Kriminalpolz_ermittlungen

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Kriminalpolz_ermittlungen

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    Kriminalpolizeiliche und epidemiologische Ermittlungen Handbuch

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    Dieses Handbuch basiert auf dem Buch Criminal and Epidemiological Investigation Hand-book (www2.cdc.gov/phlp/ForensicEpi/docs/Crim_Epi_Hdbk.pdf). Bereits beim bersetzen des Werkes wurde versucht, offensichtlich nur auf amerikanische Verhltnisse zutreffende Angaben und Aussagen auf die Situation in Deutschland anzupassen. Aus diesem Grund wur-de das Kapitel zwei des Originals ersetzt durch ein fr dieses Werk neu erstelltes Kapitel, das versucht, die Organisationsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland darzustellen. Die nunmehr vorliegenden Beschreibungen der wesentlichen Akteure wurden von den Behrden und Institutionen selber erstellt beziehungsweise von ihnen genehmigt. Das Handbuch wurde von Herrn Dr. med. Martin Dirksen-Fischer, Leiter Gesundheitsamt Hamburg Eimsbttel, als Vertreter des ffentlichen Gesundheitsdienstes (GD) und Herrn Kriminalhauptkommissar Bernfried Seiwert, Bundeskriminalamt (BKA), ZD 37 (ABC-Netzwerk und operative Untersttzung bei gravierenden Straften mit ABC-Substanzen), stell-vertretend fr die Behrden der Strafverfolgung, gemeinsam bersetzt. Der Grund fr diese bersetzung lag darin begrndet, dass es zu dem Thema Forensic Epi-demiology bzw. Zusammenarbeit zwischen Behrden des ffentlichen Gesundheitsdienstes und der Strafverfolgung, bislang keine deutschsprachige Literatur gibt. Diese Sprachbarriere trgt dazu bei, dass in Deutschland bislang relativ wenig Wissen ber die Aufgaben und F-higkeiten der bei einem potentiellen bioterroristischen Anschlag betroffenen Akteure gegen-seitig vorhanden ist. Diese Lcke wollten die Autoren mit der bersetzung versuchen zu schlieen. Am Beispiel der mit Milzbranderregern kontaminierten Briefe, welche im September 2001 in den USA eingingen und an deren Folgen fnf Menschen verstorben sind, wurde den Verant-wortlichen deutlich, dass zur Bearbeitung einer solchen Anschlagserie die zustndigen Behr-den, d.h. sowohl Strafverfolgungsbehrden als auch Behrden des ffentlichen Gesundheits-wesens, gut zusammenarbeiten und kommunizieren mssen. In den USA hat man aufgrund dieser Erfahrungen die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behrden verbessert. So wurden vom FBI und dem Centers for Disease Control and Preventi-on (CDC) gemeinsam Workshops und Schulungen entwickelt und mit den verantwortlichen Stellen in den verschiedenen Bundesstaaten durchgefhrt. In den USA ist daher das Thema Forensic Epidemiology mittlerweile einer breiten Fachffentlichkeit bekannt. Auch auf europischer und G8-Ebene wurde das Thema von gemeinsamen Ermittlungen von Strafverfolgungsbehrden und ffentlichem Gesundheitsdienst diskutiert, so z.B. in Den Haag, Mrz 2004 (Europol/DG SANCO, Interaction of Criminal and Epidemiological In-vestigations) und London, Mrz 2007 (G8 Forensic Epidemiology Workshop). Von deutscher Seite nahmen an diesen Workshops Vertreter des Bundesministeriums des Innern (BMI), Auswrtigen Amtes (AA), Bundesminister fr Gesundheit (BMG), Robert Koch-Institut (RKI), Bundesinstitut fr Risikobewertung (BfR) und BKA teil.

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    Auch aufgrund dieser engen Kooperation funktioniert der Informationsaustausch auf Bundes-ebene zwischen Vertretern der Gesundheitsseite (z.B. RKI, BfR) und der Strafverfolgung (BKA, ZD 37) schnell und unbrokratisch, auch bei Sachverhalten, die offensichtlich keine Straftat darstellen. Obwohl es gengend Informationen im englischsprachigen Raum gibt, macht es das Fehlen von deutschsprachiger Literatur schwierig, die Fachffentlichkeit fr dieses zugegebenerma-en eher sensible Thema zu informieren und zu sensibilisieren. Im Anhang dieses Bandes finden sich darber hinaus eine Liste wesentlicher Fachbegriffe sowie Auszge aus den relevantesten Gesetzen des Fachgebietes. Die Bearbeiter dieses Bandes verstehen diese vom Federal Bureau of Investigation (FBI) und Centers for Disease Control and Prevention (CDC) genehmigte deutsche "Version" als "Work in Progress". Es ist erklrtes Ziel an einer weiteren Verbesserung des Bandes gemeinsam mit Ihnen, den Leserinnen und Lesern zu arbeiten. Wir mchten Sie bitten, weitere Ergnzungen und Verbesserungsvorschlge an folgende An-schriften zu senden:

    Martin Dirksen-Fischer Gesundheitsamt Hamburg Eimsbttel Grindelberg 66 20139 Hamburg [email protected] Bernfried Seiwert Bundeskriminalamt ZD 37 53340 Meckenheim [email protected]

    Abschlieend drfen wir all denen Kolleginnen und Kollegen danken, die bereits erste Ver-besserungsvorschlge erarbeitet haben.

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    Inhaltsverzeichnis I. Vorwort der US-Ausgabe................................................................................................... 6

    Ziel dieses Handbuches:......................................................................................................... 7 Potentielle Barrieren............................................................................................................... 8

    Barrieren des ffentlichen Gesundheitsdienstes (GD) ................................................... 8 Barrieren der Sicherheitsbehrden ................................................................................... 10 Probleme im Umgang mit den Medien ............................................................................ 10

    II. Nationale Zustndigkeiten................................................................................................ 12 Bundeskriminalamt (BKA) .................................................................................................. 12 Landeskriminalamt (LKA)................................................................................................... 12 Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) ....................................................... 13 Robert Koch-Institut (RKI) .................................................................................................. 13 Landesgesundheitsmter ...................................................................................................... 14 Gesundheitsmter ................................................................................................................. 14 Bundesinstitut fr Risikobewertung (BfR) .......................................................................... 15

    III. ffentlicher Gesundheitsdienst (GD)........................................................................ 16 Ziele der Ermittlungen im ffentlichen Gesundheitsdienst.................................................. 16 Epidemiologische Untersuchungen des GD...................................................................... 16

    Erkennen eines ungewhnlichen Ausbruchs.................................................................... 17 Erweiterte Surveillancedaten des GDs......................................................................... 17 Sicherung der Diagnose ................................................................................................... 20 Identifikation zustzlicher Flle ....................................................................................... 20 Sammlung von Proben ..................................................................................................... 22 Bericht ber das Krankheitsgeschehen ............................................................................ 22 Entwicklung eines Interventionsplanes ............................................................................ 23

    IV. Strafverfolgungsbehrden ............................................................................................ 24 Ermittlungsziele von Strafverfolgungsbehrden.................................................................. 24 Manahmen der Sicherheitsbehrden .................................................................................. 25

    Abwehr eines bioterroristischen Angriffs ........................................................................ 25 Kriminalpolizeiliche Ermittlungen................................................................................... 25 Bewertung des Ereignisses auf Glaubwrdigkeit............................................................. 26 Beweismittelerhebung...................................................................................................... 27 Bewertung des Beweises.................................................................................................. 28 Beweismittel..................................................................................................................... 30 Einschtzung des Verdchtigen ....................................................................................... 31 Zeugenaussagen ............................................................................................................... 31

    V. Gemeinsame Ermittlungen............................................................................................... 32 Gemeinsame Untersuchung.................................................................................................. 32 Effektiver Informationsaustausch ........................................................................................ 32

    Massenvernichtungswaffen (WMD) und Verantwortlichkeiten ...................................... 33 Informationen des GD ................................................................................................... 34 Informationen der Strafverfolgungsbehrden .................................................................. 36 Offene und verdeckte Bioterroristische Szenarien:.......................................................... 38 Offen durchgefhrte Anschlge: ...................................................................................... 38 Verdeckt durchgefhrte Aktivitten................................................................................. 40 Gemeinsame Interviews: .................................................................................................. 43 Auslseschwellen fr den Informationsaustausch ........................................................... 44

    Austausch von sensiblen Daten............................................................................................ 45 Verdachtsmomente fr den GD..................................................................................... 46 Verdachtsmomente fr die Sicherheitsbehrden.............................................................. 47

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    Informationsaufnahme durch den GD (Krankenhuser, Rettungsdienste) ................... 48 Informationsaufnahme durch Strafverfolgungsbehrden................................................. 49 ffentliche Informationen................................................................................................ 51 Empfehlung zur Verbesserung des Informationsaustauschs............................................ 51 Pressemitteilungen / Information der ffentlichkeit........................................................ 53 Empfehlungen zum Informationsaustausch ..................................................................... 55

    VI. Zusammenfassung........................................................................................................ 54 VII. Anhnge ....................................................................................................................... 56

    Fachwrter............................................................................................................................ 56 Rechtliche Grundlagen......................................................................................................... 60

    Gesetz ber die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG)....................................... 60 Kriegswaffenliste ............................................................................................................. 62 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) ................................................................................. 65 Infektionsschutzgesetz (IfSG) .......................................................................................... 69

    Literaturhinweise.................................................................................................................. 72 Criminal and Epidemiological Investigation Handbook.................................................. 72 Bioterrorism Incident Pre-Planning and Response-Guide ............................................... 72 Infektionsepidemiologie................................................................................................... 72 Lehrbuch Infektionsepidemiologie .................................................................................. 72 Biologische Gefahren - Beitrge zum Bevlkerungsschutz............................................. 72 Forensic Epidemiology Investigations ............................................................................. 73 Toward a System of Microbial Forensics: from Sample Collection to Interpretation of Evidence ........................................................................................................................... 73 Forensic Epidemiology Joint Training for Law Enforcement and Public Health Officials on Investigative Responses to Bioterrorism...................................................... 73 Initial Investigation and Management of Outbreaks and Incidents of Unusual Illness.... 73 U.S. Biodefense and Homeland Security: Toward Detection and Attribution ................ 73

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    I. Vorwort der US-Ausgabe Die jngsten terroristischen Anschlge haben gezeigt, wie verletzlich die zivilisierte Welt ist gegenber einer Form der Bedrohung welche Tote und Verletzte verursachen sowie ngste sowohl in der Bevlkerung als auch in der Regierung auslsen will. Es liegen aktuelle Informationen vor die darauf hinweisen, dass westliche Werte und Staats-angehrige unabhngig von ihrem jeweiligen tatschlichen Aufenthaltsort Ziel terroristischer Aktivitten sind. Erklrungen von Usama Bin Laden belegen, dass Terroristen zur Erreichung ihrer Ziele auch bereit sind, unkonventionelle Waffen einzusetzen. Hierzu zhlt auch der Ein-satz biologischer Agenzien. Biologische Agenzien stellen sowohl die Verantwortlichen aus den Bereichen der Strafverfolgung als auch die des ffentlichen Gesundheitsdienstes (GD) vor neue Herausforderungen, um die Folgen eines Angriffs mit biologischen Agenzien zu minimieren. In der Vergangenheit war es gngige Praxis, dass sowohl von Beamten der Strafverfolgungs-behrden und als auch von Mitarbeitern des GD unterschiedliche und voneinander unab-hngige Untersuchungen zum Ablauf des Geschehenen durchgefhrt wurden. Ein Angriff mit biologischen Agenzien erfordert jedoch ein hohes Ma an Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Disziplinen, damit gemeinsame Ziele erreicht werden knnen. Hierzu zhlen u.a. das Identifizieren des biologischen Agens, das Verhindern der Weiterverbreitung der Krankheit, die Information der Bevlkerung um Panikreaktionen zu unterbinden und das Verstndnis fr die interdisziplinren Verantwortungsbereiche. Der Mangel an gegenseitigem Bewusstsein ber Fachkenntnisse und Verstndnis sowie das Fehlen etablierter Kommunikationsstrnge fhrten in der Vergangenheit dazu, dass sich die separat und oft berschneidend gefhrten Ermittlungen gegenseitig strten und wichtiger Informationsaustausch unterblieb, wodurch die Untersuchungen in ihrer Effizienz behindert wurden. Aufgrund der aktuellen Gefhrdungsbewertung, nach der ein Angriff mit biologischen Waffen nicht ausgeschlossen werden kann, ist daher der effektive Einsatz aller staatlichen Ressourcen notwendig, um auf diese Herausforderungen leistungsfhige und angemessene Antworten bereitstellen zu knnen.

