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12 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 10/2013 INNOVATIONSPREIS D er TecPart – Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V.,Frankfurt am Main, vergibt am 16. Oktober, dem ersten Tag der K2013, zum 16. Mal den TecPart-Innovationspreis. Seit 1965 werden damit, anfangs unter dem Namen TT-Preis, besondere Leistungen auf dem Gebiet der Kunststoffverarbeitung gewür- digt. In der Zwischenzeit hat sich der Preis als Gradmesser für die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Kunststoffver- arbeiter etabliert. Die Hersteller technischer Kunststoff- Produkte gehören seit Jahrzehnten zu den Pionieren des Fortschritts. Trotz ihrer häufig bedeutenden Funktion werden die technischen Kunststoffteile jedoch viel- fach kaum wahrgenommen. Dies zu än- dern, ist auch ein Anliegen des TecPart- Preises. Aber der Wettbewerb hat ebenso eine industriepolitische Dimension. Un- ter dem Druck der Globalisierung ge- winnt technische Kompetenz immer mehr an Bedeutung, denn es ist heute ungleich schwerer, im weltweiten Wettbewerb – vor allem mit Niedriglohnländern – allein über den Preis zu bestehen. Und genau hier liegt die große Chan- ce: Mit intelligenten Lösungen aus Kunst- stoff können sich die Unternehmen am Markt durchsetzen. TecPart-Geschäfts- führer Michael Weigelt, der durch seine langjährige Verbandstätigkeit viele der teilnehmenden Verarbeiter aus eigener Anschauung kennt, bestätigt, dass „es sich bei den teilnehmenden Firmen, ins- besondere natürlich bei den Preisträgern, um innovative und wirtschaftlich erfolg- reiche Unternehmen handelt, teilweise mit einer langen Vergangenheit bestän- diger und eigener Entwicklungsaktivitä- ten. Diese Firmen haben sich in der Re- gel bei ihren Kunden einen Platz als In- novationsträger erarbeitet und dürften damit zu den Unternehmen gehören, die ihr Geschäftsmodell als nur schwer ko- pierbar ansehen.“ Leuchttürme in der Verarbeiterlandschaft TecPart-Innovationspreis 2013. Zur Nachahmung empfohlen: Der Verband TecPart hat acht Unternehmen – zwei da- von zweifach – mit seinem Innovations- preis ausgezeichnet. Die zehn prämierten Kunststoffteile und Baugruppen werden als herausragende konstruktive, ferti- gungstechnische und kunststoffgerechte Lösungen gewürdigt, die es teilweise auch geschafft haben, damit andere Werkstoffe wie z.B. Metalle zu verdrängen. ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de Dokumenten-Nummer KU111522 TecPart-Geschäftsführer Michael Weigelt: „Die Preisträger dürften zu den Unternehmen gehören, die ihr Geschäftsmodell als nur schwer kopierbar ansehen.“ (Bild: TecPart) Die Gewinner bekommen traditionell ein graviertes und goldverziertes K aus PMMA (Bild: Wagner / Meyenburg)

Leuchttürme in der Verarbeiterlandschaftgkvtecpart.com/images/tecpart/tecpart-preis/2013/kunststoffe_ tecp… · Leuchttürme in der Verarbeiterlandschaft TecPart-Innovationspreis

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  • 12 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 10/2013

    I NNOVAT IONSPRE I S

    Der TecPart – Verband TechnischeKunststoff-Produkte e.V.,Frankfurtam Main, vergibt am 16. Oktober,

    dem ersten Tag der K 2013, zum 16. Malden TecPart-Innovationspreis. Seit 1965werden damit, anfangs unter dem NamenTT-Preis, besondere Leistungen auf demGebiet der Kunststoffverarbeitung gewür-digt. In der Zwischenzeit hat sich der Preisals Gradmesser für die Leistungsfähigkeitund Innovationskraft der Kunststoffver-arbeiter etabliert.

    Die Hersteller technischer Kunststoff-Produkte gehören seit Jahrzehnten zu denPionieren des Fortschritts. Trotz ihrerhäufig bedeutenden Funktion werden dietechnischen Kunststoffteile jedoch viel-fach kaum wahrgenommen. Dies zu än-dern, ist auch ein Anliegen des TecPart-Preises. Aber der Wettbewerb hat ebensoeine industriepolitische Dimension. Un-ter dem Druck der Globalisierung ge-

    winnt technische Kompetenz immer mehran Bedeutung, denn es ist heute ungleichschwerer, im weltweiten Wettbewerb – vorallem mit Niedriglohnländern – alleinüber den Preis zu bestehen.

