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07/2020 Jeden Monat NEU www.optica.de/ zukunft-praxis EIN TEAM FÜR ALLE FÄLLE Viele Talente vereint. PRAXISnah in Hamburg ALLES NUR FREIWILLIG Barrierefreiheit in Therapiepraxen Like it, OR NOT Was bringt das Engagement in sozialen Netzwerken?

Like it, OR NOT€¦ · Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre und eine schö-ne, sonnige Urlaubszeit! Dr. Jochen Pfänder Optica-Geschäftsführer 8 Inhalt 4 Kompakt News und

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№ 07/2020

Jeden Monat

NEUwww.optica.de/

zukunft-praxis

EIN TEAM FÜR ALLE FÄLLEViele Talente vereint. PRAXISnah in Hamburg

ALLES NUR FREIWILLIGBarrierefreiheit in Therapiepraxen

Like it,

OR NOTWas bringt das Engagement in sozialen Netzwerken?

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Liebe Leserin, lieber Leser,Sie haben sicher bemerkt, dass die Digitalisierung zu einem Schwerpunkt in unserem Magazin avanciert. Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist sie ein beherrschendes Thema, wenn es um die Zukunft des Gesundheitswesens geht. Seit dem 1. Juli hat die positive Entwicklung leider einen Rückschritt erfahren, der wieder einmal die Heilmittelerbringer trifft. Wäh-rend Ärzte und Psychologen weiterhin die Videotherapie mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen können, fällt diese Option für Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden wieder weg. Die Sprechtherapeuten trifft es besonders. Ihr Behandlungsspielraum ist durch die Verwendung eines Mund-Nasen-Schutzes klar eingeschränkt. Ihre Hoffnung liegt nun auf den Verhandlungen zur neuen Heilmittelrichtlinie, in der die Videosprechstunde hoffentlich berücksichtigt wird.

In unserer Sommerausgabe von Zukunft Praxis wollen wir aber nicht nur auf politische Themen eingehen. Wir haben ein wenig über den Tellerrand geschaut. Dorthin, wo sich viele Therapeuten noch eher ungern tummeln: auf Facebook, Instagram und Youtube. Wir sind auf Therapeuten gestoßen, die soziale Netzwerke für sich entdeckt haben. Nicht nur als lukrative Einnahmequelle, sondern auch für ihr persönliches soziales Engagement.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre und eine schö-ne, sonnige Urlaubszeit!

Dr. Jochen Pfänder Optica-Geschäftsführer

8

Inhalt4 KompaktNews und Meldungen

8 Like it, or notZu viel Aufwand sagen die einen, eine Gold-grube die anderen. Wie Therapeuten Face-book, Instagram und Co. für sich nutzen.

14 Wille und Flexibilität Barrierefreiheit ist ein großer Bonus für Praxen. Ein Muss ist sie aber nicht. Auf der Suche nach einer barrierefreien Bestands- praxis ist deshalb Ausdauer gefragt.

16 Fragebogen: PRAXISnah Dieses Mal mit Ergo- und Psychotherapeutin Anke Günther, Hamburg

18 KundeninformationWissenswertes aus der Welt der Abrechnung

19 Standards Termine, Vorschau, Impressum

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ZUKUNFT PRAXIS EDITORIAL 3

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625.000 PHYSIOTHERAPEUTEN WELTWEIT REPRÄSENTIERT DER WELTVERBAND DER PHYSIOTHERAPEUTEN. Er vertrittdie Interessen von 121 Mitglieder‑ verbänden.

§ 16 Absatz 3AB DEM 1. JULI 2020 gelten wieder die im § 16 Absatz 3 der Heilmittelrichtlinie festgelegten Vereinbarungen bei Unterbrechungen der Therapien.

80% Eine Befragung der Hochschule für Gesundheit in Bochum unter Logopäden hat ergeben, dass zwischen März und Mai 2020 MEHR ALS 80 PROZENT DER BEFRAGTEN PRAXEN EINE VIDEOTHERAPIE IN IHR BEHANDLUNGSREPERTOIRE AUFGENOMMEN HABEN.

7,9MILLIONEN SCHWERBEHIN-DERTE MENSCHEN IN DEUTSCHLAND zählte das Statistische Bundesamt zum Jahresende 2019.

50.000 MENSCHEN ERHALTEN PRO JAHR DIE DIAGNOSE VORDERE KREUZBANDRUPTUR. Eine Operation ist in den meisten Fällen not‑wendig. Der Single‑Leg‑Hop‑Distance‑Test ist ein gängiger Test, mit dem Ärzte mögliche biomechanische Defizite nach einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes überprüfen.

14 KALENDERTAGE UMFASST SEIT DEM 1. JULI 2020 WIE-DER DIE REGULÄRE UNTER-BRECHUNGSFRIST bei thera‑peutischen Verordnungen. So sieht es die Heilmittelrichtlinie vor. Sonderregelungen sind in den meisten Rahmenverträgen mit den Krankenkassen enthal‑ten, zum Beispiel auch bei Urlaub des Patienten.

FORSCHUNGSARBEIT

Haltung zeigenKörperhaltung und Bewegungsmuster haben eine klare Auswirkung auf die menschliche Psyche. Diese These haben Psychologen von der Universität Witten/Herdecke in einer Übersichtsarbeit und Meta‑Analyse erstmals be‑legt. „Uns hat vor allem interessiert, ob der Effekt von Be‑wegungen und Körperhaltungen wirklich robust ist oder ob er eher darauf zurückzuführen ist, dass in wissen‑schaftlichen Zeitschriften vor allem positive Befunde ver‑öffentlicht werden und keine Null‑Befunde“, erklärt Prof. Johannes Michalak, Co‑Autor der Studie. Die Forscher be‑stätigen, dass unterschiedliche emotionale und verhal‑tensbezogene Variablen wie Gefühle, das emotionale Gedächtnis oder die Risikobereitschaft durch das motori‑sche System beeinflusst werden. „Die Forschung ist wich‑tig, um Menschen mit depressiven Erkrankungen in Zukunft besser helfen zu können“, so Michalak. In Zu‑kunft seien Studien interessant, die untersuchen, ob sich ein Training von Körperhaltung oder Bewegungsmustern auch längerfristig auf den Zustand und die Symptome von depressiven Patienten auswirkt.

