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Das m:con-Magazin für die Kongress-Branche 12/Mai 2010 Schutzgebühr 5,– EUR www.mcon-visions.de WISSEN REGIE UND DRAMATURGIE Was Veranstalter vom Theater lernen können. Hansgünther Heyme – die Arbeit eines Regisseurs. Die Bedeutung von Licht – drei Experten im Porträt. MARKT Mannheim feiert 125 Jahre Automobil mit multimedialem Großevent. Die Inszenierung einer Ausstellung – Mercedes-Benz Museum Stuttgart. Nobelpreisträger Timothy Hunt – die Bedeutung von Konferenzen für die Karriere. M:CON Neue Marktfelder – per Mausklick zum Kongress: m:con_vidoc.

m:con visions Ausgabe 12 Mai 2010

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m:con visions Ausgabe 12 Mai 2010

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Das m:con-Magazin für die Kongress-Branche 12/Mai 2010 Schutzgebühr 5,– EUR� www.mcon-visions.de

WISSEN REGIE UND DRAMATURGIE Was Veranstalter vom Theater lernen können. Hans günther Heyme – die Arbeit eines Regisseurs. Die Bedeutung von Licht – drei Experten

im Porträt. MARKT Mannheim feiert 125 Jahre Automobil mit multimedialem Großevent. Die Inszenierung einer Ausstellung – Mercedes-Benz Museum Stuttgart. Nobelpreisträger Timothy Hunt – die Bedeutung von Konferenzen für die Karriere. M:CON Neue Marktfelder – per Mausklick zum Kongress: m:con_vidoc.

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Unconven- tional

Begegnungen brauchen ganzheitliche Konzepte. Die erfolgreiche Durchführung von Kongressen und Tagungen braucht einen erfahrenen, kompetenten und zuverlässigenPartner. Unsere langjährige Erfahrung im Bereich der medizinisch-wissenschaftlichen Kongresse garantiert Ihnen individuelle Beratung und einen reibungslosen Ablauf. Wir kennen Ihre Bedürfnisse, verstehen Sie und schenken Ihnen bei all dem auch noch ein Lächeln. Willkommen bei m:con – Ihrem sympathischen und kompetenten Servicepartner für unkonventionelle Liveauftritte jeder Größe und Art.

Wir organisieren und realisieren Ihre Visionen. Besuchen Sie uns online unter www.mcon-mannheim.de oder rufen Sie uns direkt an: +49 (0)621 4106 - 123 / -125.

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Michel MaugéGeschäftsführer m:con Mannheim und Honorarkonsul der Republik Frankreich

Unsere BrancheEine ganzheitliche Betrachtung

Liebe Leserinnen und Leser,

die neue „Visions“ liegt vor Ihnen. Wir haben uns viel vorgenommen, weil wir die ständige Weiterentwicklung unserer Arbeit mit Ihnen teilen wollen. Der „Content“ ist für uns bestimmend. Besonderen Wert legen wir deshalb auf den heraus gearbeiteten „Wissensteil“ als neue Rubrik der „Visions“. Der journalistische Anspruch ist dabei unsere Motivation. Das Spektrum der Themen ist solide und spannend. Genau genommen wollen wir die „Visions“ kontinuierlich ausbauen und ein Spiegelbild der aktuellen Entwicklungen im Markt aufzeigen. Neutral, übergreifend und informativ. Gleichzeitig liegt uns der ganzheitliche Ansatz am Herzen. Unter Ganzheitlichkeit verstehen wir das Miteinander von Systemen, Möglichkeiten und Techniken, wie sie uns die digitale Welt zur Verfügung stellt und wie wir sie einsetzen können. Ganz klassisch im Aufbau und in der Konzeption, immer kreativ und auf die Aufgaben zuge-schnitten – aber vor allem modern in der Inszenierung und der Wahl der Mittel. Live-Stream, Video-Dokumentation, Social-Media stehen darum im Fokus unserer Angebote. Wir wollen die Plattform, die uns bei der Ausrichtung von Kongressen gegeben ist, so weit und so breit wie möglich nutzen – in den Zielgruppen, aber auch über den eigentlichen Rahmen hinaus. Diese Ausgabe beschäftigt sich mit dem Thema Inszenierung und Dramaturgie. Weil hier die Grundlagen jeder guten Veranstaltung gelegt werden. Wir organisieren und wir inszenieren, damit Veranstalter, Besucher, Gäste und Meinungsbildner in einer einmaligen Veranstaltung miteinander verbunden sind. Wir wollen aber, dass diese Menschen teilhaben können an der Wissensvermittlung und der Auseinandersetzung damit. Mehr und mehr im Dialog – mehr und mehr unter Zuhilfenahme aller technischen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen. Wir wünschen Ihnen eine intensive Auseinandersetzung mit der neuen „Visions“ und wartenmit Spannung auf Ihre Reaktionen.

Ihr

Michel Maugé

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Mai 2010 Standpunkt

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„Es geht immer darum, unüberwind-bare Barrieren zu überwinden, sowohl äußerlich als auch im Geiste.“

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Das m:con-Magazin für die Kongress-Branchem:convisions

StandpunktUnsere BrancheEine ganzheitliche Betrachtung 03

Wissen Die Welt der Regie und DramaturgieVom Theater lernen: Was Veranstalter sich bei Profis abschauen können. 09

„Nichts sollte beliebig oder willkürlich sein“Regieprofessor Hanns-Dietrich Schmidt von der renommierten Folkwang Universität rät der Veranstaltungsbranche zur weiteren Professionalisierung. 10

„Das Wichtigste auf der Bühne ist der Mensch“Ein Interview mit Hansgünther Heyme, Intendant des Theaters im Pfalzbau, über die Arbeit eines Regisseurs 16

Ein Spiegel innerer BarrierenNachwuchsfilmregisseur Marc Rensing gelang mit „Parkour“ eine erfolgreiche filmische Inszenierung von Sport, Freundschaft und Eifersucht. 22

Sie setzen alles ins rechte Licht Drei Experten über ihre Leidenschaft für die richtige Beleuchtung: ein Kurator für Lichtkunst, ein Beleuchtungsexperte am Theater sowie ein Lichtdesigner für Veranstaltungen 26

Persönlichkeit schlägt Power-Point Schauspielerin Adele Landauer unterstützt bei der Selbstinszenierung und nutzt ihre Bühnenerfahrung, um Führungskräften zu mehr Präsenz zu verhelfen. 32

Sprechen wir bald alle Cyberslang? Sprachwandel durch neue Medien: ein Gespräch mit Linguistikprofessor Peter Schlobinski über Kommunikation im Internet 34

MARKTInszenierung, der Schlüssel zum ErfolgDer Erfolg von Marken und Produkten hängt in starkem Maße von einer gekonnten Darstellung ab. 37

Multimediales Gesamtkunstwerk für alle SinneEin Interview mit dem Komponisten Marios Joannou Elia und dem Fotografen Horst Hamann über ihre Arbeit an der „Autosinfonie“. Das Werk wird 2011 anlässlich des 125. Geburtstags des Automobils in Mannheim aufgeführt. 39

Automobile Erlebniswelten Ein Beispiel für die Inszenierung einer Ausstellung: Im Mercedes-Benz Museum wird die Geschichte und Zukunft der Marke Mercedes eindrucksvoll in Szene gesetzt. 45

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Kommunikationsplattform zwischen Wohnzimmer, Partyraum und Fernsehstudio Bei den Olympischen Spielen ist das „Deutsche Haus“ inzwischen zu einer festen Institution geworden und gleichermaßen Treffpunkt, Kommunikationsplattform und Medienstützpunkt. 54

Flexibilität und Kreativität gefordert Aktuelle MPI-Umfrage: Vorsichtiger Optimismus und tief greifender Wandel sind die Kernergebnisse der „Future Watch 2010“. 57

Die neue Freiheit: Meetings im Zeitalter des Web 2.0Offen gestaltete Konferenzformen im Zeitalter moderner Kommunikationsmedien verändern die Branche. 58

Das Prinzip PartnerschaftSpannungsreiche Inszenierung mit konsequenter Dramaturgie zeigt das Beispiel des Vertriebsmitarbeiter- und AgenturPartner-Kick-offs der Mannheimer Versicherung. 61

M:CONPer Mausklick zum Kongress Nicht vor Ort und doch live dabei: Die neue Dienstleistung „m:con_vidoc“ ermöglicht es, Vorträge virtuell zu verfolgen und später in einer Mediathek abzurufen. 64

OrganisationsTicker 65

„Why we meet“ Nobelpreisträger Timothy Hunt liebt Konferenzen. Im Interview verrät er, welche Bedeutung Kongressbesuche für seine Karriere haben. 66

KongressTicker 67

EventTicker 68

News 68

Impressum 69

SchlusspunktSollte man wissenschaftliche Inhalte inszenieren? Pro und Kontra von Ingolf Baur, Wissenschaftsjournalist bei SWR und ZDF/3Sat, und Dr. Heike Schmoll, Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 70

nEu: Zusatznutzen online. Der Visions-Webcode führt Sie unkompliziert zu unserem Zusatzangebot im Internet. Einfach Online-Magazin www.mcon-visions.de besuchen, Webcode des Artikels eingeben und Sie kommen direkt zum Video-Podcast.

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Ein Flügeltürer auf seinem Weg ins Mercedes-Benz Museum

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Von der 2.500-jährigen Geschichte des Theaters macht die des Regisseurs gerade einmal ein Zehntel aus: Vor rund 250 Jahren war vonihm zum ersten Mal die Rede. Er war eine Art Hausmeister, der das Theater auf- und absperrte und sich um Ordnung und Pünktlichkeit bemühte. Erst im Lauf des 19. Jahrhunderts stieg er zur zentralen Figur jeder Inszenierung auf.

Ein Handbuch für Regie könne es laut Regieprofessor Hanns-Dietrich Schmidt nicht geben. Doch gibt es Regeln, an denen man sich bei jeder Art von Bühnenshow orientieren sollte – gleich ob griechische Tragödie oder wissenschaftlicher Kongress. Vom Theater können Veranstalter nur lernen. Das macht ein Gespräch über die Theaterpraxis von Intendant Hansgünther Heyme deutlich. Viele szenische Elemente lassen sich historisch herleiten und damit aneignen. Trotzdem: Gerade angesichts seiner 50-jährigen praktischen Erfahrung ist es Heyme vor jeder neuen Regiearbeit wichtig, erst einmal nichts zu wissen.

Diese Offenheit und Unvoreingenommenheit fällt einem jungen Nachwuchsfilmregisseur wie Marc Rensing noch leicht. Für sein Erst-lingswerk „Parkour“ erhielt er gleich mehrere Preise. Der in Mannheim gedrehte Film ist vor allem eines: spannend. Hier stimmt die Dramaturgie – die Kunst, einen Spannungsbogen zu gestalten. Licht ist dabei ein ideales Medium, um Emotionen zu erzeugen. Drei Porträts von Lichtexperten beleuchten deren Leidenschaft für Licht.

Ein weniger auffälliges, aber nicht minder wichtiges Medium von Inszenierungen ist Sprache – der Text ist die Basis jedes Bühnenge-schehens. Auch wenn erst die richtige Körpersprache zum perfekten Auftritt verhilft. Schauspielerin Adele Landauer nutzt deshalb ihre Bühnenerfahrung, um die Präsenz von Führungskräften bei Auftritten zu optimieren. Anders verläuft Kommunikation im Internet: Hier ist Sprache das zentrale Mittel der Selbstdarstellung. Wie sich Sprache durch die neuen Medien verändert, verdeutlicht Sprachwis-senschaftler Professor Peter Schlobinski.

Vom Theater lernen

Die Welt der Regie und Dramaturgie

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Regie, Dramaturgie und Inszenierung

„Nichts sollte

beliebig oder

willkürlich sein“

Theateraufführungen und Business-Veranstaltungen wie Tagungen, Kongresse und Unternehmensevents haben

unterschiedliche Zielsetzungen, funktionieren aber nach ganz ähnlichen Regeln. Vor allem das Grundsetting ist vergleichbar.

Deshalb lässt sich vom Theater einiges lernen.

Von Ulrich Erler

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Danton reißt sich voller Verzweiflung das Hemd vom Leib. Das Pub-likum ist ergriffen. Aber nicht nur die schauspielerische Leistung hat die Zuschauer für ihn eingenommen. Die Inszenierung hat deutliche Bezüge zur Finanzkrise unserer Zeit hergestellt, ohne dabei konstruiert zu wirken. Bühnenbild und Kostüme unterstütz-ten die Handlung, und die Beleuchtung sorgte an den richtigen Stellen für Dramatik. Zum Ende der Vorstellung gab es stehende Ovationen und im Anschluss wurde im Foyer noch heftig diskutiert. Ein rundum gelungener Theaterabend. Doch es gibt auch andere Beispiele. Dann will der Funke nicht überspringen: die Schauspieler hölzern, die Handlung verworren, die Dramaturgie lahm und das Bühnenbild nichtssagend. Das Spektrum ist groß – ganz wie bei Business-Veranstaltungen.

It’s all Showbusiness!

Tagungen und Kongresse können sich äußerst inspirierend auf die eigene Profession auswirken. Ein interessanter Beitrag eines Key-note-Speakers bringt genau das auf den Punkt, worüber man sich schon seit geraumer Zeit Gedanken macht. Und beim Networking hat sich ein Kontakt ergeben, der über das Tagesgeschäft hinaus hilfreich sein kann. Aber ein Kongress kann sich auch endlos in die Länge ziehen, und am Ende des Tages kann man sich längst nicht mehr an das Thema des Vormittags erinnern. Dabei verhält es sich hier ähnlich wie beim Theater. Die Erfolgsgaranten sind neben einem passenden Bühnenbild, einer perfekten Akustik und einem akzentuierten Lichtdesign vor allem die Basics: Regie, Dramatur-gie und Inszenierung. Natürlich gibt es Unterschiede. Theater hat immer einen künstlerischen Anspruch. Kongresse und Tagungen sollen Wissen vermitteln und die Plattform für Networking bilden. Firmenevents hingegen haben handfeste wirtschaftliche Ziele. Aber es gibt auch eine zentrale Gemeinsamkeit: It’s all Showbusiness! Umso wichtiger ist es, sich als PCO (Professional Conference Organi-ser) und Eventveranstalter mit diesen Disziplinen zu beschäftigen und der Frage nachzugehen: Was kann ich vom Theater lernen?

Veranstaltungsbranche mit Professionalisierungsbedarf

Professor Hanns-Dietrich Schmidt ist durch und durch Theatermann, schaut aber trotzdem gerne über den künstlerischen Tellerrand hin-aus. Deshalb sieht er bei Veranstaltungen außerhalb des Theaters immer wieder Nachholbedarf in Sachen Regie, Dramaturgie und Inszenierung. Der Leiter des Fachbereichs Regie & Dramaturgie & Ensemble an der renommierten Folkwang Universität in Essen arbeitet seit über dreißig Jahren am Theater und bildet seit über zwanzig Jahren Schauspieler und Regisseure aus. Die Vermittlung der Grundlagen liegt ihm besonders am Herzen: „Wenn ich privat unterwegs bin, kann ich trotzdem die Theaterbrille nicht ablegen, und was man da so alles zu sehen bekommt, ist teilweise schon schlimm. Dabei handelt es sich ja um kommerzielle Veranstalter, denen durchaus nennenswerte Budgets zur Verfügung stehen“, sieht der 54-jährige Theaterwissenschaftler eindeutig Nachholbedarf in

der Professionalisierung der Veranstaltungsbranche. „Und wer das kurzfristig selbst nicht leisten kann, sollte sich einen Dienstleis-ter aus dem Theaterumfeld engagieren.“ Berührungsängste seien von beiden Seiten nicht angebracht. Nichts, was auf einer Bühne passiert, sollte beliebig oder zufällig sein. „Allein der Auftritt und Abgang eines Moderators kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Und entsprechend unterschiedlich ist die Wirkung auf das Publikum“, sagt Schmidt. „Wenn sich Politiker bei Wahl-kampfveranstaltungen durch die Zuschauermassen den Weg zur Bühne bahnen, ist das kein Zufall, das können Sie mir glauben. Aber wenn der gleiche Politiker durch Sitzplatzreihen schreitet und die Besucher sitzen bleiben, anstatt ihn abzuklatschen, haben Sie ein Regieproblem.“

Den Einwand, dass zu viel Regie und eine Überinszenierung den Raum für Spontanität und vor allem Authentizität nehme könne, lässt er nicht gelten. „Das ist ein altes Argument, das immer wieder ins Feld geführt wird. Aber Improvisation funktioniert nur in einem dramaturgischen Rahmen. Alles andere führt unweigerlich ins Chaos.“ Auch allgemeine Theaterschelte, wie sie unlängst von Daniel Kehlmann bei der Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele geäußert wurde, weist er zurück: „Das ist doch kleinbürgerlicher Quatsch. Wenn ein Autor ein Theaterstück schreibt, weiß er ganz genau, dass die Inszenierung frei in ihrer Interpretation ist.“ Der österreichische Literat hatte die modernen Inszenierungen als effekthascherisch kritisiert und insbesondere den deutschsprachigen Regisseuren Starallüren und Ignoranz gegenüber den Autoren unterstellt. „Ganz anders ist die Ausgangslage natürlich bei kommerziellen Veranstal-tungen“, ergänzt Schmidt. „Da ist bei der Inszenierung kein Raum für Interpretation, denn es geht um ganz andere Zielsetzungen.“ Ähnlich wie bei einem Kunstmaler und einem Designer kämen zwar die gleichen handwerklichen Dinge zum Tragen, der Anspruch sei jedoch ein ganz anderer. „Man sieht, ob etwas gut gemacht ist oder nicht, und vor allem, ob es funktioniert.“

Künstlerisches Talent ist Grundvoraussetzung

Die Frage nach einem Regieleitfaden für die Veranstaltungsbran-che wehrt Schmidt ab: „Das werde ich immer wieder gefragt, aber so etwas lässt sich leider nicht machen, sonst hätte ich es selbst schon skizziert. Der Lernprozess, den unsere Studenten durchlau-fen, ist keine Aneignung von Wissen. Grundvoraussetzung ist die künstlerische Begabung, also etwas, das man mitbringen muss und nicht lernen kann. Wir geben unsere Erfahrung und gewisse Fer-

„Improvisation funktioniert nur in einem dramaturgischen Rahmen. Alles andere führt unweigerlich ins Chaos.“

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Den Schauspielschülern von Hanns-Dietrich Schmidt wird im Studium viel abverlangt: Um die Zuschauer zu erreichen, ist Emotionalität und manchmal auch voller Körperein-satz gefragt.

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tigkeiten weiter. Aber wir können niemand ohne Talent zu einem Regisseur machen.“ Die Folkwang Universität nimmt im Jahr von 800 Bewerbern nur acht Schauspielschüler und im Fach Regie von 60 Bewerbern sogar nur einen oder zwei Studenten auf. Der Studi-engang Schauspiel/Regie – Artist Diploma vermittelt all das, was für den Beruf des Regisseurs erlernbar ist. Ziel ist, Absolventen umfas-send auf die Einrichtung, Einstudierung und künstlerische Leitung einer Inszenierung vorzubereiten. Das Konzept der gemeinsamen Schauspielgrundausbildung ermöglicht den Regiestudierenden dabei einen intensiven Einblick in schauspielerische Prozesse. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Ausbildung ist die Mitwirkung an Projektarbeiten und den sich daraus ergebenden ästhetischen Diskussionen. Durch die Aufnahme von nur einem oder zwei Studie-renden pro Jahr ist die Regieausbildung an der Folkwang Universität sehr individuell. „Das Studium hat auch sehr viel mit Persönlich-keitsbildung zu tun“, macht Schmidt den Unterschied zu anderen Hochschulen deutlich. Der Weg der Absolventen führe nicht mehr zwangsläufig zum Theater. „Kaum ein Berufszweig ist so geprägt von den sich stetig verändernden Realitäten im Bereich Kunst und Kultur wie der des Darstellers und des Regisseurs“, ergänzt Schmidt. „Deshalb ist uns in allen Genres der Theaterausbildung – vom Schauspiel über Performance, Revue, Kabarett, Musical bis zur Operette, Oper oder Film-, Fernseh- und Hörfunkproduktion – der Austausch mit aktueller Bühnen- und Aufführungspraxis ein wichtiges Anliegen.“ Entsprechend würden die Studiengänge eng miteinander sowie mit nationalen und internationalen Bühnen zusammenarbeiten.

Das Aufnahmeverfahren für das Studium habe sich trotz des Casting-Hypes in den letzten Jahren nicht grundlegend geändert. „Die Leute, die nur berühmt werden wollen, melden sich in Casting-

Shows an und gehen nicht den mühsamen Weg über das Theater.“ Und auch für die Prüfer sei weniger die Machtfrage interessant. „Viel spannender ist, den Moment zu erspüren, in dem ich selbst berührt werde. Vorsprechen ist ein sehr emotionaler Vorgang. Auch für uns Prüfer.“ Dabei ist das entscheidende Auswahlkriterium Talent – dazu gehören Fantasie, Sensibilität, Ausstrahlung und die Fähigkeit, eigene Emotionen auf den Zuschauer zu übertragen.

Zwölf hilfreiche Regeln

Obwohl es nach Professor Hanns-Dietrich Schmidt kein Handbuch der Regie gibt, existieren trotzdem gewisse Grundsätze und allge-meingültige Regeln des Theaterhandwerks, die für jede Art von Bühnenveranstaltung gelten. Zur Orientierung für Veranstalter konnten im Gespräch mit dem Theaterfachmann zwölf hilfreiche Regeln formuliert werden:

1. Mag sich das Handwerk auch noch so gleichen – beim Theater handelt es sich immer um einen künstlerischen Prozess. Kongresse, Tagungen und Firmenevents werden nicht um ihrer selbst willen durchgeführt, sondern haben eine klare Zielsetzung. Diese Ziele sollte man nie aus den Augen verlieren.

2. Erzählen Sie eine Geschichte und nehmen Sie die Zuschau-er mit auf eine Reise. Dazu benötigen Sie eine Grundidee und einen roten Faden, der sich durch die ganze Veranstaltung zieht. Holen Sie die Besucher dort ab, wo sie sich befinden. Folgen Sie dabei den Regeln der Logik. Bauen Sie einen Spannungsbogen auf. Nutzen Sie Humor, streuen Sie Überraschungseffekte ein und vergessen Sie auch bei wissenschaftlichen Themen die emotionalen Momente nicht.

3. Setzen Sie nicht mehr Akteure ein als nötig. Bringen Sie keine Personen ohne wirkliche Funktion auf die Bühne. Lassen Sie das Publikum wissen, wer jeder ist. Lassen Sie niemand ohne Grund auftreten und auch nicht abgehen.

4. Schaffen Sie einen Zeitrahmen, der es dem Publikum ermöglicht, sich auf das Bevorstehende einzustellen.

5. Ein durchdachtes Bühnenbild unterstützt die Handlung, ,ohne davon abzulenken. Mindestens fünfzig Prozent des Erfolges sind mit den visuellen Eindrücken verbunden. Ein gut platziertes Requisit spricht manchmal Bände und bleibt in Erinnerung.

6. Wichtige Informationen sollten immer mindestens zweimal vermittelt werden. Die Werbewirtschaft hat herausge-funden, dass erst bei sechs Kontakten ein anhaltender Erinne-rungseffekt eintritt.

7. Bei der Auswahl der Bühnenakteure können Sie natürlich nur bedingt in ein Casting einsteigen, da sich die Besetzung aus fachlichen oder unternehmensinternen Gründen oft von selbst ergibt. Trotzdem kann man die Akteure bei ihrer Bühnenprä-senz nach ihrem Auftrittstalent gewichten. In keinem Fall sollte jemand gegen sein Naturell und sein Temperament eingesetzt werden. Versuchen Sie es erst gar nicht mit übertriebener Über-redungskunst, sondern richten Sie stattdessen die „Rollen“ an den Akteuren aus.

Das Hauptgebäude der Folkwang Universität befindet sich im ehemaligen Kloster Werden in Essen. Die Ausbildungsstätte gehört zu den renommiertesten deutschspachigen Einrichtungen und hat schon viele namhafte Theater- und Filmschauspieler hervor-gebracht.

