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Der Grundstein für die Beantwortung einzelner für die Praxis der anthroposophischen Medizin wichtiger Rechtsfragen ist damit ge- legt. Neben der Stellung ärztlicher Leistungserbringer (9. Kap.) dis- kutiert Zuck Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit anthro- posophischen Heil- (10. Kap.) und Arzneimitteln (11. Kap.) ergeben. Insbesondere zeigt er Möglichkeiten zur Aufwertung der anthropo- sophischen Medizin auf. In diesem Sinne regt Zuck beispielsweise an, Ausbildung, Berufsbezeichnung und Tätigkeitserlaubnis anthroposo- phischer Leistungserbringer gesetzlich zu regeln. Zudem stellt er dar, was im Einzelnen aus der gesetzgeberischen Anerkennung zu folgen habe. So ist Zuck der Ansicht, dass die anthroposophischen Heilmittel als Standardtherapie zum zwingenden Leistungsangebot der gesetzli- chen Krankenkassen gehören. Bis eine abschließende Klärung durch den Gesetzgeber erfolgt, dürfe es jedenfalls nicht den Krankenkassen zur freien Entscheidung überlassen werden, ob die Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet sind oder nicht (so aber die Konsequenz aus BSGE 94, 221 = ZMGR 2005, 264). Das in der zweiten Auflage neu eingefügte und abschließende 12. Kapitel enthält eine rechtliche Kommentierung der im Jahre 2011 verabschiedeten Deklaration zum Recht der Anthroposophi- schen Medizin. Zuck stellt darin heraus, inwieweit die Deklaration lediglich ein Abbild der geltenden Rechtslage ist und inwieweit es sich um rechtspolitische Forderungen der anthroposophischen Me- dizin handelt. Die vorliegende Schrift verdeutlicht dogmatische Standpunkte, praxisrelevante Auswirkungen sowie Reformüberlegungen unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses der anthroposophischen Medizin. Gerade im Hinblick auf den stetig wachsenden alternativen Gesundheitsmarkt ist sie für die Praxis wie für die Theorie von her- ausragendem Interesse. Produzentenhaftung – Haftung aus dem Arznei- mittelgesetz und Haftung für Medizinprodukte. Von Hans Josef Kullmann, Bernhard Pfister, Karlheinz Stöhr und Gerald Spindler. Verlag Erich Schmidt, Berlin 2013, Loseblattwerk, 5.524 Seiten in 4 Ordnern, € 148,00 Der „Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler“ ist das deutsche Standardwerk zur Produzentenhaftung. Die Kombination aus Kommentar, Hand- buch, Gesetzes- und Entscheidungssammlung macht es bis heute ein- zigartig und für den Praktiker besonders wertvoll. Im letzten Jahr ist das nunmehr vierbändige Werk umfangreich überarbeitet und erwei- tert worden. Unter anderem ist die bisherige Darstellung der Arznei- mittelhaftung durch die völlig neue Bearbeitung von Rechtsanwalt und Arzt Dr. Dr. Adem Koyuncu (Mayer Brown, Düsseldorf ) ersetzt worden, welche durch die Entscheidungssammlung von Kullmann zur Haftung für Arzneimittelschäden in Band 4 des Werkes ergänzt wird. Neu hinzugekommen sind zudem Beiträge zur Haftung für Medi- zinprodukte von Prof. Dr. Andreas Spickhoff (Universität Göttingen). A. Kommentierung der Haftung aus dem Arzneimittelgesetz Die Bearbeitung von Koyuncu stellt nicht nur eine notwendige Er- gänzung des Standardwerkes zur Produzentenhaftung dar, sondern zugleich die derzeit umfangreichste Kommentierung zur deutschen Arzneimittelhaftung. Über insgesamt 16 Kapitel werden neben den Grundlagen der Arzneimittelhaftung sämtliche aktuellen Probleme ausführlich besprochen. Darüber hinaus enthält die Kommentierung umfangreiche Schrifttums- und Rechtsprechungsnachweise, insbe- sondere die besonders relevante VIOXX-Rechtsprechung wurde vollständig ausgewertet. Trotz ihres beachtlichen Umfanges gestaltet sich die Darstellung sehr übersichtlich und damit praxisfreundlich. Besonders hervorzuheben ist, dass die Kommentierung neben ei- nem ausführlichen Kapitel zu den Beweisfragen im Arzneimittelhaf- tungsprozess auch besonders praxisrelevante prozessuale Aspekte be- leuchtet. Einen eigenen Abschnitt von 15 ½ Seiten widmet der Autor des Werkes „Das Haftungsdreieck Pharmaunternehmen–Arzt–Pati- ent“ auch dem Mitverschulden des Geschädigten, welches bis heute in Rechtsprechung und Literatur eher wenig Beachtung gefunden hat. Auch wenn bei der Arzneimittelhaftung aus dem AMG die Haf- tung des pharmazeutischen Unternehmers eindeutig im Vordergrund