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Trainingaktuell | Dezember 2019 3 Abgekaute Bleistifte und ehrfürchtige Blicke zur allwissenden Lehrperson – so sah Lernen früher aus. Heute lernen Menschen anders: individuell und interaktiv, informell und kollaborativ, digital und analog, vor allem aber nicht mehr in öden Stan- dardformaten. Egal, ob man beim Gespräch in der Kneipe den Hit aus den 80er-Jahren – „Wie hieß die Band noch gleich?“ – googelt, auf Wikipedia die eigenen Bildungslücken schließt, per YouTube-Tutorial einen Zugang zur Quantenphysik findet oder bei LinkedIn den Kontakt zu passenden Expertinnen: Wer das eigene Wissen und Können erweitern will, greift heute ganz selbstverständlich zu di- gitalen Hilfsmitteln. Gelernt wird auf vielen Kanälen „Viele Menschen haben inzwischen ein durch und durch modernes Lernverhalten“, stellt Jane Hart mit Blick auf die Ergebnisse ihrer Umfrage „Top Tools for Learning 2019“ fest. Die Lernexpertin weiß das so genau, weil sie seit 2007 Jahr für Jahr Bildungs- und Weiterbildungsprofis fragt, welche digitalen Lerntools sie präferieren. In ihrem dreizehnten Jahr bestätigt ihre Befragung, die mittlerweile als Langzeitstudie gelten darf, einen Trend, der sich schon lange abzeichnet: Lernen wird immer facettenreicher, kleinteiliger und persönlicher. Was das bedeutet und welche Tools besonders beliebt sind, schlüsselt die britische Bildungsinfluencerin ab S. 6 auf. In Unternehmen ist Lernen noch zu öde Eins macht Harts Auswertung aber auch deutlich: Individu- ell sind die Lernenden schon moderner unterwegs als die meisten Organisationen, in denen sie arbeiten. Die Tools, die sie persönlich bevorzugen, sind variabler und vielseitiger als die digitalen Werkzeuge, für die sich Unternehmen bei der Entwicklung ihres Personals entscheiden: Sie setzen nach wie vor stark auf formale Konstrukte wie digitale Kursangebote und traditionelle Lernmanagement-Systeme. Und auch traditionelle Trainings sind dort noch gefragt. Allerdings nicht mehr lange, fürchtet Barbara Messer. Denn angesichts der veränderten Lern- und Lebensgewohnheiten werden die analogen Frontalformate bald überflüssig werden, ist die erfahrene Trainerin und Vielfach-Autorin überzeugt. Zumindest dann, wenn sie sich nicht grundlegend verändern. Ihre fünf Thesen dazu, was gute analoge Lern- und Entwick- lungsbegleitung in Zukunft liefern muss, stellt Messer ab S. 44 vor. Methodische Anregungen für Interventionen jenseits der gewohnten Wege gibt es obendrauf, zum Beispiel auf den Seiten 18, 21 und 34. Viel Spaß beim Lesen, Nachdenken und Ausprobieren! Sylvia Lipkowski Redakteurin EDITORIAL Lerne lieber ungewöhnlich

Lerne lieber PCM ZEIGT WIE! - Portal für Führung …Trainingaktuell | Dezember 2019in Deutschland, Österreich und der Schweiz 3 Abgekaute Bleistifte und ehrfürchtige Blicke zur

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Trainingaktuell | Dezember 2019 3

Abgekaute Bleistifte und ehrfürchtige Blicke zur allwissenden Lehrperson – so sah Lernen früher aus. Heute lernen Menschen anders: individuell und interaktiv, informell und kollaborativ, digital und analog, vor allem aber nicht mehr in öden Stan-dardformaten.

Egal, ob man beim Gespräch in der Kneipe den

Hit aus den 80er-Jahren – „Wie hieß die Band noch

gleich?“ – googelt, auf Wikipedia die eigenen

Bildungslücken schließt, per YouTube-Tutorial

einen Zugang zur Quantenphysik findet oder bei

LinkedIn den Kontakt zu passenden Expertinnen:

Wer das eigene Wissen und Können erweitern

will, greift heute ganz selbstverständlich zu di-

gitalen Hilfsmitteln.

Gelernt wird auf vielen Kanälen

„Viele Menschen haben inzwischen ein durch und

durch modernes Lernverhalten“, stellt Jane Hart

mit Blick auf die Ergebnisse ihrer Umfrage „Top

Tools for Learning 2019“ fest. Die Lernexpertin

weiß das so genau, weil sie seit 2007 Jahr für Jahr

Bildungs- und Weiterbildungsprofis fragt, welche digitalen

Lerntools sie präferieren. In ihrem dreizehnten Jahr bestätigt

ihre Befragung, die mittlerweile als Langzeitstudie gelten

darf, einen Trend, der sich schon lange abzeichnet: Lernen

wird immer facettenreicher, kleinteiliger und persönlicher.

Was das bedeutet und welche Tools besonders beliebt sind,

schlüsselt die britische Bildungsinfluencerin ab S. 6 auf.

In Unternehmen ist Lernen noch zu öde

Eins macht Harts Auswertung aber auch deutlich: Individu-

ell sind die Lernenden schon moderner unterwegs als die

meisten Organisationen, in denen sie arbeiten. Die Tools, die

sie persönlich bevorzugen, sind variabler und vielseitiger als

die digitalen Werkzeuge, für die sich Unternehmen bei der

Entwicklung ihres Personals entscheiden: Sie setzen nach wie

vor stark auf formale Konstrukte wie digitale Kursangebote

und traditionelle Lernmanagement-Systeme.

Und auch traditionelle Trainings sind dort noch gefragt.

Allerdings nicht mehr lange, fürchtet Barbara Messer. Denn

angesichts der veränderten Lern- und Lebensgewohnheiten

werden die analogen Frontalformate bald überflüssig werden,

ist die erfahrene Trainerin und Vielfach-Autorin überzeugt.

Zumindest dann, wenn sie sich nicht grundlegend verändern.

Ihre fünf Thesen dazu, was gute analoge Lern- und Entwick-

lungsbegleitung in Zukunft liefern muss, stellt Messer ab S.

44 vor.

Methodische Anregungen für Interventionen jenseits der

gewohnten Wege gibt es obendrauf, zum Beispiel auf den

Seiten 18, 21 und 34. Viel Spaß beim Lesen, Nachdenken und

Ausprobieren!

Sylvia LipkowskiRedakteurin

EDITORIAL

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6 Trainingaktuell | Dezember 2019

TOP TOOLS FOR LEARNING 2019

Womit Menschen heute lernen

Zum dreizehnten Mal hat Jane Hart ihre Liste der meistge-nutzten Lern- und Bildungstechnologien veröffentlicht: die „Top 200 Tools for Learning 2019“. Ihre Erkenntnisse stellt die britische Lernexpertin nun entlang ihres neuen 4-D- Modells des Lernens vor.

Information

eine Hitliste der 200 Tools, die am häufigsten

genannt wurden. Diese Listen aber geben nicht

nur Aufschluss über die Beliebtheit einzelner

Lerntools, sondern auch darüber, wie facetten-

reich das Lernverhalten moderner Menschen in

den vergangenen zehn Jahren geworden ist.

Gelernt wird überall digital, aber ...