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8. Wenn man in Tagungs- und Eventlocations nach dem Licht-designer und dem Tontechniker fragt, bekommt man meistens die Antwort: „Licht und Ton machen bei uns die Haustechnik“. Doch inzwischen gibt es so viele technische Möglichkeiten, dass es rat-sam sein kann, spezielle Dienstleister hinzuzuziehen. Allerdings kann es leicht passieren, dass sich scheinbar harmlose Wünsche in gigantische Son-et-Lumière-Effekte verwandeln. Dabei geht es eben nicht darum, die Aufmerksamkeit auf Licht und Ton zu richten, sondern das Programm zu unterstützen und zu strukturieren. Die Bühnenakteure sollen gut aussehen und verstanden werden und die ganze Atmosphäre soll angenehm sein.

9. Unterschätzen Sie nie Ihr Publikum. Die vordergründige Dampfhammermethode wirkt mit der Zeit ermüdend. Eine subti-le Vorgehensweise kommt oft besser an. Die Zuschauer sehen und hören viel mehr, als man gemeinhin glaubt. Vorausgesetzt natürlich, Regie und Bühnenakteure verstehen ihr Handwerk.

10. Improvisation ist nur etwas für Profis. Erstellen Sie einen Ablaufplan. Geben Sie klare schriftliche Anweisungen. Jeder sollte zu jedem Zeitpunkt genau wissen, was er zu tun hat. Das gibt Sicher-heit und vermeidet böse Überraschungen.

11. Generalproben machen Sinn. Natürlich kann kein Kon-gress bereits im Vorfeld einmal durchgespielt werden, aber ein realer Location-Check ist unverzichtbar. Dabei sollten auf jeden Fall auch einige Schlüsselszenen simuliert werden. Erst vor Ort lassen sich die Dinge realistisch auf ihre Machbarkeit hin überprüfen.

12. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Unabhängig davon, wie erfolgreich die Veranstaltung war und ob die gesetzten Ziele erreicht wurden oder nicht, wird es Schulterklopfer und Kritiker geben. Den Abschluss einer Veranstaltung sollten Sie feiern, am besten zusam-men mit den wichtigsten Beteiligten. Danach sollte in aller Ruhe eine kritische Beurteilung in Form einer Manöverkritik stattfinden. Nur so lassen sich die entsprechenden Learnings für die nächsten Veranstaltungen ziehen.

GLOSSAR

Folkwang-Schauspieler bei der Aufführung von „Wie es euch gefällt“ von William Shakespeare.

TheaterDas Wort Theater stammt vom altgriechischen τό θέατρον (théatron) „Schaustätte, Theater“ und von θεάομαι (theaomai) „anschauen“ ab. Es ist die Bezeichnung für eine szenische Dar-stellung eines Geschehens als künstlerische Kommunikation zwischen Akteuren und dem Publikum.

Regie Die Theaterregie befasst sich zusammen mit der Dramaturgie zunächst mit dem Stück, das aufgeführt werden soll. Dann wird ein geeignetes Ensemble von Schauspielern zusammengestellt, das Bühnenbild entworfen und die Kostüme werden konzipiert. Es ist die zentrale Aufgabe der Regie, während der Proben das Stück zusammen mit den Akteuren zu erarbeiten. Zum Ende der Proben erfolgen Lichtproben, bei der die Stimmungswechsel auf der Bühne in sogenannten „Lichtständen“ festgelegt werden. Mit der Premiere ist dieser Arbeitsprozess abgeschlossen.

DramaturgieAls Dramaturgie bezeichnet man zunächst das Kompositions-prinzip und die Gestaltung eines Spannungsbogens für ein Theaterstück. Im Theaterbetrieb gehört zur Dramaturgie außer-dem die Auswahl von geeigneten Werken für den Spielplan, die Suche nach Regisseuren, die Bearbeitung von Dramentexten und die Betreuung der Probenarbeit. Neben diesen Aufgaben sind Dramaturgen meist in Entscheidungsprozesse der Theater-leitung eingebunden und stehen den Mitgliedern des Ensemb-les als Ansprechpartner zur Verfügung.

InszenierungUnter Inszenierung versteht man das Einrichten und die öffentliche Aufführung eines Werkes oder einer Sache. Oft wird die Inszenierung auch synonym mit dem Begriff Regie verwendet. Dies betrifft im engeren Sinn den Bereich der dar-stellenden Kunst. Im weiteren Sinn kann aber jede Form der bewusst eingerichteten Darstellung als Inszenierung bezeich-net werden. Das muss nicht nur ein Theaterstück, sondern kann auch eine Performance, eine Ausstellung oder eine Prä-sentation sein.

Professor Dr. Hanns-Dietrich Schmidt ist

Leiter des Fachbereichs 3 der Folkwang Uni-

versität: Regie & Dramaturgie & Ensemble. Er

studierte Theaterwissenschaften, Kunstge-

schichte und Philosophie an der Universität

Köln. Nach verschiedenen Stationen als Dra-

maturg am Schauspiel Köln, am Württember-

gischen Staatstheater Stuttgart sowie als Chefdramaturg am Schauspiel

Essen wurde er 1988 zum Professor für Dramaturgie und praktische

Theaterarbeit an die Folkwang Hochschule berufen. Neben zahlreichen

Gastdramaturgien im In- und Ausland arbeitet er seit 2002 an der Kon-

zeption der Kulturhauptstadtbewerbung mit. Seit 2003 ist er Botschafter

für die „RUHR.2010“ Kulturhauptstadt Europas auf Kongressen, inter-

nationalen Netzwerken sowie Tagungen und verantwortet seit 2007 die

internationalen Beziehungen im Team „Ruhr.2010“.

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herr heyme, Sie haben sowohl national als auch international un-zählige Inszenierungen verantwortet, von der Oper über tragödien bis hin zu komödien. Gibt es bestimmte handwerkliche aspekte der Regie, die immer gleich sind – egal wo, egal in welcher art von aufführung? Man muss eine Faszination entwickeln. Ganz gleich, ob ein oder siebzig Schauspieler auf der Bühne stehen, es muss gelingen, das Publikum davon zu überzeugen, sich mit dem Geschehen auf der Bühne auseinanderzusetzen. Die Aufführung sollte unterhaltsam sein im guten Sinne. Für mich bedeutet Unterhaltung nicht, dass man die Menschen von ihrem Eigentlichen ablenkt. Vielmehr sol-len sie durch die Kunst des Theaters ihren Unterhalt stärken – ihr geistig-seelisches Potenzial.

Ist Regie also ein erlernbares handwerk oder lernt man nur durch Erfahrung? Durch Erfahrungen lernt man – aber sogenannte Sicher-heit kann auch unbeweglich machen, eitel und dumm. Man sollte ein neues Projekt voller Angst angehen. Auf Erfahrung ist kein Ver-lass. Ich habe beispielsweise sehr viel für das Fernsehen gearbeitet – richtig erlernt habe ich das nie. Ich habe mir mein Wissen über das Tun angeeignet. Jede Arbeit muss neu, bezogen auf die Zeit, die Gesellschaft, das Publikum, den Ort etc. entwickelt werden.

Inwiefern verhindern Erfahrungen, etwas neues zu erschaffen? Wenn man sich als Regisseur weiterentwickeln möchte, darf man nicht stehen bleiben. Man darf diese Entwicklung nicht verhindern durch sogenannte Erfahrung. Wenn ich mit einer Inszenierung beginne, weiß ich nicht, wie es geht. Das ist sicherlich ein großes Risiko, weil man sich auf Menschen total einlassen muss und ihnen damit aus-geliefert sein kann. Wenn man hingegen ausschließlich auf sein Wissen und seine Erfahrung baut, ist zwar alles abgesichert, aber es kann auch nicht viel Tolles passieren.

und welche handwerklichen aspekte kann man erlernen? Viele Dinge kann man sich erarbeiten, kann man erlernen, indem man sich mit historischen Kategorien, historischen Fakten beschäftigt. Ohne ein Wissen um das Gestern werden wir keine Bausteine für eine Zukunft entwickeln können, werden wir im Heute ohne Koordinatensystem

verloren sein. Im Athener Dionysostheater trat man zum Beispiel von links auf, wenn man von der Polis, der Stadt, um die es ja stets ging, kam – der die Handlung irritierende Auftritt kam von rechts, von der Ferne, der Fremde. Im Theater gilt die linke Seite als Her-zensseite, die rechte als die des Intellekts. Die Schauspieler, die im Dionysostheater von rechts auftraten, näherten sich vom Meer, von gefährlicher Ferne, der utopischen Ferne. Die linke Seite verkör-perte das Nahe, Konkretere. Ich entscheide meist deutlich, welcher Auftritt von links und welcher von rechts erfolgen muss. Man sollte um Dinge wissen, auch wenn man ganz anders entscheidet.

Welche Wirkung möchten Sie beim publikum erzielen? Man sollte um die Darstellung von Wirklichkeiten des Heute auf der Bühne von heute bemüht sein. Diese sollten einem offenen Publikum versteh-bar sein. Nicht nur vom Denken – auch vom Fühlen. Dabei muss man sehr genau bedenken: Wer ist die Zielgruppe, für die ich zu arbeiten versuche? Was ist wichtig, notwendig hier und jetzt – im subtilen Umgang mit dem Material, mit dem Text, der Vorlage – für das Publikum, die Stadt? Die „Antigone“ des Sophokles, mein nächstes zu erarbeitendes Theaterprojekt, wird eine Aufführung, die wir in Kaiserslautern, Ludwigshafen, der Schweiz und eventu-ell bei den Festspielen in Delphi aufführen. Also jeweils ein sehr anderes Publikum. Hierorts geht es mir vor allem um ein junges Publikum. Das gilt es anhand eines grandiosen, aber alten Textes zu faszinieren. Eine schwierige Aufgabe. Im Gegensatz zu einer Musiktheater arbeit haben wir bei „Antigone“ nur den Text. Bei einer Oper gibt es Leitplanken durch die Musik – die gesungenen Texte. Das ist auch schwer, aber eben ganz anders.

Welche Mittel wählen Sie, um das publikum zu erreichen? Zunächst gilt es bei alten, fremdsprachigen Texten zu entscheiden, welche Übertragung man wählt. Bedient man sich einer Übersetzung, die versucht, dem Originaltext möglichst wörtlich, möglichst genau gerecht zu werden? Oder wählt man eine Übersetzung, die den Originaltext auf eine totale Heutigkeit reduziert? Ich meine, dass wir das Publikum langsam und dann immer intensiver an die Qua-litäten, die Wesentlichkeiten des Gestern heranzuführen haben.

Ein Interview mit Hansgünther Heyme, Intendant des Theaters im Pfalzbau„Das Wichtigste auf der Bühne ist der Mensch“

Der Regie gilt seine Leidenschaft – gleich ob Theater, Oper oder Film. Hansgünther Heyme, seit 2004 Intendant des Ludwigshafener

Theaters im Pfalzbau, ist einer der bekanntesten deutschen Theaterregisseure und hat mehr als 50 Jahre Erfahrung im Theaterbetrieb.

Kunst hat für ihn die Aufgabe, sich kritisch mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Mit seinen Inszenierungen will er das Pub-

likum zur Reflexion und zur Meinungsbildung sowie zur Diskussion anregen. So gehört Heyme mit seinen aufsehenerregenden

Inszenierungen klassischer Dramen zu den Theaterleuten, die das moderne Regietheater begründeten – eine Theaterform, bei der

Werke der Vergangenheit neu gedeutet werden. m:convisions-Redakteurin Dr. Eva Pinter wollte von Heyme wissen, wie sich die

Arbeit eines Regisseurs in der Praxis gestaltet.

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Klassischer Tragödienstoff, in-szeniert für das heutige Denken und Fühlen: Die Regiearbeit des Musiktheaters „Elektra“ von Hansgünther Heyme beschäf-tigt sich mit der griechischen Antike.

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Diese Edelsteine unserer Vergangenheit muss man natürlich für ein heutiges Publikum retten, auf unser heutiges Denken, Fühlen beziehen. Theaterarbeit in Ludwigshafen beginnt sehr früh: etwa mit der „Medienschule im Theater“, dem „Kinder-Spiel-Theater“, dem „Jugendclub Kritisches Theater“. Andere wichtige Bausteine meiner Theaterarbeit hier sind die türkisch-deutsche Festwoche und das Jahresjugendtheaterprogramm. Die Arbeit mit und in den Schulen etc. Es bedarf sehr vieler Basisarbeit, um heute mit einem Stoff wie der „Antigone“ des Sophokles an ein junges, neues Publi-kum heranzukommen.

Gute Vorbereitung ist demnach in vielerlei hinsicht von Bedeutung. doch worauf hat ein Regisseur keinen Einfluss? Wo stößt er an sei-ne Grenzen? Wenn die Proben zu einem Stück beginnen, sind alle Mitarbeiter einem schon vorliegenden Grundkonzept ausgeliefert. Trotzdem: Innerhalb dieses Korsetts sollten die Schauspieler mit größter Sprengkraft arbeiten, verändern – sich als wesentlichsten Bestandteil von Theater einbringen. Die Einmaligkeit der Kunst des Theaters liegt im Schauspieler. Theater ist live, das Gegenüber von

Menschen und Publikum. Ich fordere die Akteure heraus, mache Vorschläge, aber ab dann beginnt ihre Arbeit, ihre Emanzipation – beginnt ein gemeinsames Arbeiten. Die Grenzen kommen sehr bald – Umstände, Zeitnot, Geld. Es gibt manche nicht zu verän-dernde Vorgaben.

das heißt, die Rahmenbedingungen sind die Grenzen der Regiearbeit? Ja, die Grenzen des Etats sind meist sehr früh erreicht. Ein Stück wie Büchners „Dantons Tod“ mit sechzig Schauspielern ist in Lud-wigshafen nicht zu machen. Mehr als sechs, sieben Schauspieler packt man nicht. Und: Alles ist nur herstellbar durch Zusammen-arbeit, mit Wuppertal, Zagreb, Halle. Das sind starke Einschrän-kungen, aber es bieten sich auch große Möglichkeiten durch diese Zusammenarbeiten. Ich bin meist sehr glücklich über diese Zwänge. Beschränkungen, die die Arbeitenden in die Tiefe, in die Qualität führen, sind gute. Man muss mit diesen Grenzen umgehen können und wollen. Aber das will gelernt sein.

Welche Rolle spielen Technik und Ausstattung wie Licht oder Büh-nenbild? Das Wichtigste auf der Bühne ist der Mensch. Es muss auch ohne alles gehen. Als ich vor dreißig Jahren „Antigone“ in einer Großversion in Kalkutta erarbeitet hatte, sind wir im Anschluss in Bengalen übers Land gezogen, haben auf Dorfplätzen, auf festge-trampeltem Lehm gespielt. Eben nur die Schauspieler, das Sonnen-licht … Mit nichts, nur mit den Schauspielern – das war toll, hat funktioniert. Andererseits wäre es oft absurd, auf die Möglichkeiten der Technik zu verzichten. Man sollte nur sehr genau abwägen, wann man welche Technik einsetzt. Ich hinterfrage mich oftmals, warum zum Beispiel eine Lichtstimmung von Gelb ins Rosa wechselt. Dafür muss es eine präzise, dramaturgische Begründung geben. Es darf nie um ein bloßes Wirken gehen. Unsere Zeit ist durchsetzt von Lärm, Grellheit, von Plattitüden, von Farben – da gilt es sehr behutsam gegenzusteuern.

Welche Bedeutung messen Sie dem Ort einer theateraufführung bei? Der Ort hat für mich eine große Bedeutung. Während der Pfalzbau umgebaut wurde, waren wir mit unserem Theater zwei Jahre im Corso-Filmtheater untergebracht. Das hat Menschen verführt zu kommen, die normalerweise nicht in das sehr große Theater im Pfalzbau gehen. Die Schwellenangst war im Corso viel geringer. Teile dieses anderen Publikums haben wir nun auch im Pfalzbau. Aber nur Teile.

Beeinflusst die architektur eines theaters auch das Erleben einer theateraufführung? Durch den Umbau wurde unser Haus geöff-net, die Farbgebung, die neuen Glasfassaden wirken viel einladen-der. Natürlich könnte man, muss man noch manches verändern, verbessern. Wichtig wäre eine spezifische Ansprachemöglichkeit des wechselnden Publikums. Im Normalfall durch meine Stimme, durch die eines Kindes bei Kindervorstellungen. Ein türkisches „Herzlich willkommen“ muss in der „Festwoche Türkei“ durch die Lautsprecher hörbar sein. Sehr wichtig ist eine solche Begrüßung der Zuschauer. Ein Gong ist völlig fehl am Platz. Ein akustisches Klima ist wesentlich. Zentral finde ich auch, was in der Pause passiert. Was gibt es zu essen und zu welchem Preis? Ist das Personal freundlich? Muss auf den Rücken des Einlasspersonals „Süddeutsche Bewachung“ stehen? Wie sieht das Foyer aus? Liegen Häkeldeckchen auf den Tischen oder findet der Besucher eine Ästhetik vor, die etwas mit der Neugestaltung des Hauses durch den Architekten zu tun hat, mit unserem Heute? Wir brauchen eine Ästhetik, die sich mit dem Heute auseinandersetzt, produktiv reibt.

Es gibt gute oder schlechte kritiken, viele oder wenige Zuschauer – die Qualität von kunst lässt sich schwer evaluieren. Wie messen Sie den Erfolg einer aufführung? Ich bemesse nicht nur, was das Publikum gesagt oder die Presse geschrieben hat, sondern inwieweit wir als Gruppe in einer produktiven Konzentration angekommen sind. Welche Faszination, welche Kraft, welche Spannung vermag die Aufführung zu übertragen? Meistens ist die Premiere nicht die beste Vorstellung. Der Premiere von Goethes „Tasso“ zur Eröffnung

„Was gibt es zu essen und zu welchem Preis? Ist das Personal freundlich? Muss auf den Rücken des Einlass- personals ‚Süddeutsche Bewachung‘ stehen? Wie sieht das Foyer aus? Liegen Häkeldeckchen auf den Tischen oder findet der Besucher eine Ästhetik des Heute vor?“

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Es braucht kein aufwendiges Büh-nenbild. Hier eine Szene aus einer Aufführung des „Don Giovanni“.

Doppelte Premiere: Mit der Neuinszenierung des Schauspielklassikers „Torquato Tasso“ durch Hansgünther Heymes wurde das renovierte Theater im Pfalzbau wieder-eröffnet.

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des Hauses ging keine Probe ohne brutale Störungen voraus. Das Haus war und ist ja auch heute noch nicht fertig. Alle anderen Vor-stellungen waren weit besser und wurden immer besser. Schade, aber das war die herbe Realität eines unfertigen Hauses und dessen Eröffnung durch eine Kunst, welche in der Zeit ihrer Entstehung Ruhe und Konzentration braucht.

und wie wichtig ist Ihnen die Meinung des publikums? Natürlich beschäftigt man sich immer und ausgiebig mit der Wirkung dessen, was man macht, auf das Publikum. Als ich etwa eineinhalb Jahre in Ludwigshafen war, habe ich „Die Hose“ von Sternheim inszeniert – eine der besten deutschen Komödien, gespielt von hoch dotierten

Stars der deutschen Theater- und Fernsehlandschaft. Ich war mir sicher, dass das Stück beim hiesigen Publikum gut ankommen wür-de. Überall, wo wir später – nach den Vorstellungen im Theater im Pfalzbau spielten – in Wuppertal etwa oder in Leverkusen oder in Lahr, war Sternheims „Die Hose“ ein Riesenerfolg. In Ludwigsha-fen war es ein einziger Flop. Das Publikum der Theatergemeinde, die Abonnenten der leichten Muse haben die Aufführung in ihrer

Mehrheit nicht angenommen. Allein die Sprache Sternheims war nicht die ihre. Für mich eine schmerzliche Erfahrung.

angenommen, ein kongressorganisator würde Sie um Rat fragen, was würden Sie ihm antworten? Man könnte, müsste zunächst das ganze Beiwerk wie Licht, Hintergrund, Akustik oder das Auf- und Abtreten von den Sprechenden, letztlich alles verbessern und spezifischer konzentrieren. Man sollte mehr auf die Inhalte hinzulenken suchen. Auch die Ausstattung der Räume, die den großen Saal, das Zentrum umgeben, das Ambiente ist wichtig. Wie werden die Teilnehmer empfangen, was passiert mit ihnen, wenn sie rausgehen, und wie werden sie gepflegt im guten Sinne?

Worauf würden Sie besonders viel Wert legen? Ganz toll finde ich es, wenn die Teilnehmer, die sich viele Stunden intensiv mit einem wissenschaftlichen Thema beschäftigt haben, ihren Tag durch Kunst erweitern könnten. Zum Beispiel hatten wir im vergangenen Herbst einen großen Fachkongress über Kinder-, Jugend- und Sozialarbeit. Am Abend haben die Teilnehmer eine Theatervorstellung besucht, die das Thema inhaltlich aufgegriffen hat. Damit schafft man ein Gemeinsames, was den Pfalzbau auszeichnet. Und man käme an ein Publikum heran, das oft wenig, zu wenig mit der Kunst des Tanz- , Sprech- oder Musiktheaters zu tun hat – oder hatte. Theater kann, ist es von hoher Qualität, Leben verändern, reich machen in einem tieferen Sinn als nur dem ökonomischen.

den podcast zum artikel finden Sie im Online-Magazin www.mcon-visions.de unter dem Webcode: 121016

Hansgünther Heyme, 1935 in Bad Mergent-

heim geboren, studierte zunächst Architektur,

dann Soziologie, Germanistik und Philoso-

phie in Heidelberg. Mitte der 50er-Jahre arbei-

tete er als Assistent des berühmten Regisseurs

Erwin Piscator. Seine Karriere als Regisseur

und Schauspieler begann Heyme am Natio-

naltheater Mannheim und dem Heidelberger Theater. Heyme war unter

anderem Oberspielleiter in Wiesbaden, Schauspielintendant in Köln

sowie Schauspieldirektor in Stuttgart und Essen. 1987 erhielt Heyme

eine Professur an der Folkwang Universität Essen, wo er die Abteilung

Schauspiel und Regie leitete. Von 1990 bis 2003 war er künstlerischer

Leiter der Ruhrfestspiele in Recklinghausen, die er zu internationalem

Renommee führte. Seit Februar 2005 ist Hansgünther Heyme Intendant

des Theaters im Pfalzbau in Ludwigshafen. Er erhielt 2007 den Kunst-

preis des Landes Rheinland-Pfalz.

„Ganz toll finde ich es, wenn die Teilnehmer, die sich viele Stunden intensiv mit einem wissen- schaftlichen Thema beschäftigt haben, ihren Tag durch Kunst erweitern könnten.“

Präsentiert sich nach einem großen Umbau in moderner Ästhetik: das Theater im Pfalzbau in Ludwigshafen. Für Hansgünther Heyme, der hier seit 2005 Intendant ist, kommt auch dem Ort der Auffüh-rung eine bedeutende Rolle zu.

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Nur wer immer offen für Neues ist, kann sich als Regisseur weiterent-wickeln: Getreu dieser Maxime inszenierte Hansgünther Heyme für die Festspiele Ludwigshafen im Herbst 2008 das antike Sophokles-Stück „König Ödipus“ erstmals nur mit Schauspielerinnen.

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„Parkour“: Eine filmische Inszenierung von Sport, Freundschaft und Eifersucht

Ein Spiegel innerer

Barrieren

„Parkour“ ist ein Film über Freundschaften und über eine außergewöhnliche Trendsportart, bei der Hindernisse im urbanen Umfeld

überwunden werden. Marc Rensing erzählt die melancholische Geschichte eines jungen Mannes, der, von Ehrgeiz und Eifersucht

zerfressen, seinen Lebensfrust im Parkour-Laufen abbaut und mit aller Gewalt gegen seine inneren Dämonen ankämpft. Dabei stand

der Nachwuchsregisseur Rensing vor der Herausforderung, die Entwicklung von der scheinbaren Normalität hin zur Psychose durch

krank machende Eifersucht dramaturgisch darzustellen. Der Absolvent der Filmakademie Baden-Württemberg, der den Film in

Mannheim drehte, hat die unterschiedlichen Elemente des Drehbuchs gekonnt miteinander verwoben, ohne die Handlung des Films

in ihrer Struktur zu verwässern. m:convisions traf Rensing, der für seinen Debütfilm unter anderem von der Filmförderung Baden-

Württemberg mit dem „MFG-Star“ ausgezeichnet wurde, zum Interview.