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    Ziel dieses Handbuches:

    Die Einleitung gemeinsamer epidemiologischer und kriminalpolizeilicher Ermittlun-gen, damit die Mitarbeiter des GD und der Strafverfolgungsbehrden ein besseres Verstndnis fr das Informationsbedrfnis und die Ermittlungsmethoden der anderen Seite bekommen.

    Das Erkennen potentieller juristischer Probleme zwischen GD und Strafverfol-

    gungsbehrden, die whrend der Untersuchung des biologischen Ereignisses zum Tra-gen kommen knnten mit dem Ziel, entsprechende einvernehmliche Lsungen herbei-zufhren.

    Die Erhhung der Akzeptanz der Expertise der jeweils anderen Disziplin.

    Das Handbuch wurde geschrieben, um Ressourcen zu bndeln sowie Kommunikation und Interaktion zwischen Beamten der Strafverfolgungsbehrden und Verantwortlichen des f-fentlichen Gesundheitsdienstes zu erleichtern. Auerdem soll das Buch ein besseres Ver-stndnis zwischen Strafverfolgung und GD frdern mit dem Ziel, potentielle Schranken in Bezug auf Kommunikation und gegenseitigem Informationsaustausch whrend einer biologi-schen Krise abzubauen. Strafverfolgungsbehrden und GD sind aufgefordert, sich mit dem Inhalt des gesamten Handbuches auseinanderzusetzen und sich beim Lesen nicht auf die eigenen jeweiligen Ab-schnitte zu begrenzen. Eine Beschrnkung auf die eigenen Inhalte wre insofern nachteilig, weil beide Disziplinen gemeinsame Interessen haben:

    frhes Erkennen einer Straftat bzw. einer Seuche und die frhzeitige bermittlung relevanter Informationen.

    Auch wenn es ein gemeinsames Interesse an der Weitergabe fallbezogener Informationen gibt, kann die Informationsbermittlung aufgrund bestehender oder flschlicherweise ange-nommener Regelungen zum Umgang mit Daten (Datenschutzbestimmungen) behindert wer-den. Das Erkennen und Abstellen potentieller Hindernisse, welche eine ungehinderte Informa-tionsbermittlung behindern knnen, erleichtert in einer Krise den rechtzeitigen Austausch wichtiger Informationen. Im Vorfeld zur Erstellung dieses Handbuches wurden vom FBI und dem CDC Arbeitsgrup-pen gebildet, in denen Experten aus den Disziplinen Innere Sicherheit und GD zusammen-

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    trafen mit dem Ziel, tatschliche und vermeintliche Datenschutzprobleme dieser beiden Grup-pen zu identifizieren und zu diskutieren. Die Arbeitsgruppe fand Wege, um Restriktionen, die sich aus den Datenschutzbestimmungen ergaben, zu reduzieren. Die Neuauflage des Buches aus 2006 beinhaltet bereits aktuelle Regeln und bercksichtigt nderungen, die aufgrund von Erfahrungen mit der Erstausgabe von 2004 gewonnen worden sind.

    Potentielle Barrieren

    Barrieren des ffentlichen Gesundheitsdienstes (GD) Whrend der Workshops in den USA wurden von den Vertretern des GD und der Strafver-folgung zwei grundlegende Barrieren erkannt, welche den Informationsaustausch von Patien-tendaten betrafen. Das erste potentielle Hindernis betraf die Auffassung des GD, dass der GD verantwortlich sei fr die Weitergabe von Patientendaten, fr die seitens des Patienten keine Zustimmung vorlag. Es wurden (gesetzliche) Bestimmungen aufgelistet, welche die Vertraulichkeit von Patienten-daten (rztliche Schweigepflicht) betreffen:

    Vertrauliche Patientendaten werden den Mitarbeitern des GD normalerweise von niedergelassenen rzten bermittelt. Die Frage, ob eine Information vertraulich ist oder zur Weitergabe an staatliche Stellen genutzt werden kann, muss noch geklrt werden.

    Klinische Proben von Patienten werden vom GD bei epidemiologischen Untersu-

    chungen genutzt, um die wirkungsvollste Behandlung vorschlagen und das Infektions-risiko bzw. Gefahren fr die Volksgesundheit einschtzen zu knnen. Strafverfol-gungsbehrden wollen diese Untersuchungsergebnisse nutzen, um diese in strafpro-zessuale Ermittlungen einflieen zu lassen. Daher sollte ein Bericht ber die aktuelle Gesetzeslage erstellt werden, um die tatschlichen Beschrnkungen und Ausnahmen festzustellen. Die Mglichkeiten, nach denen Daten bermittelt werden drfen, sollten erforscht werden. Auch soll ein Verfahren entwickelt werden, unter welchen gesetzli-chen Bedingungen Informationen ausgetauscht werden knnen. Die Mglichkeiten der Datenbermittlung knnen abgestuft festgelegt werden, von der uneingeschrnkten bermittlung einfacher Informationen bis hin zum Richtervorbehalt bei sehr sensiblen

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    Daten. Von manchen Vertretern des GD wird die Rechtsauffassung vertreten, dass Isolate (isolierte chemische Substanzen oder Mikroorganismen) dem Staat gehren und dass daher kein Eingriff in die Persnlichkeitsrechte des Patienten vorliegt.

    Strafverfolgungsbehrden wollen den Zugriff auf relevante Informationen aus Kran-

    kenakten haben, die bei Krankenhusern, Krankenversicherungen oder Zentren fr Gesundheitsdienstleistungen (Centers for Medicare and Medicaid Services) vorliegen. Es muss geprft werden, welche Gesetze die Datenbermittlung ohne vorherige rich-terliche Anordnung ermglichen bzw. verhindern.

    Strafverfolgungsbehrden wnschen die bermittlung von Patientendaten, welche bei

    einzelnen Leistungstrgern vorliegen. Es sollte geprft werden, welche Daten bermit-telt werden drfen, ohne dass der Leistungstrger hierfr haftbar gemacht werden kann und unter welchen Umstnden ein Gerichtsbeschluss notwendig ist.

    Eine zweite potentielle Schranke, die den Austausch von Informationen behindern knnte, basiert auf der Frage von Ethik und Vertrauen. Patienten stellen dem medizinischen Personal ihre vertraulichen Patientendaten zur Verfgung in dem stillschweigenden Verstndnis, dass rzte und Mitarbeiter des GD mit diesen Informationen vertraulich umgehen. Insofern ha-ben Mediziner ein ausdrckliches Interesse daran, dass diese Patientendaten gegenber den Strafverfolgungsbehrden vertraulich behandelt werden, unabhngig vom Grund oder dem Anlass der Anfrage, da diese Daten wichtig sind, um auch zuknftig Seuchengeschehnisse erkennen und bekmpfen zu knnen. Nicht zuletzt deshalb ist die rztliche Schweigepflicht ein wesentliches Element des Verhaltenskodexes fr Mitarbeiter des GD. Das vertrauliche Verhltnis zwischen Arzt und Patient ist gesetzlich geschtzt. Es ist das Recht des Patienten, und nicht das des Arztes, dieses Privileg auszuben. Im Allgemeinen ist das Recht auf rztliche Schweigepflicht gekennzeichnet durch die drei nachstehend aufge-fhrten Elemente:

    Der Patient hat seine Daten dem Arzt in der Erwartung mitgeteilt, dass dieser diese nur zur Erfllung seiner Aufgabe nutzt und nicht freigibt.

    Die Patient-Arzt-Beziehung basiert auf Vertraulichkeit.

    Die mgliche Verletzung der rztlichen Schweigepflicht muss schwerer wiegen als der

    zu erwartende Nutzen, den die Justiz oder die ffentlichkeit htte, wenn sie diese ver-traulichen Daten erhlt.

    Wenn die Freigabe von Patientendaten auf einer richterlichen Anordnung beruhen wrde, wren rzte, Krankenhuser und GD vor rechtlichen Ansprchen, die mit der Verletzung

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    der rztlichen Schweigepflicht begrndet werden, geschtzt. Andererseits birgt dies das Risi-ko, dass Patienten ihrem Arzt nicht mehr alle relevanten Informationen mitteilen.

    Barrieren der Sicherheitsbehrden Von Sicherheitsbehrden werden hauptschlich zwei Grnde genannt, welche den ungehin-derten Austausch sensibler Ermittlungsergebnisse betreffen knnten. Zum Ersten besteht ein Vorbehalt gegen den Austausch von Daten, welche die Sicherheit von Informanten bzw. Quellen gefhrden knnten. Mitteilungen von Informanten sind auch gera-de deshalb so sensibel, weil bei Bekanntwerden dieser Information Verdchtige, gegen die ermittelt wird, dadurch mglicherweise in die Lage versetzt werden, den Hinweisgeber zu identifizieren. Je grer der Kreis derjenigen Personen ist, die Zugang zu vertraulichen Daten haben, desto grer ist die Gefahr, dass der Informant bzw. die Quelle enttarnt werden kann. Weil aus diesem Grund Mitarbeitern des GD der Zugang zu Informanten bzw. Quellen ver-wehrt bleiben muss wird jedoch erwartet, dass die Sicherheitsbehrden zumindest ein Alarm-signal an den GD weiterleiten, wenn eine erhhte Wachsamkeit (awareness) erforderlich ist. Wird Alarm ausgelst ist es trotzdem nicht unbedingt erforderlich, dass eingestufte Daten aufgedeckt werden, jedoch wrde ein solcher Alarm den GD in die Lage versetzen, auf un-gewhnliche oder unerwartete Krankheiten zu achten, deren Signale auf eine biologische Ge-fahrenlage ansonsten im allgemeinen Krankheitsgeschehen eine zu lange Zeit unerkannt geblieben wren. Zum Zweiten sind auch Sicherheitsbehrden besorgt, dass der Austausch sensibler Daten da-zu fhren knnte, dass der Verdchtige seiner Entdeckung entgehen knnte. Wenn zum Bei-spiel die Sicherheitsbehrden den GD darber informieren, auf eine bestimmten Person oder Personengruppe zu achten steigt auch die Zahl der Personen, die in die polizeilichen Ermitt-lungen eingebunden sind. Wie bei jeder Ermittlung gilt auch hier, dass je mehr Personen Zu-gang zu vertraulichen Informationen haben, desto grer ist die Gefahr, dass diese Informati-onen unabsichtlich bekannt werden. Insofern wre die Wahrscheinlichkeit, dass die vertrauli-chen Informationen durch diese unabsichtlich geschaffene Lcke von den Straftter genutzt wird, um Beweismittel zu zerstren bzw. deren Aufdeckung zu verhindern.