Die zahlreichen Antworten und die genannten

Tools – sowie die eingeschickten Kommentare

zu ihrer Nutzung – zeigen: Viele verstehen sich

schon als moderne Lernende. Gut drei Viertel

aller Antwortenden kommen dabei – wie auch

in den Vorjahren schon – aus dem Bereich der

persönlichen und beruflichen Weiterentwick-

lung. Nur 22 Prozent waren an Schulen, Hoch-

schulen oder Universtitäten tätig. Besonders

aussagegekräftig ist die Top-200-Liste deshalb

für den Bereich der Persönlichkeits- und Perso-

nalentwicklung.

Für eine bessere Übersicht wurden die Ant-

worten nach den entsprechenden Tätigkeits- und

Lernbereichen der Teilnehmerinnen und Teilneh-

mer geclustert und in drei spezifischen Einzellis-

ten ausgewertet:

A Die „Top 100 Tools for Personal & Professional

Learning (PPL100)“ mit den digitalen Tools,

die Menschen heute individuell nutzen, um

sich privat wie beruflich weiterzuentwickeln.

A Die „Top 100 Tools for Workplace Learning

(WPL100)“ mit den digitalen Tools und Syste-

men, die genutzt werden, um das Lernen am

Arbeitsplatz zu gestalten, zu ermöglichen, zu

unterstützen oder zu fördern.

A Die „Top 100 Tools for Higher Education

(EDU100)“ mit den von Pädagogen, Dozenten

und Studenten genutzten Werkzeugen.

Mittlerweile dürfen die dreizehn

Listen der Top Tools als interessante

Langzeitstudie gelten. Für die Umfra-

gen werden Jahr für Jahr Lern- und

Bildungsprofis sowie Weiterbildner im

weitesten Sinne dazu eingeladen, ihre

zehn liebsten digitalen Lernwerkzeuge

zu benennen. Aus ihren Antworten –

in diesem Jahr gab es gut 2.500 Ein-

sendungen aus 46 Ländern – entsteht

Foto: imageSource.com

Mit abgekau-ten Bleistif-ten hat das Lernverhalten moderner Menschen heute nur noch wenig zu tun – sie lernen zuneh-mend digital.

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Trainingaktuell | Dezember 2019 7

Information

... Individuen setzen auf andere Tools als die Unternehmen

Dies ermöglicht auch einen Vergleich,

der insbesondere zwischen den ersten

beiden Listen – PPL und WPL – inte-

ressant ausfällt. Denn die Tools, die

jeweils häufig genannt werden, sind

nicht die gleichen: Individuen nutzen

für sich selbst nicht die Werkzeuge, auf

die die Unternehmen für die Entwick-

lung ihres Personals setzen. Es lohnt

sich deshalb, ein bisschen genauer hin-

zusehen und die Top-Platzierungen der

beiden Listen systematisch gegenüber-

zustellen.

Dabei hilft das 4-D-Modell des Ler-

nens, das die verschiedenen Heran-

gehensweisen, mit denen Menschen

lernen mit den dahinter stehenden

Lernmotivation kombiniert. Denn

Menschen lernen nicht nur, um sich

neues Wissen oder neue Kompetenzen

anzueignen, sondern auch, um Proble-

me zu lösen, Inspiration zu finden oder

einfach weil es Freude macht, sich

immer weiter zu verbessern. Je nach

Motivation wählen sie unterschiedli-

che Lernwege, die ich die „vier Ds des

Lernens“ nenne: Didactics, Discovery,

Discours, Doing.

1. Didactics: Lernen ganz klassisch

Wenn es darum geht, neues Wissen

oder neue Fähigkeiten zu erwerben,

ziehen es Menschen in der Regel vor,

unterrichtet zu werden. Moderne

Lerner wählen dafür On-

line-Kurse. Eine ganze Pa-

lette entsprechender Ange-

bote erscheint deshalb auf

der PPL-Liste. Am popu-

lärsten ist dort LinkedIn

Learning, das Kursangebot

des Business-Netzwerks, auf

Platz 4 (im Vorjahr Platz 5).

Auf der WPL-100-Liste

stehen im Bereich Didaktik

dagegen eher Tools, die das

Lernen am Arbeitsplatz un-

terstützen sollen (siehe Bild

S. 8). Die allermeisten zielen

dabei auf Training im wei-

testen Sinne: Sie helfen also,

Lerninhalte aufzubereiten,

zu liefern und zu verwal-

ten. Konkret sind dies vor-

wiegend Autorensysteme,

zunehmend werden aber

auch andere Entwicklungs-

tools genutzt – die ausge-

feilten Adobe-Produkte (z.B.

Photoshop und InDesign)

ebenso wie grundlegen-

de Dokumentations- und

Präsentationstools –, um

einfachere Lernmaterialen

zu entwickeln. „Ich nutze

Powerpoint, um Inhalte so

aufzubereiten, dass ich sie

besser teilen kann, etwa

als eBooks, Präsentationen

oder einfache Infografiken.

Layouts mit grafischen In-

halten lassen sich dort

leichter erstellen als in Word“, erklärt etwa ein

Umfrage-Teilnehmer.

Einige Organisationen gehen außerdem schon

dazu über, ihren Mitarbeitern und Mitarbeite-

rinnen eine Bibliothek von Online-Kursen an-

zubieten. Dafür ist LinkedIn Learning auch

hier die populärste Plattform. Darüber hinaus

ist die Bandbreite, was Lern-Plattformen an-

geht, sehr groß: Auf der Liste sind traditionelle

TOP TOOLS FOR LEARNING

>> Seit 2007 schon lädt die britische Lernexper-

tin und Bildungsinfluencerin Jane Hart Jahr

für Jahr Kolleginnen und Kollegen ein, die von

ihnen meist genutzten digitalen Lern-Tools

in ihrer Umfrage zu teilen. Die Antworten

sind immer zahlreich, 2019 stimmten 2.524

Bildungs- und Weiterbildungsprofis aus 46

Ländern mit ab. Alle Studienergebnisse sind

hier zu finden: www.toptools4learning.com.

TERMINTIPP: LEARNTEC 2020

>> Wer Jane Hart live erleben möchte, hat dazu

von 28. bis 30. Januar 2020 Gelegenheit. Dann

spricht sie im Kongressprogramm der Leitmesse

für digitale Bildung in Karlsruhe u.a. über die

Gestaltung eine modernen Lernkultur und die

Förderung individueller Lerngewohnheiten. Als

Mitglied des Learntec-Programmbeirats gestal-

tet und moderiert die Britin zudem den englisch-

sprachigen Track zu Modern Workplace Learning.

www.learntec.de

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Trainingaktuell | Dezember 2019 11

NEUES SPEAKER-RATING

„Die Spreu vom Weizen trennen“

Information

wird, ohne auch nur ansatzweise das zu erfüllen,

was dieser Begriff den meisten verspricht: langjäh-

rige Erfahrung, Professionalität, Bekanntheit und

große Erfolge als Speaker. Man hatte gerade in den

vergangenen Jahren oft den Eindruck, dass jeder

neue Speaker auf dem Level eines Top Speakers

startet. Das ist Quatsch und schädlich für den

Gesamtmarkt.

Braucht der Speaker-Markt ein solches Siegel? Weswegen?Als ich mit Vera F. Birkenbihl in den 1990e- Jahren

in den Markt gestartet bin, gab es maximal 50 nam-

hafte Speaker. Die hätten sich damals aber gar nicht

so genannt. Heute benötigen alle, die Speaker bu-

chen, bei über 5.000 ernstzunehmenden Speakern

im deutschsprachigen Raum Orientierung. Unsere

Mission ist, diese Orientierung zu geben und sicher-

zustellen, dass die, die unter diesem Siegel gelistet

sind, verlässlich Topqualität liefern.

