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88 LEBEN Mit der DJI Phantom 3 in den Alpen FlugModell Sonderheft Drohnen Menschen sind erfinderisch, Drohnenpiloten sowieso. Benjamin Sauer zum Beispiel fängt die Schönheit der Berge mit seiner DJI Phantom 3 ein. Durch seine Fotos kann er die Faszination Alpen mit uns allen teilen. Ein Erlebnisbericht. 89 FlugModell MOMENTE DER GLÜCKSELIGKEIT: EIN BERGSTEIGER UND SEINE DROHNE Benjamin Sauer Eine Bergtour im Wetterstein-Gebirge Sauer. Seit diesem Tag vergeht kein Monat ohne ausgedehnte Alpentour. Das Allgäu ist seine perfekte Spielwiese, auch Alaska und Kanada, Iran oder Nepal hat er schon erwandert und erklettert. Benjamin Sauer schätzt die Mühen, die er für ein einziges Foto auf sich neh- men muss – das Gefühl, die Bergwelt mit nach Hause nehmen zu können, ist unbezahlbar. Über sein eigenes Unter- nehmen präsentiert er seine Fotos und Videos einem breiten Publikum. Wer sich mit Benjamin Sauer austauschen möchte, kann das zum Beispiel im Internet unter www.drohnen-forum.de tun. Sein Spitzname: benider en Großteil meiner Freizeit ver- bringe ich in den Bergen. In der endlosen Weite und zwischen gigantischen Felstürmen fühle ich mich wohl. Erfolgserlebnisse, Glücksgefühle, Enttäuschungen und sogar blanke Angst und Panik: In den vielen Jah- ren, die ich in den Alpen und in anderen Ge- birgen verbrachte, habe ich extreme Emotio- nen am Berg erlebt. Abends sitzt man mit der Familie und Freunden zusammen und erzählt – und kann doch nur ansatzweise das Gefühlte vermitteln. Irgendwann wollte ich die Berge mit wei- teren Hobbies verbinden: Fotografie, Film und Kameradrohnen. Aber wie sollte das ge- hen, wenn am Rucksack Seile und Eispickel und dazu noch ein sperriger Copter hängen? Wie sollte ich die empfindlichen Lithium-Po- lymer-Akkus auf Temperatur halten, damit ein Start überhaupt in Frage kommt? So be- gann die Suche nach Lösungen. Ein erfolg- reicher Tag im Gebirge hängt von vielen Fak- toren ab. Das gilt erst recht im Hochgebirge, D Mit einem Multicopter gelingen Aufnah- men von Orten, an die sich kein Fotograf oder Bergsteiger wagen würde. Beson- ders im Winter, wenn in den Steilhängen die Gefahr von Lawinen lauert Der Autor im Jahr 2015 während des Aufstiegs zum Matterhorn von Italien aus über den Liongrat Gipfelstürmer

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LEBEN Mit der DJI Phantom 3 in den Alpen

FlugModell Sonderheft Drohnen

Menschen sind erfinderisch,

Drohnenpiloten sowieso.

Benjamin Sauer zum Beispiel

fängt die Schönheit der Berge

mit seiner DJI Phantom 3 ein.

Durch seine Fotos kann er die

Faszination Alpen mit uns allen

teilen. Ein Erlebnisbericht.

89FlugModell

MOMENTE DER GLÜCKSELIGKEIT: EIN BERGSTEIGER UND SEINE DROHNE

Benjamin Sauer

Eine Bergtour im Wetterstein-Gebirge

Sauer. Seit diesem Tag vergeht keinMonat ohne ausgedehnte Alpentour. Das Allgäu ist seine perfekte Spielwiese,auch Alaska und Kanada, Iran oder Nepalhat er schon erwandert und erklettert.Benjamin Sauer schätzt die Mühen, die er für ein einziges Foto auf sich neh-men muss – das Gefühl, die Bergwelt mitnach Hause nehmen zu können, istunbezahlbar. Über sein eigenes Unter-nehmen präsentiert er seine Fotos undVideos einem breiten Publikum. Wer sichmit Benjamin Sauer austauschenmöchte, kann das zum Beispiel imInternet unter www.drohnen-forum.detun. Sein Spitzname: benider