    Und genau hier liegt die große Chan-ce: Mit intelligenten Lösungen aus Kunst-stoff können sich die Unternehmen amMarkt durchsetzen. TecPart-Geschäfts-führer Michael Weigelt, der durch seinelangjährige Verbandstätigkeit viele derteilnehmenden Verarbeiter aus eigenerAnschauung kennt, bestätigt, dass „essich bei den teilnehmenden Firmen, ins-besondere natürlich bei den Preisträgern,um innovative und wirtschaftlich erfolg-reiche Unternehmen handelt, teilweisemit einer langen Vergangenheit bestän-diger und eigener Entwicklungsaktivitä-ten. Diese Firmen haben sich in der Re-gel bei ihren Kunden einen Platz als In-novationsträger erarbeitet und dürftendamit zu den Unternehmen gehören, dieihr Geschäftsmodell als nur schwer ko-pierbar ansehen.“

    Leuchttürme in derVerarbeiterlandschaft

    TecPart-Innovationspreis 2013. Zur

    Nachahmung empfohlen: Der Verband

    TecPart hat acht Unternehmen – zwei da-

    von zweifach – mit seinem Innovations-

    preis ausgezeichnet. Die zehn prämierten

    Kunststoffteile und Baugruppen werden

    als herausragende konstruktive, ferti-

    gungstechnische und kunststoffgerechte

    Lösungen gewürdigt, die es teilweise auch

    geschafft haben, damit andere Werkstoffe

    wie z.B. Metalle zu verdrängen.

    ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.deDokumenten-Nummer KU111522

    TecPart-Geschäftsführer Michael Weigelt: „Die Preisträger dürften zu den Unternehmengehören, die ihr Geschäftsmodell als nurschwer kopierbar ansehen.“ (Bild: TecPart)

    Die Gewinner bekommen traditionell eingraviertes und goldverziertes K aus PMMA (Bild: Wagner/Meyenburg)

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  • 13Kunststoffe 10/2013 www.kunststoffe.de

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    Laut Votum der Jury zeichnen sich dieprämierten Produkte durch herausragen-de konstruktive, fertigungstechnischeund kunststoffgerechte Lösungen aus, diees zudem häufig geschafft haben, damitandere Werkstoffe wie z.B. Metalle zu ver-drängen. In der Jury sind traditionell jeein Vertreter aus Wissenschaft, Ausbil-dung, Maschinenbau, Kunststofferzeu-gung sowie den Anwenderindustrien ver-sammelt. Dem Gremium gehörten in die-sem Jahr an:� Prof. Ansgar Jaeger (Hochschule für

    angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, Fakultät Kunststofftech-nik und Vermessung),

    � Dr. Peter Heidemeyer (Geschäftsfüh-rer, Das Kunststoffzentrum SKZ,Würzburg),

    � Dipl.-Ing. Martin Würtele (LeiterTechnologieentwicklung, KraussMaf-fei Technologies GmbH, München),

    � Prof. Dr.-Ing. Ulrich Endemann (Headof Parts Testing and Joining Technolo-gy, BASF SE, Ludwigshafen),

    � Dr. Holger Findeisen (Director LeadTeam Injection Molding & Welding,Mann + Hummel GmbH, Ludwigs-burg).

    Nachdem die Jury die eingereichten Tei-le und Baugruppen – mit einer Ausnah-me (Tiefziehen) sämtlich Spritzgussteile– bewertet hatte, erreichten zehn Produk-te die notwendige Punktzahl.Auf den fol-genden Seiten bilden wir alle ausgezeich-neten Produkte ab – als Anregung für dieVerwirklichung weiterer anspruchsvollerLösungen in Kunststoff, aber auch, damitdiese bemerkenswerten Teile nicht wie-der übersehen werden.

