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Anzeiger fiir Schgidlingskunde. IV.Jahrgang1928 I Leland O. Howard. Ton K. Escherich. L. O. Howard feierte iln vergangenen Jahr seinen 70. Geburtstag und trat zugleieh auf seinen eigenen Wunseh yon seinem Amt als Leiter des Bureau of Entomology of U.S. Department of Agri- culture zurfiek. 1) Anlal~ genug, dieses seltenen ~Iannes zu gedenken. Aueh ffir uns Deutsche; denn Howard geh(irt nieht nur den Amerikanern, er gehOrt ebenso aueh uns, wie fiberhaupt allen KulturvSlkern der Erde. Es gibt kein Land, das nieht mit Howard mehr oder weniger enge Be- ziehungen unterh~lt und dem nicht Howard wertvolle Dienste geleistet hat, sei es durel} Rat- sehliige, sei es dureh l)berlassung yon Parasiten zur biologisehen Bekiimpfung oder yon Literatur usw. Der Verfasser dieser Zeilen, der manehe Erd- teile bereist und dabei viele ento- mologische Institute besueht hat, ist fiberall und immer wieder auf den Namen Howard ge- stogen. Immer und fiberall wurde dieser Name mit Ver- ehrung und Bewunderung ge- nannt. 5Iit vollstem Reeht, denn Howard ist grog als Forseher, noeh grOger als Orga- nisator und am grOgten als Menseh. Zahllos sind seine wissen- sehaftliehen Arbeiten (s. Biblio- graphie umfal3t ca: 950 Titel), die sich auf die versehiedensten Gebiete der Entomologie beziehen. Besonders eingehend besehaftigte er sieh yon jeher mit solehen Insekten, die dem Mensehen als Para- s) L. O. Howard ist geboren 1857 in Rockford [11.; er studierte in Ithaca an der Cornell Univmsity Medizin und Entomologie. Sein Lehrer in Entomologie war Corn- stock, dem er seine grfindliche Sehulung verdankt. 1878 kam er als Assistent zu Prof. Riley an das De- partment of Agriculture, welch letzterem er yon da ab ununterbroehen angehSrte. Nach Rileys Abgang 1894 wurde er zum Chef der Division of Entomology und gleich- zeitigzum Cm'ator of iuseets in the U.S. National Museum ernannt. 1901 wuNe er am3erdem noeh zum Consulting Entomologist of the U.S. Public Health Service berufen. ~Tber seinen Rtiektritt schrieb er an Reh im No- vember des:vergangenen Jahres folgendes : ,,While I have vacated the Office of the Bureau of Entomology, I am still Honorary Curator of the Division of Inseets of the National Museum, and still hold the post of Senior ento- Anzeiger fiir Sch~dlingskunde. IV. Jahrgang. 5. Heft. siten bezw. Krankheitsfibertrgger direkt sehSd- lich sind, vor allen mit den Culieiden und der Stubenfiiege, fiber die eine Reihe wiehtiger Untersuehungen yon ihm vorliegen. Seine Ver- 5fl'entliehungen fiber die Stubenfliege yon seiner ersten Arbeit im Jahre 1896 bis zu seinem im Jahre 1911 ersehienenen B ueh fiber dieses Insekt sind grundlegend. Ein weiteres Hauptarbeits- gebiet Howards waren die Chaleidier, die er in systematiseher und biologiseher und besonders auch 6konomiseher Beziehung studierte. Ist er doeh Vork~tmpfer und strenger Verteidiger des Prinzips der Bekiimpfung yon seh~idliehen In- sekten dureh ihre natfirlichen Feinde, vor allem dureh Para- siten. Um das Interesse der All- gemeinheit fiir Entomologie zu weeken, sehrieb er ein grSl3eres populiires Werk itber die In- sekten ,,The Insect book" (New York 1901), das grogen Bei- fall gefunden hat. 5Iit Riley gab er die Zeitsehrift ,,Insect Life" heraus, naeh Rileys Tod allein. Aueh die vielen Ver- 6ffentliehungen des Bureaus, wie die Bulletins, Teehnisehe Bulletins, Zirkulars usw. waren seine Seh6pfung. Was er als Organisator ge- leistet hat, ist aller Welt be- kannt. Der gewaltige Aufsehwung, den die an- gewandte Entomologie in Amerika genommen hat, ist mit dem Namen Howard unzertrenn- mologist in the Bureau. I shall contiuue to work~ and at the same time will be relieved as many matters of official routine which are handled by the new Chief of the Bureau, Dr. C. L. Marlatt, who has beem Asso- ciate Chief for many years?' Der neue Leiter~ Marlatt, hat besonders fiber Cocciden gearbeitet, augerdem viele kleinere Arbeiten fiber die verschiedensfen Thematas verfagt. Er ist ferner Chairmann des ,,Federale ttorticultural Board", der die groBen Verzeiehnisse fiber die an eingeffihrten Pflanzen und Pflanzenprodukten gefundenen Insekten verSffent- licht. Marlatt war es auch~ der auf einer Forschung~- reise nach Japan und China nachwies, dab dot~ die Keimat der San Josd-Schildlaus ist. Marlatt ist zweifel- los wie kein zweiter berufen, das Werk Howards wiirdig fortzusetzen. 5