Was kennzeichnet denn einen Real Top Spea-ker? Und wer entscheidet, wer ein solcher ist?Als wir mit der Recherche zur Liste der Real Top

Speaker begonnen haben, hatten wir bei experts-

4events national und international rund 3.000

Speaker gelistet, die wir auch alle live erlebt ha-

ben. Am Ende waren wir überrascht, dass wir al-

lein im deutschsprachigen Raum bei über 5.000

ernstzunehmenden Speakern gelandet sind. Als

wir aber dann diejenigen abzogen haben, die vor-

wiegend aufgrund ihrer aktuellen oder früheren

Bekanntheit oder Position gebucht werden, sind

nur gut 1.200 Personen mit professionellem Spea-

ker-Auftritt übriggeblieben. Denn es macht aus

unserer Sicht keinen Sinn, eine Real-Top-Spea-

ker-Liste aufzubauen, auf der Ex-Bundeskanzler,

Der Weiterbildungsmarkt ist nicht arm an Siegeln, die Nachfragern Orientierung bieten wollen. Jüngst ist ein neues gelauncht worden, das den Speaker-Markt in Augenschein nimmt. Die sogenannten „Real Top Speaker“ hat sich Sieg-fried Haider erdacht, Inhaber der Agentur experts4events sowie Gründungs- und Ehrenpräsident der German Speakers Association.

Foto: Lucas Heinz/managerSeminare.de

Siegfried Haider, hier selbst als Speaker auf den Petersberger Trainertagen 2017, hat ein neues Label für Profi-Speaker lanciert.

Herr Haider, was hat es auf sich mit dem „Real Top Speaker“? Der Name klingt ja leicht absurd, so als müss-ten Sie noch einen draufsetzen … Siegfried Haider: Draufsetzen auf was?

Die Real-Top-Speaker-Liste ist im Be-

reich der Speaker das erste Projekt von

experts4events, mit dem wir das, was

wir täglich für unsere Kunden tun,

öffentlich gemacht haben: Es ist der

Kernzweck der Rednervermittlung, die

Spreu vom Weizen zu trennen. So ist die

Liste in erster Linie eine Selektion von

Top-Profis als Orientierungs-

hilfe für Speaker-Einkäufer.

Sie ist kostenlos erhältlich.

Kostenlos ist auch die Auf-

nahme. Denn sie ist nicht

käuflich, sondern Resultat

einer Wahl. Absurd nämlich

ist, dass es zu viele käufliche

oder geldbeeinflusste Spea-

ker-Auszeichnungen gibt.

Und absurd ist auch, dass der

Begriff Top Speaker von so

vielen Speakern verwendet

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12 Trainingaktuell | Dezember 2019

Information

Ex-Ministerinnen, Ex-CEOs oder Ex-Profisportler

mit klassischen Themen-Speakern verglichen wer-

den – eine Ausnahme bilden die, die schon sehr,

sehr lange von dieser früheren Position entfernt

und individuell eine Speaker-Marke geworden sind

wie etwa Reinhold Messner.

Wer von diesen gut 1.200, die wir „Selfmade“-

Speaker nennen, nun wirklich top ist, hat ein

Beirat entschieden. In diesem sitzen 25 Personen,

die wir aus dem Pool unserer langjährigen Kunden

zusammengestellt haben. Sie alle sind Kenner des

Speaker-Marktes und viel strenger als wir es als

Agentur gewesen wären. Bei einigen Kandidaten

mussten wir deshalb län-

ger diskutieren. Bei über 90

Prozent waren wir uns aber

sofort einig.

Wie sehen denn die Kriteri-en aus, die die Jury geleitet haben? Unsere Kriterien beziehen

sich auf sechs Kategorien:

Marktzugehörigkeit als

Speaker, Rolle des Speaking

im Gesamtauftritt, Positio-

nierungserfolg als Speaker,

Bekanntheit im Einkäufer-

markt, erfolgreiche individu-

elle Performance, insgesamt

ein professioneller Speaker-

Gesamteindruck.

Aktuell finden sich auf Ih-rer Liste Namen wie Carlo Thränhardt, Lars Vollmer, Veit Lindau, Horst Opa-schowski … eine recht wilde Mischung, oder?Natürlich ist das eine wilde

Mischung. So ist der Spea-

ker-Markt heute. Von Feng-

Shui-Speakern bis High-Tech-

Nerds ist alles dabei.

Wir wissen natürlich, dass

der aktuelle Stand der Lis-

te noch nicht vollständig

ist. Sie wird mit dem Beirat

ständig weiterentwickelt.

Wir appellieren vor allem

an Speaker-Einkäufer, uns

Personen vorzuschlagen,

die ihrer Ansicht nach die

Kriterien erfüllen (siehe Kasten links).

Es werden also sicher noch weitere da-

zukommen, die wir trotz monatelan-

ger Recherche nicht gesehen oder noch

nicht richtig eingeschätzt haben. Wir

garantieren aber, dass die, die drin sind,

wirklich top sind.

Ulrike Aichhorn zum Beispiel ist nicht dabei. Und die ist CSP, also eine von der amerikanischen National Speaker Association (NSA) ausgezeichnete „Certified Speaking Professional“. War das kein Kriterium?Der CSP an sich spielt bei dieser Wahl

nur eine untergeordnete Rolle, weil vie-

le Speaker-Einkäufer diese Zertifizie-

rung aus den USA oder Australien noch

gar nicht kennen. Sie gibt auch, wie

jede vergleichbare Zertifizierung, zwar

einen Qualitätshinweis, bedeutet aber

nicht automatisch, dass der oder die

Ausgezeichnete „top“ ist. Zudem trifft

die Auszeichnung die Erwartungen im

deutschsprachigen Raum nur teilweise.

Aber wir werden die entsprechenden

Speaker, die nahe am Top Speaker sind,

weiter beobachten und immer wieder

zur Wahl stellen.

Auf der Liste steht Dirk Kreuter, aber nicht Jürgen Höller. Beides sind kriti-sche Gestalten des Rednermarktes. Können Sie das erklären?Wir werden vermutlich zu jedem in

der Real-Top-Speaker-Liste neben zahl-

reichen Fans auch genügend Kritiker

finden. Das ist normal bei Speakern,

besonders bei denen, die ja bewusst

die Macht der Provokation für ihre

SIEGFRIED HAIDER

>> Der diplomierte Betriebswirt aus München ist

Veranstaltungsprofi und selbst Speaker. Mit

seiner Firma experts4events arbeitet er an der

Vermarktung und Positionierung von Speakern

und Trainingsprofis. Außerdem ist er Gründer und

Ehrenpräsident der Rednervereinigung German

Speakers Assocation (GSA).

Kontakt: www.experts4events.com

REAL TOP SPEAKER

>> Das neue Projekt will eine Orientierungshilfe für

Speaker-Einkäufer bieten. Eine Jury aus Expertin-

nen und Experten wählt anhand von sechs Kriteri-

en zusammen mit Siegried Haider professionelle

Rednerinnen und Redner aus und publiziert eine

entsprechende Liste kostenfrei im Internet.

Dort können auch alle, die für den Einkauf pro-

fessioneller Speaker verantwortlich sind, eigene

Vorschläge zur Nominierung neuer „Real Top

Speaker“ einreichen: www.real-top-speaker.com

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18 Trainingaktuell | Dezember 2019

GESCHICKT MIT VORURTEILEN AUFRÄUMEN

Die Albatros-Kultur

Vorurteile? Haben wir doch nicht! Um diese gängige Reaktion von Teams charmant zu umgehen, nutzen die beiden Team-Expertinnen Amelie Funcke und Gabriele Braemer die Geschichte der sogenannten Albatros-Kultur. Bei dieser Teamübung wird eine fremde Kultur beob-achtet – und zwar ohne den Raum verlassen zu müssen.