steht, wird die Haftung Dritter für Arzneimittelschäden, d. h. die Haftung des (Lohn-)Herstellers, des Arztes, des Apothekers sowie der Arzneimittelbehörden nicht außer Acht gelassen und zumindest kurz – auf 7 ½ Seiten – überblicksartig dargestellt. Auf 2 ½ Seiten gibt Koyuncu zudem einen knappen Überblick über das „Haftungsgefü- ge“, d. h. die potentiellen Anspruchsgegner, bei durch Prüfpräparate verursachten Schäden. Die Kommentierung schließt mit einer 5-sei- tigen Abhandlung über die obligatorische Deckungsvorsorge nach § 94 AMG, wobei jedoch die jüngste Gesetzesänderung (§ 94 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AMG n. F.) nicht mehr berücksichtigt wurde. B. Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte Die Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte fällt mit 7 ½ Seiten vergleichsweise knapp aus. Diese wird jedoch ergänzt durch eine 15-seitige Darstellung von Schutzgesetzen i. S. von § 823 Abs. 2 BGB aus dem Medizinproduktegesetz. Im Rahmen dieser wird unter anderem die höchst aktuelle Frage nach der Haftung der sog. „Be- nannten Stelle“ aufgeworfen, und insbesondere die brisante Frage, ob und inwieweit auch der Hersteller gegenüber der „Benannten Stelle“ durch Vorschriften des Medizinproduktegesetzes geschützt wird und mithin eine Haftung der „Benannten Stelle“ gegenüber dem Her- steller nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit einer Vorschrift aus dem Me- dizinproduktegesetz in Betracht kommt. Der Frage wird sodann je- doch nicht weiter nachgegangen. Die Kommentierung von Spickhoff setzt sich insgesamt nicht vertieft mit Einzelproblemen auseinander, bietet aber demjenigen, der sich erstmals mit der Haftung für Medi- zinprodukte vertraut machen möchte, einen informativen Überblick. DOI: 10.1007/s00350-013–3577-z Psychotherapeutenrecht. Berufs- und vertragsarztrechtliche Fragen. Von Martin H. Stellpflug. Verlag Medhochzwei, 2. Aufl. Hei- delberg 2013, XII u. 175 S., geb., € 59,99 Stellpflug schreibt klar und anschaulich. Der nicht-juristische Leser findet sofort die entscheidenden Details zur vertragsärztlichen Tätig- keit und zum Berufsrecht der psychologischen Psychotherapeuten so- wie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Zunächst sind die allgemeinen Grundlagen des Vertragsarztrechts mit Beschreibung der Zuständigkeiten dargestellt. Dabei nimmt die Frage, inwieweit vertragsärztliche psychotherapeutische Tätigkeit als freier Beruf aus- geübt werden kann und was das bedeutet, breiten Raum ein. Beim Zulassungsrecht sind einführend die allgemeinen rechtli- chen Voraussetzungen für die Zulassung zur ambulanten vertrags- ärztlichen Versorgung dargestellt; es schließen sich die besonderen Regelungen für Vertragspsychotherapeuten an, unter anderem Min- destanforderungen an den Tätigkeitsumfang. Besonders klar sind dargestellt die (oft als einengend empfundenen) Regelungen zur Verlegung eines Vertragsarztsitzes und zu den Voraussetzungen für die Veräußerung einer fortführungsfähigen Praxis. Der Leser erfährt auch, dass rückwirkende Genehmigungen nicht zulässig sind; recht- zeitige Anträge sind daher erforderlich. Das umfangreichste Kapitel ist den berufsrechtlichen und ver- tragsarztrechtlichen Pflichten des Vertragspsychotherapeuten gewid- met. Jedem Vertragspsychotherapeuten kann angeraten werden, die Einzelthemen aufmerksam vor Eröffnung einer Praxis zu studieren. Dargestellt sind mögliche Kooperationsformen, die Voraussetzungen zur Anstellung von Kollegen und Weiterbildungsassistenten. Stell- pflug wendet sich in diesem Zusammenhang erneut dagegen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben und der bisherigen Rechtsprechung Vertragsärzte zwar Psychotherapeuten anstellen dürfen, nicht jedoch umgekehrt Psychotherapeuten Ärzte. Abgehandelt sind auch Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich- rechnerische Prüfung der Abrechnung. Etwas knapp ist der Text zur Plausibilitätsprüfung. Für die Praxis sehr wichtig ist der Überblick zum Umfang der geforderten vertragsärztlichen psychotherapeuti- Rechtsanwältin Dr. iur. Julia Achtmann, BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschafts- gesellschaft, Köln, Deutschland Rechtsanwalt Dr. iur. Gernot Steinhilper, Wennigsen, Deutschland Rezensionen MedR (2014) 32: 71–72 71

