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8 Informationen sowie Literatur suchen und finden Worum geht es im 8. Kapitel? Die Vermittlung von Findwissen und die Entwicklung von Informations- kompetenz durch Schulen und Hochschulen werden immer noch stark vernachlässigt. Dabei ist dieses für den Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens ein ganz wichtiges Aufgabengebiet. Als Erstes lernen Sie des- halb im Folgenden drei Typen von Informationsbedarfssituationen ken- nen: Wissenschaftlich Arbeitende müssen sich auf dem Laufenden halten, gezielt Informationen bzw. Literatur suchen sowie Informationen überprüfen bzw. ergänzen. Mittlerweile gibt es über das Internet nicht nur mithilfe von Suchmaschi- nen hervorragende Möglichkeiten, Literatur und Informationen ausfin- dig zu machen. Doch Vorsicht! Etliche Informationen stimmen nicht, so- dass eine Qualitätsbeurteilung der Quellen immer wichtiger wird, be- vor man etwas in eigene wissenschaftliche Arbeiten übernimmt. Sehr hilfreich sind auch die vielfältigen elektronischen Suchmöglichkeiten in (Bibliotheks-)Katalogen und (Fach-)Datenbanken. Die dazu notwendi- gen Recherchetechniken werden in diesem Kapitel ausführlich vorge- stellt. Nachdem Literaturhinweise ermittelt wurden, muss herausgefunden werden, welche Bibliotheken das Buch bzw. die Zeitschrift besitzen, in der der gesuchte Aufsatz erschienen ist. Dafür kommen Verbundka- taloge wie der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK) bzw. die Zeitschrif- tendatenbank (ZDB) zum Einsatz. Gegen Gebühr und teilweise sogar 147 F. Rost, Lern- und Arbeitstechniken für das Studium, DOI 10.1007/978-3-531-94088-5_8, © VS Verlag für Sozialwissenschaſten | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

Lern- und Arbeitstechniken für das Studium || Informationen sowie Literatur suchen und finden

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8Informationen sowie Literatur suchenund finden

▸ Worum geht es im 8. Kapitel?Die Vermittlung von Findwissen und die Entwicklung von Informations-kompetenz durch Schulen und Hochschulen werden immer noch starkvernachlässigt. Dabei ist dieses für den Prozess des wissenschaftlichenArbeitens ein ganz wichtiges Aufgabengebiet. Als Erstes lernen Sie des-halb im Folgenden drei Typen von Informationsbedarfssituationen ken-nen: Wissenschaftlich Arbeitende müssen

• sich auf dem Laufenden halten,• gezielt Informationen bzw. Literatur suchen sowie• Informationen überprüfen bzw. ergänzen.

Mittlerweilegibt es überdas Internet nicht nurmithilfe von Suchmaschi-nen hervorragende Möglichkeiten, Literatur und Informationen ausfin-dig zumachen. Doch Vorsicht! Etliche Informationen stimmen nicht, so-dass eine Qualitätsbeurteilung der Quellen immer wichtiger wird, be-vor man etwas in eigene wissenschaftliche Arbeiten übernimmt. Sehrhilfreich sind auch die vielfältigen elektronischen Suchmöglichkeiten in(Bibliotheks-)Katalogen und (Fach-)Datenbanken. Die dazu notwendi-gen Recherchetechniken werden in diesem Kapitel ausführlich vorge-stellt.Nachdem Literaturhinweise ermittelt wurden, muss herausgefundenwerden, welche Bibliotheken das Buch bzw. die Zeitschrift besitzen, inder der gesuchte Aufsatz erschienen ist. Dafür kommen Verbundka-taloge wie der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK) bzw. die Zeitschrif-tendatenbank (ZDB) zum Einsatz. Gegen Gebühr und teilweise sogar

147F. Rost, Lern- und Arbeitstechniken für das Studium,DOI 10.1007/978-3-531-94088-5_8,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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kostenfrei können immer mehr Aufsätze und E-Books auf den eigenenRechner geladen werden. Doch Bibliotheken und ihr Service (z. B. Fern-leihe) spielen für die wissenschaftliche Literaturversorgung immer nocheine wichtige Rolle. Neben vielen Büchern und Zeitschriften halten Bi-bliotheken auch Nachschlagewerke bereit, beispielsweise Lexika undWörterbücher, aber auch Bibliografien, mit deren Hilfe man Literaturzu einem bestimmten Thema aufspüren kann. Insofern werden auchGrundkenntnisse der Bibliotheks- und Katalogkunde vermittelt, damitSie sich in den Bibliotheken und ihren Katalogen zurechtfinden. ZumSchluss dieses Kapitels wird die wichtige Technik der Relevanzprüfunggefundener Literatur dargestellt.

8.1 Informationsbedarfssituationen

8.1.1 Sich auf dem Laufenden halten

Wer kein Schmalspurstudium, sondern ernsthaft Wissenschaft kennenlernen undbetreiben will, muss nicht nur gut informiert sein über aktuelle Entwicklungenund den Diskussionsstand in dem Spezialgebiet seines Studiengangs, sondern auchüber wichtige Trends der allgemeinen Wissenschaftsentwicklung. Current awa-reness lautet die entsprechende Forderung. Zu diesem Zweck abonniert man beiFachverlagen Newsletter zu Neuerscheinungen, schaut sich in Bibliotheken undBuchhandlungen Fachliteratur an, sammelt man laufend und systematisch Infor-mationen zu seinen Studienschwerpunkten, z. B. durch die Auswertung von Zei-tungen und Fachzeitschriften. So haben die „Frankfurter Allgemeine (Sonntags-)Zeitung“ (mittwochs/sonntags), die „Süddeutsche Zeitung“, „Die Zeit“ u. a. vor-zügliche Wissenschafts- und Rezensionsteile. Anregend sind auch Gespräche mitwissenschaftlich Tätigen sowie Kongress- und Tagungsbesuche. Für Studierendeist die Teilnahme dort oft zu ermäßigten Gebühren möglich. Erkundigen Sie sichaußerdem nach den für Ihren Studiengang wichtigsten Fachzeitschriften und lesenSie in der Bibliothek gelegentlich in ihnen.

▸ Tipp Eigenständige Recherche ist eine wichtige Aufgabe im wissen-schaftlichen Arbeitsprozess. Informationsziele können Sie sich schrift-lich mit Antworten auf die folgenden Fragen setzen:

8.1 Informationsbedarfssituationen 149

• In welchen Bereichen will ich/muss ich– auf dem neuesten Stand bleiben?– meine Kenntnisse auffrischen/ergänzen?

• In welche neuen Bereiche will ich/muss ich mich demnächst einar-beiten?

Diesen Zettel mit Ihren Antworten sollten Sie aufbewahren und gelegentlich überprüfen,ergänzen, abändern.

8.1.2 Gezielte Informations- und Literatursuche –aber wo beginnen?

Ein zweiter Tätigkeitsbereich ist die gezielte Informations- und Literaturrecherche,also das oft mühselige Beschaffen von Informationen und das Aneignen von Wis-sen,meist unter Zeitdruck (vgl. Franke et al. 2010): Sie benötigen eine Faktenangabeoder Literatur zu einem bestimmtenThema. Als Erstes müssen Sie sich darüber imKlaren sein, was genau Sie suchen.

▸ Tipp Suchen Sie Literaturangaben (= bibliografische Angaben), Infor-mationen über Personen und ihre Biografie, Faktenangaben, Definitio-nen, Wortübersetzungen in Fremdsprachen, Texte, . . . ?

Die Klärung dieser Frage ist für eine effiziente Suchstrategie ebenso hilfreichwie die Kenntnis der Infrastruktur des Studienortes bzw. die wichtiger (fachspezifi-scher Internet-)Adressen als Ausgangspunkte für eine Recherche (vgl.Weilenmann2011). Bei Informationen für die wissenschaftliche Arbeit geht es immer umseriöse Information und das erfordert – angesichts mancher Scherzkekse undSpinner im Internet – besondere Wachsamkeit und kritische Skepsis. Die Check-liste aus Abb. 8.1 kann helfen, sich über wichtige Aspekte der Vorbereitung einerInformations- bzw. Literatursuche Klarheit zu verschaffen.

8.1.3 Die Überprüfung und Ergänzung von Informationen

Was im Abschn. 8.1.2 schon zum Internet gesagt wurde, gilt auch für die ande-ren Medien: Sie sollten nicht allem Glauben schenken, was Sie so lesen, hören odersehen. Für wissenschaftliche Arbeiten ist es erforderlich, Angaben und Zitate, dieman findet, zu verifizieren und dies besonders dann, wenn diese Informationen

150 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Dies erfordert

Bei

Internet-Recherche, Adressen- und Ansprechpartner-

Nach entsprechenden Portalen, themenspezifischen Linklisten suchen

1. Was suche ich genau? Hinweise (= Referenzen) auf Medien (Bücher, Aufsätze, Zeitungsartikel, Unter-richts-/AV-Medien, Tests), auf Forschungsinformationen, Jobs, Veranstaltungen oder Volltexte, Bilder, Adressen, Einzel-Informationen (welcher Art? zu Fakten, Sachverhalten, Personen)?

− Orientierungsphase: Sich über die Fragestellung klar werden, Thema eingrenzen, Begriffe und ent-sprechend adäquate Benennungen sowie offene Fragen zusammentragen und aufschreiben

2. Wie gehe ich am zweckmäßigsten vor? (Kostenfrage mitberücksichtigen)

− Für erste Informationen Such- und Metasuchmaschinen einsetzen? Welche? − In Wikipedia recherchieren? Evtl. nicht nur in der deutsch-, sondern auch in einer fremdsprachigen

Version− In welchen Wissenschafts- oder sonstigen Kompetenzbereich fällt das Thema meiner Recherche?

(z. T. über Kataloge oder spezielle Ausgangsseiten)

− Gibt es geeignete Datenbanken zu den gesuchten Informationen? Dies erfordert Informationen über bereichsspezifische Datenbanken und deren jeweilige Suchsyntax

− Gibt es geeignete bibliografische Verzeichnisse mit Verweisen auf die gesuchten Dokumente?− Welches sind die richtigen Fachwörter (Schlag- und Stichwörter) für eine gezielte Suche? Welche

Synonyma kommen infrage? − Welche Institutionen (Forschungs- und Universitätsinstitute, Bibliotheken, Behörden, statistischen

Ämter, Museen, Vereine, ...) müssten zu meiner Frage Auskünfte geben können? Kenntnisse der bzw. Suche nach Informationen zur (regionalen) Infrastruktur

− Wie sind diese Institutionen erreichbar? Recherche (auch über konventionelle Verzeichnisse, wenn die Internet-Recherche nicht erfolgreich war)

− Welche Informationen zur Institution habe ich gefunden (z. B. zur öffentlichen Zugänglichkeit, den jeweiligen Öffnungs- bzw. Sprechzeiten, Erreichbarkeit) und wie aktuell sind diese? weiten Wegen: Sicherheitshalber vorher anrufen und sich Informationen und Angaben aktuell be-stätigen lassen

− Wer ist in der betreffenden Institution zuständig? (Pförtner, Telefonistin, Auskunft fragen; Hin-weistafeln im Gebäudeeingangsbereich bzw. Organigramme im Internet beachten)

Abb. 8.1 Checkliste zur Vorbereitung einer Recherche

für Ihre Arbeit von so erheblicher Bedeutung sind, dass Sie sie – mit Belegangabe(s. Abschn. 10.5.4) – in Ihre Arbeit übernehmen wollen. Wenn Sie später keine bö-sen Überraschungen erleben möchten, sollten Sie tunlichst

• Sekundärzitate,• Fakten,• übersetzte Texte an den Originalquellen überprüfen.

Das ist aufwendig, lohnt sich jedoch, da zitierte Aussagen manchmal aus demZusammenhang gerissen oder wichtige Randbedingungen oder Zusatzinformatio-nen vernachlässigt wurden, Übersetzungen wissenschaftlich ungenau sind, Fakten,insbesondere Zahlenangaben nicht stimmen oder die verwendete Methode in der

8.1 Informationsbedarfssituationen 151

Originalliteratur in einem anderen Licht erscheint.Gehen Sie Dingen persönlich aufden Grund, bevor Sie naiv etwas abschreiben, was falsch ist!

DieVorgehensweise für die Informationsbedarfssituation „ÜberprüfungundEr-gänzung von Informationen“ folgt erst einmal den Quellenangaben, die Sie vorfin-den:

• Steht in einem Wissenschaftsartikel einer Zeitung, dass eine bestimmte PersonXYZ in ihrer Publikation ABC ein wichtiges Forschungsergebnis veröffentlichthat, dann recherchieren Sie,wo Sie die Publikation ABCeinsehen bzw. ausleihenkönnen.

• Wenn eine Überprüfung der Quelle noch nicht möglich ist, weil der Zeitungs-artikel ein Vorabbericht ist, dann können Sie nach der Homepage oder E-Mail-Adresse der Person XYZ suchen und sie (bei Beachtung der Netiquette) per E-Mail fragen, ob die Information in der Ihnen vorliegenden Quelle, die Sie dannnennen und haargenau zitieren (s. Abschn. 10.5), zutreffend ist.

• Sind dieseWege fehlgeschlagen (und nur dann), können Sie ihn auch telefonischüber seine Arbeitsstätte kontaktieren, wenn die persönliche Information für Sievon besondererWichtigkeit ist und Sie noch Zusatzinformationen erfragen wol-len.

Darüber hinaus sollten Sie Informationen „gegen-checken“, also z. B. mit In-formationen aus anderen, davon unabhängigen Quellen vergleichen. Manchmalgenügt auch eine Überschlagsrechnung wie zu folgendem realen Beispiel: Wiemehrfach seit 1997 in der Tagespresse berichtet und vom Journalisten JürgenSchmieder (2011) übernommen, habe „die Wissenschaft“ (genauer: der amerika-nische Psychologie-Professor Gerald M. Jellison von der University of SouthernCalifornia) festgestellt, dass Menschen (bis zu) 200-mal (!) am Tag lügen. – Kanndas stimmen? Zieht man 7 h für den Schlaf ab, ergäbe das fast 12 Lügen pro Stunde,also ca. alle 5min eine. Da Menschen aber nicht 17 h am Tag mit anderen ständigkommunizieren, müssten sich die Lügen in ihren Kommunikationszeiten weiterhäufen. Das Ganze wird also immer unwahrscheinlicher, wobei die Zeitungennichts darüber berichteten, wie Jellison „Lügen“ definiert und wie er diese opera-tionell definiert hat. – Andere Wissenschaftlerinnen aus den USA (Bella DePaulound Deborah Kashy) haben in ihrer Studie (1996) 1–2 Lügen pro Tag ermittelt . . .