    Kunststoff Helmbrechts AG, Helmbrechts

    Multifunktionsbedienelement für den Innenraum der Mercedes S-Klasse

    Verwendete Materialien: PC, PC+ABS, PBT, Hydro-Mid-Soft-Lack, Flock PA6.6Fertigungsverfahren: 1K-, 2K-, 3K-Spritzgießen, 2-Schichtlackierung, Laserbeschriftung, Beflockung,Verchromung, Montage

    Zu den Besonderheiten der Dachbe-dieneinheit zählt die kunststoffgerechteTeileentwicklung für das Ein- und Mehr-komponenten-Spritzgießen, in der Fol-geprozesse wie Lackieren, Lasern, Be-flocken und die Montage bereits berück-sichtigt sind. Im 3K-Spritzgießverfahrenwerden die drei Komponenten für denLichtleiter, die Lichtabschottung und dieDesignfläche in einem 3K-Indexplatten-werkzeug miteinander kombiniert. Tas-tenträger und Brillenfach werden hinter-schnittig lackiert, um einen unerwünsch-ten Lichtaustritt zu vermeiden und sicht-bare Kanten im hinteren Bereich desBauteils abzudecken.

    Bei der Montage des Tastenträgers wer-den 20 Bauteile zusammengesetzt, davonzehn Designelemente und zehn techni-sche Komponenten wie Lichtleiter,Betäti-ger,Federn und Tastenträger.Für das Bril-lenfach werden fünf Bauteile – zwei tech-nische und drei Designteile – montiertund die Drehfedern automatisch gesetzt.Ein automatischer „End of Line“-Test si-chert die Korrektheit der Funktionen unddie Einhaltung der vorgegebenen Haptikab. Aktuell wird die Baugruppe in dreiverschiedenen Farben ausgeliefert.

    Fried Kunststofftechnik GmbH, Urbach

    Gehäuse für ein Dialysegerät alsselbsttragende Konstruktion

    Verwendetes Material: PS-ULFertigungsverfahren: Thermoplast-Schaumspritz-gießen, Cu-Lackierung, Lackierung

    Das Bauteil ist neben seiner schierenGröße vor allem durch eine komplexeGeometrie gekennzeichnet. Lüftungs-schlitze, Schraubengewinde, Löcher, Rip-pen, Kabelkanäle, Durchbrüche undSchubladeneinsätze verlangen eine hohePassgenauigkeit und Maßhaltigkeit. Dasfür die Produktion des Gehäuses an-gewendete Thermoplast-Schaumspritz-gießen bietet nahezu unbeschränkte De-signmöglichkeiten, flexible Wanddickengestalterisch einzusetzen und die notwen-dige Steifigkeit zu gewährleisten. Zudemerlaubt das Verfahren, das Bauteilgewichtzu reduzieren. Das hoch komplexe Spritz-gießwerkzeug wurde nach Spezifikatio-nen des Kunststoffverarbeiters bei einemSpezialisten hergestellt. Es wiegt rund 60 Tonnen und kommt auf einer Spritz-gießmaschine mit 32 000 kN Schließkraftzum Einsatz.

    Die 120 cm hohen und gut 23 kgschweren Gehäuse werden in einemSchuss aus einem flammgeschützten PSgefertigt und anschließend in der hausei-

    Kunststoff Helmbrechts: Die Baugruppebeinhaltet einen Tastenblock für die Dachbedieneinheit der S-Klasse (W222) und ein Brillenfach (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

    Fried Kunststofftechnik: Das gut 23 kg schwereGehäuse für ein Dialysegerät wird in einemSchuss im Thermoplast-Schaumspritzgießver-fahren hergestellt (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

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    genen Lackiererei für die besonderen An-forderungen im medizintechnischen Be-reich vorbereitet. Dies gilt gleichermaßenfür den EMV-Schutz aus Kupferleitlackwie für die eigens entwickelten Spezial-lacke, die dem Einsatz im klinisch steri-len Umfeld genügen müssen. Deshalb be-sitzen die Lacke – trotz ihres wasserlös-lichen Charakters – sehr robuste che-misch-physikalische Eigenschaften, umgegenüber den teilweise sehr aggressivenReinigungsmitteln beständig zu sein.

