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Markt –und
Werbepsychologie
Mag. Romana Sailer, Wirtschaftsakademie Wien
2
I. Definition und Gegenstand der Markt- und Werbepsychologie
II. Markt und Marketing
III. Konsumentenverhalten
IV. Aktivierende Prozesse
V. Kognitive Prozesse
VI. Weitere Determinanten: persönliche, soziale, mediale
VII. Werbung
VIII. Einblick ins Neuromarketing
IX. Anhang
I N H A L T
3
III.Konsumentenverhalten
4
• Begriffliche Abgrenzung Käufer- vs. Konsumentenverhalten
• Konsumentenverhaltensforschung
• Konsumentenverhalten im Wandel, Konsum und Nachhaltigkeit
• Kaufverhalten / Kaufentscheidungstypen
• Determinanten zur Erklärung des Konsumentenverhaltens
Begriffliche Abgrenzung
Käufer- versus Konsumentenverhalten
5
„Käuferverhalten i.e.S. beschäftigt sich mit dem Verhalten von Nachfragern
beim Kauf, Gebrauch und Verbrauch wirtschaftlicher Güter bzw. Leistungen.“
„Konsumentenverhalten i.e.S. beschäftigt sich mit dem Verhalten von Endverbrauchern
beim Kauf und Konsum wirtschaftlicher Güter bzw. Leistungen.“
(Foscht et al. 2015, S. 3)
Hinweis:
In der Literatur wird nicht immer diese begriffliche Unterscheidung getroffen.
Im Folgenden wird jeweils so zitiert, wie es in den entsprechenden Literaturquellen angegeben ist.
Foscht et al. (2015, S. 3)
Entwicklung der Konsumentenverhaltensforschung
6
Dominante Fragestellung:
Dominante Analyse:
Wissenschaftstheoretische
Perspektive:
Interdisziplinärer Input:
ab ca. 1960
• Entscheidungsverhalten "kognitive Anstrengung"
• kognitive Prozesse
• Positivismus
• Kognitive u. Sozial-Psychologie
ab ca. 1980
• Hedonismus, emotionale Konditionierung, Konsumerlebnisse
• emotionale Prozesse
• verstehende Richtung
• Physiologie, Psychologie, Geisteswissenschaften, Soziologie
ab ca. 2000
• automatisches Verhalten, unbewusste Prozesse, Priming
• Zusammenspiel aller menschlichen Prozesse
• experimentelle Forschung
• Gehirnforschung
Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 23)
Was versteht man unter Konsumentenverhaltensforschung?
7
Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 4/11/17/19)
Konsumentenverhaltensforschung fragt nach dem „warum“ und „wie“ des Käuferverhaltens
Transformative Consumer Research (TCR) beschäftigt sich darüber hinaus mit Fragestellungen wie beispielsweise des Gesundheitsmanagements: wie Konsumenten zu gesundheitsfördernder Ernährung motiviert werden können; Akzeptanz der
Medikamenteneinnahme (Compliance); Internetsucht, Nutzung von Kreditkarten, social sharing, demografischer Wandel, etc.
interdisziplinäre Forschung: Sozialwissenschaften, Consumer Neuroscience, cross-cultural research, u.a.
Zwei Ansätze:
positivistischer Ansatzverstehender Ansatz
Problemlösungsstrategien für die Praxis/das
Marketing entwickeln; Prognosen über zukünftiges
Verhalten erstellen und Empfehlungen zur
Beeinflussung des Verhaltens abgeben; (geprägt
durch das neobehavioristische SOR-Paradigma)
lehnt die „Instrumentalisierung des Faches“ nur
zum Nutzen des Profitstrebens ab und fordert, dass
sich Konsumentenverhaltensforschung mit
möglichst vielfältigen, auch sozial- und
gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen
solle, sowie die Bedeutung des Kontextes um
Handlungen zu verstehen
Herausforderungen für die Konsumentenverhaltensforschung
8
Diese Veränderungen resultieren letztlich in einem Wandel des Käufer-/Konsumentenverhaltens.
