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Makro- und Mikrophotographie in Vergangenheit und Gegenwart. Von Univ.-Doz. Dr. Walter- U r 1, Wien. Vortrag, gehalten am 11. Januar 1961. Die Mikrophotographie ist heute ein vielgeübtes und wichtiges Hilfsmittel in den verschiedensten Z,weigen von Wissenschaft und Technik. An den , Fortschritten und reichen Erfolgen von Optik und Photochemie während des letzten Jahrhunderts hatte sie ihren Anteil und wuchs zur gegenwär- tigen Vollkommenheit. Man hat die Mikrophoto- graphie in ihrer früheren Zeit und während ihrer ersten Blüte vielleicht überschätzt. Vielfach ver- trat man die Meinung, sie müsse die Zeichnung völlig verdrängen. Das war ein im Hochgefühl der ersten großen Erfolge verständlicher Irrtum. Der Streit „Zeichnung oder Photographie" ist heute nicht mehr aktuell und man weiß, was man wo anwendet. Die Mikrophotographie ist aber über die eine Aufgabe, Illustrationen für wissenschaftliche Veröffentlichungen zu liefern, also etwa den Quer- schnitt durch einen Pflanzenstengel oder einen Metallschliff abzubilden, hinausgewachsen. Sie ist bei der Billigkeit und Schnelligkeit mit der sie ©Ver. zur Verbr.naturwiss. Kenntnisse, download unter www.biologiezentrum.at

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Makro- und Mikrophotographie inVergangenheit und Gegenwart.

Von Univ.-Doz. Dr. Walter- U r 1, Wien.

Vortrag, gehalten am 11. Januar 1961.

Die Mikrophotographie ist heute ein vielgeübtesund wichtiges Hilfsmittel in den verschiedenstenZ,weigen von Wissenschaft und Technik. An den

, Fortschritten und reichen Erfolgen von Optik undPhotochemie während des letzten Jahrhundertshatte sie ihren Anteil und wuchs zur gegenwär-tigen Vollkommenheit. Man hat die Mikrophoto-graphie in ihrer früheren Zeit und während ihrerersten Blüte vielleicht überschätzt. Vielfach ver-trat man die Meinung, sie müsse die Zeichnungvöllig verdrängen. Das war ein im Hochgefühl derersten großen Erfolge verständlicher Irrtum. DerStreit „Zeichnung oder Photographie" ist heutenicht mehr aktuell und man weiß, was man woanwendet. Die Mikrophotographie ist aber über dieeine Aufgabe, Illustrationen für wissenschaftlicheVeröffentlichungen zu liefern, also etwa den Quer-schnitt durch einen Pflanzenstengel oder einenMetallschliff abzubilden, hinausgewachsen. Sie istbei der Billigkeit und Schnelligkeit mit der sie

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heute auszuführen ist unentbehrlicher Protokoll-behelf geworden, sie dient in der Industrie derÜberwachung von Produktionsgängen und hat mitder Mikrokinematographie und der damit verbun-denen Möglichkeit der Zeitraffung und besondersZeitdehnung Einblicke in vordem unenträtselbarebiologische und technische Vorgänge vermittelt.

Wie in der Geschichte der Photographie über-haupt, ist auch bei einer historischen Betrachtungder Mikrophotographie der Fortschritt sowohl aufdem Gebiet der Optik und der Apparate auf dereinen Seite und der auf dem Gebiet der Photo-chemie auf der anderen Seite zu betrachten. DieGeschichte der Mikrophotographie beginnt imwesentlichen mit jenem Zeitpunkt an dem manüberhaupt mit bleibendem Erfolg photographierenkonnte. Das war 1839.

Um die Lage zu diesem Zeitpunkt überblickenzu können, ist es von Vorteil, die frühe Entwick-lung der Mikroskopie und Optik wie auch derPhotochemie, insbesondere der die Grundlage derheutigen Photographie bildenden Silbersalze inkurzen Zügen zu schildern.

Die Eigenschaften lichtbrechender Körper mitgekrümmten Flächen waren schon im Altertumbekannt, doch hat erst viel später, um 1100, Al-h a z e n (Ibn al Haitam) über die Vergrößerungmittels Linsen ausführlicher geschrieben. Brillenund Lesegläser führten sich anfangs des 13. Jhd.

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ein, zu einer Zeit also, als Eoger B a c o n überLichtbrechung durch sphärisch begrenzte Medienarbeitete. Hier interessiert die Geschichte derOptik aber erst, als Linsen wirklich zu mikros-kopischen Zwecken benutzt wurden. Das war ander Wende des 16. zum 17. Jhd. der Fall und schonin diese Zeit fällt die Erfindung des zusammen-gesetzten Mikroskops durch Zacharias J a n s s e n.Dieses blieb aber aus verschiedenen Gründen langeZeit wenig beachtet und hat sich besonders in derMikrophotographie erst sehr spät durchgesetzt.Anfangs beschäftigte man sich überhaupt wenigmit Mikroskopie, auch deswegen, weil im 17. Jhd.das Fernrohr die Gemüter sehr erregte, späterdann, etwa an der Wende des 17. zum 18. Jhd.achtete man wieder wenig auf das zusammen-gesetzte Mikroskop, da zu dieser Zeit das einfacheMikroskop, verknüpft besonders mit dem NamenL e e u w e n h o e k , seine großen Triumphe feierte.Das einfache Mikroskop blieb lange von Bedeu-tung. So entdeckte B r o w n 1828 den Zellkernmit einem einfachen Mikroskop. Obwohl eine derersten wissenschaftlichen Anwendungen des zu-sammengesetzten Mikroskops im Jahre 1667 durchH o o k e die Entdeckung der Pflanzenzelle brach-te, führte dieses weiter ein recht kümmerlichesDasein. Vor allem gelang es nicht, die chroma-tische und sphärische Aberration, also den Farben-und den öffnungsfehler auch nur in halbwegs

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befriedigender Weise zu beseitigen. Mit denstarken Linsen des einfachen Mikroskops erreichteman auch viel stärkere Vergrößerungen als mitden aus Objektiv und Okular bestehenden zu-sammengesetzten Mikroskopen. Der Siegeszug desletzteres begann erst Ende des 18. Jhd. 1791 ge-lang es dem Holländer B e e l d s n y d e r einachromatisches Objektiv unter Benutzung vonLinsen aus Krön- und Flintglas herzustellen.Diese Erfindung wurde allerdings erst 1807 fürdie Allgemeinheit von Nutzen, als der jüngerev a n D e y 1 in Amsterdam ein zusammengesetz-tes Mikroskop mit achromatischen Objektiven aufden Markt brachte. Allerdings hatten diese Ob-jektive für moderne Begriffe erhebliche Brenn-weiten, nämlich 18 bzw. 26 mm. Die weiteren Fort-schritte auf dem Gebiet des Mikroskopbaues in derersten Hälfte des 19. Jhd. sind zunächst verknüpftmit dem Namen S e 11 i g u e dessen Konstruktiondie Pariser Optiker Vincent und Charles C h e v a -l i e r um 1824 verfertigten. Charles C h e v a l i e rspielt später in der Geschichte der Photographieeine wichtige Rolle.