    Probleme im Umgang mit den Medien Auch wenn es von den Medien nicht beabsichtigt ist die Ermittlungen zu behindern, kann die Berichterstattung dazu fhren, dass die Bevlkerung beunruhigt wird und panikartig reagiert oder dass Informanten enttarnt werden. GD und Sicherheitsbehrden mssen daher eine Beziehung zu den Medien aufbauen um sicherzustellen, dass die Medien genaue und ausrei-

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    chende Informationen erhalten die sie bentigen, um die ffentlichkeit richtig zu informieren und nicht zu verunsichern. Dies kann geschehen, indem man allgemeine Informationen ber das Ereignis verbreitet. Vorrangiges Ziel ist die Koordination von Presseinformationen zwi-schen GD und Sicherheitsbehrden und dem Bestimmen eines verantwortlichen Pressespre-chers. Der gewhlte Pressesprecher hat sicherzustellen, dass der ffentlichkeit geeignete In-formationen mitgeteilt werden. Er hat die Expertise, auf Fachfragen aus den Bereichen GD und Sicherheitsbehrden zu reagieren. Der Pressesprecher kann auch dabei behilflich sein, dass die Freigabe von vertraulichen Informationen vermieden wird. Wegen der allgemeinen Furcht in der Bevlkerung (Panik) sowie den zu erwartenden psychologischen Folgen eines bioterroristischen Anschlages ist damit zu rechnen, dass die Medien offensiv an Ermittler he-rantreten werden, um an Informationen zu gelangen. Die Einrichtung eines gemeinsamen In-formationszentrums mit einem verantwortlichen Pressesprecher hilft daher sowohl dem GD als auch den Strafverfolgungsbehrden im richtigen Umgang mit den Medien und gewhrleis-tet gleichzeitig eine zeitgerechte und genaue Information der ffentlichkeit. Allgemeine Ziele von GD und Strafverfolgungsbehrden:

    Bevlkerungsschutz Vorsorge bzw. Ende des Ausbruchs einer Infektionskrankheit Identifikation des Urhebers der Bedrohung bzw. des Angriffs Arbeitsschutzmanahmen (der eigenen Mitarbeiter) whrend des Einsatzes

    Die Instrumente, welche beiden Disziplinen zum Erreichen dieser allgemeinen Ziele zur Ver-fgung stehen, werden in den folgenden Kapiteln dargestellt.

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    II. Nationale Zustndigkeiten

    Bundeskriminalamt (BKA) Das Bundeskriminalamt (http://www.bka.de/) ist eine dem Bundesministerium des Innern nachgeordnete Bundesoberbehrde der Bundesrepublik Deutschland mit Standorten in Wies-baden (Hauptsitz), Berlin und Meckenheim. Die konkreten Aufgaben und Befugnisse des Bundeskriminalamtes sind im BKA-Gesetz (http://bundesrecht.juris.de/bkag_1997/BJNR165010997.html) geregelt. Hiernach hat es die Aufgabe, die nationale Verbrechensbekmpfung in Deutschland in enger Zusammenarbeit mit den Landeskriminalmtern zu koordinieren und Ermittlungen in be-stimmten schwerwiegenden Kriminalittsfeldern durchzufhren. Dies sind zumeist komplexe Verfahren, bei denen Ermittlungen im Ausland notwendig sind, z. B. im Bereich der organi-sierten Kriminalitt und der Staatsschutzkriminalitt. Darber hinaus schtzt das BKA die Verfassungsorgane des Bundes. Das BKA vertritt die Bundesrepublik Deutschland bei Interpol als nationales Zentralbro (NZB). Innerhalb des BKA beschftigen sich verschieden Organisationseinheiten (Fachbereiche, Re-ferate) mit der Aufgabe der Bekmpfung der ABC-Kriminalitt. Ermittlungen sowie Analyse von ABC-Delikten werden von der Abteilung Staatsschutz (ST), Untersuchung von Beweis-mitteln (Forensik) und wissenschaftlicher Support von der Abteilung Kriminaltechnik (KT) sowie ABC-Untersttzung und Beratung von der Abteilung Zentrale Dienste (ZD) geleistet. Untersttzungsersuchen werden vom Kriminaldauerdienst (24/7-Dienst) entgegengenommen und von diesem an den Bereitschaftsbeamten der Abteilung ZD weitergeleitet. Erreichbarkeiten des Kriminaldauerdienstes: Tel.: 01888-28-22042 [email protected]

    Landeskriminalamt (LKA) Landeskriminalmter gehren zur Landespolizei eines jeden Bundeslandes und sind dem je-weiligen Innenministerium bzw. Innensenat nachgeordnet. Die Landeskriminalmter versehen neben Aufgaben der Gefahrenabwehr insbesondere wich-tige Aufgaben bei der Strafverfolgung. Insbesondere technische oder umfangreiche berregi-onale Ermittlungsttigkeiten in den Bereichen Sexualstraftaten, Organisierte Kriminalitt,

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    Rauschgift, Falschgeld, Staatsschutz, Forensik werden fr die Polizeibehrden vor Ort wahr-genommen. Die Landeskriminalmter mit ihrer Zentralstellenfunktion sind fr die Polizeidienststellen der jeweiligen Lnder das Bindeglied zum BKA.

    Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) Der GBA (http://www.generalbundesanwalt.de/de/index.php) ist in Deutschland das Strafver-folgungsorgan des Bundes und nimmt seine Aufgaben neben der Justizgewalt der Lnder wahr. Er ist auf dem Gebiet des Staatsschutzes die oberste Strafverfolgungsbehrde der Bundesre-publik Deutschland. Er bt das Amt des Staatsanwalts in allen schwerwiegenden Staats-schutzstrafsachen aus, die die innere oder uere Sicherheit in besonderem Mae berhren. Die innere Sicherheit wird durch politisch motivierte Delikte, insbesondere durch terroristi-sche Gewalttaten, die uere Sicherheit durch Landesverrat und Spionage tangiert. Zustndig ist der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof auch fr die Verfolgung von Straftaten nach dem Vlkerstrafgesetzbuch.

    Robert Koch-Institut (RKI) Das RKI (http://www.rki.de/) ist als Bundesinstitut fr Infektionskrankheiten und nicht ber-tragbare Krankheiten in Berlin die zentrale Krankheitsberwachungs- und biomedizinische Forschungseinrichtung der Bundesrepublik Deutschland, die direkt dem Bundesministerium fr Gesundheit (BMG) unterstellt ist. Der dem Robert Koch-Institut erteilte Auftrag umfasst sowohl die Beobachtung, Verhtung und Bekmpfung des Auftretens von Krankheiten und relevanter Gesundheitsgefahren als auch das Ableiten und wissenschaftliche Begrnden der erforderlichen Manahmen zum wir-kungsvollen Schutz der Gesundheit der Bevlkerung. Dazu gehrt auch die Entwicklung er-forderlicher diagnostischer, experimenteller oder epidemiologischer Methoden, die nicht an-derweitig verfgbar sind, sowie die Bewertung gentechnischer Arbeiten und die Beratung der Ministerien, Fachffentlichkeit und zunehmend auch der ffentlichkeit. Im Sinne dieses Auftrages ist das Robert Koch-Institut:

    die zentrale Forschungs- und Referenzeinrichtung des Bundesministeriums fr Ge-sundheit (BMG) auf dem Gebiet der biomedizinischen Wissenschaften, insbesondere der Infektionskrankheiten,

    die zentrale Einrichtung des BMG fr die manahmeorientierte Analyse gesundheits-bezogener Daten,

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    die Referenzeinrichtung des BMG fr Qualittskriterien und Verfahrensstandards in der Gentechnologie und der Umweltmedizin,

    die zentrale Einrichtung des BMG im Bereich des ffentlichen (staatlichen) Gesund-heitsdienstes.

    Landesgesundheitsmter Die Landesgesundheitsmter bernehmen eine koordinierende Rolle der Gesundheitsmter und anderer Institutionen des ffentlichen Gesundheitswesens unter Bercksichtigung der Vorgaben des Landesministeriums und der gesetzlichen Gegebenheiten. Die Landesgesund-heitsmter halten unter anderem Medizinische Untersuchungsmter zur Diagnostik biologi-scher Proben bereit. Die Landesgesundheitsmter sind personell unterschiedlich ausgestattet, ihre Aufgaben hneln sich stark. Auch der Bereich der Gesundheitsberichterstattung, ein-schlielich der epidemiologischen Berichterstattung wird hier gepflegt. In dem Hamburger Institut fr Hygiene und Umwelt beispielsweise wird zweiwchentlich der so genannte Infekt-info-Brief verffentlicht mit aktuellen Zahlen zum Infektionsgeschehen in der Stadt. http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/bsg/hygiene-umwelt/infektionsepidemiologie/infekt-info/start.html

    Gesundheitsmter Die Gesundheitsmter sind in den Kommunen zustndig fr die stndige berwachung des (lokalen) Infektionsgeschehens. In Zusammenarbeit mit anderen Behrden, zum Beispiel den Veterinrmtern, werden Erkrankungen auf lokaler Ebene beobachtet, beschrieben sowie ge-meldet und es wird vor allem versucht die Ausbreitung infektiser Erkrankungen zu verhin-dern. Darber hinaus nehmen die Gesundheitsmter beispielsweise Aufgaben wahr in Berei-chen der Begutachtung, dem schulrztlichen Dienst und der Betreuung psychisch Erkrankter. Im Idealfall sollen die Gesundheitsmter ber sehr detaillierte Kenntnisse der lokalen Ver-hltnisse verfgen. Nicht zuletzt wirken die Gesundheitsmter im Katastrophenschutz als Fachberater mit. Das Infektionsschutzgesetz stattet den Amtsarzt mit weitreichenden Befug-nissen zur Seuchenbekmpfung aus. Diese reichen von der Ermittlung der Infektionsursache bis hin zur Quarantneanordnung. Eine bersicht ber die lokalen Gesundheitsmter im Internet hlt das Landesinstitut fr den ffentlichen Gesundheitsdienst in Bielefeld vor. http://www.loegd.nrw.de/links/g_aemter/frameset.html

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    Bundesinstitut fr Risikobewertung (BfR) Das BfR (http://www.bfr.bund.de/) ist eine bundesunmittelbare Anstalt des ffentlichen Rechts der Bundesrepublik Deutschland. Das Institut untersteht dem Bundesministerium fr Ernhrung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und hat die Aufgabe, dieses in Fragen der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes wissenschaftlich zu beraten. Neben der Beratung des BMELV und der Bundesoberbehrden ist das BfR auch fr die Risi-kokommunikation zustndig. Oft werden ffentlich diskutierte Themen aufgegriffen und eine mglichst objektive und verstndliche Darstellung des Sachverhalts angestrebt. Das BfR er-forscht und bewertet aber auch auf Anfrage von Behrden, z. B. wenn es zu einem Risiko (noch) keine Gesetze gibt. Das Bundesinstitut arbeitet wissenschaftlich mit anderen internationalen Einrichtungen und Organisationen sowie mit den Institutionen anderer Staaten zusammen, die im gesundheitli-chen Verbraucherschutz und der Lebensmittelsicherheit ttig sind. Einen Schwerpunkt bildet die Zusammenarbeit mit der Europischen Behrde fr Lebensmittelsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Be-wertungsaufgaben im gesundheitlichen Verbraucherschutz und der Lebensmittelsicherheit stehen. Im Rahmen einer Neuordnung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Lebensmit-telsicherheit entstand es - wie auch das Bundesamt fr Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit (BVL) - im Jahr 2002 aus dem Bundesinstitut fr gesundheitlichen Verbraucher-schutz und Veterinrmedizin.

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    III. ffentlicher Gesundheitsdienst (GD)

    Ziele der Ermittlungen im ffentlichen Gesundheitsdienst Der ffentliche Gesundheitsdienst fhrt regelmige epidemiologische Untersuchungen durch. Dies einerseits als Teil der normalen Routineberwachung oder auch als Folge eines akuten Infektionsausbruches. Diese epidemiologischen Untersuchungen folgen jeweils den gleichen Zielsetzungen:

    Schutz der ffentlichkeit Der GD bewertet stndig die Entwicklung der ffentlichen Gesundheit um eine Ge-fhrdung der ffentlichkeit zu verhindern. So dienen Impfprogramme, medizinische Forschungsstudien, die Beobachtung des In-fektionsgeschehens und die Frderung der ffentlichen Gesundheit insgesamt diesem Ziel.

    Die Ausbreitung von Erkrankungen Das ffentliche Gesundheitswesen arbeitet bevlkerungsbezogen. Der klinisch ttige Arzt oder der Hausarzt haben dagegen primr die Gesundheit des Einzelnen im Blick. So nutzen z.B. die Epidemiologen des GDs Befragungstechniken und Datenanaly-sen, um die Ursachen eines noch unbekannten Krankheitsausbruches heraus zu finden. Auch wird untersucht, wie die Krankheit bertragen wird (z.B. Mensch zu Mensch, ber die Nahrung etc.) und besondere Risikogruppen werden besonders untersucht und untersttzt ( zum Beispiel: Anbieten von Impfungen fr ltere Menschen) um die Aus-breitung einer Erkrankung zu begrenzen.