Inspiration

die Tür gebeten. Dort erhalten sie eine

schriftliche Anleitung für eine kleine

Szene aus der „Albatros-Kultur“, die sie

der Gruppe vorspielen sollen (siehe Sze-

nenbeschreibung im Anschluss).

Gleichzeitig werden die anderen –

das Publikum – instruiert: Sie sitzen

auf Stühlen im Halbkreis, ohne Tische.

Auf der „Bühne“ befindet sich ein leerer

Stuhl, darunter steht eine Schale mit

Erdnüssen.

Der Gruppe wird nun angekündigt,

dass in wenigen Minuten ein Mann und

eine Frau als Vertreterin und Vertreter

der Albatros-Kultur den Gruppenraum

betreten werden. Alle werden gebeten,

das Verhalten der beiden Personen ge-

nau zu beobachten, sich gegebenenfalls

auch Notizen zu machen.

Vorhang auf: Die Szene

Der Mann und die Frau kommen

schweigend herein, mit freundlichen

Gesichtern. Die Frau geht hinter dem

Mann mit einem deutlichen Abstand.

Beide bleiben kurz in der Mitte stehen

und betrachten die Gruppe wohlwol-

lend. Sie gehen dann der Reihe nach

auf die Teilnehmenden zu. Übereinan-

dergeschlagene Beine von Einzelnen

werden sanft, aber bestimmt auf den

Boden gestellt. Bei denjenigen, die die

Beine wieder übereinanderschlagen, er-

neut. Dabei berührt die Frau nur Frauen

und der Mann nur Männer.

Nun setzt sich der Mann auf den

Stuhl, die Frau kniet sich neben ihn auf

In Branchen wie der Sozialarbeit, der

Jugendarbeit, der politischen Bildung

oder der interkulturellen Zusammenar-

beit werden immer wieder spielerische,

unterhaltsame, erfahrungsbasierte Me-

thoden entwickelt, die das Verständnis

für kulturelle Denkweisen, Gemein-

samkeiten und Unterschiede beför-

dern. Diese Methoden führen recht

schnell zu Aha-Erlebnissen und zur

Selbsterkenntnis – und sind eine gute

Grundlage für ein lebhaftes Gespräch

über Zuschreibungen, Interpretatio-

nen, Bewertungen und Vorurteile im

Foto: TimArbaev/iStock.com

Männer und Frauen scheinen in der Albatros-Kultur keine gleichwertige Rolle zu spielen – so viel wird schnell klar.

interkulturellen Kontext. Die Übung

zur Albatros-Kultur, zu der uns Organi-

sationsberaterin Cathrin Germing an-

geregt hat, ist eine solche. Sie ist sehr

einfach und unaufwendig – und lässt

die Teilnehmenden das Problem selbst

erfahren.

Vorbereitungen für den großen Auftritt der Albatrosse

Zwei Teilnehmende (ein Mann und

eine Frau) werden zu Mitgliedern der

Albatros-Kultur erklärt und kurz vor

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Trainingaktuell | Dezember 2019 19

Inspiration

den Boden. Die Frau nimmt die Schale

mit den Erdnüssen, sofort nimmt ihr

der Mann diese aus der Hand, bevor sie

eine Nuss essen kann, und isst selbst

konzentriert und demonstrativ kauend

einige Nüsse. Danach übergibt er der

Frau die Schale, die nun auch einige

Nüsse isst und die Schale dann beisei-

testellt.

Danach legt der Mann seine Hand

auf die Schulter der Frau, die sich drei-

mal dicht zum Boden hin beugt. Nun

stehen beide auf und schreiten zum

Abschied noch einmal die Runde der

Teilnehmenden ab. Die Frau folgt dabei

wieder dem Mann. Dann verlassen sie

den Raum.

Auswertung: Will ich in dieser Kultur leben?

Die Reflexion der Geschichte erfolgt in

mehreren Schritten. Zunächst erfolgt

der Blick nach innen. Jede Person no-

tiert für sich kurz: Was ging in mir vor?

Welche Gefühle kamen hoch? Was ist

mir aufgefallen?

Im nächsten Schritt geht es um das

Beschreiben der Situation. Dazu werden

die Teilnehmenden in zwei Gruppen

eingeteilt. Gruppe 1 wird gebeten, das

Beobachtete zu beschreiben, ohne zu

werten. Gruppe 2 hat die Aufgabe, dar-

auf zu achten, ob wirklich neutral be-

schrieben wird oder ob sich Wertungen

einschleichen.

Im letzten Schritt wird die Grup-

pe eingeladen, das Beobachtete zu

interpretieren. Die Trai-

nerin kann diese Sequenz

einleiten durch die Frage:

„Möchten Sie in dieser Kul-

tur leben? Wenn ja: warum?

Wenn nein: warum nicht?“

Und letztlich ist es doch anders als gedacht ...

Erst dann erhält die Gruppe

detaillierte Informationen

zur Albatros-Kultur: Bei die-

ser Kultur handelt es sich

um ein Matriarchat, in der

die Erde als Muttergottheit

verehrt wird. Große Füße

gelten als schön, denn sie

bewirken einen guten Kon-

takt zur Erde. Gästen wird

besondere Ehrerbietung er-

wiesen, indem ihren Füßen

möglichst viel Bodenkon-

takt gegeben wird. Erdnüs-

se sind eine rituelle Speise,

weil sie die Kraft der Mutter-

gottheit beinhalten.

Frauen haben besondere

Privilegien, weil sie genau

wie die Mutter Erde Leben

hervorbringen können. Män-

ner sind verpflichtet, Spei-

sen der Frauen vorzukosten

und vor ihnen herzugehen,

um Gefahren abzuwenden.

Frauen dürfen auf dem Bo-

den sitzen, Männer müs-

sen auf Sitzgestellen Platz

INFOS

>> Einsatz: zur Themenbearbeitung, oder zu

Beginn einer Teamentwicklung mit interkultu-

rellem Themenschwerpunkt

>> Situation: Wenn das Team für die Schwierig-

keiten mit der Interpretation und Bewertung

kultureller Unterschiede sensibilisiert werden

soll

>> Gruppierung: 8-20 Personen

>> Setting: Stuhlhalbkreis ohne Tische im Raum

>> Medien/Material: eine Schale mit Erdnüssen,

Flipchart

>> Dauer: 30-45 Minuten

>> Vorbereitung: Erdnüsse besorgen

>> Die Hintergrundinfo zur Kultur – und damit die

Szene, die zur Beobachtung gezeigt wird, kann

verändert werden

>> Quelle: Die Methode ist angelehnt an: Bundes-

zentrale für politische Bildung und S. Hand-

schuck & W. Klawe: Interkulturelle Verständi-

gung in der Sozialen Arbeit. Ein Erfahrungs-,

Lern- und Übungsprogramm zum Erwerb

interkultureller Kompetenz. 2004, Beltz.