Martin H. Stellpflug, Psychotherapeutenrecht. Berufs- und vertragsarztrechtliche Fragen

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Page 1: Martin H. Stellpflug, Psychotherapeutenrecht. Berufs- und vertragsarztrechtliche Fragen

Der Grundstein für die Beantwortung einzelner für die Praxis der anthroposophischen Medizin wichtiger Rechtsfragen ist damit ge-legt. Neben der Stellung ärztlicher Leistungserbringer (9. Kap.) dis-kutiert Zuck Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit anthro-posophischen Heil- (10. Kap.) und Arzneimitteln (11. Kap.) ergeben. Insbesondere zeigt er Möglichkeiten zur Aufwertung der anthropo-sophischen Medizin auf. In diesem Sinne regt Zuck beispielsweise an, Ausbildung, Berufsbezeichnung und Tätigkeitserlaubnis anthroposo-phischer Leistungserbringer gesetzlich zu regeln. Zudem stellt er dar, was im Einzelnen aus der gesetzgeberischen Anerkennung zu folgen habe. So ist Zuck der Ansicht, dass die anthroposophischen Heilmittel als Standardtherapie zum zwingenden Leistungsangebot der gesetzli-chen Krankenkassen gehören. Bis eine abschließende Klärung durch den Gesetzgeber erfolgt, dürfe es jedenfalls nicht den Krankenkassen zur freien Entscheidung überlassen werden, ob die Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet sind oder nicht (so aber die Konsequenz aus BSGE 94, 221 = ZMGR 2005, 264).

Das in der zweiten Auflage neu eingefügte und abschließende 12.  Kapitel enthält eine rechtliche Kommentierung der im Jahre 2011 verabschiedeten Deklaration zum Recht der Anthroposophi-schen Medizin. Zuck stellt darin heraus, inwieweit die Deklaration lediglich ein Abbild der geltenden Rechtslage ist und inwieweit es sich um rechtspolitische Forderungen der anthroposophischen Me-dizin handelt.

Die vorliegende Schrift verdeutlicht dogmatische Standpunkte, praxisrelevante Auswirkungen sowie Reformüberlegungen unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses der anthroposophischen Medizin. Gerade im Hinblick auf den stetig wachsenden alternativen Gesundheitsmarkt ist sie für die Praxis wie für die Theorie von her-ausragendem Interesse.

Produzentenhaftung – Haftung aus dem Arznei­mittelgesetz und Haftung für Medizinprodukte.