    Schutz des GD- Personals Bei jeder Untersuchung muss das Personal (z.B. des Gesundheitsamtes) vor speziellen Gefahren bei der Arbeit (z.B. Ansteckung bei der Untersuchung) geschtzt werden.

    Epidemiologische Untersuchungen des GD Wie erwhnt, nutzen die Mitarbeiter des GD (z.B. auf Bundes, Landes- und kommunaler Ebene) Untersuchungstechniken, um die Ursache und das Ausma einer Erkrankung zu erfor-schen. Unabdingbar hierfr ist die minutise Informationssammlung.

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    Dieser Vorgang der Lageerfassung hnelt dem Vorgehen der Strafverfolgungsbehrden. Und genau diese hier erwhnten Informationen ber die Ursache und das Ausma einer Krankheitsursache knnen fr die Strafverfolgungsbehrde wichtig sein. Im Folgenden soll eine kurze Zusammenfassung der Untersuchungstechniken der Gesundheitsbehrden bei der Beobachtung des Infektionsgeschehens erfolgen.

    Erkennen eines ungewhnlichen Ausbruchs Hier tritt als erster Hinweis auf ein Ausbruchsgeschehen ein unerwarteter Anstieg der Zahl von Patienten mit hnlichen Symptomen auf. Ein Krankheitsausbruch wird somit so definiert, dass eine grere Anzahl von Menschen in einem speziellen Zeitraum erkrankten, als sonst blicher Weise zu erwarten war. Ein Beispiel: Whrend der Grippesaison im Winter wre niemand im ffentlichen Gesund-heitsdienst ber 100 Neuerkrankte im Laufe von 24 Stunden in einer Grostadt erstaunt. Die gleiche Anzahl von Grippezahlen im Sommer, also einer vllig untypischen Zeit fr diese Erkrankung, wrde zu einer epidemiologischen Untersuchung des Ausbruches fhren, um zu klren, ob es sich um eine Sommergrippe natrlichen Ursprungs handelt oder um erste Sym-ptome eines Anschlags. Bei einigen biologischen Erregern, wie z.B. den (ausgerotteten) Pocken, wrde selbst ein ein-ziger Fall weltweit als schwerwiegender Ausbruch behandelt werden, da ein natrlicher Aus-bruch extrem unwahrscheinlich wre. Wenn ein ungewhnliches Seuchengeschehen auftritt, mssen die Mitarbeiter des GDs entscheiden, ob die berichteten Flle oder auch Krank-heitssymptome zusammen gehren. Wenn dies der Fall ist, muss entschieden werden, ob die-se Erkrankung dass Ma derjenigen Flle berschreitet, die normalerweise fr diesen Ort und diese Zeit des Jahres zu erwarten ist. Hierfr muss auf zustzliche Daten der Gesundheitsbeo-bachtung- und berwachung, der sogenannten Surveillance zugegriffen werden.

    Erweiterte Surveillancedaten des GDs Unter Surveillance verstehen Mitarbeiter des GDs und der Wissenschaft die laufende Ana-lyse und Bewertung von Gesundheitsdaten. Diese Daten stammen aus verschiedenen Quellen des Gesundheitswesens. Ein Surveillancesystem muss die Mglichkeit beinhalten, diese Ergebnisse rasch zu verffent-lichen, um Krankheiten dann zu erkennen und ihre Ausbreitung zu verhindern. Hierfr ms-sen also die entsprechenden Adressaten (ffentlichkeit, aber auch lokale Gesundheitsmter) zeitnah erreicht werden knnen. Die Zusammenarbeit der Einrichtung des GDs in einem solchen Fall muss vor einem solchen Ereignis verabredet und geplant sein.

  • 18

    Im Idealfall erkennt ein solches Surveillancesystem sehr frh neue Krankheitszeichen von Bedeutung. Eine Frherkennung kann dann genutzt werden, um rasch mit der Eindmmung der Erkrankung zu beginnen. Zum Beispiel: Vergabe von Medikamenten und Impfungen aber ggf. auch weitere Manahmen, wie zum Beispiel die Durchfhrung einer Quarantne. Z. B. wrde die Frherkennung infektiser Erkrankungen wie der Pocken zu einem raschen und aggressiv einsetzenden Impfprogramm fhren, um die Zahl der Erkrankten erheblich reduzie-ren zu knnen. Im Lichte der Mglichkeit eines Biowaffenangriffes durch Terroristen haben einige (amerika-nische) Stdte und Bundesstaaten ein solches Surveillanceprogramm eingefhrt. Diese neue-ren Surveillanceprogramm werden auch syndromische Beobachtungssysteme bezeichnet. Die neueren berwachungssysteme heien syndromische Surveillanceprogramm, weil sie auch Syndrome, die noch nicht spezifisch einer speziellen Erkrankung zugeordnet werden knnen erfassen, um rasch reagieren zu knnen. Hierzu gehren z.B.

    die Anzahl der Erkrankten mit Entzndungen der oberen Luftwege, die in Notfallab-teilungen der Krankenhuser behandelt werden,

    die Anzahl der Rettungswageneinstze in einem speziellen Zeitraum so wie die Beobachtung der Anzahl der in Supermrkten frei verkuflichen Antibiotika.

    (Anmerkung der bersetzer: in den USA blich) Allerdings sind auch sie keine Garantie, dass ein Ausbruch von Erkrankungen (immer) er-kannt wird. Der erste und besttigte Krankheitsfall eines Ausbruches, einer Epidemie wird als Indexfall bezeichnet. Nach der Identifikation des Indexfalls besteht die Notwendigkeit, weitere Flle zu finden und auch die Flle zu entdecken, die nicht gemeldet wurden. Auch die Kontaktperso-nen von Erkrankten sind von hohem Interesse, da sie einerseits bereits angesteckt sein knn-ten und somit zur Verbreitung der Krankheit beitragen knnten, andererseits wertvolle Infor-mationen ber den Ansteckungsort liefern knnten. Hierfr werden durch die Gesundheitsbe-hrden ebenso Familienmitglieder des Erkrankten u.a. Kontakte, wie z.B. Arbeitskollegen, nach mglichen gleichen Symptomen wie der Erkrankte befragt. Wenn die Arbeitskollegen des Erkrankten keinerlei Symptome haben, kann der Arbeitsplatz weitestgehend als Ursache ausgeschlossen werden. Wenn aber alle Kollegen des Patienten das gleiche Essen gegessen haben oder die gleiche Veranstaltung wie der Betroffene besucht haben und ebenfalls gleiche Symptome haben wie er, dann wird der Schwerpunkt der Untersuchung darauf liegen, z.B. das gemeinsame Essen der Erkrankten oder die gemeinsam besuchte Veranstaltung genauer zu untersuchen.

  • 19

    Auch werden im Rahmen einer Ausschlussuntersuchung Krankenhuser, Arztpraxen und an-dere Institutionen im Gesundheitsbereich kontaktiert, um herauszufinden, ob andere Patienten mit der gleichen Diagnose zum Zeitpunkt oder vor kurzem behandelt wurden. Dies ist ein wichtiger Schritt rund um die Frherkennung eines Ausbruchs oder eines Krankheitsgesche-hens. Durch die Einbindung zahlreicher Anbieter von Leistungen im Gesundheitswesen ist eine effektive Entdeckung eines greren Krankheitsgeschehens in der Vergangenheit hufig gelungen.

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    Sicherung der Diagnose Dieser Vorgang erfolgt durch medizinisches Personal. So wird von dem Patienten oder der betroffenen Person neben der krperlichen Untersuchung auch die Vorgeschichte aufgenom-men. Die Erhebung der medizinische Vorgeschichte wird u.a. akute und auch bereits wieder abgeklungene Symptome und Krankheitszeichen miterfassen. Auch wird der Patient ber sonstige Ereignisse in der Vergangenheit mit Relevanz fr das Ausbruchsgeschehen wie z.B. Reisen oder Essgewohnheiten befragt werden. Aufbauend hierauf wird der Arzt des GDs oder der niedergelassene Arzt entsprechende Labortests und technische Untersuchungen (wie z.B. Rntgen) veranlassen, um zu einer Diagnose zu kommen. Hufig arbeiten aber auch rz-te mit einer Verdachtsdiagnose, um rasch mit der Therapie zu beginnen. Anmerkung der bersetzer: Da nicht berall die spezielle Fachkenntnis ber ungewhnliche Krankheiten vorhanden sein kann, bietet die Stndige Arbeitsgemeinschaft der Kompetenz- und Behandlungszentren (StAKoB, www.stakob.org) Untersttzung bei Management- und Behandlungsfragen.

    Identifikation zustzlicher Flle Dieser Teil der rztlichen Untersuchung hat zahlreiche hnlichkeit mit der Arbeit der Straf-verfolgungsbehrden. Er wird oft als Straenschuh-Epidemiologie bezeichnet, weil viel Zeit vergeht, whrend man auf der Strae auf der Suche nach neuen Fllen unterwegs ist. Es mssen nmlich Interviews mit zustzlichen Fallpatienten und Kontakten von bereits sicher Erkrankten durchgefhrt werden. Nicht selten werden die Betroffenen noch mehrmals aufge-sucht und es werden neue Fragen im Verlauf gestellt, die Verdachtsmomente der laufenden Untersuchung werden so aufgenommen. Folgende Untersuchungen knnen bei einer solchen Fallsuche von Relevanz sein:

    Demographische Daten: Alter, Geschlecht

    Klinische Symptome (z.B. Art und Dauer des aufgetretenen Hustens, Besonderheiten im Tagesverlauf etc.)

    Expositionsgeschichte: Unternommene Reisen, eingenommene Lebensmittel und Speisen,

    Kontakt zu anderen Erkrankten Der Befragte wird auch gebeten Ausknfte darber zu geben, ob er weitere Erkrankte kennt (z.B. am Arbeitsplatz), die den Behrden des GDs noch nicht bekannt sind. Nicht selten

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    werden auch die Medien in die Fallsuche mit eingebunden. So ist es denkbar, dass alle Perso-nen mit einem speziellen Hautausschlag ber die Medien aufgefordert werden, sich bei einer Hotline oder dem Gesundheitsamt telefonisch oder persnlich zu melden.