Kurz & Knapp Die „World Confederation of Physical Therapy“ heißt jetzt „World Physiotherapy“. Der Welt-verband hat Namen und Design einem Relaunch unterzogen. Auf der neuen Website www.world.physio gibt es internatio-nale Informationen rund um die Physiotherapie sowie themati-sche Möglichkeiten zur internati-onalen Vernetzung. +++ Eine Arbeitsgruppe aus Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopä-den der Abteilung Allgemein-medizin und Versorgungsfor-schung am Uniklinikum Hei - del berg will mit einer Umfrage unter Heilmittelerbringern die Ver sorgungs- und Arbeitssituati-on von ambulant tätigen Thera-peuten während der Covid- 19-Pandemie in Deutschland analysieren. Die anonyme Befra-gung ist unter http://neu.heisur-vey.de/index.php/162742?lang=-de abrufbar. +++ Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Quartal des Jahres ein Defizit von 1,3 Milliarden Euro erwirt-schaftet. Das hat das Bundesge-sundheitsministerium jetzt be-stätigt. Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds haben demnach im ersten Quartal um vier Prozent zugenommen, die Ausgaben jedoch um gut fünf Prozent.

THERAPIE IN ZAHLEN

4-5 MILLIONEN SENIOREN STÜR-ZEN JÄHRLICH. Fast jeder Zehnte erleidet dabei ernsthafte Verletzungen. Statistiken belegen, dass insbesondere über 80‑Jährige ein erhöhtes Sturz‑ risiko haben. Ungefähr jeder zweite Deutsche über 80 Jahren stürzt einmal oder öfters im Jahr.

4 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT 5

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AUSBILDUNG

Flexible SchuleMitte Juni ist die „Verordnung zur Sicherung der Ausbildun-gen in den Gesundheitsfach-berufen während einer epide-mischen Lage von nationaler Tragweite“ erschienen. Sie tritt rückwirkend zum 23. Mai in Kraft. Das Bundesgesund-heitsministerium will damit die Ausbildung während der Pandemie für angehende Phy-siotherapeuten sichern und fle-xibler machen. Die Verordnung ermöglicht es den Bundeslän-dern, von dem Berufsgesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung abzuwei-chen. So kann die Ausbildung um maximal sechs Monate verlängert werden. Digitale Unterrichtsformate dürfen um-gesetzt werden, und auch die Prüfungssituationen können angepasst werden.

LOGOPÄDIE

Nicht ohne MaskeDas Ende der abrechenbaren Videotherapie mit den gesetzlichen Krankenkassen ist für Heilmitteler-bringer ein erneuter Rückschlag. Zumal die Sonder-regelungen in Folge der Corona-Pandemie für Ärzte und Psychotherapeuten ein weiteres Quartal fort-gesetzt werden. Vor allem für Sprechtherapeuten ist dieses Vorgehen unverständlich. „Mit dem Unter-sagen der Videobehandlung in der ambulanten Logo-pädie werden Therapeuten und Patienten bewusst Infektionsrisiken ausgesetzt“, kritisiert dbl-Präsidentin Dagmar Karrasch. Sie fordert, dass die Videotherapie mindestens so lange fortbestehen müsse, wie eine epidemische Lage von nationaler Reichweite gemäß § 5 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz gegeben sei. Eine Behandlung mit Mund-Nasen-Schutz ist vor allem für Sprechtherapeuten eine unverhältnis-mäßige Minderung des Therapieerfolgs, da Sprech-übungen nicht mehr vorgemacht werden können.

RATGEBER RECHT

GESAGT„Für Menschen, die aufgrund

ihrer höheren Anfälligkeit schon heute auf persönliche Kontakte verzichten müssen,

ist der Wegfall von Video- therapie bei therapeutischen Behandlungen eine schlechte

Nachricht.Maria Klein-Schmeink, Gesundheitsexpertin von Bündnis 90/Die Grünen

ABRECHNUNG

Neue Normalität?Zum 1. Juli endeten viele Ausnahmeregelungen für die Heil-mittelerbringer in Folge der Corona-Krise, darunter die Ab-

rechenbarkeit der Videosprechstunde. Praxisinhaber kön-nen auch keine Änderungen mehr bei Verordnungen

vornehmen, die nicht rechtskonform ausgestellt wur-den. Die Fristen für den Beginn einer therapeutischen

Behandlung wurden dagegen von 14 auf 28 Tage ausgeweitet. Laut dem Gemeinsamen Bundesaus-

schuss soll diese Regelung in die neue Heilmittel-richtlinie aufgenommen werden. Den gleichen Weg hätten sich Therapeuten für die Video-sprechstunde gewünscht. Ob sie in die Heilmit-telrichtlinie aufgenommen wird, werden die aktu-

ellen Verhandlungen zeigen.

Für den ErnstfallRechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel erklärt, warum eine Vorsorgevollmacht

sinnvoll ist.