Andere wichtige Werkstätten dieser Zeit sindu.a. R o s s (London), O b e r h ä u s e r (Paris),H a r t n a c k (Paris, später Potsdam), P 1 ö s s 1(Wien), M e r z (München, der NachfolgerF r a u n h o f e r s ) . Die wichtigsten Fortschritteaber erreichte der Italiener A m i c i in Modena.

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Schon verzweifelnd an der Möglichkeit des achro-matischen Mikroskops hatte er sein Heil, im Spie-gelmikroskop gesucht. Durch C h e v a l i e r sErfolge angeeifert, kehrte er jedoch zum Linsen-objektiv zurück. Unter anderem wies er 1829 erst-mals den Einfluß der Deckglasdicke auf die Be-schaffenheit des mikroskopischen Bildes nach undführte 1850 als Erster Immersionssysteme mitWasser als Immersionsmittel in die Mikroskopieein. Er erkannte aber schon klar den Wert höher-brechender Immersionsmittel. A m i c i starb 1862.Die Fortschritte in der Achromatisierung derObjektive des zusammengesetzten Mikroskopskamen natürlich auch den Objektiven des ein-fachen Mikroskops zugute und führten die meistmit diesem arbeitenden frühen Mikrophotographenzu ihren großen Erfolgen. Im Bau der Mikroskop-stative hatte sich gegen Ende der 1. Hälfte des19. Jhd. das von den französischen Optikern Che-v a l i e r und O b e r h ä u s e r eingeführte Huf-eisenstativ durchgesetzt und behielt seine füh-rende Stellung fast 100 Jahre lang (Abb. 1).

Im Folgenden soll nun die Entwicklung derPhotochemie bis zur Mitte des 19. Jhd. betrachtetwerden, also bis zum Zeitpunkt der Einführungdes nassen Kollodiumverfahrens. Die Experimenteder Alchimisten hatten auf dem Gebiet der Silber-salze nichts gebracht. Ein wichtiger Ausgangs-punkt ist aber die Herstellung des Silbernitrats,

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Abb. 1. Mikroskop von O b e r h ä u s e r mit Hufeisen-stativ aus dem Jahre 1848.

welche angeblich erstmals von dem arabischenAlchimisten G e b e r i m 8 . Jhd. ausgeführt wurde.Genauere Angaben über dieses Salz stammen abererst von dem italienischen Arzt Angelo S a I a 1614.Er bemerkte auch, daß gepulvertes Silbernitrat ander Sonne tiefschwarz wird. Silberchlorid, als

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natürliches, in der Natur vorkommendes Mineralbeschrieb zuerst F a b r i c i u s (1516—1571) imJahre 1565, erwähnte aber nichts von Lichtemp-findlichkeit. Die nasse Herstellung des Silberchlo-rids, etwa nach der Reaktion AgNO3 -f- NaCl == AgCl -f- NaNO3, die in der Photographie späterso große Bedeutung gewann, war dagegen wohlschon länger bekannt. Sie soll von einem Alchi-misten namens V a l e n t i u s entdeckt wordensein, der angeblich um 1413 in Erfurt lebte.Die exakte Naturforschung beginnt auf dem Gebietder Photochemie mit Robert B o y 1 e (1627—1691), dem berühmten englischen Chemiker undPhysiker. B o y 1 e, der nimmermüde tätig war, dieNaturwissenschaften von kabbalistischen undtheosopischen Irrtümern zu befreien, entdeckte1667 die Farbänderung des Silberchlorids amLicht, glaubte allerdings noch, die Ursache seidie Luft.

So blieb die eigentliche Entdeckung der Licht-empfindlichkeit der Silbersalze dem 18. Jhd. vor-behalten. Diese Entdeckung war das Werk eineshöchst bemerkenswerten Mannes, eines Poly-histors im wahren Sinn des Wortes. Denn JohannHeinrich S c h u l z e (1687—1744) war in derTat von unfaßbarer Vielseitigkeit. Er war zuerstLehrer der Botanik, Anatomie, Geographie undPhilologie in Halle, dann ab 1720 Professor an derUniversität Altdorf. Ab 1732 war Schulze wieder

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in Halle, diesmal an der Universität als Professorder Medizin, der Beredsamkeit und der Altertümer.Außerdem lehrte er arabisch und griechisch undwar ein bedeutender Numismatiker. Zu seinenSchülern zählte unter anderen der Begründer derneueren Archäologie W i n k e l m a n n . Nebenall dem hatte nun S c h u l z e noch Zeit für che-mische Experimente. Dabei entdeckte er 1725(veröffentlicht 1727), als er einen, der seit der2. Hälfte des 17. Jhd. so beliebten Leuchtsteineherstellen wollte, durch Zufall die Lichtempfind-lichkeit der Silbersalze. Er hatte Kreidepulver(CaCO3) oder Magnesiumkarbonat mit silberhal-tiger Salpetersäure Übergossen. Da das von ihmverwendete Brunnenwasser etwas chlorhaltig war,entstand in seinem Ansatz neben etwas Silber-chlorid meist Silberkarbonat. Schulze bemerktenun, daß sich seine Mischung am Licht schwärzte.Er zeigte auch ganz klar, daß durch Wärme keineSchwärzung des Gemisches hervorgerufen wird.Mit Schablonen, die er auf die Gläser legte, welchesein Gemisch enthielten, kopierte er auch Zeichenund Buchstaben. S c h u 1 z e s Mitteilung gerietin der Folgezeit völlig in Vergessenheit.