Von Ulrich Erler

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Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ausgerechnet eine so ausgefal-lene Sportart wie parkour in den Film einzubauen? Ich wollte einen Film über die Freundschaft zwischen drei jungen Männern machen, die auf eine harte Probe gestellt wird. Um diese Freundschaft glaub-haft machen zu können, musste eine gemeinsame Leidenschaft her, die zusammenschweißt. Dann stieß ich auf das Parkour-Laufen, und mir war sofort klar, dass sich diese Sportart bestens für meine Geschichte eignet. Vor allem natürlich, weil es immer darum geht, scheinbar unüberwindbare Barrieren zu überwinden, sowohl äußer-lich als auch im Geiste.

Was ist Richie, der hauptdarsteller, für eine Figur? Ein energischer Gerüstbauer, Traceur (Parkour-Läufer) und Freund, der sich psy-chisch wie physisch zu sehr herausfordert. Er ist impulsiv, voller Tatendrang und Energie. Dies spiegelt sich auch in seinem großen Hobby wider, dem Parkour. Seine hübsche Freundin Hannah liebt

er über alles und die Vorstellung von einem gemeinsamen Leben mit ihr hat oberste Priorität, auch wenn er sich neben ihr immer ein wenig ungebildet vorkommt. Von Hannah und auch von seinen Kumpels und Angestellten wird dem selbstständigen Gerüstbauer nicht zuletzt aufgrund seiner Loyalität und seiner Fähigkeit, die wichtigen Dinge im Leben anzupacken, viel Sympathie entgegen-gebracht. Trotzdem will er sich im Leben immer etwas beweisen. Ein ausgeprägter Drang, der ihm am Ende zum Verhängnis wird: Seine wachsende Eifersucht treibt ihn immer mehr in einen unberechen-baren Zustand. Ihm droht der gefürchtete Kontrollverlust.

„parkour“ kommt äußerst kraftvoll rüber und strahlt viel Energie aus. Mit welchen Mitteln haben Sie das erreicht und wie haben Sie den Spannungsbogen inszeniert? Die Spannung ergibt sich aus der relativ großen Fallhöhe, die der Hauptdarsteller im Film vollzieht. Ansons-ten hängt natürlich sehr viel vom Drehbuch ab, das ich zusammen mit Rüdiger Heinze geschrieben habe. Die Perspektiven und Schnitte sind auch sehr wichtig. An der Stelle muss unbedingt auch unsere Kamerafrau Ulle Hadding erwähnt werden. Die restlichen Einfluss-faktoren sind Sprache, Kostüme und Locations.

das ganze umfeld wirkt ja nicht sehr lebensfreundlich: Baustellen, Industriebrachen, Mietskasernen ... Ziel war es, die Hauptfigur Richie so weit wie möglich aus ihrem gesellschaftlichen Kontext herauszulösen, um sie dadurch zu etwas Besonderem zu machen. Wir haben ihm eine eigene Umgebung gegeben, die speziell auf ihn zugeschnitten ist. Diese Orte sollten im weiteren Verlauf des Films auch etwas Bedrohliches haben und so die Vorgänge, die in seinem Kopf stattfinden, spiegeln.

Welche Rolle hat die urbane architektur in Bezug zum parkour-Sport und zum langsamen austicken von Richie gespielt? Die Betonästhetik der 1960er- und 1970er-Jahre eignet sich generell gut für den Parkour-Sport. Besonders reizvoll wird es immer dort, wo verschachtelte Strukturen auf mehrere Ebenen treffen und das Ganze möglichst weitläufig angelegt ist. Für Richie ist das ein Rückzugsraum, wo er sich gehen lassen kann. Das gelingt ihm in seinem normalen Umfeld nicht. Für diese privaten, intensiven Szenen benutzen wir als Stil-mittel eben die Architektur. Wie gesagt, gibt es dann später im Film auch zunehmend Szenen, in denen die Gebäude etwas Bedrohliches ausstrahlen, wie die verlassene Schule, der Freifallturm oder die gekachelte Zelle. Da hilft uns die Architektur, die Isolierung von Richie deutlich zu machen. Daneben hat die Architektur aber auch die Funktion, das Bild des Überwindens von Hindernissen, Barri-eren und Begrenzungen zu transportieren. Am Anfang des Filmes

„Es geht immer darum, unüberwind-bare Barrieren zu überwinden, sowohl äußerlich als auch im Geiste.“

Constantin von Jascheroff, Christoph Letkowski und Marlon Kittel (von links) als Sportfreunde Paule, Richie und Nonne beim Parkour-Training

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schafft das Richie ja gut. Am Ende sperren die gleichen Dinge ihn ein und er findet sich nicht mehr in seiner Welt zurecht.

Was war die größte herausforderung bei der filmischen umsetzung des drehbuchs? Die doch sehr verschiedenartigen Elemente des Buches mussten gekonnt miteinander verwoben werden, ohne dass der Film auseinanderfällt. Eine Geschichte über krank machende Eifersucht, die in einer Psychose endet, mit dem Freiheitsgefühl einer Sportart wie Parkour zu verbinden, war teilweise schwie-rig, aber gerade auch der Reiz des Buches. Es musste auch ständig der Verlockung widerstanden werden, einen reinen Sportfilm zu machen. Das Drehbuch hat aber mit seinen thrillerhaften Zügen und den enormen Tempiwechseln eine enorme Anziehungskraft auf mich ausgeübt, sodass es mir leicht fiel, mich da immer wieder hineinzusteigern. Ein weiterer elementarer Teil der Arbeit war es, die Bögen der einzelnen Charaktere so glaubhaft und so intensiv wie möglich auszuarbeiten, weil gerade dieser allmähliche, unaufhalt-bare Zerfall aller Strukturen so wichtig für die packende, soghafte Wirkung der Geschichte ist.

herr Rensing, welche aufgaben hat ein Regisseur am Set? Natürlich ist der Regisseur dafür verantwortlich, dass das Drehbuch entspre-chend umgesetzt und der Film zügig abgedreht wird, schon allein

aus Budgetgründen. Aber ganz wichtig ist es auch, aus den Schau-spielern das Beste herauszuholen, das unterscheidet sich wenig vom Theater. Wenn am Set eine konzentrierte gute Stimmung herrscht, lässt sich das am Film ablesen.

Marc Rensing, 1974 geboren, absolvierte ein

Regiestudium an der Ludwigsburger Film-

akademie Baden-Württemberg im Bereich

Szenischer Film. Mit seinen Kurzfilmen

wie „Die Schallmauer“ (1996), „Willkommen

in Walhalla“ (2001) sowie „Alles in Ordnung“

(2004) war er immer wieder auf Festivals wie

den Hofer Filmtagen, dem Filmfest Münster oder den „Sehsüchten“ in

Potsdam vertreten, wo seine Werke darüber hinaus mit diversen Preisen

ausgezeichnet wurden. Seit 2005 arbeitet er als freier Regisseur und

Autor. Mit dem 2009 in Hof mit dem Eastman-Kodak Förderpreis sowie

in Baden-Baden mit dem „MFG-Star“ ausgezeichneten Film „Parkour“

lieferte Marc Rensing sein Spielfilmdebüt ab.

Mit Unterstützung der Regiearbeit von Marc Rensing verkörpern Christoph Letkowski und Nora von Waldstätten authentisch das Liebespaar Richie und Hannah.

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Drei Experten über ihre Leidenschaft für die richtige BeleuchtungSie setzen alles ins rechte Licht

Licht ist ihr Beruf: Lichtdesigner und -künstler befassen sich täglich mit dem Wechselspiel von hell und dunkel, mit der Wirkung

von sanften und grellen Leuchtmitteln und mit der richtigen Positionierung von kleinen Spots und großen Schweinwerfern.

Drei Experten, die sich mit Leidenschaft dem Thema Licht verschrieben haben, berichten über ihre persönliche Beziehung zu

diesem Medium.

Ohne Helligkeit wäre unser Leben undenkbar. Erst Licht ermög-licht Leben. Künstliches Licht, angefangen mit der Entdeckung des Feuers bis hin zur Erfindung des elektrischen Lichts, ist zentral für die Entwicklung der menschlichen Kultur. Architekten wissen um den hohen Stellenwert, den Licht für unser Wohlbefinden hat, und beziehen das Medium gezielt in ihre Planungen mit ein. Mit der richtigen Beleuchtung lassen sich Akzente setzen, Stimmungen erzeugen und unsere Leistungs- und Aufnahmefähigkeit steigern. Eine schlechte Beleuchtung kann genau das Gegenteil bewirken. Dabei nehmen wir Licht in zweierlei Hinsicht wahr: Zum einen sehen wir seinen hellen Schein, der erst im Kontrast zur Dunkelheit seine volle Strahlkraft entfaltet, zum anderen setzt Licht immer auch etwas in Szene. Es beleuchtet beispielsweise ein Objekt, das dadurch erst wahrgenommen wird. In der Philosophie ist Licht deshalb das Sinnbild für Erkenntnis und Wissen.

Neben der Architektur spielt der gezielte Einsatz von künstli-chem Licht heute vor allem in der Kunst, im Theater und bei Events eine tragende Rolle. Nachdem die Maler des Barocks das Wechsel-spiel von Licht und Schatten thematisiert und die Impressionisten versucht hatten, das natürliche Licht in ihren Bildern einzufangen, entwickelte sich im 20. Jahrhundert in der Auseinandersetzung mit künstlichem Licht die Lichtkunst als eigene Kunstgattung. Die Künstler verwenden Licht dabei als ein Medium, einen Werkstoff. Die unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, möchte Matthias Wagner K auf der ersten Biennale für internationale Lichtkunst präsentieren. Für den Kurator ist Licht ideal, um sich kritisch mit zeitgenössischen Phänomenen ausein-anderzusetzen.

Während in Kunst und Architektur die Illumination von Objek-ten im Vordergrund steht, geht es Lichtdesignern am Theater und bei Events vor allem darum, eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen. Reinhard Traub, Lichtdesigner an der Staatsoper Stuttgart, kommt es bei seiner Arbeit in erster Linie darauf an, die Stimmung eines Bühnenstücks zu unterstützen. So kann Theaterlicht Handlungsräu-me skizzieren und das Verhältnis zwischen Akteuren und Publikum sowie das der Zuschauer untereinander bestimmen. Diese Verbin-dungsfunktion von Licht steht für den freiberuflichen Lichtdesigner Timo S. Graf im Blickpunkt. Beispielsweise könne das Licht von der Bühne auf den Raum ausgedehnt und damit das Publikum integriert werden. Angesichts seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und Wirkungen ist das Medium für Lichtexperten deshalb eines der zentralen Elemente bei Veranstaltungen aller Art. (epi)

Matthias Wagner K, Kurator für Lichtkunst Licht als Ursprung und Spiegel der menschlichen Kultur

Matthias Wagner K kuratiert die weltweit erste Biennale für internationale Lichtkunst, die noch bis zum 27. Mai in verschiedenen Städten und Gemeinden des Ruhrgebiets zu sehen ist und im Rahmen der Kulturhaupt-stadt Ruhr.2010 stattfindet. Für den freien Kurator mit den Schwerpunkten Licht(kunst) sowie isländische Kunst und Kultur ist die Kulturgeschichte des Menschen vor allem

eine Geschichte des Lichts. Die ersten Menschen konnten nur bei Tageslicht ihre Tätigkeiten verrichten. Dunkelheit war ein Hinder-nis für menschliche Erkenntnis, Kultur und Wissenschaft. „Erst mit

der Handhabung des Feuers brachte der Mensch Licht in die Finster-nis und schuf damit den Ursprung seiner Kulturen“, sagt Wagner K. Diese essenzielle Bedeutung fasziniert ihn am immateriellen Medium Licht und macht es zum idealen Werkstoff für Künstler. So hat Licht entsprechend der technischen Entwicklung in Form von Glühlampen, Neon- und Leuchtstofflampen bis hin zur Leuchtdiode Eingang in die künstlerische Produktion gefunden.

Begonnen hat der Siegeszug der Lichtkunst für Wagner K mit einer Vorstellung der amerikanischen Tänzerin Loïe Fuller im Pari-ser Varieté Folies Bergère 1892: Eingehüllt in einen überdimensio-nierten weißen Umhang aus Crêpe de Chine – den Bewegungsradius der Arme mit Aluminiumstäben bis in den Stoff hinein verlän-gert und von im Bühnenboden eingelassenen Lichtbogenlampen beschienen –, zeigte sich dem Publikum ein sich transformierendes, beleuchtetes Gebilde. „Stoff und Körper wurden zur autonomen Lichtskulptur“, erklärt Wagner K. Heute fungiert Licht in der Kunst als Spiegel der jeweiligen kulturellen Entwicklung. „Licht ist ein Medium, mit dem sich individuelle und gesellschaftliche Prozesse reflektieren lassen“, erklärt Wagner K. Gerade die inhaltliche und

„Licht ist ein Medium, mit dem sich gesellschaftliche Prozesse reflektieren lassen.“

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Gemäß dem Titel der ersten Bien-nale für internationale Lichtkunst „Open light in private spaces“ inszenierte der französische Künst-ler François Morellet sein Werk „Lamentable“ in der Scheune der Familie Middendorf in Bergkamen.

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vor allem kritische Auseinandersetzung mit den Phänomenen und Problemen der Gegenwart unterscheidet Lichtkunst von der reinen Illumination und Lichtgestaltung. „Lichtkunst ist eine Kunst, die sich der technischen Möglichkeiten von Licht bedient, um ihre eige-ne Erlebniskraft zu erweitern, die Räume und Orte für Erinnerung, Geschichte, für Widerstand und Poesie schafft“, betont Wagner K.

Die von ihm kuratierte Biennale mit herausragenden Wer-ken international renommierter Künstlerinnen und Künstler wie James Turrell, Jenny Holzer, Christian Boltanski oder Olafur Eliasson erlaubt einen Blick auf die heutige Lebens-, Arbeits- und Wohnkultur im östlichen Ruhrgebiet. Wie der Titel der Biennale „Open light in private spaces“ nahelegt, wurden nicht Museen oder Galerien, sondern 60 Privaträume als Ausstellungsorte gewählt. Sie reichen vom typischen Bergarbeiterquartier bis zum Gartenhaus, vom Einfamilienhaus bis hin zur Gründerzeitvilla. „Die Biennale lädt ein zum Dialog mit den Menschen in einer vom strukturellen Wandel geprägten Region. Sie eröffnet Denk- und Erfahrungsräu-me, in denen das Verständnis und der Umgang mit Lichtkunst, Öffentlichkeit und Privatheit bis ins Fundament berührt werden“, unterstreicht Wagner K. (sah)

Reinhard Traub, Lichtdesigner am Theater Beleuchtung als Mittel der Inszenierung

„Licht darf nicht auffallen. Licht muss der Präsentationsteller für das Bühnenbild sein“, so die Maxime von Reinhard Traub, Lichtdesigner an der Staatsoper Stuttgart. Von Lasershows bekommt er Kopfschmerzen und bei Nebelattacken und Blitzlichtgewit-tern in Wahlkampfveranstaltungen wendet er sich mit Grausen ab. Für einen der füh-renden „Lichtler“ ist weniger in der Regel

mehr. Entscheidend aber ist für ihn das Konzept. Im sogenannten Lichtplan – ähnlich wie im Plan eines Architekten – wird in Abstim-mung mit dem Bühnenprogramm jede einzelne Leuchte Teil eines Gesamtsystems.

Regieansagen wie „Bitte ein Seitenlicht, das nicht von der Sei-te kommt“ oder „Sizilien, Sonntagnachmittag, 1943“ sind für den 47-jährigen Österreicher nichts Ungewöhnliches: „Damit ich die-se Vorgaben übersetzen kann, muss ich den Regisseur, das Stück und die Inszenierung sehr gut kennen und mich intensiv damit auseinandergesetzt haben.“ Dabei sind die Anforderungen ganz unterschiedlich. Bei einer Brecht’schen Inszenierung ist beispiels-weise ein ganz unspektakuläres hartes, helles Licht mit möglichst wenig Schatten ohne jegliche Ablenkung gefragt. Wenn aber in einer Oper Weltuntergangsstimmung herrschen soll, wirft auch Traub die Nebelmaschine an. „In der Regel ist zwar weniger mehr, aber Licht kann durchaus auch zu einem Teil der Handlung werden“, erklärt der Beleuchtungsexperte. „Früher gab es noch keine Lichtdesigner,

da war der Beleuchter der Wurmfortsatz des Bühnenbildners“, so Traub, der seit 2001 auch Lichtdesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart unterrichtet. Doch inzwischen hat sich auch im deutschsprachigen Raum durchgesetzt, was im Rest der Welt schon lange üblich ist, nämlich Lichtdesign als eigen-

ständige Disziplin in die Inszenierung mit einzubeziehen. „Mithilfe der Technik kann ich einem Raum bis zu 50 Meter Tiefenwirkung verleihen, obwohl er nur zehn Meter tief ist. Und mit Lichtprojekti-onen lassen sich Formen erzeugen, die scheinbar Masse und Gewicht haben – die perfekte Illusion.“

Traub schaut aber auch über den Tellerrand des Theaters hinaus: „Leider muss ich hier feststellen, dass professionellem Lichtdesign wenig Wertschätzung entgegengebracht wird.“ Veranstaltern rät er, das Thema Licht nicht zu stiefmütterlich zu behandeln. So sei-en grundsätzlich zwei Extreme zu vermeiden: „Der Hausmeister leuchtet die Bühne so diffus aus, dass die Akteure kaum zu erkennen sind, oder ein Technikfreak bringt alles zum Einsatz, was die Trick-kiste zu bieten hat, und lenkt damit vom Eigentlichen ab“, macht Traub deutlich. Für Events würde teilweise so viel Geld in die Hand genommen, dass nicht nachvollziehbar sei, warum Veranstalter an der Beleuchtung sparen und damit das Risiko eingehen, dass es ein Misserfolg wird. Mit schlechtem Licht könne schließlich eine ganze Produktion zerstört werden. (ue)

Timo S. Graf, Lichtdesigner bei VeranstaltungenLicht als Bindeglied zwischen Raum und Publikum

Timo S. Graf ist freiberuflicher Lichtdesigner aus Leidenschaft: Schon als Jugendlicher fas-zinierte ihn die Lichttechnik bei Konzerten. Später übernahm er die Beleuchtung für befreundete Bands und studierte in Berlin Veranstaltungstechnik. 15 Jahre Berufser-fahrung später gestaltet er heute mit seiner Agentur „Timo S. Graf lighting design“ das Lichtdesign für Shows, Firmenevents, TV-

Veranstaltungen und Architektur, darunter beispielsweise After-Show-Events für „Wetten, dass ...“, die Verleihung des Deutschen Filmpreises 2009 oder Bertelsmann Managementkongresse.

Licht sieht er als festen Bestandteil einer gelungenen Inszenie-rung, vor allem als verbindendes Element. Dehne man das Licht von der Bühne auf den Raum aus, habe das Publikum das Gefühl, Teil der Inszenierung zu sein und nicht nur zuzuschauen. „Damit ist Licht viel mehr als ein dekoratives Gestaltungselement, obwohl es das natürlich auch ist“, so Graf. Doch das ist längst nicht alles:

„Früher war der Beleuchter der Wurmfortsatz des Bühnenbildners.“

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Szenen aus der Neuinszenie-rung des „Parsifal“ durch den Regisseur Calixto Beito an der Staatsoper Stuttgart: Licht-design von Reinhard Traub ist wichtiger Bestandteil der opulenten Aufführung.

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Durch die Lichtführung lässt der Lichtdesigner einzelne Elemente in den Vordergrund treten oder in den Hintergrund rücken – kurz: Mithilfe von Licht vermag er die Aufmerksamkeit des Publikums zu lenken. Verschiedene Farben erzeugen zusätzlich unterschiedliche Emotionen und Stimmungen, die die Inszenierung sinnlich erlebbar machen. „Möchte ich eine ruhige Stimmung erzeugen, eignen sich tiefe Blautöne hervorragend. Ist auf der Bühne gerade eine Samba-performance im Gang, passt Licht in Gelb, Orange oder Rot natürlich sehr viel besser. Gleichzeitig kann das Licht auch den Rhythmus der Musik unterstützen“, erläutert Graf die Grundlagen seiner Arbeit. Farbiges Licht könne auch bei Firmenevents hervorragend eingesetzt werden. Leuchte man den Veranstaltungsraum in den Firmenfar-

ben aus, könne man zum Beispiel das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Firmenmitgliedern enorm stärken.

Bekommt Graf den Auftrag, ein Event auszuleuchten, macht er zunächst einen Besuch vor Ort, um die Location zu sichten und die Wünsche des Kunden zu erfragen. Danach zeichnet er einen detail-lierten Lichtplan, der die Platzierung, Bewegung, Intensität und Far-be jedes Scheinwerfers enthält und die Einzigartigkeit eines Events hervorhebt. Dabei ist natürlich nicht nur der künstlerische, sondern auch der technische Aspekt wichtig, also beispielsweise Raumhöhe und -größe. Überhaupt sieht Graf seinen Beruf als eine Mischung aus einer künstlerischen und einer technischen Komponente. „Natür-lich muss ich technisches Know-how haben und wissen, was die Leuchten, mit denen ich arbeite, können. Kreativität spielt aber mindestens eine ebenso große Rolle. Wenn ich eine bestimmte Musik höre, muss ich mir vorstellen können, wie man den Rhythmus visu-ell umsetzen kann“, so der Lichtdesigner. Am liebsten betreut Graf kreative Projekte mit einem ausgeprägten Inszenierungscharakter: „Der schönste Moment an meiner Arbeit ist es, wenn ich merke, dass der Funke auf das Publikum überspringt.“ (sah)

„Licht ist viel mehr als ein dekoratives Gestaltungsmoment, es vermag die Aufmerksamkeit des Publikums zu lenken.“

Licht ist für Timo Graf nicht nur ein dekoratives Gestaltungselement, sondern auch Inszenierung selbst – das zeigt beispielsweise seine Arbeit im Museum für Post und Kommunikation in Berlin.

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Bei der Inszenierung von Bühnenshows wie des Konzerts von Shania Twain im Dallas Stadium in Texas wird die Auf-merksamkeit des Publikums durch Licht gelenkt und werden die Zuschauer in das Event eingebunden.

Auch Licht kann die Corporate Identity eines Unternehmens stärken – so wie hier beim Messeauftritt der Telekom auf der CeBit 2010.

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Schauspielerin Adele Landauer hilft bei der SelbstinszenierungPersönlichkeit schlägt Power-Point Von Ulrich Erler

Kompetenz und Fachwissen allein genügen heute nicht mehr, um erfolgreich zu sein. Egal ob in der Politik, in der Wirtschaft oder

in der Wissenschaft, die Selbstdarstellung – auf Neudeutsch „Performance“ – wird immer wichtiger. Besonders deutlich wird das bei

öffentlichen Auftritten wie bei Kongressen, Tagungen und Events. Aber auch bei internen Präsentationen gilt es, mit Persönlichkeit

zu begeistern. Schauspielerin Adele Landauer nutzt ihre Bühnenerfahrung, um Führungskräften zu mehr Präsenz zu verhelfen.