Von Hans Josef Kullmann, Bernhard Pfister, Karlheinz Stöhr und Gerald Spindler. Verlag Erich Schmidt, Berlin 2013, Lose blatt werk, 5.524 Seiten in 4 Ordnern, € 148,00

Der „Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler“ ist das deutsche Standardwerk zur Produzentenhaftung. Die Kombination aus Kommentar, Hand-buch, Gesetzes- und Entscheidungssammlung macht es bis heute ein-zigartig und für den Praktiker besonders wertvoll. Im letzten Jahr ist das nunmehr vierbändige Werk umfangreich überarbeitet und erwei-tert worden. Unter anderem ist die bisherige Darstellung der Arznei-mittelhaftung durch die völlig neue Bearbeitung von Rechtsanwalt und Arzt Dr. Dr. Adem Koyuncu (Mayer Brown, Düsseldorf ) ersetzt worden, welche durch die Entscheidungssammlung von Kullmann zur Haftung für Arzneimittelschäden in Band 4 des Werkes ergänzt wird. Neu hinzugekommen sind zudem Beiträge zur Haftung für Medi-zinprodukte von Prof. Dr. Andreas Spickhoff (Universität Göttingen).

A. Kommentierung der Haftung aus dem Arzneimittelgesetz

Die Bearbeitung von Koyuncu stellt nicht nur eine notwendige Er-gänzung des Standardwerkes zur Produzentenhaftung dar, sondern zugleich die derzeit umfangreichste Kommentierung zur deutschen Arzneimittelhaftung. Über insgesamt 16 Kapitel werden neben den Grundlagen der Arzneimittelhaftung sämtliche aktuellen Probleme ausführlich besprochen. Darüber hinaus enthält die Kommentierung umfangreiche Schrifttums- und Rechtsprechungsnachweise, insbe-sondere die besonders relevante VIOXX-Rechtsprechung wurde vollständig ausgewertet. Trotz ihres beachtlichen Umfanges gestaltet sich die Darstellung sehr übersichtlich und damit praxisfreundlich.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Kommentierung neben ei-nem ausführlichen Kapitel zu den Beweisfragen im Arzneimittelhaf-tungsprozess auch besonders praxisrelevante prozessuale Aspekte be-leuchtet. Einen eigenen Abschnitt von 15 ½ Seiten widmet der Autor des Werkes „Das Haftungsdreieck Pharmaunternehmen–Arzt–Pati-ent“ auch dem Mitverschulden des Geschädigten, welches bis heute

in Rechtsprechung und Literatur eher wenig Beachtung gefunden hat. Auch wenn bei der Arzneimittelhaftung aus dem AMG die Haf-tung des pharmazeutischen Unternehmers eindeutig im Vordergrund steht, wird die Haftung Dritter für Arzneimittelschäden, d. h. die Haftung des (Lohn-)Herstellers, des Arztes, des Apothekers sowie der Arzneimittelbehörden nicht außer Acht gelassen und zumindest kurz – auf 7 ½ Seiten – überblicksartig dargestellt. Auf 2 ½ Seiten gibt Koyuncu zudem einen knappen Überblick über das „Haftungsgefü-ge“, d. h. die potentiellen Anspruchsgegner, bei durch Prüfpräparate verursachten Schäden. Die Kommentierung schließt mit einer 5-sei-tigen Abhandlung über die obligatorische Deckungsvorsorge nach § 94 AMG, wobei jedoch die jüngste Gesetzesänderung (§ 94 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AMG n. F.) nicht mehr berücksichtigt wurde.

B. Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte

Die Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte fällt mit 7 ½ Seiten vergleichsweise knapp aus. Diese wird jedoch ergänzt durch eine 15-seitige Darstellung von Schutzgesetzen i. S. von § 823 Abs. 2 BGB aus dem Medizinproduktegesetz. Im Rahmen dieser wird unter anderem die höchst aktuelle Frage nach der Haftung der sog. „Be-nannten Stelle“ aufgeworfen, und insbesondere die brisante Frage, ob und inwieweit auch der Hersteller gegenüber der „Benannten Stelle“ durch Vorschriften des Medizinproduktegesetzes geschützt wird und mithin eine Haftung der „Benannten Stelle“ gegenüber dem Her-steller nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit einer Vorschrift aus dem Me-dizinproduktegesetz in Betracht kommt. Der Frage wird sodann je-doch nicht weiter nachgegangen. Die Kommentierung von Spickhoff setzt sich insgesamt nicht vertieft mit Einzelproblemen auseinander, bietet aber demjenigen, der sich erstmals mit der Haftung für Medi-zinprodukte vertraut machen möchte, einen informativen Überblick.