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html; Foscht et al. (2015, S. 5-6)
Umfeldentwicklung
internationale Vernetzung
wachsende Zahl von Marktteilnehmern
wachsende Zahl von Single-Haushalten
steigende Zahl von Nachfragern mit
Migrationshintergrund
Soziodemografische Veränderungen
steigende durchschnittliche Lebenserwartung
zunehmende Überalterung der Bevölkerung
stagnierende Geburtenrate
Änderungen der
technischen und politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen
Wie wandelt sich das Verhalten von Konsumenten?
9
Dynamik des Käufer-/Konsumentenverhaltens
Wandel der Selbstkonzepte von Konsumenten
(z.B. Motto „Ich bin, was ich habe“, „Ich bin, wie ich lebe“ bis hin zum Motto „Ich lebe, wie ich gerade bin“)
Seit den 1990er Jahren verhalten sich Konsumenten nicht mehr weitgehend konsistent, sondern zunehmend
hybrid (d.h. z.B. kaufte dieselbe Person in Feinkostgeschäften und Discountern ein) → Verhaltensweisen heute,
bei denen mehrere Handlungsprinzipien parallel verfolgt werden, der Konsument die Rollen oder seine
Gruppenzugehörigkeit wechselt und daher ein divergierendes (multioptionales) Verhalten bis hin zu einem
paradoxen Verhalten vorliegt.
Foscht et al. (2015, S. 5-6)Quelle der Abbildung: Foscht et al. (2015, S. 5)
Konsum und Nachhaltigkeit (1)
Ökologie
SozialesÖkonomie
10
GS 1 Germany (2015)
Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung!
Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit:Ökologie: Umwelt- und Ressourcenschonung
Ökonomie: wirtschaftliche Tragfähigkeit
Soziales: gesellschaftliche Verantwortung
Abbildung: Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit.
Eigene Darstellung in Anlehnung an GS 1 Germany (2015, S. 6)
Links zum Thema Nachhaltigkeit:
http://www.futurevaluechain.com
https://www.global-value.eu
https://www.nachhaltigkeit.at
http://www.futurevaluechain.com/https://www.global-value.eu/https://www.nachhaltigkeit.at/
Konsum und Nachhaltigkeit (2)
Klimaschutz
faire Handels-kooperationen
nachhaltige Ressourcen und
LandnutzungProdukt-
transparenz**
Förderung nachhaltiger
Konsummuster *
11
GS 1 Germany (2015)
Um sich langfristig im Wettbewerb zu behaupten, müssen Unternehmen in Industrie und Handel
Nachhaltigkeit zu einem integralen Bestandteil von Wertschöpfungsketten machen.
*vom Einkaufs- zum Lebensstil
(Kommunikationspolitik)
**Produkttransparenz: Herkunft, Herstellung und
Beschaffenheit von Produkten, Rückverfolgbarkeit
Studie der GS 1 Germany: Produkttransparenz gilt
als Grundvoraussetzung für Nachhaltigkeit.
Beispiele für bestehende Nachhaltigkeitsinitiativen bzgl.
„Produkttransparenz“:
www.goodguide.com, www.gesi.org, www.label-online.de.
Themen
http://www.goodguide.com/http://www.gesi.org/http://www.label-online.de/
Konsum und Nachhaltigkeit (3)
12
GS 1 Germany (2015)
Konsumverhalten in Richtung Nachhaltigkeit fördern durch:
bedarfsgerechte Angebote
nachhaltige Produkte und Dienstleistungen
Bewusstseinsbildung bei Konsumenten
transparente Produktinformation
nachhaltige Sortimentsgestaltung
Markt- und Konsumforschung
zielgerichtete Kommunikation zu
relevanten Nachhaltigkeitsaspekten
Demonstration nachhaltiger Lebensstile
Bild-Quelle: https://www.grueneerde.com/de/produkte/kosmetik/kosmetik-
info/kosmetik-philosophie/kosmetik-philosophie.html?5 (Zugriff am 13.01.2018)
Beispiele für bestehende Nachhaltigkeitsinitiativen bzgl. „Förderung
nachhaltiger Konsummuster“: http://sustainability.mycgforum.com,
www.nachhaltigkeitsrat.de, www.storyofstuff.org.