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    Sammlung von Proben Im Rahmen von Ausbruchsuntersuchungen kann es erforderlich sein, biologische und andere Materialien zu untersuchen. So z.B. Essensreste, Wasser, Gewebe- und Blutproben aber auch Proben aus der Umwelt wie zum Beispiel Staub. Insbesondere die Sammlung von Umwelt-proben erfordert ein geschultes Personal mit hoch spezieller Technik. So drfen Umweltpro-ben nicht inaktiviert werden, da im Labor ihre Anzucht zum Nachweis der Vermehrungsf-higkeit notwendig ist. Auch mssen manche Proben z.B. rasch und gekhlt einem Labor zu-gefhrt werden und dort zeitnah nach einer entsprechenden Vorbereitung untersucht werden. Keineswegs alle Labore, die auf die Untersuchung klinischer Proben spezialisiert sind, sind in der Lage, z.B. Staubproben auf Anthraxsporen zu untersuchen. Manchmal liegen diese Labore auch weit entfernt.1

    Bericht ber das Krankheitsgeschehen Um eine Verdachtsdiagnose im Rahmen der Untersuchung eines Krankheitsausbruches zu sichern, vergehen manchmal Stunden, nicht selten aber auch mehrere Tage. Dies liegt an den speziellen Umstnden z. B. den verdchtigen Erregern und der Art der Notwendigkeit der Tests. Alle Bundesstaaten der USA haben eine eigene Liste von meldepflichtigen Erkrankun-gen aber (anders als in Deutschland) gibt es keine bundesweit gltige Liste. Zur Meldung auf-gefordert und verpflichtet sind rzte, Labore und weitere Beschftigte des Gesundheitswe-sens. Die amerikanische Gesundheitsbehrde CDC verfolgt das Meldegeschehen und beo-bachtet ob die Bundesstaaten dafr sorgen, dass alle Anbieter ihrer Meldepflicht nachkom-men. Die definitive Sicherung der Diagnose in einem bioterroristischen Anschlag wird oft als ein Besttigungstest bezeichnet. Er ist jeweils von dem spezifischen Erreger abhngig. Die Ver-antwortlichen des GDs warten in der Regel diesen Besttigungstest ab, um die Bevlkerung endgltig zu informieren. Vorher wird meist mit einer Verdachtsdiagnose gearbeitet, die im Rahmen der weiter oben beschriebenen Manahmen immer wieder berprft und ggf. ver-worfen wird. Es ist wichtig zu wissen, dass verschiedene medizinische Tests oft erst in der Kombination eine definitive Aussage erlauben. Weiterhin gibt es auch erste Schnelltests (auch Vor-Ort-Tests), die sehr schnell eine erste Verdachtsdiagnose geben, die jedoch nicht so spe-zifisch und sensitiv sind, dass sie Labortests ersetzen knnen. So muss man wissen, dass sich Testverfahren in ihrer Fhigkeit unterscheiden, spezifische Erreger zu identifizieren. Manchmal werden ganze Erregergruppen mit einem Testverfahren

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    erfasst, obwohl nur ein einzelner Erreger gesucht wird. Oder ein positives Testergebnis kann zwar einen Erreger besttigen, ein negatives Ergebnis den Erreger jedoch nicht ausschlieen. Jeder Test muss also in seiner Aussagekraft bekannt sein. Bis die Besttigungsdiagnose er-folgt ist, sollte von Verdachtsfall gesprochen werden.2

    Entwicklung eines Interventionsplanes Wie geschildert ist es Ziel der Untersuchung, den Krankheitserreger zu identifizieren und Manahmen zu entwickeln, die rasch zu einer Beendigung des Geschehens fhren und damit die ffentliche Gesundheit sichern und erhalten. Trotzdem muss nicht selten vor dem Vorlie-gen des endgltigen Untersuchungsbefundes gehandelt werden. Viele Erkrankungen wie z.B. Anthrax knnen erfolgreich behandelt werden, wenn frh mit der medikamentsen Therapie begonnen wird. Auch mssen Manahmen wie die Quarantne, sehr frh, noch im Stadium der Verdachtsdiagnose eingesetzt werden, um Schlimmeres zu verhindern. Dies auch bevor endgltige Diagnosen vorliegen.

    1 Siehe hierzu: www.bevoelkerungsschutz.de -> Materialien -> Handbcher -> Biologische Gefahren, Beitrag 2.5 Probenahme und initiale Bewertung bei biologischen Lagen 2 Siehe hierzu: www.bevoelkerungsschutz.de -> Materialien -> Handbcher -> Biologische Gefahren, Beitrag 2.7 Diagnostik von Infektionserregern und Toxinen

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    IV. Strafverfolgungsbehrden3

    Ermittlungsziele von Strafverfolgungsbehrden Strafverfolgungsbehrden verfolgen genau wie die Mitarbeiter des GD eine Reihe von Pri-mrzielen zur Bewltigung einer biologischen Lage. Darunter befinden sich folgende Ziele:

    1. Schutz der ffentlichen Sicherheit und Ordnung: Vorrangiges Ziel von Sicherheitsbehrden ist der Schutz der ffentlichkeit vor ter-roristischer Bedrohung oder terroristischen Anschlgen. Diese Ziel beinhaltet im I-dealfall die Verhinderung eines Anschlages oder alternativ die Festnahme von Ter-roristen, um knftige Anschlge zu verhindern.

    2. Verhinderung von Straftaten:

    Die Aufgabe von Sicherheitsbehrden beginnt bereits im Vorfeld. Durch die Einlei-tung geeigneter Manahmen soll verhindert werden, dass Terroristen Erfolg haben bei der Durchfhrung ihres Angriffs. Sicherheitsbehrden versuchen, potentielle Terroristen, deren Angriffsziele oder methoden, bereits vor dem Eintreten eines schdigenden Ereignisses mit Hilfe von verdeckten Manahmen, wie Observationen oder dem Sammeln von Informationen unter zu Hilfenahme von nachrichtendienstli-chen Mitteln, zu enttarnen. Insbesondere whrend operativer Manahmen ist es not-wendig, angemessene Gegenmanahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass sen-sible Informationen und die zur Erlangung dieser Informationen eingesetzten Mittel aufgedeckt werden. Die unbeabsichtigte Verffentlichung sensibler Daten knnte nicht nur die aktuell durchgefhrten Manahmen gefhrden, sondern auch die Auf-klrung zuknftiger Sachverhalte erschweren.

    3. Identifizierung, Festnahme und Verurteilung des Straftters:

    Es ist die Aufgabe der Strafverfolgungsbehrden, Verdchtige zu ermitteln und Be-weismittel, die eine Tatbeteiligung beweisen knnten, zu sichern. Die kriminalpoli-zeilichen Ermittlungen bei einem bioterroristischen Anschlag sind erst dann abge-schlossen, wenn der Straftter verurteilt worden ist. Die Beweismittelerhebung bein-haltet sowohl die Vernehmung von Zeugen oder Verdchtigen als auch die Suche nach Sachbeweisen. Bei der Sicherstellung von Beweismitteln mssen sich die Be-amten der Polizei an die gesetzlichen Vorgaben aus der Strafprozessordnung halten. Jeder Versto gegen diese Vorschriften (z.B. chain of custody lckenloser Nachweis zum Verbleib eines Beweismittels, Asservatenweitergabe gegen Quittung)

    3 Hierzu zhlen u.a. die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft. Im Bereich Terrorismusbekmpfung spielen auerdem die Nachrichtendienste eine wichtige Rolle.

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    kann zur Folge haben, dass ein so gewonnenes Beweismittel im gerichtlichen Hauptverfahren nicht gewertet wird.

    4. Eigensicherung, Schutz der eingesetzten Krfte:

    Die Beamten der Strafverfolgungsbehrden knnen im Einsatzfall einer erhhten Exposition von biologischen Agenzien ausgesetzt sein. Biologische Agenzien kn-nen sowohl ansteckend als auch tdlich sein. Daher mssen diese Beamten whrend der Tatortarbeit vorsorglich angemessene persnliche Schutzausstattung (PSA) tra-gen. Ausreichende Informationen ber das angenommene oder tatschliche biologi-sche Agens muss verfgbar sein, um die zum Schutz der Beamten notwendige PSA festlegen zu knnen. Im Idealfall sollten Spezialkrfte4, die im Umgang mit biologi-schen Substanzen ausgebildet sind, angefordert werden und in die Ermittlungen ein-bezogen werden.

    Manahmen der Sicherheitsbehrden

    Abwehr eines bioterroristischen Angriffs Die Verhinderung eines bioterroristischen Anschlags ist die erste Handlungsoption und das wichtigste Ziel der Polizei. Der erste Schritt bei der Abwehr und der Vorbereitung auf einen bioterroristischen Angriff ist die Identifikation potentieller Terroristen bzw. terroristischer Vereinigungen und deren Mglichkeiten, einen Anschlag mit biologischen Agenzien durchzu-fhren. Mit diesen Informationen knnen potentielle Ziele und mgliche Anschlagszenarien erkannt werden. Weil ein bioterroristischer Angriff nicht in jedem Fall verhindert werden kann mssen alle staatlichen Stellen, auf Bundes-, Lnder- und Kommunalebene, vorbereitet sein, um alle erforderlichen Manahmen nach oder whrend eines solchen Ereignisses treffen zu knnen. Ein zweiter wichtiger noch zu entwickelnder Schritt ist das Erkennen eines bioter-roristischen Anschlags bereits in der Vorbereitungsphase, d.h. whrend Terroristen die Tat planen, sich die Tatmittel beschaffen oder diese selbst herstellen.

    Kriminalpolizeiliche Ermittlungen Die Beamten der Kriminalpolizei haben sich bei ihren Ermittlungen nach den gesetzlichen Vorschriften zu richten. Das Zusammenfassen der Einzelinformationen und ein Verstndnis fr Zusammenhnge sind Voraussetzung dafr, dass es dem Ermittler gelingt, fehlende Be-weismittel zu finden. Eine kurze Zusammenfassung von kriminalpolizeilichen Ermittlungen 4 In den USA sind dies die Hazardous Materials Response Unit (HMRU) bzw. die field office Hazardous Materials Response Team (HMRT)des FBI; eine vergleichbare Einheit in D existiert derzeit nicht.

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    wird nachfolgend dargestellt. Zwar werden die einzelnen Schritte der Reihe nach dargestellt, jedoch knnen einige dieser Schritte auch parallel bearbeitet werden.

    Bewertung des Ereignisses auf Glaubwrdigkeit Die Sicherheitsbehrden mssen damit rechnen, dass sie mit

    einer vorgetuschten Straftat (Hoaxes, Trittbrettfahrer), der Androhung einer Ausbringung biologischer Agenzien, der Mitteilung, dass ein Angriff mit biologischen Agenzien stattgefunden hat (offener

    Anschlag), oder der Ausbringung eines biologischen Agens ohne vorherige Drohung bzw. Selbstbe-

    zichtigungsschreiben nach erfolgter Ausbringung (verdeckter Anschlag) konfrontiert werden.

    Wenn bekannt wird, dass ein biologisches Agens entwendet wurde oder eingesetzt worden ist, kommuniziert die Polizei diese Informationen mit entsprechenden Experten, um die Gefhr-dung dieser Bedrohung bewerten zu knnen. Wenn als Ergebnis dieser Diskussion die Bedro-hung als glaubwrdig eingestuft wird, mssen die Sicherheitsbehrden in Zusammenarbeit mit dem GD alle erforderlichen Manahmen ergreifen, um den biologischen Angriff zu ver-hindern oder dessen Auswirkungen zu minimieren. Unabhngig davon, ob die Drohung im Ergebnis als glaubwrdig oder unglaubwrdig einstuft wird, haben die Sicherheitsbehrden Ermittlungen einzuleiten, um den Urheber der Bedrohung zu identifizieren. Nach 126 Straf-gesetzbuch (StGB), Strung des ffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, sind auch Tathandlungen unter Strafe gestellt, bei denen der Tter wider besseres Wissen nur vor-tuscht, dass die Verwirklichung bestimmter gemeingefhrliche Verbrechen, z.B. Bioterro-rismus, bevorsteht5. Bei einem vorher nicht angedrohten bzw. verdeckten Angriff mit biologischen Agenzien wer-den die Auswirkungen in erster Linie von dem medizinischen Personal bemerkt werden, weil die diesem Angriff ausgesetzten und erkrankten Patienten zunchst Hausrzte bzw. Kranken-hausambulanzen aufsuchen werden. Dadurch, dass dem berwachungssystem des GD von rzten und Hospitlern ungeklrte Krankheitsflle oder gleichartige Symptome innerhalb der Bevlkerung gemeldet werden, liegt die Schlsselrolle zum Erkennen eines verdeckten An-schlags beim GD. Damit strafprozessuale Ermittlungen eingeleitet werden knnen, muss sich der GD mit den Strafverfolgungsbehrden in Kontakt setzen, sobald der Verdacht vor-liegt, dass der Ausbruch der Erkrankung Ergebnis einer vorstzlichen Tathandlung sein knn-te. Wenn Mitarbeiter des GD und der Strafverfolgungsbehrden bereits im Vorfeld Kontak- 5 USA: Bundesgesetz (18 U.S.C. 2332a und 18 U.S.C. 175),

  • 27

    te auf Arbeitsebenen aufgebaut haben ist es wahrscheinlicher, dass der GD frhzeitig, d.h. bereits zu Beginn der epidemiologischen Untersuchungen, die Strafverfolgungsbehrden kon-taktiert, und damit die Mglichkeit erffnet wird, dass die Ergebnisse dieser epidemiologi-schen Untersuchungen in die Gefhrdungsbewertung mit einflieen knnen.