DOI: 10.1007/s00350-013–3577-z

Psychotherapeutenrecht. Berufs­ und vertragsarztrechtliche Fragen.

Von Martin H. Stellpflug. Verlag Medhochzwei, 2. Aufl. Hei­delberg 2013, XII u. 175 S., geb., € 59,99

Stellpflug schreibt klar und anschaulich. Der nicht-juristische Leser findet sofort die entscheidenden Details zur vertragsärztlichen Tätig-keit und zum Berufsrecht der psychologischen Psychotherapeuten so-wie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Zunächst sind die allgemeinen Grundlagen des Vertragsarztrechts mit Beschreibung der Zuständigkeiten dargestellt. Dabei nimmt die Frage, inwieweit vertragsärztliche psychotherapeutische Tätigkeit als freier Beruf aus-geübt werden kann und was das bedeutet, breiten Raum ein.

Beim Zulassungsrecht sind einführend die allgemeinen rechtli-chen Voraussetzungen für die Zulassung zur ambulanten vertrags-ärztlichen Versorgung dargestellt; es schließen sich die besonderen Regelungen für Vertragspsychotherapeuten an, unter anderem Min-destanforderungen an den Tätigkeitsumfang. Besonders klar sind dargestellt die (oft als einengend empfundenen) Regelungen zur Verlegung eines Vertragsarztsitzes und zu den Voraussetzungen für die Veräußerung einer fortführungsfähigen Praxis. Der Leser erfährt auch, dass rückwirkende Genehmigungen nicht zulässig sind; recht-zeitige Anträge sind daher erforderlich.

Das umfangreichste Kapitel ist den berufsrechtlichen und ver-tragsarztrechtlichen Pflichten des Vertragspsychotherapeuten gewid-met. Jedem Vertragspsychotherapeuten kann angeraten werden, die Einzelthemen aufmerksam vor Eröffnung einer Praxis zu studieren. Dargestellt sind mögliche Kooperationsformen, die Voraussetzungen zur Anstellung von Kollegen und Weiterbildungsassistenten. Stell-pflug wendet sich in diesem Zusammenhang erneut dagegen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben und der bisherigen Rechtsprechung Vertragsärzte zwar Psychotherapeuten anstellen dürfen, nicht jedoch umgekehrt Psychotherapeuten Ärzte.

Abgehandelt sind auch Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerische Prüfung der Abrechnung. Etwas knapp ist der Text zur Plausibilitätsprüfung. Für die Praxis sehr wichtig ist der Überblick zum Umfang der geforderten vertragsärztlichen psychotherapeuti-

Rechtsanwältin Dr. iur. Julia Achtmann, BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschafts-gesellschaft, Köln, Deutschland

Rechtsanwalt Dr. iur. Gernot Steinhilper, Wennigsen, Deutschland

Rezensionen MedR (2014) 32: 71–72 71

Page 2: Martin H. Stellpflug, Psychotherapeutenrecht. Berufs- und vertragsarztrechtliche Fragen

schen Leistung (insbesondere: Präsenzpflichten). Angehängt sind Hinweise zur Behandlungspflicht, Sorgfaltspflicht, zu den Vertre-tungsmöglichkeiten, der Privatliquidation bei PKV-Patienten und der Vergütung neuer Leistungen.

Bei der Darstellung der berufsrechtlichen Pflichten liegt das Schwergewicht bei der Dokumentationspflicht, den Kooperations-möglichkeiten, dem Einsichtsrecht der Patienten und den Gutach-tenpflichten. Aktuell sind die Hinweise zu den Sorgfaltspflichten bei der sog. „Internetpsychotherapie“. In einem letzten Abschnitt geht Stellpflug auch auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Kostener-stattung für Psychotherapeuten nach § 13 Abs. 3 SGB V ein.