    Ros GmbH & Co. KG, Coburg

    Lagergehäuse für eine Kühlmittelpumpe im Motor

    Verwendetes Material: PF-(GF35+GB10)Fertigungsverfahren: Duroplast-Spritzprägen undMetallumspritzen

    Das aus einer mit Glaskugeln und Glas-fasern gefüllten Phenolharzformmassegefertigte Bauteil ersetzt ein bestehendesLagergehäuse aus Aluminiumdruckguss.Der verwendete Kunststoff zeichnet sichdurch geringe Abrasionsneigung undgute Medienbeständigkeit aus. Mit derSubstitution waren zwei Ziele verbunden:Zum einen sollte das im Vergleich zumMetallgehäuse reduzierte Bauteilgewichtden Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugssenken, zum anderen sollte das neue Ver-fahren einen wirtschaftlichen Vorteil er-bringen.

    Um die beiden Ziele zu erreichen, setz-te der Verarbeiter verschiedene Maßnah-men um. Zunächst optimierten die Kons-trukteure die prinzipielle Geometrie des

    Bauteils für eine duroplastische Ausle-gung im Hinblick auf die Bauteilbean-spruchung sowie den Fertigungsprozess.Statt der konventionellen Metallsicken-dichtung wurde eine dispenste Silikon-dichtung eingesetzt. Das Einkleben desWasserpumpenlagers, die geometrischeAuslegung des Lagersitzes am Bauteil undder Entfall der mechanischen Nacharbeitgegenüber dem Aluminiumdruckgusssummieren sich zu einem nicht beziffer-ten Kostenvorteil. Zudem verzeichnet derHersteller eine Gewichtsersparnis vonmehr als 33 %.

    Miele Cie. KG, Warendorf

    Luftführung einesWäschetrockners mit Sieben

    Verwendete Materialien: PP-TV40, TPE, PMP,POM+GF, Vliesgewebe (PET)Fertigungsverfahren: 1K-, 2K-Spritzgießen, Insert-technik, Heizelementschweißen

    Die Luftführung ist ein wichtiges Bauteilin einem Wäschetrockner. Sie nimmt dieAchsen für die Trommelabstützungenauf, dichtet die Trommelöffnung und dieTür ab, nimmt die Tür und das Schlossauf und führt die Prozessluft möglichstverlustfrei zum Wärmetauscher. Diessetzt enge Fertigungstoleranzen – bei we-sentlichen Funktionsmaßen im Zehntel-millimeterbereich – bei verhältnismäßiggroßen Abmessungen voraus.

    Der untere Teil der Luftführung be-steht aus einer verschweißten Vorder- undRückenwand, die wiederum mit demoberen Teil der Luftführung verschweißtwird. Die runde Dichtlippenöffnung imunteren Teil der Luftführung wird miteinem an das Spritzgießwerkzeug ange-flanschten kleinen Spritzgießapparat di-rekt angespritzt. Bei der Herstellung desoberen Teils der Luftführung wird auto-matisch eine transparente Scheibe in dasWerkzeug eingelegt und anschließendumspritzt.

    Die Herstellung der Siebe, insbesonde-re des abgewinkelten Hauptsiebs (im Bildausgebaut), ist geometrie- und material-

    Ros: Das Lagergehäuse M276 ist Teil einer Kühlmittelpumpe für 6-Zylinder-Ottomotoren (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

    Miele: In der Luft-führung wird dieTrockner-Prozessluftdurch die Siebebenenzurück zum Wärme-tauscher geleitet (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

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    bedingt durchaus komplex. Dabei ist diekomplette Prozesskette voll automatisiert,angefangen mit dem Greifen, Einlegenund Umspritzen des biegeschlaffen Sieb-vlieses über das Entnehmen des Formteilssowie die Montage des Verschlussschie-bers bis zum Verschweißen der Frontplat-te und der Erzeugung der Siebspannungim Hauptsieb. Bei dem sogenannten Zu-satzsieb läuft der Prozess ebenfalls auto-matisch, lediglich der Verschluss wird ma-nuell in das Sieb eingedreht.

