die betrachtete Verteilung, zwischen nicht-

parametrischen und parametrischen VaR differenziert werden.87 Nicht-parametrische VaR werden

anhand von Verteilungen ermittelt, die durch historische Daten generiert werden. In diesen Fällen

werden keine Parameter einer theoretischen Verteilung geschätzt, sondern es wird die empirisch

bestimmte Verteilung verwendet.88 Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass kein spezielles

stochastisches Modell unterstellt werden muss.89 Beim parametrischen VaR wird angenommen, dass

die Verluste von Positionen oder Portfolios (bzw. die jeweiligen Bonitätsänderungen) einer analytisch

bestimmbaren Verteilung (z. B. Annahme einer Normalverteilung oder Student-t Verteilung) folgen, so

dass in diesen Fällen historische Daten dafür verwendet werden, um die Parameter der Verteilung zu

schätzen.90

84 In Anlehnung an Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 188. 85 Unter der Bezeichnung VaR wird im Weiteren der relative Value at Risk verstanden. 86 Vgl. Schiller/Tytko (2001), S. 259. 87 Vgl. Jorion (2001), S. 107 sowie Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 188. 88 Vgl. Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 190. 89 Vgl. Huschens (2000), S. 1. 90 Vgl. Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 192.

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Um einen VaR berechnen zu können, muss in einem ersten Schritt die zukünftige Verteilung der Portfo-

liowerte bzw. –verluste bestimmt werden. Anschließend können dann der Erwartungswert und das

entsprechende Quantil der Verteilung bestimmt werden, so dass ein VaR ermittelt werden kann.91 Um

die Verteilung zu bestimmen lassen sich allgemein die drei folgenden Ansätze unterscheiden:

1. Analytischer Varianz-Kovarianz-Ansatz

2. Historische Simulation und

3. Monte Carlo Simulation.

Der Analytische Varianz-Kovarianz-Ansatz geht von der Annahme aus, dass die Risikofaktoren log-

normal oder ihre logarithmierten Renditen normalverteilt sind. Die historische Simulation fordert dem-

gegenüber keine analytischen Annahmen über die Verteilung.92 Der VaR wird bei diesem Ansatz an-

hand der empirischen Verteilung ermittelt. Die Verteilung ergibt sich dabei aus den historischen Reali-

sierungen der Risikofaktoren des Referenzzeitraums. Bei Verwendung der Monte Carlo Simulation

kann jede beliebige analytische (multivariate) Verteilung für die Risikofaktoren gewählt werden. Die

einzig zu beachtende Grundvoraussetzung ist, dass die jeweiligen Parameter der gewählten Verteilung

geschätzt werden können. Für Kreditrisiken mit asymmetrischen Verteilungen eignen sich daher vor-

wiegend Simulationsmodelle, die ohne explizite Verteilungsannahmen auskommen.93

Im Rahmen der Überprüfung der an ein Kreditrisikomaß zu stellenden Anforderungen lässt sich aufzei-

gen, dass der VaR ein leicht zu interpretierendes Risikomaß darstellt, indem mögliche unerwartete

Verluste in Geldeinheiten ausgedrückt werden und zusätzlich die Wahrscheinlichkeit der Überschrei-

tung eines maximalen Verlustes mit angezeigt wird.94 Der VaR kann als (ökonomisches) Kapital inter-

pretiert werden, das für die eingegangenen Risiken zu unterlegen ist, so dass anhand dieser Kennzahl

das ökonomische Risiko direkt gemessen werden kann.95

Des Weiteren stellt der VaR ein universelles Risikomaß dar und erfüllt die Anforderung an eine integ-

rierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten. Der VaR kann für verschiedene Risikoarten ermit-

telt werden, die abschließend zu einer Gesamtgröße aggregiert werden können.96

Für die Lösung von Optimierungsproblemen stellt der VaR keine geeignete Kennzahl dar, da die Eigen-

schaft der Subadditivität im Allgemeinen verletzt wird97, so dass der VaR kein konvexes Risikomaß

ist.98 Bei fehlender Subadditivität verringert sich bei Portfoliodiversifikation nicht zwingend das gemes-

sene Risiko, so dass es bei einem Vergleich alternativer Portfolios zu falschen Risikoeinschätzungen

