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704 Magazin Gynäkologische▶ Dysplasie-Einheit▶ Die Gynäkologische Dysplasie-Ein- heit an der Klinik für Frauenheilkun- de und Geburtshilfe der Medizini- schen Hochschule Hannover ist, als erste Klinik in Deutschland, nach den Richtlinien der Deutschen Krebsge- sellschaft zertifiziert worden. Ge- prüft wurden unter anderem die Aus- und Weiterbildung der Ärzte und die Standardvorgehen in Diag- nostik, Therapie und Nachsorge. Wichtig war außerdem, dass die Ärz- te genügend hohe Fallzahlen vor- weisen konnten. Die Dysplasie-Ein- heit setzt bei ihrer Arbeit unter ande- rem auf interdisziplinäre Dysplasie- Konferenzen mit Pathologen, Zyto- logen und Gynäkologen. www.aerzteblatt.de Gewalt▶gegen▶Kinder▶ kommt▶in▶allen▶sozialen▶ Schichten▶vor Säuglinge und Kleinkinder werden am häufigsten Opfer schwerer For- men physischer Gewalt. Besonders gefährdet sind Frühgeborene und Säuglinge mit einem geringen Ge- burtsgewicht. Kinder erfahren Ge- walt am häufigsten von ihren leibli- chen Eltern, dabei kommt Gewalt in allen sozialen Schichten vor. Das sind drei Aussagen aus dem neuen Bran- denburger Leitfaden zur Früherken- nung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. In Deutschland gibt es keine einheitliche Datenbasis über die Häufigkeit von Gewalt gegen Kinder. In einer Befragung des Kin- der- und Jugendsurveys des Robert Koch-Institutes sahen sich 3,6% der Mädchen und 7,6% der Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren in einem Zeitraum von zwölf Monaten als Op- fer von Gewalthandlungen. www.mugv.brandenburg.de | Der▶Gynäkologe▶10▶·▶2013 Ticker © Professor Thomas Iftner Gynäkologe 2013 · 46:704–705 DOI 10.1007/s00129-013-3254-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 8 Als Prophylaxe von Frühgeburten könnte sich ein Zervixpessar anbieten ©Getty Images/iStockphoto Zervixpessar▶könnte▶Frühgeburt▶ verhindern Ein▶Zervixpessar,▶das▶den▶Mut- termund▶ entlasten▶ und▶ aus- richten▶ soll,▶ könnte▶ die▶ Früh- geburtsraten▶ bei▶ Frauen▶ mit▶ Mehrlingsschwangerschaften▶ und▶verkürzter▶Zervixlänge▶zu- künftig▶senken. Ein Silikonring, der über die Zer- vix gestülpt wird, soll den Gebär- muttermund verschließen und zusätzlich durch eine sakrale Ausrichtung der Zervix eine frühzeitige Einleitung der Ge- burt verhindern. In der soge- nannten ProTwin-Studie wurden insgesamt 813 Frauen auf die Einlage des Zervixpessars oder auf eine Kontrollgruppe rando- misiert. Primärer Endpunkt war ein Composite aus verschiedenen Frühgeburtskomplikationen wie Totgeburt, periventrikuläre Leu- komalazie, bronchopulmonale Dysplasie, intraventrikuläre Blu- tung, nekrotisierende Enterokoli- tis, Sepsis oder neonatale Todes- fälle. Bei Frauen mit einer star- ken Verkürzung des Muttermun- des konnte das Zervixpessar die Rate von neonatalen Komplika- tionen um 60% senken. Das weite 95%-Konfidenzintervall von 0,19 bis 0,83 zeigt jedoch, dass der Be- leg nicht einfach zu führen war. Die Zervixpessare sollten in wei- teren Studien untersucht werden. Angesichts der geringen Kosten und der hohen Sicherheit kann nach Ansicht der Studienautoren ein Zervixpessar bei Schwange- ren mit einem hohen Risiko einer Frühgeburt aber schon jetzt als prophylaktische Maßnahme be- trachtet werden. Liem s et al (2013) Lancet (Epub ahead of print) doi: 10.1016/S0140-6736(13)61408-7 Genitalverstümmelung Erste▶deutsche▶Klinik▶kümmert▶sich▶in▶Berlin▶ um▶Opfer Ein▶ Team▶ besonders▶ ausgebil- deter▶ Fachleute▶ behandelt▶ in▶ Berlin-Zehlendorf▶ Opfer▶ von▶ Genitalverstümmelungen.▶Das▶ Krankenhaus▶ Waldfriede▶ will▶ künftig▶Operationen▶anbieten,▶ die▶Schmerzen▶lindern▶und▶ge- sundheitliche▶ Folgen▶ verhin- dern▶können.▶Schirmherrin▶des▶ Projekts▶ist▶die▶ehemalige▶UN- Sonderbotschafterin▶Waris▶Dirie. Die weibliche Genitalverstüm- melung ist nach Angaben der Klinik nicht nur in Ländern Af- rikas üblich. Die WHO schätzt die Zahl der Opfer weltweit auf 150 Millionen. Selbst in Deutsch- land leben circa 50.000 Frauen mit Genitalverstümmelungen. Die Betroffenen sind aus Sicht der Krankenhauspsycho- logen oft zutiefst traumatisiert. Das Erlebte beeinflusse den Rest ihres Lebens. Entzündungen im Genitalbereich, Inkontinenz, Fistelprobleme, Schamgefühl oder sogar der Tod seien die Konsequenz. Die Kosten für Operationen werden laut dem Krankenhaus für in Deutsch- land versicherte Patientinnen von den gesetzlichen und priva- ten Krankenkassen getragen. Auch Nichtversicherte, etwa aus Afrika geflohene Frauen, können auf Unterstützung hof- fen. Seit 2002 setzt sie sich Dirie mit ihrer in Wien angesiedelten Desert Flower Foundation für die Rechte afrikanischer Frauen und gegen das jahrtausendealte Ritual der Beschneidung ein. www.zeit.de

