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Martin Fries 2 - jura.uni-muenchen.de · o Expedia, opodo o Foodora, Deliveroo Martin Fries 5 • Womöglich verstoßen die Bestpreisklauseln gegen Art. 101, 102 AEUV • Argumente

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•  Der schottische Philosoph Adam Smith beschrieb 1776 als erster: In einem Markt mit vollkommener Konkurrenz bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis

•  Im Monopol (und ähnlich im typischerweise trägen Oligopol) stellen sich ein höherer Gleichgewichtspreis und eine niedrigere Gleichgewichtsmenge ein

o  Der Monopolist maximiert seinen Gewinn und bietet daher diejenige Menge an, bei der die Grenzkosten gleich den Grenzerlösen sind

o  Würde der Monopolist mehr verkaufen, wäre sein Gesamtgewinn niedriger; im Polypol sind die Anbieter demgegenüber noch zur Ausweitung der Produktionsmenge bereit, weil jeden einzelnen Anbieter nicht der dadurch sinkende Gesamtgewinn aller Anbieter, sondern der noch steigende eigene Gewinn interessiert

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•  Handelsplattformen sind aufgrund von Netzwerkeffekten regelmäßig Oligopolisten oder (Quasi-) Monopolisten:

o  Amazon, eBay, Alibaba

o  Booking, HRS

o  Expedia, opodo

o  Foodora, Deliveroo

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•  Womöglich verstoßen die Bestpreisklauseln gegen Art. 101, 102 AEUV

•  Argumente pro Bestpreisklauseln: o  Vertragsfreiheit

o  Die großen Plattformen schultern den Aufwand für die Information der Kunden

o  Dem Kunden entsteht kein Nachteil, wenn niedrige Preise überall angeboten werden müssen

•  Argumente contra Bestpreisklauseln:

o  Rabatte werden faktisch unmöglich, wenn ein Hotel immer sogleich auch das Online-Angebot auf der Plattform ändern muss

o  Die Preise auf den Portalen sind nur scheinbar niedrig; teilweise wären sie geringer, wenn die Hotels nicht die Vermittlungsprovision mit einrechnen müssten

•  Hat die Plattform einen Marktanteil unterhalb von 30%, ist die Bestpreisklausel freistellungsfähig nach § 2 Abs. 2 GWB, Art. 101 Abs. 3 AEUV, Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO, LG Köln v. 16. Februar 2017, 88 O (Kart) 17/16, https://bit.ly/2PGJXJc

•  Mittlerweile bietet booking.com die Erstattung des Differenzbetrages an, wenn der Kunde anderswo eine günstigere Buchung gefunden hat

o  https://www.booking.com/general.de.html?tmpl=doc/rate_guarantee

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•  Nach §§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 5a Abs. 1, 2 und 6 UWG, § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG müssen Plattformen kommerzielle Eigeninteressen bei der Angebotsgestaltung im Zweifel klar kommunizieren:

o  Wenn eine Plattform von den Händlern Provisionen nimmt, muss dies für die Kunden klar ersichtlich sein

o  Wenn eine Plattform bestimmte Angebote gegen Geld nach oben schiebt, ist auch dies kenntlich zu machen

o  Siehe auch Engert, AcP 218 (2018), 304 ff.

•  Anschlussfragen: o  Wie effektiv ist die Kennzeichnungspflicht?

o  Welche Markteffekte ergeben sich, wenn der Plattformanbieter sich in die Schar der Händler einreiht?

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•  Preisdiskriminierung ist die Folge des Zahlens mit Daten... o  Beispiel: Personalisierte Rabattcoupons beim Schweizer Supermarkt COOP

o  Beispiel: Beim Kontaktlinsenhändler Lensbest Rabatt für Kunden, die über google auf die Seite kommen (diese Kunden sind preissensibler)

o  Bei Uber teurere Fahrten für die reicheren Wohngebiete

à Umverteilung von Reich auf Arm

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•  Preisdiskriminierung kann auch gegen Zahlungsschwache laufen

•  Weitere Arten der Datenerhebung: o  Cookies

o  Buchungshistorie (Pendler)

o  Merklisten

o  Gerätedaten

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•  Privatrecht: Privatrecht eigentlich auf Privatautonomie und unternehmerische Freiheit ausgelegt; Antidiskriminierung von Europa darüber gestülpt, vgl. Heese, NJW 2012, 572 ff.

o  § 138 Abs. 2 BGB: Ausnutzung einer Zwangslage kann zur Nichtigkeit führen

o  Verbot einer Differenzierung anhand von Geschlecht und Ethnie in § 1 AGG, siehe dazu auch die EuGH-Rechtsprechung zu Unisex-Tarifen im Versicherungswesen, EuGH v. 1. März 2011, C-236/09, https://lexetius.com/2011,394

•  Kartellrecht: Art. 102 AEUV:

o  Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist nach der Rechtsprechung des EuGH schon anzunehmen, wenn die Endkunden infolge einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs Nachteile erleiden

o  Jedenfalls kartellrechtswidrig ist eine mit Wettbewerbern abgestimmte Preisdiskriminierung = Preisabsprache, Art. 101 Abs. 1 AEUV

•  Wettbewerbsrecht: o  § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und § 5a Abs. 1 und 2 UWG: Für den Kunden entscheidungserhebliche

Preisberechnungsinformationen sind offenzulegen

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•  Staatliche Umverteilung sollte womöglich demokratisch, d.h. über Steuern laufen •  Umverteilung durch Private ist traditionell unproblematisch

o  Vergleich mit dem traditionellen Handel, wo auch preisdiskriminiert werden kann

•  Lösungsvorschläge, vgl. dazu Ernst, JZ 2017, 1026 ff. und Eidenmüller/Wagner, https://ssrn.com/id=3160276

o  Eidenmüller/Wagner: Fairness-Doktrin = Definition zulässiger/unzulässiger Kriterien für die Preisdifferenzierung, vgl. Anknüpfung an Geschlecht und Ethnie in § 1 AGG

Ø  Mögliche Anknüpfungspunkte vielgestaltig, daher eher nur Generalklausel?

o  Ernst: Transparente Algorithmen

Ø  Wer wird die Algorithmen nachvollziehen können?

o  Eidenmüller/Wagner: Transparenz über personalisierte Preisbildung, opt-out-Option Ø  Wer wird den höheren Alternativpreis wählen?

o  Schutz durch Datenschutzrecht

Ø  Wie lassen sich Datenschutzverstöße aufdecken?

o  Eidenmüller/Wagner: Widerrufsrechte

Ø  Was geschieht, wenn man die Diskriminierung nicht erkennt?

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