Leland O. Howard

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Page 1: Leland O. Howard

Anzeiger fiir Schgidlingskunde. IV.Jahrgang1928 I

Leland O. Howard. T o n

K. Escherich.

L. O. H o w a r d feierte iln vergangenen Jahr seinen 70. Geburtstag und trat zugleieh auf seinen eigenen Wunseh yon seinem Amt als Leiter des Bureau of Entomology of U.S. Department of Agri- culture zurfiek. 1) Anlal~ genug, dieses seltenen ~Iannes zu gedenken. Aueh ffir uns Deutsche; denn H o w a r d geh(irt nieht nur den Amerikanern, er gehOrt ebenso aueh uns, wie fiberhaupt allen KulturvSlkern der Erde. Es gibt kein Land, das nieht mit H o w a r d mehr oder weniger enge Be- ziehungen unterh~lt und dem nicht H o w a r d wertvolle Dienste geleistet hat, sei es durel} Rat- sehliige, sei es dureh l)berlassung yon Parasi ten zur biologisehen Bekiimpfung oder yon Literatur usw. Der Verfasser dieser Zeilen, der manehe Erd- teile bereist und dabei viele ento- mologische Insti tute besueht hat, ist fiberall und immer wieder auf den Namen H o w a r d ge- stogen. Immer und fiberall wurde dieser Name mit Ver- ehrung und Bewunderung ge- nannt. 5Iit vollstem Reeht, denn H o w a r d ist grog als Forseher, noeh grOger als Orga- nisator und am grOgten als Menseh.

Zahllos sind seine wissen- sehaftliehen Arbeiten (s. Biblio- graphie umfal3t ca: 950 Titel), die sich auf die versehiedensten Gebiete der Entomologie beziehen. Besonders eingehend besehaftigte er sieh yon jeher mit solehen Insekten, die dem Mensehen als Para-

s) L. O. Howard ist geboren 1857 in Rockford [11.; er studierte in Ithaca an der Cornell Univmsity Medizin und Entomologie. Sein Lehrer in Entomologie war Corn- s tock, dem er seine grfindliche Sehulung verdankt. 1878 kam er als Assistent zu Prof. R i l ey an das De- partment of Agriculture, welch letzterem er yon da ab ununterbroehen angehSrte. Nach R i l e y s Abgang 1894 wurde er zum Chef der Division of Entomology und gleich- zeitigzum Cm'ator of iuseets in the U.S. National Museum ernannt. 1901 wuNe er am3erdem noeh zum Consulting Entomologist of the U.S. Public Health Service berufen.