Welchem wissenschaftlichen Befund können wir vertrauen, was sollen wir glau-ben? –UmGlauben geht es in derWissenschaftnicht, sondern umWissen,und zwarum überprüfbares, qualitätsvolles Wissen. Wissen ist seit Platon wahre, gerechtfer-tigte Überzeugung. Kennzeichen wissenschaftlichen Wissens ist, dass es begründetwerden kann (vgl. Schnädelbach 2002, S. 35, S. 37). Man darf also nach Begrün-

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dungen fragen und sofern Veröffentlichungen schriftlich vorliegen, kannman diesehinsichtlich des Erkenntnisinteresses, der verwendeten Messinstrumente oder desmethodischen Designs überprüfen. Doch was sind brauchbare Kriterien für die Be-wertung von Wissen? Zur Beantwortung dieser Frage finden sich einige generelleKriterien. So wird Wissen dann als qualitätsvoll angesehen, wenn

• es die Form eines (deterministischen oder probabilistischen) Gesetzes hat (wiez. B. in der Physik),

• einer allgemeinen Regel gefolgt wird, wie etwa der Berufung auf das Naturrechtoder eine allgemeine Konvention,

• es einem Paradigma nachkommt, wie etwa dem (sehr umfangreichen) Paradig-ma des Interaktionismus,

• es sich durch ein reales oder ein der Realität angenähertes Beispiel belegen lässt(wie einem konkreten Fall, einem Experiment, einer Simulation oder spezifi-schem Expertenhandeln),

• man eine Übereinstimmung mit einem Gedankenexperiment herstellen kann,• es durch die Aussage einer Autorität oder einer als Autorität geltenden Schrift

bestätigt wird (vgl. Kiel und Rost 2002, S. 10 f.).

Meist folgen wir dem Letztgenannten, wenn das Ausgesagte uns „in den Krampasst“. Das ist für Wissenschaft kein gutes Rezept. Der tatsächlichen Verifikation vonInformationen wird leider zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Wie hartnäckig sich Falschinformationen halten können, ist beispielsweise anderMär vom angeblich so eisenhaltigen Spinat ersichtlich, die durch ein nach rechtsverrutschtes Komma in einem StandardwerkmitMineralstofftabellen entstand: Aus2,9mg wurden fälschlicherweise 29! Die fehlerhafte Angabe aus dieser Tabelle, dieirrtümlich den Spinat zum eisenreichsten Nahrungsmittel machte, wurde immerwieder ungeprüft von anderen übernommen und führte zwischen 1920 und 1930dazu, dass der Konsum von Spinat über 30% zunahm (vgl. Sutton 2010, S. 3). Da-mals wusste man außerdem noch wenig von der Wirkung des auch im Spinat vor-handenen Oxalats, das die Aufnahme von Eisen durch den Darm hemmt. Zudemist Spinat ziemlich nitratbelastet . . .

DerMythos vom eisenhaltigen Spinat ist kein Einzelfall. Schriftliches, zumal vonwissenschaftlich Tätigen, hat oftmals eine unkritische Rezeption zur Folge: AuchStudierende vertrauen schriftlichen Quellen allzu sehr. Bedenken Sie immer: Je-dem, der arbeitet, unterlaufen Fehler und nicht immer nur Tippfehler. Bleiben Sieskeptisch! Fragen Sie sich beispielsweise,

8.2 Die Internet-Recherche 153

• ob die von Ihnen benötigten Daten/Angaben/Schriften aktuell sind und (noch)stimmen können,

• woher sie stammen und wie verlässlich die Quelle einzuschätzen ist (Wird an-onym veröffentlicht oder ist ein persönlicher Verfasser genannt? Was lässt sichüber dessen akademische Laufbahn/Titel und Reputation in Erfahrung bringenbzw. das Ansehen der Institution, des Verlags, der Zeitschrift?) und

• auswelchem Interesse heraus und inwelchem (politischen/wirtschaftlichen/wis-senschaftlichen) Kontext die Daten/Aussagen/Schriften veröffentlicht wurden.

Misstrauisch sollten Sie insbesondere werden,

• wenn in Publikationen etliche Quellenangaben fehlen oder nicht stimmen,• wenn offensichtlich parteiisch berichtet wird,• wenn keine Aussagen zur Methode oder Reichweite der Untersuchung gemacht

werden oder• gehäuft sekundär zitiert wird, einer in Wissenschaftskreisen praktizierten Vari-

ante des „Stille Post“-Spiels.

An dem Spinat-Beispiel lässt sich zeigen, dass nicht einmal mehrere schriftli-che Quellen hier Sicherheit bieten, zumal statt der 2,9mg auch 2,2–4mg genanntwerden. Dies zeigt, dass uns eigentlich nur eine erneute Lebensmittelanalyse, al-so eine Überprüfung an der Realität, weiterhilft. Da den meisten von uns dazudie Ausbildung und die technischen Möglichkeiten fehlen, sollten wir sorgfältig re-cherchieren, den Unterschieden undWidersprüchen auf den Grund gehen, uns aufanerkannte wissenschaftliche Schriften oder Experten stützen, aber dennoch immerfragen: „Kann das stimmen? Sindwichtige Faktoren und Randbedingungen berück-sichtigt worden?“ Und: Für jede eigene wissenschaftliche Arbeit müssen wir unsereArbeitsergebnisse vor der Veröffentlichung sorgfältigst prüfen und Korrektur lesen.

Um auf die drei in Abschn. 8.1 dargestellten Informationsbedarfssituationen ad-äquat zu reagieren, braucht es Informationskompetenz, nämlich „die Fähigkeit: 1.zu klären, welche Informationen gebraucht werden, 2. diese zu suchen, 3. zu be-schaffen, 4. zu bewerten, 5. zu speichern, und 6. für eigene Zwecke zu nutzen“ (Nie-dermair 2010, S. 9).

8.2 Die Internet-Recherche

Mittlerweile verfügen sehr viele Haushalte in Europa über einen Internet-Zugangund insbesondere jungeMenschen lernen schon in ihrer Schulzeit den Umgangmit

154 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Webbrowsern und Suchmaschinen. Für diejenigen Studierenden, die aus welchenGründen auch immer, keinen eigenen Zugang zum Internet haben, gibt es einensolchen von den Rechnern im PC-Saal ihrer Hochschule. Viele Bibliotheken stellenebenfalls Internet-Zugänge bereit undmittlerweile habenmehr als 90% der Studie-renden auch von ihren Wohnungen aus einen Internet-Zugang.

Aus diesem Grund erübrigt sich eine Erklärung der Funktionsweise von Web-browsern, nicht aber eine Erläuterung der Feinheiten bei einigen Suchmaschinenund Datenbanken in den kommenden Abschnitten, zumal es davon etliche gibt,die für die wissenschaftliche Arbeit wirklich hilfreich sind. Solche wichtigen Aus-gangsseiten sollten Sie in Ihrem Webbrowser Ihrer Favoritensammlung hinzufü-gen („bookmarken“), nach Möglichkeit, indem Sie solche Lesezeichen nach inhalt-lichen Gesichtspunkten in Ordnern Ihrer Favoritensammlung abspeichern. Einehilfreiche Seite ist z. B. zu finden unter der Internet-Adresse (URL) http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=392.

Es handelt sich um eine redaktionell zusammengestellte und gepflegte Samm-lung vonArbeitshilfen für die Literaturrecherche undTechnikenwissenschaftlichenArbeitens desDeutschenBildungsservers beimDeutschen Institut für internationa-le pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main (vgl. Abb. 8.2).

8.2.1 Der Einsatz von Internet-SuchmaschinenundMeta-Suchmaschinen

Für erste Informationen aus dem Internet sind sogenannte search engines geeignet:Während Suchmaschinen die Anfrage selbst mit ihren Indexlisten zu beantwortentrachten, schickenMeta-Suchmaschinen die Anfrage zeitgleich parallel an mehrereindexbasierte Suchmaschinen anderer Anbieter und gruppieren deren Ergebnisse.Als derzeit (2012) beste Suchmaschine gilt immer noch Google (www.google.de)und als beste Metasuchmaschine für deutschsprachige Seiten Metager (www.metager.de). Jede Suchmaschine hat eine mehr oder weniger ausgefeilte Such-syntax, die es zu beachten gilt, wenn man möglichst schnell die richtigen Treffererzielen will und dies ohne allzu viel Informationsballast. Zu jeder Suchmaschinegibt es entsprechende Einführungs- und Hilfeseiten, die man beachten sollte, wennman mit einer Suchmaschine des Öfteren arbeiten will. So können bei der Suchenach Wortgruppen (der sog. „Phrasensuche“) bei Google An- und Abführungs-zeichen verwendet werden (Beispieleintrag: „Staatsbibliothek zu Berlin“), währendbei Metager in dem Suchfeld der gleiche Text ohne An- und Abführungszeicheneingetragen wird. Für die Phrasensuche wird bei Metager stattdessen unten in

8.2 Die Internet-Recherche 155

Abb. 8.2 Browser-Beispielseite „Literaturrecherche und Arbeitshilfen“ des Deutschen Bil-dungsservers

einem Kombinationsfenster die Option „Worte als String in Titel o. Kurzbeschrei-bung“ ausgewählt.

▸ Tipp Alternative Suchmaschinen sind Bing, Yahoo oder Scroogle, wei-tere Metasuchmaschinen Allplus und Ixquick. Weitere finden Sie inder Suchmaschinen-Datenbank von Robert Hartl. Wertvolle Tipps fürdie richtige Suche mithilfe von Suchmaschinen gibt es unter der URL:http://www.suchmaschinen-doktor.de/suchmaschinen/suchen.html.So lösen fremdsprachige Suchmaschinen die deutschen Umlaute oderdas ß nicht auf, was bedeutet, dass Sie „ss“ für das „ß“ bzw. „ue“ oder„u“ für ein „ü“ benutzen müssen. Lesen Sie unbedingt die Hilfeseitender von Ihnen häufig verwendeten Suchmaschinen! Weitere wertvolleHinweise und ein Glossar zur Literatursuche bietet LOTSE (http://lotse.uni-muenster.de).

156 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Um Informationsballast zu vermeiden, lässt sich mittels möglichst präziserSuchanfragen über Suchmaschinen z. B. die Homepage einer Hochschule, einerBibliothek, eines Wissenschaftlers finden, auf der neben anderen Informationenzumeist auch Anschrift und E-Mail-Adresse angegeben sind. Beispiele: Gesuchtwird die Homepage der Universität Jena, die der Staatsbibliothek München bzw.die Homepage von Prof. Dr. Jürgen Oelkers. Sie rufen Google auf und geben indie Suchzeile ein: Jena Universität Homepage bzw. Staatsbibliothek München resp.„Prof. Dr. Jürgen Oelkers“ (mit den Anführungszeichen!). Dann drücken Sie aufdie Schaltfläche Google-Suche. Nach sehr kurzer Zeit werden Treffer angezeigtund sehr weit oben werden auch die Angaben sein, die Sie zu den gewünschtenInternetseiten bringen. Die Anführungszeichen bei der Namenssuche lösen beiGoogle eine sogenannte String-Recherche oder Phrasensuche aus, wodurch genaudiese Zeichenfolge gesucht wird.

Selbstverständlich können Sie mit Suchmaschinen auch inhaltliche Anfragenstellen, wie z. B. die Frage nach dem Eisengehalt von Spinat, wobei ein Teil derdort gemeldeten Treffer einem die o. g. falsche Information gibt. Aber es sind auchzutreffende Ergebnisse dabei. Uns soll jetzt interessieren, mit welchenWortkombi-nationen man eine thematische Suche vornimmt. „Spinat“ allein ergab bei meinerGoogle-Suche am 9.7.2011 eine Trefferschätzung von über 5,7 Millionen Hits, inKombination mit dem Wort „Eisen“ waren es geschätzte 180.000, in Kombinationmit „Eisengehalt“, obwohl dies der engere Begriff ist, sogar über 205.000. Wirklich„gesucht“ werden übrigens nur die 1000 besten. Die besten Ergebnisse erzielte ichmit der mittleren Suche (Spinat Eisen). Woran liegt das? – Suchmaschinen arbei-ten mit Suchrobotern, die nicht erst dann lossuchen, wenn die Suchanfrage gestelltwird. Diese spider oder crawler genannten Suchroboter gehen unterschiedlich tiefin die Texte und bilden ein großes Wörter-Register nur derWörter, die auf den ent-sprechenden WWW-Seiten vorkommen und die von den Suchrobotern „besucht“wurden. Bei einer Suchanfrage werden Kombinationen der derzeit vorhandenenIndizes gebildet, die dann auf den Suchergebnislisten angezeigt werden und ihrer-seits mittels einer verlinkten Überschrift auf die entsprechenden Seiten verweisen,von denen ein Teil gar nicht mehr existiert, wenn der Suchrobot-Index veraltetist.

Deshalb kann man bei Metager wählen zwischen den Einstellungen: „KeineLinkprüfung“, „Teste Existenz und sortiere (aktuellste zuerst)“ bzw. „Teste Existenzund sortiere nach Relevanz“. Die Linküberprüfung ist ein Vorteil von Metager,der allerdings mit Wartezeiten im einstelligen Minutenbereich verbunden ist. DieSuchergebnisse selbst sind nicht so gut wie die von Google, das z. B. auch übereine Autokorrektur verfügt, wenn man sich vertippt hat, Stärken bei Faktenfragenaufweist und relevante Treffer auf den ersten Seiten listet. Aber: Auch Google kann

8.2 Die Internet-Recherche 157

nicht denken. Es sucht z. B. nicht automatisch unter synonymen Wörtern, sodasseine konkrete inhaltliche Suche immer gut vorbereitet werden sollte, indem auchdas zu der Suchanfrage gehörige quasisynonymeWörterspektrum in die Rechercheeinbezogen wird.

▸ Tipp Bei der Suche nach Synonyma leistet der Web-Assoziator vonMetager Hilfestellung. – Für die Suche nach Hinweisen auf wissen-schaftlicheArbeiten, derenZusammenfassungenundZitationen solltenSie Google Scholar verwenden. Rufen Sie diese Spezialsuchmaschineauf und geben Sie in die einzeilige Suchmaske Ihren Suchbegriff ein,bei Autorennamen in der Form: „Autor: Nachname, Vorname“. Die Such-ergebnisse werden nach Relevanz angeordnet und manchmal findenSie dahinter den Hinweis „E-Ressource“ als (Hyper-)Link, mit dessenHilfe man den Volltext dann aufrufen kann.Die Bielefelder Akademische Suchmaschine (BASE) ist spezialisiert aufakademische Open Access-Veröffentlichungen. Mithilfe von BASE kön-nen Sie parallel auch Google Scholar durchsuchen. Mithilfe der Spezial-suchmaschine Scirus des weltgrößtenWissenschaftsverlags Elsevier fin-den Sie schneller wissenschaftlich relevante Literaturangaben und dieTrefferzahl sinkt erheblich.