http://sustainability.mycgforum.com/http://www.nachhaltigkeitsrat.de/http://www.storyofstuff.org/
Modelle als Ansätze zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage
des Konsumverhaltens
13
Modell von Howard & Sheth (1969)Modell von Engel, Blackwell & Miniard (1995)
Strukturmodelle des Entscheidungsverhaltens
(erklären Beziehungen zwischen den Konstrukten des Kaufverhaltens)
Prozessmodelle
(betrachten verschiedene Phasen der Kaufentscheidung)
Partialmodelle Totalmodelle
umfassen spezielle Ausschnitte/bestimmte Variablen
des zu betrachtenden Erlebens und Verhaltens
o Psychologische Ansätze (Emotions-, Motiv-,
Einstellungs-, Risikotheorie; kognitives Gleichgewicht)
o Soziologische Ansätze (Diffusionstheorie,
Leitbildgruppentheorie, Peergroups)
o Mikroökonomischer Ansatz (Homo oeconomicus)
alle relevanten Variablen des interessierten Bereichs
werden betrachtet
Beispiel: Phasenmodell von Schiffman & Kanuk (2007)
vgl. Mayer & Illmann (2000, S. 93/95/97); https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufverhalten
Modell von Engel, Blackwell & Miniard (1995)
14
5 Phasen des Entscheidungsprozesses:
1. Problemwahrnehmung: Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen einem von der Person als ideal angesehenen und
ihrem gegenwärtigen Zustand; Wahrnehmungsursachen: externe Stimuli wie Information, Werbung, Aktivierung eines
Motivs, soziale Umwelt (Kultur, Bezugsgruppen, Familie, etc.) oder situative Einflussfaktoren.
2. Informationssuche: intern oder extern
In dieser Phase kommt der Werbung entscheidende Bedeutung zu.
3. Bewertung der Alternativen: Bildung oder Veränderung von Überzeugungen bzgl. des Produkts, Änderung der
Einstellung, die zur Absicht führt, das Produkt zu kaufen; Einflussgrößen: Normen, Zukunftserwartungen,
Persönlichkeit, individueller Lebensstil, etc.
4. Auswahl unter den verfügbaren Alternativen: Wahl/Kaufentscheidung abhängig von Einkommen und anderer
Vorkommnisse wie beispielsweise Nicht-Erhältlichkeit einer gewählten Alternative.
5. Konsequenzen der Entscheidung: Zufriedenheit (positive Auswirkung auf Überzeugungen und Einstellungen) oder
Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung/Unzufriedenheit (kann zu erneutem Suchverhalten führen oder
Veränderung einer Überzeugung) → Kaufentscheidungstypen
KRITIK am Modell: unklare funktionale Beziehungen zwischen den verschiedenen Variablen und Einflussgrößen, nur
wenige sind seitens der Verkäufer beeinflussbar und direkt kontrollierbar; zu komplex und starr.