Die weitere photochemische Forschung kam sodurch den italienischen Physiker B e c c a r i u s(1716—1781) in Gang. Er beschrieb 1757 die Licht-empfindlichkeit des Silberchlorids. Der großeWendepunkt in der photochemischen Forschung ist

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aber mit dem Namen S c h e e l e verknüpft. Erlebte von 1742—1786. S c h e e l e , einer der be-rühmtesten Chemiker überhaupt, entdeckte nichtnur unabhängig von P r i e s t l e y und L a v o i -s i e r den Sauerstoff, sondern auch viele organi-sche Stoffe wie Glyzerin, Zitronen-, Gallus- undApfelsäure. 1777 beschrieb er in seiner berühmten„Chemischen Abhandlung über Luft und Feuer"nicht nur genau die Lichtreaktion des Silberchlo-rids, wobei er erkannte, daß die Ursache derSchwärzung metallisches Silber ist, sondern auchdie Wirkung des Sonnenspektrums auf mit Chlor-silberpulver bestreutes Papier. Er erkannte, daßsich das Chlorsilber im violetten Licht am schnell-sten schwärzt. Im Ammoniak erkannte er ein Mit-tel, das im Licht geschwärzte Chlorsilber vomunveränderten zu trennen. Diese geniale Beobach-tung, die nichts weniger als die erste Angabe einesFixiermittels bedeutet, blieb leider lange unbeach-tet. Doch bahnte sich nach Scheele endlich derWeg zu praktischer Verwendung der photochemi-schen Erkenntnisse. Der Engländer W e d g w o o d(1771—1805) versuchte nämlich systematisch Bil-der bzw. Schattenrisse auf mit Silberchlorid be-strichene Leder- und Papierstücke zu kopieren»Er faßte auch die Möglichkeit klar ins Auge,Bilder in der Camera obscura zu erhalten. DieserGedanke lag ja nahe. Die Camera obscura, in ihremWesen als Lochkamera wohl schon A l h a z e n

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bekannt, wurde von Leonardo da V i n c i erstmalsklar geschildert und später, 1553, von P o r t aunabhängig genauer beschrieben. B a r b a r o ,1568 und später auch P o r t a verbesserten die Ca-mera durch Einsetzen von Linsen. In der Folgezeitdiente die Camera obscura als Schauobjekt aufJahrmärkten und wurde aber auch viel als Zei-chenhilfe verwendet. W e d g w o o d s erste rich-tungsweisenden Versuche mit der Camera schei-terten jedoch wegen der geringen Lichtempfind-lichkeit seiner Methode. Es gelangen ihm aber dieKopien gut und er veröffentlichte seine Versuchegemeinsam mit dem später so berühmten ChemikerD a v y im Jahre 1802. D a v y (1778—1829) hattesogar kleine Objekte, wahrscheinlich Insekten, mitHilfe des Sonnenmikroskops kopiert. Er stellte soeigentlich die ersten Mikrophotographien her, istaber jedenfalls der Erfinder der Vergrößerungs-photographie. Die Versuche von W e d g w o o dund D a v y scheiterten aber an der Frage desFixiermittels. Ihre Bilder blieben unfixierbar undwaren daher nicht dauerhaft. Man konnte sie nurbei Kerzenlicht oder im Halbdunkel betrachten.Dabei hatte S c h e e l e 30 Jahre vorher imAmmoniak schon ein Fixiermittel angegeben! Dashätte der Chemiker D a v y wissen müssen, be-sonders wo er doch S c h e e l e s Arbeit zitiert.W e d g w o o d starb schon 1805 und D a v y wurdein der Folge durch seine elektrochemischen Ver-

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suche abgelenkt und verfolgte die Sache nichtweiter. Das hatte schlimme Folgen, weil viele For-scher abgeschreckt wurden und sich kaum jemandweiter mit photographischen Versuchen befaßte.Immerhin ist D a v y auch dadurch für die Ent-wicklung der Photographie von Bedeutung, weil er1814 als erster Jodsilber herstellte, welches in derPhotographie später so große Bedeutung gewann.

Die Mißerfolge mit Silbersalzen am Anfang des19. Jhd. waren vielleicht auch der Grund, warumsich der Franzose Nicephore N i e p c e (1765—1833), der Mann, der die Erfindung der Photo-graphie sozusagen wieder in Gang brachte, beiseinen Versuchen das Bild in der Camera obscurachemisch festzuhalten, anderen lichtempfindlichenSubstanzen zuwandte, nämlich Harzen und Asphal-ten. N i e p c e begann seine Versuche 1813 undarbeitete anfangs mit Guajakharz, dessen Licht-empfindlichkeit 1782 H a g e m a n n entdeckthatte. Später ging er jedoch zu Asphalt über.1822 gelang ihm eine ausgezeichnete Asphaltkopieeines Kupferstichs auf Glas und 1826 erhielt erdas erste Bild in der Camera. Dieses erst vor we-nigen Jahren wieder aufgefundene Bild stellt einenBlick aus dem Fenster des Landhauses von N i e p-c e in Chalon sur Saone dar. Die Methode bestanddarin, daß asphaltüberzogene Zink- oder Silber-platten nach der Belichtung in einer Mischung vonLavendelöl und Petroleum behandelt wurden, wo-

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bei sich der unbelichtete Aszhalt löste. Diese Me-thode war aber praktisch kaum anwendbar, da sieextrem lange Belichtungszeiten erforderte. So ent-stand N i e p c e s erstes Bild durch achtstündigeBelichtung bei praller Sonne. Durch den PariserOptiker Charles C h e v a l i e r , von welchemN i e p c e Optik bezog, kam er mit dem MalerD a g u e r r e in Paris in Verbindung. Auch dieserbeschäftigte sich mit photographischen Versuchen.Beide schlössen 1829 den bekannten Vertrag, derbeide verpflichtete, alles in ihren Kräften stehendezu unternehmen, um die Photographie zu erfinden.N i e p c e starb 1833 mitten in der Arbeit. D a-g u e r r e dagegen gelang der große Wurf. Wieweit der Zufall, der in der Geschichte der Natur-wissenschaften so oft eine große Rolle spielt, mit-wirkte und wie weit die zweifellos recht geringenchemischen Kenntnisse D a g u e r r e s, läßt sichnicht mehr feststellen. D a g u e r r e fand jeden-falls, daß mit Jod geräucherte, silberplattierteMetallplatten lichtempfindlich sind. Seine wich-tigste Entdeckung war aber die Entwicklung derBilder mit Quecksilberdampf, der sich an den vomLicht getroffenen Stellen niederschlägt. Damitsanken die erforderlichen Belichtungszeiten vonStunden auf Minuten. Auch Daguerre hatte an-fangs Schwierigkeiten mit der Fixierung und er-reichte diese nur unvollkommen mit heißer Koch-salzlösung. Bald nach der Veröffentlichung seines

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Verfahrens im Jahre 1839, welches den Namen„Daguerreotypie" erhielt, griff er jedoch zu demschon 1819 von Sir John H e r s c he 1 als silber-salzlösendes Mittel angegebene Natriumthiosulfat.Diese Arbeit war übersehen worden und Her -s c h e 1 machte anläßlich der Veröffentlichungder Daguerreotypie wieder darauf aufmerksam.John H e r s c h e l war der Sohn des berühmtenAstronomen Friedrich Wilhelm H e r s c h e l , derauch das infrarote Spektrum entdeckte. Dem RatJohn H e r s c h e l s hatte besonders Fox T a 1 b o tviel zu danken. T a 1 b o t, der von 1800 bis 1877lebte, darf wohl als der bedeutendste Wegbereiterder modernen Photographie gelten. Er hatte beiReisen nach Italien die Camera obscura als Zei-chenhilfe benutzt und wegen des geringen Erfolges1834 mit Versuchen begonnen, die Bilder der Ca-mera chemisch festzuhalten. Er bestrich zuerst wieW e d w o o d und D a v y — dessen Arbeiten er seit1837 kannte — Papier mit Silbernitrat und Silber-chlorid, beschritt jedoch dann einen richtung-weisenden Weg, indem er das Papier mit Kochsalz-lösung tränkte und nachher in Silbernitratlösungbadete, sodaß der lichtempfindliche Silbersalz-niederschlag direkt im Papierfilz entstand. Ta l -b o t verwendete auch schon Silberbromid. Alser 1839 von D a g u e r r e s Erfolg hörte, trat erhervor. Der große Wurf gelang ihm aber erst 1840,als er die Entwicklung seiner Papiernegative mit

