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Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen Konzept OES MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT

Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

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Lernen mit Feedbackan beruflichen Schulen

Konzept OES

MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT

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I N H A LT SV E R Z E I C H N I S

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1 Lernen und Feedback – eine Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 Schüler-Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2 .1 Aus wissenschaftlicher Sicht: Lernwirksames Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2 .2 Aus der Praxis an beruflichen Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

3 Kollegiales Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3 .1 Aus wissenschaftlicher Sicht: Kollegiales Feedback zwischen Lehrpersonen:

Konzeptmerkmale – Potentiale – Forschungsbefunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3 .2 Aus der Praxis an beruflichen Schulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4 Schulleitung und Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4 .1 Eine Führungsperson holt sich individuell ein Feedback ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4 .2 Feedback im Schulleitungsteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

5 Zum Nachlesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5 .1 Das Johari-Fenster als Grundlage des Individualfeedbacks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5 .2 Schulleitungsfeedback einholen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5 .2 .1 individuell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5 .2 .2 im Schulleitungsteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5 .2 .3 zum Beispiel mit dem 5-Felder-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5 .2 .4 zum Beispiel mit dem balancierten Handlungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5 .3 Modelle der Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5 .3 .1 Die 4 Seiten einer Nachricht – Das 4-Ohren-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5 .3 .2 Inneres Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

5 .4 Im Dialog sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5 .5 Professionalität einer Lehrperson – Lehrerkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5 .6 Kooperationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

6 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

7 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Inhaltsverzeichnis

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VO RWO RT

Die Arbeit an den beruflichen Schulen ist durch ständigen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft geprägt .

Dies und die zunehmende Heterogenität der Schülerschaft erfordern eine Unterrichtsgestaltung, die best-

mögliche Lernwege bietet und eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schülern ermöglicht . Auf-

gabe der Lehrkräfte an beruflichen Schulen ist es daher, immer wieder Lernsituationen mit möglichst hoher

Passung zu entwickeln, Unterrichtsinterventionen regelmäßig zu überdenken und dabei zu überprüfen, ob

die Planung und Umsetzung auch die erwünschte Wirkung erzielen . Schülerinnen und Schüler sollen erken-

nen können, was sie wie am besten lernen . Feedback als methodisch strukturierter Austausch über Erfah-

rungen in und mit Lernprozessen zeigt auf, wie der Lehrstoff von den Lernenden aufgenommen wird . Dabei

kann es sich sowohl auf die Gestaltung der Lernzeit, der Aufgaben, der Prozesse als auch auf Leistungsergeb-

nisse beziehen . Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an

welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten .

An den beruflichen Schulen ist Feedback bereits seit Jahren als Element des Konzepts OES bekannt . Feed-

back wurde zunächst als eigenständiger Qualitätsprozess betrachtet . In den letzten Jahren konnten an den

beruflichen Schulen Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen werden, wie Feedback in die pädagogische

Arbeit integriert und damit direkt für Lernprozesse nutzbar werden kann . Im Konzept OES ist Feedback heu-

te ein wichtiges Instrument zur systematischen Unterrichtsentwicklung . Die vorliegende Broschüre schließt

an die OES-Handreichung „Individualfeedback“ von 2010 an und entwickelt diese weiter, indem sie die

Erfahrungen der beruflichen Schulen und die Erkenntnisse der empirischen Bildungsforschung aufgreift und

strukturiert . In der Online-Fassung werden zudem vertiefte Informationen „Zum Nachlesen“ bereitgestellt .

Ich wünsche Ihnen eine anregende und interessante Lektüre .

Klaus Lorenz

Ministerialdirigent

Abteilung Berufliche Schulen

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

Vorwort

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L E R N E N M I T F E E D B AC K – E I N E E I N F Ü H R U N G

Lernen bedeutet, sich Wissen, Fähigkeiten und Fer-

tigkeiten individuell und aktiv anzueignen . Lernpro-

zesse erfolgen in der Auseinandersetzung der lernen-

den Person mit ihrer Umgebung . Gelernt wird nicht

nur aus der eigenen Bedürfnislage heraus, sondern

auch durch äußere Erwartungen und Einflüsse, die

an die lernende Person herangetragen werden . Feed-

back ergänzt die eigene Wahrnehmung durch wei-

tere Perspektiven und subjektive Eindrücke . Rück-

meldungen von außen, z . B . in Form von Wider-

spruch, Ergänzung oder Bestätigung, helfen den in-

dividuellen Lernprozess zu gestalten .

Im Konzept OES dient Feedback als wichtiges In-

Lernen mit Feedback – eine Einführung1

strument des Lernens . Lehrkräfte holen Feedbacks

ein, um gezielt Rückmeldungen zu einer wichtigen

Fragestellung zu erhalten, z . B . zum Lernen der

Schülerinnen und Schüler, zum Unterricht oder

zum Handeln der Lehrpersonen . Auf den Ebenen

von Unterrichts- und Schulentwicklung können

Rückmeldungen die Kooperation im Kollegium,

in Teams oder in Arbeitsgruppen betreffen . Auf der

Ebene der Schulentwicklung stellt Feedback ein

wichtiges Instrument für Schulleitungen dar, mit

dem individuelle Einschätzungen von Lehrkräften

wie auch im Schulleitungsteam systematisch aufge-

griffen und für das Lernen nutzbar werden können .

Abb. 1: Perspektiven der Unterrichtsentwicklung (Kultusministerium, 2015)

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L E R N E N M I T F E E D B AC K – E I N E E I N F Ü H R U N G

Lernen mit Feedback – eine Einführung

Im Unterricht nutzen Lehrkräfte unterschiedliche

Formen des Feedbacks, um ihren Schülerinnen und

Schülern Wahrnehmungen zu deren sozialen, ver-

haltens- und lernbezogenem Handeln mitzuteilen .

Umgekehrt wird das Lernen der Lehrkräfte durch

explizites Schüler-Lehrkräfte-Feedback unterstützt .

Heterogen zusammengesetzte Schülergruppen er-

fordern es, den Unterricht in seiner Planung und

Durchführung immer wieder anzupassen, u . U .

zu differenzieren und weiterzuentwickeln . Durch

Feedback können Lehrkräfte erfahren, wie wirksam

welche Aspekte ihres Unterrichts sind . Feedback er-

möglicht den Lehrkräften, Lernprozesse der Schüle-

rinnen und Schüler besser zu verstehen und auf un-

terschiedliche Lernbedürfnisse und Ausgangslagen

flexibel zu reagieren . Lehrkräfte unterziehen dabei

ihre Unterrichtshandlungen und ihre professionelle

Rolle einer reflexiven Betrachtung . Schülerfeedback

dient so als Entwicklungsinstrument für den eige-

nen Unterricht, nicht als „Beurteilungsinstrument

für die eigene Person .“ (Berger 2013, S . 33)

Anlass für Feedback bietet in der Regel eine Situa-

tion, in der die Umsetzung einer Planung oder die

Ergebnisse eines Lernprozesses nicht den Erwartun-

gen entsprechen .

Dies kann für alle Beteiligten der Fall sein, wenn

• Zusammenhänge nicht verstanden werden,

• Beteiligung und Qualität der Beiträge sinken oder

• die angebotenen Lernformen zu wenig genutzt

werden .

Feedback hilft im weiteren Lernprozess bei wich-

tigen Fragen, wenn das jeweilige Lernen sichtbar

wird und zwischen Lehrkraft und Schülerinnen bzw .

Schülern eine Verständigung über die individuellen

Lernprozesse stattfindet . Häufig ergeben sich so

neue Handlungsoptionen, um die unterrichtlichen

Ziele besser zu erreichen .

Die professionelle Rolle der Lehrkraft und die Qua-

lität des Unterrichts stehen bei Fragen der Unter-

richtsentwicklung im Vordergrund . Veränderungen

durch wissenschaftliche Erkenntnisse und gesell-

schaftliche Entwicklungen führen zu neuen bzw .

veränderten Bildungsplänen und -zielen . Sie er-

fordern von Lehrkräften immer wieder Neuorien-

tierung . Der Unterricht muss weiterentwickelt und

angepasst werden . Dabei kann es zu konkurrieren-

den Vorstellungen von gutem Unterricht oder an-

gemessenem Verhalten der Lehrkräfte kommen . Ein

respektvoller und strukturierter Austausch unter-

stützt das gegenseitige Verständnis der Lehrkräfte

und ermöglicht eine Erweiterung des individuellen

Handlungsrepertoires . Diese Form des Austauschs

in professionellen Teams wird als eine der effektivs-

ten Formen der Unterrichtsentwicklung betrachtet

(Helmke et al ., 2017, S . 9) .

Individuelle Anliegen in der Unterrichtsentwick-

lung können mit kollegialem Feedback, z . B . kolle-

gialer Hospitation, Microteaching oder Intervision

bearbeitet werden . Auch kollegiale Fallbesprechun-

gen ermöglichen ein gemeinsames Arbeiten an indi-

viduellen Anliegen .

Bei kooperativer Unterrichtsentwicklung, z . B . in Un-

terrichtsteams, Fachschaften o . ä ., finden verschie-

dene individuelle Lernprozesse gleichzeitig statt .

Individuelle wie gemeinsame Anliegen können mit

Feedback bearbeitet werden, wobei ein gemeinsa-

mes pädagogisches Verständnis hilfreich ist . Erfah-

rungen, z . B . bei Unterrichtshospitationen, können

in einer kooperativ abgestimmten Unterrichtsent-

wicklung der Ausgangspunkt für systematische Re-

flexion und wechselseitige Lernprozesse sein . Ge-

meinsame Fragestellungen lassen sich u . a . auch aus

Kompetenzmodellen für Lehrkräfte oder Qualitäts-

kriterien für Unterricht (Kultusministerium, 2015,

S . 10) ableiten . Der Nutzen von Feedback für die

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L E R N E N M I T F E E D B AC K – E I N E E I N F Ü H R U N G

gemeinsame Unterrichtsentwicklung hängt davon

ab, dass die Beteiligten

• für die gemeinsame Arbeit motiviert sind,

• ergänzende, bestätigende oder widersprüchliche

Meinungen in Entwicklungsprozessen schätzen,

• bereit sind, sich auf wechselseitige Lern- und Ent-

wicklungsprozesse einzulassen und

• Feedback als ein Werkzeug zur Unterstützung

für gelingende Lernprozesse wahrnehmen .

Das individuelle Feedback ermöglicht auch Schullei-

tungsmitgliedern den Blick auf das eigene professi-

onelle Handeln . Von Führungsmaßnahmen „Betrof-

fene“ können so eine Rückmeldung zur Wirkung

von Maßnahmen geben und ebenso dazu, wie sie

das jeweilige Führungsverhalten wahrnehmen . Das

eigene Führungshandeln kann bedacht (und ggf . an-

gepasst) werden . Innerhalb des Führungsteams hilft

Feedback, die Qualität und Effektivität der Zusam-

menarbeit zu überprüfen und weiterzuentwickeln .

Feedback ist also ein zentrales Instrument des Ler-

nens auf allen Ebenen: Die Schülerinnen und Schü-

ler lernen durch Rückmeldung von Mitschülerinnen

bzw . Mitschülern und Lehrkräften . Die Lehrkräfte

lernen durch Rückmeldungen von Schülerinnen

und Schülern sowie von Kolleginnen bzw . Kollegen .

In Teams findet durch den professionellen Dialog

über Erziehung und Unterricht ein kollegialer Lern-

prozess auf der Basis von gemeinsamen Erfahrungen

und/oder Beobachtungen statt . Das System Schule

lernt durch systematische Reflexionsprozesse auf al-

len Ebenen .

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Der Einbezug der Schülerinnen und Schüler gelingt

im Konzept OES ganz wesentlich mit Schülerfeed-

back . Zunächst wurde Schülerfeedback vor allem in

einem schrittweise angelegten Prozess zeitlich ver-

setzt mittels Fragebogen eingeholt und außerhalb

des unterrichtlichen Lernprozesses ausgewertet und

besprochen . In den letzten Jahren wurde deutlich,

dass Schülerfeedbacks besonders dann lernwirksam

werden, wenn sie direkt bezogen auf eine konkre-

te unterrichtliche Situation als integrierter Teil des

Lernprozesses genutzt werden . Solche Schülerfeed-

backs sind didaktisch eingebunden .

Der aktuelle Stand zur lernwirksamen Einbettung

von Schülerfeedbacks im Unterricht wird im Folgen-

den zunächst in einem wissenschaftlichen Gastbei-

trag dargestellt und im Weiteren durch Erfahrungen

aus der Praxis beruflicher Schulen sowie durch Um-

setzungsbeispiele ergänzt .

2.1 AUS WISSENSCHAFTLICHER SICHT:

LERNWIRKSAMES FEEDBACK

Gastbeitrag von Prof. Dr. Johannes Bastian,

Hamburg

Lernwirksames Feedback bedeutet Lernen sichtbar

zu machen, Lernen zu reflektieren, Lernende zu be-

raten und Unterricht zu entwickeln . Dabei bildet das

Interesse von Lehrenden und Lernenden an einer

für den Einzelnen wie

auch die Lerngemein-

schaft hilfreichen Ge-

staltung und Entwick-

lung des Lernens den

gemeinsamen Kern von

Unterrichtsentwicklung

und Feedbackarbeit .

UNTERRICHTSENTWICKLUNG BRAUCHT

LERNPROZESSORIENTIERTES FEEDBACK

Die Fragen, die in diesem Beitrag diskutiert und ge-

klärt werden sollen, sind: Was wissen wir über die

Wirksamkeit von Feedback und wie kann Feedback

so gestaltet werden, dass es nachhaltiges Lernen

wirksam beeinflusst?

Lernwirksames Feedback ist ein zentraler Bestand-

teil von Unterrichtsentwicklung (Kultusministerium,

2015, S . 8 ff .) . Ein solches Verständnis von Unter-

richtsentwicklung ist auf Rückmel-

dung angewiesen, die Lernprozess-

erfahrungen sichtbar und damit

reflexiv macht, um Lernprozesse

verstehen und Unterricht verbes-

sern zu können . Die Ausführungen

zum Zusammenhang von Feed-

back und Unterrichtsentwicklung

basieren auf einer Studie, die von

der Hamburger Schülerkammer ini-

tiiert wurde, um Feedback als Ins-

trument der Mitgestaltung von Unterricht und Schule

stark zu machen (zu den Befunden der wissen-

schaftlichen Begleitung vgl . Bastian/Combe/Langer,

2003/2016) .

LERNWIRKSAMES FEEDBACK BRAUCHT

EINEN KONSEQUENTEN BEZUG ZU DEN

LERNPROZESSEN

Seit der deutschsprachigen Veröffentlichung der

Meta-Analysen von John Hattie im Jahr 2013 erfährt

die Diskussion über die Bedeutung von Feedback

im Unterricht in Deutschland eine neue Aufmerk-

samkeit, denn Hattie sieht im Feedback einen der

wirkungsmächtigsten Einflussfaktoren für nachhal-

tiges Lernen . Dazu heißt es u . a ., dass ein summa-

tives Feedback – also ein Feedback alleine zur

Korrektheit des Ergebnisses – kaum lernwirksam ist .

Für formatives Feedback – also für lernprozessbezo-

gene Rückmeldungen – dagegen weist Hattie eine

Schüler-Feedback2

Können Schule und Unterricht mit Hilfe von Feedback lern- orientierter werden als eine Schule, in der es darum geht, mit wenig Aufwand zu guten Noten und Abschlüssen zu kommen?

Unterrichtsentwick- lung wird als Pro- zess verstanden, in dem alle Beteiligten systematisch und gemeinsam zur Ver- besserung des Ler- nens und Lehrens sowie der schuli-schen Bedingungen für die Entwicklung des Unterrichts beitragen (Bastian, 2007)

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

hoch bedeutsame Wirkung auf den Erfolg des Ler-

nens nach (vgl . Hattie, 2013, S . 215; Zierer u . a ., 2015,

S . 42) . Für die Wirksamkeit von Feedback lässt sich

daraus folgern, dass Feedbackverfahren den Weg des

Lernens sichtbar machen sollten und nicht nur das

Ergebnis .