en Großteil meiner Freizeit ver-bringe ich in den Bergen. In derendlosen Weite und zwischengigantischen Felstürmen fühle

ich mich wohl. Erfolgserlebnisse,Glücksgefühle, Enttäuschungen und sogarblanke Angst und Panik: In den vielen Jah-ren, die ich in den Alpen und in anderen Ge-birgen verbrachte, habe ich extreme Emotio-nen am Berg erlebt. Abends sitzt man mitder Familie und Freunden zusammen underzählt – und kann doch nur ansatzweise dasGefühlte vermitteln.

Irgendwann wollte ich die Berge mit wei-teren Hobbies verbinden: Fotografie, Filmund Kameradrohnen. Aber wie sollte das ge-hen, wenn am Rucksack Seile und Eispickelund dazu noch ein sperriger Copter hängen?Wie sollte ich die empfindlichen Lithium-Po-lymer-Akkus auf Temperatur halten, damitein Start überhaupt in Frage kommt? So be-gann die Suche nach Lösungen. Ein erfolg-reicher Tag im Gebirge hängt von vielen Fak-toren ab. Das gilt erst recht im Hochgebirge,

D

Mit einem Multicopter gelingen Aufnah-men von Orten, an die sich kein Fotografoder Bergsteiger wagen würde. Beson-ders im Winter, wenn in den Steilhängendie Gefahr von Lawinen lauert

Der Autor im Jahr 2015 währenddes Aufstiegs zum Matterhorn von

Italien aus über den Liongrat

Gipfelstürmer

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LEBEN Mit der DJI Phantom 3 in den Alpen

FlugModell Sonderheft Drohnen

nicht mehr starten. Während ich im Sommerlieber die unberührte Bergwelt und Einsam-keit suche, so ist man im Winter fast zwangs-läufig an die Wärme und das Stromnetz ei-ner Berghütte gebunden.

Als ich wieder meinen Rucksack schul-tere, hat sich das Wetter gebessert. Der starkeWind hat die dunklen Wolken fortgeblasen,und im Westen strahlt der blaue Himmel.Der Bodensee reflektiert die tiefstehendeSonne. Traumhaft, aber immer noch windig.

Schnell hole ich mir die Erlaubnis vomHüttenwirt, vor der Hütte zu fliegen. DerAkku ist geladen und warm. Auch dieDrohne selbst braucht nur wenige Sekun-den, um auf Betriebstemperatur zu kom-men, und als sich die Rotoren in den stahl-blauen Himmel schrauben, kommt Freudeauf. Die Hütte und die Fichten werfen langeSchatten in den Schnee. So sind tolle Bildervorprogrammiert. Es ist jedes Mal aufs Neueaufregend, den unendlichen Luftraum inden Bergen zu erkunden. Gipfel, Grate,Wände und Täler sehen aus jeder Blickrich-tung unterschiedlich aus. Mit meinerDrohne kann ich die Gegend von jedem er-denklichen Punkt aus fotografieren. Ein Vor-teil, den man erst kennenlernen und begrei-fen muss. Denn am besten macht man sich

schon vor dem Start Gedanken über Bildauf-bau und Gestaltung. Zwar holt der Copter biszu fünfundzwanzig Flugminuten aus einemAkku heraus, aber bei einem Gewicht vonstolzen 350 Gramm wird so aus jeder Se-kunde in der Luft wertvolle Zeit – erst Rechtim Gebirge.

So entstehen perfekte FotosMittlerweile blendet mich schon die tiefste-hende Sonne, und so sehe ich auf dem Tabletnur schemenhafte Umrisse. Ich schieße ver-schiedene Bilder, jeweils in einer dreistufi-gen Belichtungsreihe. Später kann ich amTablet das richtig belichtete Bild speichernund den Rest sofort von der SD-Karte lö-schen.