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Gallussäure entdeckte. Er erhielt jetzt gute Nega-tive bei kurzer Belichtungszeit. Wahrscheinlichauf Rat H e r s c h e l s wurden diese Papiernega-tive mit Wachs durchscheinend gemacht und ko-piert. T a 1 b o t gilt daher als Erfinder des Nega-tiv-Positiv-Verfahrens. Die Daguerreotypie dage-gen lieferte direkt ein Positiv, allerdings als Uni-kat und seitenverkehrt. An T a 1 b o t s Verfahren,Kalotypie genannt, und an den Namen des eng-lischen Malers H i l l knüpfen sich die wunder-baren Leistungen früher Porträtkunst.

Der größte Nachteil der Kalotypie, die mitkopie-rende Papierstruktur, wurde 1847 behoben, als esN i e p c e de St. V i k t o r (1805—1870, einemVetter von Nicephore N i e p c e ) , gelang, einelichtempfindliche Schicht haltbar auf Glas aufzu-bringen. Als Bindemittel für die Silbersalze ver-wendete er Hühnereiweiß (Albuminplatten). DiesesVerfahren wurde aber schon bald durch den zuerstvon dem Engländer A r c h e r 1851 angegebenennassen Kollodiumprozeß verdrängt. Dieser be-herrschte dann 30 Jahre lang die Photographieund wird auch heute noch in der Reproduktions-photographie gebraucht, da er fabelhaft feinesKorn liefert. Die Ausführung des Verfahrens istallerdings recht umständlich.

Es muß ein mit Jod- und Bromsalzen versetztesKollodium gleichmäßig auf Glas gegossen werden,die so präparierte Platte in Silbernitratlösung

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gebadet und in noch nassem Zustand belichtetwerden. Anschließend muß sofort entwickelt wer-den. Über die Priorität der Erfindung des nassenKollodiumverfahrens enspann sich übrigens spätereiner, der in der Geschichte der Photographie sohäufigen leidigen Prioritäts Streitigkeiten zwischenA r c h e r und dem Franzosen le G r a y .

Wenn man nun die Geschichte der Mikrophoto-graphie selbst betrachtet und die Entwicklung biszum heutigen Tag überblickt, kann man drei großeAbschnitte unterscheiden. Diese gehen selbstver-ständlich vielfach ineinander über, sind jedochnicht nur in apparativer Hinsicht gekennzeichnet,sondern fallen auch mit Epochen photochemischerEntwicklung zusammen.

Der erste Abschnitt reicht bis in die achtzigerJahre des vorigen Jhd. Man versucht handlicheVorrichtungen zu konstruieren und schwanktzwischen Horizontal- und Vertikalkammern. Vonden drei Grundformen der mikrophotographischenKamera entwickeln sich in dieser Zeit zwei. Näm-lich 1. die Kamera, die unabhängig vom Mikroskopaufgestellt ist mit den beiden Varianten der Hori-zontal- und Vertikalkamera und 2. die Aufsetz-kamera, die so klein und leicht ist, daß sie demMikroskop direkt aufsitzen kann. Das einfacheMikroskop, besser gesagt, die einstufige Abbildungwird durchaus bevorzugt. Wegen der geringenEmpfindlichkeit der photographischen Verfahren

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wird als Lichtquelle meist Sonnenlicht benutzt.Das macht aber die Forscher nicht nur vom Wet-ter abhängig-, sondern bedingt auch die Benutzungkomplizierter Heliostaten. Nach der Daguerreo-typie steht den Mikrophotographen des ersten

Abschnitts das nasse Kollodiumverfahren zur Ver-fügung. Dieses ist wegen seines feinen Korns fürdie Mikrophotographie zwar sehr geeignet, aberschwer zu handhaben. So ist es erklärlich, daßsich in dieser Zeit nicht allzuviele Mikroskopikermit der Mikrophotographie abgaben, obwohl dievorliegenden Bilder aus jener Zeit, noch heuteunsere Bewunderung erregen.

Selbstverständlich versuchte man sofort nachVeröffentlichung der Daguerreotypie mikroskopi-sche Bilder zu photographieren. Auf diese Mög-lichkeit hatte ja auch der Chemiker A r a g o beiseiner Rede anläßlich der Bekanntmachung derDaguerreotypie im August 1839 hingewiesen.Vielleicht als erster hat der französische ArztD o n n e im Oktober 1839 Mikrophotographienverfertigt, die er der französischen Akademie vor-legte. Es soll sich dabei um Photogramme einesFliegenauges gehandelt haben. 1840 legte D o n n eweitere Photos vor, die histologische Präparatebetrafen. Er benützte ein einfaches Mikroskop vonC h e v a l i e r und projizierte die aus dem Mikros-kop austretenden Strahlen in eine gewöhnlicheKamera. Als Lichtquelle benützte er Sonnenlicht.

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Fast zugleich verfertigte in Wien der Professorder Anatomie an der Universität, B e r r e s Mi-krophotogramme. Er war auch wohl der erste,welcher Kunstlicht verwendete und zwar benützteer das Drummondsche Kalklicht. Im Jahre 1845gab D o n n e mit dem Physiker F o u c a u l t(bekannt durch den Pendelversuch und Bestim-mungen der Lichtgeschwindigkeit) einen Atlas dermikroskopischen Anatomie heraus, der zahlreiche,nach Daguerreotypien gestochene Bilder enthielt.

Abb. 2. Mayers Photomikroskop.

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1844 konstruierte der Apotheker M a y e r inFrankfurt sein richtungweisendes Photomikros-kop (Abb. 2). Diese Konstruktion stellt den Urtypder vertikalen Kamera dar. Das Mikroskop stehtauf einer schweren eisernen Platte, über diesemhängt, getragen durch ein Gestell, die Kamera.Diese ist durch Trieb in der Höhe verstellbar, so-daß verschieden starke Vergrößerungen erreichtwerden können. Mit diesem Gerät stellte M a y e rspäter (1860) seine berühmten Aufnahmen (be-sonders von Pleurosigma angulatum und attenu-atum) her.