91 Vgl. Huschens (2000), S. 2 und Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 196 f. 92 Vgl. Auch im Folgenden Crouhy/Galai/Mark (2001), S. 198. 93 Vgl. Schierenbeck (2003b), S. 155. 94 Vgl. Jockusch (2002), S. 39. 95 Vgl. Wilson (1999), S. 65 sowie Albrecht (2003), S. 29. 96 Vgl. Uhlir/Aussenegg (1996), S. 831 sowie Wittrock (1996), S. 917. 97 Es existieren jedoch Klassen von Verteilungen innerhalb derer der VaR subadditiv und damit ein

kohärentes Risikomaß darstellt. Hierzu zählt beispielsweise die Klasse der Normalverteilungen so-fern α<0,5 gilt. Vgl. Albrecht (2003), S. 31.

98 Vgl. Tasche (2002), S. 1519.

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bzw. zu irreführenden Präferenzen bei der Portfoliozusammenstellung führen kann.99 Aufgrund der

fehlenden Eigenschaft der Subadditivität zählt der VaR daher nicht zu den kohärenten Risikomaßen,

obwohl er den Eigenschaften der positiven Homogenität, Monotonie und Translationsinvarianz ent-

spricht.100 Daher ist das Risikomaß zur Risikosteuerung eines Bankportfolios ebenfalls nicht zwingend

geeignet.

Insgesamt stellt der VaR ein recht einfaches und leicht verständliches Konzept zur Risikomessung dar,

mit dem verschiedene Risikoarten zu einer einzigen Kennzahl verdichtet werden können. Zudem hat

sich das Konzept trotz der genannten Probleme in der Praxis für die Quantifizierung des Marktpreis-

sowie des Kreditrisikos als Standard durchgesetzt.101 Zu beachten bleibt jedoch der Kritikpunkt, dass

der VaR ausschließlich einen Punkt der Verteilung betrachtet, so dass er lediglich die Verlustwahr-

scheinlichkeit für einen maximalen Verlust aufzeigt. Das Ausmaß potenzieller Verluste, die den VaR

überschreiten, wird jedoch nicht berücksichtigt.102 Tabelle 3.2-1 fasst das Ergebnis der Anforderungs-

analyse für den VaR zusammen.

Anforderung VaRleichte Interpretierbarkeit +direkte Messung des ökonomischen Risikos +Integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten +Zielgröße für Optimierungsprobleme -–Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios -–Kohärenz -–

Tabelle 3.4-1: Anforderungsanalyse beim Value at Risk

3.5 Expected Shortfall (Conditional VaR)

Der Expected Shortfall (ES), auch als Conditional Value at Risk bezeichnet, wurde 1997 von Artzner et

al. als kohärentes Risikomaß eingeführt.103 Er zählt wie der VaR zu den Downside-Risikomaßen und ist

definiert als der erwartete Verlust für den Fall, dass der VaR tatsächlich überschritten wird. Somit ist er

der wahrscheinlichkeitsgewichtete Durchschnitt aller Verluste, die den VaR-Wert übertreffen. Es wer-

den daher nur die Verluste betrachtet, die über den VaR hinausgehen.104 Sei X eine Zufallsvariable, die

den Verlust eines Portfolios oder einer Position beschreibt und VaR1-α der Value at Risk bei einem

Konfidenzniveau von 1-α, so kann der ES gemäß der folgenden Gleichung formal definiert werden.105

(16) ( ) [ ]αα

−≥= 1| VaRXXEXES bzw. 106

99 Vgl. Meyer (1999), S. 57. 100 Vgl. Frey/McNeil (2002), S. 1321. 101 Vgl. Albrecht/Maurer (2002), S. 676. 102 Vgl. Bertsimas/Lauprete/Samarov (2004), S. 1354. 103 Siehe Artzner et al. (1997). 104 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002a), S. 58. 105 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002b), S. 88. E[X|B] ist die bedingte Erwartung der Zufallsvariable X für den

Fall, dass B eintritt. 106 Vgl. Frey/McNeil (2002), S. 1320 sowie Albrecht/Koryciorz (2003), S. 4.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 20