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▶▶ Gynäkologische▶▶Dysplasie-Einheit▶

Die Gynäkologische Dysplasie-Ein-heit an der Klinik für Frauenheilkun-de und Geburtshilfe der Medizini-schen Hochschule Hannover ist, als erste Klinik in Deutschland, nach den Richtlinien der Deutschen Krebsge-sellschaft zertifiziert worden. Ge-prüft wurden unter anderem die Aus- und Weiterbildung der Ärzte und die Standardvorgehen in Diag-nostik, Therapie und Nachsorge. Wichtig war außerdem, dass die Ärz-te genügend hohe Fallzahlen vor-weisen konnten. Die Dysplasie-Ein-heit setzt bei ihrer Arbeit unter ande-rem auf interdisziplinäre Dysplasie-Konferenzen mit Pathologen, Zyto-logen und Gynäkologen.

www.aerzteblatt.de

▶▶ Gewalt▶gegen▶Kinder▶kommt▶in▶allen▶sozialen▶Schichten▶vor

Säuglinge und Kleinkinder werden am häufigsten Opfer schwerer For-men physischer Gewalt. Besonders gefährdet sind Frühgeborene und Säuglinge mit einem geringen Ge-burtsgewicht. Kinder erfahren Ge-walt am häufigsten von ihren leibli-chen Eltern, dabei kommt Gewalt in allen sozialen Schichten vor. Das sind drei Aussagen aus dem neuen Bran-denburger Leitfaden zur Früherken-nung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. In Deutschland gibt es keine einheitliche Datenbasis über die Häufigkeit von Gewalt gegen Kinder. In einer Befragung des Kin-der- und Jugendsurveys des Robert Koch-Institutes sahen sich 3,6% der Mädchen und 7,6% der Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren in einem Zeitraum von zwölf Monaten als Op-fer von Gewalthandlungen.

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|▶ Der▶Gynäkologe▶10▶·▶2013

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Gynäkologe 2013 · 46:704–705 DOI 10.1007/s00129-013-3254-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

8 Als Prophylaxe von Frühgeburten könnte sich ein Zervixpessar anbieten

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Zervixpessar▶könnte▶Frühgeburt▶verhindernEin▶Zervixpessar,▶das▶den▶Mut-termund▶ entlasten▶ und▶ aus-richten▶ soll,▶ könnte▶ die▶ Früh-geburtsraten▶ bei▶ Frauen▶ mit▶Mehrlingsschwangerschaften▶und▶verkürzter▶Zervixlänge▶zu-künftig▶senken.