Nach 1850 tauchen die ersten Horizontalkam-mern auf, die später so große Verbreitung erlang-ten. Eines der ersten derartigen Geräte stammtvon dem Franzosenen B e r t s c h. Es war eineinfaches, in einem Fenster befestigtes Sonnen-mikroskop, dessen Bild irgendwo im Zimmer auf-gefangen wurde (Abb. 3). W o o d w a r d , einamerikanischer Mikrophotograph hatte sich in

ähnlicher Weise ein ganzes Zimmer eingerichtet,wo auf einer Schiene ein fahrbarer Kamerahaltermontiert war (Abb. 4). Die Horizontalkammern,die später die Mikrophotographie in eine argeSackgasse führten, waren zunächst aus gutenGründen gebaut worden. Die vertikale Lage derPlatte verhinderte beim nassen Kollodiumverfah-ren das Ansammeln von Tropfen, die späterenGeräte mit ihren riesigen Bälgen wieder ermög-

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Abb. 3. Horizontalkammer von B e r t s c h. Rechts (A)der Heliostat, links Trieb (K), und Optik (G).

Abb. A. Mikrophotographisches Zimmer von Wood-w a r d . Außerhalb des Fensters der Heliostat, am Fußdes Kamerahalters die Ferneinstellschraube für die

Optik.

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lichten ein ungehemmtes Austoben der Mikro-photographen bei ihren Bestrebungen nach immerweiter gesteigerten Vergrößerungen.

Die Daguerreotypie war ein für die Mikrophoto-graphie nur sehr beschränkt geeignetes Verfahren.Die mangelnde Möglichkeit der Vervielfältigungwog dabei schwerer als die Seitenverkehrtheit.Die mitkopierende Papierstruktur der Kalotyp-Negative war für Mikrophotographien besondersnachteilig. So mehrte sich die Zahl der Mikrophoto-graphen erst nach der Einführung des nassenKollodiumverfahrens.

Besonders in England, Amerika und Frankreichsind hier in der Zeit von 1853—1857 Namen wieRood, W e n h a m , S h a d b o l t , H o d g s o n ,W o o d w a r d und N a c h e t zu nennen. 1857 leg-ten in Wien P o h l und W e s e 1 s k y der Akade-mie Mikrophotographien vor, darunter auch solche,die im polarisierten Licht aufgenommen wordenwaren. Sie verwendeten, sehr im Gegensatz zu denmeisten anderen Mikrophotographen, ein zusam-mengesetztes Mikroskop von P 1 ö s s 1. Ihr Gerät(Abb. 5) beansprucht einiges Interesse. Es isteine Kombination von vertikal stehendem Mikro-skop und horizontaler Kamera. Ein Nachteil ist derLichtverlust durch das Umlenkprisma, doch wirdeine ausgezeichnete Trennung von Mikroskop undKamera erreicht. Auf diese Trennung wurde langeZeit besonderer Wert gelegt, weil dadurch ver-

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Abb. 5. Mikrophotographische Einrichtung von Pohlund Wese lsky .

hindert wurde, daß sich beim Einlegen der Kassettein die Kamera Erschütterungen auf das Mikroskopübertragen und so die Einstellung verändern. ImPrinzip gleiche Geräte wie das von P o h l undW e s e l s k y , nur mit ausziehbaren Bälgen stattdes fixen Kastens, wurde später immer wiederkonstruiert. Um 1860 war die Mikrophotographietrotz der vielfältigen Versuche eine recht weniggeübte Disziplin. So darf als eigentlicher Vater derMikrophotographie — besonders im deutschenSprachraum — G e r 1 a c h gelten. Er verfaßteein 1863 erschienenes erstes Lehrbuch und propa-giert darin eifrig die Einführung der Photo-graphie in die mikroskopische Technik. G e r 1 a c h

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arbeitete mit Objektiven von Schieck und Ober-häuser, sein Apparat (Abb. 6) ist gegenüber demGerät M a y e r s aber ein Rückschritt. Für daskleine Mikroskop war die Belastung durch denriesigen Tubus wohl zu stark. Da Gerlach ohneOkular arbeitete, entstanden nur sehr kleine Bil-der, sodaß die Notwendigkeit eines so großen Auf-baues nicht recht ersichtlich ist. Das Gerät istaber deswegen bemerkenswert, weil es die erste

Abb. 6. Auf setzkammer von Ger lach .

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mikrophotographische Einrichtung darstellt, woMikroskop und Kamera fest verbunden sind.G e r 1 a c h s Apparat stellt also die Ur-Auf setz-kamera dar. In G e r l a c h s Buch ist auch einApparat für schwache Vergrößerungen angegeben.Dieses mit einem Busch-Objektiv von 11 cm Brenn-weite bestückte Gerät ist die Urform der modernenMakrogeräte (Abb. 7). G e r 1 a c h gibt seinemBuche mehrere Abbildungen bei, die in Anbetrachtder primitiven Hilfsmittel als sehr gut gelungen

Abb. 7. Apparat für Aufnahmen bei schwacher Ver-größerung (Makroeinrichtung) von Ger l a c h .

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zu betrachten sind. Sie sind sämtlich auf Albumin-papier kopiert und eingeklebt. Dieses Illustrations-verfahren wurde noch längere Zeit angewendet, daman zu dieser Zeit noch keine Druckklischees an-fertigen konnte. G e r 1 a c h wendet ein eigen-artiges Vergrößerungsverfahren an. Er stelltenämlich von seinen Negativen neuerlich Mikro-photographien her und kam so zu hohen Abbil-dungsmaßstäben. Das feine Korn des nassen Kollo-diumverfahrens erlaubte dieses Verfahren, solangees in gewissen Grenzen gehandhabt wurde. In einem1868 erschienenen Lehrbuch von R e i c h a r d tund S t ü r e n b u r g wird diese Methode durchmehrmalige Anwendung aber ins Extreme getrie-ben. Eine primär in einem Abbildungsmaßstab von175:1 aufgenommene Schale von Pleurosigma wirdso auf einen Maßstab von 8750:1 gebracht. Mansieht, daß der Begriff der förderlichen Vergröße-rung damals durchaus unbekannt war. Das Bucherlangte aber keine besondere Bedeutung, vorallem, weil im selben Jahr die B e n e c k ' s e h edeutsche Bearbeitung des Lehrbuches der Mikro-photographie von M o i t e s s i e r erschien. DiesesWerk ist ein wirklicher Markstein, klar und in-struktiv geschrieben, noch heute lesenswert undüberhaupt ein Vorbild für die Bewältigung desStoffes. Das Buch enthält eine eingehende Über-sicht über die verfügbaren Apparate und Licht-quellen, neben der Sonne, Gas, Petroleum, Drum-