Während der eine Referent selbst als zwanzigster Keynote-Speaker mit einem positiven, schwungvollen Vortrag glänzt und seine Zuhö-rer durch seine Präsenz in den Bann zieht, kann es passieren, dass bereits beim Eröffnungsredner das Auditorium die Aufmerksamkeit verliert. Auch bei Moderationen gibt es himmelweite Unterschiede. Bei so manchem Conférencier wirken die Überleitungen schlicht auswendig gelernt und die Gesten austauschbar. Andere hingegen verstehen es, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, in der sich jeder Gast persönlich willkommen fühlt. Dabei muss man gar nicht gleich an die Bühne und den großen Auftritt denken. Fach- und Führungskräfte müssen heute mehr denn je überzeugen und moti-vieren. Sei es bei einem Kundenmeeting, einem Workshop oder einer Abteilungsbesprechung. Und auch für Mitarbeiter, die nicht so sehr im Vordergrund stehen, ist ein offenes, selbstbewusstes Auftreten unabdingbar. „Nehmen wir eine Sekretärin. Sie ist die gute Seele des Hauses“, stellt Adele Landauer, die bekannte Theater- und TV-Schauspielerin fest. „Ihre Stimme und ihre Ausstrahlung, mit der sie den Kunden begegnet, ist die Visitenkarte des Unternehmens und der erste Eindruck, für den es keine zweite Chance gibt.“

Charisma ist erlernbar

Nun könnte man sagen: Der eine hat’s, der andere eben nicht. Ade-le Landauer ist da anderer Meinung. Ihr Motto lautet: „Charisma ist erlernbar“. ManageActing® nennt sie die von ihr entwickelte Methode, mit professionellem Auftritt eine überzeugende, präsente Wirkung zu erzielen: „Jeder, der Erfolg haben will, muss nicht nur inhaltlich, sondern durch sein gesamtes charismatisches Auftreten, durch präsente Körpersprache, sympathische Mimik und angeneh-me Stimme überzeugen.“ So seien die Ausstrahlung und die Wirkung auf andere maßgeblich dafür verantwortlich, ob Verhandlungen von Erfolg gekrönt sind. Belegt werde das durch die häufig zitierte Studie des amerikanischen Psychologen Albert Mehrabian, der zufol-ge 55 Prozent der Wirkung eines Menschen auf die Körpersprache (Gestik, Mimik, Stand, Gang) entfallen, 38 Prozent auf die Stimme (Stimmsitz, Artikulation, Timbre) und nur 7 Prozent auf den Inhalt einer Rede. 93 Prozent der Wirkung würden also auf nonverbalen Signalen beruhen. Ist der fachliche Inhalt also völlig unwichtig? „Keineswegs“, so Landauer: „Damit würde man die Studie komplett falsch interpretieren. Der Inhalt ist extrem wichtig. Im Grunde ist es wie bei der Schauspielerei. Der Text ist die Basis, den muss ich

kennen. Wenn ich aber auf der Bühne stehe, geht es darum, mit welchen körpersprachlichen und stimmlichen Mitteln ich den Text dem Publikum darbiete und die darzustellende Rolle ausfülle. Und genau das wird von vielen Rednern vernachlässigt.“

Praktische schauspielerische Übungen

Bei den Seminaren von Adele Landauer steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Denn kein Unternehmen kaufe und verkaufe – es seien immer Menschen, die agieren. Beim Training geht es dann hauptsäch-lich um praktische schauspielerische Übungen: Gruppenarbeit mit Präsentation, individuelle Einzelarbeit und Rollenspiele. „Nach dem Coaching sollen die Teilnehmer in der Lage sein, jeden Anwesenden im Raum mit Herz und Humor zu überzeugen und auch in Krisensituatio-nen ruhig und gelassen zu bleiben. Sie sollen ihre Mitmenschen faszi-nieren – mit einer authentischen, zu ihnen passenden Körpersprache, einer angenehmen Stimme, sauberen Artikulation und kraftvollen Intonation“, fasst Landauer ihre Seminarziele zusammen.

Dabei geht es vordergründig gar nicht darum, sich bestimmte rhetori-sche Tricks und Kniffs anzueignen: „Ich setze nicht auf einstudierte Gesten, das wirkt unglaubwürdig und wäre nicht authentisch. Viel-mehr zeige ich, wie mit der Stimme und der Körpersprache unter-schiedliche Wirkungen erzielt werden können. Auch was Gesten und Mimik bewirken.“ Besonders wichtig ist für die Schauspielerin das richtige Gefühl für die Situation. „Stellen Sie sich einfach vor, dass Sie jeden Einzelnen im Raum persönlich abholen und im Inneren erreichen wollen. Das funktioniert im großen und im kleinen Rah-men.“ Dabei misst sie dem Blickkontakt besonders viel Bedeutung zu: „Sympathie entsteht über die Augen. Tragen Sie den Kopf aufrecht und die Schultern locker. Das signalisiert, dass Sie offen und bereit für Informationen sind.“ Allerdings kommt bei einem Vortrag gerade bei Ungeübten eine gewisse Grundnervosität auf. Da fällt es schwer, auf diese ganzen Dinge zu achten, und es besteht die Gefahr, zu ver-krampfen oder den Inhalt zu vergessen. „Natürlich fällt kein Meister vom Himmel. Wenn wir eine neue Sprache oder Sportart lernen,

„Nur wer selbst brennt, kann andere entzünden.“

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müssen wir auch trainieren und die theoretischen Erkenntnisse immer wieder praktisch anwenden. Aber meine Seminarteilnehmer merken schnell, wie sich ihre Präsenz erhöht, wenn ihre Aufmerk-samkeit nicht nur auf ihren Inhalt gerichtet ist, sondern auch auf ihren Körper, die Gesten und auf das Gegenüber, das Publikum.“

Power-Pont-Präsentationen zurückhaltend einsetzen

Kaum ein Vortrag oder eine Präsentation kommt heute noch ohne Power-Point aus. Und gerade davon hält Landauer nicht viel: „Eine Power-Point-Präsentation soll das, was gesagt wird, optisch unter-stützen. Aber viele Redner machen den Fehler, das, was auf den Charts steht, noch mal vorzulesen, anstatt eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen, die ihnen zuhören. Solch ein Vortrag wirkt leblos und transportiert keinerlei Emotionen. Wer aber mit seinem Vortrag begeistern will, darf sein Publikum keine Sekunde langwei-len. Für mich gilt immer noch der alte rhetorische Grundsatz: Nur wer selbst brennt, kann andere entzünden.“ Dabei lehnt die Kom-munikationsfachfrau die Unterstützung des Computerprogramms nicht gänzlich ab. „Lassen Sie die vielen detaillierten Schaubilder weg und vertrauen Sie auf Ihre eigene Wirkung. Nehmen Sie nur noch ganz wenige Charts und erläutern Sie die wichtigsten Punkte frei sprechend. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht immer der Präsentierende. Wenn Sie sich dem stellen, werden Sie Ihren Kun-

den und Kollegen wesentlich länger in Erinnerung bleiben als mit vielem technischem und multimedialem Schnickschnack.“

den podcast zum artikel finden Sie im Online-Magazin www.mcon-visions.de unter dem Webcode: 121032

Adele Landauer, 1960 in Neubrandenburg

geboren, absolvierte die Hochschule für Schau-

spielkunst „Ernst Busch“ in Ostberlin. Als

Schauspielerin steht sie seit 25 Jahren auf der

Bühne, unter anderem in Rollen wie Maria

Stuart, Iphigenie und Lady Macbeth. Fern-

sehzuschauern ist sie aus Serien wie „Unser

Charly“, „Ein Fall für zwei” oder „Der Landarzt“ bekannt. Mit der von ihr

entwickelten Methode ManageActing® trainiert die Kommunikations-

und Schauspieltrainerin seit über 13 Jahren Menschen aller Berufsgrup-

pen wie Unternehmer, Politiker, Ärzte oder Verkäufer. In ihrem neuen,

in englischer Sprache erschienenen Buch „Experience Total Freedom“

beschreibt sie in einem Sechs-Schritte-Modell, wie man seine inneren

Mauern einreißen und eigene Beschränkungen überwinden kann.

Mimik und Gestik sind für Adele Landauer wichtige Faktoren, um das Publikum zu erreichen. Dem Blickkontakt misst sie besonders viel Bedeutung zu.

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Ein Gespräch mit Linguistikprofessor Dr. Peter Schlobinski über Kommunikation im InternetSprechen wir bald alle Cyberslang?Von Dr. Eva Pinter

Die Menschheit kommuniziert inzwischen in Rekordgeschwindigkeit – wir mailen, chatten, bloggen und twittern. Dabei hacken

wir unsere Gedanken in Echtzeit in die Tastatur, mit vielen Fehlern, Abkürzungen und seltsamen Zeichen. Droht uns deshalb ein

Sprachverfall durch Cyberslang? Peter Schlobinski, Professor für Germanistische Linguistik an der Leibniz Universität Hannover, gibt

Entwarnung. Zwar lassen sich Veränderungen ausmachen, doch seien diese bei Weitem nicht so gravierend.

Das Internet stellt in der Geschichte der Medien eine Zäsur dar: Vergleichbar der durch den Buchdruck initiierten Gutenberg-revolution, löste es eine digitale Revolution aus, die die modernen Industriegesellschaften radikal verändert. „Auch über die Auswir-kungen der digitalen Revolution auf Sprachgemeinschaften wird viel spekuliert“, sagt der Sprachforscher Schlobinski, der seit 1997 zu diesem Thema forscht. Denn Sprache ist – trotz des Trends zu immer mehr Bildern und Podcasts im Netz – das zentrale Mittel zur Kommunikation. Die Inszenierung des eigenen „Ich“ im Web findet über Sprache statt. Wer im Internet agiert und sich präsentiert, ob auf einer Homepage, im E-Mail-Verkehr oder im Blog, bedient sich vor allem der Sprache in Schriftform.

Der Mythos von der Cybersprache

Von Netzsprache, Onlinesprache oder Cyberslang ist beispiels-weise die Rede, von einem unverständlichen Kauderwelsch aus Zeichenketten, Hackerjargon und Comicslang. Dies sei jedoch ein weitverbreiteter Mythos, so Schlobinski. „Im Internet gibt es keine einheitliche, homogene Sprache, sondern verschiede-ne Kommunikationsformen und sprachliche Varianten.“ Dabei unterscheidet er zwischen direkten Kommunikationsformen wie E-Mail-Kommunikation, Diskussionsgruppen oder Chatkom-munikation sowie der indirekten Form der Mensch-Maschine-Kommunikation, etwa dem Abrufen einer Datenbank, einer

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Bibliotheksrecherche oder dem Kommunizieren mit einem Lingubot.

In all diesen Kommunikationsformen gibt es unzählige sprach-liche Varianten, vom klassischen Brieftext bis zum Telegrammstil, von der Tageszeitung im Netz bis hin zum Fanzine-Stil – Schrift in Kombination mit Bildern, Buttons und Bannern, Tondateien und Videosequenzen. „Im Cyberspace finden wir eine ebensolche sprachliche Variation wie in der ‚realen‘ Welt“, betont Schlobinski. Parameter wie Bildung oder Sozialisation bestimmen den Sprachstil

im Netz genauso wie im wirklichen Leben. Wie Untersuchungen gezeigt haben, bleiben die syntaktischen Strukturen relativ stabil. So ist beispielsweise die Sprache in der E-Mail-Kommunikation konventionell. Daher erscheint es Schlobinski nicht sinnvoll, von einer eigenen „Internetsprache“ zu reden. Dennoch hat der Wis-senschaftler einige charakteristische Eigenheiten der Sprache im Internet, die sich vor allem beim Chatten niederschlagen, ausge-macht. Beispielsweise spielt Sprachökonomie eine große Rolle. So beschleunigt die Kleinschreibung das Tippen. Es sind zahlreiche spezifische Abkürzungen entstanden wie LG für „Liebe Grüße“ oder LOL für „laughing out loud“ sowie umgangssprachliche Formen wie „hab“ für „ich habe“. Auch das Einfügen von „Emoticons“ – eine Kreuzung aus den englischen Wörtern „emotion“ und „icon“ – ist ein neues Stilmittel. Am häufigsten genutzt werden Smileys, wobei noch weitere Hunderte von mehr oder weniger bekannten Zeichen-folgen existieren. Eine andere Besonderheit sind Inflektive, die vorwiegend in Chats Verwendung finden. Es handelt sich dabei um Ausdrücke wie „*freu*“, deren Ursprung Schlobinski in der Comicsprache sieht.

Die auffälligste Veränderung ist die hohe Zahl an Rechtschreib-fehlern. Sie ist auf die Beschaffenheit des Mediums und auf die Geschwindigkeit, mit der auf einer Tastatur geschrieben wird, zurückzuführen. Bei Menschen, die mit dem Netz aufwachsen, ver-ändert sich deshalb die Wahrnehmung von Schrift – sie entwickeln eine größere Toleranz gegenüber Fehlern. Das weicht letztendlich die Norm einer korrekten Rechtschreibung auf. Anders verhalte es sich bei der digitalen Kommunikation von Banken, Rechtsanwälten oder Behörden: „Hier ist kein Unterschied zum herkömmlichen gedruckten Schriftverkehr festzustellen, da die gleichen formalen Anforderungen gelten“, meint Schlobinski. Ein besonders gravie-render Wandel zeigt sich für Schlobinski zudem bei der Chatkom-munikation, die in Echtzeit abläuft: „Es gibt eine Hybridisierung zwischen geschriebener und gesprochener Sprache. Schrift hat zum ersten Mal nicht mehr die Funktion zu archivieren, sondern synchron zu kommunizieren.“ Seit 5.000 Jahren dient Schrift zur

Aufbewahrung von Wissen. Sie hat in der Vergangenheit nicht dazu gedient, unmittelbar zeitgleich zu interagieren.

Auch bleiben die neuen Medien nicht ohne Auswirkung auf unseren Wortschatz. Allerdings betrifft dies nicht die Sprache im Netz, sondern die Sprache, mit der wir über ein Medium sprechen. So haben sich mit den zahlreichen neuen Techniken ebenso viele neue Wörter gebildet. Besonders auffällig sind die expansive Meta-phernbildung sowie die Anglizismen, die mit dem Internet ein-hergehen: Wir surfen im Datenmeer, chatten in Newsgroups oder kämpfen gegen Bugs und Viren. Zudem setzen sich Fachtermini wie „CD-Rom“ in der Umgangssprache durch sowie zahlreiche aus dem angelsächsischen Sprachraum stammende Lexeme, die unverän-dert in die deutsche Sprache übergehen wie Server, Scanner oder Software oder in Form von Lehnübersetzungen wie Netzwerk für Network und Maus für Mouse.

Soziale Folgen: Barrieren abbauen

Sprache kann im Internet sowohl Barrieren auf- als auch abbauen. Wer das Internet nutzen möchte, um in eine andere Identität zu schlüpfen, kann an der Sprache scheitern. Jede Community erfor-dert eine Anpassung, die im Internet vor allem verbal erfolgen muss: „Ich selbst habe einmal unter dem Pseudonym meiner damals 15 Jahre alten Tochter gechattet und verschiedene Rollen durchpro-biert. Hätte ich meinen gewohnten Sprachduktus beibehalten, hätte mir niemand geglaubt“, erzählt Schlobinski von seinem Experi-ment. Andererseits sieht er im Internet auch eine gute Möglichkeit, Barrieren abzubauen. „Wenn beispielsweise die Teilnehmer eines Kongresses im Vorfeld miteinander kommunizieren, Bilder versen-den oder Videos anschauen, können sie sich vor dem persönlichen Treffen miteinander vertraut machen“, erläutert Schlobinski. Das könne die Zusammenarbeit erleichtern.

Professor Dr. Peter Schlobinski lehrt Ger-

manistische Linguistik an der Leibniz Univer-

sität Hannover. Seine Arbeitsschwerpunkte

sind Deutsche Grammatik und Gegenwarts-

sprache, Deutschdidaktik, Empirische Sprach-

wissenschaft, Soziolinguistik und Kontrastive

Linguistik. Seit 1997 untersucht er Sprache im

Internet. Weiterführende Artikel finden sich im Portal www.medien-

sprache.net, das Schlobinski mit zwei Kollegen im Rahmen des Projekts

„sprache@web“ am Deutschen Seminar an der Leibniz Universität Han-

nover betreibt. Derzeit beschäftigt er sich mit der Kommunikation in

„Second Life“ sowie mit Lingubots, die eine direkte Mensch-Maschine-

Kommunikation ermöglichen.

„Schrift hat nicht mehr die Funktion zu archivieren, sondern synchron zu kommunizieren.“

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Nicht nur Kunst basiert auf Inszenierung, auch die Wirtschaft bedarf der gekonnten Darstellung ihrer Marken und Produkte. Das Auto, eines der am besten in Szene gesetzten Kultobjekte der Moderne, feiert im Jahr 2011 seinen 125. Geburtstag. Anlässlich dieses besonderen Jubiläums wird in Mannheim eine exklusiv komponierte „Autosinfonie“ aufgeführt – ein kulturell-gesellschaftliches Großereignis in nie da gewesener Dimension. Gekonnt präsentiert wird das Auto auch im Mercedes-Benz Museum Stuttgart. Durch ein bewusst gestalte-tes Zusammenspiel von Architektur und Exponaten haben die Autobauer eine museale Erlebniswelt geschaffen, die den Besucher ohne Effekthascherei für sich einnimmt.

Ohne Übertreibung zu begeistern, das ist auch das Ziel des „Deutschen Hauses“ bei Olympischen Spielen. Mit diesem Konzept verbreitet die Einrichtung olympisches Flair, so authentisch wie im Stadion. Sportler, Medien und Sportbegeisterte nutzen diese Kommunikati-onsplattform und tauschen sich in lockerer Atmosphäre untereinander aus. Diese offene Form der Kommunikation unterstreicht einen Trend in der Konferenzbranche: Teilnehmer wollen zunehmend partizipieren und sich selbst einbringen. Elemente aus Unkonferenzen wie „BarCamps“ gewinnen deshalb an Einfluss.

Wie die „Future Watch 2010“, eine aktuelle Studie für die Kongressbranche, zeigt, müssen Kongressveranstalter infolge der Wirtschafts-krise mit geringeren Budgets auskommen. Gleichzeitig steigen jedoch die Anforderungen. Wie lässt sich auch mit kleinem Budget eine großartige Veranstaltung realisieren? Die „JahresAuftaktTagung“ der Mannheimer Versicherung ist ein Beispiel dafür, wie dies mit Kre-ativität, Liebe zum Detail und einer konsequent umgesetzten Dramaturgie gelingt. Eine weitere Chance, um sich in einem schwierigen Marktumfeld behaupten zu können, bieten technische Innovationen. Der Mannheimer Kongressveranstalter m:con bezieht deshalb Web- 2.0-Technologien in die Organisationsleistungen mit ein: Mit dem Videodokumentationssystem m:con_vidoc lassen sich Vorträge nicht nur live über Internet verbreiten, sondern durch eine integrierte Mediathek auch vielfältig nachbereiten. Das ist ein echter Mehrwert für Veranstalter und Teilnehmer.

Aller Technik zum Trotz: Der persönliche Besuch von Kongressen ist nach wie vor durch nichts zu ersetzen. Sie sind die ideale Plattform, um Kontakte zu knüpfen und Karriere zu machen, davon ist Timothy Hunt überzeugt. Der britische Nobelpreisträger weiß, wovon er spricht: Seinen Erfolg führt er auf regelmäßige Kongressbesuche zurück.

Die Darstellung von Marken und Produkten

Inszenierung, der Schlüssel zum Erfolg

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Eine Oper an ungewöhnlichem Ort: „Die Jagd“, eine Komposition von Marios Joannou Elia im Auftrag der Staatsoper Stuttgart, wurde im Dezember 2008 in einem Stuttgarter Autohaus uraufgeführt.

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Mannheim startet durch zum 125. Geburtstag des Automobils

Multi-mediales

Gesamt kunst-werk für alle Sinne

Eine der revolutionärsten Erfindungen der Weltgeschichte feiert 2011 ihren 125. Geburtstag – das Automobil. Baden-Württemberg

setzt das Geburtstagskind bei zahlreichen Veranstaltungen im Land mit allen seinen Facetten in Szene. Dabei wird die historische

Retrospektive mit dem Blick nach vorn auf dringend notwendige, umweltverträgliche technische Innovationen verbunden.

Mannheim als ein Ort, der für die Erfindung des Automobils steht, wird darin eine zentrale Rolle einnehmen. Krönender Abschluss im

Spätsommer ist die Uraufführung der für diesen Anlass komponierten „auto-symphonic“ – ein musikalisch-visuelles Gesamtkunstwerk

als Gemeinschaftsarbeit des Fotografen Horst Hamann und des Komponisten Marios Joannou Elia.

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Kaum eine andere Stadt auf der Welt hat eine so enge Beziehung zum Automobil wie Mannheim: Hier erarbeitete Carl Benz 1886 die weg-weisende Erfindung, von hier aus startete Bertha Benz ihre legendäre Autofahrt nach Pforzheim. Was also liegt näher, als das Jubiläum auch in Mannheim zu feiern? Das Wirtschaftsministerium Baden-Württem-berg hat ein Veranstaltungsprogramm initiiert, das von Erlebnisstadt-führungen über Oldtimer-Events bis hin zum Blick hinter die Kulissen der großen Automobilfirmen reicht. Mannheim geht einen Schritt weiter: Hier wird es ein Kulturfest auf höchstem Niveau geben. Die Friedrichsplatzanlage rund um den Wasserturm wird zu einer einzigen Bühne, einer Arena, in der ein beispielloses kulturell-gesellschaftliches Großereignis zur Aufführung kommt, das alle Sinne anspricht. Hinter dem Titel „auto-symphonic“ verbirgt sich ein Gesamtkunstwerk, das Musik mit Bildern, Video, Laser sowie Gesangsstimmen und Sprache zu einer multimedialen großen Sinfonie für Autos und Orchester verbin-det und die emotionale Seite des Automobils sinnlich erlebbar macht. Es spielt das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg.

Die Mannheimer Kongress- und Eventagentur m:con entwickelt und betreut das Projekt seitens der Stadt Mannheim und hat den Fotografen Horst Hamann sowie den Komponisten Marios Joannou Elia als künstlerische Leiter für dieses Ausnahmeevent gewonnen. Hamann, selbst gebürtiger Mannheimer, gelang mit vertikalen Foto-grafien von Paris und New York, der Stadt, in der er mehr als 20 Jahre lebte, der internationale Durchbruch. Aber auch als Film- und Multimediakünstler hat er sich internationales Renommee erarbei-tet. Der aus Zypern stammende Marios Joannou Elia ist ein junger gefragter, in Salzburg lebender Komponist, dessen Werke bereits mit

zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet wurden. Musi-kalische Berührung mit Autos hatte er unter anderem als Komponist der Oper „Die Jagd“, ein Auftragswerk der Staatsoper Stuttgart. Seit Herbst 2009 arbeiten Hamann und Elia bereits an „auto-symphonic“. Dass die beiden Künstler, die sich vorher nicht kannten, zusam-mentrafen, wird von beiden als Glücksfall bezeichnet. Sie fanden sich nicht nur auf Anhieb sympathisch, sondern teilen auch die Leidenschaft für Autos. Das Automobil verkörpert für beide den Zugang zu individueller, souveräner, selbstbestimmter Mobilität und gibt in der Bewegung Raum zur Selbstbesinnung.

Jedoch soll „auto-symphonic“ keine unreflektierte Jubelarie auf das Automobil werden, auch darin sind sich beide einig. Einerseits war es das erste Fortbewegungsmittel, das durch seine Geschwindigkeit sowie durch seine Möglichkeit der individuellen Nutzung grenzenlose Freiheit schenkte. Andererseits veränderte sich durch die entfesselte

Mobilität des Einzelnen der Lebensraum des Menschen radikal. Das Auto ist heute wichtiger Wirtschaftsfaktor, Design- und Kultobjekt einer- und gefährliche Maschine andererseits, gleichermaßen geliebt und gescholten. Diese Komplexität möchten Hamann und Elia in ihrem Werk einfangen – poetisch, sinnlich und emotional. Sie wollen 125 Jah-re Automobilgeschichte audiovisuell durchschreiten, mit festem Blick in die Zukunft. Die m:convisions-Redakteure Ulrich Erler und Dr. Eva Pinter trafen die beiden Künstler zu einem Gespräch über das geplante Projekt am Ort des Geschehens – im Park der Friedrichsplatzanlage.