(17) ( ) [ ] [ ][ ] ( )∫

−−

=≥≥

=≥=ααα

αα

α1

1;| 1

11

VaR

dXXfXVaRXpVaRXXEVaRXXEXES

Während bei stetigen Zufallsvariablen der Wert der Verteilungsfunktion des VaR immer genau mit dem

gegebenen Konfidenzniveau 1-α übereinstimmt, kann er bei diskreten Verteilungen aufgrund von

Sprungstellen hiervon abweichen. Das vorgegebene Konfidenzniveau trifft i. d. R. nicht genau einen

Wert der Verteilungsfunktion, so dass eine Korrektur bei der Bestimmung des ES vorzunehmen ist. Bei

der Ermittlung des ES bei diskreten Verteilungen wird daher der Wert, der vor 1-α liegt, anteilig bei der

Berechnung berücksichtigt.107 Abbildung 3.5-1 veranschaulicht den ES im Vergleich zum VaR gra-

phisch.

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust (EL) maximaler Verlust bei Konfidenzniveau 1-α

0

Value at Risk

α

[ ]α−≥ 1| VaRXXE

Expected Shortfall

Wah

rsch

einl

ichk

eits

dich

te

Kreditverluste (x)

erwarteter Verlust (EL) maximaler Verlust bei Konfidenzniveau 1-α

0

Value at Risk

α

[ ]α−≥ 1| VaRXXE

Expected Shortfall

Abbildung 3.5-1: Expected Shortfall

Wird der VaR als Maximalschaden betrachtet, der mit einer Wahrscheinlichkeit von 1-α nicht überschrit-

ten wird, so kann der ES als durchschnittlicher Maximalschaden in α% der schlechtesten Ausprägun-

gen der Verlustverteilung interpretiert werden.108

Aufgrund der Messung des Kreditrisikos in Geldeinheiten stellt der ES ein leicht zu interpretierendes

Risikomaß dar. Zusätzlich kann der ES theoretisch als notwendiges Risikokapital angesehen werden,

so dass die Kennzahl die Möglichkeit bietet, das ökonomische Risiko direkt zu messen.109 Das notwen-

dige Risikokapital besteht dabei aus den folgenden Komponenten:110

notwendiges Risikokapital =

Erwarteter Verlust (EL)

+ Quantilkapital ( ELVaR −−α1 )

+ Exzesskapital ( [ ]αα −− >− 11 | VaRXVaRXE )

107 Vgl. Kleine (2003), S. 13. 108 Vgl. Acerbi/Tasche (2002a), S. 1488 sowie Albrecht (2003), S. 31. 109 Siehe hierzu Kapitel 3.6. 110 Auch im Folgenden Albrecht (2003), S. 33.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 21

Durch die erste Komponente des Risikokapitals wird der mittlere Verlust und durch die zweite Kompo-

nente die Differenz zwischen dem 1-α%-Maximalschaden und dem mittleren Verlust abgedeckt. Das

Exzesskapital als dritte Komponente des notwendigen Risikokapitals deckt den erwarteten Exzessver-

lust für die Fälle ab, in denen der tatsächliche Verlust den 1-α%-Maximalschaden überschreitet.

Der ES erfüllt die Eigenschaften der positiven Homogenität und der Subadditivität, so dass er ein

konvexes Risikomaß darstellt und somit als Zielgröße für Optimierungsprobleme geeignet ist.111 Rocka-

fellar und Uryasev minimieren in ihrer Untersuchung112 beispielsweise den ES eines Portfolios unter

Anwendung der Linearen Programmierung. Obwohl ihr Ansatz auf die Minimierung des ES ausgerichtet

ist, haben sie anhand von numerischen Experimenten aufzeigen können, dass aus einem niedrigen ES

auch ein niedriger VaR resultiert, da der ES definitionsgemäß immer größer/gleich dem VaR bei ent-

sprechendem Konfidenzniveau ist.