    Beweismittelerhebung Bei einem Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat, bei der biologische Agenzien eingesetzt worden sind, werden auch Spuren, wie z.B. Proben des biologischen Tatmittels, Ausbrei-tungsvorrichtungen, Krperflssigkeiten (Blut, Sekret, Haare, Haut, DNA), Bekleidung von Ttern und Opfern, Dokumente, Fotografien oder Zeugenaussagen als Beweismittel gesichert. Dabei haben die Beamten der Kriminalpolizei eine Reihe von gesetzlichen Vorschriften zu beachten, damit diese Beweismittel in einem Strafprozess genutzt werden knnen. Zu diesen Vorgaben zhlen:

    Beweismittelkette6 Der lckenlose Nachweis ber den Verbleib von Beweismitteln ist notwendig um do-kumentieren zu knnen, wer zu welchem Zeitpunkt im Besitz des Beweismittels war. Der Nachweis beginnt bereits bei der Spurensicherung und endet mit der Vorlage vor Gericht. Sowohl der GD als auch die Strafverfolgungsbehrden mssen alle Zwi-schenschritte in der Beweismittelkette (Sammeln, Umgang, Untersuchung, Lagerung, Transport des Asservates) nachweisen knnen. Versumnisse beim sorgfltigen Um-gang mit dem Nachweis ber den Verbleib von Spuren knnen dazu fhren, dass diese Spuren vom Gericht nicht als Beweismittel anerkannt werden. Grundstzlich muss unterschieden werden, ob die Spurensicherung aus prventiven oder repressiven Grnden durchgefhrt wird. In manchen Fllen besteht jedoch bei Behrden die dringende Notwendigkeit nach schnellstmglicher Identifikation des si-chergestellten Materials um sicherzustellen, dass die richtigen Manahmen und Schrit-te zum Schutz von Einsatzkrfte und der Bevlkerung eingeleitet worden sind. In ei-nem solchen Fall berwiegt der Bedarf auf eine schnelle Spurensuche und auswertung gegenber den normalerweise angewandten Vorschriften zur Beweismit-telerhebung.

    Anlieferung der biologischen Proben zum Labor Die Labore der kriminaltechnischen Abteilungen der Polizei sind ausgestattet, normale Beweismittel, nicht jedoch biologische Gefahrstoffe zu untersuchen. In den USA ha-ben FBI und CDC haben den landesweiten Sachverstand in einem Labornetzwerk ge-

    6 Chain Of Custody = Asservatenweitergabe gegen Quittung

  • 28

    bndelt, um mit dessen Hilfe geeignete Analysemethoden, angemessene Ausstattung, Qualifizierung des Personals sowie standardisierte Untersuchungsmethoden zu entwi-ckeln. Zur Untersuchung biologischer Agenzien werden nur Labore beauftragt, die sowohl von FBI als auch CDC akzeptiert worden sind. Die Beauftragung eines nicht akkreditierten Labors kann zur Folge haben, dass das Ergebnis der Analyse versptet vorliegt, aber auch, dass die Probe unbeabsichtigt kontaminiert oder zerstrt wird.

    Dokumente Nach Mglichkeit sollten von Beamten der Kriminalpolizei Originaldokumente si-chergestellt werden.7 Wenn Kopien angefertigt werden, knnten Probleme in Bezug auf Echtheit und Zuverlssigkeit auftauchen. Die angewandten Verfahren zur Siche-rung und Aufbewahrung von mglicherweise kontaminierten Schriftstcken sollen gewhrleisten, dass sowohl Sachbearbeiter als auch Beweismittel geschtzt sind.

    Zeugenaussagen Unmittelbar nach einem biologischen Ereignis sind die Zeugen ber Ausbreitungsvor-richtungen, Fahrzeuge, verdchtige Personen, Gerche, Geschmcker, Gerusche oder andere wichtige Informationen zu befragen. Die sich aus der Zeugenaussage ergeben-den Informationen sind zeitabhngig, d.h. je schneller die Information erhoben, aus-gewertet und an andere Dienststellen bermittelt werden knnen, desto grer ist der Nutzen dieser Informationen fr die Ermittlungen. Vergeht zuviel Zeit nachdem der Zeuge tatschlich etwas gehrt, gesehen, gefhlt, gerochen oder geschmeckt hat, wird der Wert der Information verwssert. Ursache hierfr kann sein, dass sich die Zeugen ber ihre gemachten Erfahrungen austauschen. Das Erinnerungsvermgen eines Zeu-gen kann durch die Aussagen anderer Zeugen oder nachlassendem Gedchtnis beein-flusst werden.

    Bewertung des Beweises In einem Ermittlungsverfahren werden die Beweismittel, auch nachdem diese erhoben und gesammelt worden sind, laufend auf ihren Wahrheitsgehalt hin berprft. Whrend des Er-mittlungsprozesses fhrt die Kenntnis ber die unterschiedlichen Arten von Beweismitteln und die strafprozessualen Vorschriften zu einer besseren Auswertung der Beweise. Ohne den Anspruch auf Vollstndigkeit zu erheben werden in Tabelle 1 einige Arten von Beweismit-teln, welche in einem Ermittlungsverfahrens von Bedeutung sein knnten, gezeigt und erklrt.

    7 Nach StPO drfen Papiere von Beamten des Polizeivollzugsdienstes nur gesichtet und sichergestellt, nicht jedoch gelesen werden. Dies obliegt der Staatsanwaltschaft.

  • 29

    Es muss angenommen werden, dass Beweismittel, die an einem potentiell kontaminierten Tatort gesichert worden sind, selbst kontaminiert sind. Dieser Umstand erschwert erheblich die Durchsicht und Auswertung der Beweismittel. Um eine Kontamination auszuschlieen werden Beweismittel vorab getestet. Die Durchfhrung dieser Untersuchung muss unter Be-dingungen stattfinden, unter denen biologische Agenzien sicher gehandhabt werden knnen. Zur Dokumentation dieser Manahmen sollten alle einzeln durchgefhrten Schritte fotogra-fisch gesichert werden. Manchmal ergibt sich auch die Notwendigkeit der Dekontamination von Beweismitteln vor deren kriminaltechnischer Untersuchung. Damit die eigenen Ermittlungen ordnungsgem zusammengefasst werden knnen, bentigt die Kriminalpolizei in einem Ermittlungsverfahren gegen eine terroristische Gruppierung alle Auswerteergebnisse sowie die Resultate der kriminaltechnischen Untersuchungen. Wenn Be-amte der Kriminalpolizei in Kapitaldelikten, z.B. Ttungsdelikten (oder anderen aufsehener-regenden Delikten), ermitteln, sind sie es gewohnt, dass Ergebnisse von Laboruntersuchungen schnell vorliegen. Bei einem bioterroristischen Anschlag drfte die Untersuchung, die man zur genauen Bestimmung des biologischen Agens braucht, erheblich lnger dauern. Wie in anderen Ermittlungsverfahren so wei der Ermittler auch bei einem biologischen Er-eignis im Voraus nicht, welches Beweisstck oder welcher Informationsfetzen ausschlagge-bend sein wird, um die tatverantwortlichen Personen zu identifizieren, festzunehmen und zu verurteilen. Whrend des gesamten Prozesses, vom Beginn der kriminalpolizeilichen Ermitt-lungen bis zum Abschluss des Verfahrens mit der Urteilsverkndung vor Gericht, mssen alle gesammelten Fakten und mgliche Unstimmigkeiten immer wieder berprft werden, bevor sie der Staatsanwaltschaft bergeben werden. Schriftstcke mssen sorgfltig ausgewertet werden um sicherzustellen, dass die darin enthaltenen Informationen richtig gedeutet wurden. Manchmal sind die in den Schriftstcken enthaltenen Informationen nicht eindeutig zu inter-pretieren. In diesen Fllen hat der Ermittlungsbeamte die Untersuchung des Beweismittels so zu gestalten, dass der Widerspruch so schnell wie mglich aufgeklrt wird bzw. den Wider-spruch erklren kann. Auerdem ist es wichtig die Aktenfhrung so zu gestalten, dass alle Informationen, Aussagen, Laborergebnisse, Schriftstcke, Photografien und andere Beweismittel identifiziert werden knnen, die fr das anstehende Gerichtsverfahren von Bedeutung sein knnten und diese Fak-ten der Staatsanwaltschaft ordnungsgem zuzuleiten. Zustzlich sollte dem Staatsanwalt gengend Zeit zur Verfgung stehen, um sich mit Ermittlungsbeamten oder Zeugen zu tref-fen, um ggf. Auswerteberichte, Beweismittel oder Zeugenaussagen zu berprfen.

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    Beweismittel Unterschiedliche Arten von Beweismitteln (Tabelle 1) Art des Beweismittels Definition Beispiel Indizienbeweis Indizien sind Anzeichen

    oder Verhaltensweisen, die einen bestimmten Schluss zulassen.

    Zur gleichen Zeit, zu der ein An-schlag mit Anthrax verbt worden ist, wurde der Verdchtige wegen Hautmilzbrand rztlich behandelt.

    Der Verdchtige wurde mit einer Vorrichtung zur Ausbreitung biolo-gischer Agenzien angetroffen, wel-che hnlich ist mit der, welche ver-mutlich fr einen B-Waffen An-schlag genutzt worden ist.

    Sachbeweis Gegenstnde, die als Beweismittel fr die Un-tersuchung von Bedeu-tung sein knnen, z.B. Dokumente, Aufnahmen, Notizen, Computerdaten, Videobnder.

    Mietwagenvertrge, Kaufbelege, Tele-fonaufzeichnungen

    Materielle Spuren Mit dem Ereignis zu-sammenhngende stoffli-che Vernderungen

    Biologisches Agens, materielle Rck-stnde

    Zeuge Person, welche Tatsa-chen wahrgenommen hat, die fr das Verfahren von Bedeutung sein knnen.

    Zeuge berichtet darber, dass er einen bestimmten Geruch oder ein Gerusch wahrgenommen hat, oder jemanden gesehen hat.

    Zeuge vom Hrensa-gen

    Eine Person, welche selbst nicht Zeuge einer verdchtigen Beobach-tung war, aber darber berichten kann, was ein anderer, z.B. eine Ver-trauensperson (VP), ihm erzhlt hat.

  • 31

    Einschtzung des Verdchtigen Nachdem die Gefahr fr die ffentlichkeit im Zusammenhang mit einem bioterroristischen Bedrohungssachverhalt oder einem bioterroristischen Anschlage eingedmmt oder beseitigt worden ist, ist es die Hauptaufgabe der Strafverfolgungsbehrden, den Tatverdchtigen zu identifizieren und strafverfolgende Manahmen einzuleiten. Es ist ein Unterschied, ob man vermutet oder sogar wei, wer die Tat begangen hat oder ob man dies vor Gericht beweisen und somit den Tatverdchtigen verurteilen kann. Insbesondere wenn Menschenleben zu be-klagen waren, werden die Strafverfolgungsbehrden nach einem bioterroristischen Anschlag einem enormen ffentlichen Druck ausgesetzt sein, die Tter zu identifizieren, festzunehmen und zu verurteilen. Bis zur Festnahme von Tatverdchtigen haben die Strafverfolgungsbehrden Vorsorgema-nahmen wegen mglicher Gegenmanahmen der Straftter zu ergreifen. Whrend der Vorbe-reitungsphase vor einer Festnahme knnten die Straftter ihre Bereitschaft oder ihren Willen unter Beweis stellen, eine Vielzahl unschuldiger Opfer tten oder verletzen zu wollen. Die Beamten, die die Festnahme vollziehen sollen, mssen mit kontaminierten Tatorten oder kon-taminierten Beweismitteln rechnen. Obwohl die Festnahme des Tatverdchtigen ein wichtiger Abschnitt whrend des Ermittlungsverfahrens ist, hat die Sicherheit des Festnahmetrupps und unschuldiger Passanten Vorrang. Um die Kontamination mit vorhandenen biologischen A-genzien zu verhindern, muss geeignete persnliche Schutzausstattung verwendet werden.