LITERATUR

>> Amelie Funcke, Gabriele Braemer: Ein Herz fürs

Team. Methodensammlung für Teamworkshops

und Teamentwicklungen. managerSeminare

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Trainingaktuell | Dezember 2019 21

SERIE SYSTEMISCHE INTERVENTIONEN

Neue Spielregeln fürs Team

Das Formulieren von Spielregeln ist bewährte Praxis in Seminaren und Workshops. Schließlich verbessern sie die Zusammenarbeit, geben dem Trainingsprofi aber auch wert-volle Einblicke in die vorherrschende Gruppendynamik. Einen neuen Ansatz dafür stellt Anja Wiggenhauser vor – inklusive alternativem Brainstorming und Rotationsmethode.

Inspiration

von gemeinsamen Spielregeln gut für die Zusam-

menarbeit. Und für die Trainerin oder den Trai-

ner ist der Definitionsprozess gleichzeitig eine

Gelegenheit, direkt Einblick in die Dynamik der

Gruppe zu bekommen.

Die Idee, Regeln gemeinsam zu formulieren, ist

also nichts Neues. Warum aber hier nicht einmal

eine bewährte Methode in frischem Gewand aus-

probieren? Mit einer intensiven, kreativen Me-

thode, die sich vor allem für Gruppen eignet, die

längerfristig zusammenwirken, wie beispielsweise

Projektgruppen.

Phase 1: „Question Burst“ (4 Minuten)

Statt mit Statements starten wir das Sammeln

der Spielregeln mit Fragen: Der Question Burst

ist eine alternative Methode zur traditionellen

Brainstorming-Technik. Erfahrungen zeigen, dass

sie eine kreativere und freiere Denkweise der Teil-

nehmer anregt.

Einleitend könnte der Trainer beispielsweise

sagen: „Stellt euch eure Traum-Situation vor und

fragt euch anschließend: Wie erreichen wir das?

Was brauchen wir dafür?“. Dann schreiben alle

ihre jeweils eigenen Fragen zum Thema „Unsere

Spielregeln im Team“ auf Post-its. Hilfreich ist es,

wenn sich die formulierten Fragen an folgendem

Schema orientieren:

A Offene Fragen

A W-Fragen

A Möglichst kurze Fragen

Alle Fragen dürfen gestellt werden, wie beim

Brainstorming geht es um die Quantität – also

darum, möglichst viele Fragen zu sammeln. Oft

sind Teams jedoch geneigt, die Fragen direkt

zu beantworten. Diesen Drang nach Antworten

Illustration: Stefanie Diers/managerseminare

Spielregeln helfen, gemeinsames Com-

mitment und Verständnis zu schaffen,

um das Miteinander zu stärken. Das gilt

besonders, wenn die Teilnehmenden

neu zusammentreffen. Aber auch dann,

wenn diese Regeln der Zusammenar-

beit von den Teams, die in Seminaren

oder Workshops zusammenkommen,

schon offiziell oder inoffiziell ausge-

handelt wurden, ist das Formulieren

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22 Trainingaktuell | Dezember 2019

Inspiration

sollten Trainerin oder Trainer in dieser Phase wert-

schätzend eingrenzen und auf die späteren Pha-

sen verweisen. Hilfreich ist hierbei ein strenges

Timekeeping beziehungsweise Timeboxing: Dabei

werden mit einer sichtbaren Stoppuhr die maxi-

mal vier Minuten gestoppt, die für den Question

Burst vorgesehen sind.

Die Fragen aus dem Burst sind oft sehr viel-

fältig – von „Welche Regeln brauchen wir in kei-

nem Fall?“, „Was machen wir, wenn Spielregeln

verletzt werden?“ bis „Wozu brauchen wir Spiel-

regeln?“ kann und darf alles genannt werden.

Solche Fragen-Beispiele kann der Trainer auch zu

Beginn der Gruppe nennen, um die Teilnehmer

zu inspirieren.

Phase 2: Clustern mit Metaphern (max. 10 Minuten)

Im zweiten Schritt clustert das Team gemein-

sam die unterschiedlichen Fragen auf einer

Metaplanwand. Anstatt Oberbegriffe

für die einzelnen Cluster zu finden, hel-

fen Bilder dabei, die Cluster noch besser

bei den Teammitgliedern zu verankern

und sie greifbarer zu machen.

Eine Trainerin kann beispielsweise

Abbildungen unterschiedlicher Ver-

kehrsschilder anbieten. So könnte

etwa die Frage „Wozu brauchen wir

Spielregeln?“ in einem Cluster mit dem

Schild, das vor Bodenwellen warnt,

gesammelt werden. Dieses Schild hat

dann die Bedeutung „Grundlegende

Überlegungen und Fragen zum The-

ma“. Falls die angebotenen Bilder nicht

ausreichen, können die Anwesenden

auch Verkehrsschilder selbst neu ent-

wickeln und zeichnen. Inspirierend

sind auch Verkehrszeichen aus anderen

Ländern.

Hilfreich ist hier der Hinweis vom

Trainer, dass es bei der Clusterung der

Fragen vor allem darauf ankommt, zu

unterscheiden zwischen:

A direkten Fragen zu den Spielregeln

(z.B. „Wie möchten wir miteinander

kommunizieren?“) und

A Fragen zum Hintergrund oder Proze-

dere bezüglich der Spielregeln (z.B.

„Wozu brauchen wir Spielregeln?“).

Phase 3: Fragen beantworten (15-20 Minuten)

Nun diskutiert das Team jeweils in

Zweier- oder Dreiergruppen die Ant-

worten auf die Fragen in den einzelnen

Clustern. Hierfür sollte jeweils ein –

maximal zwei – Fragen-Cluster mit Bild

auf einer Metaplanwand fixiert sein. So

können die Gruppen ihre Antworten

auf die einzelnen Fragen jeweils auf

Post-its schreiben und an die passende

Wand kleben.

Trainerin oder Trainer kön-

nen hier beispielsweise

die bewährte „Rotations-

methode“ nutzen. Sie ge-

währleistet, dass jede Klein-

gruppe an den Antworten

für jedes Cluster mitwirkt.

Die Rotationsmethode

Die unterschiedlichen The-

men sollten hierzu jeweils

auf unterschiedlichen Me-

taplanwänden repräsen-

tiert sein. Notfalls können

auch zwei Themen auf eine

Wand. Dann sollte für die

Runden aber längere Zeit

eingeplant werden, damit

keine Wand doppelt belegt

wird, und jede Gruppe an

einer eigenen Station arbei-

ten kann.

Jede Gruppe arbeitet nun

in einem „Rundkurs“ für je-

weils eine bestimmte Zeit

– in unserem Fall etwa 5

Minuten pro Wand – mit

einem Thema und wechselt

auf das Signal des Trainers

zum nächsten Thema bezie-

hungsweise zur nächsten

Wand. Die jeweils nachfol-

genden Gruppen ergänzen

und komplettieren dann

das, was schon an der Wand

steht, bis schließlich alle

Gruppen an jeder Wand mit-

gewirkt haben.

Wichtig ist hier der Hin-

weis, dass sich die Gruppen

jeweils auf maximal eine

Antwort pro Frage einigen

sollen.