Die Risikoquantifizierung anhand des ES ist auf keine bestimmten Verteilungsklassen beschränkt, so

dass mit dieser Kennzahl das Risiko eines Portfolios mit beliebigen Portfolioverteilungen, z. B. Aktien-,

Options- oder Kreditportfolios gemessen werden kann. Somit bietet der ES die Möglichkeit der integrier-

ten Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten.113 Des Weiteren erfüllt die Kennzahl die Eigenschaf-

ten der positiven Homogenität, Subadditivität, Monotonie und Translationsinvarianz und stellt damit ein

kohärentes Risikomaß dar, so dass er gemäß Artzner et al. zur Risikosteuerung eines Bankportfolios

verwendet werden kann. Tabelle 3.5-1 fasst die Anforderungsanalyse abschließend zusammen.

Anforderung Expected Shortfallleichte Interpretierbarkeit +direkte Messung des ökonomischen Risikos +Integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten +Zielgröße für Optimierungsprobleme +Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios +Kohärenz +

Tabelle 3.5-1: Anforderungsanalyse beim Expected Shortfall

3.6 Vergleich der Risikomaße

Beim Vergleich der aufgezeigten Kennzahlen fällt zunächst auf, dass die Varianz und Standardabwei-

chung symmetrische Risikomaße repräsentieren, wohingegen LPMn(z), VaR und ES zu den Downside-

Risikomaßen zählen. Die Varianz und Standardabweichung messen positive sowie negative Abwei-

chungen vom Erwartungswert und können das Kreditrisiko gemäß der obigen Definition nur adäquat

bestimmen, wenn von normalverteilten Kreditverlusten ausgegangen wird. Kreditverlustverteilungen

sind jedoch i. d. R. asymmetrisch und weisen fette Verteilungsenden (fat tails) auf, so dass Varianz und

Standardabweichung zur Messung des Kreditrisikos ungeeignet sind, da sie das so genannte Tail Risk

111 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002a), S. 80. 112 Vgl. Rockafellar/Uryasev (2000). 113 Vgl. Rockafellar/Uryasev (2000), S. 22 sowie Theiler (2002), S. 82.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 22

nicht ausreichend berücksichtigen.114 Bei der Betrachtung von generellen Verteilungen erfüllt bei den

beiden symmetrischen Risikomaßen lediglich die Standardabweichung in Ansätzen die Anforderung der

leichten Interpretierbarkeit. Die weiteren aufgezeigten Anforderungen an Risikomaße im Kreditbereich

werden jedoch weder von der Standardabweichung noch von der Varianz erfüllt.

Im Gegensatz zu den symmetrischen Risikomaßen sind LPMn(z), VaR und ES konsistent zur verwen-

deten Kreditrisikodefinition, indem sie ausschließlich die negativen Abweichungen vom Erwartungswert

bzw. von einem Referenzwert berücksichtigen können. In Bezug auf die Anforderung einer leichten

Interpretierbarkeit weisen sie jedoch leichte Unterschiede auf.

Die Downside-Wahrscheinlichkeit (LPM0) weist beispielsweise das Kreditrisiko nicht in Geldeinheiten,

sondern in der Form einer Wahrscheinlichkeit aus. D. h. für einen vorgegebenen Referenzwert wird die

Wahrscheinlichkeit berechnet, dass dieser Wert nicht überschritten wird. Die Berechnung des VaR läuft

dagegen genau in anderer Richtung, indem eine Wahrscheinlichkeit vorgegeben wird, mit der der zu

bestimmende VaR-Wert nicht überschritten wird. Der VaR lässt sich nun in den LPM0 transformieren,

indem der ermittelte VaR-Wert als Referenzwert verwendet wird. Die Downside-Wahrscheinlichkeit des

LPM0 entspricht dann eins minus dem Konfidenzniveau, d. h. α.115 Aufgrund dieses starken Zusam-

menhangs zwischen dem LPM0 und dem VaR wird die Anforderung der leichten Interpretierbarkeit für

den LPM0 als in Ansätzen erfüllt angesehen.