8.2.2 Fach-Portale und virtuelle Bibliothekenals Ausgangspunkte einer Suche

Als Ausgangspunkt einer inhaltlichen Suche kann man auch ein Fach-Portal odereine Linksammlung verwenden. Die besseren sind redaktionell betreut, d. h. Spe-zialisten suchen Angebote und prüfen Seiten-Anmeldungen im Hinblick auf derenRelevanz für das entsprechende Fach-Portal, sowohl hinsichtlich der Qualität alsauch der systematischen Einordnung in den Katalog der Fachportal-Angebote. DerEinstieg über ein fachspezifisches Portal bzw. eine Linksammlung ist dann sinnvoll,wenn man sich einen Überblick über das fachspezifische Angebot machen will undHinweise auf Quellen und Institutionen sucht (vgl. Weilenmann 2011). KonkreteFaktenfragen mit direkten Zugriffen auf Volltextinformationen lösen Suchmaschinenbesser.Dennoch sollte man die Suche über (Fach-)Portale bzw. Web-Kataloge nichtvernachlässigen, weil diesemeist mit speziellemKnow-how erstellt wurden. Portaleund Kataloge sind aber nur dann wertvoll, wenn sie laufend gepflegt, übersichtlichgegliedert und benutzerfreundlich gestaltet sind.

158 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Es gibt zahlreiche empfehlenswerte Internet-Portale und Linksammlungen, wiez. B. die „Virtuelle Allgemeinbibliothek“ von Ingrid Strauch, „wissenschaftliche-suchmaschinen.de“ von Bernd Wickermeier oder den Deutschen Bildungsserver(www.bildungsserver.de), der inhaltlich vom Deutschen Institut für InternationalePädagogische Forschung (DIPF) betreut wird. Dort können Sie sich z. B. in der„Zeitungsdokumentation Bildungswesen“ über Fundstellen in der überregionalenPresse zu ganz aktuellen bildungspolitischen Themen informieren. Es gibt aucheine pädagogische Jobbörse für Stellenangebote und -gesuche sowie einen fach-spezifischen Veranstaltungskalender. Das Fachportal Pädagogik (www.fachportal-paedagogik.de), ebenfalls vom DIPF betreut, richtet sich noch spezieller an Studie-rende und wissenschaftlich Tätige als zentraler Ausgangspunkt für pädagogischeFachinformation. Auch dieses Portal verfügt über Datenbanken. Über die „Meta-suche“ des Fachportals Pädagogik wird Ihre Anfrage parallel an verschiedeneDatenbanken abgeschickt, darunter ERIC („World’s largest digital library of educa-tion“), SOLIS (sozialwissenschaftliche Literatur) und BASE (= Bielefeld AcademicSearch Engine; Datenbanksuche von Open Access-Texten).

Fachportale bzw. virtuelle Fachbibliotheken gibt es bereits für sehr viele Diszi-plinen:

• „Clio-online“ und „historicum.net“ (Geschichtswissenschaften),• „EconBiz“ (Wirtschaftswissenschaften)• „EVIFA“ (Ethnologie),• „Fachportal Pädagogik“ (Erziehungswissenschaft/Pädagogik),• „sophikon“ (Philosophie),• „SOWIPORT“ (Soziologie/Sozialwissenschaft),• „ViFaPol“ (Politikwissenschaft),• „ViFaPsy“ (Psychologie),• „ViFa-Recht“ (Rechtswissenschaften)• „VirTheo“ (Theologie/Religionswissenschaft) und andere

(vgl. Lauber-Reymann 2010, S. 323–451).

Darüber hinaus findet man im Internet weitere sehr nützliche Zusammenstel-lungen wie „Studien- und Berufswahl“, „Deutsche Bibliotheken Online“, „WEBIS“(= Sondersammelgebiete deutscher Bibliotheken), deren Nutzung hilfreich seinkann. So haben etliche Hochschulbibliotheken eigene Link- oderDatenbanksamm-lungen aufgebaut oder adaptiert, z. B. „DBIS“, das Datenbankinformationssystemder Universität Regensburg, an dem sich mittlerweile mehr als 200 Bibliothekenkooperativ beteiligen (vgl. Lauber-Reymann 2010, S. 21). Jedes dieser Angebotekann man über Google sehr schnell finden, indem man den Namen (Deutsche

8.2 Die Internet-Recherche 159

Bibliotheken Online) oder das Kürzel (EVIFA) der Zusammenstellung eingibt. Füreine sachgerechte Anwendung sollte man sich jedoch vor Benutzung vorhandeneHilfehinweise durchlesen.

▸ Tipp Wichtige WWW-Seiten für die Erziehungswissenschaften findenSie, immer wieder aktualisiert, als Linksammlung unter der URL: http://friedrichrost.de/www/ewi.pdf.

8.2.3 Suche in Datenbanken

Datenbanken sind computergestützte, strukturierte Sammlungen von Daten, diemithilfe einer Software gesammelt und hinterher gezielt abgefragt werden können.Der Aufbau von Datenbanken ist dann sinnvoll, wenn größere Datenmengen fürzahlreiche Auskunftszwecke längerfristig benötigt werden. So kann man beispiels-weise eine Adressdatenbank aufbauen und bei Wohnungswechsel Adressänderun-gen durchführen, also den Datenbestand pflegen. Vielleicht ist eine Person in ei-ne andere Stadt gezogen, dann sind Straßenname, Hausnummer, Postleitzahl undOrtsname zu ändern, nicht aber Vor- undNachname,Geburtsdatum,Kundennum-mer etc. Solche Änderungen könnte man auch in einfachen Textdateien durch-führen. Der Vorteil von Datenbanken besteht darin, dass aufgrund der Strukturder Daten in tabellarischen Datenbankfeldern Anfragen anderen Typs an das Sys-tem gestellt werden können, so z. B. die Frage, wie viele Kunden in Berlin wohnenund wie sie heißen. Auf diese Weise können große Datenbestände, so sie denn ei-ne durchdachte Struktur haben, in Datenbanken aufbereitet werden; beispielsweiseLexikoneinträge, die sich aus einem Lemma (= Wörterbucheintrag), einer Defini-tion oder längeren Erklärung und gelegentlich weiterführenden Literaturangabenzusammensetzen, oder Bibliothekskataloge, die aus Einträgen bestehen wie: Namedes Verfassers, Titel, Erscheinungsort, Verlagsname, Erscheinungsjahr usw. Diesestrukturierte Aufbereitung verkürzt die Suchzeiten in großen Datenmengen undbei gleichzeitigen Zugriffen durch mehrere Nutzer erheblich.

Sehr viele Bibliotheken verfügen mittlerweile über einen im Internet recher-chierbaren Buch-Katalog, meist OPAC (= Online Public Access Catalogue) ge-nannt. Darüber hinaus gibt es aber im Internet auch eine Vielzahl von anderenDatenbanken, von denen nicht alle kostenpflichtig sind, z. B. für den Nachweis vonAufsätzen. Hinzu kommen noch zahlreiche Datenbanken auf CD-ROM oder DVD(s. Abschn. 8.3). Wegen dieser Datenbankenvielfalt und unterschiedlicher Benut-zeroberflächen ist es erforderlich, sich über das Datenbank-Informationssystem„DBIS“ einen Überblick zu verschaffen und bei der ersten Benutzung bzw. ent-

160 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

täuschenden Suchergebnissen ein wenig näher in die Funktionsweise der jeweilsgenutzten Datenbank einzuarbeiten. Fast jede öffentliche Datenbank verfügt überein Hilfemenü, denn Aufbau und Bedienung sind oft verschieden. Insofern könnendie folgenden Ausführungen nur allgemeine Prinzipien beschreiben, nach denenDatenbanksysteme funktionieren.

Benutzeroberfläche. MancheBenutzeroberflächen sind verwirrendundnicht klargegliedert. Grundsätzlich unterscheidet man Systeme mit Eingabemaske (= formu-largestützte Datenbanksysteme) von befehlsorientierten Datenbanksystemen, bei de-nen Sie unter Beachtung einer bestimmten Retrievalsprache (z. B. STN MESSEN-GER) ihre Suchanfragemit speziellen Kommandos einleiten und in einer bestimm-ten Syntax formulieren müssen, wobei es bei dem Datenbankanbieter STN eineNovizen- und eine Expertenversion gibt. Kommandoorientierte Systeme, die ins-besondere bei den kostenpflichtigen Datenbanken auf Großrechnern noch Anwen-dung finden (z. B. bei DIMDI und STN), bieten erhebliche Vorteile, sind aber, wennman diese Vorteile richtig nutzen will, recht kompliziert, sodass es einer Schulungoder derHilfe von Spezialisten bedarf. Da es bei der Eingabe von solchen Komman-dos zu viele Tipp- und Syntaxfehler geben kann, sindDatenbankanbieter dazu über-gegangen, Eingabemasken vorzugeben. So kann man bei DIMDI wählen zwischender „ClassicSearch“ und der „SmartSearch“. Auch diese einfacherenmenügeführtenDatenbanken können ganz unterschiedlich gestaltet sein.

Bei PICA- oder Allegro-C-Katalogen, die in Bibliotheken eingesetzt werden,wird meist – wie bei Google – nur eine Eingabezeile angeboten, in deren Nähe al-lerdings Kombinationsfelder anzeigen, welche Suche voreingestellt ist (s. Abb. 8.3).Will man in speziellen Datenbankfeldern suchen oder mit einem anderen Boole-schen Operator (s. weiter unten), so klickt man vor der Suche auf den kleinenPfeil am Rande des Kombinationsfelds und klappt damit ein Menü herunter,welches die Wahlmöglichkeiten anzeigt, z. B. die Suche in einem speziellen Da-tenbankfeld (die sog. feldspezifische Suche) wie Autor, Buchtitel, Schlagwörter.Viele formulargestützte Datenbanken arbeiten alternativ mit einer aus mehrerenFeldern bestehenden Suchmaske (s. Abb. 8.4), meist als „erweiterte Suche“ bezeich-net. Vor den einzelnen Feldern steht, in welchem Feld die danach eingegebenenInhalte gesucht werden, wenn in den freien Kasten ein oder mehrereWörter einge-tippt werden. Oft kann man über Indexlisten oder Registereinträge feststellen, obdie gewünschten Schlag- oder Stichworte überhaupt in der Datenbank vorkommen– eine Funktion, die insbesondere Ungeübten hilft. Hatman seine Anfragewörter indieMaske eingetragen oder aus den Indexlisten in die Suchmaske übertragen,mussman nur noch die ENTER-Taste drücken bzw. die Schaltfläche SUCHE mit derMaus anklicken, um nach einiger Wartezeit eine Antwort des Datenbanksystems

8.2 Die Internet-Recherche 161

zu bekommen. In der Regel wird eine Gesamttrefferanzahl angezeigt und/oder dieersten Treffer werden aufgelistet. Zum Thema passende Literaturhinweise kannman anschließend in der Trefferliste markieren und dann entweder ausdrucken– oder besser – auf einem Datenträger (z. B. einem USB-Stick) speichern. Die bi-bliografischen Angaben sollte man sodann in ein Literaturverwaltungssystem (z. B.Citavi) importieren.

Unterschied Stichwort − Schlagwort. Im bibliothekarischen Sprachgebrauch istein Stichwort ein Wort, das genau so – meist im Titel eines Buches – vorkommt,also genauer: ein Titelstichwort. Datenbanken erzeugen – oft für den Nutzer nichtsichtbar – aus den einzelnen dort vorhandenenWörtern Indexlisten, z. B. der Titel-stichwörter, die dann–bei der Suche – auf bestimmteDokumenteinträge verweisen.Bei den von Bibliothekaren oder Indexern im Rahmen der inhaltlichen Erschlie-ßung vergebenen Schlagwörtern (= Deskriptoren, Schlüsselwörtern) handelt es sichmeist um normierte Wörter oder Wortgruppen, die einen Teilaspekt eines Doku-menteninhalts, beispielsweise eines Aufsatzes,möglichst adäquat kennzeichnen. Siemüssen nicht in dessen Titel oder Untertitel vorkommen. Bibliotheken arbeiten oftmit der nicht sehr differenzierenden Schlagwortnormdatei (SWD), während andereInformationsdienstleister ihre Datenbankbestände mit speziellen, auf das jeweiligeSachgebiet zugeschnittenen Schlagwortlisten (oder Thesauri) inhaltlich für die Su-che aufbereiten.

▸ Tipp Eine Stichwortsuche ergibt ganz andere Suchergebnisse als eineSchlagwortsuche. Probieren Sie dieses bei einer Datenbankrechercheeinmal aus!

BoolescheOperatoren. Die Suche in digitalen Datenbanken ist sehr hilfreich, weilmehrdimensionale Fragestellungen schnell und bequem beantwortet werden kön-nen.Hierzumussman die BooleschenOperatoren und deren unterschiedlicheWir-kung kennen.Mithilfe desOperators UND (AND, ET) zwischen zwei zu suchendenWörtern oder Feldern erhält man eine Schnittmenge, die die Anzahl der Trefferverringert, weil nur Dokumenthinweise angezeigt werden, in denen beide Wörtervorhanden sind. Sucht man Hinweise auf Gewalttaten von Schülern, so lautet dieSucheingabe z. B. in der Freitextsuche (= Suche in allen Datenbankfeldern):

162 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.3 Einzeiliges Eingabefeld in einemOPACmit darunter befindlichemKombinations-feld (Suche in allen Datenbankfeldern)

Gewalttaten (A) UND Schüler (B)

A B

Von der Suchsyntax her wird hier nur gesucht, ob beide Wörter irgendwo ineinem Dokumenteneintrag vorkommen. Das Suchsystem stellt einen Zusammen-hang zwischen den Buchstabenfolgen „Schüler“ und „Gewalttaten“ her, kann hier-bei jedoch nicht zwischen Schülern als Tätern resp. Opfern unterscheiden. – Nunist ihr Suchergebnis vielleicht enttäuschend niedrig, weil Sie den Plural „Gewaltta-

8.2 Die Internet-Recherche 163

Abb. 8.4 Mehrzeilige Suchmaske einer Internet-Datenbank mit Kombinationsfeldern

ten“ anstelle des Singulars verwendet haben. Zudem sollten Sie Quasi-Synonymeeinbeziehen (s. Abb. 8.5), denn statt desWortes „Gewalttat“ könnten auch die Wör-ter „Gewalt“, „Gewalttätigkeit“, „Vandalismus“, „Aggression“ usw. infrage kommen.Dann geben Sie vielleicht erst einmal eine Suche in folgender Form auf:

Gewalt ODER Gewalttat ODER Gewalttätigkeit ODER Vandalismus ODER Aggressi-on

A B

164 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Das Suchergebnis einer solchen Suchanfrage wird größer ausfallen, was die Be-deutung des Operators ODER (OR, OU) deutlich macht: Hierdurch wird eine Ver-einigungsmenge gebildet, die Trefferzahl also erhöht. Nun sind es eventuell so vieleTreffer, dass Sie dieses Ergebnis eingrenzen wollen auf Gewalt bei Schülern, wobeider Operator NICHT (NOT, NON) eingesetzt werden kann, der das ihm nachfol-gende Wort aus der Suche ausschließt:

A B

Zudem kommen noch Klammern zum Einsatz. Diese Klammerausdrücke wer-den (wie in der Algebra) zuerst vom System bearbeitet, um dann die Operationenzwischen den zwei (oder mehreren) Klammerausdrücken auszuführen. So könnteeine verfeinerte Suche sowohl die drei Booleschen Operatoren als auch die Klam-mern folgendermaßen verwenden:

((Gewalt ODER Gewalttat ODER Gewaltbereitschaft ODER Gewalttätigkeit ODERTäter) NICHT (Gewaltdarstellung ODER Gewaltenteilung ODER GewaltlosigkeitODER Gewaltprävention ODER Gewaltverzicht))UND (Schüler ODER Gymnasiast)

Eine Suche sollte mit einer Sammlung von Fachwörtern beginnen, die danachin Blöcken geordnet dokumentiert und ausprobiert werden (s. Abb. 8.5), weil mansonst leicht den Überblick verliert, wonach man schon gesucht hat.