LERNWIRKSAMES FEEDBACK BRAUCHT EIN-

BLICK IN DIE LERNPROZESSE

Hattie macht in seinen Studien deutlich, dass er mit

den Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler

das Verstehen des Lernens und des Gelernten – und

nicht eine Bewertung des Handelns der Lehrkräfte

– ins Zentrum rückt . Eine für die Akzeptanz von

Feedback nicht unwichtige Akzentuierung, gibt

es doch eine nicht unerhebliche Angst vor einem

Feedback, das auf die Bewertung des Lehrerhan-

delns gerichtet ist .

Lernen wird – so die Konsequenz – vor allem dann

verstehbar, wenn die Lernenden sich und anderen

ihre Lernprozesse mit Hilfe von Feedback sichtbar

machen können . Hilfreich kann dabei die gemeinsa-

me Reflexion darüber sein, was das Ziel ihrer Arbeit

war, wie sie vorangekommen sind, was ihnen dabei

(nicht) geholfen hat und was sie sich für die Wei-

terarbeit vornehmen . Zur methodischen Umsetzung

später mehr .

LERNWIRKSAMES FEEDBACK BRAUCHT

FRAGEN ZUR REFLEXION DES LERNENS

Bevor Lernen sichtbar gemacht werden kann, brau-

chen die Lernenden Fragen und Verfahren, mit de-

nen sie sich ihren Lernprozess bewusst machen, also

eigenständig beobachten und dokumentieren lernen .

In der Feedbackpraxis erfolgt die Dokumentation

und Reflexion von Lernprozessen vorwiegend mit

Hilfe von Logbüchern, Lernjournalen oder Lernta-

gebüchern, in denen die Lernenden am Ende einer

Stunde oder einer Lerneinheit kontinuierlich ihre

Beobachtungen zum Lernprozess eintragen (vgl .

Merziger, 2007 und Anderson /Merziger, 2014) . Sys-

tematisch geht es dabei nach den Erfahrungen von

Hattie und Timberley um die Reflexion auf drei

Ebenen: Um das Aufgabenverständnis, um Erfah-

rungen im Lernprozess sowie um Erfahrungen mit

der Selbstregulation (vgl . Hattie, 2013, S . 208 – 210) .

In Abb . 2 werden diese Lernerfahrungen in Fragen

übersetzt:

WO R AU F B E Z I E H E I C H M I C H ?

WAS S I N D M E I N E F R AG E N ?

W I E L AU T E N M E I N E F R AG E N B E Z O G E N AU F D E N G E G E N STA N D ?

Auf meine Aufgabe und mein Aufgaben-verständnis

Was war/ist mein Ziel?Wie bin ich vorange-kommen? Wohin soll es danach gehen?

Wie habe ich die Aufgabe verstanden? Was habe ich getan, um die Aufgabe zu verstehen? Was könnte ich im Sinne der Selbstüberwachung noch tun, um die Aufgabe richtig zu verstehen?

Auf meine Erfahrun-gen im Lernprozess

Was war/ist mein Ziel?Wie bin ich vorange-kommen? Wohin soll es danach gehen?

Wie habe ich den Lernprozess gestaltet? Was habe ich getan, um einen für mich guten Lernweg zu finden und einzuschlagen? Was könnte ich in Zukunft tun, um den Lernprozess noch besser zu gestalten?

Auf meine Erfahrun-gen mit Selbstregu-lation.

Was war/ist mein Ziel?Wie bin ich vorange-kommen? Wohin soll es danach gehen?

Was habe ich mir bezüglich der Selbstregulation vorgenommen? Was habe ich getan, um mein Lernen angemessen zu planen, zu beobachten und einzuschät-zen? Was könnte ich in Zukunft tun, um meine Selbst-regulation zu verbessern?

Abb. 2: Gegenstände von Feedbackarbeit und lernbezogene Feedbackfragen (in Anlehnung an Hattie und Timperley, 2009)

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Wichtig ist, dass die Beobachtung und die nachfol-

genden Rückmeldungen der Lernenden an Fragen

gebunden sind, die einerseits einfach zu bearbeiten

und andererseits komplex genug sind, um das an-

schließende gemeinsame Reflektieren und Verste-

hen des Lernens zu ermöglichen – beispielsweise in

Feedbackgesprächen oder Lernentwicklungsgesprä-

chen bzw . anderen geeigneten Feedbackverfahren

(vgl . Bastian, 2007, 2011 sowie 2014) . Die Bestim-

mung von Feedback-Fragen lässt darüber hinaus er-

kennen, dass damit genau das thematisiert wird, was

oben als gemeinsames Interesse von Unterrichtsent-

wicklung bestimmt wurde, nämlich: Überlegungen

und Konsequenzen zur Verbesserung des Lernens,

der Lernarrangements und der Bedingungen zur

Entwicklung von Unterricht und Lernen .

FEEDBACKARBEIT ALS INSTRUMENT

ZUR GESTALTUNG INDIVIDUALISIERTER

LERNARRANGEMENTS

Der professionelle Umgang mit Heterogenität ist

heute eine besondere Aufgabe der Unterrichtsent-

wicklung, denn die Heterogenität von Lerngruppen

ist pädagogische Normalität und gleichzeitig eine

zentrale Herausforderung .

Dabei gehen wir davon aus, dass die Individualisie-

rung der Lernprozesse eine Voraussetzung für einen

produktiven Umgang mit Heterogenität ist . Ein we-

sentliches Element der dazu erforderlichen didakti-

schen Arrangements sind individualisierende Aufga-

ben . Sie sollen nach der Definition von Annemarie

von der Groeben (2013, S . 7) ermöglichen, dass die

Lernenden bei der Wahl der Zugänge zum Thema

frei sein sollten, dass sie sich die gemeinsame Sache

auf ihre je eigene Weise erschließen und dass sie da-

bei selbst erfahren und probieren sollten, was ihnen

beim Verstehen der Sache am besten hilft . Was aber

hat das mit Feedback zu tun?

Wenn Schülerinnen und Schüler im jeweils eigenen

Tempo und an unterschiedlichen Aufgaben arbeiten,

dann braucht der Lehrende immer

wieder Rückmeldungen darüber,

was der einzelne Lernende gelernt

hat, wie er seinen Lernprozess ge-

staltet hat und wie er mit den Her-

ausforderungen des eigenständigen

Lernens umgegangen ist, um auf

dieser Basis beraten zu können . Für Rückmeldung

zur Situation der Schülerinnen und Schüler im lau-

fenden Lernprozess eignet sich beispielsweise ein

dreifarbiges Rückmeldeprisma, das auf dem Tisch

steht und je nach Selbsteinschätzung eine bestimm-

te Farbe zeigt .

Kurz: Eine Individualisierung des Lernens ist nicht

ohne eine Rückmeldung über das Lernen und ohne

eine Beratung des Lernenden auf Basis der im Feed-

back gewonnenen Informationen möglich .

Gelb

Rot

Grün

Klebekante

KlebekanteKlebekante

Klebekante

Klebekante

Abb. 3: Beispiel Rückmeldeprisma

Zur Bedeutung der Farben:grün: ich bin voll dabei, verstehe alles …gelb: ich habe Schwierigkeiten, verliere den Faden …rot: ich brauche Hilfe, schalte gerade ab …Je nach Ergebnis können anschließend ent- sprechende Konsequenzen bedacht werden.(Vgl. dazu den Erfahrungsbericht von Püst und Thiel, 2014)

Inwieweit befördert lernprozessorien- tierte Feedbackar-beit die Professiona-lität im Umgang mit Heterogenität oder ist gar eine Voraus-setzung dafür?

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Typisch für individualisierte Lernarrangements ist

darüber hinaus, dass diese besser bewältigt werden

können, wenn die Lernenden durch Schüler-Schü-

ler-Feedback an der Rückmeldung zu den Lernpro-

zessen beteiligt werden . Deshalb ist ein solcher Un-

terricht auf Schülerinnen und Schüler angewiesen,

die gelernt haben, einander beim Lernen zu helfen,

indem sie beschreiben, was sie erarbeitet haben und

wie sie gearbeitet haben und sich dazu eine Rück-

meldung von einem sogenannten „Gutachter“ ein-

holen .

Anlass sind Rückmeldungen über ein (Zwischen-)Ergebnis. Experte ist der Schüler, der um eine Rückmeldung bittet. Gutachter ist der Schüler, der Rückmeldung gibt. Die Aufgabe der Lehrkraft besteht darin, solche Rückmeldungen exemplarisch vorzuleben und systematisch mit den Schülerinnen und Schülern einzuüben (genauere Informationen dazu bei Föh, 2011, S. 20; ausführliche zum Schüler-Schüler-Feed-back vgl. Bastian, 2015).

FEEDBACK ALS

INSTRUMENT ZUR

UNTERSTÜTZUNG

DER SELBST-

REGULATION

Die bislang genannten

Hinweise auf Feedback-

arbeit zur Unterstützung

von individualisierten Lernarrangements zeigen,

dass diese Kompetenzen zum selbstregulierten Ler-

nen erfordern . Hinzu kommt, dass die Lernwirksam-

keit des Feedbacks deutlich gesteigert werden kann,

wenn sie Informationen zur Selbstregulation, also

zur Überwachung, Steuerung, Kontrolle und Re-

gulation des Lernprozesses enthält (Zierer u . a . mit

Bezug auf Hattie, 2015, 31f .) .

Zur Reflexion von Lernen und Unterrichtsentwick-

lung hat Merziger (2007) die drei Ebenen der Selbst-

regulation nach Boekaerts (1999) auf die folgenden

Begriffe gebracht: auf die Ebene der Lernstrate-

gien, die Ebene der Lernprozessüberwachung und

die Ebene der Selbstaktivierung . Welche Funktion

Feedback dabei hat, soll in den folgenden Abschnit-

ten thematisiert werden .

Feedback und die Entwicklung eines differenzier-

ten Bildes von den eigenen Lernstrategien

Ein differenziertes Bild vom eigenen Lernen kann

nur über ein Sichtbarmachen der Strategien erreicht

werden, die für das Gelingen bzw . Misslingen des ei-

genen Lernens bedeutsam sind . Feedbackgespräche

über das Vorgehen im Lernprozess – insbesondere

die Reflexion der eigenen Lernstrategien – sorgen

für eine Erweiterung der metakognitiven Fähigkei-

ten und können so die eigenen Vorstellungen vom

„Ich als Lerner“ bzw . „Ich als Lernerin“ modifizieren

und erweitern .

Abb. 4: Führung eines Gutachtergesprächs

Der Experte zeigt und erklärt seine Ergeb- nisse.

Der Gutachter sagt, was ihm gefällt, fragt nach, wenn ihm etwas unklar ist und gibt Anregungen für die Bearbeitung.

Der Experte erklärt bei Fragen, was gemeint ist und bittet bei Unklarheiten um Hilfe.

Der Gutachter hilft bei Unklarheiten

Der Experte überarbei-tet seine Arbeit.

Wie kann Feedback die Ebenen des Lernprozesses einer Reflexion und Ein- flussnahme zugäng- lich machen, die für die Entwicklung selbstregulierten Lernens von Bedeutung sind?

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Feedback und die Entwicklung von Selbst-

beurteilungskompetenz

Die Fähigkeit zur Selbstbeurteilung ist für Selbst-

regulation bedeutsam, weil eine angemessene Ein-

schätzung der eigenen Lernergebnisse Voraussetzung

für deren gezielte Weiterentwicklung ist . Instrumen-

te wie Selbsteinschätzungsbögen, Kompetenzraster

oder Lerntagebücher können die Entwicklung der

Selbstbeurteilungskompetenz unterstützen .

Ich führe in meinem Heft ein Lerntagebuch.Dazu nehme ich regelmäßig einmal pro Woche eine längere Eintragung vor, die sich auf vorangegangene Stunden bezieht. Dabei achte ich auf zwei Dinge:

1. Ich formuliere in eigenen Worten, was ich in den letzten Stunden gelernt habe. Dabei erkläre ich ein selbst gewähltes Beispiel schriftlich.

2. Ich überlege, was ich noch nicht verstanden habe und schreibe meine Fragen auf.

Das Lerntagebuch wird regelmäßig von derLehrkraft gelesen. Kriterien für die Rück- meldung sind• Ausführlichkeit• Regelmäßigkeit• Intensität der Auseinandersetzung mit den

Inhalten

Wer im Unterricht ein Lerntagebuch einführen möchte, sollte sich über folgende Fragen Gedanken machen:

• Was sollen die Schülerinnen und Schüler genau eintragen?

• Wird das Lerntagebuch als ein Extraheft geführt oder werden die Eintragungen im bisher vorhandenen Heft vorgenommen?

• (Wie oft und wann) werden die Lerntage- bücher von der Lehrkraft eingesammelt?

• Wie können die individuellen Einträge für den gemeinsamen Unterricht genutzt werden?

• Wird das Lerntagebuch freiwillig oder für alle verpflichtend geführt?

Abb. 5: Selbstbeurteilung fachlicher Lernprozesse mit Hilfe eines Lerntagebuchs (Andersson/Merziger, 2014, S. 20)

Feedback und die Entwicklung der Fähigkeit zur

Selbstaktivierung

Die Fähigkeit zur Selbstaktivierung ist ein wichti-

ger Anteil von Selbstregulation, wenn der Lernende

sich dadurch einen Einblick in die Anforderungen

und die daraus folgenden nächsten Schritte des

Lernprozesses verschafft . Ein Beispiel: Über eine

Kartenabfrage mit dem Stimulus „Was habe ich

noch nicht verstanden?“ kann der Fokus gezielt auf

die Bearbeitung bestimmter inhaltlicher Aspekte

gerichtet werden . Eine ähnliche Funktion können

Kompetenzraster erfüllen, die erwartete Leistungen

konkret beschreiben und es den Schülerinnen und

Schülern ermöglichen, Anforderungen und den ei-

genen Lernstand zu vergleichen . So ergibt sich das

für die Selbstaktivierung notwendige Wissen über

die nächsten Schritte (zur Praxis vgl . Merziger, 2007

und Bastian u . a ., 2003/16, Kap . III, Absatz 4 .6) .

Wenn dieser selbst ermittelte Handlungsbedarf

dann in individuellen Rückmeldegesprächen in

Handlungspläne übersetzt wird, erhalten die Schü-

lerinnen und Schüler sowohl Hinweise auf die kon-

krete Gestaltung ihrer individuellen Lernprozesse

als auch eine starke Motivation zu deren eigenstän-

diger Realisierung .

FEEDBACK BRAUCHT PROFESSIONELLE

FEEDBACK-GESPRÄCHE

Feedbackbasierte Unterrichtsentwicklung steht und

fällt mit der Güte ihres Herzstücks: der Qualität der

Feedbackgespräche . Bei Feedbackgesprächen unter-

scheiden wir zwischen klassenöffentlichen Auswer-

tungsgesprächen und einer Lernprozessberatung von

Einzelnen oder kleinen Gruppen – insbesondere im

individualisierten bzw . binnendifferenzierten Unter-

richt .

Dazu sollen nun abschließend sowohl bewährte

Verfahren zur Gestaltung von klassenöffentlichen

Auswertungsgesprächen vorgestellt als auch Schwie-

rigkeiten benannt werden (Für die Gestaltung von

Lernprozessberatungen wird auf Bastian/Hellrung,

2011 verwiesen) .

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12

S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Klassenöffentliche Auswertungsgespräche

Für den gesamten Feedbackprozess gilt, dass er

durch Verfahren und Instrumente geregelt sein soll-

te . Klar scheint dies für die Erhebungsphase zu sein,

für die Auswertungsphase dagegen fehlen meist Ver-

fahren und geregelte Gesprächsformen . Stattdessen

dominieren „freihändige“ Auswertungsgespräche .