Mannheim wird im Sommer 2011 den 125. Geburtstag des automo-bils mit einem multimedialen kulturevent feiern. herr hamann, was dürfen die Besucher von „auto-symphonic“ erwarten? Ein künst-lerisches Highlight, das es in der Form noch nie gegeben hat. Den Zauber der Situation und des Augenblicks sollte man sich keinesfalls entgehen lassen, denn es wird bei einer einmaligen Aufführung bleiben. Die Amerikaner nennen das „once in a lifetime“.

und das in Ihrer heimatstadt Mannheim! Ja, das ist schon fast eine Ironie des Schicksals. Für mich schließt sich hier ein Kreis. Vor allem weil ich vor über zwanzig Jahren mit meinem Bruder an gleicher Stelle zum 100. Geburtstag des Wasserturms, des berühmten Wahrzei-chens Mannheims, bereits eine Veranstaltung durchgeführt habe.

Was bedeutet „auto-symphonic“ für Sie, herr Elia? Für mich ist es eine überdimensionale Sinfonie für Autos, Orchester und Chor, bei der die interaktive Beziehung zwischen Mensch und Maschine dargestellt wird.

das klingt spannend, aber auch sehr abstrakt. Elia: Im Gegenteil: Die Musik setzt sich aus einem voluminösen Dreieck aus großem Sin-fonieorchester mit 80 Musikern und ebenso großem Autoorchester sowie einem 32-stimmigen gemischten Chor zusammen. Hinzu kom-men ein Ensemble aus acht Schlagzeugern, elektroakustische Klänge und ein zweites, aus sechs Vokalisten bestehendes Vokalensemble.

Sie werden also tatsächlich die autos als Instrumente einsetzen? Elia: Ganz genau. Das Autoorchester setzt sich aus einer klangdif-ferenzierten Palette von Autos zusammen, vergleichbar mit der Instrumentengruppierung eines Sinfonieorchesters. Aufgrund ihrer klanglichen und individuellen Qualitäten setzen wir ganz unterschiedliche Fahrzeuge ein: Oldtimer, Dampfwagen, Sport- und Rennwagen, Limousinen, Lastkraftwagen, Traktoren, Polizei- und Feuerwehrautos, aber auch automobile Maschinen wie Landwirt-schafts- oder Baumaschinen.

Hamann: Ich finde die Idee, beim Automobiljubiläum Autos als Instrumente einzusetzen, so verwegen, dass sie geradezu nach Umsetzung schreit.

Gibt es dazu Vorbilder? Hamann: Nein, in der Form hat es so etwas meines Wissens weltweit noch nicht gegeben. Mit dieser Produktion betreten wir absolutes Neuland. Die Besucher werden ein einzigar-

„Ich finde die Idee beim Automobil-jubiläum Autos als Instrumente einzusetzen so verwegen, dass sie geradezu nach Umsetzung schreit.“

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tiges Gesamtkunstwerk erleben, bei dem unterschiedliche Elemente der innovativen und zeitgenössischen „Hochkultur“ zu einem beein-druckenden „Bürgerevent“ zusammengeführt werden.

Wie darf man sich das vorstellen? Welche Musiker „spielen“ die autos? Elia: Die automobilen Parts von „auto-symphonic“ werden von Jugendlichen übernommen, die bislang keinen oder wenig aktiven Zugang zur Musik hatten. Es werden bis zu 120 Jugendliche ausge-wählt, die über ein Jahr hinweg von Profis der Popakademie Baden-Württemberg in Percussion und Schlagwerk ausgebildet werden.

und wie passen diese automobilen „Instrumente“ mit der traditio-nellen Orchestrierung zusammen? Elia: Zwischen Sinfonieorchester, Autoorchester und Chor soll ein intensiver Dialog mit eindrucksvollen Effekten und Dynamiken entstehen. Einmal konkurriert die Musik der beiden Orchester miteinander, ein anderes Mal verschmilzt deren Musik ineinander und imitiert dann auch den klanglichen Charakter der jeweils anderen Musik. Dazwischen, als verbindendes Element oder gleichsam als Vermittler, steht der Chor. Dadurch entsteht ein kreatives und fantasievolles musikalisches Wechselspiel. Mitten in diesem Spannungsfeld befindet sich der Besucher, der dadurch ein dreidimensionales Klangerlebnis erfährt.

Was ist denn für einen „klassischen“ komponisten das Besondere an einem automobil als Musikinstrument? Elia: Das große Potenzial an Klangmöglichkeiten. Vor allem die heterogenen Klangmischungen sind faszinierend. Damit meine ich einerseits eine Hybridisierung von diversen Automobilklängen, andererseits auch eine polypho-nische Zusammensetzung der Automobilklänge mit Musikinstru-menten und Stimmen.

normalerweise arbeiten Sie in Opern- und konzerthäusern. doch Sie haben gleichzeitig ein starkes Interesse an außergewöhnli-chen aufführungsorten. Beispielsweise wurde das von Ihnen für die Staatsoper Stuttgart komponierte Stück „die Jagd“ in einem autohaus aufgeführt. Welchen Reiz hat das und welchen Wid-rigkeiten muss man sich dabei stellen? Elia: Ein ungewöhnlicher Aufführungsort öffnet neue Perspektiven und Erkenntnisse hinsichtlich der klanglichen und musikalischen Möglichkeiten. Gleichzeitig spielt der Raum für die Entstehung und Wahrneh-mung des Werkes eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt sollte jede Location einen Zusammenhang mit dem Inhalt des Stückes haben. Natürlich ergeben sich an jedem Ort neue Herausforde-rungen, so müssen wir beispielsweise die Echoeffekte und den akustischen Laufzeitunterschied in der Friedrichsplatzanlage

Zwei, die sich verstehen: Der Komponist Marios Joannou Elia (links) und der Fotograf Horst Hamann erarbeiten zur Feier des 125. Geburts-tags des Automobils eine „Autosinfonie“, ein multimediales Gesamtkunstwerk, das es in der Form noch nie gegeben hat.

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beachten. Das behindert uns aber nicht in unserer Arbeit, sondern weckt unsere Kreativität.

Welche weiteren speziellen herausforderungen ergeben sich bei der Open-air-aufführung der „auto-symphonic“ in der Friedrichs-platzanlage? Elia: Da ist beispielsweise die 360-Grad-Beschallung des Platzes und die damit verbundene Verstärkung von etwa 250 Musikern mit einzelnen Stimmen. Auch die Koordination und die Synchronisierung der Musikergruppen, die weit voneinander entfernt platziert werden, sind höchst komplex und technisch anspruchsvoll.

Musikalisch sollen auch jene 125 Jahre seit der Erfindung des auto-mobils berührt werden. die gesellschaftliche, politische und kul-turelle Entwicklung während dieser Zeitspanne war äußerst dicht und hat sich rasant beschleunigt. Wird die musikalische umsetzung ebenso temporeich sein? Elia: Die Musik besitzt eine eigentümlich vielschichtige Tempokonzeption, die aber unbeständig bleibt, also ständig mobil ist und sich in einer kontinuierlichen Wandlung befindet. Wie bei einer Autofahrt ist die Geschwindigkeit entspre-

chend den Straßenbedingungen immer abwechslungsreich – von extrem langsam bis unbegrenzt schnell. Dabei findet eine Tempo- und Dichtekonzeption auf mehreren Ebenen gleichzeitig statt, die tatsächlich als Abbild einer gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklung betrachtet werden kann. Die zeitliche Anordnung wird hier allerdings neu formuliert. Die Komposition soll die Entwicklung des Automobils widerspiegeln, jedoch auf zeit-genössische, schöpferisch eigenwillige Weise.

Welche Vorgaben haben Sie für dieses projekt bekommen? Sind Sie ganz frei in Ihrer arbeit? Hamann: Ja, völlig. Wir haben so gut wie kei-ne Vorgaben erhalten. Wobei man natürlich sagen muss, dass ohne diese Freiheit auch kein kreativer künstlerischer Prozess möglich wäre. Und darüber sind sich unsere Auftraggeber auch im Klaren.

Mannheim, die Geburtsstadt des Automobils, ist Aufführungsort der „Autosinfonie“, die einen voluminösen Dreiklang aus Autos, Orchester und Chor kreiert. Dafür wird die Jugendstilanlage rund um den Wasserturm einen Abend lang in einen gigantischen Konzertsaal verwandelt.

„Auf jeden Fall ein Event mit Gänsehautgarantie!“

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herr hamann, wir haben uns jetzt sehr viel über Musik unterhalten. lassen Sie uns über Ihren Beitrag sprechen. Sie kennen den platz um den Wasserturm gut. Ja, wobei sich der Blick auf eine Stadt immer ändert, wenn man eine Zeit lang nicht mehr dort war. Das gilt für New York genauso wie für Paris oder Mannheim. Der Platz um den Wasserturm ist aber immer noch sehr beeindruckend – allein wenn man von der Augustaanlage kommend in die Stadt fährt und von Weitem diese vertikale Ikone sieht. Und dann diese geschlossene Rundumbebauung in Form einer Arena – das ist einzigartig.

Wie werden Sie optisch die Musik unterstützen? Hamann: Auf jeden Fall ohne Effekthascherei. Es wird nichts aus Selbstzweck gemacht. Mit einem Trick werden wir den Platz schließen und in einen Kon-zertsaal umwandeln. Ich möchte jetzt nicht zu viel verraten, aber wir werden auf jeden Fall die neuesten technischen Möglichkeiten nutzen. Ich wage die Prognose, dass die Leute verblüfft sein werden. Auf jeden Fall ein Event mit Gänsehautgarantie!

Werden auch Bilder zu sehen sein? Hamann: Ja: Fotos, Filme, Grafiken, die komplette visuelle Bandbreite. Wobei ich gar nicht trennen will in Musik und Optik. Man spricht so oft von Multimedia, setzt es dann aber nicht ganzheitlich um. Wir werden Multimedia präsen-tieren, im wahrsten Sinne des Wortes. Es wird dreidimensionale Animationen geben, Laser, Feuer, alles sinnlich Erfassbare. Aber

nie um seiner selbst willen. Alles ist miteinander verschmolzen und wird der Sache dienen – der Geschichte, die wir miteinander entwickelt haben.

das klingt ja wirklich vielversprechend. Hamann: Das Einzigartige ist, dass durch die Anordnung in diesem „Amphitheater“ jeder Besucher mit einem ganz individuellen Erlebnis nach Hause gehen wird. Ganz nebenbei liefern wir der Stadt Mannheim übrigens noch ein hervorragendes Argument für ihre Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2020.

den podcast zum artikel finden Sie im Online-Magazin www.mcon-visions.de unter dem Webcode: 121038

Der 1958 in Mannheim geborene Fotograf Horst Hamann machte

Anfang der 70er-Jahre erste Erfahrungen mit Fotografie und Super-8-

Film. Nach einigen längeren Aufenthalten in den USA siedelte er 1989

ganz nach New York um. Seinen internationalen Durchbruch feierte

er mit dem Buch „New York Vertical“. Indem er die Aufnahmen mit

einer Panoramakamera vom Format 6 × 17 senkrecht machte, eröffnete

er ganz neue architektonische Perspektiven. In der Folge entstanden

weitere vertikale Städteporträts. Inzwischen lebt er wieder vorwiegend

in Deutschland.

Der Komponist Marios Joannou Elia, eine der Leitfiguren der jungen

Komponistengeneration, wurde 1978 in Paphos auf Zypern geboren

und studierte unter anderem am Mozarteum in Salzburg und an der

Wiener Musikuniversität. Für seine bisher rund 60 Werke nahezu aller

Musikgattungen, zum Großteil Auftragswerke bedeutender europäi-

scher Opernhäuser, Orchester und Ensembles, erhielt er eine Reihe der

höchsten internationalen Auszeichnungen. Elia verfolgt das Konzept

des Gesamtkunstwerks in Anlehnung an die antike griechische Tragödie

(synthetische Intermedialität), wo die Verflechtung von Musik und

polymedialen Elementen (zum Beispiel elektronische Medien, Bühnen-

und Lichtdesign) die Komposition zum Höhepunkt bringen.

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Mercedes-Benz Museum in Stuttgart: Geschichte und Zukunft der Marke Mercedes

Auto- mobile

Erlebnis- welten

Wer zu Beginn des Rundgangs durch das Mercedes-Benz Museum mit einem besonders stilprägenden Fahrzeug wie dem Mercedes

300 SL Flügeltürer Baujahr 1954 rechnet, liegt falsch: Am Anfang erwartet die Besucher ein Pferd. Lebensgroß, auf eine Holzplatte

mit Rollen montiert sowie mit einem Zitat des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. von 1906 versehen: „Ich glaube an das Pferd.

Das Automobil ist eine vorübergehende Randerscheinung.“ Über hundert Jahre später gehört die Monarchie längst der Vergangenheit

an, während das Auto trotz mancher Krise mehr denn je unser Straßenbild dominiert. Diese Entwicklung von damals bis heute wird

im Mercedes-Benz Museum detailliert in Szene gesetzt.

Von Ulrich Erler

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Bereits bei der Anfahrt fällt das futuristisch wirkende Gebäude durch seine spektakuläre Architektur ohne rechte Winkel auf. „Das Mercedes-Benz Museum liegt direkt vor den Toren des Stammwerks Untertürkheim. Hier in Bad Cannstatt wurde das Automobil erfun-den, wir befinden uns also auf historischem Boden“, stellt Michael Bock, Geschäftsführer der Mercedes-Benz Museum GmbH fest.

Schon zweimal hat Stuttgart die Architekturgeschichte ein-drücklich geprägt: mit der Weißenhofsiedlung einst die klassische Moderne und mit der Staatsgalerie die Postmoderne. Das Mercedes- Museum hat das Zeug dazu, vielleicht einmal die Digitalmoderne zu repräsentieren, denn die komplexe Geometrie des Gebäudes war nur mit neuesten Computertechnologien realisierbar. Das Gebäude ist im Inneren einer DNA-Spirale mit ihrer Doppelhelix nachempfunden. Das niederländische Architekturbüro UN-Studio van Breukel und Bos nimmt mit diesem Konzept Bezug auf das Erbgut der Marke Mercedes: einzigartig, unverwechselbar, fest verwurzelt in der Ver-gangenheit und sich doch stetig erneuernd.

Obwohl 110.000 Tonnen Beton verbaut wurden – 35-mal so viel wie beim nahe gelegenen Fernsehturm –, erscheint der Bau sehr leicht und fließend. Die avantgardistische Ausstellungsarchitektur soll auch den innovativen Ingenieursgeist des Hauses Daimler reprä-sentieren. Das 150 Millionen Euro teure Gebäude ist durch einen unterirdischen Gang mit einem Shop, einem Café und dem Mercedes-Verkaufszentrum verbunden, in dem ständig etwa 130 Neufahrzeuge präsentiert werden und der Gast zum Kunde werden kann.

Faszinierende Zeitreise durch 120 Jahre Automobilgeschichte

In der Tiefgarage empfangen einen bereits die ersten Exponate. Die Youngtimer sind zwischen den parkenden Autos der Besucher plat-ziert, stehen aber in beleuchteten Glasvitrinen. Damit wird ein flie-ßender Übergang geschaffen zwischen aktuellem Straßenbild und musealer Präsentation. Bevor es losgeht, kann man sich noch mit einem Audioguide, der in sechs Sprachen erhältlich ist, versorgen. Der eigentliche Museumsbesuch beginnt mit einer Aufzugfahrt in die Vergangenheit. Ähnlich wie in einer Zeitmaschine können die Besucher, während sie durch das 42 Meter hohe Atrium nach oben schweben, in einer filmischen Vorschau verfolgen, wie sie nach

und nach in die Zeit der Erfindung des Automobils zurückversetzt werden. Oben angelangt, führt der Weg in den ersten sogenannten Mythosraum. Auf dem gut zweistündigen Weg durch das Museum, der ähnlich wie in einem Parkhaus in Schleifen wieder nach unten führt, erleben die Besucher eine einzigartige Zeitreise durch die 120-jährige Automobilgeschichte.

Das Ausstellungskonzept wurde vom Büro HG Merz erarbeitet. Entlang des ersten Rundgangs sind sieben Mythosräume angeordnet, welche die Geschichte der Marke in chronologischer Reihenfolge erzählen. Der zweite Rundgang ordnet die Fahrzeuge in fünf eigen-ständige „Collectionsräume“, in denen zeitübergreifend die Vielfalt der Modelle präsentiert wird. „Die Notwendigkeit des doppelten Rundgangs ergibt sich aus der Vielzahl an Exponaten, die sich als Meilensteine der Markenentwicklung im Laufe der Unternehmens-geschichte angesammelt haben“, erklärt Bock.

Marke als selbstverständliches Element der Geschichte

Auf neun Ebenen mit 16.500 Quadratmetern Fläche wird mit 160 Fahrzeugen und insgesamt mehr als 1.500 Exponaten den Besu-chern die Faszination des Automobils nähergebracht. Da muss man kein ausgesprochener Autofan sein, um sich von den Präsen-

tationen beeindrucken zu lassen. Insbesondere die sieben Mythos-räume sind perfekt inszeniert. Dort lassen sich die betreffenden Epochen mit allen Sinnen erleben: Man kann die Werkstatt von Gottlieb Daimler um 1880 erriechen, dem Röhren eines Silberpfeil-Rennboliden aus den 30er-Jahren lauschen, ein Designmodell aus

„Dunkelheit und künstliches Licht erzeugen eine Art Bühne wie im Theater. Entsprechend effektvoll können Situationen betont und ausgeleuchtet werden.“

Das Mercedes-Benz Museum steht direkt vor dem Haupt-tor des Stammwerks in Unter türkheim an der B 14 auf einem künstlich aufge-schütteten Hügel.

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Lindenholz der Wirtschaftswunderjahre ertasten und das Funkeln von 72 Swarovski-Steinen über dem „thronenden“ ersten Mercedes bestaunen.

Ein Unterschied zwischen den Mythosräumen und den Col-lectionsräumen, der sofort ins Auge fällt, ist die Lichtführung. Die Mythosräume sind vom Tageslicht abgeschirmt. Dunkelheit und künstliches Licht erzeugen eine Art Bühne wie im Theater. Ent-sprechend effektvoll können Situationen betont und ausgeleuch-tet werden. Lichtführung und Tonkulisse verstärken die visuellen Eindrücke und bringen zusätzliche Informationen. Die Szenenfüh-rung wird unterstützt durch weitere Elemente: Das sind Werkbank, illustrierte Chronik und die Sichtbetonwand. Diese Route wird von einer Historie begleitet, die die wichtigsten Ereignisse der Weltge-schichte aufgreift. Die Geschichte des Automobils wird hier in einen allgemeinen geschichtlichen Zusammenhang gestellt und macht so das Automobil zu einem selbstverständlichen, von der Geschichte nicht zu trennenden Element.

Emotionaler Abschluss vor der Steilwandkurve

Beide Rundgänge münden auf der untersten Ebene, die gleichzei-tig den emotionalen Abschluss des Museumsbesuchs bildet. Eine große Steilwandkurve mit dem Thema „Silberpfeile – Rennen und Rekorde“, die nahezu den gesamten Raum umfängt, geht in eine senkrechte, zylindrische Wand mit legendären Rekordfahrzeugen über. Beim Eintritt in diese Sphäre kann der Besucher auf einer Tri-büne Platz nehmen, um das eindrucksvolle Bild erst einmal auf sich wirken zu lassen oder wahlweise auf sechs verschiedenen Monitoren Filmszenen historischer Autorennen zu verfolgen. Diese Tribüne ist mit einem Gang hinter der Steilkurve verbunden und geht in einen „Renntunnel“ über, der in den Mythosraum „Rennen und Rekor-de“ führt. Anschließend bieten originale Erinnerungsstücke von berühmten Rennfahrern und zwei Rennsimulatoren Gelegenheit, noch tiefer in die Faszination Motorsport einzutauchen.

Zusätzlich zu den raumbezogenen Ausstellungsstücken sind über alle Räume die sogenannten „33 Extras“ verteilt. Die originel-len Objekte eröffnen überraschende Einsichten. Es sind entweder Bestandteile von Fahrzeugen wie Kotflügel oder Mikrochip oder persönliche Dinge von Autofahrern wie Lederkleidung oder Füh-rerschein, aber auch Teile, die im weitesten Sinne zur Autokultur gehören wie Strafzettel und Autofahrerkarikaturen. Die 33 Extras laden zum Nachdenken ein, geben Anlass zum Schmunzeln oder bieten lehrreiche Informationen zu unbekannten Aspekten der Automobilgeschichte.

Bei der Konzeption des Mercedes-Benz Museums galt es zwei Dinge in Einklang zu bringen: Das Auto will Zeit und Raum überwin-den, will beschleunigen, vorwärtsdrängen; das Museum aber will Zeit und Raum konservieren, will anhalten, zurück- und vielleicht auch nach vorne schauen. Die Verbindung dieser beiden Elemente hat wenig zu tun mit den knalligen Inszenierungen bei Automessen. Viel eher soll der Raum als Metapher begriffen werden. Deshalb finden wir viele Zitate aus anderen Genres: Es wurden bevorzugte

Materialien aus den jeweiligen Epochen verarbeitet, beispielsweise Messing als Wandverkleidung. Im Mythosraum „Vordenker“ wird das Thema Sicherheit mit Airbagstoff an der Wand und im Wirt-schaftswunderbereich mit dem damals so typischen Kunstleder umgesetzt. Aber auch auf einen Film von Stanley Kubrick wird Bezug genommen. Überhaupt erkennt man in der Ausstattung sehr viel Liebe zum Detail: Beispielsweise sind die Sitzbänke im Café dem Fond eines Mercedes nachempfunden, bei dem sich die Armlehne herunterklappen lässt. Und die Wand ist mit dem Bürstenmaterial einer Autowaschanlage verkleidet – die Künstlerin hat das Werk augenzwinkernd „Goldene Kehrwoche“ genannt. Da sage noch einer, die Schwaben seien nicht selbstironisch.

Auto-Disneyland würde der Marke Mercedes nicht gerecht

Die Ausstellung ist eine Erlebniswelt und damit wesentlich mehr als die Aneinanderreihung von Autoexponaten. Dabei wird aber auf übertriebene Animationen verzichtet und die Multimediaunterstüt-zung kommt angenehm zurückhaltend daher. Ein Auto-Disneyland würde Mercedes nicht gerecht und es bestünde die Gefahr, von der

Entwicklung der Marke im historischen Kontext abzulenken. Mit diesem Konzept setzt sich das Mercedes-Benz Museum deutlich von anderen Einrichtungen wie dem Porsche-Museum oder der Wolfsbur-ger VW-Autostadt ab. Es kann die Geschichte der Automobilindustrie als einziges Museum vom ersten Tag an lückenlos mit Fahrzeugen der eigenen Marke darstellen. Und diese Tradition will das Unter-nehmen fortsetzen: „Wir wollen auch die Zukunft der individuellen Mobilität mit Herzblut gestalten“, so der Museumschef. „Das zeigen wir beispielsweise in der Sonderschau ‚Faszination Technik‘, die einen Blick in den Arbeitsalltag bei Mercedes-Benz ermöglicht und sich gleichzeitig mit unseren Innovationen beschäftigt.“

Weil alle Etagen des Museums ineinander übergehen, dürfen nur 1.200 Personen gleichzeitig in die „Kathedrale des Automobils“. Wenn diese Zahl erreicht ist, heißt es warten, bis Besucher das Gebäu-de wieder verlassen. Das hat aber den Vorteil, dass man sich auch an besucherstarken Tagen die Exponate nicht aus der dritten Reihe anschauen muss. Eine andere bauliche Auflage haben die Stuttgarter auf ihre eigene Art gelöst. Da alle Räume offen sind und sich im Brandfall keine Bereiche abtrennen lassen, musste ein Rauchabzug her, den es so noch nicht gab. Im Atrium wurde eine Belüftung in - stalliert, mit der sich ein künstlicher Tornado erzeugen lässt. Diese Anlage wurde sogar ins Guinnessbuch der Rekorde eingetragen, und auf www.youtube.de kann man sich die Simulation ansehen.

„Wir wollen auch die Zukunft der individuellen Mobilität mit Herzblut gestalten. Das zeigen wir in einer Sonderschau.“

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Aufzüge werden zu Zeitmaschinen und befördern die Besucher zurück zu den Anfängen der automobilen Motorisierung.