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mondsches Kalklicht, Magnesiumlicht und elektri-sches Bogenlicht. Die photographischen Methoden,besonders das nasse Kollodiumverfahren, werdengenau besprochen und viele praktische Hinweisegegeben. Die auf zwei Tafeln beigegebenen Bilder,alles wieder Albuminkopien, sind durchweg aus-gezeichnet. Interessant ist die Beschreibung vonB e n e c k e s mikrophotographischem Laborato-rium, einem drehbaren, kleinen Häuschen, welchesneben einer Dunkelkammer einen Raum mit einerKuppel enthält, wo die große Kamera wie ein Fern-rohr der Sonne nachgeführt werden konnte. Wohlzum guten Teil auch durch den Einfluß des Buchesvon Moitessier beschäftigte man sich nach 1870nun mehr mit der Mikrophotographie ohne daßallerdings die Leistungen besonders zugenommenhätten. Am Ende unseres ersten Abschnitts derEntwicklung der Mikrophotographie steht jedocheine Leistung, die gleichermaßen Krönung des bis-her erreichten, wie Verpflichtung für die folgende,mit enorm verbesserten Hilfsmitteln ausgestatteteEpoche bedeutet. Im Jahre 1877 erschienen näm-lich in Cohns Beiträgen zur Biologie der PflanzenRobert K o c h s Bakterienmikrophotogramme,welche ungeheures Aufsehen erregten. Den Erfolg,den K o c h mit der Mikrophotographie an soschwierigen Objekten wie Bakterien erzielte, über-zeugte alle. Die Albuminpapierkopien sind inK o c h s Arbeit vom Lichtdruck abgelöst, der hier

5*

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seine ersten großen Erfolge erntet. Der von K o c hverwendete Apparat war eine nach Ideen vonF r i t s c h von S e i b e r t gebaute Horizontal-kamera (Abb. 8). Er verwendete noch Sonnenlichtund mit Objektiven von S e i b e r t, darunterImersionsobjektiven, das einfache Mikroskop unddas nasse Kollodiumverfahren. K o c h s Beispielwirkte ungemein anfeuernd und in der Folgezeitführte sich bis zur Jahrhundertwende die Mikro-photographie überall ein. Die Horizontalkameravon K o c h war übrigens das Vorbild für diespäter so weitverbreitete große Kamera von Z e i s s,mit deren Erscheinen im Jahre 1888 der erste Ab-schnitt der Entwicklung der Mikrophotographieendgültig schließt (Abb. 9).

Der zweite Abschnitt der Geschichte der Mikro-photographie ist in den Zeitraum von den achtzigerJahren des 19. Jhd. bis etwa 1935 zu legen. Erbeginnt auf optischem Gebiet mit der größten Um-wälzung überhaupt, die die Geschichte des Licht-mikioskops kennt, nämlich mit den seit 1869 vonA b b e bei Z e i s s geleisteten Arbeiten, die zurEinführung des Verfahrens der vollständigentheoretischen Vorausbestimmung aller optischenKonstruktionselemente des Mikroskops führten.Für die Photooptik hatte diese Arbeit schonP e t z v a l in Wien geleistet, der 1840 sein be-rühmtes Porträtobjektiv 1:3.7 berechnete. Diesesdann von V o i g t l ä n d e r gefertigte Objektiv

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Abb

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Abb. 9. Große Z e i s s ' s c h e Horizontalkamera. Mikro-skop mit Beleuchtungseinrichtung und Kamera auf ge-

trennten Tischen.

übertraf die lichtschwachen C h e v a l i e r - Lin-sen (1:14), die in den Daguerretyp-Kameras ein-gebaut waren, um bedeutendes. Weitere Früchtedes Schaffens von A b b e bei Z e i s s waren u. a.die Einführung der homogenen Immersion im Jahre1878 und nachdem in Zusammenarbeit mitS c h o t t neue Glassorten erschmolzen wordenwaren, die Konstruktion von Apochromaten, die1886 auf den Markt kamen.

Neben Z e i s s treten um diese Zeit zwei weitereNamen auf den Plan, die nach und nach die altenBetriebe ablösten und heute zu den führendenMikroskopfabriken der Welt zählen, nämlichR e i c h e r t und L e i t z . Carl R e i c h e r t(1851—1922) gründete seine Werkstätte in Wien

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im Jahre 1876 und setzte hier die von P 1 ö s s 1begründete große Tradition im Mikroskopbau fort.Ernst L e i t z d. Ä. (1843—1920) übernahm dievon K e l l n e r in Wetzlar gegründete Werkstätteund baute sie in kurzer Zeit zu einer der erstenMikroskopfabriken aus. Unter der Leitung seinesSohnes Ernst L e i t z d. J. (1871—1956) wurdedie Produktion der von B a r n a c k konstruiertenKleinbildkamera Leica aufgenommen. Der unge-heure Erfolg dieser Kamera gab dem Kleinbildjenen Auftrieb und jene Entwicklungspotenz, diein der Mikrophotographie heute so reiche Früchteträgt.

Was die Entwicklung der mikrophotographischenGeräte betrifft, schieben sich nach dem Erschei-nen der großen Zeiss-Horizontalkamera ähnlicheApparate sehr in den Vordergrund. ÄhnlicheUniversalgeräte werden bald von allen Firmen ge-fertigt. Sie sind meist sowohl horizontal als auchvertikal verwendbar, vielfach auch als Makrogerätund als Projektionsapparat. Praktisch waren dieseGeräte aber nicht. Bei den langen Auszügen dieserApparate kam man immer in Gefahr, die Grenzeder förderlichen Vergrößerung zu überschreiten.Um nicht allzukleine Bildfelder zu erhalten, mußteman mit großen Plattenformaten arbeiten, wasunhandlich und teuer war. So bürgerten sich nach1920 die im Prinzip ja schon seit G e r 1 a c hbekannten Aufsetzkameras wieder ein, diesmal

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aber mit Vorrichtungen, die ein gleichzeitiges Beob_achten und Photographieren des Objektes gestat-ten. Diese Konstruktionsidee war übrigens schon1869 von B o u m a n s mittels eines halbversilber-ten Spiegels in die Tat umgesetzt worden. Ein er-stes grundlegendes Gerät dieser Art war das Phoku(photographisches Okular) von Z e i s s (Abb. 10).Das Phoku, welches 1922 erschien, hatte das fürdie damalige Zeit sensationell kleine Plattenformat4.5 mal 6 cm. Das forderte zwar Vergrößerung,brachte aber als großen Vorteil Billigkeit und kur-ze Belichtungszeiten. Die in der Folgezeit von al-len Firmen in ähnlicher Form gebauten Gerätesicherten der Mikrophotographie erst wirklich eineumfassende Verbreitung. Das Verlangen der Mi-kroskopiker jederzeit und ohne umständliche Mani-pulationen während der Arbeit photographieren zukönnen, führte dann mit zu den grundlegendenNeukonstruktionen des letzten Abschnitts der Ent-wicklung der Mikrophotographie.