Erfahrungsgemäß werden Feedbackgespräche vor al-

lem dann schwierig, wenn ihnen eine Fragestellung

und eine Methode fehlen, mit der die Feedback-

Aussagen ausgewertet werden sollen, um auf dieser

Basis erfahrungsbezogene Konsequenzen zu verein-

baren . Potenziert werden die Schwierigkeiten dann,

wenn es keine Erinnerungshilfe in Form von Daten

gibt, die den Beteiligten den Prozess und ihre Erfah-

rungen wieder vor Augen führen . Gezeigt hat sich,

dass derart schwach strukturierte Gespräche

• weniger zur Thematisierung von Lern- und Un-

terrichtserfahrungen tendieren als zur Diskussion

von Beziehungen und Personen,

• sich vorwiegend auf zufällig erlebte Erfahrungen

mit Lehrpersonen und Unterricht beziehen,

sowie

• die Erinnerung von emotional aufgeladenen

negativen Situationen befördern .

Am Ende steht nicht selten ein Flickenteppich von

Äußerungen, der ratlos macht .

Ablauf einer verständigungsorientierten

Moderation

Bewährt haben sich für klassenöffentliche Auswer-

tungsprozesse Verfahren einer verständigungsori-

entierten Moderation . Dabei sollten Schülerinnen

und Schüler, moderiert durch den Lehrenden, einen

Auswertungsprozess in vier Schritten durchführen:

1 . die Daten der Rückmeldung aufbereiten, d . h .

meist gruppieren und verstehen,

2 . aus den schriftlich vorliegenden Rückmeldedaten

bestimmte Aspekte auswählen, beispielsweise ein

„Tortenstück“ einer Zielscheibe,

3 . die ausgewählten Rückmeldeinformationen zu-

nächst in Gruppen interpretieren,

4 . die Ergebnisse im Plenum vorstellen, in einem

Auswertungsgespräch gemeinsam interpretieren

und auf dieser Basis Konsequenzen formulieren .

Dem klassenöffentlichen Auswertungsgespräch wer-

den hier also eine thematische Prioritätensetzung

und eine Interpretation der Aussagen in kleineren

Gruppen vorgeschaltet . Dies hat sich als gute Vor-

aussetzung für eine geregelte und konzentrierte Dis-

kussion ausgewählter Aspekte im Plenum erwiesen .

Für diese Phase ist es hilfreich, wenn zwei Personen

das Gespräch moderieren, eine gesprächsleitende

und eine schreibende Moderation .

DIE GESPRÄCHSLEITENDE MODERATION

• ist verantwortlich für den Gesprächsverlauf. Sie nimmt inhaltlich nicht Stellung bzw. kennzeichnet ihre Stellungnahme deutlich als solche.

• sorgt dafür, dass jedes Gruppenmitglied sich aktiv am Prozess beteiligt und dass die Grup-penmitglieder sich aufeinander beziehen.

• sorgt dafür, dass jede Äußerung für alle ver- ständlich ist, bspw. durch Nachfragen und Zusammenfassungen wie: „Habe ich das richtig verstanden, wenn ich die Äußerung wie folgt zusammenfasse…?“.

• sorgt dafür, dass die Diskussion beim Thema bleibt und führt ggf. auf die Frage-stellung zurück.

• achtet auf die Stimmung in der Gruppe und sorgt dafür, dass bspw. Missstimmungen zur Sprache kommen und die Gründe dafür erkundet werden.

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13

S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Aufgaben einer verständigungsorientierten

Moderation

Die Visualisierung dient gleichzeitig als langfristiges

Gedächtnis für den Feedbackprozess und ersetzt so-

mit das Protokoll . Damit werden die Kernaussagen

der Rückmeldungen sowie die gemeinsam verein-

barten Konsequenzen festgehalten und sind jeder-

zeit wieder aufrufbar, beispielsweise bei der Über-

prüfung der Konsequenzen nach einer vereinbarten

Zeit .

FAZIT

Zu den eingangs genannten Fragen – was wissen wir

über die Wirksamkeit von Feedback und wie kann

Feedback so gestaltet werden, dass es nachhaltiges

Lernen wirksam beeinflusst – kann ein Fazit in vier

Punkten gezogen werden:

Feedback ist lernwirksam,

1 . wenn der Lernende im Verlauf des Lernprozes-

ses die Möglichkeit hat, seine Lernerfahrungen

anhand von Fragen kontinuierlich zu beobachten,

zu reflektieren und zu dokumentieren;

2 . wenn der Lernende die Möglichkeit hat, Rück-

meldungen zu seinen Lernerfahrungen zu formu-

lieren – also seinen Lernprozess sich selbst und

anderen sichtbar machen kann;

3 . wenn Lehrende und Lernende in Feedbackgesprä-

chen gemeinsam den Weg des Lernens reflektie-

ren und der Lehrende auf dieser Basis Rückmel-

dungen zum Lernprozess geben kann – sowohl

dem Einzelnen als auch der Lerngruppe;

4 . wenn im Zuge wechselseitiger Rückmeldungen

ein Arbeitsbündnis entsteht, bei dem der Ler-

nende seinen Lernprozess so eigenständig wie

möglich gestalten kann und der Lehrende auf der

Basis sichtbarer Lernprozesse gezielt beim Lernen

beraten kann .

Oder noch kürzer gefasst: Feedback beinhaltet Mög-

lichkeiten zur gemeinsamen Gestaltung einer lern-

orientierten Schule, die Verstehen ermöglichen

möchte .

DIE GESPRÄCHSLEITENDE MODERATION

• ist verantwortlich für den Gesprächsverlauf. Sie nimmt inhaltlich nicht Stellung bzw. kennzeichnet ihre Stellungnahme deutlich als solche.

• sorgt dafür, dass jedes Gruppenmitglied sich aktiv am Prozess beteiligt und dass die Grup-penmitglieder sich aufeinander beziehen.

• sorgt dafür, dass jede Äußerung für alle ver- ständlich ist, bspw. durch Nachfragen und Zusammenfassungen wie: „Habe ich das richtig verstanden, wenn ich die Äußerung wie folgt zusammenfasse…?“.

• sorgt dafür, dass die Diskussion beim Thema bleibt und führt ggf. auf die Frage-stellung zurück.

• achtet auf die Stimmung in der Gruppe und sorgt dafür, dass bspw. Missstimmungen zur Sprache kommen und die Gründe dafür erkundet werden.

DIE SCHREIBENDE MODERATION

• sorgt dafür, dass ausnahmslos alle Aus- sagen dokumentiert werden, gut lesbar sind und für alle festgehalten werden.

• dokumentiert die Aussagen in ganzen Sätzen.

• spricht nur selten, kann aber (nach Abspra-che) die gesprächsleitende Moderation unterstützen.

• fragt nach, wenn Äußerungen unklar sind und bittet bei längeren Redebeiträgen um eine Zusammenfassung.

Vorteile einer solchen Visualisierung sind:

Alle Teilnehmer

• haben ständig vor Augen, woran die Gruppe aktuell arbeitet.

• sehen, dass jede ihrer Äußerungen aufge- nommen und beachtet wird.

• sehen, was alles zum Thema gehört und sind sicher, dass nichts vergessen wird.

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

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Page 15: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

2.2 AUS DER PRAXIS AN BERUFLICHEN

SCHULEN

Als fester Bestandteil der Kommunikation im Un-

terricht dient Feedback dem Austausch von Wahr-

nehmungen zwischen den Schülerinnen bzw . Schü-

lern und den Lehrkräften in Bezug auf konkrete

unterrichtliche Elemente und Situationen . Rück-

meldungen und pädagogische Anforderungen bil-

den die Entscheidungsgrundlagen für das Vorgehen

im Unterricht . Wichtig ist, dass die Ergebnisse aus

den Feedbacks das Lernen spürbar und sichtbar be-

fördern . Die Bewertung von Personen hat hier kei-

nen Platz .

Das Feedbackinstrument wird mit Bezug auf die je-

weilige Zielsetzung ausgewählt . Für situationsbezo-

gene Fragen können einfach angelegte Instrumente

wie z . B . „Line up“, „Ampel“ oder andere Methoden

(siehe auch Methodenkoffer Feedback unter www.

oes-bw.de) verwendet werden . Geht es um kom-

plexe Ziele wie z . B . die Einschätzung individueller

Leistung, so bedarf es in der Regel eines schrittwei-

sen Feedbackprozesses .

Lernbezug, Sinn und Zweck des Feedbacks müssen

immer wieder thematisiert werden, um Kommuni-

kationsregeln für sachbezogenes Feedback zu ver-

mitteln:

• Was wirkt wie?

• Was wirkt lernunterstützend?

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und eine

Fehlerkultur, die Verständnis hinterfragt und Unver-

ständnis nicht sanktioniert, stärkt die Einbindung

von Feedback als Lerninstrument in den Unterricht

(Hattie/Zierer in Pädagogik 10, 2016, S . 42) . Die Ler-

neffekte werden zudem durch eine Klassenführung

unterstützt, in der Feedback als selbstverständlicher

Bestandteil eines respektvollen Umgangs etabliert

ist (Städeli, 2013, S . 59) .

Einige Beispiele

Die im Folgenden dargestellten Beispiele sind im

Unterricht an beruflichen Schulen in Baden-Würt-

temberg erprobt . Die Instrumente wurden von den

Schülerinnen und Schülern unterschiedlich ange-

nommen, insgesamt jedoch als förderlich bewertet .

Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler

ihr Feedback und das abgestimmte pädagogische

Handeln der Lehrkraft als lernunterstützend wahr-

nehmen . Feedbackformen und Instrumente müssen

daher so ausgewählt werden, dass der Unterricht an

den Bedürfnissen der Beteiligten entlang gemein-

sam weiterentwickelt werden kann .

Schüler-Lehrer-Feedback während des Unterrichts

Eine Lehrkraft möchte einen Überblick zum Ver-

ständnis der neu erarbeiteten Inhalte erhalten . Sie

bittet mit Hilfe der Ampelmethode um eine kurze

Rückmeldung, wie viele Schülerinnen und Schüler

das Gefühl haben, die neuen Inhalte verstanden zu

haben und andererseits auch erklären zu können .

Die Schülerinnen und Schüler signalisieren ihre

Einschätzung durch Heben der entsprechenden

Farbkarte:

Große Unsicherheit oder Nichtverstehen rote Karte

Unsicherheit in Bezug auf einzelne Elemente gelbe Karte

Sicheres Verständnis und Anwendung grüne Karte

Die Rückmeldungen bilden anschließend die Basis

zur Bildung von Lerngruppen und zur Entwicklung

entsprechender Aufgaben .

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S C H Ü L E R - F E E D B AC K

Schüler-Schüler-Feedback

Schülerinnen und Schüler sollen lernen, ihre Leis-

tungen realistisch einzuschätzen . Strukturiert ange-

legtes Feedback innerhalb der Schülergruppe för-

dert diese Fähigkeit . Dabei formulieren Schülerin-

nen und Schüler ihre subjektive Einschätzung zu

Vorträgen, Beiträgen o . a . für Mitschülerinnen und

-schüler . Es geht darum zu erfahren, was beim nächs-

ten Arbeitsauftrag besser ergänzt werden oder auch

genauso bleiben kann . Fachlich-sachlich orientierte

Äußerungen stehen dabei im Vordergrund, bezie-

hungsabhängige Bewertungen sollten vermieden

werden . Ein Fragebogen, der sich auf nachvollzieh-

bare Kriterien, z . B . für Präsentationen, stützt, leitet

das Schüler-Schüler-Feedback gezielt . Die Schüle-

rinnen und Schüler sollen aus ihrer Erfahrung her-

aus attraktive Lerntipps für andere formulieren . Das

nachfolgende klassenöffentliche Auswertungsge-

spräch („Haben Sie etwas erfahren, was Ihnen hilft?“

oder „Welchen Tipp würden Sie auch anderen wei-

tergeben?“) bietet Gelegenheit, das Ziel des Feed-

backs zu reflektieren . Das Lernen an der Sache wird

gefördert und gleichzeitig werden die Schülerinnen

und Schüler zu sachlichem Feedback angeregt .

S C H Ü L E R - S C H Ü L E R - F E E D B AC K – L E I T F R AG E N Z U R P R ÄS E N TAT I O N

Denken Sie bei Ihrem Feedback daran, dass es nur Ihre Sichtweise ist. Ein anderer kann es aus verschiedenen Gründen anders empfinden. Formulieren Sie deshalb persönlich bezogen, z. B. wie in den Fragen s.u., auf die Sie Rückmeldung zur Sache geben sollen.

1. Was hat mir gefallen und warum war das so?…

2. Mir hat das Zuhören erleichtert/erschwert, dass …

3. Mir hat das Verständnis erleichtert/er-schwert, dass …

4. Inhaltlich habe ich folgende Aspekte erkannt/verstanden, …

5. Anfang bzw. Ende habe ich erkannt durch …6. Mir fehlte …7. Ich habe noch eine Idee. Willst du sie hören?

Schüler-Lehrer-Feedback nach dem Unterricht

Eine Lehrkraft möchte im Anschluss an den Un-

terricht Feedback-Einschätzungen zu einigen Ge-

staltungselementen ihres Unterrichts einholen . Ein

anonymer Fragebogen ermöglicht sehr offen formu-

lierte Fragen, um damit individuelle, subjektiv be-

gründete Antworten zu erhalten .

F R AG E B O G E N

Welchen Eindruck haben Sie bisher im …-Unterricht gewonnen?Bitte füllen Sie den Bogen aus und begründen Sie Ihre Einschätzung. Danke.

1. Arbeit mit wechselnden Klassenkameraden/innen fällt mir …, weil …

2. Anderen Schülerinnen bzw. Schülern Unterrichtsinhalte zu erklären, finde ich …, weil …

3. Ich lerne am besten, wenn …4. Auswertungen im Unterricht finde ich …,

weil …5. Rückmeldungen anderer Schülerinnen

bzw. Schüler zu Beiträgen von mir finde ich …, weil …

6. Gespräche über mein Lernen mit der Lehrkraft finde ich …, weil …

7. Über das Lerntagebuch denke ich, dass …, weil …

Page 17: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

Kollegiales Feedback3Für die kooperative Unterrichtsentwicklung ist kol-

legiales Feedback von besonderer Bedeutung . Zum

einen können Lehrkräfte, z . B . mit kollegialen Hos-

pitationen, ihr unterrichtliches Handeln gezielt un-

ter verschiedenen pädagogisch-fachlichen Aspekten

reflektieren . Zum anderen dient Feedback der effek-

tiven Gestaltung von Kooperation im Kollegium,

z . B . in Teams oder Arbeitsgruppen .

Der aktuelle Stand zur effektiven Nutzung von kol-

legialen Feedbacks wird im Folgenden zunächst in

einem wissenschaftlichen Gastbeitrag dargestellt

und im Weiteren durch Erfahrungen aus der Praxis

beruflicher Schulen sowie durch Umsetzungsbei-

spiele ergänzt .