Trunkierung. Im eben demonstrierten Beispiel kommt mehrfach derWortstamm„Gewalt“ vor. Sie könnten die Suchanfrage abkürzen, indem Sie eine Trunkierungsetzen (auch Maskierung genannt). Hierbei ersetzen speziell für eine Datenbank-Software definierte Sonderzeichen (meist ein * oder ?, manchmal ein #, $ oder %)eine beliebig lange Buchstabenfolge. Es gibt zudem sogenannte Joker oder Wild-cards, die als Platzhalter für genau ein Zeichen stehen (bei STN MESSENGER dasAusrufezeichen, beiDIMDIdas Prozentzeichen).Da diese Sonderzeichennicht ein-heitlich für sämtliche Datenbanken gelten, müssen Sie sich in den Hilfetexten derjeweiligen Datenbank darüber informieren, welche Zeichen als Platzhalter für keinbis ein Zeichen (bei DIMDI das #), für ein bzw. für mehrere Zeichen fungieren.Wennman diese Zeichen für die jeweilige Datenbank kennt, kann man seine Such-strategie verfeinern bzw. die Schreibarbeit verringern, so bei der o. g. Suchanfrage:

8.2 Die Internet-Recherche 165

Boolescher O. Deskriptoren Quasi-Synonyma im Freitext

ODER

GewaltGewalttat Gewaltbereitschaft Gewaltkriminalität Gewalttätigkeit TäterTäter-Opfer-Beziehung

SchülerHauptschülerRealschülerBerufsschülerGymnasiast

NICHT auszuschließende Deskriptoren auszuschließende Quasi-Synonyma Gewaltdarstellung

GewaltenteilungGewaltlosigkeit (mit Gewaltmonopol ODER Gewaltprävention in Klam- Gewaltverzicht mern) Vandalismus

HalbstarkerKnabeMädchen

Boolescher O. UND

Abb. 8.5 Beispiel für die Konzeption einer Suchanfrage durch Blockbildung synonymerBenennungen sowie mithilfe von Booleschen Operatoren und Klammern

(Gewalt ODER Gewalt* ODER Vandalismus ODER Aggression) UND (SchülerODER *Schüler ODER Gymnasiast)

Wenn man so verfährt, hätte man im Suchergebnis eventuell auch nichter-wünschte Treffer, so vielleicht solche zum „Gewaltverzicht“ von Schülern. Dieinhaltliche Erschließung geht oft auch nicht so weit, dass es Schlagwörter wie:„Schüler als Täter“ bzw. „Schüler als Opfer“ gibt. Solches wird oft von den Indexern,die die Inhalte für die Datenbanken aufbereiten, als sogenannte Schlagwortkette for-malisiert (Beispiel: Schüler alsOpfer vonGewalt = „Schüler: Opfer: Gewalt“; aber eskönnte auch den Deskriptor „Gewaltopfer“ oder „Täter-Opfer-Beziehung“ geben,sodass man sich die Schlagwortlisten, Register oder Thesauri anschauen sollte).Bedenken Sie also jeweils, ob Ihre Suchstrategie zu den gewünschten Resultatenführen kann; und wenn Sie sehr viel Informationsballast bei den Treffern haben,überlegen Sie, ob Sie nicht mit Stoppwörtern („NOT Gewaltverzicht“) Ihre Treffer-quote verbessern und damit den Zeitverlust bei der Sichtung der nichtrelevantenAngaben verringern können.

166 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Die Trunkierung kann in besseren Datenbanksystemen links, in der Mitte oderrechts von einem Wort erfolgen. Demgemäß spricht man von Links-, Mitten- undRechtstrunkierung. Rechtstrunkierung beherrschen alle Datenbanken. Will mansich z. B. in der Suchsprache MESSENGER alle Deskriptorkombinationen mit „Ge-samtschul . . . “ am Anfang anzeigen lassen, so gibt man folgende Zeichenkette ein:„D Gesamtschul?/DE“ (soll heißen: D = display, also: zeige mir alle Deskriptoren[= DE], die mit „Gesamtschul . . . “ beginnen). Diese listet das System dann auf. DieMittentrunkierung wird vor allem eingesetzt, um verschiedene Schreibweisen ei-nesWortes im Freitext zu erfassen (alte Rechtschreibung: Bewußtsein; neue Recht-schreibung: Bewusstsein).Die Linkstrunkierung beherrschennicht alleDatenbank-systeme. Möchte man alle Deskriptoren des Systems mit dem Affix „. . . bildung“kennenlernen, so gibt man in der Suchsprache MESSENGER ein: „D ?bildung/DE“und bekommt beispielsweise angezeigt:

Altenbildung, Erwachsenenbildung, Fortbildung, Weiterbildung

Bei Online-Datenbanken auf Großrechnern (z. B. bei DIMDI oder STN) istLinks- und Rechtstrunkierung zugleichmöglich, um sich z. B. alle Deskriptorkom-binationen mit „Bildung“ anzeigen zu lassen: „D ?bildung?/DE“. Eine solche Sucheergibt dann eine Deskriptorenanzeige wie

• Abbildung,• Altenbildung,• Altenbildungseinrichtung,• Ausbildung,• Ausbildungsberuf,• Ausbildungsfoerderung,• Bildungsabschluesse,• Bildungsgeschichte,• Bildungswesen,• Einbildungskraft,• Erwachsenenbildung,• Fortbildungsangebot,• Volksbildungsverein,• Weiterbildungszertifikat.

Filterung. Bei vielen Suchmaschinen und Datenbanken kann man noch Filterun-gen in den Suchergebnissen vornehmen, indemman in Kästchen auf dem Suchbild-schirm ein Häkchen setzt (s. Abb. 8.4) oder ein solches entfernt. Bei der weiter un-ten erläuterten Datenbank FIS Bildung kann man auf diese Weise Dokumenttypen

8.2 Die Internet-Recherche 167

oder Veröffentlichungssprachen abwählen. Ein Häkchen bei „History“ speichert al-le Suchanfragen, sodass man sie wieder aufrufen (und ggf. abändern) kann.

▸ Tipp Notwendigerweise muss man sich in diese Suchtechniken übendeinarbeiten, denn je nach Fragestellung und deren Umsetzung in dieRecherchesprache kann es auch Suchergebnisse geben, die einen ansich selbst und/oder an der Qualität der Datenbank zweifeln lassen. Hierhilft die gezielte Suche nach einem Dokument, welches man zu der Fra-gestellung schon kennt. Indem man dieses sucht und sich die dem Do-kument zugeordneten Deskriptoren (Schlagwörter) und Klassifikations-Notationen anschaut, ahnt man, wie differenziert bzw. undifferenziertman nach ähnlichen Dokumenten in dieser Datenbank weitersuchenkann. Auch mit „Google Scholar“ kommtman hier manchmal weiter, in-demman schaut, wer das Ihnen schon bekannte Dokument zitiert hat.

Suche in der FIS Bildung Literaturdatenbank im InternetDas soeben theoretisch Gelernte kann eingeübt werden an der kostenfreien FISBildung Literaturdatenbank beim Deutschen Institut für Internationale Pädago-gische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main. Die vom FIS Bildung aus denZulieferungen von 32 Informationseinrichtungen kompilierte Datenbank um-fasste im März 2012 insgesamt über 777.000 Dokumenthinweise auf Bücher,Aufsätze in Büchern und Zeitschriften sowie Volltexte zu den SchwerpunktenErziehung(swissenschaft), Bildung(sforschung), Schule, Unterricht ab 1980. Diesewichtige Referenzdatendank weist vorwiegend deutschsprachige Angebote nachund ist somit die erste Adresse für pädagogische Literaturinformation sowie idealeErgänzung zu ERIC oder BEI, den amerikanischen bzw. englischen pädagogischenLiteraturdatenbanken. Anfänger(innen) sollten bei inhaltlichen Suchen mit derIndexliste „Schlagwörter“ beginnen. Als ich dort am 4.8.2011 unter „Gewalt“ nach-schlug, fand ich dort 7179 Nachweise sowie folgende Komposita mit dem Präfix„Gewalt“ (s. Abb. 8.6).

Das Schlagwort „Gewalttaten“ kommt nicht vor, auch nicht im Singular. Meistwerden Schlagwörter im Singular festgelegt, weil ein Wort im Singular wenigerBuchstaben benötigt. Nicht infrage kommen für unsere Beispielfragestellung si-cher die Schlagwörter „Gewaltenteilung“, „Gewaltlosigkeit“, „Gewaltmonopol“ und„Gewaltverzicht“ (s. Abb. 8.6). Dagegen sind „Gewalt“ und vor allem „Gewalttae-tigkeit“ einschlägig. Die hohe Zahl von Treffern hinter dem Wort „Gewalt“ lässtjedoch befürchten, dass die im Schlagwortregister aufgeführten differenzierendenDeskriptoren erst in jüngerer Zeit eingeführt wurden, sodass unter „Gewalt“ auch

168 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.6 Aufgeklapptes Schlagwortregister der FIS Bildung Literaturdatenbank für dieSuche über den Index

relevante Hinweise zu finden sein könnten. Da wir nicht zu viele Treffer ansehenwollen, suchen wir (s. Abb. 8.7) gezielt nach deutschsprachigen (s. das Häkchenbei Sprache „deutsch“) Zeitschriftenaufsätzen (s. entfernte Häkchen bei den Do-kumenttypen „Monographien“ und „Sammelwerksbeiträge“) erschienen nach demJahr 2005 („> 2005“).

In einem Suchkasten nebeneinander stehendeWörter werden bei dieser Daten-bank intern mit ODER (= Erweiterung!) verknüpft (wenn das Häkchen hinter demEingabefeld nicht entfernt wird); in untereinander liegenden Suchkästen eingetipp-te Wörter werden intern mit dem voreingestellten UND verknüpft (= Schnittmen-ge, also Verringerung der Trefferzahl!). Da wir nicht mit dem Freitextfeld in allenFeldern suchen wollen, stellen wir das Kombinationsfeld in der zweiten Reihe auf„Schlagwörter“ um und tragen dort „Gewalt“ ein. Da wir nur Zeitschriftenaufsätzeder letzten Jahre nachgewiesen haben wollen, suchen wir nach Jahr: „>2005“. Wur-

8.2 Die Internet-Recherche 169

Abb. 8.7 Sucheintrag in die erweiterte Suchmaske der FIS Bildung Literaturdatenbank

de diese Sucheingabe am 4.8.2011 abgeschickt, meldet die Datenbank folgende 48Angaben, deren letzte in Abb. 8.8 angezeigt werden.

Wenn wir nun auf die letzte Titelanzeige aus Abb. 8.8 mit der Maus klicken,erscheinen die genauen bibliografischen Angaben zu diesem Zeitschriftenaufsatz(s. Abb. 8.9); in diesem Fall sogar mit einem Abstract, also einer Inhaltszusam-menfassung. Unter der Quellenangabe sehen Sie einen weiß unterlegten Link:„▸Verfügbarkeit“.

Wenn Sie darauf mit der Maus klicken, werden Sie auf zwei Nachweismöglich-keiten sowie ein bis zwei Onlinebestellmöglichkeiten für den Aufsatz hingewiesen(s. Abb. 8.10): Zum Beispiel „Nachweis im Bestand Ihrer Institution“ (über „Link-resolver“ wird oft die eigene Institution automatisch eingestellt, manchmal mussaus einem Auswahlmenü die Stadt und Hochschule bzw. Bibliothek aus einerListe ausgewählt werden) oder „Nachweis in der Zeitschriftendatenbank (ZDB)“(s. weiter unten), wodurch Sie feststellen können, ob „Ihre“ Bibliothek oder einein der Nähe Ihrer Hochschule die Zeitschrift führt und Sie dort den Aufsatz selbst

170 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.8 Ende einer Suchergebnisliste bei der thematischen Suche in der FIS Bildung Lite-raturdatenbank

kopieren können. Noch bequemer ist eine Kopiebestellung über „subito“, einemkostenpflichtigen Dokumentlieferdienst (s. Abschn. 8.4.4), oder der kostenloseDownload über die Elektronische Zeitschriftendatenbank (EZB).

Suche in der Zeitschriftendatenbank (ZDB)An anderer Stelle habe ich einen Hinweis auf einen Aufsatz des Autors WolfgangMelzer in der Zeitschrift „Lernende Schule“ gefunden. Der Beitrag mit dem Ti-tel „Aggression und Gewalt in deutschen Schulen“ soll im Heft 13 des Jahres 2001erschienen sein. In denBibliotheks-OPACswirdmanbei der Suche nach einemAuf-satztitel nicht fündig, sondern nur bei der Suche nach demZeitschriftentitel!Umher-auszufinden, in welchenBibliotheken das Periodikum „Lernende Schule“ verfügbarist, rufen wir die Zeitschriftendatenbank (ZDB) direkt auf.Wenn Sie dort das Kom-binationsfeld auf „Titelanfang“ umstellen (gemeint ist der des Zeitschriftennamens,nicht eines Aufsatzes!), in die Suchzeile „Lernende Schule“ eingegeben und die Su-

8.2 Die Internet-Recherche 171

Abb. 8.9 Titelanzeige eines Treffers aus der Beispielrecherche in FIS Bildung

che abgeschickt haben, erscheint die bibliografische Beschreibung der gefundenenZeitschrift. Nun wollen wir wissen, welche Bibliotheken den Jahrgang 2001 besit-zen. Dazu tragen wir die Jahreszahl in ein dafür vorgesehenes Feld ein und schickendie Eingrenzung unserer Suche erneut ab, worauf uns das Datenbanksystem dieBesitznachweise zu der o. g. Zeitschrift für das Jahr 2001 – nach Bundesländernbzw. Stadtstaaten alphabetisch geordnet – angezeigt (s. Abb. 8.11). Scrollen Sie amBildschirm herunter zu dem Bundesland Ihrer Hochschule und klicken Sie auf denLink. Es werden Ihnen die Signatur der Zeitschrift, genauere Informationen zumBestand und zur Fernleihemöglichkeit angezeigt. Wenn die Angaben für Sie ziel-führend sind, dann können Sie über einen weiteren Klick nähere Informationen zuder Bibliothek, ihrer Anschrift und den Öffnungszeiten erfahren.