Ein Silikonring, der über die Zer-vix gestülpt wird, soll den Gebär-muttermund verschließen und

zusätzlich durch eine sakrale Ausrichtung der Zervix eine frühzeitige Einleitung der Ge-burt verhindern. In der soge-nannten ProTwin-Studie wurden insgesamt 813 Frauen auf die Einlage des Zervixpessars oder auf eine Kontrollgruppe rando-misiert. Primärer Endpunkt war ein Composite aus verschiedenen Frühgeburtskomplikationen wie

Totgeburt, periventrikuläre Leu-komalazie, bronchopulmonale Dysplasie, intraventrikuläre Blu-tung, nekrotisierende Enterokoli-tis, Sepsis oder neonatale Todes-fälle. Bei Frauen mit einer star-ken Verkürzung des Muttermun-des konnte das Zervixpessar die Rate von neonatalen Komplika-tionen um 60% senken. Das weite 95%-Konfidenzintervall von 0,19 bis 0,83 zeigt jedoch, dass der Be-leg nicht einfach zu führen war. Die Zervixpessare sollten in wei-teren Studien untersucht werden. Angesichts der geringen Kosten und der hohen Sicherheit kann nach Ansicht der Studienautoren ein Zervixpessar bei Schwange-ren mit einem hohen Risiko einer Frühgeburt aber schon jetzt als prophylaktische Maßnahme be-trachtet werden.

Liem s et al (2013) Lancet (Epub ahead of print) doi:

10.1016/S0140-6736(13)61408-7

GenitalverstümmelungErste▶deutsche▶Klinik▶kümmert▶sich▶in▶Berlin▶um▶Opfer

Ein▶ Team▶ besonders▶ ausgebil-deter▶ Fachleute▶ behandelt▶ in▶Berlin-Zehlendorf▶ Opfer▶ von▶Genitalverstümmelungen.▶ Das▶Krankenhaus▶ Waldfriede▶ will▶künftig▶ Operationen▶ anbieten,▶die▶Schmerzen▶lindern▶und▶ge-sundheitliche▶ Folgen▶ verhin-dern▶können.▶Schirmherrin▶des▶Projekts▶ ist▶ die▶ ehemalige▶ UN-Sonderbotschafterin▶Waris▶Dirie.

Die weibliche Genitalverstüm-melung ist nach Angaben der Klinik nicht nur in Ländern Af-

rikas üblich. Die WHO schätzt die Zahl der Opfer weltweit auf 150 Millionen. Selbst in Deutsch-land leben circa 50.000 Frauen mit Genitalverstümmelungen.

Die Betroffenen sind aus Sicht der Krankenhauspsycho-logen oft zutiefst traumatisiert. Das Erlebte beeinflusse den Rest ihres Lebens. Entzündungen im Genitalbereich, Inkontinenz, Fistelprobleme, Schamgefühl oder sogar der Tod seien die Konsequenz. Die Kosten für Operationen werden laut dem

Krankenhaus für in Deutsch-land versicherte Patientinnen von den gesetzlichen und priva-ten Krankenkassen getragen.

Auch Nichtversicherte, etwa aus Afrika gef lohene Frauen, können auf Unterstützung hof-fen. Seit 2002 setzt sie sich Dirie mit ihrer in Wien angesiedelten Desert Flower Foundation für die Rechte afrikanischer Frauen und gegen das jahrtausendealte Ritual der Beschneidung ein.

www.zeit.de

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▶▶ Spermium▶und▶Ei▶sind▶Teamplayer

Die Eizelle verliert während der Rei-fung ihre Zentriolen und ist damit auf die Zentriolen aus dem Sper-mium angewiesen. Allerdings müs-sen diese erst ein Signalprotein der Mutterzelle aktiviert werden. Das ha-ben Zellbiologen der Universität Hei-delberg herausgefunden. Schon vor einigen Jahren hatten sie damit be-gonnen, mit Massenspektroskopie nach Proteinen zu suchen, die bei der Meiose neu synthetisiert wer-den. Dabei identifizierten sie das so-genannte Synovial Sarcoma X Break-point Protein (SSX2IP). Nun fanden die Wissenschaftler heraus, dass SSX2IP die väterliche Zentriolregion aktiviert. Im Embryo bauen die Zent-riolen anschließend die Teilungsap-parate auf, ohne deren präzise Funk-tion keine klare Trennung der Chro-mosomen und damit keine erfolgreiche Embryonalentwicklung möglich wäre.