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Historische Inszenierung: 7 Mythosräume

Die einzelnen Mythosräume sind nach Epochen gegliedert:

n Die Zeit der Pioniere – die Erfindung des Automobils: 1886 bis 1900

n Mythos Mercedes – die Geburt der Marke: 1900 bis 1914

n Zeit der bahnbrechenden Erfindungen und Umbrüche – Diesel und Kompressor: 1914 bis 1945

n Epoche der Wunderjahre und des Wirtschaftswunders – Form und Vielfalt: 1945 bis 1960

n Die Epoche der Vordenker – Sicherheit und Umwelt: 1960 bis 1982

n Die Kraft der Marke/Weltbewegend – global und individuell: 1982 bis heute

n Mythos Silberpfeile – Rennen und Rekorde

Vielfältige Einsatzbereiche: 5 Collectionsräume

Die Collectionsräume zeigen thematisch geordnet die Vielfalt der Mercedes-Fahrzeuge in den Galerien

n der Reisen n der Lasten n der Helfern der Namen n der Helden

Hier entdeckt man Exponate wie einen ganz normalen Linienbus Mercedes-Benz O 305, den berühmten „Tausendfüßler“, ein Feuer-wehrfahrzeug LF 3500 mit Drehleiter oder das „Papamobil“ von Papst Johannes Paul II. Fahrzeuge, die Geschichte haben und sie mitunter auch schrieben.

Autofans für ein Automobilmuseum zu begeistern, ist kein großes Problem. Die Herausforderung besteht vielmehr darin, auch andere Zielgruppen zu erreichen. Und das scheint gelungen: Das Publikum ist gemischt und es sind auffällig viele Familien unterwegs. Sie erfahren nicht nur technische Details, sondern auch Hintergründe und Außergewöhnliches. Beispielsweise, dass der Name „Silber-pfeil“ 1934 beim Eifelrennen auf dem Nürburgring geboren wurde, als beim W-25 aus Gewichtsgründen der Lack bis auf die silberne Aluminiumkarosserie abgeschliffen werden musste. Dass der Name „Mercedes“ eigentlich ein spanischer Frauenname ist und „Gna-de“ bedeutet. Pate stand die Tochter des motorsportbegeisterten Deutsch-Österreichers Emil Jellinek, die diesen Namen trug. Oder dass die erste richtige Überlandfahrt mit dem Auto von einer Frau durchgeführt wurde. Bertha Benz fuhr mit ihren beiden Söhnen mit dem Patentmotorwagen 106 Kilometer von Mannheim nach Pforzheim zu ihren Eltern und drei Tage später wieder zurück.

Die Geschichte der Marke Mercedes ist noch lange nicht zu Ende, so die Botschaft des Museums. Schließlich ist hier nicht die Rede von einem x-beliebigen Auto, sondern von dem Auto schlechthin: Der Papst hatte einen, die Nitribit auch und Lady Di zum Unmut ihrer Landsleute ebenfalls. Auch die zeitgenössische Kunst nahm sich seiner an: Janis Joplin sang über ihn und Andy Warhol mal-te ihn – den Mercedes. Und so hoffen die Untertürkheimer, dass eintrifft, was schon andere erfolgreiche Stuttgarter – Die fantas-tischen Vier – in einem Song über sich sagten: „Wir kamen zuerst und gehen zuletzt“. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat es kürzlich in einem Interview etwas unternehmerischer ausgedrückt: „In einer wettbewerbsintensiven Industrie brauchen Sie einen langen Atem. Da können Sie nicht nur vom Tageserfolg leben, da müssen Sie lang-fristige Strategien verfolgen. Und wir machen nicht das, was alle machen. Sondern das, was richtig ist.“ Das Mercedes-Benz Museum soll ein Beleg dafür sein.

Im „Mythosraum der Wunderjahre“ wird deutlich, dass diese Zeit auch Sehnsuchtsjahre waren – mit dem Auto über die Alpen und dann auf der Autostrada einem neuen Lebensgefühl entgegen.

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Futuristische Architektur und innovative Präsentationstech-niken lassen die Besucher Raum und Zeit vergessen.

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Das Mercedes-Benz Museum präsentiert die Geschichte des Automobils von den Anfängen bis heute in einer einzigartigen Erlebniswelt.

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Das „Deutsche Haus“ bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver Kommunikationsplattform zwischen Wohnzimmer, Partyraum und FernsehstudioVon Ulrich Erler

Freudentränen nach dramatischen Wettkämpfen, herzergreifende Hintergrundgeschichten und kritische Analysen – im „Deutschen

Haus“ fand die publikumswirksame Inszenierung des olympischen Wintersports statt. Und die Fernsehsender transportierten täglich

die großen Emotionen in die deutschen Wohnstuben. Dabei ist das nur ein Teilaspekt der Marke „Deutsches Haus“. Bei den

Olympischen Winterspielen im kanadischen Vancouver war das „Deutsche Haus“ Treffpunkt für Athleten, Betreuer, Wirtschafts-

partner,Medienvertreter und Gäste aus Gesellschaft und Politik. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Gastgeber nutzte

die Einrichtung für die tägliche Pressekonferenz, aber auch für andere wichtige Veranstaltungen.

Die Erfolgsgeschichte dieser Kommunikationsplattform begann 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary. Am Anfang war es ein schlichtes Ausweichquartier, in dem sich die olympische Familie – hauptsächlich Athleten, Betreuer und ein paar Funk-tionäre – außerhalb des Olympischen Dorfs treffen konnten. Es ging familiär zu. Doch die Anforderungen nahmen mit den Jahren immer mehr zu. In Peking wurde beispielsweise im Kempinski-Hotel auf zwei Stockwerken eine Fläche von 2.000 Quadratmetern aufwendig für die Erfordernisse umgebaut. „Für unsere Partner, die sich stark engagieren, ist der Auftritt bei den Spielen ein wichtiges Präsentationselement“, macht Axel Achten, Geschäftsführer Deut-sche Sport-Marketing (DSM), die Bedürfnisse von Sponsoren deut-lich. „Klassische Werbeblöcke und Lizenzen reichen heute nicht mehr aus. Kooperationen und Below-the-Line-Aktionen machen die Botschaften glaubhafter und verleihen ihnen Nachhaltigkeit.“ Achten und seine knapp zwanzig Mitarbeiter sind als Tochterun-ternehmen des DOSB und der Stiftung Deutsche Sporthilfe für Planung, Organisation und Durchführung des „Deutschen Hauses“ verantwortlich. Und diese nationale Vertretung zeigt sich von Mal zu Mal professioneller. Man kann sagen, die Einrichtung hat sich zu einer echten Marke entwickelt. Die Möglichkeiten dort, das olympische Flair zu genießen, sind vielfältig, und mit Ausnahme des Stadions ist das Gefühl, ein Teil der olympischen Familie zu sein, an kaum einem anderen Ort so authentisch erlebbar wie im „Deutschen Haus“.

Erstmals „Deutsches Haus“ mit zwei Standorten

In Vancouver gab es gleich drei Premieren: Zum ersten Mal gab es ein „Deutsches Haus“ mit zwei Standorten. Diese Konzeption spiegelt die besonderen Rahmenbedingungen der Spiele in Kanada wider. In Vancouver wurden die Eiswettbewerbe ausgetragen und im 130 Kilometer entfernten Whistler lag der Schwerpunkt auf den Ski-, Bob- und Rodelwettkämpfen. Im größeren Domizil in Vancouver konnten täglich über 400 Gäste begrüßt werden, die sich zu mode-rierten wie informellen Gesprächen und zum gemeinsamen Feiern

trafen. Die Dependance in Whistler bot Platz für 150 Personen. Dort waren auch das Kufenstüberl des Bob- und Schlittenverbandes und die Bayern Tourismus GmbH untergebracht – entsprechend baye-risch war das Ambiente.

Mehr Öffentlichkeit durch das „German Fan Fest“

Die zweite Neuerung war das „German Fan Fest“, das vom Landessportbund Thüringen in einem Festzelt mit Thüringer Charme ausgerichtet wurde. Damit wurde die weitere Öffnung des „Deutschen Hauses“ für die Allgemeinheit vollzogen. „Das

neue Eventmodul war ein voller Erfolg. Wir konnten den Besu-chern täglich zwischen 10 Uhr morgens und 2 Uhr nachts eine attraktive Anlaufstelle anbieten“, beschreibt Achten den neuen für die Öffentlichkeit frei zugänglichen Bereich. „Das kann rich-tungsweisend auch für andere Kooperationen mit landestypischen Elementen sein.“ Allerdings schränkt er ein, dass beim „Deutschen Haus“ weiterhin die Athleten im Mittelpunkt stünden und ent-sprechende Rückzugsräume unabdingbar seien. Das Haus gänzlich für die Öffentlichkeit zu öffnen, wie es die Holländer mit ihrem „Heineken-Haus“ gemacht haben, komme nicht infrage. „Wir beschreiten mit unserem Konzept einen Weg, der einen gesunden Kompromiss zwischen Öffentlichkeit und Exklusivität darstellt, und sind damit eine Mischung aus Wohnzimmer, Partyraum und Fernsehstudio.“

„Wir beschreiten mit unserem Kon-zept einen Weg, der einen gesunden Kompromiss zwischen Öffentlichkeit und Exklusivität darstellt.“

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Die Stimmung im „Deutschen Haus“ überträgt sich auf alle Akteure und macht Lust auf noch mehr Olympia.

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Gestiegene Wertschätzung der Paralympics

Die dritte Neuerung stellte die erstmalige Nutzung des „Deutschen Hauses“ auch während der Paralympischen Spiele dar. „Hierfür konnten wir das bestehende Konzept in Whistler nutzen und erweitern und so sinnvoll mit unseren finanziellen und perso-nellen Möglichkeiten umgehen“, erklärt Achten. Gleichzeitig spie-gelt die Doppelnutzung aber auch die gestiegene gesellschaftliche Wertschätzung des Behindertensports wider. „Wir freuen uns, dass wir dem Deutschen Behindertensportverband eine professionelle Plattform der Präsentation bieten konnten, die sicherlich auch dazu beitrug, dass die deutsche Medienberichterstattung über diesen Event in eine ganz neue Dimension vorgestoßen ist.“ Eine Besonderheit war auch die Präsentation von München 2018 im „Deutschen Haus“. Willy Bogner, Vorsitzender der Geschäftsfüh-rung der Bewerbergesellschaft München 2018, nutzte die beson-dere Gelegenheit, der internationalen Sportwelt die Vorzüge von München 2018 näherzubringen und das Konzept der freundlichen Spiele vorzustellen.

Neben Face-to-Face-Kommunikation auch Medienplattform

Neben der Face-to-Face-Kommunikation wird die Funktion als Medienplattform für das „Deutsche Haus“ immer wichtiger. Der DOSB veranstaltete hier seine täglichen Pressekonferenzen, in der Medienlounge konnten Journalisten am Computer arbeiten, Inter-views führen oder sich austauschen. Auch ein Studio von ARD und ZDF war am Standort Whistler untergebracht, die Sender bespielten tägliche Formate wie das „Morgenmagazin“ aus dem Haus. Darüber hinaus trafen sich Vertreter von Sport, Wirtschaft und Medien zum Gedankenaustausch. Im Servicebereich in Vancouver konn-ten die Gäste außerdem im Internet surfen, Reisen buchen sowie Tickets für Wettkämpfe ordern. Die Athleten hatten aber auch die Gelegenheit, sich in eine eigens für sie eingerichtete Lounge zurückzuziehen. Zudem war das „Deutsche Haus“ wieder ein Ort für nationale und internationale Empfänge des DOSB. „Im Kern sind und bleiben wir aber eine klassische Hospitality-Einrichtung“, unterstreicht Achten.

Engagement der Partner vor Ort

Das „Deutsche Haus“ ist für die Sponsoren der Olympiamannschaft ein wichtiger Baustein der Partnerschaft, der viele Formen der Darstellung und des Engagements bietet. Wie schon in Athen, Turin und Peking beteiligten sich auch in Vancouver zahlreiche Wirt-schaftspartner an der Vorbereitung und Durchführung des Pro-jekts. So inszenierte beispielsweise die Sparkassen-Finanzgruppe ein „Fotoshooting“ in einer eigens aufgebauten Winterkulisse mit Eiskanal und Bob. Dort konnten sich die Gäste fotografieren lassen und den Schnappschuss am gleichen Abend mitnehmen. Payback wollte mit dem in Turin 2006 erprobten „Schneeball-Biathlon“ nicht nur die Treffsicherheit der Besucher testen, sondern Gutes für

Athleten tun: Wie bei den vergangenen Spielen sammelte Payback auch dieses Mal über das Spielmodul Spenden für die Stiftung Deut-sche Sporthilfe. Unter die Partner aus dem olympischen Umfeld reihten sich in Vancouver und Whistler zusätzliche Förderer ein, die Beiträge zur Umsetzung des Projekts leisteten und sich in ihrer Kommunikation auf das „Deutsche Haus“ konzentrierten. Das Land Nordrhein-Westfalen mit den Städten Düsseldorf und Köln sowie dem Hochsauerlandkreis hat die in Turin eingeführten Themen-abende genutzt, um seine Regionen vorzustellen.

Auf die Frage, womit sich die DSM beschäftigt, wenn sie gerade kein „Deutsches Haus“ plant, hat der Geschäftsführer schon gewar-tet. „Dieser Aspekt taucht bei den meisten Gesprächspartnern nach spätestens zwanzig Minuten auf“, schmunzelt Achten. „Aber die verblüffende Antwort ist: „Eigentlich machen wir das ‚Deutsche Haus‘ nur nebenher. Oder lassen Sie es mich so sagen: Das ‚Deutsche Haus‘ ist das Sahnehäubchen auf unserer täglichen Arbeit, bei der die Vermarktung des olympischen Sports den Schwerpunkt bildet. Ähnlich ist es bei unseren Partnern und Sponsoren. ‚Das Deutsche Haus‘ ist aufgrund seiner öffentlichen Wahrnehmung Kristallisati-onspunkt und Kommunikationshighlight ihres Engagements.“

Axel Achten führt seit 1999 die Deutsche

Sport-Marketing (DSM) mit Sitz in Frankfurt

am Main. Als Tochter der Stiftung Deutsche

Sporthilfe (DSH), die 51 Prozent der Anteile

hält, sowie des Deutschen Olympischen Sport-

bundes (DOSB), dem 49 Prozent gehören, hat

die 1986 gegründete Gesellschaft als Agentur die Gesamtvermarktung

für den DOSB übernommen. In dieser Funktion ist sie neben der Ver-

marktung der olympischen Symbole auch für die strategische Führung

in der Breitensportvermarktung zuständig. Bei Olympischen Spielen

ist die DSM für die Planung und Organisation des „Deutschen Hauses“

sowie für die Entwicklung eigenständiger Events mit Olympiabezug wie

die Willkommensfeier für die Athleten verantwortlich.

„Das ‚Deutsche Haus‘ ist das Sahne-häubchen auf unserer täglichen Arbeit, bei der die Vermarktung des olympischen Sports den Schwer-punkt bildet.“

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MPI-Umfrage: leichter Aufwärtstrend für 2010Flexibilität und Kreativität gefordert

Vorsichtiger Optimismus und tief greifender Wandel der Branche – das sind die Kernergebnisse der Studie „Future Watch 2010“.

Der Branchenverband Meeting Professionals International (MPI) hat dazu über 1.800 Fachleute aus 39 Ländern sowie 70 MPI-

Chapters und -Clubs befragt, um aktuelle Entwicklungen und prägende Faktoren aufzuspüren. Dazu wurden Experten aus allen

Bereichen der Kongresswirtschaft interviewt.

Die Wirtschaftskrise hat auch die Kongressbranche nicht verschont. Ob die Anzahl der Meetings und Kongresse oder die Ausgaben dafür – in allen Bereichen war zuletzt ein Rückgang zu verzeichnen. Zu den neuen Herausforderungen gehört es jetzt, mit geringeren Budgets auszukommen und gleichzeitig steigende Anforderungen zu erfül-len. Die Autoren der Studie erwarten allerdings, dass sich die Lage in diesem Jahr bereits entspannt und spätestens 2011 wieder erholt. Doch bis dahin müssen die Unternehmen der Kongresswirtschaft einiges tun: So erfordern nicht nur die Folgen der wirtschaftlichen Baisse kreative Lösungen und einen langen Atem, sondern auch der Wandel innerhalb der Branche.

Nachhaltigkeit immer wichtiger

„Ich sehe drei ganz wichtige Entwicklungen in unserer Branche, die heute schon tief greifende Auswirkungen haben“, sagt Jörn Huber, Geschäftsführer von pro event live-communication GmbH in Heidel-berg. „Ganz oben steht der strategische und nachhaltige Einsatz von Livekommunikation innerhalb der Marketingkommunikation.“ Darauf baut der Trend auf, Social Media innerhalb der Web-2.0-Technologie mit Veranstaltungen sinnvoll zu verknüpfen, also Blogs, Tweets, Podcasts und Livestreams einzubinden. „Green Events ist zudem eine Entwick-lung, die Nachhaltigkeit in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht thematisiert und enorm an Bedeutung gewonnen hat“, betont Huber. Immer häufiger verlangen Kunden Konzepte mit einem Mix aus strategischer Kommunikationsberatung rund um klimafreundliche Events und professionellem Veranstaltungsmanagement. Das deckt sich auch mit den Ergebnissen der Studie, wonach mehr und mehr Unternehmen Strategien für Corporate Social Responsibility entwi-ckeln, denen auch die Tagungen Rechnung tragen müssen.

Tagen in der Heimat, konkurrenzfähige Preise

Darüber hinaus müssen sich viele Kongressvermarkter mit dem Trend auseinandersetzen, dass immer mehr Tagungen und Konferen-zen in der Nähe des Standorts der Veranstalter abgehalten werden. Das hängt einerseits mit der Notwendigkeit vieler Unternehmen und Organisationen zusammen, Kosten genauer zu kontrollieren, zum anderen aber auch mit dem wachsenden Umweltbewusstsein. Denn kürzere Reisewege sparen Energie und somit auch CO2. Diese Entwicklung kommt allerdings den Teilnehmern durchaus entgegen, da sie weniger Zeit für die Reise einplanen müssen.

Eine der größten Herausforderungen der Branche bleibt die kon-kurrenzfähige Preisgestaltung. Das zeigt die Umfrage deutlich, aber auch, dass Kunden nicht das billigste Angebot wollen, sondern das mit dem attraktivsten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das sei der aus-schlaggebende Faktor für die Branche, um erfolgreich und wettbe-werbsfähig zu sein, so die Autoren. Das bestätigt auch Jörn Huber: „Die Entwicklung, mehr Leistung für gleichbleibende oder sinkende Budgets zu erhalten, ist zwar nicht neu, hat sich aber seit Ende 2008 verstärkt. Und für dieses Jahr ist die Entwicklung nur unwesentlich besser.“ Deshalb wollen immer mehr Kongressplaner und Veranstal-ter einen neuen Ansatz wählen. Sie beabsichtigen, künftig eher auf zusätzliche Services zu verzichten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Gleichzeitig müssten sie sich aber wieder verstärkt in kostenlosen Pitches um Aufträge bemühen, die oft unprofessio-nell gestaltet sind oder wo es auch häufiger nachher zu gar keiner Umsetzung der Events kommt, berichtet Huber.

Appetit auf Hightech

Außerdem zeigt die Untersuchung: Veranstaltungsteilnehmer und -planer attestieren in technischer Hinsicht dringenden Nachhol-bedarf. So steht eine flächendeckende Versorgung mit Internet-arbeitsplätzen während einer Veranstaltung hoch im Kurs der Teil-nehmer, die zunehmend als gegeben vorausgesetzt wird. Ebenso stark nachgefragt werden technische Alternativen, beispielswei-se Videokonferenzen. Den Meeting-Mix auszubauen ist eine der wichtigsten Erfordernisse für 2010, lautet ein weiteres Resultat der Studie. Mit der unmittelbaren technischen Ausstattung an Präsentations- und Vortragstechnik sind die Befragten hingegen weitgehend zufrieden.

Mehr Konferenzen mit geringeren Budgets

Gerade unter dem Eindruck enger Budgetvorgaben müssen Unter-nehmen und Organisationen ihren Aufwand und Ertrag zuneh-mend im Hinblick auf den Erfolg von Veranstaltungen untersuchen. Gegenüber dem Krisenjahr 2009 erwarten die Branchenexperten eine Zunahme an Konferenzen und Teilnehmern, gleichzeitig müs-sen sie diese aber mit geringeren Etats bewältigen. Viele Meeting-Professionals sehen jedoch in dem angespannten Umfeld auch die Chance, neue Produkte zu lancieren, neue Serviceideen zu entwi-ckeln und neue Partnerschaften zu gründen. (sdm)

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Offen gestaltete Konferenzformen im Zeitalter moderner Kommunikationsmedien Die neue Freiheit: Meetings im Zeitalter des Web 2.0Von Dr. Eva Pinter

Sie sind die Anarchisten unter den Konferenzformen: Sogenannte Unkonferenzen gehen bewusst in Opposition zu traditionellen

Veranstaltungen wie Kongressen oder klassischen Konferenzen. Festgelegte Agenden, durchorganisierte Abläufe, Frontalsituationen –

diese Elemente sind hier verpönt. Mit ihrer Antihaltung, die in enger Beziehung zum Web 2.0 entstanden ist, sind Unkonferenzen

wie „FooCamps“ oder „BarCamps“ noch Randerscheinungen. Elemente daraus halten allerdings allmählich Einzug in die Konferenzwelt.

Zu diesem Ergebnis kommt Roman Kopf, Student des Messe-, Kongress und Eventmanagements an der Dualen Hochschule Baden-

Württemberg, in seiner Abschlussarbeit. Er hat die neue Entwicklung bei Liveevents untersucht und Experten dazu befragt.

Unkonferenzen sind ein neuer Trend unter den Konferenzformaten. Sie wollen keine passiven Zuschauer, sondern aktive Mitmacher und basieren auf Prinzipien wie Eigenverantwortung und Selbst-organisation. Zu den bekanntesten Unkonferenzen gehört das 2003 von Tim O’Reilly erstmals zum Thema Internet veranstaltete „FooCamp“, das seither jährlich stattfindet. Es dürfen nur geladene Gäste daran teilnehmen. Dabei handelt es sich tatsächlich um ein Camp: Die Teilnehmer zelten auf dem Firmengelände von „O’Reilly Media“ in Kalifornien. Das Beisammensein wie auf einem Camping-platz soll den virtuellen Cyberspace greifbarer machen. Frei von Regeln tauschen die Teilnehmer ihre Visionen und Ideen aus und dokumentieren alles parallel in Blogs. Zwei Jahre nach dem ersten „FooCamp“ organisierten einige Amerikaner – als Gegenbewegung zu O’Reilly – ein „BarCamp“. Anders als beim „FooCamp“ war das Thema noch offen und jeder, der wollte, konnte teilnehmen.

Zwischenzeitlich haben sich viele ähnliche Formate entwickelt, die ihre Themenschwerpunkte bereits im Namen tragen, beispiels-weise „WineCamps“, „CookCamps“ oder von Bibliotheken veranstal-

tete „BibCamps“. Allen Camps ist gemeinsam, dass es keine vorab festgelegten Zeitpläne und Redner gibt. Die Beteiligten gestalten ihre Veranstaltung, eine Mischung aus Workshops und Konferenz, selbst. Nur Zeit und Ort stehen fest. Die Verantwortlichen arbeiten in vielen Fällen ehrenamtlich und die Finanzierung der Camps läuft über Sponsoren.

Der Open-Space-Technology verwandt

Unkonferenzen wie Camps gehören zu den offen gestalteten Konfe-renzformaten und sind damit der bereits 1985 von Harrison Owen begründeten Open-Space-Technology sehr ähnlich. Sie ist eine der bekanntesten offenen Konferenzformate, die zu den Methoden der Großgruppenverfahren gehört. „Auch hier werden weder eine Agen-da noch Arbeitsgruppen und -themen oder Referenten im Vorfeld festgelegt. Es wird in kleineren Projektgruppen gearbeitet, die ihre Ergebnisse am Ende den Anwesenden vorstellen“, beschreibt Kopf. Es herrscht das „Gesetz der zwei Füße“, das es den Teilnehmern erlaubt,

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während der Veranstaltung zwischen den Gruppen wechseln zu können. Eine andere Regel lautet: „Wer auch immer kommt, es sind die richtigen Leute.“ So haben sowohl Open-Space-Veranstaltungen als auch Camps zum Ziel, eine möglichst heterogene Gruppe zusam-menzubringen. Die unterschiedlichen Erfahrungen, Einflüsse und Standpunkte der Teilnehmer sollen zu einer belebenden Interaktion führen und unterschiedliche Lösungs- oder Denkansätze liefern.