Seit dem Anfang unseres Jahrhunderts wurdeauch die Beleuchtungsfrage in der Mikrophoto-graphie fast vollkommen gelöst. Die alten, um-ständlich zu handhabenden Lichtquellen wie Son-nenlicht, Gas-, Petroleum- oder Magnesiumlichtwurden abgelöst durch Nernstlampen, Handbogen-und Punktlichtlampen. Doch auch diese Lichtquel-len verloren ihre Bedeutung als ab etwa 1925 diesogenannten Niedervoltlampen auf den Markt

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Abb. 10. Aufsetzkamera „Phoku" von Z e i s s.

kamen, welche heute die weiteste Verbreitungbesitzen.

Am Beginn des zweiten Abschnitts der Ge-schichte der Mikrophotographie, also etwa um1880, liegen auch große Umwälzungen auf demGebiet der Photochemie, deren Auswirkungen nichtweniger zur Verbreitung der Mikrophotographie

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beitrugen, als die apparativen Verbesserungen.Die umständliche Handhabung des nassen Kollo-diumverfahrens war einer weiten Verbreitung derPhotographie sehr abträglich. Es waren daherschon früh Versuche unternommen worden, Trok-kenplatten herzustellen. Die Albuminplatten vonN i e p c e de St. V i k t o r waren äußerst wenigempfindlich, ein Nachteil, den auch Kollodiumplat-ten zeigten, die man in trockenem Zustand zu ver-wenden versuchte. Es bedurfte vieler Versucheund der Überwindung vieler Irrwege, bis manendgültig zur Gelatine als brauchbarstem Binde-mittel für die lichtempfindlichen Silbersalze fand.Notwendig war weiter die Erkenntnis, daß alslichtempfindliches Silbersalz Bromsilber zu ver-wenden sei und weiters die Einführung alkalischerEntwickler, also der chemischen Entwicklunganstatt der physikalischen. Die erste brauchbareBromsilbergelatine-Emulsion gab erst 1871 derenglische Arzt M a d d o x an, doch dauerte esauch dann noch geraume Zeit,, bis genügend emp-findliche Gelatine-Trockenplatten in größerer Men-ge erzeugt wurden und zu kaufen waren. Ab 1880setzten sich die Bromsilbergelatine-Trockenplattenaber allgemein durch. Die Entwicklung des Ver-fahrens zum heutigen vollkommenen Stand erfor-derte aber noch langwierige Arbeit. Besonderswichtig war die Entdeckung der Reifung derBromsilbergelatine durch B e n n e t t im Jahre

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1878. Dadurch wurde überhaupt erst die Empfind-lichkeit des Kollodiumverfahrens erreicht. DerEngländer B e r k e l e y führte das heute allge-mein gebrauchte Natriumsulfit in die Entwickler-technik ein, A b n e y erkannte das Hydrochinonals Entwicklersubstanz, A n d r e s e n das p-Phe-nylendiamin und das Rodinal. A n d r e s e n führtedurch seine Arbeiten die Agfa überhaupt erst aufphotochemisches Gebiet. Als e'iner der Mitbe-

gründer der modernen Photographie darf auchder Österreicher E d e r gelten. Er lebte von1856—1944, war Professor an der technischenHochschule in Wien und der erste Direktor dergraphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Hier in-teressiert er auch als Verfasser der monumentalenzweibändigen „Geschichte der Photographie".

Die Entdeckung der optischen Sensibilation durchden deutschen Chemiker V o g e l im Jahre 1873machte es möglich, die Platten auch für andereFarben als blau und violett empfindlich zu ma-chen. Als einer der wichtigsten Männer dieserZeit darf der Amerikaner George E a s t m a ngelten. Er hat mit seinen mit Film geladenen„Kodaks", die er ab 1888 in den Handel brachte,die Amateurphotographie im eigentlichen Sinn er-funden. Damit hat er die Basis für die enormeEntwicklung der Photoindustrie geschaffen, die —von dem Heer der unbekannten Amateure getragenund finanziert — der Wissenschaft so zugute kam.

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Eastman machte seine Firma, die Eastman-KodakCo. zum größten Photokonzern der Welt undgründete auch ein großes Forschungslaboratoriumin Rochester, aus dem wichtige photochemischeArbeiten hervorgingen.

Die Entwicklung der schwarz-weiß Emulsionwar um 1930 ziemlich zum Stillstand gekommen.Man konnte die Empfindlichkeit nicht weiter stei-gern, ohne daß das Korn der Filme unerträglichwurde und andererseits die vorliegenden Materi-alien nicht feinkörniger machen. Der Fortschritt,der schließlich erreicht wurde, ist untrennbar mitder Agfa verbunden und gehört in den letztenAbschnitt der vorliegenden historischen Übersicht.

Nach Versuchen verschiedenster Art gelang es1936 dem Agfa-Chemiker K o s l o w s k y durchEinbau von komplexen Goldsalzen — etwa vom TypNH4 Au (SCN)2 — in das Gitter des Halogensilber-korns, die beim Reifen der Emulsionen unausbleib-liche Kornvergrößerung weitgehend hintanzuhal-ten. Dieser Goldeffekt sicherte der Agfa vor demKrieg einen weiten Vorsprung. Jetzt wird er allge-mein angewendet. Als Endprodukte dieser Entwick-lung halten wir heute die hochauflösenden ultra-feinkörnigen Dünnschichtfilme — etwa vom TypAdox KB14 und KB17 — in Händen, ohne die diegegenwärtige Kleinbildphotographie des Wissen-schaftlers und Amateurs nicht denkbar ist.

Der Beginn des letzten Abschnitts unserer Ge-

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schichte ist auch gekennzeichnet durch die Er-füllung eines alten Wunsches aller Photographen.1935/36 kamen nämlich durch die Firmen Kodakund Agfa erstmals einfache, leistungsfähige undempfindliche Farbenfilme auf den Markt. Kodakbrachte das auf Arbeiten von M a n n e s undG o d o w s k y fußende Kodachromverfahren, Agfaden Agfacolorfilm. Beides sind subtraktive Ver-fahren. Es werden also gleichzeitig oder nachein-ander drei verschieden gefärbte Teilbilder ent-wickelt, die übereinanderliegen und in der Durch-sicht ein farbentreues Bild ergeben. Die Entwick-lung dieser Verfahren, welche die alten, wenigleistungsfähigen und umständlichen additivenKornrastersysteme von Lumiere und Agfa ab-lösten, fußen auf Vorarbeiten von Rudolf F i-s c h e r aus dem Jahre 1909. F i s c h e r fand,daß Entwickler aus der Phenylendiamingruppe beider Reduktion von Silberbromid mit gewissenorganischen Stoffen, wie a-Naphtol oder Acet-essigestern zu unlöslichen Farbstoffen kuppeln.Es gelang aber lange nicht, diese Farbkupplerdiffusionsecht zu machen, also sie in bestimmtenSchichten festzuhalten. Die endgültige Lösungdieses Problems gelang nach langen und kostspie-ligen Experimenten bei der Agfa, Gustav W i 1-m a n n s mit seinen Mitarbeitern. Die über-wiegende Mehrzahl der modernen Farbfilmver-fahren beruht auf dem Agfa-Prinzip.