Von heute auf morgen kann der Ernstfall eintre-ten. Eine Krankheit macht den Praxisinhaber nicht mehr selbständig handlungsfähig. Für diesen Fall lohnt die Vorsorgevollmacht. Mit ihr wird eine Person des Vertrauens an Stelle des Erkrankten bevollmächtigt, rechtliche Entscheidungen zu treffen. Der Ehepartner muss dies nicht zwingend sein. Automatisch wäre er per Gesetz gar nicht dazu in der Lage, da es nach deutschem Recht kein gesetzliches Vertretungsrecht durch den Ehepartner gibt. Ohne Vorsorgevollmacht wird per Beschluss ein Betreuer durch das Amtsge-richt bestellt. Die Vorsorgevollmacht ist eine Ge-neralvollmacht und gilt für alle Rechtsgeschäfte. Der Bevollmächtigte hat auf unbegrenzte Zeit die Möglichkeit, alle Rechtsgeschäfte für den Voll-machtgeber durchzuführen. Daher bietet es sich an, die Vollmacht im privaten und unternehmeri-schen Bereich zu splitten. Vor allem, wenn es um Grundstücke und Eigentum geht, sollte dieser Teil separat mit einem Notar fixiert werden. Wenn es um große Vermögen geht, kann zusätzlich ein Steuerberater als Kontrolleur eingesetzt werden. Die Vollmacht darf nie an mehr als eine Person gegeben werden. Die Vollmacht sollte entweder beim Notar hinterlegt werden oder bei einem wei-teren neutralen Dritten. Dieser kann sich im Fall der Fälle auch vom Gesundheitszustand des Voll-machtgebers überzeugen. Denn erst dann wird die Vollmacht wirksam.Mehr unter www.optica.de/vorsorge

6 ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT ZUKUNFT PRAXIS KOMPAKT 7

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Als Kommunikations-plattformen sind

Facebook, Instagram und Co. für viele Heil-mittelerbringer nicht die erste Wahl. Dabei wissen sie nicht, was

ihnen entgeht.

TEXT: MARTIN SCHMITZ-KUHL

I m Praxisnah-Fragebogen in diesem Magazin wird regelmäßig abgefragt, was Praxisinhaber von Social-Me-dia-Plattformen wie Facebook, Ins-tagram oder Twitter halten. Ihre Antworten fallen fast immer gleich aus, nämlich: „Wenig, bis gar nichts!“ Ähnlich ist es bei der Begründung:

Meistens hat die Praxis zwar einen eigenen Account, nur eben keine Zeit, diesen zu pfle-gen. Denn wenn die Praxis voll ist, scheint der dafür zu betreibende Aufwand überflüssig.

Ganz anders denkt da die Fitnessbranche. Hier sind die sozialen Netzwerke genauso selbstverständlich wie das Laufen auf dem Laufband oder das Radeln auf dem Ergometer. Der Grund dafür ist, dass man hier nicht nur den Aufwand, sondern vor allem den dadurch zu erzielenden Nutzen vor Augen hat. Dabei geht es nicht nur darum, im Netz Werbung in eigener Sache zu machen, um damit noch mehr Menschen für die eigene Praxis oder das eigene

SOCIAL-MEDIA-MARKETING

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In diesem Beitrag1.

Die Fitnessbranche setzt auf Influen-cer und Social-Media-Marketing.

2. Social-Media-Marketing ist

aufwändig, kann aber auch ein zweites Standbein bieten.

3. Engagement im Netz kann

neue Kontakte und Ideen bringen.

ZUKUNFT PRAXIS TITEL 9

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geht um die Frage, ob Influencer die Empfeh-lung und Verlinkung von Produkten grundsätz-lich als Werbung kennzeichnen müssen, selbst wenn man ihnen nicht nachweisen kann, dass dafür Geld geflossen ist.

Fast jeden Tag ein neues VideoDoch es sind nicht nur junge Fitnessmodels, die sich aufmachen, die sozialen Netzwerke via Selbstvermarktung zu erobern. Hin und wieder wagen sich auch Therapeuten in das „Neuland“ vor. Vorreiter sind hier die US-Ame-rikaner Bob Schrupp und Brad Heineck, die selbsternannten „two most famous physical therapists on the internet“. Erfolgreich waren die beiden bereits in der analogen Welt. So ist der eine Eigentümer, der andere Mitarbeiter von Therapy Network, einer Praxis, die an acht Standorten in Minnesota und Wisconsin Dienstleistungen in den Bereichen Physiothe-rapie, Beschäftigungstherapie und Sprachpa-thologie anbietet. Über den Mittleren Westen der Vereinigten Staaten hinaus bekannt sind „Bob & Brad“ jedoch mit ihrem gleichnamigen Youtube-Kanal, auf dem sie fast jeden Tag ein neues Video hochladen – bei mehr als zwei Mil-lionen Abonnenten. „Unsere Videos bieten die besten Informationen zum Thema „Fit werden, gesund und schmerzfrei bleiben“ und richten sich an Menschen zwischen 0 und 101 Jahren“, heißt es in der Selbstbeschreibung. Daneben gibt es natürlich die obligatorischen Produkt-besprechungen.

„Als wir anfingen, versuchten wir, komisch zu sein“, berichtet Heineck. „Wir wollten die lustigsten Therapeuten im Internet sein.“ Das ging zunächst gehörig schief. Doch je mehr Videos sie drehten, desto wohler fühlten sie sich vor der Kamera. Ihre Persönlichkeiten ka-men allmählich zum Vorschein, zwischen den beiden entwickelte sich eine Chemie. Doch es dauerte Jahre, bis die erste Million Abonnen-ten zusammenkam und damit die Einnahmen zu sprudeln begannen. Dennoch, so sagen sie, motiviere sie eher die Dankbarkeit, die in un-zähligen E-Mails und Kommentaren zum Aus-druck komme – von Menschen auf der ganzen Welt, die Linderung ihrer Schmerzen gefun-den hätten. „Das lässt mich weitermachen“, so Heineck.

Studio zu gewinnen, sondern vor allem möchte man auf diesem Weg das Geschäftsmodell er-weitern oder gar komplett umstellen.