Mayer & Illmann (2000, S. 97-99/104); http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html
Arten des Kaufverhaltens / Kaufentscheidungstypen
15http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html; https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufverhalten; Mayer & Illmann (2000, S. 100)
Merkmale Erstmalige Entscheidung Wiederholte Entscheidung
Art des
Problemlösungsprozessesextensiv limitiert wiederholt habituell
Ausmaß kognitiver
Beteiligunghoch niedrig mittel niedrig
Informationssuche extensiv
Reduktion der
Informationsmenge
sowie der bei der
Bewertung zugrunde
gelegten Kriterien
Reduktion der
Informationssuche im
Hinblick auf substitutive/
alternative Marken
weitgehend eingestellt
Wert / Preis des Produkts
bzw. der Dienstleistungrelativ hoch niedrig mittel niedrig
Komplextität des Produkts hoch mittel niedrig sehr niedrig
Komplextität des
Entscheidungsprozesseshoch mittel niedrig sehr niedrig
Beispiele
hochwertige, langlebige
Güter wie Auto,
Wohnungseinrichtung
Impuls-Kauf, ohne
Favorisierung/keine
eindeutigen Präferenzen
(„Evoked set“)
Markentreue versus
Markenwechsel;
vorhandene
Erfahrungen,
überschaubare Auswahl
von Produkten, die
verglichen werden
Produkte des täglichen
Bedarfs wie Lebensmittel
Konsumentenverhaltensforschungsansätze
16
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html; Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 18)
BehaviorismusS-R-Modell
Stimulus → Black Box → Reaktion
Neo-BehaviorismusS-O-R-Modell
Stimulus → Organismus → Reaktion
direkt beobachtbare Variablenbezieht nicht-beobachtbare,
intervenierende Variablen
(interne psychische Prozesse) mit ein
Die Frage, welche Prozesse im Individuum
zum beobachtbaren Verhalten führen, kann
auf dieser Basis nicht erklärt werden.
Verhalten lässt sich durch das
Zusammenwirken von Umwelteinflüssen
und psychischen Vorgängen (exogene
und endogene Faktoren) erklären.
S-O-R-Modell
17Abbildung: eigene Darstellung in Anlehnung an:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html
Determinanten zur Erklärung des Konsumentenverhaltens
Persönliche Determinanten
Persönlichkeit
Involvement
Lebensstil
Soziale Umwelt
Primär- und Sekundärgruppen
Familien
18
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/kaeufer-und-konsumentenverhalten.html
Aktivierende Prozesse und Zustände
Aktivierung
Emotionen
Motivation
Einstellungen
Kognitive Prozesse und Zustände
Kognitionen
Informationsaufnahme
Wahrnehmung
Informationsspeicherung/
Lernen und Gedächtnis
Entscheiden
Psych
isch
e D
ete
rmin
an
ten
We
itere
De
term
ina
nte
n u
nd
Mo
de
rato
ren
Soziale Schicht
Kultur und Subkultur
Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens (1)
19
Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 51)
Psychische Vorgänge (unterteilt in aktivierende und kognitive Prozesse) → intervenierende Variablen →
die Reaktion erfolgt nicht direkt auf auf einen Reiz, sondern zwischen Reiz und Reaktion finden innere
Prozesse statt:
● Aktivierende Prozesse: sind mit inneren Erregungen und Spannungen
verbunden und treiben das Verhalten an.
● Kognitive Prozesse: Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung.
Durch das Zusammenspiel elementarer aktivierender und kognitiver Prozesse entstehen
komplexe Vorgänge, die zusammenwirken.
Komplexe psychische Prozesse werden als aktivierend bezeichnet,
wenn die Aktivierungskomponenten vorherrschen: Emotionen, Motivation, Einstellung.
Komplexe psychische Prozesse werden als kognitiv bezeichnet,
wenn die kognitiven Komponenten vorherrschen: Wahrnehmung, Entscheidung, Lernen, Gedächtnis.
Psychische Determinanten des Konsumentenverhaltens (2)
20
Kroeber-Riel & Gröppel-Klein (2013, S. 51-53)
21
IX.Anhang
Abkürzungsverzeichnis
22
EV Einstellung - Verhalten
fMRT funktionelle Magnetresonanztomografie
i.d.R. in der Regel
i.e.S. im engeren Sinne
i.S. im Sinne
i.w.S. im weiteren Sinne
KZG Kurzzeitgedächtnis
LZG Langzeitgedächtnis
msek. Millisekunden
POS Point-of-Sale
sec. Sekunden
UV Unabhängige Variable
z.B. zum Beispiel
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