Wenn wir in Abb. 8.11 die letzte Angabe (BER <517> Potsdam UB) genauerbetrachten, dann kommt nach dem Kürzel BER, das hier für die Region Berlin-Brandenburg steht, das Bibliothekssigel (eine Bezeichnung der Bibliothek, aus Zif-fern und manchmal auch Buchstaben zusammengesetzt), auflösbar durch einen

172 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.10 Prüfung der Verfügbarkeit für die „Zeitschrift für Entwicklungspsychologie undpädagogische Psychologie“, 2011, z. B. an der Freien Universität Berlin (s. das Auswahlfensterunten „Institution wählen“)

zweimaligen Klick auf den in der ZDB-Anzeige gesetzten Link. Nun erscheinendie genauen Angaben zu der Bibliothek mit Anschrift usw. (s. Abb. 8.12). Beach-ten Sie bitte auch ein mögliches „Nein“ hinter „Fernleihe von Zeitschriften“, wasbedeutet, dass Sie die Zeitschrift nicht an einen anderen Bibliotheksort ausgeliehenbekommen. Die Universität Potsdam leiht aber ihre „Lernende Schule“ an andereBibliotheken aus (zur Fernleihe s. Abschn. 8.4.4).

▸ Tipp Mittlerweile sind immer mehr Zeitschriften auch online verfüg-bar. Wenn die regionale Infrastruktur, was Bibliotheken angeht, zu wün-schen übrig lässt oder Sie unter Zeitdruck eine Zeitschrift suchen, de-ren Inhalte elektronisch verfügbar sind, dann suchen Sie die „Elektro-nische Zeitschriftenbibliothek (EZB)“, angesiedelt an der Universität Re-gensburg, auf.

8.2 Die Internet-Recherche 173

Abb. 8.11 Suche nach der Zeitschrift „Lernende Schule“ für das Jahr 2001 in der Zeit-schriftendatenbank (ZDB) der Staatsbibliothek zu Berlin

Suche in Bibliothekskatalogen (OPACs) im InternetDie für ein Studium benötigten Bücher finden Sie selten in öffentlichen (Stadt-)Büchereien, sondern vor allem in wissenschaftlichen Bibliotheken: solchen, diezu „Ihrer“ Hochschule gehören, aber auch in entfernteren Zentral-, Landes-,Staats- oder Spezialbibliothek. So hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)nach dem Zweiten Weltkrieg den Aufbau von Sondersammelgebieten (SSG) anbestimmten Bibliotheken gefördert, um vor allem auch die fremdsprachigenBücher und Zeitschriften zu einem Wissensgebiet wenigstens an einem Ort inder Bundesrepublik Deutschland verfügbar zu halten. Das Sondersammelgebiet„Bildungsforschung“ der Fachgruppe „Gesellschaftswissenschaften, Politik“ wirdbeispielsweise von der Universitätsbibliothek (UB) Erlangen-Nürnberg bearbeitet.Wer welches Sammelgebiet betreut, können Sie herausfinden, wenn Sie mithilfeeiner Suchmaschine nach WEBIS suchen. In WEBIS können Sie sich nicht nurüber die 15 Fachgruppen und ihre Sondersammelgebiete informieren, sondern

174 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.12 Bibliotheksinformation zurUniversitätsbibliothekPotsdam aus der Zeitschriften-datenbank (ZDB)

auch über die Schwerpunkte in der Region ihres Hochschulortes. Neben den überWEBIS zugänglichen Spezialbibliotheken mit inhaltlichen resp. regionalen Samm-lungsschwerpunkten gibt es zahlreiche Einzelkataloge von Bibliotheken, die überdas Internet abgefragt werden können.

Alle diese Kataloge funktionieren nach den inAbschn. 8.2.3 beschriebenen Prin-zipien.Wenn „Ihre“ Bibliothek über solch ein Angebot verfügt, dann sollten Sie sichmit der genauen Funktionsweise diesesOPACs (=Online PublicAccessCatalogue)vertraut machen (lassen): Denn alle Bücher, die in diesem elektronischen Katalogverzeichnet sind, sind von „Ihrer“ Bibliothek angeschafft worden und – sofern sienicht gerade entliehen oder im Regal verstellt sind – für Sie verfügbar. Ist der OPACmit der Ausleihdatenbank gekoppelt, ist sogar ersichtlich, ob das Buch gerade ver-liehen ist und bis wann. Manchmal kannman ein entliehenes Buch sogar online fürsich vorbestellen. Ist es dann zurückgegeben worden, bekommtman eine Nachrichtund sollte es in der angegebenen Frist auch in der Bibliothek abholen.

8.2 Die Internet-Recherche 175

Gibt es mehrere Bibliotheken in Ihrer Hochschulregion, ist es ausgesprochenlästig, jeden einzelnen OPAC abfragen zu müssen. Aus diesem Grund gibt es soge-nannte Verbundkataloge und sogar einen Verbundkatalog der Bibliotheksverbund-kataloge, den Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK).

Verbundkataloge sind hilfreich, um herauszubekommen, was es an Büchern zubestimmten inhaltlichen Fragestellungen oder von einem bestimmten Autor über-haupt gibt, bei dem gleichzeitigen Nachteil, dassmanches Buch nicht in der eigenenStadt verfügbar ist. Dennoch sind auch solche Bücher über den sogenannten „Leih-verkehr“ (s. Abschn. 8.4.4) in die Bibliothek des eigenen Hochschulstandortes aus-leihbar, sodass Sie mit diesem Buch für einige Zeit zumindest im Lesesaal „Ihrer“Bibliothek lernen und arbeiten können.

ImFolgenden soll der Karlsruher Virtuelle Katalog (KVK), ein vorbildliches undmehrfach prämiertes Angebot der Universitätsbibliothek Karlsruhe, als Beispiel füreinen OPAC ausführlicher vorgestellt werden. Die Internetadresse des KVK findenSie leicht über eine Suchmaschine und dann klicken Sie sich durch zur Standard-eingangsseite des KVK (s. Abb. 8.13). Mithilfe eines Klicks auf eins der kleinenFlaggensymbole links oben können Sie zwischen drei Sprachen in der Benutzerfüh-rung und -hilfe wechseln. Soll die Suche erfolgreich sein, müssen Sie – abgesehenvon den Suchwörtern in der Zeile „Freitext“, besser aber in den jeweiligen Daten-bankfeldern – zumindest ein Häkchen bei den auszuwählenden Katalogen setzen,je nachdem, ob Sie in Deutschland, der Schweiz oder in Österreich zuhause sind.Die weiteren aufgeführten Angebote ergänzen sich: ImAngebot „Weltweit“ sind dieBibliotheken ausDeutschland,Österreich undder Schweiznicht enthalten.Die ganzrechts aufgeführten Buchhandelskataloge suchen nur im noch käuflichen Bestanddes Buchhandels bzw. der Antiquariate.

Sie können in allen Katalogen zugleich suchen. Das dauert dann etwas längerbei der Auflistung sowie beim Übergehen von nichtrelevanten Treffern, sodass eszweckmäßiger sein kann, sich auf einen Verbundkatalog zu beschränken, in des-sen Raum Sie wohnen, beispielsweise für die Region Berlin-Brandenburg auf den„KOBV Berlin-Brandenburg“. Dazu setzt man nur dort ein Häkchen und gibt obenmindestens einen Suchbegriff ein. Sucht man nach Büchern eines bestimmten Ver-fassers, so gibt man im Feld „Autor“ den Namen in der Form „Nachname, Vorna-me(n)“ ein. Bei der inhaltlichen Suche ist die in Abschn. 8.2.3 erklärte Unterschei-dung von Schlag- und Stichwörternwichtig. So ist es ratsam, nacheinandermit allenmöglichen Synonyma z. B. mit „Schülergewalt“ im Feld „Titel“ zu suchen bzw. mitden Schlagwörtern „Gewalttätigkeit Schüler“ aus der Schlagwortnormdatei SWDim Feld „Schlagwort“. Schlagwortketten kann man im KVK nicht suchen.

Sollten Sie bei der Auswahl der Kataloge „Weltweit“ angekreuzt haben, so seienSie sich dessen bewusst, dass das fremdsprachige Ausland keine deutschsprachi-

176 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Abb. 8.13 Startseite des Karlsruher Virtuellen Katalogs (KVK), eines Verbundkatalogs

gen Schlagwörter vergibt. Aber natürlich können Sie unter den entsprechendenfremdsprachigen Äquivalenten auch in weltweiten Katalogen nach internationalerLiteratur zum Thema „Gewalt von Schülern“ suchen, wobei das Wort „pupil“ kei-ne Ergebnisse brachte, sondern nur das amerikanische Teilsynonym „student“. Diebesten Treffer ergab das Schlagwort „school violence“.

Eineweitere, nicht zu unterschätzende Suchmöglichkeit, diemancheOPACsbie-ten, ist die klassifikatorische Suche nach Büchern über die zweite wichtige Form derInhaltserschließung, nämlich über eine Systematik, die das Wissen in Klassen undUnterklassen einordnet (vgl. Kiel und Rost 2001, S. 65–85). Klassifikationen gibtes etliche, darunter international angewandte wie die Dewey-Dezimalklassifikation(DDC) oder die Universelle Dezimalklassifikation (UDC), sodann länderspezifi-sche wie die Regensburger Verbundklassifikation (RVK), eine Stellsystematik, dieviele wissenschaftliche Bibliotheken in Deutschland verwenden, und schließlicheinfache hausgestrickte Systematiken von kleinen, spezialisierten Forschungs-bibliotheken. Die Suche über eine Klassifikationsnotation gestaltet sich einfach,

8.3 Recherchen auf CD-ROMs und DVDs 177

wenn man denn in einem OPAC ein Buch gefunden hat, das ideal das gesuchteThema repräsentiert: Ist beispielsweise die RVK-Notation „LC 2400“ angegeben, sokann man in einem OPAC über einen Hyperlink weitere Titel mit dieser Notationsuchen. Die Bücher müssten, so sie denn nicht ausgeliehen sind, im selben Regal-fach (aber nicht unbedingt nebeneinander) in dieser Bibliothek stehen (vgl. auchFranke et al. 2010, S. 30 ff.). Über die URL „http://rvk.uni-regensburg.de“ kön-nen Sie sowohl im RVK-Register, in einem Begriffsfeld oder mithilfe einer Ihnenbekannten RVK-Notation suchen und dann in den teilnehmenden Bibliothekenüber die inhaltliche Erschließung mittels Klassifikation nach konkreten Buchtitelnweitersuchen.

▸ Tipp Bibliothekskataloge und OPACs weisen keine Aufsätze nach! Des-halb ist es auf jeden Fall wichtig, in Fachdatenbanken zu recherchie-ren, die auch Artikel in Zeitschriften und Sammelbänden nachweisen.So gibt es z. B. die Aufsatzdatenbanken IBZ online, JADE, JSTOR, Periodi-cals Index Online, SwetsWise Online Content.

8.3 Recherchen auf CD-ROMs und DVDs

Neben den Datenbanken im Internet gibt es immer noch mindestens 7000 In-formationssammlungen auf CD-ROM (Compact Disc – Read Only Memory)oder DVD (Digital Versatile Disc), darunter Adress- und Bestandsverzeichnisse,Aufsatz-, Bild-, Biografie-, Dissertations-, Fakten-, Rezensions- und Volltextdaten-banken sowie Nachschlagewerke wie Lexika, Enzyklopädien und Wörterbücher.Die Recherche-Software für solche CD-ROM- oder DVD-Datenbanken ist qualita-tiv recht unterschiedlich, sodass man sich vor deren Benutzung über die jeweiligeBedienung kundig machen muss.

Obwohl zahlreiche Hochschul- und Zentralbibliotheken diverse Datenbankenim Bibliotheks- oder Campusnetz bereithalten, soll hier lediglich die Software Di-gibib4 vorgestellt werden, mit der sämtliche CDs und DVDs der Digitalen Biblio-thek funktionieren. Zum Teil sind diese CD-ROMs in sogenannten juke boxes inHochschulbibliotheken untergebracht; Maschinen, die an die alte Musikbox erin-nern: Nicht alle CDs sind zur gleichen Zeit im Zugriff. Wenn ein Nutzer auf einerbestimmten CD oder DVD recherchieren will, dann wird diese nach Aufruf au-tomatisch in ein freies Lesegerät befördert, sodass die Auswahl und Ladeprozedurein wenig Zeit in Anspruch nimmt. Danachmeldet sich die Startseite der gewähltenCD-ROM.

178 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

8.3.1 Suche auf einer Volltext-CD-ROMder Digitalen Bibliothek

Die Firma Directmedia gibt u. a. Textsammlungen und Nachschlagewerke in ei-ner „Digitalen Bibliothek“ heraus, die z. T. auch für Studierende erschwinglich undnützlich sind, und hat dazu eine einheitliche Bedienungsoberfläche (für Windowsund Mac OS X) entwickelt, die viele sinnvolle Suchmöglichkeiten in Volltexten bie-tet, die in vielen Internet-Datenbanken nicht realisiert sind (z. B. Wortabstands-suche NEAR). Den Nutzen möchte ich mithilfe des Bandes 2 „Philosophie vonPlaton bis Nietzsche“ demonstrieren, einer Sammlung von Hauptwerken der Phi-losophie. Nach Start der Software sehen Sie auf dem Monitor – getrennt durcheinen verschiebbaren Balken – links den sogenannten Funktionsbereich und rechtsden Textbereich (s. Abb. 8.14). Oberhalb sehen Sie Hauptmenü und Symbolleiste.Auch links amBildschirmrand befinden sich Symbole für einen direktenZugriff aufdie wichtigsten Funktionen. Ich möchte Textstellen in den philosophischen Wer-ken recherchieren, in denen die Wortstämme „Wert. . . “ bzw. „Norm. . . “ in Verbin-dung auftreten mit „Ethik. . . “ resp. „Moral. . . “. Dazu habe ich links das Lupensym-bol angeklickt, um eine Volltextsuche zu beginnen. Sodann habe ich die jeweiligenWortstämme mit dem Trunkierungszeichen * in das Suchfeld eingegeben und mitBooleschen Operatoren (die bei dieser Software in Großbuchstaben getippt wer-denmüssen) und Klammern versehen.Damich auch adjektivische Kombinationeninteressieren, habe ich bei Ethik nur „Ethi*“ eingegeben. Will man verschiedeneSchreibweisen einesWortes in einer Suche zusammenfassen (z. B. „Prinzip“ – „Prin-cip“), so setzt man ein Häkchen bei „schreibweisentolerant“. (Gleiches hätte man indiesem Fall mit dem Platzhalter „?“ erreichen können: „Prin?ip“.) Um die Wörterzu kontrollieren, die bei Links-, Mitten- oder Rechts-Trunkierungen bzw. „schreib-weisentolerant“ gefunden werden, gibt es noch die Option, ein Häkchen bei „Wort-liste aufbauen“ zu setzen. Nach erfolgter Suche kannman hier kontrollieren, welcheWorte gefunden wurden und nicht ins gewünschte Suchprofil passen: In meinemBeispiel (bei der Einstellung „schreibweisentolerant“) etwa das Wort „währt“ statt„Wert“.