Inwieweit sich das auszahlt, ist auf der Kölner Sport- und Fitnessmesse Fibo zu sehen. Bereits seit einigen Jahren setzt die Messe auf Influencer (von englisch ‚to influence‘ dt. ‚beeinflussen‘). Sie nehmen vornehmlich über die sozialen Medien Einfluss auf ihre Follower, indem sie etwa auf ihren Kanälen gegen Bezah-lung der Hersteller Produkte empfehlen, zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel, Fitness-geräte oder Sportkleidung. Die internationalen Stars der Branche, die an den Messeständen sowie in der eigens eingerichteten Influen-cer-Lounge die Besuchermassen in die Messe-hallen locken, sind bei ihren Followen extrem beliebt. So hat zum Beispiel die aus Venezuela stammende Influencerin Michelle Lewin nicht nur 13,6 Millionen Abonnenten auf Instagram, sondern auch zwei eigene Produktlinien. Ein lukratives Geschäftsmodell. Doch selbst wenn man nur fremde Produkte in die Kamera hält, ist das Geschäft äußerst einträglich – jedoch manchmal auch umstritten. So klagt die Göt-tinger Fitnessbloggerin Luisa-Maxime Huss, die als @lu_coaching auf Instagram unterwegs ist und dort immerhin knapp 150.000 Follower hat, derzeit vor dem Bundesgerichtshof. Es

„Social Media rechnet sich“

Die Physiotherapeutin PAULA THOMSON verdient ihr Geld als Influencerin, Bloggerin und Autorin. Ein lohnendes Geschäftsmodell?

INTERVIEW

In Ihren Instagram-Videos zeigen Sie unter ande-rem Fitnessübungen – kostenlos. Ein Trainer be-kommt dafür normalerweise Geld. Was ist Ihr Geschäftsmodell?Ich finanziere mich im Wesentlichen über Werbung aus dem Sport-, Ernährungs- und Gesundheitsbe-reich. Daneben erstelle ich aber auch noch für Privatkunden Trainings- und Ernährungspläne und biete Personal Coachings an.

Sie sind ausgebildete Physiotherapeutin, ein Be-ruf, mit dem man bekanntlich nicht so leicht reich werden kann. Ist der Beruf einer Fitness-Influen-cerin in dieser Hinsicht erfolgversprechender?Das kann man schwer verallgemeinern, weil das natürlich von extrem vielen Faktoren abhängig ist – von der Strategie und Zielgruppenorientierung, aber auch von den eigenen Fähigkeiten und Mög-lichkeiten. Auf jeden Fall ist aber der Unterschied, dass Erfolg und Verdienst nach oben hin nicht von vorneherein durch irgendwelche Krankenkassen-sätze und Vergütungsordnungen limitiert sind.

Die allermeisten Praxisinhaber sind in den sozia-len Netzwerken eher inaktiv – weil es ein Zeit-schlucker ist, der sich nicht direkt auszahlt. Nach-vollziehbar?Social Media ist definitiv inzwischen eine riesige Chance, um neue Kunden zu gewinnen. Insbeson-dere dann, wenn man sich als Therapeut speziali-siert hat und gezielt bestimmte Gruppen anspre-chen will. Oder auch, wenn man sich ein zweites Standbein aufbauen und vielleicht auch mehr an die Zielgruppe der Privatzahler heran möchte. Auf der anderen Seite will ich aber auch gar nicht leug-

nen, dass es ein sehr großer Zeitaufwand ist, wenn man es gut machen will. Ich kann allerdings jeden nur dazu ermuntern: Langfristig zahlt sich das auf jeden Fall aus und es macht sehr viel Spaß.

Was war Ihr persönlicher Beweggrund, diesen Weg einzuschlagen?Ich habe das anfangs nur als Hobby neben meiner Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich aus meiner Leidenschaft auch einen Beruf machen kann. Und es hat funktioniert.

Der Blog von Paula Thomson heißt „laufvernarrt“ (www.laufvernarrt.de). Das ganze Interview mit ihr finden Sie unter www.optica.de/thomson

13,6Millionen

Abonnenten auf

Instagram und zwei

eigene Produktlini-

en sind für Michelle

Lewin „Gold wert“.

10 ZUKUNFT PRAXIS TITEL ZUKUNFT PRAXIS TITEL 11

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Aussagen wie diese lässt manch andere Therapeuten freilich eher aus der Haut fahren. Schwingt bei ihnen doch gerne mit, dass man sich den Besuch einer Praxis sparen könnte, wenn man doch nur den Anweisungen in den Youtube-Filmen Folge leistet und die dort ge-zeigten Übungen ordentlich wiederholt. Diese Kritik erfährt auch Roland Liebscher-Bracht. Obwohl er selbst noch nicht einmal gelernter Physiotherapeut ist, eilt ihm der Ruf voraus, einer der erfolgreichsten deutschen Schmerz-spezialisten zu sein – eine Berufsbezeichnung, die im Gegensatz zum „Schmerztherapeuten“ hierzulande nicht geschützt ist. Erarbeitet hat sich Liebscher-Bracht den Ruf weniger durch sein Gesundheitszentrum in Bad Homburg, das er zusammen mit seiner Frau, der Allge-meinärztin Dr. Petra Bracht, betreibt, sondern vor allem durch die gemeinsamen Aktivitäten auf Instagram (185.000 Abonnenten), Facebook (456.000 Abonnenten) und Youtube (848.000 Abonnenten). Veröffentlicht werden dort un-zählige Videos, in denen es um alle Facetten der Schmerzbehandlung geht. Mal gibt Petra Bracht Ernährungstipps gegen Arthrose, ein anderes Mal zeigt Roland Liebscher-Bracht Bewegungs-

übungen gegen Nacken- oder Rückenschmer-zen. Das beliebteste Video („Diese Schlafposi-tion solltest du unbedingt vermeiden“) wurde inzwischen 9,3 Millionen Mal angeschaut. „Ab und zu weisen wir dabei auch auf unsere Fas-zienrollen, ein neu erschienenes Buch oder auf unser Schmerzfrei-Drücker-Set hin,“ vertei-digen sich die beiden auf ihrer Website. Aber: „Wenn man mit einer guten und gewissenhaften Arbeit, die vielen Menschen nutzt, auch Geld verdient, sollte das nicht verwerflich sein.“