Zurzeit sind die offenen Konferenzformen noch nicht weit ver-breitet. Viele Unternehmen zögern. „Ihnen fehlt häufig der Mut, Neues zu wagen“, meint Kopf. Wenn überhaupt, setzen die meisten Methoden wie Open Space im Rahmen von Change-Prozessen sowie zur Entwicklung von Visionen und Zukunftsstrategien ein. Soll durch eine Veranstaltung Wissen vermittelt werden, sind Frontal-vorträge, Trainings, Seminare oder Informationsveranstaltungen besser geeignet. Manchmal kann es sogar sinnvoll sein, bewusst klassische Kommunikationsformen zu wählen: „So ist der Wunsch, einen prominenten Keynote-Speaker live vortragen zu sehen, immer noch ein Grund, um eine Veranstaltung zu besuchen“, meint Wolf-gang Altenstrasser, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Eventagen-tur VOK DAMS. Er ist einer der Experten, die Absolvent Roman Kopf im Rahmen seiner Abschlussarbeit interviewt hat.

Mischformen im Kommen

Die meisten der befragten Experten gehen davon aus, dass der Marktanteil offener Konferenzformen künftig jedoch steigen wird. So prognostiziert auch Jutta I. Herzog, selbstständige Unternehmens-beraterin, dass sich offene Meetings- und Veranstaltungsformen in den kommenden Jahren viel schneller als in den vergangenen Jahrzehnten entwickeln und aus ihrer Randposition hervortreten werden. Ein Grund: Wer die partizipative Form einmal erlebt habe, wolle nicht mehr zum rein Frontalen zurück. „Das eigene Wissen und die eigene Kreativität zum Besten des größeren Ganzen einsetzen zu dürfen, ruft in den Teilnehmern einer solchen Konferenz oft eine besondere Dankbarkeit hervor, denn jeder Mensch will im Grunde sein Bestes geben“, ist Herzog überzeugt. Grundsätzlich, so Herzog, sei es vor Durchführung einer partizipativen Konferenz wichtig, mit dem Auftraggeber genau zu klären, ob die Führungsriege für den Einsatz dieser Methode bereit sei. Experten wie Altenstrasser gehen jedoch davon aus, dass es in Zukunft diese speziellen offenen Kon-ferenzmethoden nicht in Reinform geben werde. Es wird vielmehr darum gehen, Elemente aus diesen offenen Formen in Konferenzen zu integrieren, was zum Teil schon praktiziert wird: „Es wird sich nicht ein Format durchsetzen, sondern es werden Elemente aus die-sen Formaten in die Konferenzen einfließen“, sagt Altenstrasser.

Die Rolle von Web 2.0: reale Treffen virtueller Gemeinschaften

Moderne Kommunikationsmittel spielen bei offenen genauso wie bei klassischen Konferenzformen bisher eine untergeordnete Rol-le. Unkonferenzen hingegen sind ein Produkt der Gesellschaft im

Zeitalter des Web 2.0: Die offene, freie Form der Kommunikation im Cyberspace lieferte die Vorlage für „BarCamps“ und andere For-mate. Sowohl Wikis, Weblogs oder Social Networks als auch offene Konferenzen funktionieren selbstorganisatorisch. Jeder wird zum Autor, zum Kompetenzträger, der Inhalte erarbeitet, publiziert und austauscht. „BarCamps“ würden sogar teilweise als „menschliche Wikis“ bezeichnet, meint Kopf. Aber nicht nur die Teilnehmer, auch die Veranstalter offener Konferenzen nutzen zunehmend virtuelle Communitys. Darüber können sich die Experten national und inter-national vernetzen sowie Erfahrungen und methodische Ratschläge austauschen.

Die von Kopf befragten Experten halten den zunehmenden Ein-satz moderner Kommunikationsmittel bei offenen Konferenzen generell für sinnvoll. Altenstrasser glaubt, dass sich dadurch der Input erhöht, den man von einer Gruppe erhält. Dann jedenfalls, wenn man einen Moderator einsetzt, der die Beiträge koordiniert. Herzog erlebt den Einsatz moderner Kommunikationsmittel im Kontext partizipativer Methoden vor allem dann als wertvoll, wenn er punktuell und präzise erfolgt. Wenn es zum Beispiel darum geht, möglichst schnell viel Wissen zu verteilen, könnten Technologien wie Wikis oder Microblogs sinnvoll sein. Auch Herzog ist der Mei-nung, dass der virtuelle Raum den Veranstaltungstypus offener Konferenzen unterstützen könne, wenn man ihn gezielt einsetzt. „Software für virtualisierte Konferenzformen allerdings sollte opti-malerweise den Geist und die Prinzipien der jeweiligen Methode vermitteln“, betont Herzog. Allerdings, auch darin sind sich die Experten einig, kann der virtuelle Raum nur eine Ergänzung, kein Ersatz sein – das Bedürfnis der Teilnehmer nach persönlicher Begeg-nung werde davon nicht beeinflusst.

Kopf schließt seine Untersuchung mit dem Fazit, dass es sich bei den offen gestalteten Methoden um sehr interessante Model-le handelt, die allen Beteiligten einen Mehrwert bieten können. Eine gezielte Unterstützung durch moderne Kommunikationsmit-tel könne diesen Effekt verstärken. „Die vorgestellten Verfahren folgen eher den Urgesetzen des menschlichen Gruppenverhaltens und sind daher viel natürlicher als eine ‚militärisch ausgerichtete‘ Reihenbestuhlung“, ist Kopf überzeugt.

Roman Kopf hat sich in seiner Bachelorarbeit mit

offen gestalteten Konferenz-formen beschäftigt.

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Inszenierung eines Vertriebsmitarbeiter- und AgenturPartner-Kick-offs

am Beispiel der Mannheimer Versicherung

Das Prinzip Partnerschaft

Schneebedeckte Gipfel, Berghütten und Menschen in Tracht: Bei der „JahresAuftaktTagung“ der Mannheimer

Versicherung glich der Rosengarten mehr einer hochalpinen Landschaft als einem urbanen Kongresszentrum.

Unter dem Motto „Mannheimer Gipfel treffen“ setzte das Unternehmen die eintägige

Mitarbeiterveranstaltung mit viel Liebe zum Detail in Szene.

Von Dr. Eva Pinter

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„Mannheimer Gipfeltreffen“ lautete das Motto der „Jahres-AuftaktTagung“ der Mannhei-mer Versicherung, das konse-quent umgesetzt wurde – vom Showklettern mit echten Berg steigern bis hin zu Damen im Dirndl am Empfang.

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Damen im Dirndl begrüßten die Besucher, auf Bildschirmen war ein Bergsteigerpaar bei Sonnenuntergang zu sehen und eine Klet-terwand im Foyer lud zum Kraxeln ein: Das Motto „Mannheimer Gipfeltreffen“ war bereits beim Betreten des Rosengartens sichtbar. Mit der sogenannten „JahresAuftaktTagung“, die jedes Jahr Mitte Januar stattfindet, stimmt die Mannheimer Versicherung ihre Ver-triebsmitarbeiter und AgenturPartner auf das neue Geschäftsjahr ein. Das zentrale Thema in diesem Jahr: Vertrauen. Vertrauen als Basis jeder Partnerschaft – hier besonders zwischen Kunde und Versicherung – soll von den Agenturmitarbeitern gelebt werden. „Das muss der Antrieb bei unserer Arbeit sein“, betonte Helmut Posch, Vorstandsvorsitzender der Mannheimer Versicherung, in seiner Grundsatzrede. Dementsprechend lautet der Leitspruch für 2010 „Ihr Vertrauen ist unsere Motivation“. Das Leitmotiv: ein Berg-steigerpaar, das gemeinsam einen Gipfel erklimmt.

Neben der Vermittlung der Unternehmensziele erhielten die Mitarbeiter in Workshops und bei einer Hausmesse Informationen zu neuen Produkten und Tipps für ihre tägliche Arbeit. „Zudem sollen die Mitarbeiter ausreichend Gelegenheit haben, sich unter-einander auszutauschen“, betont Jessica Bordne, Mitarbeiterin der Unternehmenskommunikation. Sie hatte gemeinsam mit Kollegen aus der Eventabteilung – sowie konzeptionell und logistisch unter-stützt von m:con – das Mitarbeiter-Kick-off organisiert.

Alpenländische Bergwelt zum Greifen nah

Ausgangspunkt für die Inszenierung der Tagung bildete das Leitmo-tiv vom Gipfeltreffen, das konsequent umgesetzt wurde – von der Dekoration der Räume über das Mittagessen bis hin zum abendli-chen Bühnenprogramm wurde nichts dem Zufall überlassen. „Uns ist es wichtig, den Tag in sich stimmig zu gestalten und eine Sto-ry zu erzählen“, sagt Bordne. Deshalb beginnt die Planung der nächsten Tagung fast direkt nach Abschluss der vorherigen. Ein wesentliches Erfolgskriterium besteht darin, ein geeignetes Mot-

to zu finden, das mit der Strategie der Mannheimer in Einklang steht. „Die Suche danach bildet den Auftakt der Vorbereitung“, erzählt die studierte Eventmanagerin. 2009 stand beispielsweise im Zeichen von „Feuer und Flamme“, im Jahr davor hieß es „Wir bewegen – mit Sicherheit“. Das sind Sprachbilder, die viel Raum für eine kreative Ausarbeitung bieten.

Da das Budget begrenzt ist, bedarf es einiger Kreativität, um das jeweilige Motto konsequent umzusetzen: „Wir setzen auf Details. Da muss man keine Unsummen ausgeben.“ Das zeigte sich bereits an der Eintrittskarte: Sie trug das Motiv des Bergsteigerpaars und war an einem Kletterseil mit Karabinerhaken befestigt. Bei dem fotografierten Bergsteigerpaar handelte es sich um echte Bergsteiger, die auch bei der Veranstaltung dabei waren. Zum Mittagessen lockte eine zünftige Brettljause mit Schinkenbroten und beim Abendbuffet zog ein riesiges Raclette alle Blicke auf sich. Ob karierte Tischdecken, Wanderschuhe oder antike Skier – alles, was alpenländisches Flair verströmt, diente dazu, die Besucher mitten in Mannheim in eine Bergwelt zu versetzen.

Genauso wichtig wie ein ansprechendes Ambiente ist den Ver-sicherern der Ablauf der Tagung. „Wir versuchen stets, den Span-nungsbogen aufrechtzuerhalten“, betont Bordne. Bestes Beispiel dafür ist der Gastvortrag. Angesichts des diesjährigen Mottos mut-maßten bereits einige Mitarbeiter, dass eventuell Reinhold Messner auftreten könnte. Als der Ausnahmebergsteiger nach einem emoti-onalen Intro, basierend auf Ausschnitten aus seinem neuen Film, tatsächlich auf die Bühne trat, war das Publikum dennoch über-rascht und brach in begeisterten Applaus aus. Messner erzählte in seinem Referat „Berge versetzen“ nicht nur von seinen Abenteuern, sondern stellte auch einen Bezug zu den Zielen der Mannheimer Versicherung her. So ist beim Bergsteigen das Prinzip der Partner-schaft überlebenswichtig. „Wenn ich kein hundertprozentiges Ver-trauen in meinen Partner habe, kann ich nicht in Dimensionen von 8.000 Metern aufsteigen, wo jeder Fehler tödlich sein kann“, machte Messner deutlich.

Partnerschaftlich zu den höchsten Gipfeln

Der Weg zum anschließenden Abendprogramm im linken Seiten-foyer des Kongresszentrums führte durch ein originalgetreu auf-gebautes Wäldchen. Hier erinnerte alles an eine Almhütte: Holz-garnituren mit gelb-weißen Tischdecken und gelbe Margeriten positionierten die Firmenfarben in alpenländischem Ambiente. Die beiden Bars waren in Form von Holzhütten aufgebaut. Neben Alphornbläsern spielte eine Band, die gleichzeitig den neuen Fir-mensong „Wir“ präsentierte. Das Besondere: Musikerinnen führten mit den Mitarbeitern einen Trommelworkshop durch, bei dem sie die Melodie mit Schlaginstrumenten erarbeiteten. „Uns ist es ein großes Anliegen, die Veranstaltung interaktiv zu gestalten und Gele-genheiten zu schaffen, bei denen die Mitarbeiter aktiv mitmachen können“, erklärt Bordne. Organisationsteam und Vorstand sind mit der „JahresAuftaktTagung“ 2010 zufrieden. Der Funke ist auf die Mitarbeiter übergesprungen: Partnerschaftlich lassen sich die höchsten Gipfel erklimmen.

Die Ehrung der 40 besten Agenturen: Gemeinsam überreichten Reinhold Messner und Helmut Posch, (Mitte) Vorstandsvorsitzender der Mannheimer Versicherung, jedem Gewinner ein persönliches Gipfelbuch mit Urkunde.

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Neue Dienstleistung „m:con_vidoc“ ermöglicht virtuelle TeilnahmePer Mausklick zum Kongress

Einen Kongress live verfolgen und doch nicht vor Ort dabei sein? Eine neue Dienstleistung von m:con macht es möglich. Mit

m:con_vidoc bietet der Mannheimer Kongressveranstalter virtuellen Teilnehmern nahezu ein Liveerlebnis: Sie können einzelne

Vorträge direkt verfolgen oder per Video-on-Demand im Nachhinein in einer Mediathek abrufen – ganz bequem über Internet.

Die integrierte Mediathek macht das neue Angebot vor allem auch für medizinische Kongresse interessant.

Zeitmangel hindert so manchen daran, sich zu einem Kongress anzu-melden. Auch interessieren sich viele potenzielle Teilnehmer nur für einen Vortrag. Damit Kongressveranstalter diese Zielgruppen zukünf-tig erreichen können, hat m:con die Full-Service-Lösung m:con_vidoc entwickelt: Die Liveübertragung und On-Demand-Bereitstellung von Kongressen über das Internet ermöglicht es Veranstaltern, ihren Teilnehmerkreis maßgeblich auszuweiten. Sowohl der Vortrag eines Referenten als auch dessen Präsentationsunterlagen können mit nur geringem Aufwand aufgezeichnet und ins Internet übertragen werden. „Immer mehr Veranstalter erkennen die Vorteile, die die Liveübertragung und On-Demand-Bereitstellung der gesamten Veran-staltung über das Internet mit sich bringt“, berichtet Thomas Hohm, Leiter IT-Services bei m:con. „Als Teil des Internets wird der Kongress weltweit empfangbar. So können neue Interessenten erreicht und die Teilnehmerzahl kann erhöht werden.“

Das m:con_vidoc-Prinzip

m:con_vidoc ist eine spezielle Form der Videodokumentation. Bei der Aufzeichnung von Vorträgen, Präsentationen oder Symposien werden die drei Datenquellen – Video, Ton und Bildschirm des Redners – synchronisiert. Die Bilder oder Folien, die der Referent während seines Vortrags zeigt, sind in den Stream integriert. Die Übertragung kommt dem Liveerlebnis sehr nahe: Der Nutzer kann den Vortrag live verfolgen, sieht, wie der Referent agiert, und hat gleichzeitig die Präsentation vor Augen. Er kann alle Inhalte inter-aktiv abrufen und bei der Darstellung von Video und Präsentation zwischen unterschiedlichen Ansichten wählen.

Zudem können Onlineteilnehmer die Vorträge im Anschluss an den Kongress in einer Onlinebibliothek abrufen. Sie können bei dieser On-Demand-Nutzung in den Folien blättern – das Rednervi-deo wird dann entsprechend vor- oder zurückgespult. Eine umfang-reiche Such- und Recherchefunktion erlaubt es, den Inhalt nach Schlag- oder Suchwörtern zu filtern. Auf diese Weise lassen sich schnell und gezielt die gewünschten Beiträge finden und sichten. m:con_vidoc bereichert aber auch die Veranstaltung vor Ort: So können die Vorträge gleichzeitig auf Displays außerhalb des Saals gezeigt werden. „Bisher haben wir hierfür Kameraproduktionen gefahren, was wesentlich teurer ist “, erklärt Thomas Hohm.

Effektive Nachbereitung von Kongressen

„Die Onlineteilnahme ist eine Alternative zur Teilnahme vor Ort. Sie soll und kann die persönliche Präsenz und den Austausch mit anderen während des Kongresses jedoch nicht ersetzen“, meint Hohm. Vielmehr wolle man damit die Kapazität eines Kongresszen-trums erhöhen. Denn die Teilnehmerzahl über Internet sei beliebig steigerbar. Zusätzlich profitiert der Kunde von der Möglichkeit, den Kongress nachzubereiten und zu dokumentieren. Für Ver-anstalter von medizinischen Kongressen bietet die Lösung des-halb einen hohen Nutzen. In der Mediathek sind alle Beiträge gespeichert. Der Nutzer kann darauf wie in einer Onlinebibliothek zugreifen. So lässt sich gebündeltes Expertenwissen viel intensi-ver nutzen. Auch Präsenzteilnehmer profitieren: Sie können sich im Nachhinein Parallelveranstaltungen anschauen oder einen Vortrag, an dem sie teilgenommen haben, nochmals im Detail verfolgen.

Flexible Benutzer- und Rechteverwaltung

Wie die Onlineteilnahme ausgestaltet wird, entscheidet der Kunde. Das System bietet eine flexible Benutzer- und Rechteverwaltung. Die Kongressinhalte können für jeden frei zugänglich sein, aber auch durch ein Passwort geschützt werden oder registrierungspflichtig sein. Zudem lässt sich alles noch mit einer Bezahlfunktion kombi-nieren. „Mit m:con_vidoc können sich Kongressveranstalter das Internet als Einnahmequelle erschließen. Für Inhalte, die nicht frei zugänglich sein sollen, bieten wir eine Kreditkartenzahlungsoption an“, erläutert Hohm.

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OrganisationsTickern 4. / 5. Juni 2010, Hilton Hotel, Berlin37. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für prävention und Rehabilitation von herz-kreislauf-Erkrankungen (dGpR) e. V.Die Jahrestagung richtet sich an in der kardiologischen Prävention und Rehabilitation tätige Kardiologen, Allgemeinmediziner, Internisten, Sportmediziner, Psychologen und Mitarbeiter des interdisziplinären therapeutischen Teams. Sie wird in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesverband niedergelassener Kardiologen (BNK) ausgerichtet. Themenschwerpunkt: Strukturfragen der Rehabilitationsmedizin.

n 17. bis 19. Juni 2010, Congress Centrum Saar, Saarbrücken36. Jahrestagung der Gesellschaft für neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GnpI) und 18. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (dGpI)Im Mittelpunkt des Kongresses stehen Infektionen und ihre Konse-quenzen in der Intensivmedizin für Neugeborene (Neonatologie) und Kinder (Pädiatrie) sowie für bestimmte pädiatrische Risikogruppen in Klinik und Praxis.

n 16. bis 19. September 2010, Filmpark Babelsberg, Potsdam-Babelsberg106. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für kinder- und Jugendmedizin e.V. (dGkJ)Die DGKJ tagt gemeinsam mit der 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, der 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirugie sowie der 32. Tagung der Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger(innen). Im Blickpunkt steht dabei die Darstellung der Gesundheit kranker Kinder als einer multiprofessio-nellen Gesamtaufgabe.

n 7. bis 9. Oktober 2010, Congress Center Nürnberg34. herbsttagung der deutschen Gesellschaft für kardiologie – herz- und kreislaufforschung e.V. (dGk) und 21. Jahres-tagung der aG herzschrittmacher und arrhytmieDie traditionelle Herbsttagung der Kardiologen findet dieses Jahr in Nürnberg statt. Anders als die wissenschaftlich ausgerichtete Jahres -tagung im Frühjahr dient die Veranstaltung primär der Fortbildung der Teilnehmer.

Pilotprojekt erfolgreich

Seine Feuertaufe hat m:con_vidoc erfolgreich bestanden: Zum ers-ten Mal kam es beim 116. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zum Einsatz, der im April in Wiesbaden stattfand und mit dessen gesamter Organisation m:con betraut war. Bei dem Pilotprojekt wurden fünf Sitzungen jeweils parallel gefilmt. Insgesamt konnten Abonnenten über 100 ausgewählte Sitzungen mit mehr als 300 Vorträgen live im Internet verfolgen. Wer den Kon-gress verpasst hat, kann im Nachgang zu der Veranstaltung über die Kongresshomepage darauf zugreifen. Unter http://www.dgim2010.de/ erreicht man mit einem Klick den gewünschten Beitrag. „Es war ein erfolgreicher Start für m:con_vidoc“, bestätigt Hohm. Die Mög-lichkeit zur virtuellen Kongressteilnahme ist ein zukunftsweisendes Angebot, mit dem m:con seine umfassende Servicekompetenz unter Beweis stellt: „Wir setzen auf innovative Technologien, um unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten zu können“, unterstreicht Geschäftsführer Michel Maugé. (epi)

Weitere Informationen unter nhttp://streaming.mcon-mannheim.de/1/watch/38.aspx nhttp://www.mcon-mannheim.de/de/Technik-_und_Medien-

management.htm

Erfolgreiche Premiere: Mehr als 300 Vorträge des 116. Kongresses der DGIM konnten die Nutzer live im Internet verfolgen. Dabei waren die Präsentationsfolien in den Stream integriert.

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Nobelpreisträger Timothy Hunt über die Bedeutung von Konferenzen für seine Karriere„Why we meet“

Meetings und Konferenzen können die Karriere eines jungen Wissenschaftlers begründen. Davon ist der britische Biochemiker

Timothy Hunt überzeugt. Der Nobelpreisträger besuchte bereits als junger Doktorand häufig wissenschaftliche Kongresse und blieb

dieser Leidenschaft bis heute treu. m:convisions-Redakteurin Carola Kappe sprach mit Timothy Hunt darüber, welche Bedeutung

Konferenzen und Kongresse für sein Berufsleben haben.

dr. hunt, erinnern Sie sich an die erste konferenz, an der Sie teilgenom-men haben? Ja, das war eine Konferenz in Cambridge 1965. Ich war 22 Jahre alt. Sie war in zweierlei Hinsicht von Bedeutung für mich. Zum einen fand ich dort das Thema meiner Dissertation. Einer der Redner stellte seine Forschungsergebnisse zur Synthese von Globin – einem Polypeptid, das man als Hämoglobin vom Blutfarbstoff kennt – aus Blutzellen vor. Später im Labor stellten meine Kommilitonen und ich fest, dass seine Analyse vollkommen falsch war. Wir beschlossen, an diesem Forschungsgegenstand selbst weiterzuarbeiten. Zum anderen hat es mich damals gefesselt, all die großartigen ausländischen Wissen-schaftler zum ersten Mal leibhaftig erleben zu können. Ich war ja noch unerfahren und gerade erst mit meinem Studium fertig geworden.

Wie häufig nehmen Sie an kongressen und konferenzen teil? Das variiert sehr stark. Es gab ein, zwei Jahre, in denen ich an keiner einzigen Kon-ferenz teilgenommen habe. Dann gab es Phasen, in denen ich beinahe wöchentlich auf Kongressen zu finden war. Wenn man in einem For-

schungsgebiet arbeitet, das stark nachgefragt ist, werden Konferenzen in sehr hoher Termindichte anberaumt. Da man dabei immer wieder denselben Experten begegnet, fühlt man sich verpflichtet, jedes Mal neue Resultate zu präsentieren. Aber ein, zwei Wochen zwischen zwei Veranstaltungen sind viel zu kurz, um wirklich Neues herauszufinden. Heute nehme ich alle zwei bis drei Monate an Konferenzen teil.