    Zeugenaussagen Jeder Kriminalbeamte, der als potentieller Zeuge in Frage kommen knnte, sollte sich bereits vor dem Hauptverfahren mit dem Staatsanwalt treffen. Fr den Staatsanwalt ist es wichtig zu berprfen, wie der einzelne Zeuge vor Gericht wirkt. Auerdem knnen alle Fragen, Prob-leme, Unstimmigkeiten oder Lcken in der Beweisfhrung oder der Aussage besprochen und beseitigt werden8. Die ermittelnden Kriminalbeamten haben Zugang zu allen Unterlagen und Beweisen und knnen daher Widersprche oder Unstimmigkeiten ermitteln und ansprechen. So kann vermieden werden, dass Beweismittel verloren gehen oder dass Regelungen im Um-gang mit Beweismitteln nicht eingehalten werden.

    8 Anmerkung des bersetzers: Diese Verfahrensweise gilt in den USA und ist so nicht in Gnze auf Deutschland bertragbar.

  • 32

    V. Gemeinsame Ermittlungen

    Gemeinsame Untersuchung Die erfolgreiche Durchfhrung einer Untersuchung durch die Strafverfolgungsbehrden bzw. den GD whrend eines biologischen Geschehens hngt ab von dem effizienten Einsatz aller vorgegebenen Ressourcen. Soweit mglich sollten die Mitarbeiter des GDs und der Straf-verfolgung in Teams arbeiten und gemeinsame Gesprche mit Opfern und Zeugen durchfh-ren. Vor dem Gesprch sollte abgesprochen sein, wer das Gesprch berwiegend fhrt und wie sich die Zusammenarbeit whrend der Untersuchung gestaltet. Es wird empfohlen, zu-nchst die epidemiologischen Fragen zu stellen, allerdings muss dies von Fall zu Fall ent-schieden werden. Wenn gemeinsame Interviews nicht mglich sind, sollte jeder, ob nun GD -Vertreter oder Vertreter der Strafverfolgungsbehrden wissen, welche Informationen der Partner in seinem Gesprch zu ermitteln sucht. Der gegenseitige Austausch von Informationen ist hierbei sinn-voll, weil so die Effizienz der gemeinsamen Untersuchung erhht wird. Um dies zu erreichen, wurde von uns eine Liste erstellt, die die wichtigsten Themen von gemeinsamem Interesse beinhaltet und das Stellen von sinnvollen Fragen ermglicht.

    Effektiver Informationsaustausch Ein Ziel dieses Handbuches ist es sowohl Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehrden als auch des GDs zu ermutigen, sich frhzeitig gegenseitig im Rahmen einer Untersuchung zu in-formieren. Dies gilt auch fr den Fall, dass das Ergebnis der Untersuchung am Ende bedeutet, dass es sich nicht um eine Straftat gehandelt hat. Hierfr ist es notwendig, insbesondere, wenn ein Bioanschlag erfolgt, vorab verlssliche Kommunikationsformen aufzubauen und zu erproben. Dies ermglicht im Ernstfall rasches Handeln. Die Verantwortlichen mssen einander und ihre jeweiligen professionellen Bedrf-nisse kennen.

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    Massenvernichtungswaffen (WMD) und Verantwortlichkeiten Um den Informationsfluss zu gewhrleisten, sind Strukturen hnlich einem Notfallstab9 oder gemeinsamen Fhrungsstab10 zu vereinbaren. In diesen Strukturen ist rasches Handeln im Falle eines ABC-Ereignisses mglich. Es ist notwendig, alle potenziellen beteiligten Behr-den und Institutionen in eine solche Struktur einzubinden. Das Konzept eines EOC oder JOC ermglicht es eine Struktur zu schaffen, die Kommunikation ermglicht. Eine der Mglich-keiten ist es, eine stndige ABC-Arbeitsgruppe der betroffenen Behrden zu schaffen. Der Vorteil einer solchen stndigen Arbeitsgruppe ist, dass sich die Betroffenen bereits vor dem Ereignis kennenlernen und ber gemeinsame Arbeitserfahrungen verfgen. Idealer Weise trifft sich diese Arbeitsgruppe regelmig, um miteinander vertraut zu sein. Eine solche Arbeitsgruppe ist idealer weise der Regelungsort fr alle beteiligten Behrden, wo entschieden wird, welche Informationen wann und wie und durch wen ausgetauscht wer-den. Gemeinsames Planen, Trainieren und ben vor einem wirklichen biologischen Anschlag kann das Vertrauen der GD-Mitarbeiter erhhen, um die Mitarbeit der Strafverfolgungsbehrde frh in ihren epidemiologischen Untersuchungen einzubinden. Wenn diese gemeinsamen Vorab-Aktivitten nicht absolviert werden, knnte es passieren, dass die Mitarbeiter des GDs die Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehrde erst dann mit einbeziehen, wenn sie si-cher sind, dass es sich um einen biologischen Anschlag handelt. Genau diese Definition, was ein biologischer Anschlag ist, bedarf aber einer gemeinsamen Definition der Strafverfol-gungsbehrden und des GD.

    9 EOC (Emergency-Operation-Center) 10 JOC (Joint Operation Center)

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    Informationen des GD Wichtige Informationen, die durch Mitarbeiter des GDs whrend eines Bioanschlags erho-ben werden (Tabelle 2) Persnliche und familire Gesundheitsvorgeschichte (Anamnese)

    Vermutung des Erkrankten, was ihn krank gemacht hat? Zu welchem Zeitpunkt bzw. Datum begann er, sich krank zu fhlen? Sind dem Erkrankten weitere Personen bekannt, die erkrankt sind?

    (Familienmitglieder, Arbeitskollegen u.a.)

    War der Erkrankte im letzten Monat in medizinischer Behandlung? Wenn ja, bei wem? Wo? Bestehen irgendwelche Allergien gegen Medikamente? Wie alt ist der Betroffene? Geschlecht? Informationen ber Aktivitten des Betroffenen

    Wo lebt der Betroffene? Wo arbeitet er bzw. wo geht er zur Schule? Hat der Betroffene in der interessierenden Zeit eine ffentliche Veranstaltung besucht?

    (z.B. ein Sportereignis, eine Familienfeier gehabt oder ein Restaurantbesuch)

    Hat der Betroffene oder seine Familie in den letzten 30 Tagen eine Reise unternommen, die mehr als 75 km von seinem Heimatort entfernt war?

    Hatte der Betroffene oder seine Familie in den letzten 30 Tagen Kontakt mit Menschen, die im Ausland waren?

    Information ber die Verteilung des Agens

    Hat der Betroffene irgendwelche ungewhnlichen Gerche oder Geschmacksereignisse wahrge-nommen?

    Hat der Erkrankte tote Tiere festgestellt? Medizinische Informationen

    Ist die Erkrankung des Betroffenen ansteckend? Wann hat er das erste Mal medizinische Behandlung aufgesucht? Wenn es Ergebnisse von Laboruntersuchungen gibt: Welche? Wer hat biologische Proben untersucht und hat hierzu Zugang?

  • 35

    Persnliche Schutzinformationen

    Welche Schutzvorschriften sollten die Kollegen der Strafverfolgungsbehrden bercksichtigen? Welche physikalischen Schutzvorrichtungen vor dem Agens sind angezeigt? Gibt es eine Mensch- zu- Mensch bertragung des Erregers? Wie breitet sich die Erkrankung weiter aus? Epidemiologische Informationen

    Wer ist Ansprechpartner des GDs in dieser Untersuchung? An wen sollten sich die Erkrankten wenden? Was macht diesen Fall verdchtig? Nach welcher Falldefinition (der Erkrankung) sollen sich die Angehrigen der Strafverfol-

    gungsbehrden richten?

  • 36

    Informationen der Strafverfolgungsbehrden Wichtige Informationen, die durch Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehrden whrend eines Bioanschlages erhoben werden (Tabelle 3)

    Persnliche Informationen des Erkrankten bzw. des Umfeldes

    Namen, Geburtsdatum, Alter, Geschlecht, Anschrift? Ausweisnummer? Beruf? Arbeitgeber? Religion? Bildungsstand? Ethnische Zugehrigkeit? Nationalitt? Hat der Betroffene persnliches Eigentum mit sich gefhrt?

    Wenn ja, Aufnahme eines Verzeichnisses

    Gemeinsame Faktoren bei den Betroffenen insgesamt vorhanden? (z.B. Rasse, soziokonomischer Status, politische oder religise berzeugung, Besuch gemein-samer rtlichkeiten oder Ereignisse, gemeinsame Reisen?)

    Reiseinformationen

    Hat der Erkrankte in den letzten 30 Tagen eine Reise von zu Hause aus unternommen? Benutzt der Betroffene den PNV oder andere Verkehrsmittel? Die Aktivitten der letzten 30 Tage des Betroffenen? Informationen ber den Anschlag das Ereignis

    Hat der zu Befragende etwas Ungewhnliches gehrt? (z.B. Drohung, Informationen ber bio-logische Erreger?)

    Hat der zu Befragende bzw. das Opfer ungewhnliche Gegenstnde gesehen oder gesehen, wie etwas versprht wurde?

    Liegen irgendwelche auergewhnlichen Gegenstnde herum z.B. Laborausrstungsgegenstn-de bzw. gab es verdchtige Aktivitten?

    Identifikation des biologischen Erregers? Ist diese Identifikation vermutet, gesichert besttigt? Die Schilderung des Opfers ber das, was geschehen ist und wie er mglicherweise erkrankte.

  • 37

    Zeitpunkt der Exposition des Opfers:

    Ist dieser Zeitpunkt vermutet? Angenommen? Gesichert?

    Anzahl der Opfer: Ist diese Anzahl vermutet? Angenommen? Besttigt?

    Gibt es eine Hufung von Fllen? Ist dies vermutet? Angenommen? Besttigt?

    Der potentielle Weg der Exposition - des Agens: Wurde etwas gegessen, inhaliert, gab es Hautkontakt mit dem Agens?

    Exakter Ort des Geschehens: Ist dies vermutet? Angenommen? Besttigt?

    War es ein einzelner Anschlag oder gab es mehrere? Grad der Sicherheit11?

    Verteilung der Flle: Welche Namen, Geburtsdaten, Adressen haben die Betroffenen?

    Art der physikalischen Beweismittel, nach denen gesucht werden soll: Zeugen, Namen, Alter, Anschrift?

    Sicherheitsinformationen

    Was macht den Fall verdchtig? Gibt es irgendwelche Informationen, die diesen Fall verdchtig machen? Jegliche Sicherheitsfragen, die fr das Personal des GDs wichtig sind. Informationen bzgl. der strafrechtlichen Untersuchung

    Wer ist ansprechbar im Bereich der Strafverfolgungsbehrde? An wen sollen potentielle Zeugen verwiesen werden? Jegliche Fragen der Chain of Custody (Weitergabe der Beweismittel innerhalb der Strafver-

    folgungsbehrden), die zu beachten sind.

    11 In den USA: Rot, Orange, Gelb,

  • 38

    Offene und verdeckte Bioterroristische Szenarien: Die Strafverfolgungsbehrden knnen in unterschiedliche Arten von Ermittlungen betreffend bioterroristischer Anschlge eingebunden werden. Es gibt hierzu zwei Kategorien: Offene und verdeckt ausgefhrte Anschlge

    Offen durchgefhrte Anschlge: Im Falle eines offen durchgefhrten Anschlages erklrt der Tter seine Verantwortung fr das Ereignis (Ausbringen eines Erregers, Aussprechen entsprechender Drohungen) oder er gibt verlssliche Informationen ber die Ursache des Geschehens preis. Normalerweise entdecken die Strafverfolgungsbehrden bei offen durchgefhrten Anschlgen das Ereignis, reagieren als erste Behrde und informieren dann den GD. Sodann erfolgt eine innerbehrdliche Einschtzung, durchgefhrt vom Staatsschutz der Kriminalpolizei. Dies un-ter Anwendung von Kriterien verschiedener Art (operative, technische und verhaltensmige Kriterien ), um die jeweils zustndigen Behrden zu untersttzen. Im Rahmen dieser Ma-nahmen wird auch der Sachverstand des GDs eingebunden (u.a. technische Einschtzung, spezifische GD-Erwgungen). Wenn Personen erkranken oder vorbeugende Manahmen ntig sind, kann der GD bereits in der hoch akuten Phase eingebunden werden. Ein offen durchgefhrter Anschlag ist eindeutig als eine Straftat zu erkennen. Es kann auch einen Tatort geben. Der Zugang zum Tatort wird durch die Kriminalpolizei geregelt. Auf-grund des Gesetzes ber die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG) ist der wissentliche Besitz eines biologischen Erregers, eines Toxins, eines Verteilungssystems, der nicht durch vorbeugende, schtzende oder forschende Aktivitten oder andere friedliche Zwecke gerecht-fertigt ist, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft12. Diese rechtlichen Bedingungen machen es der Person, die im Besitz von gefhrlichen biologi-schen Erregern ist, zur Aufgabe gerade eben diesen rechtmigen Besitz zu begrnden und zu belegen.