LPM1, LPM2 (in Form der Downside-Standardabweichung), VaR und ES erfüllen ebenfalls die Anforde-

rung der leichten Interpretierbarkeit, indem sie das Kreditrisiko in Geldeinheiten ausweisen. Der VaR

(eines Gesamtbankportfolios) kann als der Betrag an ökonomischen Kapital interpretiert werden, der

vorgehalten werden muss, damit das Konfidenzniveau als die Wahrscheinlichkeit verstanden werden

kann, mit der eine Insolvenz der Bank nicht eintreten wird. Den LPM1, LPM2 und dem ES fehlt es dem-

gegenüber an einer solchen Interpretation.116 LPM1 und ES können zwar zur Bestimmung des notwen-

digen Risikokapitals verwendet werden, allerdings besteht hier, im Gegensatz zum VaR, kein notwen-

diger Zusammenhang zwischen dem benötigten Kapital und der Insolvenz- bzw. Ausfallwahrscheinlich-

keit der Bank. Daher ist eine Kontrolle bzw. Steuerung der eigenen Ausfallwahrscheinlichkeit im Rah-

men des Risikomanagements nur durch die Verwendung des VaR möglich.117

Die Klasse der LPMn(z), der VaR sowie der ES erfüllen die Anforderung der integrierten Risikomessung

unterschiedlicher Risikoarten. Allerdings verletzten alle aufgezeigten Kennzahlen bis auf den ES die

Eigenschaft der Subadditivität, so dass nur der ES ein konvexes Risikomaß darstellt und damit als

Zielgröße für Optimierungsprobleme verwendet werden kann. Aufgrund der fehlenden Subadditivitäts-

Eigenschaft bei den LPMn(z) und dem VaR gehört auch nur der ES zu den kohärenten Risikomaßen

gemäß dem Axiomensystem von Artzner et al. und ist daher auch als einziges Risikomaß für eine

adäquate Risikosteuerung eines Bankportfolios geeignet.

114 Vgl. Albrecht (2003), S. 20. 115 Vgl. Guthoff/Pfingsten/Wolf (1998), S. 147 sowie Meyer (1999), S. 54 f. 116 Vgl. Rau-Bredow (2002), S. 8. 117 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002a), S. 61.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 23

Es kann daher festgehalten werden, dass für die Kreditrisikomessung die Risikomaße Varianz und

Standardabweichung gänzlich ungeeignet sind. Die Klasse der LPMn(z) entspricht in ihrer allgemeinen

Ausprägung (für alle n) mit Ausnahme der integrierten Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten

ebenfalls nicht den gestellten Anforderungen an ein Risikomaß zur Kreditrisikoquantifizierung, so dass

abschließend untersucht wird, ob der VaR oder der ES für die Messung von Kreditrisiken vorteilhafter

erscheint.

Gemäß den gestellten Anforderungen scheint der VaR dem ES unterlegen zu sein, da er ein Risikomaß

darstellt, das im Rahmen von Optimierungsproblemen und der Risikosteuerung teilweise zu nicht

konsistenten Ergebnissen führt. Zudem stellt der VaR kein kohärentes Risikomaß dar. Die Fokussie-

rung des VaR auf nur einen Punkt der Verlustverteilung hat zudem zur Folge, dass das Risiko oberhalb

dieses Punktes vernachlässigt wird. Diese Vernachlässigung des Tail Risk führt dazu, dass das tat-

sächliche Ausmaß einer Abweichung vom VaR keinen Einfluss auf Anlageentscheidungen hat.118 So

sind z. B. Portfolios denkbar, die einen identischen VaR aufweisen und einem Entscheider somit als

gleichwertig erscheinen, bei einer Überschreitung des VaR aber zu stark unterschiedlichen Ausfällen

führen. Ein ähnlicher Effekt tritt bei der Veränderung des Konfidenzniveaus auf. Wird das Risiko ver-

schiedener Portfolios auf Basis des VaR verglichen, so kann es bei Variation des Konfidenzniveaus zu

Rangvertauschungen zwischen den betrachteten Portfolios kommen, obwohl sich ihr tatsächliches

Risiko nicht verändert hat. Trotz der genannten Kritikpunkte hat sich der VaR jedoch aufgrund seiner

begrifflichen Einfachheit, der einfachen Berechnung und weitreichender Anwendbarkeit als Standardri-

sikomaß bei der finanziellen Risikomessung etabliert.119

Im Gegensatz zum VaR ist der ES ein kohärentes Risikomaß und berücksichtigt das Ausmaß möglicher