INFOS

>> Gruppengröße: 3 bis 12 Personen

>> Material: Post-its/Metaplan-Kärtchen, 4-5

Metaplanwände, 1 Flipchart, leere Karten,

Stifte, Bilder/Karten mit Verkehrszeichen

>> Eine Übersicht der gängigen Verkehrsschil-

der gibt es etwa unter dem Link: www.

bussgeldkatalog.org/verkehrszeichen

>> Zeitaufwand: ca. 30 Minuten

QUELLEN:

>> Hal Gregersen: Better Brainstorming. Harvard

Business Review, März 2018

>> Hartwig Hansen: A bis Z der Interventionen in

Gruppen. Klett-Cotta 2017, 29 Euro

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30 Trainingaktuell | Dezember 2019

POSITIONIERUNGSBERATUNG

Lieber nicht aus der Tüte

Viele Marketingberatungen versprechen die schnelle Positi-onierung nach Erfolgsrezept: Wahlweise reichen Selbstlern-kurse, E-Books oder andere Patentlösungen. Sascha Theobald erklärt, warum Trainings- und Beratungsprofis die verlocken-den Versprechen kritisch hinterfragen sollten – und welche sechs Zutaten eine gute Positionierung wirklich braucht.

Organisation

Eine Positionierung, mit der man sich deutlich

vom Wettbewerb differenzieren und als erste

Wahl im Kopf der Wunschkunden durchsetzen

kann. Wer nicht im großen Topf der Belanglosig-

keit versinken will, darf hier keine Kompromisse

machen. Leider tun dies viele.

Positionierung aus der Tüte

Schließlich klingt es verführerisch, wenn Marke-

tingberaterinnen und -berater einfache Erfolgsre-

zepte anbieten: Ein flotter Selbstlernkurs, ein schick

gestaltetes E-Book, eine 3-Stunden-Power-Session –

und zack! – ist die unverwechselbare Positionierung

geschafft. Was soll da schon schiefgehen?

Nun, so einiges. Denn die Auswahl der Instant-

Angebote – schnell zubereitet aus bewährten Me-

thoden und vollmundigen Versprechungen – ist

groß und meist wirken sie erst einmal schmack-

haft. Doch hat fast jedes einen unangenehmen

Beigeschmack, der recht schnell durchschlägt.

A Das Positionierungs-Dinner-for-One: Hier gibt

es sozusagen nur das Rezept: Materialien, mit

denen Selbstständige ihre Positionierung allei-

ne ausarbeiten können. Im stillen Kämmerlein

folgen sie Anleitungen und bearbeiten Aufga-

ben. Das kann klappen, solange es um sachliche

Marktrecherche geht. Aber schon bei der Frage

»Was sind Ihre Stärken?« kommt, wer für sich

alleine kocht, schnell ins Trudeln. Wie soll Neu-

es und Besonderes entstehen, wenn der frische

Blick von außen fehlt? Wenn niemand schnelle

Antworten hinterfragt und nachbohrt – auch

wenn es wehtut? Niemand die strahlenden Au-

gen und andere Botschaften zwischen den Zei-

len bemerkt? Alleine kommt man hier schnell

an die eigenen Grenzen.

Foto: coresince84 / photocase.de

Wer sich von der Masse abheben möchte, sollte nicht auf schnelle Fertigprodukte setzen: Die sind in der Regel weder besonders lecker noch nahrhaft.

Für Trainerinnen, Berater, Coachs und

alle anderen Weiterbildungsprofis ist die

Situation nicht einfach. Es gibt kein Seg-

ment, in dem es nicht unzählige Anbieter

gibt. Warum sollen sich Menschen also

für sie und ihr Angebot entscheiden –

und nicht für die Konkurrenten? Wer er-

folgreich sein und bei den richtigen Men-

schen Resonanz erzeugen möchte, muss

gute Antworten auf diese Frage geben

können. Und die sollten sich keinesfalls

darin erschöpfen, die Preise

der anderen zu unterbieten.

Denn die Alternative, sich

über den Preis zu verkaufen,

wird schnell gefährlich – gibt

es doch immer jemanden, der

noch günstiger ist. Zukunfts-

fähig wird ein Business so

nicht.

Dafür ist vielmehr eine klare

Positionierung unver zichtbar:

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Trainingaktuell | Dezember 2019 31

Organisation

A Der Positionierungs-Pizzadienst:

Hier gibt es immerhin eine persön-

liche Begegnung. Wenn auch nur

zwischen Tür und Angel. Nach ei-

nem kurzen Gespräch präsentiert der

Instant-Positionierungs-Coach seine

Ideen und Gedanken zu seinem Ge-

genüber. Die klingen oft schlüssig,

das Offensichtliche liegt schließlich

an der Oberfläche und kann bequem

abgeschöpft werden. Die entstehende

Positionierung basiert dann auf dem

Naheliegenden. Ob das aber reicht,

um gegen den Wettbewerb anzutre-

ten? Kann man sich mit dem Übli-

chen aus der Masse abheben? Nun ja.

A Der Positionierungs-Formschinken:

Dabei gibt es noch mehr Rezepte –

diesmal immerhin erprobte Erfolgs-

rezepte: Vorlagen und Anleitungen,

um die vermeintlichen Erfolgskom-

ponenten anderer Unternehmen auf

dem eigenen Herd zu adaptieren. Hun-

dertfach erprobt und mit Erfolgsga-

rantie! Doch aus Erfolgsschablonen

und Schritt-für-Schritt-Anleitungen

kann nichts Besonderes, nichts Neues

und erst recht nichts Einzigartiges ent-

stehen. Das Klonen von Erfolgs storys

produziert einfach nur Kopien.

A Der Positionierungs-Eintopf: Positio-

nierungswillige treffen sich hier mit

einer Gruppe im offenen Workshop.

Sie bekommen allgemeine Impulse,

Arbeitsvorlagen und einen Austausch

in der Gruppe. Was Sie nicht be-

kommen: intensive, vertrauensvolle

Gespräche, in denen es nur um sie

selbst und das eigene Business geht,

in denen alle Antennen auf sie, ihre

Wunschkunden und ihr Potenzial ge-

richtet sind und sie auch ihre tiefsten

Wünsche, Träume und Ängste ausspre-

chen können.

Es geht aber ums Eingemachte

Genau darum aber muss es gehen, wenn

die Positionierung nicht nur eine Luft-

nummer bleiben soll – ein netter Slogan

also, oder ein vermeintlicher Nischen-

begriff, hinter dem sich nicht mehr ver-

birgt als dünne Luft. Der bei Menschen

und Unternehmen eher für Unsicherheit

sorgt als für neuen unternehmerischen

Schwung – weil sie sich im neuen Web-

Auftritt, dem neuen Claim nicht ganz

wiederfinden, im schlimmsten Fall

überhaupt nicht wiedererkennen – und

deswegen im Alltag mit angezogener

Handbremse kommunizieren.

Eine gute Positionierung dagegen

schafft Selbstbewusstsein. Sie ent-

springt dem Kern des Unternehmens

und bringt das wahre Potenzial zum

Vorschein. Deshalb liefert sie das Rüst-

zeug, um klar zu kommunizieren und

sich von der Masse zu unterscheiden.

Hat sie ein wirklich solides Fundament,

ergeben sich daraus ganz schlüssig griffi-

ge Botschaften, wertvolle Angebote und

relevante Themen – z. B. fürs Blog oder

die Social Media. Es wird auch schnell

deutlich, was zum Unternehmen passt

und was nicht: Wer sie hat, weiß, was zu

tun ist, und wird nicht Zeit, Geld und

Energie in Aktionismus verpulvern,

sondern die eigene Energie auf die wir-

kungsvollsten Punkte bündeln.

Eine Positionierung zu erarbeitenn ist

deshalb ein intensiver Prozess. Es geht

darum, das zu finden, wofür ein Unter-

nehmen, eine Trainerin, ein Coach steht

und wie sein oder ihr spezieller Weg aus-

sieht. Und das geht nur mit rauchenden

Köpfen, mutigen Gedanken und cleveren

Fragen. Um raus aus dem Tunnelblick,

rein in neue Perspektiven zu kommen,

braucht es einen Sparringspartner, der

genau zuhört und auch zwischen den

Zeilen liest. Der Dinge hinterfragt und

auch in die Wunde packt. Es gibt keine

Abkürzung. Es gibt keine Wunderformel.