Nach einer starken Viertelstunde warntmich ein leises Piepsen. Der Akku schwä-chelt. Aber noch ist genug Saft da, um sicherzurück zum abgespeicherten Home-Pointzu gelangen. Und so drehe ich noch einekleine Runde, bevor ich langsam zur Lan-dung ansetze. Ein erfolgreicher Flug geht zuEnde, als die Drohne vorsichtig und sicher inmeine Hand geflogen kommt. Bis zum Gip-felkreuz sind es zwar nur noch 200 Höhen-meter, aber die Schatten werden länger, undich möchte keine Zeit verschenken. Ich

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bergsteiger sind heute Nachmittag noch un-terwegs. Das Interesse an meinem Multicop-ter ist dennoch groß. Wer trägt schon beischlechtem Wetter kiloweise Kameraausrüs-tung einen Berg hinauf? Der Rucksack wirdbleischwer, die Ausrüstung ist empfindlich,und die Chance auf eine brauchbare Materi-alausbeute ist heute gering. Typisch: Alle be-geistern sich für die tollen Bergfilme, die esüberall zu sehen gibt, posten, liken und sha-ren die spektakulärsten Clips im Internet.Aber wenn jemand solche Bilder selbst auf-nehmen will, dann hat er – ich zitiere: „Nichtmehr alle Latten am Zaun“.

Regeln unbedingt beachtenIch nehme es als Kompliment, verstaue mei-nen Technikkrempel und verpacke die Ak-kus in den warmen Fäustlingen. Nach fastdrei Stunden erreiche ich die Alpenvereins-hütte. Es ist kaum jemand hier, und oben amGipfel ist keine Menschenseele zu sehen.Endlich kann ich meinen Rucksack im Tro-ckenen ablegen und setze mich auf die be-queme Holzbank. Draußen klappern dieFensterläden. Ich bestelle mir ein Bier undlege die Akkus auf die warme Fensterbank.Denn wenn die Temperatur der Li-Pos unter15 Grad Celsius sinkt, lässt sich die Drohne

wo Wetter, Temperatur und Schneelage indie Planung mit einbezogen werden müs-sen. Nebenbei optimales Flug- und Filmwet-ter erwischen? Das gleicht der Suche nachder perfekten Welle, um es im Surferjargonauszudrücken. Doch die H stirbt zu-letzt. Und so packe ich in Vorbereitung fürdiesen Beitrag neben Tourenski und Lawi-nenpiepser auch noch drei Akkus, ein Tablet,das Ladegerät, eine Fernbedienung und einpaar Kamerafilter mit ein. Die Drohne bindeich startbereit auf meinen Rucksack. VielEnergie und starke Nerven muss aufbringen,wer im Gebirge filmen möchte. Aber die Mo-tivation ist da. Und so schleife ich einmalmehr Unmengen Technik den Berg hinauf.Immer auf der Suche nach der perfektenWelle.

Alle Latten am ZaunIch finde mich im Allgäu wieder, unterhalbdes Hochgrats. D uses Wetter. Kalt. Re-gen. Ich bin schon über 500 Höhenmeteraufgestiegen – um mich herum Nebelfet-zen. Ein kurzer Testflug soll mir zeigen, wieschwierig heute das Fliegen sein wird. ImWindschatten einer kleinen Bergkuppeziehe ich das Regencover des Rucksacksvom Copter. Hier müssen meine Skispit-

zen als Startplatz herhalten. Um michherum gibt es weit und breit keinen solidenBoden, nur weichen nassen Schnee. Als dieDrohne abhebt, drängt sie der Sturm zurSeite. Das GPS greift schnell und nagelt dieKamera in der Luft fest. Wahnsinn! Mit fast50 km/h peitschen mir die Böen um dieOhren, die Drohne aber bleibt fast genauüber mir. Die nachgerüsteten Carbonroto-ren greifen besser als die Standard-Plastik-propeller. Steuerbefehle werden deutlichknackiger umgesetzt. Ein entscheidenderVorteil, besonders bei Wind. Denn wenndie Drohne bei der Landung abgedrängtwird, ist man in einem Bruchteil einerSekunde wieder in sicherer Höhe und kannin aller Ruhe erneut ansetzen.