Das Literaturverzeichnis ist umfangreich, kann jedoch nicht als ak-tuell bezeichnet werden (bei Rieger beispielsweise ist statt des aktuel-len „Heidelberger Kommentars“ noch das „Lexikon des Arztrechts“ aufgeführt). Im Hinblick auf den Leserkreis wird in den Fußnoten an den einschlägigen Stellen nicht durchgehend auf weiterführende juristische Literatur und Rechtsprechung verwiesen; wer Einzelfra-gen vertieft behandeln möchte, findet im Literaturverzeichnis und anderen medizinrechtlichen Handbüchern (mittlerweile zahlreich) ausreichend Hinweise. Der Text ist gegenüber der 1. Auflage deutlich umfangreicher; auf die Darstellung von Normen wurde verzichtet.

Insgesamt: Eine erfreulich klare Darstellung zu einem Thema, das in anderen Handbüchern zum Vertragsarztrecht nicht durchgehend ausführlich dargestellt wird, das aber mittlerweile zunehmend an Be-deutung gewonnen hat.

Arzthaftungsrecht. Leitfaden für die Praxis.

Von Wolfgang Frahm, Wolfgang Nixdorf und Alexander Walter. Verlag Versicherungswirtschaft, 5.  Aufl. Karlsruhe 2013, XX u. 319 S. mit 1 CD­ROM, kart., € 68,00

Nach vier Jahren erscheint die Neuauflage des Buches „Arzthaftungs-recht“ von Wolfgang Frahm, Vorsitzender Richter am OLG Schleswig, und Alexander Walter, Richter am LG Koblenz (zur Vorauflage s. die Rezension von Achterfeld, MedR 2009, 505). Der Praxisleitfaden soll bei der alltäglichen Bearbeitung einschlägiger Schadensfälle Hilfe leisten, er richtet sich in erster Linie an Rechtsanwälte und Richter sowie Mitarbeiter von Versicherungsunternehmen, Verbänden und Krankenhäusern. Die Verfasser bieten eine aktuelle Darstellung der in Rechtsprechung und Schrifttum ständig fortentwickelten Grund-fragen und Zusammenhänge des Arzthaftungsrechts. Das Werk ist gegenüber der Vorauflage um sechzig Seiten angewachsen. Dabei wurde die Randnummernzählung erfreulicherweise beibehalten, wo erforderlich um Buchstaben ergänzt.

Untergliedert ist die Schrift in sechs Teile. Der erste (S. 1–64) gilt den Haftungsgrundlagen aus Vertrag, GoA und Delikt. Eingehend werden die unterschiedlichen Vertragskonstellationen in Einzel- und Gruppenpraxis, bei Zusammenarbeit und Überweisung sowie bei Krankenhausbehandlungen dargestellt. Daran schließt der zweite Teil an zu Haftenden und Haftung für Hilfspersonen (S. 65–84). Der dritte Teil zum Behandlungsfehler ist der umfangreichste (S. 85–199), thematisiert werden u. a. auch Kostendruck und Standard, haftungs-rechtliche Bedeutung von Richtlinien und Leitlinien, ärztliche The-rapiefreiheit sowie Fragen der Beweisführung und Beweislast, auf Rechtsfolgenseite das Sonderproblem der Familienplanungsschäden.

Im vierten Teil wird die facettenreiche Rechtsprechung zur ärztli-chen Aufklärungspflicht präsentiert (S. 201–274), Teil fünf gilt der Verjährung (S. 249–274), der sechste und letzte Teil verfahrensrecht-lichen Fragen (S. 275–310).

Das Patientenrechtegesetz haben Frahm/Walter bereits umfassend eingearbeitet. Sie zeigen auf, dass die §§ 630 a ff. BGB einige neue Verpflichtungen statuieren, mitunter Vorgaben der Rechtsprechung verschärft werden und teilweise die Gefahr von Missverständnissen besteht „aufgrund der verkürzten gesetzlichen Regelung der richter-rechtlichen Grundsätze, regelungstechnischer Irritationen und einer unbestimmten bzw. ungenauen Gesetzesbegründung“ (S. 3).