Auch als Hobby interessantEs gibt im Netz auch Therapeuten, denen es überhaupt nicht ums Geld geht. Zum Beispiel Menschen wie die Ergotherapeutin Linda Neu-bert, die auf ihrer Instagram-Seite vor allem Bilder von sich und ihrem Therapiehund Nero zeigt. Nicht, um Geld zu verdienen, wie sie sagt, sondern als reines Hobby. Fast 2.500 Menschen folgen ihr. Ein anderes Beispiel ist ihre öster-reichische Kollegin Silvia Taurer, die kein ein-ziges Foto, dafür aber jede Menge ergothera-peutische Tipps postet und sich vor allem an dem Feedback ihrer fast 2.000 Follower erfreut – als Bestätigung für die Sinnhaftigkeit ihres Social-Media-Engagements (siehe auch Inter-view unter www.optica.de/taurer). Last but not least eine Therapeutin, die unter dem Na-men „kinderphysiotherapiemaike“ auf Ins-tagram 18.000 Follower hat. Ihren Realnamen verrät sie nicht. Die 34-jährige Mutter stellt sich in den Mittagspausen und nach der Arbeit hin, um kleine Videos und Podcasts zu produ-zieren. Nicht, um noch mehr Patienten zu be-kommen, sondern eher im Gegenteil: „Ich habe die Vision, möglichst viele Eltern darüber auf-zuklären, wie sie ihre Kinder vor Erkrankun-gen und Fehlbildungen schützen können. Das würde nämlich bedeuten, dass weniger Kinder mit erworbenen Fehlbildungen zu uns in die Praxis kommen und wir somit mehr Zeit für die Kinder hätten, die angeborene Schädigun-gen haben.“ Ein Geschäftsmodell ist das gewiss nicht, aber auch soziales Engagement zahlt sich aus. —

1/2Million

Abonnenten zählt

Roland Lieb-

scher-Bracht

auf seiner

Facebook-Seite.

Ich bekomme auf meine Seite immer wieder tolles Feed-

back, und viele Leute bedan-ken sich für die wertvollen

Beiträge.Ergotherapeutin Silvia Taurer

(www.instagram.com/ergotipps)

12 ZUKUNFT PRAXIS TITEL

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IN KOOPERATION MIT

T H E R A P E U T E N W I S S E N

Studien suchenDiTA besteht aus den drei wesentli-chen Komponenten Search, Browse und Learn und ist in englischer Spra-che aufgebaut. Die Studien selbst sind in unterschiedlichen Sprachen. Unter „Search“ sucht der Therapeut anhand einer Suchmaske (Abb.) nach Artikeln, die seine Frage be-antworten könnten. In das oberste Feld „Abstract & Title“ kann er einen oder mehrere Begriffe eingeben. Die ausgewählten Arbeiten schickt er sich entweder selbst per Mail oder speichert und öffnet sie mit seinem Literaturverwaltungsprogramm auf dem eigenen Rechner. So geht kein

Suchergebnis verloren. Eine detail-liertere Suche ist ebenso über die Suchmaske möglich. Therapeuten können hierbei zum Beispiel die Körperregion, die Pathologie oder den Autor eingeben und festlegen, ob nur klinische Studien oder nur Reviews angezeigt werden sollen.

Unter „Browse“ findet man die Artikel, die neu zu DiTA hinzugefügt wurden. Auf dieser Seite ist es mög-lich, sich in einem E-Mail-Newsletter zu registrieren, sodass man kein Up-date der Datenbank verpasst.

Unter der Rubrik „Learn“ erfahren Therapeuten mehr darüber, wie dia-gnostische Tests beurteilt werden, welche Studien die DiTA-Datenbank erfasst oder wie man am besten bei einer Suche auf der Datenbank vorgeht. Dort gibt es Tutorials, eine FAQ-Seite und eine Auflistung der Kriterien für die Aufnahme von Stu-dien auf die Plattform.

Mehr unter www.dita.org.au

Lesen Sie den kompletten Artikel von Stephanie Moers in der Zeitschrift physiopraxis, Ausgabe 6/2020: www.thieme-connect.de/products/ejour-nals/html/10.1055/a-1159-8670?update=true

DiTA – PEDros kleine SchwesterVor lauter Tests verliert man in der physiotherapeutischen Untersu-chung schnell mal den Überblick. Unterstützung verspricht nun eine neue Online-Datenbank für Testverfahren und Assessments – DiTA.

ests gehören zur täglichen Praxis dazu. Therapeuten nutzen sie, um die klinische

Präsentation des Patienten wie Be-weglichkeit, Kraft oder Funktion zu beurteilen, um eine präventive Aus-sage zu machen oder um Patienten zu stratifizieren. Außerdem können Therapeuten diagnostische klini-sche Tests auch einsetzen, um bei Patienten eine Pathologie ein- oder auszuschließen.

Nicht immer sind die Tests je-doch sinnvoll. Man sollte sie nur einsetzen, wenn sie aussagekräftig sind und für die Therapie zusätzliche Erkenntnisse bringen. Entsprechen-de Studien untersuchen, ob ein Test diese Kriterien erfüllt, und verglei-chen ihn mit einem Referenztest, am besten dem Test mit der größten Genauigkeit, dem Goldstandard.

Register über StudienSeit Herbst 2019 gibt es eine

neue Datenbank für Physiotherapeu-ten: DiTA (Diagnostic Test Accuracy Database), die von PEDro Partners-hip ins Leben gerufen wurde (2019). Genau wie PEDro ist DiTA frei zu-gänglich. Sie führt ein Register über Studien und systematische Reviews, die diagnostische Tests aus der Phy-siotherapie untersuchen. Derzeit sind 1.768 Artikel auf der Datenbank regis-triert, die stetig wächst (2020).

Seit Herbst 2019 gibt es eine neue Daten-bank für Physiotherapeuten – DiTA.