3.1 AUS WISSENSCHAFTLICHER SICHT:

KOLLEGIALES FEEDBACK ZWISCHEN

LEHRPERSONEN

KONZEPTMERKMALE – POTENTIALE –

FORSCHUNGSBEFUNDE

Gastbeitrag von Dr . Claudia M . Funk, Mannheim

In Lehr-Lernkontexten besteht ein breiter Konsens

hinsichtlich der hohen Bedeutung von Feedback für

den Erfolg von Lernprozessen . In der feedbackbezo-

genen Forschungsliteratur wird auf den Stellenwert

von Feedback vielfach verwiesen (z . B . Hattie, 2009,

2012; Hattie/Timperley, 2007; Shute, 2008) . Neben

einem Einfluss auf kognitive Merkmale und Prozes-

se werden auch Auswirkungen auf metakognitive

und motivationale Prozesse genannt:

W I R K U N G S E B E N E N U N D F U N K T I O N E N VO N F E E D B AC K

KO G N I T I V EF U N K T I O N E N

M E TA KO G N I T I V EF U N K T I O N E N

M OT I VAT I O N A L EF U N K T I O N E N

Informationen …

• über Anzahl, Ort, Art der Fehler und/oder Fehlerursa-chen (informierende Funktion)

• zu fehlenden Wissensele-menten (ergänzende Funktion)

• zur Korrektur falscher Wissenselemente (korrigierende Funktion)

• zur Präzisierung ungenauer Wissenselemente (diskriminierende Funktion)

• zur Umstrukturierung falsch verknüpfter Wissenselemen-te (restrukturierende Funktion)

Informationen …

• zu metakognitiven Strategien (informierende Funktion)

• über zielrelevante Kriterien oder Bedingungen für den Einsatz von Lösungs-/metakognitiven Strategien (ergänzende Funktion)

• zur Korrektur falscher Strategien (korrigierende Funktion)

• zur Initiierung/Generierung von Reflexionsprozessen und/oder der Entwicklung zielrelevanter Kriterien für Monitoring oder Evaluation (lenkende Funktion)

Informationen …

• über die Richtigkeit oder die Güte der Lösung (bewertende Funktion)

• zur erfolgreichen Bewälti-gung der Aufgabe bei Fehlern oder Schwierigkei-ten (ermutigende Funktion)

Tabelle 1: Feedbackfunktionen (Inhalte nach Narciss, 2006, S. 78 – 80)

Page 18: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

Seit einigen Jahren sind im schulischen Kontext

zahlreiche Programme, Initiativen und Aktivitäten

zu beobachten, Feedback als ein konzeptionell ge-

fasstes Lernangebot in der dritten Phase der berufli-

chen Entwicklung von Lehrpersonen zu etablieren .

Ergänzend zu den verschiedenen Fortbildungsange-

boten, schulinternen Projekten und Arbeitsgruppen

sowie individuellen Lernaktivitäten (z . B . die Lek-

türe von Fachliteratur) eröffnen Feedbackverfahren

Lehrkräften eine Möglichkeit des Lernens am Ar-

beitsplatz . Als die wahrscheinlich gängigste Variante

sind hierbei unterrichtsbezogene Rückmeldungen

durch Schülerinnen und Schüler anzusehen . Eine

weitere Form, deren Einsatz in den Fokus schuli-

scher Aktivitäten rückt, ist das kollegiale, unter-

richtsbezogene Feedback zwischen Lehrpersonen .

Im vorliegenden Beitrag werden zentrale Merkmale

und Potentiale dieses Feedbackkonzepts aufgegrif-

fen und ein Einblick in ausgewählte Befunde der

Forschungsliteratur gegeben . 1

KONZEPTMERKMALE UND -POTENTIALE

Kollegiales Feedback kann vereinfacht als Konzept

dargestellt werden, bei dem Lehrkräfte ihre indivi-

duelle Expertise nutzen, um sich gegenseitig eine

Rückmeldung zu ihrem unterrichtlichen Handeln

zu geben . Die gewonnenen Feedbackinformationen

sollen einen als positiv zu bewertenden Beitrag für

das berufliche Verhalten und Erleben von Lehrerin-

nen und Lehrern leisten .

Begründen lässt sich diese Erwartungshaltung zum

einen anhand der oben aufgezeigten Funktionen

von Feedback, die sich grundsätzlich auch auf einen

Einsatz bei Lehrpersonen übertragen lassen . Hinzu

kommt, dass die Konzeption des kollegialen Feed-

backs zwei spezifische Merkmale umfasst, die in der

Forschungsliteratur als besonders förderlich in Be-

zug auf Lernprozesse gelten: Die Prinzipien des situ-

ierten Lernens und der Kooperation . Mit Blick auf

diese beiden Aspekte kann Lernen durch kollegiales

Feedback als ein Prozess verstanden werden, der

1 . in den sozialen, arbeitsplatzbezogenen Kontext

der Schule eingebettet ist und

2 . die Annahme aufgreift, dass die Sicherung und

Weiterentwicklung der Professionalität der Lehr-

kräfte durch gegenseitige, d . h . kollektive Lern-

und Arbeitsformen begünstigt werden kann .

Hieraus ergeben sich weitere Vorteile und Potentia-

le, u . a . auch im Kontrast zu „traditionelleren“ For-

men der Fort- und Weiterbildung:

• Handlungsbezug: Durch den direkten Bezug zum

beruflichen Handeln von Lehrpersonen wird

Lernprozessen eine höhere Qualität zugesprochen

als bspw . der gemeinsamen Reflexion über hypo-

thetischen oder tatsächlichen, aber nicht selbst

erlebten Unterricht (Leuders, 2001, S . 227) .

• Flexibilität und Passung: Ziele, Inhalte, Ausgestal-

tungform und Zeitpunkt eines kollegialen Feed-

backs können individuell bestimmt und auf den

jeweiligen Bedarf einer Lehrperson zugeschnitten

werden . Durch die direkte Einbindung in das Ar-

beitsumfeld ist eine Nutzung – die Realisierbar-

keit mit einer Kollegin bzw . einem Kollegen vo-

rausgesetzt – jederzeit und dauerhaft zugänglich .

Aus dem Feedback möglicherweise abgeleitete

Folgen für die unterrichtliche Praxis können zeit-

nah initiiert, realisiert und (falls gewünscht) auch

auf ihre Umsetzung und Wirksamkeit überprüft

werden .

• Soziale Beziehungen und Klima: Mit der gegen-

seitigen Unterstützung von Kolleginnen und Kol-

legen, im Sinne von Lernaktivitäten unter Gleich-

rangingen (vgl . Macha, Lödermann/Bauhofer,

2010), gewinnen Aspekte der Kollegialität und

sozialer Einbindung an Bedeutung . Diese Bedin-

1 Die folgenden Abschnitte lehnen sich schwerpunkt-mäßig an die Arbeit von Claudia M. Funk „Kollegiales Feedback aus der Perspektive von Lehrpersonen – Zusammenhang von beruflicher Zielorientierung und Bewertung des Feedbackkonzepts“ an (2016 im Verlag Springer VS erschienen: ISBN 978-3-658-13061-9).

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

gungen sind als förderlich hinsichtlich einer po-

sitiven Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen

und des Wohlbefindens in Zusammenhang mit

der Berufsausübung zu werten .

• Wissenstransfer und kooperatives Lernen: Das in-

dividuelle Wissen und die unterrichtliche Hand-

lungskompetenz werden bei der Nutzung kolle-

gialer Feedbacks öffentlicher . Neben informellen

Formen (z . B . Gespräche im Lehrerzimmer) ent-

stehen auch systematische Gelegenheiten des

Wissens- und Erfahrungsaustauschs sowie des

Einblicks in andere Unterrichtsstile (z . B . Leu-

ders, 2001) . Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit,

dass Reflexions- und Entwicklungsprozesse durch

diese Impulse angestoßen und initiiert werden .

Zudem gelten kooperationsgestützte (Lern-)Ak-

tivitäten als wertvoll für die Lösung komplexer

Aufgaben- und Problemstellungen: Durch die

kooperative Nutzung von individuellem Wissen

(vgl . auch Gräsel, Fußangel/Pröbstel, 2006) sowie

unterschiedlichen Strategien oder Sichtweisen

werden – im Sinne des Expertenlernens – auch

günstige Voraussetzungen für das Entstehen neu-

en Wissens geschaffen (vgl . Wilkesmann, 2004) .

Aus den dargelegten Punkten lässt sich ableiten,

dass das kollegiale Feedback ein verknüpfendes

Element in Bezug auf innere Schulentwicklungs-

prozesse darstellen kann . Neben einer individuel-

len Lernebene werden kooperative Lern- und Ent-

wicklungsfelder angesprochen . Im Zusammenspiel

dieser beiden Bereiche können sich Schulen als

Organisation weiterentwickeln, um Lern- und Ent-

wicklungsprozesse von Schülerinnen und Schülern

wirksam zu fördern .2

Hervorzuheben ist, dass die skizzierten Annahmen

ein idealtypisches Bild zeichnen, u . a . da die Nut-

zung, Ausgestaltung und auch die Wirkungen des

kollegialen Feedbacks durch zahlreiche Faktoren –

sowohl bezogen auf die Feedbackakteure selbst als

auch auf die Bedingungen an Schulen – beeinflusst

werden können . Auch in den Befunden der Feed-

backforschung wird deutlich, dass Lernumgebun-

gen, die ein Feedback beinhalten, einen Beitrag zur

Kompetenzentwicklung leisten . Insgesamt jedoch

variieren die Resultate erheblich:

Neben positiven Effekten gehen auch keine oder

– im schlechtesten Fall – negative Wirkungen mit

dem Einsatz von Feedback einher (z . B . Hattie,

2012; Hattie/Timperley, 2007; Kluger/DeNisi, 1996;

Shute, 2008) .

Ausgewählte Forschungsbefunde

Verschiedene Studien beleuchten die Wirkungen

von kollegialem Feedback zwischen im Berufsleben

stehenden Lehrpersonen:

2 Für einen Überblick der hier skizzierten Prozess-bereiche der Schulentwicklung siehe auch Rolff, Buhren, Lindau-Bank & Müller (2011).

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

• Indizien für einen Einfluss des kollegialen Feed-

backs auf die Unterrichtsqualität finden sich bei

Salzmann (2015) . Sie ermittelt in ihrer Studie einen

schwachen positiven Zusammenhang zwischen

der Investition in entsprechende Lernaktivitäten

und ausgewählten Kriterien der Unterrichtsquali-

tät: Höhere Werte der durchschnittlichen aktiven

Lernzeit von Lehrpersonen gehen mit höheren

Werten in den Bereichen „kognitive Aktivierung“,

„Lehrer- Schülerbeziehung“ und „Diagnostik von

Verständnisschwierigkeiten“ einher . Auch die

Forschergruppe um Bergen u . a . (2006) ermittelt

ein höheres Aktivierungsniveau des Unterrichts .

In einer zweiten von ihnen durchgeführten Stu-

die bestätigt sich dieser Befund jedoch nur teil-

weise .3 In weiteren Studien zeigen sich positive

Wirkungen des kollegialen Feedbacks hinsichtlich

des Umsetzungsgrades gewünschter Unterrichts-

standards oder intendierter Unterrichtskonzepte

(z . B . Bruce/Ross, 2008; Licklider, 1995; Kohler/

McCullough Crilley/Shearer/Good, 1997; Wang,

2007) .

• Die deutliche Mehrheit der in der Studie von

Salzmann (2015) befragten Lehrpersonen attes-

tiert dem kollegialen Feedback eine positive

Wirkung auf das Wohlbefinden im Beruf, in an-

deren Studien (Bruce/Ross, 2008; Licklider, 1995)

berichten Teilnehmende von der Stärkung ihrer

Selbstwirksamkeitserwartung als Lehrperson, wo-

bei sich vergleichbare Befunde in einer von

Busher (1994) durchgeführten Studie nicht zeigen .

In den Untersuchungen der Forschergruppe um

Zwart u . a . assoziieren Lehrpersonen das kollegia-

le Feedback u . a . mit der Bestätigung, Erweiterung

und/oder der Veränderung eigener Vorstellungen

und Ideen über das Unterrichten .

• Zu individuell wahrgenommenen Erträgen des

kollegialen Feedbacks zählen mit „Reflexion“

und „Kooperation“ Kategorien von Unterrichts-

entwicklung . Lehrpersonen benennen hier u . a .

die Möglichkeit der Unterrichtsbeobachtung bei

Kolleginnen und Kollegen oder die Zunahme

der Kommunikation in Bezug auf unterrichtliche

Themen . Weiterhin finden sich Hinweise für die

Intensivierung von Reflexionsprozessen und/oder

die Aufnahme von Lern- und Entwicklungsaktivi-

täten, bspw . die Überarbeitung eigener Lehrmate-

rialien oder die Suche nach Hospitationsmöglich-

keiten . Insbesondere die Unterrichtsbeobachtung

scheint für die Auslösung dieser Prozesse und

Aktivitäten bedeutsam zu sein . Teilweise ist in

den Befunden ersichtlich, dass Lehrpersonen in

der Funktion des Feedbackgebers etwas größere

Potentiale und Erträge für ihre Entwicklung se-

hen, als dies in der Rolle des Feedbackempfängers

der Fall ist . (Vgl . zu diesem Abschnitt: Funk, 2016;

Kreis, Lügstenmann/Staub, 2008; Licklider, 1995;

Murray/Ma/Mazur, 2009; Zwart und Kollegen4

2007, 2008, 2009) .

Bisherige Studienbefunde stützen die Annahme ko-

operationszuträglicher Wirkungen des kollegialen

Feedbacks . Lehrpersonen berichten u . a . von einer

Zunahme der Kommunikation und Interaktion mit

Kolleginnen und Kollegen (z . B . intensivere Vor-

und Nachbesprechungen des Unterrichts, Bitte um

Unterstützung), teilweise nehmen auch Koopera-

tionsaktivitäten zu, bspw . die gemeinsame Unter-

richtsvorbereitung oder die Teilnahme an kollegia-

len Feedbacks (vgl . hierzu Kreis et al ., 2008; Wang,

2007) . Bei Salzmann (2015) gibt die deutliche Mehr-

heit der befragten Lehrpersonen an, dass sich das

kollegiale Feedback positiv auf die Zusammenarbeit

3 Die Bewertung dieser Kriterien wurde bei Salzmann (2015) über die Einschätzung der Schülerinnen und Schüler gemessen, bei Bergen et al. (2006) durch die Angaben der Lehrpersonen sowie der Schülerinnen und Schüler.

4 Zur Erleichterung der Lesbarkeit werden in den Ausführungen vereinzelt nur die maskulinen Bezeich-nungen verwendet, die weibliche Form ist jedoch gedanklich stets mit einbezogen.

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

mit anderen Lehrpersonen auswirkt, eine Minder-

heit verneint eine entsprechende Wirkung .

• Die Bewertung des kollegialen Feedbacks und

die wahrgenommene Wirksamkeit fallen bei der

Mehrzahl der Teilnehmenden bisheriger Studien

positiv aus, zu geringeren Anteilen finden sich

Hinweise auf eine negative Bewertung und/oder

es werden keine Wirkungen mit dem Einsatz asso-

ziiert (vgl . hierzu Kreis et al ., 2008; Licklider, 1995;

Murray et al ., 2009; Salzmann, 2015; Wang, 2007) .

Als etwas uneinheitlicher sind die Befunde einer

Befragung von Lehrpersonen beruflicher Schulen

in Baden-Württemberg und Hamburg einzustufen

(Funk, 2016): Auch wenn ein Nutzen des kollegia-

len Feedbacks in hohem Ausmaß durch die Lehr-

personen bejaht wird, fallen Einschätzungen zur

Akzeptanz des Konzepts eher ‚durchwachsen‘ aus .

• Blickt man auf Lern- und Entwicklungsprozesse

von Schülerinnen und Schülern, so liegen bis-

lang noch keine belastbaren Belege bzw . Studien

vor, die einen Einfluss des kollegialen Feedbacks

aufzeigen . Einzuräumen ist hierbei, dass entspre-

chende Fragestellungen grundsätzlich die metho-

dische Schwierigkeit mit sich bringen, potentielle

Effekte bei Schülerinnen und Schülern isoliert auf

den Einsatz kollegialer Feedbacks zurückzufüh-

ren . Dies wäre nur über äußerst aufwendige De-

signs zu erbringen (u . a . die Berücksichtigung von

Vergleichsgruppen, mehreren Messzeitpunkten,

unter Kontrolle zahlreicher einflussnehmender

Faktoren) .

In der Gesamtbetrachtung bestätigen die wenigen

bislang vorliegenden Studien einige der Erwar-

tungen an das kollegiale Feedback im schulischen

Kontext .5 Die vorliegenden Untersuchungen liefern

hierbei wichtige Hinweise zu Bedingungen, die –

insbesondere in der Wechselwirkung – als förder-

lich für das Eintreten positiver Effekte angesehen

werden können .