    BBP Kunststofftechnik Marbach BaierGmbH, Marbach

    Verkleidung des Überrollbügels im Mercedes SLK

    Verwendete Materialien: (PC+ABS)-GF20, eloxier-fähiges AluminiumFertigungsverfahren: Hinterspritzen vorgeformterMetallteile

    Obwohl das Bauteil im Interieur ein-gesetzt wird, muss es wegen seiner Ver-wendung in einem Roadster die Anforde-rungen eines Exterieurbauteils erfüllen.Die Überrollbügelverkleidung wurde alshochwertiges Bauteil mit echter Alumi-nium-Oberfläche und geringem Gesamt-gewicht konzipiert. Beim Anfassen desBauteils ist der metallische Effekt („cooltouch“) spürbar. Die Verclipsung der Ver-kleidung muss auf engstem Raum erfol-gen, damit viel Bauraum für den eigent-lichen Überrollbügelträger zur Verfü-gung steht. Ein hochintegriertes Ferti-

    gungsverfahren in stabilitätserzeugenderSandwichbauweise verbindet die beson-dere geometrische Form mit den opti-schen Anforderungen eines Class-A-Bau-teils. Die Sandwichbauweise ermöglichtgegenüber herkömmlichen Verfahrenwie „Fluid-Forming“ eine geringereWanddicke des Aluminiums bei höhererSteifigkeit.

    Im Fertigungsprozess wird ein vorge-formtes, mit einem Haftvermittler be-schichtetes Aluminiumrohteil in einSpritzgießwerkzeug eingelegt. Beim Ein-spritzen des Kunststoffs wird das Bauteilim Werkzeug fertig geformt. Für das Pro-jekt mussten die Techniker sich prozess-technisches Know-how, besonders überdie Temperaturführung im Werkzeug, er-

    arbeiten. Das Werkzeug wird über eineeigens entwickelte Heißdampfanlage be-heizt. Die für die Montage erforderlichenRastnasen können in einem Arbeitsgangmit angespritzt werden und müssen nichtaufwendig eingeklebt werden.

    Nach der Entnahme aus dem Werk-zeug wird das Hybridteil in weiteren Ar-beitsgängen eloxiert. Bei der Rohstoff-auswahl galt es sicherzustellen, dass dieEloxierbäder weder den Haftvermittlernoch den Kunststoff chemisch angreifen.Durch das Metallhinterspritzen erübrigtsich das aufwendige Verkleben zweier ge-trennt hergestellter Bauteile (Alu-Form-teil und Kunststoffteil). Da die Wand-dicke des Aluminiums sich so um 60 %verringern lässt, wird zusätzlich Gewichteingespart.

    G. A. Röders GmbH & Co. KG, Soltau

    Gehäuse fürDruckregelventil Euro 5

    Verwendetes Material: PA6T/66-GF30Fertigungsverfahren: Spritzgießen und Montage

    Das mit sehr engen Positionstoleranzenbemessene Bauteil enthält zwei Drosselnmit einem Durchmesser von 0,56 + 0,03/- 0,08 mm.Diese kleinen Bohrungen dür-fen nicht durch Grat verschlossen sein.Das Problem ist, dass sich die kleinen Ker-ne bei jedem Schuss auf Materialtempe-ratur aufheizen und dadurch thermischlängen.Wird dieses thermische Spiel aus-geglichen, indem die Kerne entsprechendgekürzt werden, spritzt man Grat. Dich-ten die kleinen Kerne auf dem Gegenkernab, brechen sie durch die thermische Aus-

    BBP Kunststofftechnik Marbach Baier: DerÜberrollbügel in Echt-Aluminium wird mitKunststoff hinterspritzt (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

    G. A. Röders: Die Einhausung eines Geräts zur Klappensteuerungfür den Abgasstrom ist wichtiger Bestandteil, um die Euro 5-Norm zur Abgasreinigung zu erfüllen (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

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    dehnung ab. Tauchen sie in den Gegen-kern ein, gibt es allein durch die Tempe-rierung des Werkzeugs einen leichten Ver-satz von 0,01 bis 0,02 mm, und der klei-ne Kern bekommt bei jedem Schuss eineseitliche Belastung, bis er bricht.

    Dieses Problem in den Griff zu bekom-men, war eine der Herausforderungen beidiesem Teil. Eine andere: In eine Bohrungwird ein Metalleinsatz eingepresst. DieAnspritzung befindet sich aber auf deranderen Seite des Bauteils, sodass sichzwangsläufig eine Bindenaht in der Boh-rung bildet. Aufgrund der zahlreichenSchieber war ein anderer Anspritzpunktnicht möglich. Um die Ausreißkräfte desMetalleinsatzes zu erreichen, war eine ho-he Überdehnung der Bohrung durch denEinsatz notwendig. Beim Abkühlen (derEinsatz wird im warmen Zustand mon-tiert) sind daher 3 bis 4 % aller Bauteilean der Bindenaht gerissen.