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F ür alle, die uneingeschränkt gehen, hören oder sehen können, ist Barrierefreiheit meist ein Be-griff am Rande der Wahrnehmung. Für diejeni-gen, die in ihrer „Teilhabe am Leben in der Ge-

sellschaft beeinträchtigt“ sind – wie die gesetzliche Definition des Begriffes Behinderung lautet –, ist es aber ein zentraler Aspekt. Denn nicht barrierefreie Websei-ten, Verkehrsmittel oder Gebäude – auch Gesundheits-einrichtungen – können für sie unüberwindliche Hinder-nisse darstellen. Ein Hindernis sind zu hohe Türschwellen oder der fehlende Aufzug doch ebenso für ältere Patien-ten und diejeninge, die aufgrund einer Sportverletzung nur kurzzeitig auf Gehhilfen angewiesen sind. Gleiches gilt für Eltern mit Kinderwagen. Das Thema Barrierefrei-

heit hat daher auch im Terminservice- und Versorgungs-gesetz (TSVG), das am 11. Mai 2019 in Kraft getreten ist, seinen Niederschlag gefunden. Dort heißt es, dass die Spitzenverbände eine Empfehlung zur Ausgestaltung ei-ner barrierefreien Praxis abgeben sollen. „Eine generelle Pflicht, die Praxis barrierefrei zu gestalten, entsteht hie-raus jedoch nicht. Grundsätzlich ist die Barrierefreiheit zudem im Baurecht gesetzlich geregelt“, sagt Thorsten Vogtländer, Geschäftsführer des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) e. V. Da das Baurecht in die Zu-ständigkeit der Bundesländer fällt, könnten die baurecht-lichen Vorgaben von Bundesland zu Bundesland unter-schiedlich sein. Tatsächlich heißt es beispielsweise in Paragraph 54 der hessischen Bauordnung (HBO), dass

TEXT: MICHAEL HASENPUSCH

Eine barrierefreie Praxis ist für viele Patienten ein Segen. Ein Muss für den Praxisinhaber ist sie aber nicht. Nur rund ein

Drittel der Arzt- und Therapiepraxen sind tatsächlich barrierefrei.

Einrichtungen des Gesundheitswesens barrierefrei sein müssten, allerdings nicht, wenn dies „nur mit einem un-verhältnismäßigen Mehraufwand umgesetzt oder aus bautechnischen Gründen nicht erfüllt werden“ könne. Vogtländer kann solche Ausnahmen in der Praxis bestäti-gen: „Seitdem ich für den Verband tätig bin, habe ich noch nie davon gehört, dass ein Bauamt einen Praxis-gründer bei Bestandswohnraum zur absoluten Barriere-freiheit verpflichtet hätte.“ Die Bauämter agieren hier in der Regel mit Augenmaß. Von einer angemieteten Praxis im ersten Stock eines Mehrparteienhauses ohne Fahr-stuhl hat noch kein Bauamt den nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls im Ergebnis verlangt. „Das wäre auch nicht zumutbar, denn der Einbau eines Aufzugs oder die Verbreiterung von Türen erfordern in der Regel hohe fünf- bis sechsstellige Investitionen, die mit Blick auf die aktuelle Vergütung für keinen Praxisgründer finanzier-bar sind“, sagt Thorsten Vogtländer.

Bei Bestandsimmobilien ist Barrierefreiheit eine SeltenheitDoch wie ist es gegenwärtig um die Barrierefreiheit in Deutschlands Praxen bestellt? Melanie Ludwig, Leiterin der Fachstelle für Barrierefreiheit beim größten Sozial-verband Deutschlands, dem Sozialverband VdK Deutsch-land e. V., beobachtet eine Stagnation beim Ausbau: „Der Anteil der barrierefreien Praxen, ärztliche und andere, lag 2018 bei einem Drittel und damit etwa genauso hoch wie 2009. Es hat sich in knapp zehn Jahren also fast

nichts geändert. Nur in den medizinischen Versorgungs-zentren, unter denen viele relativ neue Gebäude sind, liegt der Anteil bei rund der Hälfte, die zumindest einige Kriterien der Barrierefreiheit erfüllen.“

Für diese geringe Quote hat die Expertin wenig Ver-ständnis. Zwar werde der zeitliche Mehraufwand, den Ärzte und Therapeuten mit Menschen mit Einschränkun-gen haben, nicht finanziell abgegolten: „Aber Physio- und Ergotherapeuten haben viele Patienten, denen der Praxis-besuch erleichtert werden könnte. Auch angesichts des demografischen Wandels und einer alternden Gesellschaft sollten sich Praxisbetreiber auf solche Patienten besser heute als morgen einstellen“, sagt Ludwig. Sozialverbände wie der VdK setzen sich schon lange für mehr Barrierefrei-heit in ambulanten Gesundheitseinrichtungen ein.

Doch selbst Praxisbetreiber, die Barrierefreiheit in Bestandsimmobilien anbieten wollen, müssen oft sehr flexibel sein. Das zeigt der Fall der Physiotherapeuten Rita und Martin Reinhart, die in Baden-Württemberg drei Pra-xen betreiben, eine in Tettnang, zwei im benachbarten Weingarten. „Der ältere der beiden Weingartener Stand-orte war nicht barrierefrei, und das war für viele Patien-ten wirklich schwierig, besonders, da wir Logopädie und Ergotherapie mitanbieten“, sagt Rita Reinhart. Das Thera-peutenpaar suchte lange nach geeigneten Räumlichkeiten zur Miete und fand nur eine weitere kleine Immobilie, die den Anforderungen entsprach und sich beispielsweise auch für den Besuch mit einem elektrischen Rollstuhl eignete. „Deshalb haben wir jetzt zwei kleine statt einer großen gemeinsamen Praxis in Weingarten, obwohl eine natürlich deutlich praktischer wäre. Aber für die Barrie-refreiheit war es uns das wert“, sagt Reinhart. —

Wille undFlexibilität

So geht barrierefrei: Viele Fragen rund um die Barrierefreiheit in der medizinischen Versorgung beantwortet die Webseite „Praxis-Tool Barrierefreiheit“: www.praxis-tool-barrierefreiheit.de Gemeinschaftsprojekt des Bundesministeri-ums für Arbeit und Soziales, der Stiftung Gesundheit Fördergemeinschaft e. V. und der Stiftung Gesundheit. Das Tool ist zwar für Arztpraxen gedacht, gibt aber auch Heil-mittelerbringern wertvolle Hinweise, was nö-tig ist, um Barrierefreiheit in der eigenen Praxis umzusetzen. Auch finden sich dort direkte Links auf alle Landesbauordnungen in Deutschland.