Da bei einer solch komplexen Suchanfrage die Worte ja nicht nur irgendwo ineinem längeren Text vorkommen sollen, sondern in ziemlicher Nähe zueinander,sieht die Software Digibib4 der Digitalen Bibliothek sowohl einen wählbaren „ma-ximalen Wortabstand“ als auch eine Fundstellenbegrenzung vor. Beim voreinge-stellten Wortabstand von maximal 20 Wörtern ergeben sich 254 Fundstellen, beieiner Verringerung auf max. 5 Wörter Abstand sind es nur noch 121. Links un-ten werden die ersten Suchergebnisse in einer Tabelle der Autoren und Fundstellenangezeigt. Durch Klicken in die Tabelle wird jeweils rechts die dazugehörige Text-stelle eingeblendet. Nun kann man mit verschiedenen Leuchtmarkern, die rechts

8.3 Recherchen auf CD-ROMs und DVDs 179

Abb. 8.14 Komplexe inhaltliche Suche in einer Volltextdatenbank der Digitalen Bibliothek

oben in der Symbolleiste angeordnet sind, gefundene Textstellen im größeren Kon-text anstreichen (s. Abb. 8.14) und kommentieren. Die Fundstellenliste lässt sichebenso speichern wie Notizen und Kommentare. Eine mit dem temporären Mar-kierstift gekennzeichnete Textstelle lässt sich jeweils mit exaktem Quellenbeleg (!),der sich auch auf die seitengenaue Passage der gedruckten Ausgabe bezieht, in ei-ne eigene Textdatei übertragen. Einfacher geht das Zitieren nirgends. Der großeVorteil dieses neuen Mediums ist offensichtlich: Mehrdimensionale Suchanfragenkönnen – mithilfe von Trunkierungen, Platzhaltern, Booleschen Operatoren undWortabstandssuche verfeinert – sehr schnell und bequem an eine Fülle von Wer-ken gestellt werden. Kein Mensch könnte dies durch noch so gründliche Lektüreund Fundstellenverzeichnisse für eine Vielzahl von Fragestellungen leisten. DieseZitate in ihrer historischen und aktuellen Bedeutung dann richtig einzuschätzen,erfordert selbstverständlich gründliche philologische und – in unserem Beispielfall– philosophische Kenntnisse.

180 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

8.4 Die Bibliothek als Arbeitsort und Dienstleister

Abgesehen von der Fundgrube Internet, vor deren unreflektierter Nutzung schonin den Abschn. 8.1.2 und 8.1.3 eindringlich gewarnt wurde, sind wissenschaftlicheBibliotheken die Arbeitsorte, an denen eine Vielzahl von seriösen Printmedien vor-handen sind, die bereitstehen, um genutzt zu werden. Viele qualitativ hochwertigeBücher und Zeitschriften sind nicht als Volltexte im Internet oder auf CDs zugäng-lich, weil sie urheberrechtlich geschützt sind und die Copyright-Inhaber sich derelektronischen Verbreitung dieserMedien widersetzen.Wenngleich die Kenntnissezur elektronischen Recherche immerwichtiger werden, benötigen Sie für die weite-re Arbeit in Bibliotheken einige Spezialkenntnisse, wenn Sie deren (Alt-)Beständeeffektiv nutzen wollen. Viele Bibliotheken legen, oft zum Mitnehmen, Benutzer-anleitungen aus, die eigens für diese Bibliothek verfasst wurden. Hierin finden Siewichtige Informationen zur Struktur eben dieser Bibliothek und ihrer Kataloge.Um eine spezielle Bibliothek in ihrem Aufbau kennenzulernen, lohnt es sich auch,eine (virtuelle) Führung mitzumachen, wie sie in vielen Bibliotheken meist zuSemesterbeginn angeboten wird. Darüber hinaus hilft das Bibliothekspersonal anden Informationsplätzen, wenn Sie Fragen haben.

▸ Tipp Nehmen Sie an einer Bibliotheksführung teil und lesen Sie die Be-nutzungsanleitung „Ihrer“ Hochschulbibliothek!

Man erfährt durch Anleitungen und Führung recht schnell einiges Wissens-werte, das einem später eventuell Stunden der vergeblichen oder nur teilweiseerfolgreichen Suche erspart. Bibliotheken sind Orte der Materialanschaffung,-aufbewahrung und -erschließung. Vorwiegend Printmedien eines bestimmtenSammelgebiets, z. B. erziehungswissenschaftliche Fachliteratur und Schulbücher,werden gekauft, in Regalen aufgestellt und mittels Katalogen (heute meist elek-tronischen OPACs) nachgewiesen. Das inhaltliche Sammelgebiet einer Bibliothek,ihr Bestandsumfang (Zahl der Bände), die von ihr gesammelten Materialarten(Bücher, Zeitschriften, aber vielleicht auch Tonträger, Dias, . . . ) sowie ihre wei-teren Dienstleistungsangebote charakterisieren diese Bibliothek ebenso wie z. B.die Bestandsaufstellungsprinzipien. So differenziert man, was die Aufstellungsartangeht, zwischen Magazin- und Freihandbibliotheken einerseits und Ausleih- undPräsenzbibliotheken andererseits. Aus Präsenzbibliotheken können Sie keine Li-teratur entleihen, was den Vorteil hat, dass alle Medien im Gebäude verbleiben,während erhebliche Bestände von Ausleihbibliotheken entliehen und somit für Sieu. U. erst nach Wochen verfügbar sind. Die Magazin- und die Freihandaufstellungunterscheiden sich darin, ob Sie als Besucher direkt an die Regale herankommen

8.4 Die Bibliothek als Arbeitsort und Dienstleister 181

(was zeitsparend ist und wobei Sie vielleicht noch andere Bücher zum Thema imRegalfach entdecken) bzw. ob Materialien aus dem geschlossenen Magazin durchMitarbeiter herangeholt werden müssen (was z. T. mit erheblichen Wartezeitenverbunden ist, sodass Sie eventuell erst nach geraumer Zeit erfahren, dass dasgewünschte Buch derzeit ausgeliehen ist).

DesWeiteren unterscheidet man die Aufstellung der Bücher nachNumerus cur-rens (= fortlaufende Nummerierung) von der systematischen Aufstellung nach in-haltlichen Gesichtspunkten. Ersteres bedeutet, dass jede Medieneinheit, beispiels-weise ein Buch, ohne Rücksicht auf den Inhalt, eine Nummer erhält. Dabei kannim Bibliotheksregal ein Chemiebuch neben einem Gedichtband stehen. Im ande-ren Fall stehen thematisch ähnliche Bücher auch in räumlicher Nähe zueinander(z. B. nach Sachgebietsgruppen der bibliothekseigenen Systematik geordnet odernach eingeführten Klassifikationen wie etwa der Regensburger Verbundklassifika-tion – RVK; s. Abschn. 8.2.3).

Eine wissenschaftliche Bibliothek verfügt überwiegend über gedruckte Materia-lien. Die Materialien werden nach verschiedenen Aspekten klassifiziert, z. B.

• nach der Erscheinungsform: (Fach-)Bücher, (Fach-)Zeitschriften, Zeitungen,Handschriften, audiovisuelle Medien, Mikroformen;

• nach der Verfügbar- und Erhältlichkeit: über den Buchhandel zu beziehen bzw.nicht über den Handel erhältlich (die sogenannte „Graue Literatur“ = Sam-melbegriff für gedruckte Materialien, die nicht über den Buchhandel zu kaufensind, z. B. manche Forschungsberichte, Vereinspublikationen, Kongress- undTagungsbände);

• nach dem Status für den wissenschaftlichen Arbeitsprozess. Man unterscheidetzwischen Primärdokumenten, d. h. einem Bereich, der das Originalschrifttumumfasst (z. B. das von Jean Piaget verfasste Buch „Das moralische Urteil beimKinde“) und Sekundärdokumenten (z. B. eine Dissertation, die sich u. a. mit Pia-gets Theorie der moralischen Entwicklung bei Kindern auseinandersetzt) sowieTertiärdokumenten, die z. B. überDokumente Auskunft geben.Das können Lexi-ka, Enzyklopädien, Hand-, Lehr-, Wörterbücher sein (die teilweise auch zu denSekundärquellen zählen) oder bibliografische Verzeichnisse, die auf Schrifttumwie Piagets Buch, aber auch die Dissertation über Piagets Theorie hinweisen.Während Primär- und Sekundärquellen zitierfähig sind, wird dies bei Tertiär-quellen u.U. problematisch (s. Abschn. 8.4.2).

Die Referenzquellen, deren gedruckte auch bibliografische Verzeichnisse oder Li-teraturauskunftsmittel (Bibliografien, Dokumentationen, Referatenorgane) genanntwerden, weisen Bestände nach, die nicht unbedingt in der von Ihnen besuchten Bi-

182 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

bliothek vorhanden sein müssen. Dennoch sind diese Literaturnachschlagewerkeneben den elektronischen Referenzdatenbanken wie dem KVK (s. Abschn. 8.2.3)wichtige Informationsmittel über Schrifttum, um erst einmal herauszufinden, wases denn zu einemThemaüberhaupt an Literatur gibt. Da die allermeisten Bibliothe-ken keine Zeitschriftenaufsätze inhaltlich erschließen, sind diejenigen Literaturaus-kunftsmittel besonders wichtige Informationsquellen, in denen Aufsätze nachge-wiesen werden, wie z. B. die FIS Bildung Literaturdatenbank (s. Abschn. 8.2.3).

8.4.1 Konventionelle Bibliothekskataloge

Alle in einer Bibliothek vorhandenen Materialien sind in Katalogen inventarisiert,heutzutage für neuere Bestände meist in elektronischen. Die Umstellung ist oft inden 1990er-Jahren erfolgt, wobei große Altbestände meist nicht in die Datenban-ken übernommen wurden. Für aktuelle sozialwissenschaftlicheThemen kann manz. T. auf die konventionelle Recherche in alten Katalogen verzichten, nicht aber füreine historische Arbeit. Kenntnisse zu den alten Katalogen sind zudem hilfreich beider Recherche in elektronischen Katalogen, weil die bibliothekarischen Regelwerkeauch bei der Eingabe in OPACs angewendet werden müssen. Das gilt insbeson-dere bei internationalen Institutionennamen und bei transkribierten Namen: Inder Personennamendatei (PND) der Deutschen Nationalbibliothek sind die unter-schiedlichen Schreibweisen des russischen Schriftstellernamens Tschechow zusam-mengeführt unter der wissenschaftlichen Transliteration „Čechov, Anton P.“

Bibliothekskataloge weisen – sofern es sich nicht um Verbundkataloge mit an-deren Bibliotheken handelt – nur den Bestand nach, der sich auch wirklich im Be-sitz dieser Bibliothek befindet. Wer also Bücher im Lesesaal studieren oder in ei-ner Ausleihbibliothek entleihen möchte, informiert sich an den Katalogen „seiner“Bibliothek.

Bis Mitte der 1990er-Jahre sind die meisten Kataloge noch als Zettelkataloge inForm von Karteikarten in Karteischränken geführt worden. Mittlerweile haben diegroßenwissenschaftlichenBibliotheken aufDatenbanken und damit auf einen com-putergestützten Katalog umgestellt, mit dessen Hilfe Anfragen unterschiedlicherArt beantwortet werden können. Vorher gab es und gibt es in traditionell geführtenBibliotheken:

• einenHauptkatalog, denAlphabetischen Katalog (AK), der formal vomTitelblatteines Buchs ausging,

8.4 Die Bibliothek als Arbeitsort und Dienstleister 183

• einen Sachkatalog (SK) in der Variante Schlagwortkatalog (SWK) und/oder Sys-tematischer Katalog (SyK), die vom Inhalt der Bücher ausgehen, sowie meisten-teils

• einen Standortkatalog bzw. ein Zugangsbuch mit Inventarisierungsfunktion.

Manche, vor allem kleine (Instituts-)Bibliotheken, weisen ihren Altbestand ineinem Kreuzkatalog nach. In ihm sind Alphabetischer Katalog und Schlagwortka-talog alphabetisch ineinander vereinigt.

Mit den Bedienungsprinzipien derOPACs undVerbundkataloge wurden Sie be-reits in den Abschn. 8.2.3 und 8.3 vertraut gemacht.

GenanntwerdenmüssennochUnterscheidungenhinsichtlich der äußerenFormder Kataloge: Neben den elektronischen und schon erwähnten Zettelkatalogen gibtes noch Mikrofilm-Kataloge, die platzsparend den Bestand für einen bestimmtenZeitraum verzeichnen, sodass man u.U. mehrere, alphabetisch geordnete Filmkar-ten (= Mikrofiches) verschiedener Zeitabschnitte in ein Mikrofiche-Lesegerät ein-legen muss. Manche Zettel- und Mikroform-Kataloge sind mittlerweile digitali-siert worden, so z. B. der Zettelkatalog des Hamburgischen Weltwirtschaftsarchivs(HWWA). Bei solchen Imagekatalogen (IPACs) ist nur jede 50. oder 100. Kartedatenbankmäßig erfasst. Dem gewünschten Suchwort bzw. Verfassernamen mussman sich dann an einem Computer durch Blättern in den Abbildungen (images)der Karteikarten nähern.

Für das Suchen und Auffinden in Zettel-, Mikroform- und Imagekatalogen istdas bibliothekarische Regelwerk wichtig, nach welchem der Katalog geführt wurde.Darüber muss man sich bei der Benutzung von OPACs in der Freitextsuche keineGedanken machen, weil alle Wörter indexiert sind. Bei den konventionellen Kata-logen ergeben sich aus den angewendeten Regeln z. T. gravierende Unterschiede,die Sie eventuell ein gesuchtes Werk nicht finden lassen, obwohl es an dieser Bi-bliothek vorhanden ist. In wissenschaftlichen Bibliotheken sind neben hauseigenenSonderregeln sowohl die Preußischen Instruktionen (PI) als auch die Regeln für diealphabetische Katalogisierung für wissenschaftliche Bibliotheken (RAK-WB) in Ge-brauch, z. T. für die älteren Bestände die PI, für die neueren – ab ca. 1970 – dieRAK. Künftig wird es wohl ein internationales Regelwerk geben (Resource Des-cription and Access – RDA), das auch in Deutschland zur Anwendung kommensoll (vgl. Lauber-Reymann 2010, S. 67–80, insbes. S. 41).

▸ Tipp WennSiemit denZettel-,Mikroform-und ImagekatalogenSchwie-rigkeiten haben, fragen Sie das Bibliothekspersonal an der Informati-onstheke!

184 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

8.4.2 Allgemeine Auskunftsmittel

Jede Bibliothek verfügt auch über gedruckte Nachschlagewerke wie Enzyklopädi-en und Allgemeinlexika, Fachlexika, Hand-, (Sprach-)Wörter- und Adressbücherallgemeiner oder fachspezifischer Art. Darüber hinaus besitzen sie biografischeRessourcen wie den „Who is who?“ oder „Kürschners Gelehrtenkalender“, in demProfessorinnen und Professoren verzeichnet sind, und Werke mit Fakteninforma-tionen, z. B. statistische Jahrbücher o. ä. Diese werden meist an einem zentralen Ortaufgestellt, oft in der Nähe der Informationstheke, damit das Bibliothekspersonalbei telefonischen Anfragen rasch auf diese Materialien zugreifen kann. Nachschla-gewerke sind in der Regel nicht ausleihbar, sodass Sie sich dort nur während derBibliotheksöffnungszeiten über Wörter, Personen, Anschriften informieren kön-nen. Solche Auskunftsmittel sind manchmal der erste traditionelle Einstieg in dieBearbeitung einer Fragestellung. Deshalb sollten Sie sich einen Überblick darüberverschaffen, welche Auskunftsmittel und Nachschlagewerke in Ihrer Bibliothekvorhanden sind. Was es darüber hinaus an Auskunftsmitteln und Nachschlage-werken gibt, finden Sie im „hbzWerkzeugkasten“ bzw. bezüglich Fachbibliografienund Online-Datenbanken unter dem Stichwort „FabiO“ des Bibliotheksservice-Zentrums Baden-Württemberg.