    Die Lösung: Etwas versetzt zur Binde-naht wurde außen an der Bohrung einÜberlauf mit einem Film von ca. 0,8 mmDicke angebunden. Die Anbindungzeichnet sich noch am Bauteil als „Grat“ab. Beim Füllen wird diese Anbindungwegen ihres geringen Querschnittszunächst überströmt, es bildet sich ander gewohnten Stelle die bekannte Bin-denaht. Erst wenn das Bauteil vollstän-dig gefüllt ist, baut sich genügend Druckauf, um auch den Überlauf zu füllen. Daer aber etwas versetzt zur Bindenaht ist,werden durch den Materialfluss die Glas-fasern neu orientiert und die Bindenahtwird sozusagen verwischt. Dieser Effektwurde zuvor durch eine Simulation ab-gesichert.

    KTS Kunststoff Technik Schmölln GmbH,Schmölln

    Drucktank aus Kunststoff bis8 bar Überdruck

    Verwendetes Material: PA6.6-GF30Fertigungsverfahren: Spritzgießen mit nachträgli-cher Montage

    Ein bisher mechanisch gefertigter Druck-tank aus Edelstahl für max. 8 bar Über-druck ist teuer in der Herstellung. Um die Frage zu klären, ob eine solche Bau-gruppe in Kunststoff überhaupt verwirk-licht werden könnte, zogen die Ent-wickler dieses Hightech-Produktsumfangreiche Simulationsrech-nungen und Computertomo-graphie-Messungen zu Rate.Aufgrund der hohen mecha-nischen Belastung kommtnur ein glasfasergefüllterKunststoff in Frage. SolcheMaterialien stehen aller-dings im Widerspruch zudruckdichten Oberflächenund insbesondere zur unver-zichtbaren chemikalienbe-ständigen Membran. Saubere,glatte Oberflächen erforderneinerseits hohe Werkzeugtempe-raturen, andererseits verstärkenhohe Temperaturen die Gefahr vonLunkern, Einfallstellen und Verzug.

    Die Summe sich teilweise widerspre-chender Anforderungen verlangt nachLösungskompetenz entlang der gesamtenProzesskette. Die Ergebnisse der Simula-tion haben sich bestätigt, inzwischen istder voll funktionsfähige Drucktank aus

    Kunststoff in Serienproduktion. Er ist be-ständig gegenüber Chemikalien, ohnedass die zu fördernden Flüssigkeiten ander Gefäßwand haften.Die Dichtheit zwi-schen Oberteil und Unterteil ist gewähr-leistet. Der Endkunde profitiert durch dieMaterialsubstitution und die entspre-chend geänderte Fertigungstechnik voneinem deutlichen Preisvorteil.

    Ros GmbH & Co. KG, Coburg

    Flügelrad in Kühlmittelpumpen

    Verwendetes Material: PPS-GF40Fertigungsverfahren: Spritzgießen und Metallum-spritzen

    Die Problemstellung lautete in diesemFall, ein Flügelrad zu entwickeln, daseine hohe Förderleistung und, damitverbunden, einen hohen Wirkungsgradaufweist und sich gleichzeitig durch –bezogen auf Außendurchmesser undBauteilhöhe – sehr geringe Abmessun-gen auszeichnet. Die geometrische Kons-truktion entstand in enger Zusammen-arbeit zwischen Kunststoffverarbeiterund Auftraggeber. Der Herstellprozesswurde so ausgelegt, dass die Rundheitdes Bauteils gewährleistet ist. Um die ex-tremen Hinterschnitte am Bauteil ent-formen zu können, wurden innovativeWerkzeugtechniken eingesetzt.

    KTS Kunststoff Technik Schmölln: Das Flüssigkeits-reservoir im Drucktank liegt unterhalb einer Mem-bran. Der Behälter gleicht etwaige Druckschwan-kungen durch hohen Druck (Druckluft) oberhalb derMembran aus (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

    Ros: VW setzt das Flügelrad 04E in seinen 1,2- und 1,4-Liter-Motoren ein (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

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    Adoma GmbH, Wangen

    „Drinkclean“-Trinkflasche fürOutdoor-Aktivitäten

    Verwendetes Material: PP und TPE als Verbund-konstruktionFertigungsverfahren: 2K-Spritzgießen