~Tber seinen Rtiektritt schrieb er an Reh im No- vember des:vergangenen Jahres folgendes : ,,While I have vacated the Office of the Bureau of Entomology, I am still Honorary Curator of the Division of Inseets of the National Museum, and still hold the post of Senior ento-

Anzeiger fiir Sch~dlingskunde. IV. Jahrgang. 5. Heft.

siten bezw. Krankheitsfibertrgger direkt sehSd- lich sind, vor allen mit den Culieiden und der Stubenfiiege, fiber die eine Reihe wiehtiger Untersuehungen yon ihm vorliegen. Seine Ver- 5fl'entliehungen fiber die Stubenfliege yon seiner ersten Arbeit im Jahre 1896 bis zu seinem im Jahre 1911 ersehienenen B ueh fiber dieses I n s e k t sind grundlegend. Ein weiteres Hauptarbeits- gebiet H o w a r d s waren die Chaleidier, die er in systematiseher und biologiseher und besonders auch 6konomiseher Beziehung studierte. Is t er doeh Vork~tmpfer und s t renger Verteidiger des Prinzips der Bekiimpfung yon seh~idliehen In-

sekten dureh ihre natfirlichen Feinde, vor allem dureh Para- siten.

Um das Interesse der All- gemeinheit fiir Entomologie zu weeken, sehrieb er ein grSl3eres populiires Werk itber die In- sekten ,,The Insect book" (New York 1901), das grogen Bei- fall gefunden hat. 5Iit R i l e y gab er die Zeitsehrift ,,Insect Life" heraus, naeh R i l e y s Tod allein. Aueh die vielen Ver- 6ffentliehungen des Bureaus, wie die Bulletins, Teehnisehe Bulletins, Zirkulars usw. waren seine Seh6pfung.

Was er als Organisator ge- leistet hat, ist al ler Welt be-

kannt. Der gewalt ige Aufsehwung, den die an- gewandte Entomologie in Amerika genommen hat, ist mit dem Namen H o w a r d unzertrenn-

mologist in the Bureau. I shall contiuue to work~ and at the same time will be relieved as many matters of official routine which are handled by the new Chief of the Bureau, Dr. C. L. Marlatt, who has beem Asso- ciate Chief for many years?'

Der neue Leiter~ Mar l a t t , hat besonders fiber Cocciden gearbeitet, augerdem viele kleinere Arbeiten fiber die verschiedensfen Thematas verfagt. Er ist ferner Chairmann des ,,Federale ttorticultural Board", der die groBen Verzeiehnisse fiber die an eingeffihrten Pflanzen und Pflanzenprodukten gefundenen Insekten verSffent- licht. M a r l a t t war es auch~ der auf einer Forschung~- reise nach Japan und China nachwies, dab dot~ die Keimat der San Josd-Schildlaus ist. M a r l a t t ist zweifel- los wie kein zweiter berufen, das Werk Howards wiirdig fortzusetzen.

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50 K. ESCH~rCH.

lich verbunden. 1) Mehr wie alle Worte illu- strieren Zahlen das Werk H o w a r d s . Als er im Jahre 1894 die Leitung der Division of Ento- mology ~ibernommen hatte, betrug die Zahl der Angestellten etwa 1 Dutzend und der ,lahresetat fiir samtliehe Ausgaben (ind. Geh~ilter) 30000 $. Am 1. Juli 1927 umfagte die inzwisehen in den Rang eines Bureau erhobene Abteilung nieht weniger als 530 s t a n d i g e Angestellte, yon denen 134 auf der Zentralstelle in Washington und die i~brigen auf die iiber das ganze Land verteilten Feld- stationen und aueh auf Parasitenstationen im Aus- land entfallen. Die Zahl der Arbeitskrafte wurde also unter H o w a r d s Leitung um fast das 50- fache vermehrt, der Etat sogar um das 100faehe (heute 3 3Iillionen 8!).