Enzyklopädien, (Real-)Lexika und Wörterbücher sind für die Einarbeitung inBegriffe, Gegenstände, Themen unterschiedlich gut geeignet. Allgemeine Nach-schlagewerke zu allen Bereichen des Wissens sind sicher weniger fachnah alsspezielle Nachschlagewerke für einzelneWissensgebiete. Da alle Lexika jedoch erstdas Wissen aufgreifen, das sich allgemein durchgesetzt hat, und Lexika nicht jedesJahr überarbeitet werden, sind sie meist veraltet, auch hinsichtlich der Literaturan-gaben. Nachschlagewerke in den Geistes- und Sozialwissenschaften sind darüberhinaus ziemlich anfällig für weltanschauliche Intentionen des jeweiligen Stich-wortautors, Bearbeiters, Herausgebers, Verlags. Darüber hinaus gibt es erheblicheQualitätsunterschiede in der Bearbeitung und Verlässlichkeit. Positiv hervorzuhe-bende Werke sind beispielsweise das „Historische Wörterbuch der Philosophie“oder „Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG)“. Achten Sie auf jeden Fall aufden Redaktionsschluss bzw. das Datum der Drucklegung. ÄltereWerke sind oft nurnoch historisch interessant. Deshalb: Alles immer kritisch lesen!

Aufder anderen Seitemussman sichmanchmal schnell undüberblicksartig übereinen Gegenstand oder Sachverhalt informieren. Dazu schaut man am besten inaktuelle Handbücher. Für sie gilt gleichermaßen wie für die anderen Nachschla-gewerke, dass sie von der Aktualität und Ausgewogenheit her sehr unterschiedlichsind. Dennoch bekommt manmeist, wenn sie von Fachleuten geschrieben sind, ei-ne gewisse Struktur des Fachs bzw. eines Themenbereichs übersichtlich dargelegt,

8.4 Die Bibliothek als Arbeitsort und Dienstleister 185

sodass man auf der Grundlage dieses Überblicks dieWörter kennt, mit deren Hilfeman in Katalogen, Bibliografien und elektronischen Diensten nach neuester Litera-tur suchen kann. Für Fortgeschrittene noch lohnenswerter sind „Annual Reviews“,in denen renommierte Fachvertreter den Stand und Fortschritt („state of the art“)ihres Spezialgebiets darstellen und kritisch kommentieren.

Darüber hinaus benötigt man zuverlässige Nachschlagewerke, die Fachwörtererklären. Hierzu reicht ein Fremdwörterbuch meist nicht aus, weil Termini z. T.in verschiedenenWissenschaftsdisziplinen eine unterschiedliche Bedeutung haben,z. T. sogar selbst in einem Fach höchst unterschiedlich definiert werden. Deshalb istes gut, wennman in Bibliotheken auf eineVielzahl vonNachschlagewerken zurück-greifen und vergleichen kann, dabei bedenkend,

• dass Nachschlagewerke nie so aktuell sein können wie die neuesten Forschungs-ergebnisse und insofern das Datum des Redaktionsschlusses bzw. der Druck-legung nicht unerheblich ist;

• dass ihre Literaturverweise eher angeben, aus welchen Quellen das Stichwortverfasst wurde, statt dem Leser weiterführende Literaturhinweise zu geben;

• dass Informationen ausNachschlagewerken derGeistes- und Sozialwissenschaf-ten ideologisch tendenziös sein können und somit über die Zitierfähigkeit vonNachschlagewerken nur im Zusammenhang mit dem Zweck des Zitats und demzu Rate gezogenen Werk entschieden werden kann.

Gleiches gilt übrigens für die Benutzung der Internet-Enzyklopädie Wikipedia,die sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Sie wird zwar laufend aktualisiert, so-dass einige der o. g. Nachteile auf sie nicht zutreffen, dafür aber andere in umsostärkeremMaße:Da jede(r) mitarbeiten und auch neueArtikel einfügen darf, ist dieQualität der Beiträge schwer einzuschätzen. Bei neuen und auch bei umstrittenenEinträgen wird neuerdings ein roterWarnhinweis angebracht. Nonsens- oder gegendie Wikipedia-Regeln verstoßende Beiträge werden gelöscht, Scherzkekse, Fanati-ker und Wirrköpfe als Autoren ausgeschlossen, sobald sie denn entdeckt wurden.

8.4.3 Konventionelle Literaturauskunftsmittel(Bibliografien, Dokumentationen)

Bei der großen Präferenz des Internets wird oft übersehen, dass viele Bibliothekennoch über konventionelle Literaturauskunftsmittel sowie Fachbibliografien, Doku-mentationen oder Referatenorgane verfügen, die – auf bestimmte Themen oder

186 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Zeiträume beschränkt – spezielle Publikationstypen nachweisen wie Zeitschriften-aufsätze, Zeitungsartikel, Rezensionen oder Hochschulschriften (= Dissertationenund Habilitationen). Formal unterscheidet man außerdem zwischen abgeschlosse-nen und kontinuierlich erscheinendenBibliografien.Meist sind die Beschreibungenin speziellen Literaturauskunftmitteln viel ausführlicher als in Bibliothekskatalogenoder Allgemeinbibliografien, z. T. mit Schlagwörtern, Inhaltsangaben und ausführ-lichen Registern. Auch hier gilt, wie bei den elektronischen Datenbanken, dassmanaufmerksam die jeweils einleitenden „Benutzungshinweise“ lesen sollte, weil derAufbau und die Anordnung der Nachweise variieren (ausführlicher: vgl. Kiel undRost 2002, S. 57 ff.).

8.4.4 Von der Literaturermittlung zur Literaturbeschaffung

Von Volltexten aus dem Internet oder von CD-ROMs oder DVDs (s. Abschn. 8.3.1)einmal abgesehen: Was Sie nach sorgfältigen Recherchen haben, sind erst einmalLiteraturhinweise in Form von bibliografischen Angaben und noch nicht das Buchoder der Aufsatz selbst. Diese Referenzen sollten bei selbstständiger Literatur (Mo-nografien und Sammelwerke) zumindest bestehen aus:

• Verfassernamen, inkl. Vornamen(sabkürzung);• Sachtitel,• Erscheinungsjahr.

Bei unselbstständiger Literatur ist neben dem Verfassernamen für den Aufsatzvor allem derQuellenvermerkwichtig, unter dem zu suchen ist: bei Sammelwerkender genaue Sachtitel des Sammelbands, bei Zeitschriftenaufsätzen der Zeitschriften-titel sowie bei beiden das Erscheinungsjahr. Je mehr richtige Angaben Sie haben,desto einfacher gestaltet sich die weitere Suche.

Falls Ihr Hochschulstandort über eine gut ausgestattete Bibliothek verfügt, soll-ten Sie bei Monografien und Sammelwerken über den OPAC bzw. den konventio-nellen Bibliothekskatalog und bei Zeitschriftenaufsätzen über die Zeitschriftenda-tenbank (ZDB) oder den konventionellen Zeitschriftenkatalog feststellen, ob es in„Ihrer“ Bibliothek die mit diesen Literaturangaben beschriebenenDokumente gibt.Auf den Katalogkarten finden Sie einen Hinweis zum Standort, meist in der Formeiner Signatur. Eine Signatur besteht aus Ziffern und oft auch aus Buchstaben. Bei-spiele: „188/87/20467(0)“, „PA 500/32“, „01/ER975 B812“, „E4740b“; „H1/ROS3“oder „Päd 3 d/kom 2“. Solche Signaturen müssen Sie sich aufschreiben oder mer-ken, wenn Sie die Werke anschauen wollen. In Freihandbibliotheken finden Sie die

8.4 Die Bibliothek als Arbeitsort und Dienstleister 187

Hauptgruppen der Signaturen an den Regalen und die genaue Signatur auf demBuchrücken. InMagazinbibliothekenmüssen Sie manchmal noch immer einen Be-stellschein ausfüllen und abgeben, auf dem die Signatur die wichtigste Angabe ist,damit der Mitarbeiter das richtige Buch aus dem Magazin holt. Ist der OPAC Ih-rer Bibliothek mit dem Ausleihsystem verbunden, müssen Sie sich einloggen unddas Buch elektronisch zur Ausleihe bestellen. Nach einer angegebenen Zeit wird dasBuch für Sie zur Abholung oder für die Lektüre im Lesesaal bereitgelegt.

Mehr undmehrwerdenBücher an derAusleihtheke elektronisch verbucht. Dazuwird die Vorlage des scanbaren Benutzerausweises, oft der Studentenausweis selbst,verlangt. Da in Ausleihbibliotheken Etliches verliehen ist, planen Sie bitte Ihre Arbeitso, dass Sie zur rechten Zeit über die benötigte Literatur verfügen. Bei einigen Biblio-theken kann man Bücher auch elektronisch vorbestellen. Manche Ausleihsystememelden einem sogar auf demMonitor, ab wann man mit dem Buch rechnen kann.Manche Bibliotheken verschicken sogar automatisch eine E-Mail, wenn das Buchabholbereit in der Ausleihe liegt.

Sollten Sie in „Ihrer“ Bibliothek nicht fündig geworden sein, beginnt die ge-zielte Suche in anderen Bibliotheken. Hier kommen nun die elektronischen Ver-bundkataloge (z. B. der KVK – s. Abschn. 8.2.3) sowie die ZeitschriftendatenbankZDB (s. Abschn. 8.2.3) zur Ermittlung von Bibliotheken zum Einsatz, die die vonIhnen recherchierte Literatur angeschafft haben. Jeder Besitz wird nachgewiesendurch ein Bibliothekssigel, ein Kürzel aus Zahlen und manchmal auch Buchstaben(z. B. „1a“ = Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin; „929“ = RheinischeLandesbibliothek, Koblenz; „Frei 129“ = Bibliothek der Pädagogischen HochschuleFreiburg i. Br.). Alle Bibliotheken, die am regionalen bzw. überregionalen Leih-verkehr teilnehmen, haben solch ein Bibliothekssigel, das durch Sigelverzeichnisseauflösbar ist.

Haben Sie das gewünschte Buch in einem Verbundkatalog recherchiert, fin-den Sie dort meist einen S⋅F⋅X-Button (s. a. Abb. 8.10), der anzeigt, dassBibliotheksressourcen und -dienstleitung mithilfe der SFX-Software miteinanderverlinkt sind. Wenn Sie mit der Maus auf den Button klicken, werden Sie zur Aus-bzw. Fernleihe weiterverbunden.Dazumussman Inhaber/-in eines Studenten- bzw.Bibliotheksausweises sein, sich mit Passwort anmelden und dann online z. B. einenOnline-Fernleihauftrag ausfüllen und absenden.

Das neue Verfahren verkürzt die Wartezeiten erheblich, wenn das Buch in derausleihendenBibliothek nicht gerade anderweitig verliehen ist. –Auf dieselbeWeisekönnen auch Zeitschriftenaufsätze bestellt werden, wobei der genaue Zeitschriften-titel, die Jahreszahl (evtl. mit Heftnummer) sowie die Seitenzahlen des Aufsatzesals Von-bis-Angabe erforderlich sind. Ein ganzer Zeitschriftenjahrgangsband oder

188 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

einzelne Zeitschriftenhefte werden nicht nach Hause verliehen. Bücher werden einemzwei bis vier Wochen zur Verfügung gestellt; bei wertvolleren Exemplaren nur zurLektüre im Bibliothekslesesaal. Sehr kostbare, seltene Bücher werden gar nichtausgeliehen. Eine Verlängerung der Frist ist meist nicht möglich. Pro bestellterEinheit (Buch/Aufsatz) werden derzeit (2011) meist 1,50 € berechnet. Bei manchenBibliotheken kostet dieser Service jedoch sechs Euro. – Es können auch Doku-mente aus anderen Ländern im Internationalen Fernleihverkehr bestellt werden;das kann teurer werden, aber man kann eine Kostenbegrenzung in das Formulareintragen.

Wer es sehr eilig hat bei Buch- oderAufsatzbestellungen, wendet sich an „subito“,einen Dokumentlieferdienst (document supplier), bestehend aus großen Bibliothe-ken, die ihren Versand deutlich beschleunigt haben, was sich jedoch auch in höhe-ren Kosten niederschlägt. So kostete im Jahr 2011 eine Eilbestellung in der Kunden-gruppe 1 (Studierende, wissenschaftliches Personal) zwischen 10–16 € pro Band,Aufsatzkopien pro Aufsatz imNormaldienst 6,50–7,50 €, in Eildienst zwischen 8,41und 18 €. Die Kosten sind also unterschiedlich hoch, je nach Nutzergruppe, Anbie-ter und Lizenzvereinbarung sowie der Frage, wie schnell und in welcher Form Siedie Kopien erhalten wollen (Post, Fax, Scan, Mail). Eine Normalbestellung dauertdrei Werktage, eine Eilbestellung nur einen.

Die „British Library“ oder kommerzielle Anbieter, z. B. große Verlage, bietenebenfalls die Möglichkeit, direkt Aufsatzkopien zu bestellen (online ordering) oderAufsätze gegen Entgelt (elektronisch) downloaden können, vom Campus IhrerHochschule oder Bibliothek eventuell sogar kostenlos aus Volltextdatenbanken wieJSTOR oder Springerlink. Wenn diese im Rahmen eines Lizenzabkommens mitIhrer Hochschule freigeschaltet sind (was nach Aufruf über Ampelgrün angezeigtwird), dann können auch Sie (zumindest vom Campus Ihrer Hochschule aus) Auf-sätze als Volltexte herunterladen oder ausdrucken. An dieser Stelle soll auch nochauf das Social Science Open Access Repository (SSOAR) hingewiesen werden, ausdem frei zugängliche „open access“ gestellte wissenschaftliche Volltexte abgerufenwerden können.

▸ Tipp Auf der sehr hilfreichen Web-Seite „Internet-Adressen für Fernlei-he, Dokumentlieferung und Bibliographierdienst (InFeDo)“ desBibliothekszentrums Baden-Württemberg finden Sie weitere wichtigeHinweise!