Wirksamkeit dürfte insbesondere dann eher zu er-

warten sein, wenn

(1) Lehrpersonen eine persönliche Neigung/Selbst-verpflichtung in Bezug auf das Konzept erleben und der Nutzung einen ‚inneren Wert‘ zuschreiben.

Wie auch für andere Lernkontexte bzw . Lernumge-

bungen ist die Motiviertheit für Lernhandlungen als

essentiell anzusehen, da sie die „Initiierung, Steue-

rung, Aufrechterhaltung und Evaluation zielgerich-

teten Handelns leistet“ (Dresel/Lämmle, 2011, S . 81) .

Auch für das kollegiale Feedback zwischen Lehrper-

sonen ist davon auszugehen, dass die Bewertungen

des Konzepts, die Investitionen in den Feedback-

prozess sowie die durch den Einsatz ausgelösten

Wirkungen in Abhängigkeit der individuellen Moti-

vation der Feedbackakteure variieren . Die Befundla-

ge deutet auf die hohe Relevanz dieses Aspekts hin:

• In der Studie von Funk (2016) gehen ein hohes

Commitment für das kollegiale Feedback und

eine Fokussierung auf den eigenen Lernprozess

mit einer höheren Akzeptanz und positiveren Be-

wertungen des Konzepts einher .

• Zwart und Kollegen (2009) berichten für intrin-

sisch motivierte Lehrpersonen höhere Lernerträge

des kollegialen Feedbacks .

• In den Befunden von Salzmann (2015) stehen

eine hohe Teilnahmemotivation und eine Fokus-

sierung auf den eigenen Lernprozess in positivem

Zusammenhang mit der Qualität des Feedbacks,

der wiederum eine Bedeutung für die wahrge-

nommene Wirksamkeit zukommt .

5 Diese Ergebnisse sind vor dem Hintergrund einiger Einschränkungen zu interpretieren, u. a. lassen sich die ermittelten Wirkungen aufgrund der methodischen Konzeption der Studien teilweise nicht immer eindeu-tig auf das kollegiale Feedback zurückführen. Zudem sind die Bedingungen, unter denen der Einsatz und die Wirkungen des kollegialen Feedbacks bislang un-tersucht werden, häufig als lern- und entwicklungsför-derlich zu bewerten (bspw. hinsichtlich der Motivation der an den Programmen teilnehmenden Lehrpersonen oder der zur Verfügung stehenden Trainingskonzepte und Unterstützungssysteme). Für eine ausführliche Analyse siehe Funk (2016).

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass

sich der Diskurs im schulischen Kontext teilwei-

se als ‚Spannungsfeld‘ zwischen hohen, vereinzelt

normativ aufgeladenen Erwartungen hinsichtlich

der Nutzung kollegialer Feedbacks (im Sinne einer

Wirksamkeit per se) und eher ablehnenden oder

skeptischen Haltungen beschreiben lässt .

(2) eine hohe Qualität der Feedbackinformation gewährleistet ist und der Einsatz systematisch und planvoll erfolgt.

Im Berufsleben stehende Lehrpersonen verfügen

bereits über eine breite und ausdifferenzierte Wis-

sensbasis . Als ‚Lerner‘ unterscheiden sie sich deut-

lich von anderen Lernergruppen, wie z . B . Schüle-

rinnen und Schülern oder Studierenden (vgl . hierzu

Lipowsky, 2011) . Lernangebote werden unter diesen

Voraussetzungen i . d . R . in einem hohen Ausmaß

danach beurteilt, inwieweit sie einen konkreten

Mehrwert für die Ausübung des Berufs darstellen

könnten bzw . einen Beitrag zur weiteren beruflichen

Entwicklung leisten . Neben der fachlichen Experti-

se dürfte hierbei auch das feedbackbezogene Wis-

sen, d . h . die Kompetenz der Akteure zur Ausge-

staltung und Vergabe eines qualitativ hochwertigen

Feedbacks, eine zentrale Rolle dabei spielen, ob das

Konzept an Schulen als Lernangebot angenommen

bzw . wie es ausgestaltet wird . Die Relevanz dieser

Merkmale wird – wie zuvor angedeutet – u . a . bei

Salzmann (2015) deutlich: Als wichtigsten Faktor

hinsichtlich des wahrgenommenen Nutzens der

Lehrpersonen identifiziert sie die Qualität des Feed-

backs, die insbesondere durch die Festlegung eines

konkreten Beobachtungsauftrags begünstigt zu wer-

den scheint . Darüber hinaus scheinen feedback-

bezogene Schulungen oder Trainingskonzepte zur

Qualität von Feedback beizutragen . Entsprechende

Qualifikationsangebote bereits in den ersten beiden

Phasen der beruflichen Ausbildung der Lehrkräfte

könnten sich förderlich auf die Nutzung und die

Wirksamkeit kollegialer Feedbacks in der dritten

Phase der beruflichen Entwicklung auswirken .

(3) die schulischen Arbeitsbedingungen als förderlich für das Eintreten und die Investitionen in ein kollegiales Feedback zu werten sind.

Im Vergleich zu informelleren Formen der Zusammen-

arbeit (z . B . kurze Gespräche/ein Rat durch Kolle-

ginnen oder Kollegen, der Austausch von Material)

geht das kollegiale Feedback auf Basis einer Unter-

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

richtsbeobachtung mit höheren Anforderungen an

die Kooperation bzw . Investitionen in die Ausge-

staltung des Feedbackprozesses einher . Wenn bei-

spielsweise die Einbindung in den Unterrichtsalltag

mit dem Tagesgeschäft von Lehrpersonen konkur-

riert bzw . über einen Mehraufwand realisierbar ist,

dürfte sich dies abträglich auf die Bewertung des

Feedback-Konzepts und die Wahrscheinlichkeit

der Nutzung auswirken . Als Hürde stufen Lehrper-

sonen in der Studie von Murray et al . (2009) vor

allem die Vereinbarkeit mit den Stundenplänen,

zu geringe zeitliche Ressourcen oder das Fehlen

eines Feedbackpartners ein . In anderen Untersu-

chungen aus dem schulischen und betrieblichen

Kontext (Lohmann, 2000; Tracey/Hinkin/Tannen-

baum/Mathieu, 2001) werden der Zeitmangel oder

die fehlende Nähe zum Arbeitsbereich von Kolle-

ginnen und Kollegen als hemmende Voraussetzun-

gen für arbeitsplatzbezogenes Lernen identifiziert .

Lehrpersonen geben bei einem kollegialen Feed-

back Einblicke in Handlungen, die berufsbedingt

unter einer weitgehend geschützten Atmosphäre

stattfinden, und damit – mit Ausnahme der Schü-

lerinnen und Schüler – keinen sozialen Bewer-

tungsprozessen anderer Personen unterliegen . Auch

wenn kein Unterschied hinsichtlich der Hierarchie

der Feedbackakteure vorliegt (im Sinne einer Wei-

sungsbefugnis/möglichen Folgen einer Beurteilung),

kann hierdurch auf einer gefühlsbezogenen und so-

zialen Ebene der Eindruck von „Kosten“ entstehen .

So äußert bspw . ein Viertel der befragten Lehrperso-

nen in der Studie von Funk (2016) die Befürchtung,

durch ein kollegiales Feedback emotional verletzt

zu werden . Gute soziale Beziehungen im Kollegi-

um und das Vertrauen in den Feedbackpartner sind

daher als wichtige Bedingungen für intensivere Ko-

operationsformen wie das kollegiale Feedback zu

sehen (vgl . Gräsel et al ., 2006; Horster/Rolff, 2001) .

Die Wertschätzung und Förderung entsprechender

Aktivitäten durch die Schulleitung sowie die Ver-

fügbarkeit erforderlicher Ressourcen und Informa-

tionen stellen weitere wichtige Voraussetzungen für

Veränderungs- und Weiterentwicklungsprozesse dar

(vgl . Kwakmann 2003; Leithwood/Jantzi/Steinbach,

1999) .

Kollegiales Feedback kann – sowohl unter Bezug-

nahme auf die zu Beginn dargelegten Konzept-

merkmale als auch auf Basis der wenigen, bislang

vorliegenden Forschungsbefunde – insgesamt als

ein vielversprechender und wertvoller Baustein im

Kontext der unterschiedlichen Fort- und Weiter-

bildungsmöglichkeiten von Lehrkräften eingestuft

werden . Gleichwohl ist die Entfaltung der aufge-

zeigten Potentiale und Chancen nicht als selbst-

verständlich anzusehen . Vielmehr sind potentielle

Wirkungen bzw . der Nutzen für Lehrerinnen und

Lehrer vor dem Hintergrund bzw . in Abhängigkeit

der direkt beteiligten Akteure (z . B . freiwillige Teil-

nahme bzw . Selbstverpflichtung) sowie der jeweili-

gen Rahmenbedingungen an Schulen und der zur

Verfügung stehenden Unterstützungssysteme (z . B .

Wertschätzung durch die Schulleitung, Freiräume

zur Entwicklung und Durchführung, Angebote zum

Erwerb feedbackspezifischen Wissens) zu sehen

bzw . zu bewerten .

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

3.2 AUS DER PRAXIS AN BERUFLICHEN

SCHULEN

Unterricht zu entwickeln bedeutet, zu reflektieren,

Gelingendes zu bewahren und Neues zu entwi-

ckeln . Die Reflexion im Rahmen kollegialer Feed-

backs ermöglicht Lehrkräften den professionellen

Dialog, indem

• flexibel und passgenau konkrete und aktuelle Fra-

gestellungen des eigenen unterrichtlichen Han-

delns, z . B . Unterrichtsvorbereitung, Unterrichts-

durchführung oder Leistungsbeurteilung einbezo-

gen werden . Beispiele dazu werden im Folgenden

dargestellt .

• im kollegialen Austausch wichtige Anregungen

zur Weiterentwicklung fachlicher, aber gerade

auch pädagogisch-didaktischer Kompetenz ge-

wonnen werden .

• gegenseitiges Verstehen der jeweils eigenen Moti-

ve und Handlungen gefördert wird, was die sozia-

le Einbindung im Kollegium unterstützt .

Beispiele …

… zur Unterrichtsvorbereitung

Das Lehrerteam einer Klasse tauscht sich regelmä-

ßig zum Umgang mit schwierigen Situationen aus:

1 . Eine Lehrkraft beschreibt eine schwierige Situati-

on in der Klasse und formuliert ihr Erkenntnisin-

teresse . (5 bis 7 Minuten)

2 . Die anderen Lehrkräfte stellen Verständnisfragen

mit dem Ziel, die Situation in der Klasse und die

Lehrerhandlungen zu verstehen . (5 bis 7 Minuten)

3 . Die anderen Lehrkräfte bilden Hypothesen über

das Entstehen der Situation, Begründungen für

das Schülerverhalten und das Lehrerverhalten

(Was glauben wir, waren Ursachen, Gründe, Be-

weggründe etc .? Wozu diente das Schüler- und/

oder Lehrerverhalten? …) (10 Minuten)

4 . Die anderen Lehrkräfte bieten der fallgebenden

Lehrkraft Ideen für Möglichkeiten der Selbststeu-

erung und ein verändertes Lehrerverhalten an .

5 . Die fallgebende Lehrkraft gibt an, welche Ideen

sie hilfreich findet .

6 . In einer späteren Sitzung berichtet die fallgeben-

de Lehrkraft u . U . darüber, wie und mit welcher

Wirkung sie gehandelt hat .

... zur Unterrichtsdurchführung

Lehrkräfte gehen ihrem konkreten professionellen

Erkenntnisinteresse zu bestimmten Handlungen

bzw . Fragestellungen im Rahmen von kollegialer

Hospitation nach . Die Anliegen können im Sinne

von „echten Fragen zum Unterricht“ erfahrungsge-

mäß den Bereichen Aufgabenorientierung, Lernpro-

zessorientierung bzw . Selbststeuerung zugeordnet

werden:

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

F R AG E N Z U R AU F G A B E N ST E L L U N G B E O B AC H T U N G S M Ö G L I C H K E I T E N I M U N T E R R I C H T

• Wie passen die Aufgaben zum Ziel?

• Wie wird das Thema für die Schülerinnen und Schüler eingebunden?

• Bleibt das Thema über den Bearbeitungszeit-raum erkennbar?

• Wie wird die Aufgabe erarbeitet?

• Wie wird das Ergebnis reflektiert?

• …

• Zu Beginn des Unterrichts werden die Ziele klar formuliert.

• Alle Arbeitsaufträge beziehen sich klar auf das Thema.

• Die Schülerinnen und Schüler lösen die Aufgabe ohne weitere Hilfe der Lehrkraft.

• Die Schülerinnen und Schüler sprechen über ihren Lernprozess.

• Die Schülerinnen und Schüler beurteilen die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse in angemesse-ner Art und Weise.

• …

F R AG E N Z U R L E R N P R O Z E S S G E STA LT U N G B E O B AC H T U N G S M Ö G L I C H K E I T E N I M U N T E R R I C H T

• Wie sichtbar wird/bleibt der rote Faden?

• Wie werden die Arbeitsaufträge umgesetzt?

• Wie passt die Abfolge der Lernphasen?

• Wie viel Raum haben die Schülerinnen und Schüler für Klärungen?

• Wie gelingt es, das einzelne Lernen für alle fruchtbar/sichtbar zu machen?

• Wie unterstützen die eingesetzten Medien?

• Wie ist die Verteilung von Input – Übung – Anwendung – Transfer?

• Woran werden Regeln und Fehlerkultur erkenn-bar?

• …

• Die Lehrkraft gibt zu Unterrichtsbeginn einen Überblick über die geplanten Unterrichts- schritte.

• Es stehen Aufgaben zur individuellen Bearbeitung bereit.

• Die Schülerinnen und Schüler können die Aufgaben in der zur Verfügung stehenden Zeit bewältigen.

• Methoden und Methodenwechsel unterstützen den Lernprozess.

• Es gibt kaum Störungen.

• …

Tabelle 2: Erkenntnisinteresse im Bereich Aufgabenorientierung

Tabelle 3: Erkenntnisinteresse im Bereich Lernprozessorientierung

F R AG E N Z U R S E L B ST ST E U E R U N G B E O B AC H T U N G S M Ö G L I C H K E I T E N I M U N T E R R I C H T

• Wie wertschätzend wirkt mein Umgang mit den Schülerinnen und Schülern?

• Wie klar gelingen meine Arbeitsanweisungen?

• Wie transparent ist mein roter Faden?

• Wie hoch ist mein Redeanteil im Vergleich zu dem der Schülerinnen und Schüler?

• Wie gelingt mir die Anerkennung von Mitarbeit?

• Wie gehe ich auf Äußerungen der Schülerinnen und Schüler ein?

• Wie konstruktiv sind meine Korrekturen?

• Wie gehen die Schülerinnen und Schüler mit mir um? Wo zeigen sie mir Vertrauen?

• …

• Die Schülerinnen und Schüler bringen bereits vorhandenes fachliches und überfachliches Wissen in den Unterricht ein.

• Anregungen oder Einwände der Schülerinnen und Schüler werden von der Lehrkraft auf- genommen.

Tabelle 4: Erkenntnisinteresse im Bereich Selbststeuerung

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KO L L E G I A L E S F E E D B AC K

Weitere Fragen können sich an den Beobachtungs-

feldern orientieren wie sie im Basismodell für die

Unterrichtsbeobachtung dargestellt sind (Kultus-

ministerium, 2008) .

In der Reflexion des gemeinsam erlebten Unter-

richts geht es dann zunächst darum, ein gemeinsa-

mes Verständnis darüber herzustellen, was jeweils

erlebt wurde . Hierbei sind vor allem Neugierde und

ernsthaftes Interesse wichtig . (Warum oder wozu

hast du das so gemacht?) . Im zweiten Schritt wird

die beobachtete Wirkung auf das Schülerlernen an-

hand von Leitfragen erörtert . Günstig ist es, wenn

dazu Schülerarbeiten (z . B . bearbeitete Aufgaben

oder Aufschriebe) herangezogen werden können .