Drei Grundbedingungen und drei Elemente

Alle, die sich auf dieses Projekt einlas-

sen wollen, sollten deshalb zunächst

einmal auf eine gute Grundausstattung

achten. Denn der intensive Prozess

der Positionierung wird nur gelingen,

wenn diese drei Faktoren gegeben sind:

A Ehrliche Offenheit: Intensive Gesprä-

che brauchen Offenheit auf beiden

Seiten. Der oder die Selbstständige

muss ehrlich aus seinem oder ihrem

Unternehmen, von den eigenen Pro-

blemen, Wünschen und Träumen

erzählen, von tollen Projekten und

schwierigen Unterfangen. Es braucht

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34 Trainingaktuell | Dezember 2019

SERIE ONLINE-COACHING-FORMATE

Sie haben Post!

Schriftliches Coaching via E-Mail oder Messenger wird zwar schon von vielen Coachs genutzt, häufig aber eher unbedacht und ohne das volle Potenzial auszuschöpfen. Das nämlich ist als Ergänzung zu anderen Formaten und Präsenzsitzungen oder in der Prozessbegleitung grö-ßer, als viele denken – ein paar Leitlinien sollten Coachs beim Einsatz jedoch befolgen.

Interaktion

als dies im alltäglichen Mail-Verkehr

der Fall ist. Weder Coach noch Coa-

chee sollten also überstürzt und un-

vorbereitet in die E-Mail-Kommuni-

kation einsteigen. Damit beiderseits

klar verständliche, hilfreiche Mails im

Posteingang landen, ist es wichtig, die

inhaltlichen und formalen Rahmenbe-

dingungen vorab zu klären.

Der oder die Coachee sollte das The-

ma oder Problem und das eigene Ziel

ausführlich schildern. Und der Coach

oder die Beraterin sollten solange nach-

haken, bis sie das Gefühl haben, am Kern

angekommen zu sein. Da fast alle Wahr-

nehmungskanäle fehlen und sich an der

Körpersprache nicht erkennen lässt, ob

Worte und Stimmung kongruent sind,

müssen Beratungsprofis lernen, zwi-

schen den Zeilen zu lesen, um Unstim-

migkeiten schnell aufdecken zu können.

Um diesen Prozess zu vereinfachen,

ist es empfehlenswert, sich auf eine

sogenannte E-Mail-Etikette zu verstän-

dingen, was Formulierungen im Betreff,

Struktur und erwartete Folgeschritte

angeht. Diese Netiquette (Etikette im

Netz) kann im Beratungsvertrag fest-

gehalten werden und beispielsweise

folgende Punkte enthalten:

A Reaktionszeiten festlegen

A Aussagekräftige Betreffzeile

A Wenige Themen in einer E-Mail

A Umfang einer Standardantwort

A Text übersichtlich gestalten, Aufzäh-

lungen, Absätze

A Erhalt der E-Mail bestätigen

Geschriebene Kommunikation wie beim

E-Mail-Verkehr unterscheidet sich in we-

sentlichen Punkten von gesprochener.

In Coaching-Prozessen kann das sowohl

Vor- als auch Nachteile (siehe Kasten S.

35) haben. Beispielsweise kann der nach-

weislich heilsame Aspekt des Schreibens

dem Coachee wertvolle Einsichten brin-

gen. Andererseits können die Beschrän-

kungen der Internetkommunikation

aber auch zu einer Entwirklichung oder

-emotionalisierung führen, weil zu viel

reflektive Distanz aufgebaut wird.

Foto: MissTuni / iStock

Die schriftliche Kommunikation via E-Mail ist die einfachste Art der asynchronen Kommunikation und erinnert an das klassische Schreiben von Briefen.

In jedem Fall sollte E-Mail-Coaching

nicht leichtfertig eingesetzt werden.

Denn jeder schreibt zwar heutzutage

regelmäßig Mails. E-Mail-Coaching ist

allerdings mehr. Die folgenden Tipps

helfen, alle Möglichkeiten auszuschöp-

fen und einen erfolgreichen Coaching-

Prozess zu gestalten.

Für den erfolgreichen Einstieg

In einem Coaching-Prozess muss auf

mehr Einzelheiten geachtet werden,

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Trainingaktuell | Dezember 2019 35

Interaktion

A Ein Symbol für Sondersituationen

vereinbaren (z.B. Priorität).

Entsteht trotz aller Vorkehrungen ein-

mal eine Unklarheit, sollte ein Coach

diese sofort ansprechen. Auch die Kli-

entin sollte dazu immer wieder aufge-

fordert werden. Bereits in der synchro-

nen Kommunikation ist es schwierig

genug, Missverständnisse aufzudecken

– bei der asynchronen kostet die spä-

tere Klärung unnötig Zeit und Mühe

und verzögert dadurch den Prozess. Im

schlimmsten Fall können (ungeklärte)

Missverständnisse das Vertrauensver-

hältnis von Coach und Coachee beschä-

digen.

Schreiben will geübt sein

Texte nachvollziehbar und (möglichst)

frei von Missverständnissen zu formu-

lieren, bedarf tatsächlich etwas Übung.

Es ist deshalb nicht empfehlenswert,

sich einfach mal schnell in ein E-Mail-

Coaching zu stürzen, weil ein Kunde

das vielleicht gerade fordert oder weil

man als Coach herumexperimentieren

möchte.

Die Formulierungen beim E-Mail-

Coaching müssen eindeutig, ehrlich

und klar sein. Dazu sollten die Nach-

richten in der ersten Person im Prä-

sens geschrieben werden. Diese „Ich-

Botschaften“ können helfen, die Erfolge

und Fortschritte eines Kunden oder

einer Kundin angemessen zu bestä-

tigen und kritisches Feedback gut zu

verpacken. Dabei ist darauf

zu achten, nicht überheblich

oder unehrlich zu wirken.

Vorbereitend macht es

durchaus Sinn, sich zu-

nächst Abläufe, Themen und

Vorgehensweisen zu überle-

gen. Dazu kann ein Stan-

dard erstellt werden, der im

Prozess Hilfestellung gibt.

Dabei sollte auf kurze Sätze

und unmissverständliche

Sprache geachtet werden.

Auch einige Mails und Bau-

steine vorab zu erstellen, die

dann von einer (ehrlichen)

Vertrauensperson gegenge-

lesen werden, kann hilfreich

sein. Das Feedback sollte

dann aber in keinem Fall als

Kritik, sondern als Anregung

verstanden werden. Wenn

möglich, ist es noch besser,

sich einen Sparringspartner

zu suchen, mit dem einige

Sequenzen „live“ ausprobiert

werden. Dadurch lässt sich

im geschützten Raum ler-

nen.

Neben Schreibstil und

Formulierungen sollte ein

Coach auch darüber nach-

denken, wie die Texte leich-

ter lesbar gemacht werden

können, damit etwa die

Klientin den Blick auf die

wesentlichen Aussagen und

Vorteile von E-Mail-

Coaching

>> Usability und Flexibilität: Der Umgang mit

dem Medium ist bekannt und intuitv und

kann auch per Smartphone vorgenommen

werden.

>> Nachhaltigkeit: Die Dokumentation macht

den Prozess nachvollziehbar und die schriftli-

che Auseinandersetzung regt zu Reflexion an.