    12 20 KrWaffKontrG (Strafvorschriften gegen biologische und chemische Waffen)

  • 39

    Das nachfolgend aufgefhrte Flussdiagramm zeigt noch einmal zusammenfassend den Fluss der Informationen und die verschiedenen Phasen der Zusammenarbeit bei einem offen durch-gefhrten Anschlag auf:

    Offen ausgefhrter bioterroristischer Anschlag

    Strafverfolgungsbehrden ffentlicher Gesundheitsdienst

    Normales Dienstgeschft Normale GD Surveillance

    Biologische Bedrohung oder Auffinden von potentiell biologischem Material

    Benachrichtigung der rtlichen Strafverfolgungs-

    behrde, Feuerwehr

    Benachrichtigung des Landeskriminalamtes

    Benachrichtigung des Bundeskriminalamtes,

    ST 23 (Zentralstelle ABC), ST 44 (Gefhrdung),

    ZD 37 (ABC-Untersttzung)

    Ist die Bedrohung ernsthaft?

    Strafprozessuale Ermittlungen

    Benachrichtigung des Landesgesundheitsamtes

    Untersttzung / Expertise durch Robert Koch-InstitutZentrum Biologische Sicherheit (ZBS),

    Informationsstelle des Bundes fr biologische Sicherheit (IBBS)

    Verstrkte medizinische Surveillance

    Epidemiologische Untersuchungen

    Umweltproben

    Nein Ja

    Anmerkung: Durchgezogene Linie verbindlich bzw. etabliert, gestrichelte Linie sinnvolle Meldewege

  • 40

    Verdeckt durchgefhrte Aktivitten Im Gegensatz zu offen durchgefhrten Anschlgen ist diese Art verdeckt durchgefhrter An-schlge dadurch charakterisiert, dass erkrankte Personen, die ersten Zeichen eines Anschlages sind. Bei verdeckt durchgefhrten Aktionen kann es passieren, dass das Wesen der kriminel-len Aktivitt erst einige Zeit nach dem Auftreten von Erkrankten erkannt wird. Diese Art von Ereignissen wird mglicherweise zunchst nicht als ein Anschlag erkannt, und Mitarbeiter des GDs erkennen als erste das Problem und fhren die ersten Untersuchungen durch. Ihre Ak-tivitten werden sich um die Diagnostik und medizinische Versorgung, epidemiologische Be-sonderheiten des Vorganges kmmern. Die Mitarbeiter des GDs sollten aber auch bei ei-nem solchen Geschehen, dass nicht an einen Anschlag denken lsst, bercksichtigen, dass bei Hinweisen auf ein Nicht- natrliches Geschehen, die Strafverfolgungsbehrden sehr rasch eingebunden werden sollten. Nur diese Behrden verfgen ber gegebenenfalls vorhandene weitere (kriminalistische) Informationen, um das Bild zu ergnzen. Bioterroristische Anschl-ge sind durch beide Behrdenarten gemeinsam zu bearbeiten. Beispiele:

    1985 kam es in Oregon zu einem Ausbruch von Durchfallerkrankungen. Zunchst war von einem natrlichen, nicht kriminellen Geschehen ausgegangen worden. Spter be-schuldigten Fhrer einer religisen Sekte sich gegenseitig, Salatbars mit Salmonellen verschmutzt zu haben. Dies wurde spter in einer Untersuchung der Strafverfolgungs-behrden auch besttigt.

    Mikrobiologische Fakten knnen auch der erste Hinweis auf ein Geschehen sein.

    1996, whrend eines Ausbruchs von Durchfallerkrankungen bei Labormitarbeitern in einer groen medizinischen Einrichtung fand sich Shigella dysenteria Typ II als Ursa-che der Erkrankung. Fr die USA ein sonst ungewhnliche Erreger. Die epidemiologi-sche Untersuchung fand heraus, dass ein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und dem Essen von Backwerk bestand, dass zuvor im Pausenraum des Labors gelagert worden war. Mittels der Elektrophorese konnte nachgewiesen werden, dass bei den ungegessenen Backwaren und den Erkrankten der gleiche Erreger vorlag. Ein Teil der Laborerreger war vorher verschwunden. Als Tter konnte dann ein unzufriedener und entlassener Mitarbeiter identifiziert werden.

    Die Anthraxattacken (Bacillus anthracis) im September und Oktober 2001 zeigten

    sowohl Beispiel von offen und versteckt durchgefhrten Anschlgen. Der erste Fall in Florida Anfang Oktober htte ein natrliches Geschehen sein knnen und wurde von Mitarbeitern des GDs zuerst bearbeitet. Dennoch, wegen der Seltenheit des Auftretens von inhalativ erworbenem Anthrax in

  • 41

    den USA und weil Anthrax als potentielle Biowaffe gilt und weil nach den Anschl-gen des 11. September eine erhhte Aufmerksamkeit bestand, wurden das FBI und andere Strafverfolgungsbehrden rechtzeitig informiert. Im Verlauf wurde immer deutlicher, dass es sich nicht um ein natrliches Geschehen handelte, der Anteil der Strafverfolgungsbehrden an der gemeinsamen Untersuchung erhhte sich dadurch zunehmend. Das Auffinden eines Briefes mit Anthraxsporen und einem Drohschreiben am 15.10.2001 im Hart Office Building fhrten dazu, dass aufgrund der klar erkennbaren kriminellen Absicht die Aktivitten des GDs sich auf das Management spezifischer Aspekte und die technische Untersttzung des FBIs konzentrierten. Anmerkung: Auerhalb der USA wurde bislang kein einziger Sachverhalt bekannt, bei dem Anthrax als Tatmittel eingesetzt worden ist.

  • 42

    Das nachfolgende Flussdiagramm zeigt noch einmal den Fluss der Informationen und der Zusammenarbeit bei einem verdeckt durchgefhrten Anschlag auf:

    Verdeckt ausgefhrter bioterroristischer Anschlag

    Strafverfolgungsbehrden ffentlicher Gesundheitsdienst

    Normales Dienstgeschft Normale GD Surveillance

    Benachrichtigung der rtlichen Strafverfolgungs-

    behrde, Feuerwehr

    Benachrichtigung des Landeskriminalamtes

    Benachrichtigung des Bundeskriminalamtes,

    ST 23 (Zentralstelle ABC), ST 44 (Gefhrdung),

    ZD 37 (ABC-Untersttzung)

    Ereignis ab-sichtlich her-beigefhrt?

    Strafprozessuale Ermittlungen

    Benachrichtigung des Landesgesundheitsamtes

    Untersttzung / Expertise durch Robert Koch-Institut

    (ZBS, IBBS)

    Verstrkte medizinische Surveillance

    Epidemiologische Untersuchungen

    Notfallmedizinische Manahmen

    Nein

    Ja

    Anhufung ungewhnlicher Zeichen, Symptome,

    Erkrankungen

    Notfallmanagement auf rtl.-/Landesebene

    Benachrichtigung des rtl.- / Landesgesundheitsamtes; Gefahr ffentl. Gesundheit

    Ereignis un-gewhnlich / unnatrlich?

    Umweltproben

    Nein

    Ja

    Ja

  • 43

    Gemeinsame Interviews: Eine Zusammenarbeit von GD und Strafverfolgungsbehrden galt nicht immer als ideal. Es gibt Bedenken, dass die Anwesenheit eines Beamten der Strafverfolgungsbehrden die Sammlung von Informationen fr den GD-Mitarbeiter erschweren kann. Zum Beispiel wer-den Drogenabhngige Mitarbeitern des GD kaum Auskunft ber ihren illegalen Drogenkon-sum in Gegenwart eines Mitarbeiters der Strafverfolgungsbehrden geben. Ein gewisses Ma der Trennung erscheint in der Tat angezeigt, um adquate Informationen fr den GD zu erhalten. Die Dienstleistungen des GDs sind vital fr medizinisch unter-versorgte Gemeinschaften, in denen ein Misstrauen gegenber den Strafverfolgungsbehrden herrscht. Im Fall eines bioterroristischen Anschlags mssen dennoch die Strafverfolgungsbehrden alle Zeugen und alle potentiellen Opfer interviewen. Eine getrennte Befragung durch Angehrige des GDs und der Strafverfolgungsbehrden kann zu widersprchlichen Aussagen des Be-fragten fhren und die gerichtliche Verwertung der Ergebnisse einschrnken. Es sollte ein Verfahren entwickelt werden fr gemeinsame Gesprche der Strafverfolgungsbehrden und des GDs, die die Mglichkeit beinhalten, gesondert einen vertraulichen Teil des Gespr-ches nur mit dem GD Vertreter zu fhren bzgl. spezieller vertraulicher Gesundheitsthemen, die der Befragte dem Vertreter der Strafverfolgungsbehrden nicht mitteilen will. Beide Seiten - GD und Strafverfolgungsbehrdenvertreter - mssen wissen, dass der Aus-tausch der Informationen wichtig sein kann, um Personen zu identifizieren, die gefhrlichen Erregern ausgesetzt waren und die medizinische Hilfe (z.B. eine Impfung oder auch Medika-mente) bentigen. Gemeinsame gefhrte Gesprche machen auch deutlich, dass beide Behr-den, GD und Strafverfolgungsbehrde, ein gemeinsames Ziel haben: Den Schutz des Lebens und der Sicherheit. Vor dem Beginn des Gesprches sollte klar sein, wer das Gesprch fhrt und seine Fragen zunchst auch komplett stellt, ohne dass er durch den Vertreter der Partnerbehrde unterbro-chen wird. Es wird empfohlen, den epidemiologischen Fragenkomplex am Anfang des Ge-sprches zu stellen, allerdings muss dies von Fall zu Fall entschieden werden. Datenschutz-rechtliche Bedenken mssen vorab besprochen werden, um die Person vor ungewollter Identi-fikation und um seine Privatsphre zu schtzen, und um die Daten spter gerichtlich verwer-ten zu knnen. Die gemeinsame Arbeit von CDC und FBI whrend der Anthraxflle in den USA hat die Mglichkeiten der gemeinsamen Arbeit verdeutlicht. Damals wurde whrend mehrerer Flle Mitarbeiter der CDC und des FBI gemeinsam eingesetzt. Dieser multidiszipli-nre Ansatz hat die Sammlung der Daten und ihre Bewertung( erst) ermglicht. Aufgrund der unterschiedlichen professionellen Ausbildung konnten die Beteiligten ihr spezielles Wissen einbringen. Auch wurde die Anzahl der Gesprche fr die betroffenen Brger reduziert.

  • 44

    Auslseschwellen fr den Informationsaustausch Whrend eines biologischen Ereignisses fhren bestimmte Umstnde zum Austausch von Informationen zwischen GD und Strafverfolgungsbehrde. In den vergangenen Jahren ermittelten die Strafverfolgungsbehrden zahlreiche Flle von falschen Drohungen bzgl. biologischer Erreger und ihres vermeintlichen Einsatzes13. Was sollte nun einen Angehrigen der Strafverfolgungsbehrde unbedingt veranlassen, den Vertre-ter des GDs zu einer solchen Untersuchung hinzu zu zie