Schließlich können Erfahrungen in anderen Hand-

lungssituationen ausgetauscht und ggf . Alternativen

überlegt werden .

… zur Leistungsbeurteilung

In einem beruflichen Gymnasium hat die Ab-

teilungskonferenz beschlossen, in den Fächern

Deutsch, Englisch und Mathematik in allen Paral-

lelklassen weitgehend identische Klassenarbeiten

zu schreiben .

Die Lehrkräfte stimmen sich dazu zeitlich und in-

haltlich ab . Zum Teil werden Unterrichtsmateriali-

en ausgetauscht . Die gemeinsamen Klassenarbeiten

werden arbeitsteilig erstellt, indem jede Lehrkraft

einige Aufgaben beisteuert . Jede Lehrkraft korrigiert

ihren Klassensatz und bespricht das Ergebnis mit

den Schülerinnen und Schülern . Danach werden für

ausgewählte Aufgaben die Lösungen der Schülerin-

nen und Schüler zwischen den Klassen verglichen .

Auffällige Unterschiede werden mit Hilfe von Leit-

fragen analysiert:

• Wo sind Unterschiede und worin könnten sie

begründet sein?

• Wie wirkt, was wir tun? Oder: Wirkt es ähnlich

gut?

• Was ist unser Anspruch?

• Wie kann ich in meinem Unterricht gestalten,

damit wir unserem Anspruch gerecht werden?

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S C H U L L E I T U N G U N D F E E D B AC K

Schulleitungen beruflicher Schulen begegnen vie-

len verschiedenen Interessen der Schülerinnen und

Schüler, der Lehrkräfte, der betrieblichen Partner,

der Eltern u . a . Schulführung stellt in diesem Span-

nungsfeld eine komplexe und herausfordernde Auf-

gabe für das Leitungsteam dar . Für die erfolgreiche

Gestaltung von ergebnisorientierter und koope-

rativer Führung ist es von großer Bedeutung, dass

Leitungsqualität sowie Wirksamkeit der Arbeit und

Zusammenarbeit immer wieder und in unterschied-

licher Art und Weise reflektiert werden . Sowohl

dem Leitungsteam als auch dem einzelnen Mitglied

kann Feedback dazu verhelfen, Handlungen in be-

ruflichen Situationen adäquat zu reflektieren, besser

zu steuern und ggf . Maßnahmen anzupassen .

Lehrerinnen und Lehrer können als Adressaten der

Leitung Rückmeldung zum Führungsverhalten ge-

ben . Innerhalb des Leitungsteams können sowohl

die Aufgabenerledigung als auch die Arbeitsbezie-

hung reflektiert werden . Jedes Mitglied der Schullei-

tung reflektiert das professionelle Handeln im eige-

nen Tätigkeitsfeld mit Hilfe von Führungsfeedback .

Hier dient die Betrachtung der verschiedenen Di-

mensionen des eigenen Tätigkeitsfeldes auch dazu,

mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen .

Damit Führungsfeedback als Lernprozess wirksam

werden kann, sollte von allen beteiligten Personen

beachtet werden, dass

• Führungspersonen und Lehrkräfte im gesamten

Prozess verantwortungsvoll miteinander umgehen

sollten,

• Wahrnehmung von Verhalten und Handeln im-

mer subjektiv ist,

• zunächst geklärt werden muss, zu welchen Berei-

chen und aus welchem Anlass (und wie oft) eine

Rückmeldung im Sinne des Dazulernen-Wollens

von Führungspersonen sinnvollerweise eingeholt

wird,

Schulleitung und Feedback4• es einen genauen Blick darauf erfordert, welche

Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern zu welchen

Bereichen des Führungshandelns eine aussage-

kräftige Rückmeldung geben kann,

• das Rückmeldegespräch als echter Dialog geführt

wird, und auf der Basis der Fragestellungen und

Rückmeldungen ein beiderseitiges Lernen in Be-

zug auf Zusammenarbeit, Führung und Verant-

wortung stattfindet,

• die Schaffung eines vertrauensvollen Klimas so-

wohl Basis und auch Ergebnis eines dialogorien-

tierten Prozesses sein kann,

• Feedback an Vorgesetzte durch Fatalismus („bringt

ja doch nichts“) oder Überlegungen zu sozialer Er-

wünschtheit („will nicht zu hart sein“) beeinflusst

sein kann und rein formale Feedback-Prozesse,

bei denen die Beteiligten kein Interesse an dem

gemeinsamen Gespräch über die Entwicklung der

Schule haben, wenig dienlich sind .

In der Fachliteratur gibt es zu allen hier nur gestreif-

ten Aspekten (Prozessplanung, Instrumente, Aus-

wertung, Konferenzen, Dialog) ausführliche Dar-

stellungen (siehe Literaturhinweise) .

Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten ausführ-

licher dargestellt .

4.1 EINE FÜHRUNGSPERSON HOLT SICH

INDIVIDUELL EIN FEEDBACK EIN

Führungspersonen (Schulleitende, stellvertretende

Schulleitende, Abteilungsleitende) erhalten täglich

direkte Rückmeldungen zu einem Thema, einem

Sachverhalt oder zum eigenen Handeln in einer be-

stimmten Situation – oft auch ungebeten . Um in der

eigenen Rolle verantwortlich, effektiv und professi-

onell zu handeln und den komplexen Anforderun-

gen an die Führungsrolle gewachsen zu sein, braucht

ein Mitglied der Schulleitung ein hohes Maß an

Selbstreflexion .

Page 30: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

30

S C H U L L E I T U N G U N D F E E D B AC K

Will man z . B . die Wirksamkeit seiner Handlungs-

routinen überprüfen, reicht die kritische Selbstbe-

obachtung nicht immer aus . Hilfreich können Feed-

backs der betroffenen Personen sein .

Abteilungsleitende fragen sich beispielsweise, wie

innovativ ihr Handeln von den Lehrpersonen der

Abteilung erlebt wird, wie der Umgang mit Ver-

besserungsvorschlägen wahrgenommen wird oder

auch, ob sie Leistungen von Lehrkräften genügend

anerkennen .

Schulleitende möchten vielleicht erfahren, wie ihr

Handeln im Bereich der Personalentwicklung von

den Lehrkräften eingeschätzt wird . Dabei kann z . B .

die Förderung von Lehrpersonen im Fokus stehen

oder der Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern bei

besonderen Aufgaben .

Führungsfeedback dient dazu, die Rückmeldung der

Wahrnehmungen der „Geführten“ mit der eigenen

Wahrnehmung und Selbstbeschreibung abzuglei-

chen . Dieser Abgleich von Selbstbild und Fremd-

bild im Hinblick auf die eigene Führungshaltung

und das konkrete Verhalten verhilft zur Aufhellung

dessen, was man selbst gar nicht wahrnehmen kann:

des „blinden Flecks“ . Eine bessere Einschätzung der

Wirkung des eigenen Führungsverhaltens wird mög-

lich .

Feedback bietet also eine Möglichkeit, das eigene

Führungsverhalten zu reflektieren und mit den er-

haltenen Hinweisen über einen eventuellen Verän-

derungsbedarf nachzudenken und Veränderungs-

möglichkeiten zu entwickeln .

Führungsfeedback kann wirksam werden, wenn ei-

nige Grundregeln beachtet werden:

• Die Feedback einholende Führungsperson muss

ein Mindestmaß an Motivation und Interesse

daran haben, Erkenntnisse über das eigene Füh-

rungsverhalten zu erhalten . Daher ist es wichtig,

zunächst für sich selbst als Leitungsperson kritisch

zu prüfen, welche Rückmeldungen offen ange-

nommen und weiterverarbeitet werden können .

• Für Lehrkräfte als Feedbackgeber, sollte im Vor-

feld geklärt werden, dass Unterschiede in der

Wahrnehmung des Verhaltens von Führungsper-

sonen natürlich sind . Verantwortungsvoll gegebe-

ne Rückmeldung kann angenommen und aufge-

griffen werden .

• Im Vorfeld ist die Klärung der Bereiche des Füh-

rungsverhaltens (orientiert am Anforderungs-

profil für Schulleitungen), die für die einzelne

Führungsperson und für die Entwicklung der

Schule relevant sind, wichtig . Gelingensfaktoren,

Page 31: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

31

S C H U L L E I T U N G U N D F E E D B AC K

Stolpersteinen,Verfahren und Instrumente sollten

gründlich im Schulleitungsteam vorbedacht sein .

• Eine Abstimmung mit dem örtlichen Personalrat

sowie dessen Einbeziehung in die Vorüberlegun-

gen trägt zur Akzeptanz des Führungsfeedbacks bei .

• Akzeptanz im Kollegium wird geschaffen, indem

vorab gut über das Vorhaben, den geplanten Ab-

lauf und den Zeitplan informiert wird .

Für das Einholen eines Führungskräftefeedbacks

werden von Schulleitungspersonen häufig Frage-

bögen eingesetzt . Sie sind schnell auszuwerten, die

Ergebnisse lassen sich anschaulich präsentieren und

die Anonymität der Befragten kann gesichert wer-

den . Um das Feedback zur persönlichen professio-

nellen Weiterentwicklung nutzen zu können, ist es

sinnvoll, einen eigenen Fragebogen zu entwickeln .

Zumindest sollte überprüft werden, ob das zugrun-

de liegende Führungsverständnis, das sich in vorge-

fertigten Fragebögen ausdrückt, dem Führungshan-

deln und den persönlichen Überzeugungen und

Verhaltensregeln sowie denen des Leitungsteams

entspricht . Ein Bezug zum Leitbild der Schule bzw .

zum Führungsleitbild ist unbedingt notwendig, um

den engen Zusammenhang zwischen Schulführung

und Schulentwicklung darstellen zu können .

Das Rückmeldegespräch mit dem Kollegium (bzw .

Teilkollegium) dient dazu, in einen dialogischen Aus-

tausch zu kommen und gegebenenfalls offene Fra-

gen zu klären .

Zur Vorbereitung des Rückmeldegesprächs kann

eine weitere persönliche Klärung mit einer Vertrau-

ensperson oder im Schulleitungsteam hilfreich sein .

Ebenso ist denkbar, für das Rückmeldegespräch die

Rolle der Moderation mit einer externen Person zu

besetzen . Das entlastet die Führungsperson und sie

kann sich so ganz auf die inhaltliche Seite des Dia-

logs konzentrieren .

Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, hin und wieder

Feedbackverfahren und den Nutzen des Feedbacks

zu evaluieren .

4.2 FEEDBACK IM SCHULLEITUNGSTEAM

Die Mitglieder eines Schulleitungsteams arbeiten in

der Regel über einen längeren Zeitraum zusammen .

Eine Besonderheit dieses Teams ist die notwendi-

ge enge Kooperation und kollektive Verantwortung

bei der Zielsetzung und -erreichung . Dabei arbeitet

jedes Teammitglied höchst eigenständig in seinem

täglichen Arbeitsprozess, z . B . in den Abteilungen .

Die Funktionsqualität des Teams ist abhängig von

seiner „Selbst-Bewusstheit“ . Die Kenntnis über

Aufgabenerledigung und Arbeitsbeziehung im

Team steigert die Professionalität und damit die

Wirksamkeit des Führungshandelns . Die Reflexion

im Team geschieht auf ganz unterschiedliche Weise

und in unterschiedlichen Konstellationen . Neben

den spontanen alltäglichen Rückmeldungen können

systematisch angelegte Feedbacks genutzt werden .

Ein gemeinsames Führungsverständnis in Form von

Führungsgrundsätzen oder eines Führungsleitbildes

ermöglicht gemeinsames Lernen und im Team nach-

vollziehbare Veränderungen im Führungshandeln .

Auch im Schulleitungsteam ist es möglich, Feedback

auf kollegialer Ebene einzuholen . Neue Teammit-

glieder können sich zu ausgewählten Aspekten ihres

Arbeitsverhaltens eine Rückmeldung von einer oder

mehreren Personen einholen . Mögliche Aspekte

könnten sein: Intensität der Beteiligung, Prägnanz

der Beiträge, Offenheit in Ideen und Gedanken etc .

Auch kann eine Rückmeldung zu Leitungshandeln

erbeten werden, z . B . zur Moderation einer Sitzung

o . ä . Dabei ist es wichtig, dass die gemeinsamen Ge-

spräche vertrauensvoll mit dem Ziel geführt werden,

über den Austausch von Wahrnehmungen gemein-

sam zu lernen (und nicht zu belehren) .

Der Feedback-Schwerpunkt kann auch eher auf der

Betrachtung der sozial-kommunikativen Kompeten-

zen liegen . Dann kann zur Klärung, beispielsweise

der verschiedenen mentalen Modelle, die „Kollegia-

le Fallberatung“ dienen .

Page 32: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

32

S C H U L L E I T U N G U N D F E E D B AC K

M Ö G L I C H E Z I E L E D E R „ KO L L E G I A L E N FA L L B E R AT U N G “

• Entlastung durch den „Andere haben das gleiche Problem“- Effekt, soziale Unter- stützung.

• Darstellen, Verbalisieren und Herausarbeiten führt zu einem tieferen Verständnis des Problems.

• Der Ratsuchende erhält eine Vielzahl von neuen (Lösungs-) Ideen und Sichtweisen.

• Lösungs- und Handlungsalternativen können gemeinsam reflektiert werden.

• Eventuell tiefer gehende Problemursachen können zum Vorschein gebracht werden.

• Für alle Beteiligten wird die Reflexionskom-petenz und Fähigkeit zur Selbstexploration gefördert und die eigene Wahrnehmung wird differenzierter; alternative Wahrneh-mungsmöglichkeiten und Bedeutungs- gebungen werden verfügbar.

• Training der Kommunikationskompetenz für alle Beteiligten (z. B. Trennung von Beobach-tung und Interpretation, Ich-Botschaften statt Du-Botschaften etc.).

Abb. 6: Kollegiale Fallberatung im Schulleitungsteam (Heckendorf, 2012, S. 28)

Kooperation

Wie arbeiten wir zusammen?

Wie gehen wir mit Konflikten um?

Welche Rollen übernehmen/

akzeptieren wir?

Geschäftsverteilung

Wie teilen wir unsere Arbeit/

unsere Aufgaben ein?

Motivation/Belohnung

Gibt es Anreize all das zu tun,

was notwendig ist?

Aufgaben und Ziele

Was wollen wir erreichen?

Wozu gibt es unser Team?

Führung

Wer stellt sicher, dass die 5 Felder in einer guten Balance sind?

Unterstützung

Haben wir geeignete Maßnahmen und

Organisationsformen zur Unterstützung?

Abb. 7: 5-Felder-Modell zur Arbeit im Schulleitungsteam (verändert nach Arndt, 2006)

Für das Feedback im Leitungsteam kann ein sys-

tematischer formeller Ansatz gewählt werden, um

sowohl soziale als auch organisationale Aspekte der

Arbeit im Schulleitungsteam in den Blick zu neh-

men . Das in Abb . 7 dargestellte 5-Felder-Modell

geht diesen Aspekten mit Hilfe von Leitfragen nach .

Im Dialog werden individuelle Wahrnehmungen

und Bewertungen miteinander abgeglichen und so

produktiv nutzbar . Es entsteht ein gemeinsames

Bild des Schulleitungshandeln und gegebenenfalls

des Entwicklungsbedarfs .

Page 33: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

33

Z U M N AC H L E S E N

Erfolgreiches Feedback nutzt Erkenntnisse aus der

Psychologie und der Kommunikationslehre . In

diesem Kapitel finden Sie hierzu vertiefende In-

formationen und Hinweise zu Modellen sowie für

die Gestaltung des Feedbackprozesses . Die Auswahl

beschränkt sich auf einige wichtige Grundlagen . Da-

rüber hinaus bietet die angeführte Literatur (siehe

Kap . 6 und 7) Möglichkeiten zur weiteren Ausein-

andersetzung mit Grundlagen von Feedback .