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Der Beginn des letzten Abschnitts unserer Ent-wicklungsgeschichte ist nun nicht nur durchwichtige photochemische Fortschritte gekenn-zeichnet, sondern es erfahren auch Apparaturenund Methoden der Mikrophotographie weitgehendeUmgestaltungen. Es wurde schon erwähnt, daßsich vor etwa 35 Jahren die Aufsetzkamerasgegenüber den großen, unhandlichen Universal-geräten durchzusetzen begannen. Damit wurde dasAufnahmeformat kleiner, die Belichtungszeitenkürzer, das Arbeiten bequemer und billiger. Dergroße Erfolg der Leica, der die Kleinbildphoto-graphie in den dreißiger Jahren zum Durchbruchbrachte, beeinflußte auch die Mikrophotographie.Am Beginn des 2. Weltkrieges waren Kleinbild-kammern schon weit verbreitet. Zwischen 1930 und1940 vollzog sich auch eine Revolution im Bauder Mikroskopstative. Gestützt auf die Fort-schritte der Lichtquellentechnik begann man dieBeleuchtungseinrichtung in das Mikroskop ein-zubauen. Hand in Hand damit erfolgte eine Abkehrvom klassischen Hufeisenstativ. Das Lumipan vonZeiss (1936) und das Ortholux von Leitz (1937)sind Beispiele und Marksteine dieser Entwicklung.Das Zetopan (Abb. 11) von Reichert — nach demKrieg in den Handel gekommen — bezeichnet,was Arbeitskomfort und Vielseitigkeit betrifft,auf diesem Gebiet einen Höhepunkt. Diese großenForschungsmikroskope sind für alle Methoden der

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Abb. 11. Großes Forschungsmikroskop „Zetopan" vonReicher t .

Lichtmikroskopie ausbaubar und sind jederzeitphotobereit. Die Kamera kann immer am Gerätbleiben, ein einziger Griff genügt, um von visuellerBeobachtung auf Photographie umzuschalten. Dieeingebaute Beleuchtung mit ihrem exakten Strah-lengang erlaubt ein schnelles und genaues Ein-

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stellen der für die Mikrophotographie unbedingtnötigen, aber auch für visuelles Arbeiten dringendzu empfehlenden Köhlerschen Beleuchtungs-anordnung.

Die Verbesserungen an Stativen und Beleuch-tungsemrichtungen kamen auch zurecht zumgrößten Fortschritt auf dem Gebiet der Licht-mikroskopie seit A b b e , nämlich zur allgemeinenEinführung des Phasenkontrastverfahrens nachdem Ende des Weltkriegs. Die Entwicklung derGlastechnik und Verbesserte Rechenmetjhoden

ermöglichten seit etwa 1940 die Herstellung vonPlanobjektiven, deren vorzüglich geebnetes Bildeine neue Ära der Mikrophotographie einleitete.Bahnbrechend war hier Zeiss.

Seit 1945 führten und führen sich auch neueLichtquellen in größerem Umfang — neben denNiedervoltlampen — in Mikroskopie und Mikro.photographie ein. So z. B. die Quecksilberhöchst-drucklampen, die Fuoreszenzmikroskopie und-photographie so förderten oder die starken Zirkon-und Xenonlampen mit ihrem tageslichtähnlichenLicht. Der Elektronenblitz — vor etwa 20 Jahrenin Amerika entwickelt — mit seinen extremkurzen Leuchtzeiten, die geeignete Lichtquelle fürdie Photographie schnell bewegter Objekte, be-ginnt sich in unseren Tagen zunehmend in dieMikrophotographie einzuführen.

Moderne Forschungsmikroskope wie Zetopan,

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Standard WL oder Ortholux sind, wie erwähnt,jederzeit photobereit. Die Kamera sitzt an ihnenals Aufsetzkammer. Die starke Verbreitung derMikrophotographie, das Bestreben, ein raschesArbeiten zu ermöglichen und vielleicht auch jenesdie Mikrophotographie auch technisch weniger

Abb. 12. Erstes Z e i s s ' s c h e sM i c h e l .

Photomikroskop von

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begabten Forschern zugänglich zu machen, führteschließlich zur Entwicklung eines neuartigenTyps — des dritten — mikrophotographischerGeräte, nämlich der Kameramikroskope und Photo-mikroskope. Bei diesen Geräten ist Kamera undMikroskop zu einer festen Einheit verbunden.Natürlich sind diese aufwendigen Geräte eben-falls in vielseitiger Hinsicht ausbaubar.

Abb. 13. Neues Photomikroskop von Zeiss .

Die Kameramikroskope führten sich schon vordem Weltkrieg ein mit dem Panphot von Leitz 1933und dem Ultraphot von Zeiss 1936. Sie sind imwesentlichen für großformatige Aufnahmen ge-dacht. Die bei Zeiss entwickelten Photomikroskopesind dagegen von vornherein für Kleinbild kon-struiert. Ein Prototyp wurde noch im Kriege beiZeiss von Kurt M i c h e l entwickelt und basierte

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auf dem Lumipanstativ (Abb. 12). Dieses Gerätkam aber nicht in den Handel. Das neue Photo-mikroskop hat die Form der modernen Forschungs-mikroskope, die Kamera ist ganz in das Stativeingebaut (Abb. 13). Außerdem besitzt dieses

Abb. 14. Photographisches Mikroskop „Ultraphot II"von Z e i s s für größere Aufnahmeformate („Kamera-

mikroskop").

Gerät eine Belichtungsautomatik, sodaß zur Auf-nahme nach Einstellung des Bildes nur ein Knopfgedrückt zu werden braucht. Für großformatigeAufnahmen hat Zeiss im Ultraphot II ein demPhotomikroskop äußerlich etwas ähnliches Gerätgeschaffen, ebenfalls mit Belichtungsautomatik,aber im Inneren mit einem Spiegelwagen, der eine

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kontinuierliche Veränderung des Abbildungsmaß-stabes erlaubt (Abb. 14). Diese Geräte ermöglichenphotographisches protokollieren oder Serienkon-trollen in schnellster und bequemster Weise, be-sitzen aber leider auch den Nachteil eines enormenPreises.

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