Physio- und Ergotherapeuten haben viele Patienten, denen der Praxisbesuch erleichtert

werden könnte.Melanie Ludwig, Leiterin der Fachstelle für Barrierefreiheit beim VdK Deutschland e.V.

14 ZUKUNFT PRAXIS THEMA ZUKUNFT PRAXIS THEMA 15

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Was ist an Ihrer Praxis anders als in anderen Praxen?Wir haben überdurchschnittlich viele Privatzahler in unserem Gesund-heitszentrum und sind sicherlich auch etwas dienstleistungsorientier-ter als andere. Das liegt daran, dass wir neben der Ergotherapie auch noch einen Sportbereich mit Be-triebssport- oder Seniorensportgrup-pen sowie Personal Training haben. Dieser Bereich wird von meinem Mann geleitet, der Diplomsportlehrer ist. Dann bieten wir noch Psychothe-rapie und Hypnose an – was uns wohl auch von den meisten anderen Praxen unterscheidet.

Wie kam es zu diesem breiten Angebot?Das liegt zum einen daran, dass wir als Team diese Interessen und Kom-petenzen einfach mitbringen und sie sich gut ergänzen. Zum anderen hat es auch wirtschaftliche Gründe – weil wir so nämlich die Praxis ganz wunderbar von 8 Uhr morgens bis 21 Uhr abends bespielen können.

Wie wichtig sind Fortbildungen für Sie?Für mich persönlich haben sie inzwi-schen nicht mehr die oberste Priori-tät. Ich bin Ergotherapeutin, Dip-lompsychologin, Heilpraktikerin für

Psychotherapie und Hypnose und habe 36 Jahre Berufserfahrung. Da muss man vielleicht nicht mehr jedes Jahr zur Fortbildung gehen. Aber für unsere Mitarbeiter sind Fortbildun-gen selbstverständlich wichtig, und wir unterstützen sie darin sehr.

Wie gehen Sie mit dem Fachkräfte-mangel um?Damit haben wir eigentlich kein Pro-blem. Natürlich müssen wir gelegent-lich Mitarbeiter suchen, aber da hat sich für uns der Stellenmarkt von er-goxchange bewährt. Die Zahl der Bewerber hält sich zwar auch bei uns in Grenzen, wenn es aber zu einem

Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen: Unter diesem Motto werden hier die Besonderheiten anderer Praxen gezeigt.

Diesmal im Gespräch: ANKE GÜNTHER. Die Ergo- und Psychotherapeutin ist Inhaberin von zwei Praxen in Hamburg.

Vorstellungsgespräch kommt, pas-siert es nur selten, dass der Bewer-ber nicht bei uns anfangen möchte.

Wie redselig sind Sie während der Behandlung: Smalltalk, intensive Gespräche oder Schweigen im Walde?Die Gespräche können auch schon mal intensiv und tiefgehend sein, gerade wenn man sich schon lange kennt. Aufpassen muss man als The-rapeut nur, wenn das Gespräch eher kompensatorisch und ausweichend wird – um sich nicht dem widmen zu müssen, warum man eigentlich in der Behandlung ist.

Wie machen Sie Ihre Praxis regio-nal bekannt?Wir haben Visitenkarten und Flyer, die in der Praxis ausliegen. Auf ei-nem Bildschirm im Wartezimmer ge-ben wir aktuelle Informationen über unsere Arbeit. Auf Marketingmaß-nahmen, die nach draußen gerichtet sind, verzichten wir. Denn wir sind seit 21 Jahren vor Ort. Das heißt, man kennt uns hier sowieso.

Praxis-Outfit oder Freestyle? Bei uns soll sich jeder Mitarbeiter wohlfühlen, so wie er ist. Natürlich muss das Outfit angemessen sein, aber das ist ein unausgesprochener Konsens. Zur Erkennbarkeit als Pra-xismitarbeiter reicht ein kleines Na-mensschild mit dem Logo.

Karteikarte oder Praxis-EDV – wie digital ist Ihre Praxis?Wir sind eine sehr moderne Praxis. Das Praxis- und Verordnungsma-nagement, die Dokumentation sowie die Terminplanung sind digital, und wir haben sogar eine mobile App für die Hausbesuche. Eigentlich haben wir nur noch Karteikarten, um die Verordnungen und die von den Pati-enten mitgebrachten Papierunterla-gen abzulegen.

Gesundheitsminister für einen Tag: Was würden Sie machen?Ich würde mir weniger Restriktionen beim Verordnungsmanagement wünschen. Mehr Eigenverantwor-tung bei der Therapiegestaltung, also mehr Unabhängigkeit von den ärztlichen Vorgaben, und mehr Ent-scheidungsfreiheit. Und natürlich die E-Verordnung.

Fühlen Sie sich derzeit politisch ausreichend vertreten?Das kommt darauf an. Was auf jeden

Fall nicht ausreichend vertreten wird, ist das Voranbringen der Digitalisie-rung. Da würde ich mir mehr Druck seitens der Heilmittelerbringer und mehr Offenheit von den Kostenträ-gern wünschen. Denn unsere ganze Gesellschaft ist mittlerweile digitali-siert, nur wir hinken hinterher.

In welchem Verband sind Sie orga-nisiert, und wie zufrieden sind Sie mit ihm?Ich bin im Ergotherapeutenverband DVE und bin mit ihm eigentlich auch ziemlich zufrieden. Manchmal schaue ich allerdings etwas neidvoll auf die Physiotherapeuten, die mit ihrem Ver-band noch geschlossener sind und dadurch auch mehr und vor allem schneller etwas bewegen können.