Zweifellos trat H o w a r d sein Amt als Leiter unter giinstigen Umstanden an, einmal erlebte Amerika in dieser Zeit einen unerhSrten allgemeinen Aufsehwung und sodann traten eine Anzahl neuer Sehadlinge sehlimmster Sorte auf. Endlich fiel gerade in diese Zeit die Entdeekung, dug die Insekten eine sehr verhangnisvolle Rolle als L'ber- trfiger yon Krankheiten auf ~'[enseh und Haustiere spielen. Dadureh wurde nattirlich das Interesse an dem Stadium der Insekten m~iehtig gefOrdert. Trotzdem aber ware die angewandte Entolnologie in den U.S.A. nicht zu dieser HShe getangt und zu dieser vorbildliehen Institution geworden, wenn nieht ein so weitbliekender und genialer Organi- sator wie L. O. H o w a r d die Leitung in der Hand gehabt hatte.

Wenn, wie oben betont, H o w a r d stets ein energiseher Verfechter der biologisehen Bekamp- lung war, so huldigte er doeh durehaus nicht etwa einseitig dieser Riehtung. Im Gegenteil, er betonte immer und immer wieder, dag die bio- logische ~Iethode nut in gewissen Fallen und unter gewissen Bedingungen anzuwenden sei und Erfolg verspreche, und dag, wo diese Bedingungen

') N~hel'es hier~ber siehe in meinem Bueh ,,Die an- gewandte Entomologie in den Vereinigten Staaten. Ber- lin, Paul Parey, 1913.

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nieht gegeben seien, der Kampf mit anderen Mitteln zu fiihren sei.

H o w a r d ist welt entfernt, ein einseitig ein- gestellter Berufsmenseh zu sein. Er interessiert sich viehnehr lebhaft fiir alle iibrigen Wissens- gebiete und ist auch fiir Kunst, Sport usw. von hoher Begeisterung erfiillt. Nehmen wir dazu seine groge Giite, gepaart mit feinstem Humor, sein verzeihendes Verstar~dnis mensehlicher Sehwliehen, seine serene Selbstlosigkeit und sein warmes Herz, so verstehen wir, dug jeder, der mit ihm in Berfihrung kommt, sofort in seinem Bann ist, und dag H o w a r d zu den beliebtesten PersOnlieh- keiten der gesamten amerikanisehen Gelehrten- welt gehSrt. N i e h t z u m g e r i n g s t e n in d i e s e m s e i n e m h o h e n ~ I e n s e h e n t u m l i e g t a u c h de r S e h l i i s s e l zu den g r o B e n Er - f o l g e n s e i n e s L e b e n s w e r k e s .

Dug einem solehen )Ianne aul~ere Ehrungen und Anerkennungen in gr6gter Menge zuteil wurden, versteht sieh yon selbst. Er ist Ehremnitglied yon mehr als 30 amerikanisehen und augerameri- kanisehen wissensehaftliehen Gesellsehaften, Mit- glied versehiedener Akademien, war 22 Jahre hin- dureh standiger Sekretar der ainerikanisehen Ver- einigung zur F6rderung der Wissensehaft und aueh einmal ihr Priisident. Augerdem wurde er yon zahlreiehen Kongressen zum Voi~itzenden ernannt; so wurde er auch neuerdings wieder berufen, den in diesem Jahre in Ithaca statt- findenden internationalen Entomologenkongrel~ zu leiten.

Wenn die Deutsehe Gesellsehaft f~ir an- gewandte Entomologie im Jahre 1913 H o w a r d zu ihrem ersten Ehrenmitglied erwahlt hat, so tat sic dies eimnal aus Dankbarkeit f~ir die grol~e FSrder!lng, die die Entwicklung der angewandten Entomologie dutch ihn erfahren hat, und sodann aus dem Wunsehe heraus, dug H o w a r d s Geist auch die damals noeh so embryonale Organisation in Deutschland beseelen mSge. Dieser Wunseh hat sieh inzwischen erf(illt und zwar in einem 5Iage, wie es keiner yon uns damals zu hoffen wagte.