Bärenz F et al (2013) J Cell Biol 202: 81

▶▶ Monatliche▶Selbstunter-suchung▶der▶Brust

Die erfolgreiche Anleitungsbroschü-re „Monatliche Selbstuntersuchung der Brust“ gibt es nun auch als gleichnamige Smartphone-App. Sie soll durch Erinnerungsfunktion zur Selbstuntersuchung anregen und damit eine Ergänzung zur halbjährli-chen ärztlichen Vorsorgeuntersu-chung sein. Die App leitet die Unter-suchung in acht Schritten durch Fotografien veranschaulicht an. In einer kurzen Einleitung werden die Rahmenbedingungen, wie etwa der beste Zeitpunkt für die Selbstunter-suchung, erläutert. Die Memofunk-tion erinnert die Anwenderin nach 30 Tagen an die erneut fällige Selbst-untersuchung. Die App betont nicht nur die Bedeutung der Selbstunter-suchung, sondern insbesondere auch die Wichtigkeit des vertrauens-vollen Gespräches mit dem Arzt.

www.kade.de/Selbstuntersuchung

8 Der Schutz von Kindern muss höchste Priorität haben

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Schlechte▶BilanzSexueller▶Missbrauch▶ungebrochen▶hoch

Keine▶Meldepflicht▶für▶STIErreger▶lauern▶in▶den▶Dunkelziffern

Die▶ Fallzahlen▶ von▶ Betroffenen▶sexuellen▶Missbrauchs▶sind▶un-gebrochen▶ hoch,▶ so▶ die▶ Bilanz▶des▶unabhängigen▶Beauftragten▶für▶Fragen▶des▶Sexuellen▶Kindes-missbrauchs▶ der▶ Bundesregie-rung,▶ J.-W.▶ Rörig.▶ Bisher▶ fehlen▶vor▶allem▶durchgängige▶Schutz-konzepte▶und▶bei▶Prävention▶und▶Intervention▶ besteht▶ weiterhin▶erheblicher▶Investionsbedarf.▶

Positiv sei jedoch, dass Fort- und Weiterbildungen für die Mit-arbeiter zu dem Thema verstärkt angeboten würden. Auch im Be-reich der Hilfen und Beratung ist dem Bericht zufolge bis heute im-mer noch zu wenig erreicht wor-den. Trotz des Fonds sexueller Missbrauch, der mit 50 Millionen Euro auf den Weg gebracht wur-de ist es dem Bund nicht gelun-gen die Länder verbindlich daran zu beteiligen. Besondere Versor-gungslücken gibt bei Fachbera-tungsstellen für Behinderte, Jun-gen, Männer und Migranten.

Die Bundespsychotherapeu-tenkammer (BPtK) begrüßt unterdessen das neue Hilfepor-tal www.hilfeportal-missbrauch.de. Betroffenen wird hier der Zu-gang zu psychotherapeutischen Privatpraxen erleichtert. Das Online-Portal soll traumatisier-te Kinder, Jugendliche und Er-wachsene schneller beraten und behandeln, um die lange Warte-

zeit auf einen therapieplatz zu überbrücken.

Psychotherapeuten, die über Erfahrungen in der Therapie von Betroffenen sexuellen Miss-brauchs verfügen, werden wei-terhin gebeten, sich in die Daten-bank einzutragen.

www.hilfeportal-missbrauch.de

Nach▶ einem▶ Report▶ des▶ Euro-pean▶Centre▶for▶Disease▶Preven-tion▶and▶Control▶(ECDC)▶wurden▶im▶Jahr▶2011▶insgesamt▶346.911▶Neuinfektionen▶ mit▶ Clamydien▶gemeldet.▶

Die tatsächliche Zahl der Chla-mydien-Infekt ionen dürf te wesentlich höher sein, da die Erkrankung nur in 25 von 30 Ländern des Europäischen Wirt-schaftsraums (EWR) erfasst wird. Auch in Deutschland be-steht keine Meldepflicht. Ähnli-ches gilt für Infektionen mir

Neisseria gonerrhoeae, die 2011 für 39.179 Patienten gemeldet wurde. Auch hier fehlen die Zah-len aus Deutschland. Anders als bei den Chlamydien gibt es bei der Gonorrhö eine klare Risiko-gruppe: Ein Drittel aller Erkran-kungen tritt bei Männern auf, die Sex mit Männern (MSM) haben.

In den letzten Jahren ist es zu einem deutlichen Anstieg der In-fektionen gekommen, der durch die Sorglosigkeit wegen der we-niger stark empfundenen Be-drohung durch HIV erklärt wer-den kann. Sie dürfte auch einen

leichten Anstieg von Infektionen mit Treponema pallidum erklä-ren, für die MSM mit einem An-teil von 42% aller Infektionen die wichtigste Risikogruppe ist. Die ECDC gibt die Gesamtinzidenz mit 4,9 pro 100.000 Einwohner an. Diese Zahl dürfte in etwa der tatsächlichen Zahl entspre-chen, da das Meldewesen bei der Syphilis von allen venerischen Infektionen am ernsthaftesten betrieben wird.

www.ecdc.europa.eu