8.5 Die Relevanzprüfung von Literatur 189

8.5 Die Relevanzprüfung von Literatur

Selbstverständlich sollten Sie sich Grundlagenliteratur kaufen, die Lehrende zurAnschaffung empfehlen. Das hat den Vorteil, dass Sie diese ständig zur Verfügunghaben, wenn Sie sie brauchen. Da es jedoch auch Bücher gibt, die die Anschaffungnicht lohnen, sollten Sie vorher sehr genau prüfen, ob sich das ins Auge gefassteWerk für Ihre Fragestellung als relevant erweist. Dieser Vorsatz sollte aber nichtnur für gekaufte Bücher gelten, sondern auch für Material, bevor man es aus demInternet herunterlädt oder den Bibliotheken heimschleppt. Wenn Sie für Ihre The-menstellung größere Mengen anscheinend geeigneter Literatur gefunden haben,kommt es darauf an, durch die Relevanzprüfung die Spreu vomWeizen zu trennen.Dazu sollte man sich den Aufsatz bzw. das Buch genauer ansehen:

Bevor Sie ein Buch oder einen Aufsatz lesen, sollten Sie prüfen, ob der Text

• Sie interessiert,• für Ihre bzw. die vorgegebene Fragestellung wichtig ist und• IhremWissensstand/Anspruchsniveau entspricht.

Folgende Kriterien sind dabei zu beachten:

• Der Sachtitel: Welchen Bezug hat er zur eigenen bzw. vorgegebenen Fragestel-lung? Welche Erweiterungen, Einschränkungen, Konkretisierungen oder Präzi-sierungen sind dem Titel und Untertitel zu entnehmen?

• Bei Übersetzungen: Wie lautet der Originaltitel? Weicht der deutsche Titel vonOriginal ab? Ist diese Abweichung für die Fragestellung relevant?

• Die Reputation des Autors bzw. der Autorin: Ist überhaupt ein Autor genannt?Welche Arbeitsschwerpunkte, weltanschaulichen, wissenschaftstheoretischenund methodischen Auffassungen vertritt die Person? Handelt es sich bei demvorliegenden Text um einen zu deren Spezialgebiet? Viele Wissenschaftler(in-nen) haben eine Homepage, auf der Sie sich zu Fachgebiet, Werdegang undPublikationsliste informieren können. Darüber hinaus können Sie bei älterenWissenschaftlern über die Zitationsdatenbanken „Web of Science“ oder „SCO-PUS“ den „h-Index“ recherchieren, der ein internationales Reputationsmaßdarstellen soll, das allerdings heftig umstritten ist.

• Das Erscheinungsjahr: Trivial, aber wichtig: Neue Daten, aktuelle EntwicklungenundTheorien finden Sie nicht in Büchern oder Aufsätzen von 1975. Bei sozialwis-senschaftlicher Fragestellung müssen Sie in viel stärkerem Maße die neuestenVeröffentlichungen und Daten verwenden, bei geisteswissenschaftlichen oderhistorischenThemenstellungen kann das anders sein. Doch neuere Diskurse zu

190 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

einem Thema finden Sie auch bei geisteswissenschaftlicher Arbeitsweise nichtin Büchern von 1960. Diese lohnen dann nicht einmal den Weg zum Regal.Die Jahreszahl des Erscheinens finden Sie im Impressum, meist auf der Rückseitedes Titelblattes (meist S. 3/4 eines Werkes). Bei Übersetzungen ist übrigens derZeitpunkt der Erstveröffentlichung, der im Copyright-Vermerk zu finden ist, dasentscheidende Datum für die Einschätzung der Aktualität; denn die deutsch-sprachige Ausgabe kommt oft erst einige Jahre später heraus.

• Die Auflage: Stellen Sie sicher, dass Sie, so es denn überarbeitete Auflagen gibt,die neueste Auflage eines Buchs lesen. Wenn Sie darauf nicht achten, riskierenSie, Ihre Zeit für die Rezeption eines überholten Diskurses zu opfern bzw. zuübersehen, dass ein Autor seine Auffassung verändert hat oder eine Autorin ihreThesen mit neuen Forschungsergebnissen stützt.

• Wie seriös ist der Klappentext? In dem werbenden Text auf den Umschlagklap-pen bzw. bei broschierten Büchern auf der Seite 2 oder der Buchrückseite findenSie erste, auch inhaltliche Informationen zur Zielsetzung des Buchs, z. T. aucheine biografische Notiz zum Autor bzw. der Autorin. Vergessen Sie dabei jedochnicht, dass es Ziel des Klappentextes ist, Käufer zu gewinnen. Vergleichen Sie dieInformationen aus dem Klappentext mit dem Inhaltsverzeichnis, dem Vorwortbzw. der Einleitung!

• Hat der Verlag einen guten Ruf? Gilt er als ausgewiesener Fachverlag für diesesGebiet? Publizieren in dem Verlag angesehene Autoren oder ist er weltanschau-lich einseitig gebunden?

• Erscheint das Buch in einer Buchreihe? Wer gibt sie heraus? Wer publiziert indieser Buchreihe? Welches Ansehen genießt die Reihe in der Fachwelt? Wel-che Herausgebernamen bestimmen das Profil der Buchreihe oder Zeitschrift?Bei Zeitschriften: Handelt es sich um eine peer-reviewte Zeitschrift, in der aus-schließlich von Experten geprüfte Beiträge erscheinen?Wird sie in renommier-ten Datenbanken (z. B. „Social Sciences Citation Index“, „SCOPUS“) dokumen-tiert und ausgewertet?Welches Reputationsmaß („Journal Impact Factor“) wirdder Zeitschrift international zugesprochen?

• Wie wurde das Werk rezensiert? Besprochen werden i. d. R. nur Bücher, keineAufsätze. Neben den Besprechungen in großen Tages- und Wochenzeitungen,die gelegentlich auch wichtige Sach- und Fachliteratur rezensieren, gibt es an-erkannte sozial- und geisteswissenschaftliche (Online-)Rezensionszeitschriftenwie die „Erziehungswissenschaftliche Revue (EWR)“ (nur online), die „So-zialwissenschaftliche Literatur-Rundschau“, die „Soziologische Revue“, „Li-teraturkritik.de“, „Theologischer Literaturanzeiger“, „Historische Literatur“(H-Soz-u-Kult), „Sehepunkte“, „arthistoricum.net“ (Kunstgeschichte), „IASL“(Germanistik) oder „Querelles-Net“ (Gender Studies) (weitere Nachweise über

8.5 Die Relevanzprüfung von Literatur 191

den hbz Werkzeugkasten, Rubrik „Rezensionen“). Gedruckte Besprechungensozial- und geisteswissenschaftlicher Veröffentlichungen werden nachgewiesendurch die „Internationale Bibliographie der Rezensionen (IBR)“, die online inwissenschaftlichen Universalbibliotheken recherchierbar ist.

• Inhaltsverzeichnis und Register:Werden die Themen bzw. Fragen behandelt, diefür Ihre Fragestellung wichtig sind? Aus dem Inhaltsverzeichnis sollte hervor-gehen, ob längere Passagen des Buchs für Ihre Fragestellung relevant sind. Dieskann man auch noch einmal kontrollieren, indem man sich die eventuell bei-gegebenen Sach- und Personenregister anschaut. Tauchen dort die Wörter undNamen auf, die Sie auf Ihrer Stich- und Schlagwortliste gesammelt haben?

• Lesen Sie gegebenenfalls die durch das Inhaltsverzeichnis oder Register ausge-wiesenenTextpassagen!Welchen Eindruck hinterlassen diese bei Ihnen? Sind sieimNiveau zu hoch, zu niedrig oder Ihrem Studienstand angemessen? Ist der Stilverständlich? Ist die Darstellung oberflächlich oder gar langweilig?

• Literaturverzeichnis: Die Zahl der angeführten Titel ist kein Gütemaßstab, aberdie Aktualität der (Sekundär-)Literatur, auf die sich ein Autor stützt oder eineAutorin bezieht, und deren Relevanz für das bearbeitete Thema: Werden un-terschiedliche Ansätze berücksichtigt und die Grenzen des Fachs überschritten?Um von einem Literaturverzeichnis auf die Güte einer Veröffentlichung schlie-ßen zu können, müssen Sie sich allerdings bereits in Ihr Thema eingearbeitethaben. Neuere Literatur, die Sie noch nicht kennen und die für Ihre Fragestel-lung relevant sein könnte, sollten Sie auf jeden Fall notieren und prüfen, auchwenn sie das vorliegende Werk nicht weiterlesen.

• Vorwort, Einleitung, Zusammenfassung: Besonders wichtig sind das Vorwortbzw. die Einleitung, die Auskunft über die Fragestellung und das Ziel des Textesgeben (sollten). Auch die Zusammenfassung der Ergebnisse kann Aufschlussdarüber geben, ob der Text für Sie geeignet ist.

• Bei Aufsätzen sollten Sie eine eventuell vorhandene Zusammenfassung (Ab-stract, Autorenreferat) und den Schluss lesen sowie die Zwischenüberschriftenprüfen.

• Am Ende dieser Relevanzprüfung steht die Entscheidung, ob sich die Lektürefür Sie voraussichtlich lohnen wird – oder nicht (s. a. Abb. 9.10).

▸ Tipp Erscheint Ihnen das Buch oder der Aufsatz interessant, aber seinInhalt (noch) zu kompliziert, sollten Sie sich den Titel für eine spätereLektüre in Ihrer Literaturkartei bzw. -datenbank (z. B. Citavi) vormerken.Rechercheergebnisse sollten Sie hinreichend dokumentieren in einemLiteraturverwaltungsprogramm (s. Abschn. 5.3.1).

192 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

ZusammenfassungSelbst wenn Sie sich die Grundkenntnisse der drei Informationsbedarfssitua-tionen sowie der Recherchetechniken im Internet und in (Fach-)Datenbankendurch das Lesen dieses Kapitels angeeignet haben, kann es zusätzlich sehr hilf-reich sein, das ein oder andereVideodesOnline-Tutorials von „LOTSE“oder derUniversitätsbibliothek Bamberg zu FIS Bildung zu nutzen. Dann wird Ihnen dieBesorgung der relevanten Informationen, Bücher undAufsätze keine Schwierig-keiten bereiten, wenn Sie rechtzeitig beginnen. Bedenken Sie, dass durch Preis-steigerungen der Verlage und Bibliotheksetatkürzungen immer weniger BücherundZeitschriften öffentlich angeschafftwerden, sodass es lange dauern kann, bisSie an die für Sie wichtige Literatur herankommen.

Überlegen Sie, welche Suchmaschinen, Internetportale, virtuelle Bibliothe-ken und Fachdatenbanken für Ihre Fragestellung geeignet sind und wie diese imModus „Erweiterte Suche“ richtig gehandhabt werden. Begnügen Sie sich nichtmit ein oder zwei Suchwörtern, beziehen Sie Synonyme mit ein und verwendenSie Boolesche Operatoren, Trunkierung und Klammern. Haben Sie immer nochzu große Treffermengen, so grenzen Sie Ihre Recherche weiter ein mithilfe vonStoppwörtern, dem Zeitraum der Veröffentlichung, den Veröffentlichungsspra-chen, dem Publikationstyp. Nutzen Sie neben den Internetmöglichkeiten aberauch das Literaturangebot Ihrer Bibliothek vor Ort. Aus Copyright-Gründen istvieles anwissenschaftlicher Literaturnicht imVolltext im Internet zu finden!Ha-ben Sie in „Ihrer“ Bibliothek große Mengen an Literatur im Original vor sich, soprüfen Sie schon inderBibliothekmithilfe derRelevanzprüfung, welche der zahl-reichen gefundenen Dokumente exakt zu Ihrer Fragestellung beitragen. Nichtbenötigte Literatur brauchen Sie dann gar nicht zu fotokopieren oder auszulei-hen.

Bei keiner Recherche, egal ob elektronisch oder konventionell, haben Sie die Ge-währ, sämtliche wichtige Literatur ermittelt zu haben.Doch bei sorgfältiger Sucheist dieWahrscheinlichkeit gering, dass IhnenWesentliches entgangen ist. All dieerklärten Recherchestrategien setzen Kenntnisse, Übung und (selbst-)kritischeReflexion voraus, zumal das Hauptproblem nicht darin besteht, viele Informa-tionen oder Textdokumente zu finden, sondern die entscheidend richtigen! DieBegeisterung über die Schnelligkeit und den Komfort der Internet- und Daten-bankrecherche darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass

• es darauf ankommt, aus der Vielzahl der Datenbanken im Internet die für dieFragestellung richtigen auszuwählen,

8.5 Die Relevanzprüfung von Literatur 193

• man sich die Feinheiten der auf die jeweils gewählte Datenbank abgestimm-ten Recherchestrategie erst durch Online-Tutorials bzw. das Lesen der Hilfe-texte und intensive Übung aneignen muss,

• es im Internet, aber auch in Printmedien zahlreiche falsche Informationenund unseriöse Texte gibt, sodass eine kritische Überprüfung und Quellenbe-wertung unbedingt erforderlich ist (was einige Erfahrung voraussetzt).

▸ Tipp Zum Thema „Literatur recherchieren in Bibliotheken und Inter-net“ sind 2010 zwei sehr informative und didaktisch hervorragendeBücher erschienen (vgl. Franke et al. 2010; Niedermair 2010). Wer sei-ne Informationskompetenz steigern will, sollte auf jeden Fall einesvon beiden lesen. Wer sich auf eine wissenschaftliche Abschlussarbeitoder Promotion vorbereitet, sollte unbedingt das Buch „Informati-onsressourcen“ studieren (vgl. Lauber-Reymann 2010). „Bibliothekari-sches Grundwissen“ heißt ein Standardwerk von Gantert und Hacker(2008), das Ihnen weitere wichtige Informationen zu Bibliotheken,ihrem Medienbestand und ihren Informationsangeboten vermittelnkann.

Literaturverzeichnis

Franke, F., Klein, A., & Schüller-Zwierlein, A. (2010). Schlüsselkompetenzen. Literatur recher-chieren in Bibliotheken und Internet. Stuttgart: Metzler.Gantert, K., & Hacker, R. (2008). Bibliothekarisches Grundwissen, 8., vollst. neu bearb. underw. Aufl. München: Saur.Kiel, E., & Rost, F. (2002). Einführung in dieWissensorganisation. Grundlegende Probleme undBegriffe. Würzburg: Ergon-Verl.Lauber-Reymann,M. (2010). Informationsressourcen. Ein Handbuch für Bibliothekare und In-formationsspezialisten. Berlin: de Gruyter Saur. Bibliotheks- und Informationspraxis, Bd. 42.Niedermair, K. (2010). Recherchieren und Dokumentieren. Der richtige Umgang mit Literaturim Studium. Konstanz: UVK-Verl.-Ges. Studieren, aber richtig. UTB 3356.Schmieder, J. (2011). Du sollst nicht lügen! Von einem, der auszog, ehrlich zu sein. München:Goldmann TB-Verlag.Schnädelbach, H. (2002). Erkenntnistheorie zur Einführung. Hamburg: Junius.

194 8 Informationen sowie Literatur suchen und finden

Sutton, M. (2010). SPINACH, IRON and POPEYE. Ironic lessons from biochemistry andhistory on the importance of healthy eating, healthy scepticism and adequate citation. Inter-net Journal of Criminology. http://www.internetjournalofcriminology.com/Sutton_Spinach_Iron_and_Popeye_March_2010.pdf. Zugegriffen: 29. März 2012.Weilenmann, A. K. (2011). Fachspezifische Internetrecherche. Für Bibliothekare, Informations-spezialisten und Wissenschaftler. München: de Gruyter Saur. Bibliotheks- und Informations-praxis, Bd. 44.