5.1 DAS JOHARI-FENSTER ALS GRUNDLAGE

DES INDIVIDUALFEEDBACKS

Das Johari-Fenster beschreibt Beziehungen unter

verschiedenen Wahrnehmungsperspektiven .

Feld A umfasst das eigene Verhalten und eigene Mo-

tivationen, die uns selbst und anderen bekannt sind .

Zum Nachlesen5Es handelt sich um den öffentlichen Bereich unseres

Handelns („öffentliche Person“) .

Feld B umfasst Verhalten, das andere sehen, uns

selbst aber nicht bewusst ist („Blinder Fleck“) .

Feld C beschreibt den Bereich, den wir selbst ken-

nen, den wir aber nicht mit anderen teilen wollen .

(„Privatperson“)

Feld D stellt den Bereich dar, der zwar unser Han-

deln beeinflusst, über den aber weder wir selbst

noch andere etwas wissen . Im Laufe der Zeit kön-

nen, z . B . durch Feedback, Teilbereiche sichtbar wer-

den, wodurch vieles erklärbar wird, das wir bis dahin

nicht einordnen konnten („Unbekanntes“) .

Mit Feedback kann mehr über das eigene Verhalten

in Gruppen oder Beziehungen und dessen Hinter-

gründe erfahrbar werden .

V E R - H A LT E N

mir selbst …

bekannt unbekannt

den

an

der

en …

bek

ann

t

A„öffentliche

Person“Das Feld der

freien Aktivität

B„mein blinder

Fleck“

un

bek

ann

t

C„Privatperson“

Das Feld von Nicht-Wissen

D„Unbekanntes“

Das Feld der unbewussten

Aktivität

Abb. 8: Das Johari-Fenster (verändert nach Luft/Ingham, 1955)

Abb. 9: Wirkung von Feedback im Johari-Fenster (verändert nach Luft/Ingham, 1955)

V E R - H A LT E N

mir selbst …

bekannt unbekannt

den

an

der

en …

bek

ann

t

A„öffentliche

Person“Das Feld der

freien Aktivität

B„mein blinder

Fleck“

un

bek

ann

t

C„Privatperson“

Das Feld von Nicht-Wissen

D„Unbekanntes“

Das Feld der unbewussten

Aktivität

D„Unbekanntes“

Das Feld der unbewussten

Aktivität

Page 34: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

34

Z U M N AC H L E S E N

5.2 SCHULLEITUNGSFEEDBACK EINHOLEN

5.2.1 … INDIVIDUELL

Um Schulleitungsfeedback einzuholen, empfiehlt es

sich folgende Hinweise zu berücksichtigen:

Selbstklärung

Bevor sich Schulleitungspersonen dazu entschei-

den, ein Feedback von z . B . der Stellvertreterin bzw .

dem Stellvertreter, den Abteilungsleiterinnen bzw .

Abteilungsleitern oder dem Kollegium einzuholen,

Häufig wird hier ein Fragebogen eingesetzt, der das

Erkenntnisinteresse in Bezug auf das Führungshan-

deln und -verhalten abbildet . Dabei sollte immer

überprüft werden, welche Items der Wirklichkeit

und dem Interesse des Feedbacknehmers dienen

können . Es gilt das Prinzip: Weniger ist mehr! Nicht

sinnvoll ist es, fertige Bögen zu verwenden .

Auswertung

Folgende Punkte bieten Hinweise zum Umgang mit

den Ergebnissen des Schulleitungsfeedbacks:

• Auch für Führungskräfte besteht keine Pflicht zur

Offenlegung des Gesamtbildes . Es handelt sich

nicht um eine Evaluation . Die erhaltenen Rück-

meldungen (Fremdwahrnehmung) sind Angebote

zur Selbstüberprüfung . Bei den „Botschaften“ der

Feedbackgeber handelt es sich ausdrücklich um

subjektive Wahrnehmungen, nicht um eine ob-

jektive Beurteilung „richtig oder falsch“ .

ist es sinnvoll, zunächst im Sinne der Selbstklärung

einen Blick auf das gesamte Konstrukt zu werfen .

• Wie stehe ich grundsätzlich zu dem Verfahren?

Warum will ich mir ein Feedback einholen?

• Wie stehe ich zu den Personen, die ich befragen

will?

• Zu welchem Arbeitsverhalten, zu welchen

Entscheidungsfeldern in meinem Arbeitsbereich

nützt mir eine Rückmeldung?

Folgende Bereiche können für die Selbstklärung von

Bedeutung sein:

Erstellung eines Fragebogens

Wenn Sie sich als Führungsperson entschieden ha-

ben, ein Individualfeedback mit Hilfe eines Frage-

bogens einzuholen, stellen Sie sich vor dessen Er-

stellung folgende Fragen:

• Gibt es ein Führungsleitbild?

• Gibt es im Führungsteam vereinbarte Inhalte

und Standards für das Führungshandeln?

• Gibt es im Führungsteam Vereinbarungen, die

zur Zeit besonders relevant sind?

• Welche Bereiche sind momentan für mich

relevant?

• Wozu wünsche ich mir ein Feedback?

• Wo liegen wohl Konfliktfelder zwischen mir und

meinem Kollegium in der jeweiligen Wahrneh-

mung? Will ich diese einbeziehen?

H A LT U N G B E Z I E H U N G T H E M A / S AC H E

Dazulernen wollenErkenntnisinteresse Wechselwirkung• Kommunikation• InteraktionGrenzen der eigenen Verände-rungsbereitschaft

Feedback in der Rolle Akzeptanz der Fremdwahrnehmung Grundvertrauen Selbstverantwortung

relevante FragestellungenStandards Verhalten(Gegenwart) mögliche Lösungen

Page 35: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

35

Z U M N AC H L E S E N

• Die Führungsperson entscheidet selbst, welche

Mitteilung hilfreich sein könnte, was sie anneh-

men und verwerten kann, und auch, was sie gege-

benenfalls bei sich verändern will und was nicht .

(Es empfiehlt sich, diesen Punkt vor der Durch-

führung eines Individualfeedbacks als Schullei-

tungsperson besonders zu kommunizieren .)

• Die Auswahl der Inhalte für das Rückmeldege-

spräch sollte die Führungsperson selbstverant-

wortlich im Bewusstsein ihrer Führungsrolle

(Lösungsorientierung) treffen .

• Wo und wie können eventuell erfahrene Krän-

kungen kommuniziert werden?

Feedbackgespräch

• Hilfreich ist es, wenn Sie als Schulleitungsperson

im Rückmeldegespräch die Moderation an eine

„neutrale“ (vielleicht sogar externe) Person abge-

ben . Sie können sich dann ganz dem Inhalt des

Gesprächs widmen .

• Eine externe Moderation kann auf einen mög-

lichst sachlichen Verlauf und die Gesprächsregeln

achten und fördert so die Möglichkeit, in einen

dialogischen, lösungsorientierten Prozess einzu-

treten, in dem beide Seiten dazulernen können .

Auch können die Ergebnisse von einer moderie-

renden Person festgehalten werden .

• In einem klar strukturierten Ablauf teilen zunächst

Sie mit, was Sie durch das Feedback erfahren ha-

ben, was Sie überrascht bzw . gefreut hat . Sie schil-

dern Ihre Sicht der Situation und gegebenenfalls,

was Sie ändern oder beibehalten werden, wie Sie

mit Wünschen der Lehrkräfte umgehen wollen .

Dabei müssen Sie nichts rechtfertigen . Vorwürfe

oder Kritik sollten Sie allerdings vermeiden .

• Sie sollten erläutern, wie groß Ihr Spielraum für

gewünschte Veränderungen ist, damit Ihre tat-

sächlich möglichen Veränderungen, Ihre konkre-

ten Schritte auch richtig eingeschätzt werden kön-

nen .

• Alles, was im Rahmen des Feedbackgespräches

gesprochen wird, ist für alle teilnehmenden Per-

sonen vertraulich und sollte nie nach außen getra-

gen werden .

5.2.2 … IM SCHULLEITUNGSTEAM

Die Einführung eines systematischen lernwirksamen

Feedbacks im Schulleitungsteam ist als individueller

und gemeinsamer Lern-Prozess zu betrachten . Ziel

ist es, die Aufgabenerledigung und die Arbeitsbezie-

hung immer wieder zu reflektieren, um die Effekti-

vität des Teams zu sichern .

Dieser Reflexionsprozess wird unterstützt durch

• eine Gruppennorm, die offenes Experimentieren

durch spontanes Verhalten erlaubt,

• das Bemühen um gegenseitige Unterstützung und

Verantwortung,

• ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen

und

• eine Rotation des Feedbacks, um Fixierungen auf

einseitige Geber- und Empfänger-Rollen zu ver-

meiden .

Page 36: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

36

Z U M N AC H L E S E N

5.2.3 … ZUM BEISPIEL MIT DEM 5-FELDER-MODELL

könnte auch eine externe Moderation Unterstüt-

zung bieten .

5.2.4 … ZUM BEISPIEL MIT DEM

BALANCIERTEN HANDLUNGSMODELL

Einen ähnlichen Ansatz bietet Thomas Robrecht

mit seinem „Balancierten Handlungsmodell“, das

formale (Management) und soziale Aspekte (Füh-

rung) in den Blick nimmt . Untersucht werden kon-

krete Themenfelder wie z . B . Kontakte, Organisati-

on, Funktion, Vertrauen und/oder Rollen . Folgendes

Vorgehen wird vorgeschlagen:

1 . Das Team entscheidet sich für einen relevanten

Betrachtungsbereich .

2 . Anschließend werden mit Hilfe der Leitfragen

zunächst ebenfalls persönliche Einschätzungen

vorgenommen .

3 . Nach dem Abgleich der individuellen Bewertung

kann je nach Ergebnis (In welcher Spalte finden

Vorgehen:

Jedes Teammitglied nimmt zunächst mit Hilfe der

fünf Felder eine persönliche Reflexion vor . An-

schließend wird auf dieser Grundlage der gemeinsa-

me Dialog geführt:

a) Alle Personen legen ihre Wahrnehmungen und

Überlegungen offen – ein vielleicht sehr dispara-

tes Bild entsteht .

b) Das Team sammelt dann eventuell notwendig

erscheinende Veränderungen im Hinblick auf die

Qualitäts- und Wirkungsaspekte der Arbeit im

Leitungsteam .

c) Das Team entscheidet gemeinsam: Wo muss/will

das Team Veränderungen vornehmen?

Es empfiehlt sich, dieses Verfahren anfangs mindes-

tens halbjährlich durchzuführen, damit sich auch

im Tun Routinen entwickeln können . Bei knappen

Zeitressourcen kann zunächst auch nur ein einzel-

nes Feld pro Sitzung betrachtet werden . Eventuell

Kooperation

Wie arbeiten wir zusammen?

Wie gehen wir mit Konflikten um?

Welche Rollen übernehmen/

akzeptieren wir?

Geschäftsverteilung

Wie teilen wir unsere Arbeit/

unsere Aufgaben ein?

Motivation/Belohnung

Gibt es Anreize all das zu tun,

was notwendig ist?

Aufgaben und Ziele

Was wollen wir erreichen?

Wozu gibt es unser Team?

Führung

Wer stellt sicher, dass die 5 Felder in einer guten Balance sind?

Unterstützung

Haben wir geeignete Maßnahmen und

Organisationsformen zur Unterstützung?

Abb. 10: 5-Felder-Modell zur Arbeit im Schulleitungsteam (verändert nach Arndt, 2006)

Page 37: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

37

Z U M N AC H L E S E N

sich die Antworten überwiegend?) die notwendi-

ge Veränderung angedacht werden .

4 . Wo muss/will das Team im Sinne der Zielerrei-

chung handeln?

Auch hier ist eventuell eine moderierende Unter-

stützung hilfreich .

Unabhängig von der Form des Feedbacks im Lei-

tungsteam wird es besonders wirksam, wenn die

Fragestellungen (Haltungen, Ziele) vorab genau im

Team geklärt werden . Die Entwicklung einer Dia-

logkultur ist auch ein Schritt zur persönlichen wie

zur organisationalen Resilienz .

B E STA N D S AU F N A H M E Es gibt organisatorische Regeln und Festlegungen, die den festen Bestand unseres Teams sichern.

nein teilweise ja

W I R K U N G / N U T Z E N F Ü R D I E Z I E L E R R E I C H U N G Die organisatorischen Regeln und Festlegungen unterstützen die Erreichung der spezifischen Ziele unseres Teams.

nein teilweise ja

AU S W I R K U N G E N AU F DAS I N D I V I D U U MDie Art und die Anzahl der organisatorischen Regeln und Festlegungen belasten mich emotional.

ja teilweise nein

E RW Ü N S C H T E KO N S E Q U E N Z E NDie Art und die Anzahl der organisatorischen Regeln und Festlegungen sollte oder kann für mich sein …

mehr oder weniger

sollso

bleiben

B E STA N D S AU F N A H M EKonflikte werden in unserem Team offen angesprochen.

nein teilweise ja

W I R K U N G / N U T Z E N F Ü R D I E Z I E L E R R E I C H U N GDas offene Ansprechen von Konflikten unterstützt die Erreichung der spezifischen Ziele in unserem Team.

nein teilweise ja

AU S W I R K U N G E N AU F DAS I N D I V I D U U MDas offene Ansprechen von Konflikten belastet mich emotional.

ja teilweise nein

E RW Ü N S C H T E KO N S E Q U E N Z E NDas offene Ansprechen von Konflikten sollte oder kann für mich sein …

mehr oder weniger

sollso

bleiben

Abb. 11: Betrachtung von Maßnahmen und Organisationsformen (verändert nach Thomas Robrecht, Organisation ist Konflikt, 2012, S. 90)

Abb. 12: Betrachtung des Umgangs mit Konflikten (verändert nach Robrecht, Organisation ist Konflikt, 2012, S. 91)

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38

Z U M N AC H L E S E N

5.3 MODELLE DER KOMMUNIKATION

Kommunikation ist ein schillernder Begriff, der in

unterschiedlichen Zusammenhängen und Bedeu-

tungen verwendet wird . In diesem Kapitel geht es

darum, wie bewusst gestaltete Kommunikation das

Lernen professionell unterstützen kann .

Grundlegend sind die Kommunikationsmodelle

von Schulz von Thun, die in vielleicht schwierigen

Kommunikationssituationen helfen sollen,

• persönliche Klarheit zu gewinnen,

• zwischenmenschliche Beziehungsmuster zu erken-

nen und

• stimmige Strategien für anhaltende Lösungen an-

zudenken .

5.3.1 DIE 4 SEITEN EINER NACHRICHT –

DAS 4-OHREN-MODELL

Nach Paul Watzlawick (Watzlawick, 1969, S .53) hat

jede Nachricht einen Beziehungs- und Inhaltsas-

pekt . Schulz von Thun hat nach der Analyse vieler

Gespräche das Modell auf „vier Seiten einer Nach-

richt“ erweitert:

Beispiel einer Nachricht:

„Sie haben aber komische pädagogische Ansichten .“

Selbstoffenbarung / Selbstmitteilungsseite

(was ich von mir mitteile):

„Ich habe da ganz andere Ansichten . . .“

Beziehungsseite

(wie ich zu dir stehe):

„Ich bin Ihnen gegenüber skeptisch eingestellt .“

Sachinhalt / Sachseite

(worüber ich dich informiere):

„Es geht hier um pädagogische Ansichten .“

Appellseite

(wozu ich dich veranlassen möchte):

„Bitte erklären Sie mir Ihre Ansichten doch genauer!“

Dieses „4-Seiten-Modell“ ist – vor allem in Konflikt-

situationen – ein wichtiges Klärungsinstrument, um

Irritationen und Störungen rascher wahrzunehmen,

zu analysieren und zu beheben .