Überschreitungen des VaR-Wertes. Somit bestehen die vom VaR bekannten, aus der Vernachlässi-

gung des Tail Risk und der fehlenden Subadditivität resultierenden Probleme hier nicht. Aufgrund

seiner Eigenschaft als konvexes Risikomaß kann der ES zudem als Zielgröße von Optimierungsprob-

lemen verwendet werden. Konzeptionell kann der ES dem VaR daher als überlegen angesehen wer-

den.120 Ob die konzeptionellen Vorteile ausreichen, damit sich der ES auch in der Praxis etabliert, hängt

allerdings von der Stabilität seiner Schätzergebnisse sowie von der Möglichkeit des Backtestings ab.

Für die Stabilität der Ergebnisse ist eine möglichst genaue Schätzung des Endes der Verteilung aus-

schlaggebend. Diese Schätzung ist allerdings mit herkömmlichen Schätzmethoden recht schwierig, da

Verluste oberhalb des VaR-Niveaus relativ selten auftreten und somit beispielsweise eine Schätzung

des Verteilungsendes mithilfe der historischen Simulation wegen nicht ausreichender historischer Daten

zu nicht stabilen Ergebnissen führen kann. Zudem ergeben sich Probleme beim Backtesting des ES.

Während zur Überprüfung eines VaR-Modells nur die Häufigkeit der Verluste über dem VaR-Wert mit

dem entsprechenden Konfidenzniveau verglichen werden muss, gilt es bei einem ES-Modell die tat-

sächlichen durchschnittlichen Verluste über dem VaR-Wert mit dem geschätzten ES zu vergleichen.

Aufgrund der eher selten auftretenden Verluste oberhalb des VaR-Wertes sind für das Backtesting

mehr Daten notwendig als bei VaR-Modellen. 118 Vgl. Kleine (2003), S. 13. 119 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002a), S. 58. 120 Vgl. auch im Folgenden Yamai/Yoshiba (2002a), S. 80 f.

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3 Risikomaße zur Quantifizierung des Unexpected Loss 24

Bei der Interpretation des ES als ökonomisches Kapital kann es zudem zu Akzeptanzproblemen seitens

der Regulierungsbehörden kommen, da für den ES kein Zusammenhang zwischen benötigtem Kapital

und der Ausfallwahrscheinlichkeit der eigenen Unternehmung besteht. Bei der Bestimmung des öko-

nomischen Kapitals anhand des VaR ist es für die Regulierungsbehörden ersichtlich, dass die Ausfall-

wahrscheinlichkeit einer Bank maximal α% beträgt, wenn das ermittelte Risikokapital vorgehalten

wird.121 Diese Möglichkeit, einen grundlegenden Überblick über die Insolvenzwahrscheinlichkeit einer

Bank zu erhalten, ist für die Regulierungsbehörden im Rahmen der Risikokapitalbestimmung anhand

des ES nicht zwingend gegeben. Zu beachten bleibt jedoch, dass die Verwendung des ES zu einer

konservativeren Berechnung des ökonomischen Kapitals führt, was wiederum im Interesse der Ban-

kenaufsicht liegt.

Als abschließende Bewertung lässt sich feststellen, dass der ES ein universelles und einfaches Kon-

zept zur Risikoquantifizierung darstellt. Aufgrund seiner Kohärenzeigenschaft repräsentiert er im Ver-

gleich zum VaR das vorteilhaftere Kreditrisikomaß, da mit ihm Optimierungsprobleme gelöst und Portfo-

lios adäquat gesteuert werden können.

Zu berücksichtigen bleibt jedoch, dass es sich bei der Frage, ob der VaR oder der ES für die Kreditrisi-

koquantifizierung vorteilhafter erscheint, keinesfalls um eine reine Alternativenfrage handelt, da der

VaR zur Bestimmung des ES (bei obiger Definition) mit berechnet werden muss. Vielmehr kann der ES

als eine Erweiterung des VaR-Konzeptes verstanden werden, um die Nachteile der reinen Risikoquanti-

fizierung anhand des VaR zu vermindern. Der ES sollte daher zumindest als Ergänzung zum VaR

verwendet werden, zumal es für jede Bank mit einem VaR-basierten Risikomanagementsystem möglich

ist, den ES ohne größeren Rechenaufwand zu bestimmen.122 Die folgende Tabelle stellt die vorgestell-

ten Kennzahlen sowie deren jeweilige Anforderungserfüllung abschließend gegenüber.