Aber heute ist der Wind zu stark, und soist an eine Landung auf den Skispitzen nichtzu denken. Also muss ich den Copter aus derLuft fischen und nach dem dritten Anlaufklappt auch das. Ganz ohne Risiko geht inden Bergen eben nichts. Genug Reserveka-pazität muss der Akku dafür aber haben.Eine Landung unter solchen Umständenkann schnell mehrere Minuten in Anspruchnehmen. Wegen des starken Windes gibt esheute keinen Skibetrieb am Hochgrat. DieGondel steht still und nur eine Handvoll Ski-

DJI Phantom 3 ADV.

Den Luftraum im Gebirge teilen sichCopterpiloten unter anderem mit Gleit-schirm�iegern, der Bergwacht und demSteinadler. Bisher musste Richard Brandlvom Deutschen Hängegleiterverbande.V. (DHV) keine Kollisionen mit Multicop-tern melden. Brandl ist beim DHV für dieOrganisation des Strecken�ugwettbe-werbs DHV-XC verantwortlich. Er istselbst Fluglehrer und kann auf tausendeerfolgreiche Flüge zurückblicken. Dieexplosionsartige Zunahme unbemannterLuftfahrtsysteme sieht er kritisch undwarnt vor blauäugigem Drohnen�iegen:Bei Zusammenstößen mit Gleitschirmenbeispielsweise sind Leben in Gefahr, die�nanziellen und menschlichen Folgengar nicht abschätzbar. Folgende Punktesollten Copterpiloten daher unbedingtbeachten:π Beachten Sie die 100-Meter-Grenze

der bayerischen allgemeinen Auf-stiegserlaubnis

π Fliegen Sie nur auf Sicht und nur beiguten, berechenbaren Verhältnissen.Wind kann tückisch sein. Bei Wind-schatten hinter einer Bergkuppe kön-nen nur wenige Flugmeter weiterstarke Strömungen Probleme berei-ten, vor allem an Bergpässen und inengen Tälern

π Gleitschirm- und Drachen�uggebietesind nur teilweise in den Luftfahrerkar-ten (ICAO) verzeichnet. Mehr erfahrenSie aus der DHV-Geländedatenbank(www.dhv.de/db3/gelaende/)

π Stören Sie auf keinen Fall Wildtiere.Beachten Sie Vogelschutzgebiete undWinter-Ruhezonen

π Starts und Landungen bedürfen derZustimmung des Grundstückseigentü-mers

π Vorsicht bei Naturschutzgebieten.Fragen Sie im Zweifel bei der zuständi-gen Naturschutzbehörde nach

π Grundregeln im Gebirge: Ist das Wetterstabil? Richtige Kleidung? Ist jemandüber Ihren Aufenthaltsort und dievoraussichtliche Rückkehr informiert?

Ein dicker Daunenfäustling hält nicht nurdie Finger warm. Darin halten die Akkusihre benötigte Temperatur wesentlich

Berge soweit das fliegende Auge reicht. Erst das leise Piepsen des Senders holt denPiloten auf den Boden der Tatsachen zurück und zwingt zur Landung des Geräts

So macht Fliegen Spaß: Abseits der Skipisten erö et sich eine unberührte Bergwelseinr DJI Phantom 3 wundervolle Fotos von Mensch und Natur

Weiter geht’s den Berg hinauf, den Copter einsatzbereit am Rucksack befestigt, h nd, dass der Wind bis zum Gipfel weiter nachlässt