Therapeut auch nach Feierabend?Niemals! Ich werde zwar gelegent-lich von einer Freundin um Rat ge-fragt, hüte mich aber davor, dann in die Therapeutenrolle zu schlüpfen. Da möchte ich einfach nicht die Rol-len vermischen – und habe aber auch privat so viele andere Themen, dass mir dafür die Zeit zu schade wäre. —

Ich würde mir mehr Eigenver-antwortung bei der Therapie-

gestaltung wünschen.

16 ZUKUNFT PRAXIS THEMA 17ZUKUNFT PRAXIS THEMA

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18 ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN ZUKUNFT PRAXIS FRAGEBOGEN 19

WAT-GUTACHTEN Die Präsentation der Wirtschaftlich-keitsanalyse ambulanter Therapiepraxen, das sogenann-te WAT-Gutachten, wurde wegen der Corona-Krise aber-mals verschoben. Ende Juli soll es nun vorgestellt werden und damit auch die Frage geklärt werden, wie die finanzielle Situation in den Praxen tatsächlich ist.

VorschauZukunft Praxis Ausgabe 08/2020

ImpressumZukunft Praxis, Ausgabe 07/2020 (Erscheinungsweise: monatlich)

Herausgeber: Optica Abrechnungszentrum Dr. Güldener GmbH Marienstraße 10, 70178 Stuttgart

Vertreten durch die Geschäftsführer Konrad Bommas, Markus Kinkel und Dr. Jochen Pfänder

Telefon: 0711 99373-2000, Telefax: 0711 99373-2025 E-Mail: [email protected]

Optica-Redaktion: Fabian Maier (V.i.S.d.P.)

Verlag: FAZIT Communication GmbH, Frankenallee 71 – 81, 60327 Frankfurt am Main

Konzept: Jan Philipp Rost, Martin Schmitz-Kuhl, Christiane Zimmer

Art-Direktion: Oliver Hick-Schulz

Produktion: Anabell Krebs

Text: Michael Hasenpusch, Martin Schmitz-Kuhl, Christiane Zimmer

Druck: Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH, Mörfelden-Walldorf

Fotografie: Titel + S. 3: Kornburut Woradee / EyeEm/https/gettyi-mages.de/ S. 3: Optica / S. 5: Sylverarts/iStock / S. 6: mustafa güner/iStock / S. 7: valentinrussanov/iStock; privat / S. 8: gesrey/iStock / S. 10: alexsl/iStock / S. 11: privat / S. 12: Silvia Taurer / S. 13: DiTA / S. 15: Melanie Ludwig / S. 16/17: Anke Günther / S 18: Optica / Daniel Doebler / S. 19: Christian Horz/iStock; fotodelux/iStock

Abo-Bestellung: [email protected], Jahresabonnement 85,00 Euro für 12 Ausgaben, Einzelverkauf 7,80 Euro. Für Optica-Kunden und ausge-wählte Interessenten kostenlos; Registrierung unter www.optica.de/zukunft-praxis

Hinweis: Im Sinne einer besseren Lesbarkeit der Texte wird entweder die männliche oder weibliche Form von perso-nenbezogenen Haupt wörtern gewählt. Dies impliziert keine genderspezifische Benachtei-ligung.

Termine

ID-Nr. 2092786

FIBO 1. bis 3. Oktober 2020 in Köln www.fibo.de

Ergotherapie-Kongress 2020 22. bis 24. Oktober 2020 in Weimar https://dve.info/kongress

therapie 2020 23. und 24. Oktober in Hamburg www.therapiemesse-hamburg.de

DVE-Herbsttagung des Fachausschusses Selbstständige Ergotherapeuten 16. bis 18. November in Bad Dürkheim

FUSS 2020 27. und 28. November in Kassel www.podo-deutschland.de/fuss-2020

Service & Wissen Verantwortung tragen mit dem COVID-19 GesichtsschutzAls Leistungserbringer müssen Sie in der aktuellen Situation nicht nur sich selbst schützen, sondern vor allem auch Ihre Patienten. Dabei hilft ein Mund-Nasen-Schutz. Doch welcher entspricht den aktuellen Anforderungen? Optica nimmt Ih-nen die Suche nach dem passen-den Gesichtsschutz gerne ab: Im Online-Shop finden Sie das passen-de Produkt für sich und Ihr Team: www.optica-shop.de

#PHYSIOVORORTIn dem neuen Format #PHYSIO-VOR ORT stellt Optica besonders spannende Physiotherapeuten vor und beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Arbeitsalltags. Das Ziel ist es, ein besseres Bewusstsein für den Beruf des Physiotherapeuten zu schaffen. Teil 1 mit Chantal Schwinger, Physiotherapeutin der Stuttgarter Kickers: www.optica.de/physiovorort

Vorsicht vor betrügerischen E-MailsAktuell werden gefälschte Zah-lungsbescheide der ARGE versen-det mit dem Ziel, Ihre Daten abzu-greifen. Worauf Sie achten sollten und wie Sie sich schützen können, erfahren Sie unter: www.optica.de/phishing

DAS DIGITALE-VERSORGUNG-GESETZ

Wie geht es weiter mit der Digitalisierung?Die Kosten für die Videobehandlung werden nicht länger von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Hat die Co-rona-Pandemie der Digitalisierung im Heilmittelbereich dennoch neue Impulse verliehen? Ein Interview mit Uwe Eisner, stellvertretender Bundesvorsitzender des Deut-schen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) e. V.www.optica.de/eisner

LOGOPÄDISCHES LÜCKENMANAGEMENT

Warum bestimmte Lücken unsere Fachkompetenz fördernWarum logopädisches Lückenmanagement einen bedingungslos ho-hen Stellenwert im Qualitätsmanagement hat und wie man es praxis-nah am besten umsetzt, erfahren Sie von der Bloggerin Ann-Kathrin Schäfer: www.optica.de/lueckenmanagement

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