    Ein neuartiger Flaschenverschluss mitKippgelenk verhindert auch unter Ex-trembedingungen, dass Trinknippel undGetränk verschmutzen – ohne zusätzli-chen Deckel für das Mundstück. Dazustattete der Hersteller den mit einer Handbedienbaren 2K-Verschluss mit dreiFunktionen aus: Medienführung, Dicht-funktion und saubere Lagerung desTrinknippels bei Nichtbenutzung. DasMundstück der Design-Trinkflasche be-steht aus der Hartkomponente, die ne-ben der Medienführung auch die Lage-rung des Trinknippels übernimmt. Nachdem Umsetzvorgang im selben Werkzeugspritzt die Zweikomponentenmaschinedie Weichkomponente (TPE) auf, um dieDichtheit zu gewährleisten. Anschlie-

    ßend wird der Trinknippel in den Deckelmontiert.

    Die Abstimmung des Zusammenspielssowohl zwischen PP und TPE als auchzwischen Geometrie und Schwindungs-verhalten war für dieses Projekt die größ-te Klippe. Die innovative Lösung der„Drinkclean“-Flasche zeichnet sich durchden exzentrisch geführten Verlauf derFlüssigkeit je nach Drehstand des Trink-nippels aus. Der Getränkefluss ist in ge-schlossenem Zustand komplett gesperrtund dicht – im Gegensatz zum geöffne-ten Zustand, wo die Flüssigkeit ab einemDrehwinkel von über 90° einwandfreifließen kann.

    Kunststoff Helmbrechts AG, Helmbrechts

    Bedienelement mit kapazitiverSensorik auf dreidimensionalenOberflächen

    Verwendete Materialien: PC-Folie, hinterspritzt mitPC (Oberschale); PC+ABS (Unterschale); LCP (LDS-Platine)Fertigungsverfahren: In-Mold-Labeling, Laser-Direkt-Strukturierung (LDS), 3D-Montage von elek-tronischen Bauteilen

    „MyWave-3D“, ein Entwicklungsprojektzur Integration elektronischer Schaltun-gen in ein Kunststoffbauteil, ermöglichtserienreif die tastenlose Bedienung mit-tels kapazitiver Felder an einer dreidi-mensional geformten, dekorierten und

    hinterleuchteten Oberfläche. Kernstückist die Kombination aus einem geschwun-genen Spritzgussteil, das im In-Mold-Labeling-Verfahren (IML) dekoriert ist,und einer der Teilekontur folgenden 3D-Platine, die von einem neu entwickelten3D-Bestückungsautomaten mit elektro-nischen Bauteilen versehen wird. Damiterfüllt MyWave-3D wesentliche Anforde-rungen, die Anwendern aus dem Auto-Interieurdesign vertraut sind: hochwer-tige Oberflächen mit aufgedruckter Be-diensymbolik und Hinterleuchtung, dieeinen Tag/Nacht-Effekt ermöglicht.

    Die Wellenform im Bauteildeckel undkonturfolgende Leiterbahnen in MID-Technik veranschaulichen die räumlicheFlexibilität der zukunftsweisenden Tech-nologie. In der vorliegenden Version wirdeine Dekorfolie in schwarzer Hochglanz-optik mit Black-Panel (Verschwindeef-fekt) eingesetzt. Beim Bedrucken der Fo-lie muss, um eine passgenaue Positionie-rung der Symbole zu erreichen, die Ver-formung vor dem Spritzgießprozess miteinkalkuliert werden. Die neuartige 3D-Platine mit den elektronischen Bauteilenkommt vom Kooperationspartner MID-Tronic. Sie wird im LDS-Verfahren mitLeiterbahnen, kapazitiver Fläche und Ab-schirmung versehen. Die kapazitiveSteuerung erfolgt durch die vergleichs-weise dicken Schichten von Kunststoffund bedruckter IML-Folie.�

    Zusammenstellung: Clemens Doriat, Redaktion

    Kunststoff Helmbrechts: Das Musterbauteil veranschaulicht das Bedienkonzept „MyWave-3D“ mit kapazitiver Sensorik auf 3D-Oberflächen(Bild: KH)

    Adoma: Ein neuartiger Flaschenverschluss mit Kippgelenk schützt Trinknippel und Flascheninhalt zuverlässig vor Verschmutzung (Bild: Carl Hanser Verlag/Zett)

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