Anforderung Standardabweichung Varianz LPMn>2(z) LPM0 LPM1 LPM2 VaR ESleichte Interpretierbarkeit (+) -– -– (+) + (+) + +direkte Messung des ökonomischen Risikos -– -– -– (+) + (+) + +Integrierte Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten -– -– + + + + + +Zielgröße für Optimierungsprobleme -– -– -– -– -– -– -– +Verwendung zur Risikosteuerung eines Bankportfolios -– -– -– -– -– -– -– +Kohärenz -– -– -– -– -– -– -– +

Tabelle 3.6-1: Gegenüberstellung der alternativen Risikomaße

121 Vgl. Yamai/Yoshiba (2002a), S. 61. 122 Vgl. Acerbi/Tasche (2002b), S. 386.

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4 Zusammenfassung 25

4 Zusammenfassung

Ziel dieses Beitrages war es, alternative Risikomaße für die Kreditrisikoquantifizierung zu vergleichen

und auf ihre Anwendbarkeit zu untersuchen. Dazu wurde zunächst die Gefahr einer negativen Abwei-

chung des tatsächlichen Verlustes vom Erwartungswert der Verluste als Kreditrisiko definiert. Dieser

über den erwarteten Verlust hinausgehende mögliche Verlustbetrag wurde als unerwarteter Verlust

bezeichnet. Im Weiteren wurde aufgezeigt, dass der erwartete Verlust definitionsgemäß nicht zum

Kreditrisiko zählt und im Vorfeld der Kreditvergabe bereits in Form von Ausfallprämien bei der Konditio-

nenkalkulation berücksichtigt werden sollte. Der erwartete Verlust stellt trotz der fehlenden Interpretati-

on als Kreditrisiko eine wichtige Größe im Rahmen des Kreditrisikomanagements dar und kann als

Produkt der Kreditrisikoparameter erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit, Credit Exposure und Verlustquo-

te ermittelt werden.

In Kapitel 3 wurden zunächst Anforderungen an Risikomaße zur Kreditrisikoquantifizierung aufgezeigt

und deren Erfüllung für die Kennzahlen Standardabweichung, Varianz, Lower Partial Moments, Value

at Risk und Expected Shortfall anschließend analysiert.

Für die symmetrischen Risikomaße Standardabweichung und Varianz konnte festgestellt werden, dass

sie für die Quantifizierung des Kreditrisikos nicht geeignet sind, da sie für asymmetrische Verlustvertei-

lungen nahezu keinen der gestellten Anforderungen genügen.

Die allgemeine Klasse der LPMn(z) stellt ebenfalls kein geeignetes Risikomaß für das Kreditrisiko dar,

da ausschließlich die Anforderung der integrierten Risikomessung unterschiedlicher Risikoarten erfüllt

wird. Bei der Differenzierung der verschiedenen Ordnungen n konnte jedoch aufgezeigt werden, dass

der LPM1 die am besten geeignete Kennzahl aus der Klasse der LPMn(z) darstellt.

Obwohl der VaR zurzeit den Standard im Bereich der finanziellen Risikomessung darstellt erscheint der

ES als kohärentes Risikomaß eine sinnvolle Erweiterung des bestehenden VaR-Konzeptes im Bereich

der Kreditrisikomessung zu sein. Abzuwarten bleibt jedoch, ob sich dieses Risikomaß auch in der

Praxis durchzusetzen vermag, zumal bei der Interpretation des ES als ökonomisches Kapital kein

Zusammenhang zwischen dem notwendigen Risikokapital und der Ausfallwahrscheinlichkeit besteht. In

diesem Punkt könnten daher Akzeptanzprobleme seitens der Regulierungsbehörden auftreten.

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