Was macht Ihrer Erfahrung nach eine erfolgreiche konferenz aus? Der wichtigste Aspekt für eine erfolgreiche wissenschaftliche Konferenz ist, dass das Thema klar umrissen und relevant ist. Die meisten – mich eingeschlossen – bevorzugen kleine Konferenzen mit einem deutlichen und engen Fokus. Als zum Beispiel erste Erforschungs-ergebnisse zeigten, wie der Zellstoffwechsel abläuft, kamen die führenden Experten zu zwei oder drei Konferenzen zusammen, die bahnbrechende Bedeutung für die weitere Forschungsarbeit hatten. Denn die Wissenschaftler trafen sich teilweise zum ersten Mal persönlich und konnten neue Ansätze diskutieren. Dabei wurde

Timothy Hunt (vorne links) beim Wiener Nobelpreisträger-seminar 2007

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Sir Timothy Hunt, geboren am 19. Februar

1943, ist ein britischer Biochemiker. 2001

erhielt er zusammen mit Paul Nurse und

Lelan H. Hartwell den Nobelpreis für Medizin

für ihre Erkenntnisse über die Zellteilung, die

neue Wege in der Krebstherapie ermöglichen. Hunt arbeitet am London

Research Institute der Cancer Research UK.

unvorstellbar viel Wissen ausgetauscht. Es waren unvergessliche Tagungen, und ich betrachte es als großes Privileg, daran beteiligt gewesen zu sein. Jedes einzelne Gespräch war hochinteressant und lieferte neue, bedeutende Erkenntnisse.

Welchen Zweck erfüllen konferenzen für Sie? Vor allem: Kollegen zu treffen und zu erfahren, woran sie gerade arbeiten. Das macht Kon-ferenzen ungeheuer bedeutungsvoll. Zudem bieten sie die wertvolle Chance, unmittelbar Fragen stellen zu können, was nicht möglich ist, wenn man einen Fachartikel liest. Natürlich genießen es die meisten Wissenschaftler auch, über ihre Arbeit zu sprechen. Sie sind stolz auf das, was sie erreicht haben, und wollen es die ganze Welt wissen lassen. Überdies sind Konferenzen eine hervorragende Gelegenheit, Kollegen menschlich kennenzulernen, nicht nur in ihren Rollen als Experten. Ich erinnere mich gut an eine Tagung des Jahres 1969. Ich hatte gerade eine längere Abhandlung gelesen und stellte mir die Autoren als sehr alt und weise vor. Einfach des-halb, weil ich selbst noch recht jung war. Als ich ihnen jedoch auf jener Tagung begegnete, musste ich feststellen, dass sie kaum älter waren als ich. Das war geradezu schockierend. Man entwickelt von jemandem, dem man bislang persönlich nicht begegnet ist, häufig eine von der Realität abweichende Vorstellung. Wissenschaftliches Arbeiten beruht aber stark auf Vertrauen, und das baut sich sehr viel leichter durch persönliche Begegnungen auf.

Welche Bedeutung messen Sie dem Veranstaltungsort bei? Ich finde den Veranstaltungsort ziemlich bedeutsam. Besonders dem Vortragssaal kommt eine Schlüsselrolle zu. Ideal ist ein heller und komfortabler Raum, in dem die Redner gut zu sehen und zu verste-hen sind. Darüber hinaus ist die Stadt wichtig, in der die Konferenz stattfindet. Ich bin dagegen, Tagungen in Metropolen wie Paris oder London abzuhalten. Dort bleiben die Teilnehmer abends nicht zusammen, das Angebot ist einfach zu groß. Meiner Meinung nach ist es besser, wenn sie sich auch nach den Sessions austauschen. Solche informellen Begegnungen haben eine große Auswirkung auf das kollegiale Beziehungsgeflecht. Und es ist angenehm, die Kollegen in entspannter Atmosphäre zu erleben.

n16./17. Juni 2010plM-Forum 2010Der Weltmarktführer von 3-D- und Product-Lifecycle-Management-Lösungen (PLM), Dassault Systèmes, bringt die wichtigsten Anwender und Entwickler zum Erfahrungsaustausch zusammen.

n25./26. Juni 2010aSCI 2010 – advances in Cross-Sectional ImagingBildgebende Diagnoseverfahren, etwa Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT), stehen im Mittelpunkt des Symposiums.

n15. bis 17. September 2010deutscher Straßen- und Verkehrskongress 2010Nachhaltigkeit, Zukunft des Straßenbaus und Verkehrsplanung sind Themen des Kongresses der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV).

n21. bis 25. September 201083. kongress der deutschen Gesellschaft für neurologie (dGn)Die DGN veranstaltet gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN), der Deutschen Gesell-schaft für Neuroradiologie (DGNR), der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC) sowie der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) die „Neurowoche“.

n28. September 2010dEkOG – 1. deutscher kongress Gesundheitsversorgung Der Kongress führt die Akteure der Gesundheitswirtschaft – vom Krankenhaus über die Krankenkassen bis hin zur Life-Science-Industrie – zusammen (www.dekog.de).

n29. September bis 2. Oktober 20107. Jahrestagung deutsche Vereinte Gesellschaft für klinische Chemie und laboratoriumsmedizin (dGkl)Begleitend zum Kongress der DGKL findet vom 30. September bis 1. Oktober eine Fachmesse für Labordiagnostik und Bioanalytik statt.

n6. Oktober bis 9. Oktober 2010deutscher Schmerzkongress 2010Über 2.500 Ärzte, Psychologen, Physiologen und Naturwissenschaftler anderer Disziplinen erwartet ein vielseitiges Programm.

n27. bis 30. Oktober 201044. Fortbildungsveranstaltung für hals-nasen-Ohren-ÄrzteVier Tage lang dreht sich alles um die neuesten Behandlungsmethoden in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.

n5. November 2010adaM & EVa award 2010Bei der Jahreshauptversammlung des FAMAB Verband Direkte Wirt-schaftskommunikation e. V. treffen sich die führenden Köpfe der Mes-se- und Eventbranche zum ersten Mal im Congress Center Rosengarten. Höhepunkt ist die ADAM- und EVA-Preisverleihung.

KongressTickerKongresse im Congress Center Rosengarten

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News News NewsEventTickerKultur im Congress Center Rosengarten

n10. Juni 2010pro arte: Jubiläumskonzert: James Galway (Flöte)/ Russische kammerphilharmonieDer „König der Querflöte“ James Galway verzaubert sein Publikum nicht nur mit seiner Musik, sondern auch mit seiner charmanten Persönlich keit und seinem unfassbar breiten Repertoire.

n 12. und 13. Juni 2010m)))motion International dance Masters und deutsche tanzschulmeisterschaft dat 2010Es ist ein wahres Fest des Tanzes: Über 100 Turniere verschiedener Disziplinen erwarten die Tänzer und das enthusiastische Publikum im Rosengarten. Junge, dynamische Disziplinen wie Hip-hop, Discofox,

Videoclip oder Salsa werden genauso das Publikum begeistern wie die Deutsche Tanzschulmeisterschaft DAT der Hobby- und Sportpaare.

n 26. Juni und 29. Juni 20108. akademiekonzert 2009/2010Franz liszt, Eine Faust-Symphonie für tenor, Männerchor und Orchester. dirigent: dan Ettinger, Solist: István kovácsháziAls krönenden Abschluss der Konzertspielzeit 2009/2010 präsentiert Dan Ettinger, Generalmusikdirektor des Nationaltheaters Mannheim, mit der Faust-Symphonie ein Werk, das heute nur noch sehr selten in deutschen Konzertsälen erklingt.

n 31. August bis 2. September 2010YaMatO – the drummers of Japan – Show „Matsuri Fiesta“

Die japanischen Trommler bieten eine atembe-raubende Mischung aus traditioneller Trommel-kunst und zeitgenössischer Choreografie. In ihrer Show „Matsuri Fiesta“ steht die Taiko-Trommel im Mittelpunkt, die untrennbar mit dem tradi-tionellen japanischen Fest Matsuri zu Ehren der Shinto-Gottheiten verbunden ist.

n 21. Oktober 2010StatuS QuO plus Special Guest: Spider Murphy Gang „tour 2010“Originell, einmalig und von totaler Durchschlagskraft: Erstmals gehen die legendären Boogierocker von Status Quo und die bayerische Rock-’n’-Roll-

Institution Spider Murphy Gang gemeinsam auf Deutschlandtournee. Das bietet die doppelte Dosis an Stimmung und Hits.

n Mannheim setzt Zeichen in Sachen „Green Meeting“: künftig wird es bei großen kongressen einen Shuttle-Service mit Elektroautos geben. das Mannheimer Energieunternehmen MVV Energie, das Mannheimer Bekleidungshaus Engelhorn sowie die Mannheimer kon-gressgesellschaft m:con starten gemeinsam dieses projekt. Es ist teil des neu-en projektes „Elektromobi-lität in Mannheim“.

Die drei Mannheimer Unternehmen wollen damit die umweltfreundliche Zukunfts-technologie Elektromobilität im wahrsten Sinn des Wortes „auf die Straße“ bringen. Sobald die erforderlichen Elektrofahrzeu-ge am Markt beschafft werden können, wird während wich-tiger Kongresse ein Pendelver-kehr zwischen Hauptbahnhof, Rosengarten und Innenstadt angeboten. Die Projektpartner hoffen, mit dem Shuttle-Service im Herbst starten zu können. Bereits jetzt können Besitzer von Elektrofahrzeugen auf dem Vorplatz des MVV-Hochhauses am Luisenring kostenlos ihre Autos oder Roller mit Strom aus erneuerbaren Energien aufladen. Zwei weitere Lade-säulen sollen bis Herbst beim Congress Center Rosengarten sowie bei Engelhorn in der Kunststraße installiert sein. Das Projekt „Elektromobilität für Mannheim“ ist für die Stadt ein bedeutender Schritt hin zu einem „grünen Standort“.

n tagen zum Festpreis: Spe-ziell für tagungen mit bis zu 300 teilnehmern hat die m:con Gmbh, Mann-heim, jetzt ein attrakti-ves paket geschnürt, den „tagungs(t)raum 69“. das ist eine tagungspauschale pro teilnehmer von 69 Euro brutto, die alle kosten voll abdeckt.

Mit „Tagungs(t)raum 69“ möchte m:con vor allem Unter-nehmen oder Organisationen ansprechen, die kleinere Semi-nare, Workshops, Tagungen oder Konferenzen planen und dabei auf professionelle Tagungs-technik nicht verzichten wol-len. In der Tagungspauschale sind neben dem Tagungsraum inklusive Beamer und Ton-technik auch Kaffeepausen am Vor- und Nachmittag, Business-Lunch sowie zwei Tagungsge-tränke enthalten. Mit moder-nen Tagungsräumen und einem stilvollen Ambiente bietet das Congress Center Rosengarten in Mannheim einen idealen Rahmen für Veranstaltungen verschiedenster Inhalte. Nach Absprache unterstützt m:con Kunden auch bei der Planung und Organisation. Weitere Informationen unter: www.rosengarten-mannheim.de/de/Tagungstraum-69.htm

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News News

IMPRESSUM

m:convisionsDas m:con-Magazin für die Kongress-Branche

Herausgeberm:con – mannheim:congress GmbHRosengartenplatz 2, 68161 MannheimTelefon +49.621.4106-0, Telefax +49.621.4106-200www.m:con-mannheim.de

RedaktionPublik. Agentur für Kommunikation GmbHRheinuferstraße 967061 LudwigshafenTelefon +49.621.963600-0, Telefax +49.621.963600-50www.agentur-publik.de

Ulrich Erler (ue), Saskia Höhne (sah), Carola Kappe (cka), Stephan De Maria (sdm), Dr. Eva Pinter (epi) (verantwortlich)

RedaktionsbeiratUniv.-Prof. Dr. Hans H. Bauer, Dekan, Universität Mannheim; Prof. Dr. Hans Rück, FH Worms; Prof. Helmut Schwägermann, FH Osnabrück; Lutz P. Vogt

FotosBB Promotion; Sven Bratulic, m:con; Deutsche Sport-Marketing, Axel Achten; Deutsche Zentrale für Tourismus e.V.; Marios Joannou Elia; Folkwang Universität, Georg Schreiber; Timo Graf; Getty Images, Michael Blann; Getty Images, Andrew Peacock; Horst Hamann; Dirk Häger; Timothy Hunt; JESS! PR; Adele Landauer; LUKOM Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft mbH; Mannheimer AG Holding; Mercedes-Benz Museum; Dr. Marius Müller, m:con; ÖZBPH, G. Fritz; Panthermedia; Eduardo Perez, m:con; picture-alliance, Frank May; Sabine Schirdewahn; Professor Dr. Peter Schlobinski; Hanns-Dietrich Schmidt; Martin Sigmund, Staatsoper Stuttgart; Barbara Staubach; Studio Babelsberg AG; Theater im Pfalzbau; ZDF, Klaus Wedding

Konzeption & GestaltungM.A.D. Kommunikation GmbHFrankfurter Straße 121, 63067 Offenbach / MainTelefon +49.69.82998-0, Telefax +49.69.82998-11www.mad-kommunikation.de

ArtdirektionMichael Hoffmeyer

Druckabcdruck GmbHWaldhofer Straße 19, 69123 HeidelbergTelefon + 49.6221.8446-0, Telefax + 49.6221.840600www.abcdruck.de

Verantwortlich: Michel Maugé (m:con)

Ausgabe 12/Mai 2010. Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten.

n der Event- und kon-gressorganisator m:con – mannheim:congress Gmbh hat 2009 sein erfolgreichs-tes Jahr in der über 100-jäh-rigen Geschichte geschrie-ben und trotzte damit der Wirtschaftskrise.

Der Gesamtumsatz von m:con stieg 2009 um 11 Prozent, von knapp 18 Millionen Euro (2008) auf 20 Millionen Euro. In beiden Sparten des m:con-Port-folios – Betreibung des Rosen-gartens und externe Kongress-organisation – erhöhten sich die Umsätze zweistellig. Das externe Organisationsgeschäft, das m:con mit der Ausrichtung wissenschaftlicher Tagungen in Deutschland und im benach-barten Ausland erzielt, legte von 4,5 Millionen Euro (2008) um 1,3 Millionen auf 5,8 Millionen Euro im Jahr 2009 zu. Der Umsatz des

Congress Center Rosengarten konnte von 12,8 Millionen Euro auf 13,9 Millionen Euro gestei-gert werden. Damit hat der Rosengarten eine Spitzenstel-lung erreicht. Als entscheidend für diesen Erfolg betrachtet m:con vor allem seine vor sechs Jahren eingeführte Full-Service-Strategie. m:con übernimmt für

seine Kunden auf Wunsch die gesamte Organisation der Ver-anstaltung, von der Konzeption über Technik und Catering bis hin zur Finanzierung.

n die Internationale Event- & Congress-akademie in Mannheim (IECa) professi-onalisiert ihr angebot wei-ter: die einjährige Weiter-bildung zum International Event Organiser (IEO) wird jetzt in kooperation mit der Industrie- und handelskam-mer Rhein-neckar als Zerti-fikatslehrgang angeboten.

Der ein Jahr dauernde IHK-Zertifikatslehrgang zum IEO berücksichtigt in seinem Lehrplan die aktuellen Ent-wicklungen der Branche. Die Lehrinhalte der berufsbeglei-tenden Weiterbildung entspre-chen den hohen Anforderungen der täglichen Praxis. Experten vermitteln den Absolventen Wissen im Projektmanagement und Veranstaltungsmarketing, in Budgetierung sowie über rechtliche Grundlagen. Das Angebot richtet sich vor allem an Quereinsteiger aus anderen Fachrichtungen, die jedoch im Umfeld von Veranstaltungen tätig sind. Der nächste Kurs startet am 24. September 2010.

Weitere Informationen zur IECA und ihrem Angebot unter www.ieca-mannheim.de.

n Mannheim überzeugt als kongressstandort: Zur Jahreshauptversammlung des FaMaB Verband direk-te Wirtschaftskommuni-kation e. V. treffen sich die führenden köpfe der Mes-se- und Eventbranche am 5. november zum ersten Mal im Mannheimer Rosen-garten. höhepunkt ist die adaM- und EVa-preisverlei-hung, bei der die Branchen-awards vergeben werden.

Über 1.000 Meinungsbildner und Entscheider aus der deut-schen Wirtschaft, aus Marke-ting-Eventagenturen und Mes-sebauunternehmen sowie Archi-tekten und Designer werden im Mannheimer Rosengarten erwartet. Abschluss und Höhe-punkt der Veranstaltung bildet die ADAM- und EVA-Preisverlei-hung. ADAM steht für „Award der ausgezeichneten Marken- und Messeauftritte“, mit dem beispielhafte Marken- und Mes-seauftritte prämiert werden. Der „Event Award“ EVA wird für Livekommunikationsmaß-nahmen vergeben, die exempla-risch Marketingbotschaften in direkter, emotionaler und effi-zienter Art und Weise vermit-teln. Konzipiert und organisiert werden Jahreshauptversamm-lung sowie die ADAM- und EVA-Preisverleihung von pro event live-communication GmbH in Heidelberg.

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SChluSSpunkt

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Wer nichts zu sagen hat, sollte tunlichst sei-ne Mitmenschen mit der Inszenierung seines Leerlaufs verschonen. Denn Inszenierung ohne Inhalt ist weniger als nichts. Es ist die pro-grammierte Enttäuschung. Nur das vollkom-

men abgestumpfte Publikum wird sich blenden lassen. Und hat es damit auch verdient. Denn wo nichts ist, gibt’s keinen Genuss: Die kunstvolle Pralinenschachtel, deren Inhalt den Gaumen verhöhnt; der Edelflakon, der das Nichts entlässt; die Matroschka, die viel verspricht und nichts hält; sie alle potenzieren die Enttäuschung. So viel vorab.

Wer allerdings eine Botschaft hat, sollte sie inszenieren. Denn das bedeutet, das Gegenüber als Wesen mit vielen Rezeptionskanä-len ernst zu nehmen. Wenn eine Botschaft ankommen soll, muss sie die Zuhörer auch zu Zuschauern und Mitfühlern machen. Die Teleakademie mit noch so brillanten, wortgewaltigen Vorträgen wird nie so viele Menschen berühren wie eine gut inszenierte Wis-senschaftsreportage. Wobei auch das gesprochene Wort allein schon Inszenierung ist. Stimme ist nicht gleich Stimme. Stimme ist Seele, ist Persönlichkeit. Wer mit ihr gestaltet, inszeniert. Und es ist eine Illusion, dass es einen puren, reinen Inhalt geben könnte, dessen wahren Gehalt wir durch eine Inszenierung deformieren. Alles ist Inszenierung, sogar die Natur selbst ist Inszenierung. Siehe Quantenphysik: Wenn keiner das Photon beobachtet, ist es unde-finiert, weder Welle noch Teilchen. Erst durch die Art und Weise, wie gemessen wird, manifestiert sich der Inhalt. Die Inszenierung des Wahrnehmungsprozesses entscheidet über die Botschaft. Ohne Inszenierung ist Kommunikation fade wie eine Sinfonie, in der das Orchester einstimmig die Melodie spielt, oder ein Menu, das nicht angerichtet, sondern im Mixer auf seine Inhaltsstoffe reduziert wird. Beim Design ist es klar: Form follows function. So ist es auch in der Kommunikation von Wissenschaft. Die Inszenierung folgt dem Inhalt. Wenn’s passt, ist es ein wahrer Genuss.

Ingolf Baur, Wissenschaftsjournalist bei SWR und ZDF/3Sat, Moderator von „Odysso“ und „nano“

„Hast du einen Powerpoint oder hast du was zu sagen?“ – heißt eines der geflügelten Worte, die sich angesichts der Powerpoint-Invasion der letzten Jahre herausgebildet haben. Wer heute wissenschaftliche Kongresse anhört, wird fest-

stellen, dass es kaum noch einen gibt, der dem gesprochenen Wort traut. (...) Wirklich gut gemachte, auf hohem Niveau unterhaltsa-me und durch ihre Sprache fesselnde Vorträge beweisen aber das Gegenteil: Menschen sind durchaus in der Lage, länger zuzuhören, vorausgesetzt es lohnt sich und der Redner hat sich der Anstren-gung einer gut konstruierten und strukturierten, dazu farbig for-mulierten Rede ausgesetzt. Powerpoints dienen auch dazu, diese Anstrengung zu umgehen. (...) Stattdessen werden nicht selten die eingeblendeten Folien vorgelesen – der Hörer fühlt sich zu Recht für dumm verkauft, schaltet geistig ab oder lässt sich ablenken (...).

Der Hang zur Inszenierung macht selbst vor Wissenschaftsor-ganisation nicht halt. Sogar der Deutsche Hochschulverband, die Berufsvertretung der Professoren, organisiert bei seinen Jahresver-sammlungen inzwischen Wissenschaftsgalas. (...) Wieso suchen sie die seichte Unterhaltung, die sie entweder langweilt oder deplatziert erscheint, anstatt sich mit geistreichen Vorträgen zu erfreuen, die weder humorlos noch unverständlich sein müssen? (...)

Der Inszenierungscharakter jeglichen Auftritts ist auch in Wirtschaftskreisen gang und gäbe. Amerikanische Manager lieben schon lange die einfache Botschaft und viel Performance (...). Auch in deutschen Unternehmen ist die Inszenierung inzwischen so in den Vordergrund gerückt, dass manche Wirtschaftsvertreter ein-fach nicht mehr wissen, (...) für welche Inhalte sie stehen. Events übersetzten zentrale Botschaften der Marketingkommunikation in tatsächlich erlebbare Ereignisse, heißt es in den Beschreibungen der Marketingmanager. Es geht also offenkundig darum, verbal zu vermittelnde Botschaften in Erlebnisse aufzulösen, kurz, durch Inszenierung zu ersetzen. (...) Sollte es dabei bleiben, wird es vielen Nachdenklichen zu schaffen machen, wenn sie nur noch Sinn- und Inhaltsleere in ihrem Arbeitsleben entdecken. Das hält niemand auf Dauer aus. (...)

Dr. Heike Schmoll, Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen ZeitungAuszug mit freundlicher Genehmigung von SWR

Pro und KontraSollte man wissenschaftliche Inhalte inszenieren?

„Ohne Inszenierung ist Kommunikation fade.“

„Hast du einen Powerpoint oder hast du was zu sagen?“

Mai 2010

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Der neue Pfalzbau.Mit einer Vielseitigkeit, die Sie begeistern wird.

Herzklopfen. Spannung. Schönheit: Der Pfalzbau verkörpert alles, was Sie sich vorstellen

können. Aus der Mitte der Pfalz tritt er an, die Eventlocation der Region zu werden.

Nach einer umfangreichen Generalsanierung präsentiert sich der Pfalzbau seit Septem-

ber 2009 in neuem Glanz: neue Räume, neue Technik, neue Ausstattung bis ins Detail

auf höchstem Niveau.

Theater, Kongresse und Konzerte – mit diesem Dreiklang wird der Pfalzbau künftig

neue Maßstäbe setzen. Als kulturelle Attraktion in der Region und als innovative

Location für Veranstaltungen aller Art. Diese Überschneidungen von Business

und Kultur schaffen einzigartige Möglichkeiten für eine erfolgreiche Vermarktung.

m:con hat dabei die Positionierung des Pfalzbaus im internationalen Kongressmarkt

übernommen. So wird der Pfalzbau einerseits zur Kongresslocation mit eigenen PCO –

und behält andererseits seinen Charme und seine Attraktivität für die Region Pfalz

und für das Land Rheinland-Pfalz.

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A-ZerviceEffektivität und Erfolg durch die umfassenden Service-leistungen von m:con. Das Full Service-Verständnis von m:con beginnt weit vor der Veranstaltungsplanung und endet nicht nach dem Schlussapplaus. Von der Konzeption und Organisation über Finanzierung, Marketing, Sponso-ring, Referentenbetreuung, technische Abwicklung und dem Rahmenprogramm – eine gelungene Dokumentation und Budgettransparenz gehören dazu wie professionelles Feedback-Management. Das nennen wir Full Service oder A–Zervice.

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„Die m:con Servicekampagne Zu Gast in unserer Stadt ist ein wesentlicher Mehrwert für unser Leistungsangebot. Sie sind Kunde, VIP und Gast gleichermaßen. Herzlich willkommen in Mannheim.“