Differenziert erörtert wird etwa die wirtschaftliche Informations-pflicht nach § 630 c Abs.  3 BGB (S.  46 ff.) oder die Fehleroffenba-rungspflicht gem. § 630 c Abs. 2 S. 2 BGB (S. 50 ff.). In der grund-sätzlichen Verpflichtung des Arztes auf die allgemein anerkannten Standards gem. § 630 a Abs. 2 BGB erkennen die Verfasser keine Ge-fahr für die Freiheit der Methodenwahl (S. 123 ff.). Die im Schrifttum kritisierte Doppelung der Aufklärungs- und Informationspflichten in §§ 630 c Abs. 2 S. 1, 630e BGB erachten sie als unproblematisch (S. 127). Bei der Kodifizierung der Beweislastumkehr wegen eines groben Behandlungsfehlers in § 630 h Abs. 5 S. 1 BGB machen sie Flüchtigkeitsfehler des Gesetzgebers aus (S. 148 f., Fn. 287 u. 290), die Begründung zu § 630 h Abs. 5 S. 2 BGB wird mit Grund als erstaun-lich knapp (S. 152), die zur Dokumentationspflicht in § 630 f BGB in puncto „faktische Beweissicherung“ zu Recht als missverständlich bezeichnet (S. 157). Auf das neue Erfordernis der Revisionssicherheit einer EDV-Dokumentation nach § 630 f Abs. 1 S. 3 BGB wird hin-gewiesen (S. 162 f.), ebenso auf die Ausweitung des Einsichtsrechts durch die Regelung in § 630 g BGB (S. 167 ff.). Näher analysiert wird die Beweislastregelung bei Verwirklichung eines voll beherrschba-ren Risikos, § 630 h Abs. 1 BGB (S. 174 ff.), die Ausführungen zum geltenden Beweismaß sind demgegenüber knapp (S. 189 f.). Verfasser stellen klar, dass angesichts der Regelung in § 630 e Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB eine Formularaufklärung auch bei Reihenbehandlungen nicht ausreicht (S. 213) und dass eine Delegation der Aufklärung auf nicht-ärztliches Hilfspersonal nach § 630 e Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB weiterhin unzulässig ist (S. 232). Insgesamt merken Frahm/Walter an, dass der bislang von der Rechtsprechung stets betonte Gleichlauf von vertrag-licher und deliktischer Haftung schwieriger wird, wo die §§ 630 a ff. BGB konkret ausgestaltete Verpflichtungen vorgeben (S. 86 f.), und stellen die Frage, ob die Kodifikation der Beweisregeln ein Hemmnis für die Fortentwicklung des Rechts bedeutet (S. 137 f.). Die Ausfüh-rungen zu den neuen BGB-Vorschriften sind sehr gut in den Text integriert, die Analysen sind ausnahmslos scharfsinnig und fundiert, liefern wichtige Impulse für die künftige Auslegung und Anwen-dung in der Rechtspraxis.

Besondere Erwähnung verdient schließlich, dass die beiden Rich-ter nicht nur die reichhaltige Judikatur, sondern ebenso das umfang-reiche Schrifttum sichten, auswerten und gewissenhaft nachweisen. So ist die Schrift weit mehr als ein reiner Rechtsprechungsspiegel oder Praxisleitfaden, das Werk ist vielmehr zugleich ein Lehrbuch zum Arzthaftungsrecht. Im Ergebnis weichen die Verfasser aller-dings in keinem Punkt von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ab, folgen dem BGH vielmehr ausnahmslos, und zwar bei streitigen Grundsatzfragen (zur Körperverletzungsdoktrin s. auf S.  55 f.) wie in zweifelhaften Einzelpunkten (s. etwa zur Aufklärungspflicht über Risiken im Promillebereich auf S. 215, zu den sehr weit reichenden Organisationspflichten auf S. 106 ff., zum Beginn der Verjährung des Regressanspruchs eines Sozialversicherungsträgers auf S. 261 ff.).

Fazit: Wolfgang Frahm und Alexander Walter legen eine sehr sorg-fältig überarbeitete, aktualisierte und fortgeschriebene Neuauflage ihres bewährten Werkes vor und lösen die hohen Erwartungen ein. Das Buch ist dogmatisch anspruchsvoll, praxisrelevant, sehr klar ver-ständlich geschrieben, mithin uneingeschränkt und mit Nachdruck jedem am Arzthaftungsrecht Interessierten zur Lektüre zu empfehlen.

Prof. Dr. iur. Christian Katzenmeier, Universität zu Köln, Deutschland

Rezensionen72 MedR (2014) 32: 72