>> Emotionalität: Die verfassten Texte haben

einen hohen emotionalen Wert, da der Coa-

chee sich intensiv mit den eigenen Gefühlen

beschäftigt.

>> Verantwortung beim Coachee: Klient oder

Klientin werden kontinuierlich durch Impulse

und Aufgaben aufgefordert, aktiv zu werden.

>> Reflektierte Kommunikation: Spontane Re-

aktionen entfallen und reflektierte, professio-

nelle Antworten werden ermöglicht.

Nachteile von E-Mail-

Coaching

>> Mangelnde Klarheit: Da die Qualität der Kom-

munikation abhängig von der Schreibfähig-

keit ist, können leicht Missverständnisse ent-

stehen.

>> Zeitbedarf und Kompetenz: Gut strukturierte

und fundierte Texte kosten Zeit und Übung.

>> Begrenzte Wahrnehmung: Da alle Sinneska-

näle wegfallen, muss genau auf die gewählten

Worte geachtet werden.

>> Distanz: Viele Coachs schätzen gerade die

Unmittelbarkeit der Begegnung mit Klientin

oder Klient. Diese entfällt beim E-Mail-Schrei-

ben.

>> Begrenzte Ausdrucksmöglichkeiten: Es

besteht wenig Möglichkeit (abgesehen von

Emoticons), begleitende Emotionen auszu-

drücken.

>> Affinität fürs Schreiben erforderlich: Das Kli-

entel sollte gerne schreiben und lesen oder

zumindest keine Scheu davor haben.

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44 Trainingaktuell | Dezember 2019

NEW LEARNING FÜR NEW WORK

Ist das Training oder kann das weg?

Schluss mit öden Trainings und Bildungskonzepten von der Stange: Barbara Messer, seit mehr als 20 Jahren selbst Traine-rin, ist überzeugt, dass sich die Weiterbildungsbranche ganz grundlegend verändern muss – auch wenn manche das nicht wahrhaben wollen. Fünf Thesen für die Trainings der Zukunft.

Reflexion

Neue Anforderungen: Kürzer, tiefer, persönlicher

Wir bilden heute junge Menschen aus,

ohne konkret zu wissen, wie ihr Ar-

beitsplatz in wenigen Jahren aussehen

wird. Neue Informationen, neues Wis-

sen, neues Können sind für Unterneh-

men deshalb wichtiger denn je: Was

gebraucht wird und gekonnt werden

muss, wandelt sich gefühlt minuten-

schnell.

Sehr viel besser als tagelange Semi-

narklausuren passen deshalb kleine,

impulshafte Wissenseinheiten, knacki-

ge Trainingstage oder Mini-Workshops

in diese schnelllebige Zeit. Schließlich

lassen sie sich schneller für aktuelle

Veränderungen und neue Bedarfe mo-

difizieren.

Unternehmen brauchen aber auch

Menschen, die außerhalb ihrer klei-

nen Welt und ihrer Komfortzone zu-

versichtlich und ideenreich Lösungen

finden. Neben der ständigen Wissens-

aktualisierung wird darum auch die

individuelle Persönlichkeitsentwick-

lung immer wichtiger. Aber auch dafür

sind die meisten klassischen Bildungs-

konzepte ungeeignet: oberflächliche

Inhalte, seichte Soft-Skill-Seminare

und allgemeine Kommunikationsthe-

men werden Menschen kaum dazu

bringen, grundlegend anders zu den-

ken und zu handeln.

Weiterbildung in den Unternehmen

kann vor diesem Hintergrund nicht so

Foto: M.P. / photocase.com

Es gibt kein Gesetz dafür, dass Trainings in grauen Se-minarräumen stattfinden müssen.

Wer erinnert sich noch an tagelange Trai-

nings in schönen Hotels auf der grünen

Wiese? Mit unterhaltsamen Abenden an

der Bar, einer mehrseitigen Agenda und

viel, viel Zeit? Jahr für Jahr wurden so

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ge-

mäß des opulenten Fortbildungskata-

logs geschult und niemand stellte das

infrage. Doch leider, leider: Angesichts

des zunehmenden Workloads leistet

sich heute kaum noch jemand solche

Mammuttrainings.

Unsere Arbeitswelt und

mit ihr die interne Weiter-

bildung ändert sich derzeit

auf vielen Ebenen ganz

grundsätzlich. Am tiefgrei-

fendsten sind sicherlich die

Auswirkungen der Digita-

lisierung: Sie schafft nicht

nur neue Bildungs- und

Lernmöglichkeiten, son-

dern auch neue Lernanfor-

derungen.

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Trainingaktuell | Dezember 2019 45

Reflexion

bleiben, wie sie ist. Die Branche muss

sich neu positionieren, ein anderes

Verständnis von lebenslangem Lernen

entwickeln und neue Bildungskonzepte

kreieren. Was aber bedeutet das kon-

kret? Wie können Trainings zukunfts-

fähig werden? Dazu hier fünf Thesen.

These 1: Wir brauchen andere Set-tings und Methoden

Das Standardsetting von Trainings ist

bekannt: Bereits vor dem Seminar-

raum ist gefällige Musik zu hören, die

alle in gute Laune versetzen soll. Beim

Betreten des Raums fällt der Blick auf

den Stuhlkreis. Wer nun befürchtet, in

einer Psychogruppe gelandet zu sein,

wird sofort vom Anblick des Beamers

auf dem kleinen Wagen in der Mitte

beruhigt: Statt emotionalisierender

Aufgabenstellungen und persönli-

cher Gespräche steht doch wieder ein

PowerPoint-Vortrag an. Spielerisch

aktiviert werden die Teilnehmerin-

nen und Teilnehmer höchstens, wenn

sich währenddessen bleierne Müdig-

keit einstellen sollte. Der Bezug zum

Thema? Fehlanzeige.

Das ist fatal, denn um Menschen

und ihre Köpfe zu bewegen, braucht

es Lernsituationen, die sie wahrlich

„erschüttern“. Dass PowerPoint dafür

das falsche Medium ist, weiß mittler-

weile wohl jeder. Die Präsentationen

sind schnell erstellt, doch sie schütten

nur Informationen über den Menschen

aus – meist ohne dass viel ankommt, da

es uns schwerfällt, gleichzeitig zu lesen

und zuzuhören.

Wild und kreativ werden

Dabei gibt es sie längst, die wilden,

kreativen Formate, in denen jenseits

der grauen Seminarräume neu ge-

dacht wird: Thinktanks oder Boot-

camps etwa, in denen sich Menschen

hierarchiefrei austauschen,

von- und miteinander ler-

nen und Neues erdenken

können. Hier stehen Kol-

laboration, Kreativität und

Kommunikation an erster

Stelle. Warum sollten Un-

ternehmen diese Formate

nicht auch zur Weiterbil-

dung nutzen?

Oder im Seminarraum

selbst kreativ werden, um

zumindest Irritation zu er-

zeugen – im Idealfall aber

tiefgreifende Lernerlebnisse

entstehen zu lassen? Warum

nicht beschriftete Papierbö-

gen an Wäscheleinen oder

Fenstern anbringen, statt ein

Flipchart nach dem anderen

zu bekritzeln? Inhalte auf

großen Kartons visualisieren

oder in Form von TV- oder

Verkaufsshows aufbereiten?

„Menschen dabei zu begleiten, das Beste aus sich zu machen – das muss das typi-sche Trainer- und Coach-Credo werden!“

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