Die Erweiterung des Nachrichten-Modells (Sicht-

weise des „Senders“) führte durch Schulz von Thun

zu den „4 Ohren einer Botschaft“ (Sichtweise des

„Empfängers“):

Nachricht

Sachinhalt

Beziehung

Apell

Selbst-offen-barung

Abb. 13: 4 Seiten-Modell (Watzlawick, 1953, S. 53)

Abb. 13: 4-Ohren-Modell (Schulz von Thun, 1996, S. 25)

Wie ist der Sachverhalt zu verstehen?

Was soll ich tun, denken, fühlen auf Grund seiner Mitteilung?

Was ist das für einer? Was ist mit ihm?

Wie redet der eigentlich mit mir? Wen glaubt er vor sich zu haben?

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Z U M N AC H L E S E N

5.3.2 INNERES TEAM

Das Innere Team ist ein Persönlichkeitsmodell, das

die Vielstimmigkeit des menschlichen Innenlebens

mit der Metapher eines Teams und seines Leiters

darstellt . Dieser Leiter hat die Aufgabe, die ver-

schiedenen Stimmen zusammenzuführen, eventuell

Widerstreitendes zu klären .

Das Modell dient also der Selbstklärung in zwie-

spältigen Situationen und soll helfen, eine klare und

situationsgerechte Kommunikation nach außen zu

ermöglichen .

Konkretes Beispiel

Als Führungsperson ist man oft konfrontiert mit Wün-

schen/Ansprüchen von Lehrpersonen, die eine Aus-

nahmegenehmigung von einer Regel enthalten

möchten .

Eine Lehrperson wünscht sich z . B . vom Abteilungs-

leiter aus privaten Gründen von der Anwesenheit

am Tag der offenen Tür befreit zu werden . Wie soll

der Abteilungsleiter reagieren? Eine Stimme hat Ver-

ständnis für das Anliegen, eine andere fordert die

Gleichbehandlung aller, eine dritte spürt Ärger, da

vielleicht die Person häufiger eine Ausnahme für

sich forderte .

Zunächst könnte der Abteilungsleiter „prinzipiell“

entscheiden: Alle werden gleich behandelt . Aber

vielleicht ist das private Anliegen sehr wichtig für

die Lehrkraft? So könnte ein innerer Dialog begin-

nen .

Aber eine Entscheidung, mit der die Abteilungslei-

tung und auch die Lehrkraft leben können, muss

getroffen werden . Der innere Dialog könnte neben

der Selbstklärung auch als Argumentation gegen-

über der Lehrkraft/der Person genutzt werden, um

die Entscheidung zu begründen .

Abb. 14 : Drei Anwendungsperspektiven des Modells des inneren Teams (verändert nach Schulz von Thun, 2018)

?!

Inneres Teamals Modell und Methode

Methode zurSelbstklärung

Methode zurinneren Teamentwicklung

Methode zurVerbesserung einer guten

Aufstellung

angesichts innererPluralität

Harmonie- und synergieträchtiges Miteinander, gutes Betriebsklima statt

innerer Bürgerkrieg

für herausfordernde Rollen und schwierige

Situationen

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40

Z U M N AC H L E S E N

5.4 IM DIALOG SEIN

Die Beteiligten an einem Feedback-Prozess besitzen

nicht automatisch die Fähigkeit, lernförderliches

Feedback zu geben . Vor allem in Teams und grö-

ßeren Gruppen wird schnell diskutiert, anstatt im

Dialog miteinander zu sein .

Bei der Diskussion werden unterschiedliche An-

sichten dargeboten und verteidigt . Dies kann eine

nützliche Analyse der Gesamtsituation ergeben .

Ziel ist in der Regel, eine Entscheidung zu treffen .

Oft bestehen in einem Rückmeldegespräch (häufig

zwischen Schulleitungsmitglied und Teil-/Kollegi-

um) Unsicherheit, Bedenken, Vorurteile o . ä .

Wenn es nun gilt, die verschiedenen Sichtweisen auf

komplexe Sachverhalte miteinander auszutauschen,

hilft das dialogische Miteinander-Sprechen und

das Offenlegen des eigenen Denkens . Zweck des

Dialogs ist es, über die Grenzen des individuellen

Verstehens hinauszukommen . Bei einem Dialog ver-

sucht man nicht zu gewinnen . Der Einzelne legt sich

nicht auf seine Meinung fest, aber er teilt seine An-

nahmen offen mit . Beim Dialog ist eine Darbietung

der unterschiedlichen Ansichten ein Mittel, um zu

einer neuen Einsicht zu gelangen .

Dafür gibt es natürlich bestimmte Grundbedingun-

gen in der gemeinsamen Haltung:

* Gegenseitiger Respekt für gegensätzliche

Meinungen .

* Meinungen stehen nebeneinander statt

gegeneinander .

* Jeder Beitrag wird für wichtig erachtet

(Gleichwertigkeit) .

* Kein „ja, aber“, sondern ein „und“ .

* Freiwilligkeit .

Für die Moderation ist es hilfreich, andere zu ermu-

tigen, abweichende Ansichten zu äußern, z . B . durch

Fragen:

„Was veranlasst Sie zu dieser Haltung?“, „Könnten

Sie Ihre Meinung mit einem Beispiel veranschauli-

chen?“, „Habe ich Sie richtig verstanden, dass . . .?“

Wenn ein „toter Punkt“ erreicht ist, empfehlen sich

Fragen zum Kommunikationsprozess, z . B .:

* Warum ist es an dieser Stelle schwierig?

* Welche Daten oder welche Beweisführung könn-

ten die Ansicht des anderen ändern?

* Wie könnte man zur Klärung neue Informationen

erheben?

5.5 PROFESSIONALITÄT VON LEHR-

PERSONEN – LEHRERKOMPETENZEN

Lehrpersonen verfügen über vielfältige spezifische

Kompetenzen, die im (Lehramts-)Studium, dem

Vorbereitungsdienst und der Praxis erworben wur-

den und werden . Feedback zielt auf die Weiterent-

wicklung und Stärkung dieser Kompetenzen .

Eine Darstellung der vielfältigen professionellen

Kompetenzen von Lehrpersonen und ihrer Zusam-

menhänge findet sich im Kompetenzmodell von

Baumert und Kunter, das im Rahmen der CoAktiv-

Studie entwickelt wurde . Es konnte belegt werden,

dass günstige Ausprägungen in den vier Merkmals-

bereichen zu einer erhöhten Berufszufriedenheit

und einer hohen Unterrichtsqualität, gemessen an

den Schülerlernleistungen, führen .

Page 41: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

41

Z U M N AC H L E S E N

Abb. 15: Modell professioneller Handlungskompetenz – Professionswissen (verändert nach Baumert/Kunter, 2006, zitiert nach PH Zug, 2014, S. 5)

Motivationale Orientierung

Pädagogisch- psychologisches

Wissen

Fach-didaktisches

WissenKompetenz-bereiche

Kompetenz-facetten

Organisations-wissen

Beratungs-wissen

Fach-wissen

Tiefes Verständnis der Schul-

mathematik

Erklärungs-wissen

Wissen über mathemati-

sches Denken von

Schüler(inne)n

Wissen über mathe-

matische Aufgaben

Wissen um Leistungs-beurteilung

Wissen über Lern-

prozesse

Wissen über effektive Klassen-führung

Professionswissen

Überzeugungen/ Werthaltungen/

ZieleSelbstregulation

Im Zusammenspiel dieser vier Bereiche entfaltet

sich die Professionalität von Lehrpersonen:

Das Professionswissen umfasst folgende Kompe-

tenzbereiche und Wissensfacetten (siehe Abbil-

dung):

* Fachwissen

* fachdidaktisches Wissen

* allgemeines pädagogisches Wissen

* Organisationswissen

* Beratungswissen

Es handelt sich hier um das spezifische, erfah-

rungsgesättigte, deklarative und prozedurale Wis-

sen (Kompetenzen im engeren Sinne: Wissen und

Können), das im (Lehramts-)Studium, in den schul-

praktischen Studien und im Vorbereitungsdienst

erworben und berufsbegleitend in Fortbildungen

und dem Selbststudium vertieft werden kann . Die

Überzeugungen, Wertevorstellungen und Ziele be-

züglich der Tätigkeit sowie der Rolle als Lehrperson

sind meist stark autobiographisch geprägt . Nicht nur

das Wissen über z . B . lerntheoretische Grundannah-

men, sondern die eigenen Überzeugungen prägen

den Unterricht der Lehrperson . Dieser Bereich der

professionellen Werte, Überzeugungen, subjektiven

Theorien, mentalen Modelle und normativen Präfe-

renzen bzw . Ziele ist größtenteils erfahrungsbasiert

und nicht systematisch erworben . Da er häufig un-

bewusst und unreflektiert ist, prägt er das implizite

Wissen und (spontane) Handeln der Lehrperson .

Für Veränderungen ist dieser Bereich schwer zu-

gänglich .

Page 42: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

42

Z U M N AC H L E S E N

Mit Methoden der Selbstklärung, Reflexion sowie

im Austausch und Abgleich mit den Überzeugungen

sowie Werten anderer zeigen und schärfen sich die

eigenen Werte bzw . Ziele . In kooperativen Arbeits-

formen sind Auseinandersetzungen darüber möglich

und erwünscht .

Der Bereich der motivationalen Orientierung um-

fasst die eigene Motivation und den Enthusiasmus

der Lehrpersonen für ihre Unterrichtsfächer und die

Freude an der Vermittlung und der pädagogischen

Arbeit allgemein . Die Überzeugung als Lehrperson

bei dem Lernprozess und der Entwicklung der Schü-

lerinnen und Schüler wirksam zu sein, ist ebenfalls

Bestandteil dieses Bereichs .

Die Fähigkeiten der professionellen Selbstregulation

(Baumert/Kunter, 2011, S . 33) beschreibt die Regu-

lierung der eigenen Ressourcen und das Balancieren

zwischen Engagement und Distanzierungsfähigkeit,

um u . a . einer emotionalen Erschöpfung vorzubeu-

gen und damit eine allgemein höhere Berufszufrie-

denheit zu erreichen bzw . aufrecht zu erhalten (vgl .

Kunter/Klusmann, 2010, S . 213ff .) .

Weiterentwicklung dieser Merkmalsbereiche

Das pädagogische Professionswissen kann durch

Fortbildungsmaßnahmen und Selbststudium sys-

tematisch weiterentwickelt werden . Die Entwick-

lung in den anderen drei Bereichen unterliegt einer

hohen Innensteuerung und kann nur teilweise von

außen angestoßen werden . Kontinuierliche Verar-

beitung und Anpassung dieses Wissens und Kön-

nens in Kombination mit Reflexion der Erfahrun-

gen ist Grundlage für die Arbeit der Lehrkräfte als

„reflektierte Praktiker“ (nach Donald Schön), die

sich permanent weiterentwickeln und anpassen:

„Ein reflektierender Praktiker versucht, durch kontinuierliche Reflexion und Evaluation seiner Handlungen seine pädagogische Praxis weiter- zuentwickeln und zu professionalisieren. Das Berufswissen soll dabei bewusst und systema-tisch an den eigenen praktischen Erfahrungen aufgebaut und verbessert werden. Das Ziel ist eine systematische, reflektierte Routine- bildung.“ Meyer, 2001, S. 229.

5.6 KOOPERATIONSFORMEN

Schulen werden oft als Experten-Organisationen

beschrieben, das bedeutet, dass die Kultur in Leh-

rerkollegien geprägt ist von Expertenwissen (das oft-

mals noch gehortet wird) und der Einstellung „Ich

und mein Unterricht“ . So sind mit verbindlichen

Absprachen oder Mehrheitsentscheidungen oftmals

Konfliktfelder verbunden . Aus anderen Organisatio-

nen weiß man, dass Experten den Rat von Experten

der gleichen Profession eher annehmen können . Ein

konstruktiver offener und kritischer Dialog über die

eigene Tätigkeit und das eigene Verhalten im Un-

terricht kann so wirksam ermöglicht werden . Hier

setzen die Konzepte des kollegialen Feedbacks an .

Wenn eine Schule sich als eine lernende Organisa-

tion verstehen will, die den Schülerinnen und Schü-

lern durch den Unterricht hilft, ihre gegenwärtigen

und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen,

dann ist es für Lehrkräfte und Schülerinnen bzw .

Schüler notwendig, ihr Handeln (Praktiken, Erfah-

rungen, Sichtweisen) systematisch zu reflektieren .

Dem Schüler-Feedback kommt hier eine besondere

Rolle zu . Darüber hinaus ist es sinnvoll, das Feed-

back weiterer Beteiligter, wie z . B . Ausbilderinnen

bzw . Ausbilder, Eltern oder Kooperationspartner

anlassgemäß einzubeziehen .

Als weitere Möglichkeit professioneller Kooperati-

on werden derzeit „Professionelle Lerngemeinschaf-

ten“ diskutiert . Auch wenn eine abschließende De-

finition des Begriffes nicht vorliegt, herrscht doch

über folgende Punkte Einigkeit:

Page 43: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

43

Z U M N AC H L E S E N

1 . Lehrkräfte-Teams oder ganze Kollegien arbeiten

im beruflichen Umfeld mit einer gewissen Wis-

sens- und Kompetenzbasis zusammen .

2 . Der Zusammenarbeit liegt die Bereitschaft zu-

grunde, Fachwissen und -Können zu vertiefen, zu

überprüfen bzw . zu verbessern .

3 . Die Zusammenarbeit findet in einem vereinbar-

ten Rahmen statt: Reflektierender Dialog, Offen-

legung der (Unterrichts-)Praxis, gemeinsamer Fo-

kus auf das Schülerlernen, geteilte Werte und

Normen .

• Der Aufbau von Professionellen Lernge-meinschaften braucht organisatorische Rahmenbedingungen und Arbeitsstrukturen, z. B. Fachschaften, Berufsgruppen, Klassen-teams.

• Rolle, Arbeitsweise sowie die Eigenverant-wortlichkeit jedes Teammitgliedes müssen nachvollziehbar geklärt werden.

• Zu Beginn der Arbeit ist die Herstellung wirksamer Beziehung, Resonanz und Vertrauen besonders wichtig. Unterschiede der Teammitglieder sollten Wertschätzung erfahren.

• Offene und transparente Kommunikation im Team sowie systematische Reflexionspha-sen sind für effektives Arbeiten von großer Bedeutung.

Abb. 16: Gelingensbedingungen zur Gestaltung und Erhaltung professioneller Lerngemeinschaften

Page 44: Lernen mit Feedback an beruflichen Schulen€¦ · Feedback zeigt auf, an welchen Stellen im Lernprozess gute Erfolge erzielt werden und an welchen Punkten Änderungen ansetzen sollten

44

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bildung-und-kultur/schulinfo/fokus/gute-schule-

2014-durch-gute-lehrerinnen-und-lehrer/modell-

professioneller-handlungskompetenz-2/view

(letzter Zugriff: 15 .10 .2018)

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IMPRESSUM

Herausgeber:

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Baden-Württemberg

Verantwortlich:

Frank Körner, Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Baden-Württemberg

Autorenteam:

Gabriele Ponzer, Regierungspräsidium Freiburg

Frauke Stricker, Regierungspräsidium Stuttgart

Elke Stenger, Staatliches Seminar für Didaktik und

Lehrerbildung (Berufliche Schulen) Karlsruhe

Peter Wilhelm, Regierungspräsidium Karlsruhe

Gastautoren:

Prof . Dr . Johannes Bastian, Universität Hamburg

Dr . Claudia M . Funk, Universität Mannheim

Redaktion:

Hannelore Hammer, Ministerium für Kultus,

Jugend und Sport Baden-Württemberg

Dr . Nicole Lehmann, Ministerium für Kultus,

Jugend und Sport Baden-Württemberg

Gestaltung: Ilona Hirth Grafik Design GmbH, Karlsruhe

Fotos: Fotolia © contrastwerkstatt (2); iStockphoto ©

JohnnyCreig, fizkes, alvarez, jacobchuk, izusek

1 . Auflage 2018

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