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Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Aus der Klinik für Neurologie Evaluation der Langzeit-Effekte schwacher transkranieller Gleichstromstimulation des Kleinhirns auf assoziativ motorische Lernvorgänge am Beispiel der Blinkreflex-Konditionierung I n a u g u r a l d i s s e r t a t i o n zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin durch die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Vorgelegt von Otilia Negruta aus Chisinau 2019

Medizinische Fakultät Universität Duisburg-Essen · 2019. 7. 23. · VI. Fragestellung ... Verbindung wird der Lobus flocculonodularis genannt. Außerdem besitzt das Cerebellum

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Medizinische Fakultät der

Universität Duisburg-Essen

Aus der Klinik für Neurologie

Evaluation der Langzeit-Effekte schwacher transkranieller Gleichstromstimulation

des Kleinhirns auf assoziativ motorische Lernvorgänge am Beispiel der

Blinkreflex-Konditionierung

I n a u g u r a l d i s s e r t a t i o nzur

Erlangung des Doktorgrades der Medizindurch die Medizinische Fakultätder Universität Duisburg-Essen

Vorgelegt vonOtilia Negrutaaus Chisinau

2019

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Dekan: Herr Univ.-Prof. Dr. med. J. Buer 1. Gutachter: Herr Prof. Dr. med. M. Gerwig2. Gutachter: Herr Priv.-Doz. Dr. rer. nat. M. Hadamitzky

Tag der mündlichen Prüfung: 3. Juli 2019

2

Diese Dissertation wird über DuEPublico, dem Dokumenten- und Publikationsserver derUniversität Duisburg-Essen, zur Verfügung gestellt und liegt auch als Print-Version vor.

DOI:URN:

10.17185/duepublico/70285urn:nbn:de:hbz:464-20190723-072630-0

Alle Rechte vorbehalten.

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Poster- und Kongressbeitrag:

1. Negruta O, Hulst T, Timmann D, Gerwig M. Langzeiteffekte cerebellärer

transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) auf assoziativ-motorische

Lernvorgänge. Posterbeitrag 15. Forschungstag der Medizinischen Fakultät

Universitätsklinikum Essen am 18.11.16.

2. Negruta O, Hulst T, Timmann D, Gerwig M. Langzeiteffekte cerebellärer

transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) auf assoziativ-motorische

Lernvorgänge. Vortrag. In: Freie Vorträge: Stimulationsverfahren. Jahrestagung

der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Leipzig 2017. (Abstract eBook

2017 der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), S.218.

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis 4

A. Einleitung 6

I Einführung 6

II. Anatomie des Cerebellums 8

1. Makroskopischer Aufbau des Cerebellums 8

2. Mikroskopischer Aufbau des Cerebellums 10

III. Physiologie des Cerebellums 10

1. Neurale Verschaltung des Cerebellums 10

2. Rolle des Cerebellums für die Motorik 11

3. Rolle des Cerebellums für kognitive Funktionen 12

IV. Cerebellum und Lernvorgänge 13

1. Klassische Konditionierung 13

2. Neurophysiologie des Blinkreflexes 14

3. Blinkreflexkonditionierung - tierexperimentelle Befunde 16

4. Blinkreflexkonditionierung - humanexperimentelle Befunde 16

V. Nicht-invasive Stimulationsverfahren 17

1. Grundlagen der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) 17

2. Grundlagen der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) 18

3. Mögliche unerwünschte Effekte der Stimulation 18

4. Befunde mit tDCS am Cerebrum 19

5. Befunde mit tDCS am Cerebellum 19

VI. Fragestellung 21

B. Probanden und Methoden 23

I. Probandenkollektiv. 23

1. Vorbereitung der Probanden 24

II. Versuchsaufbau 25

1. Versuchsablauf 25

2. Aufzeichnung der Blinkreflexkonditionierung 28

3. Vorbereitung der transkraniellen Gleichstromstimulation 29

4. Daten der elektromyographischen Aufzeichnung 31

5. Statistische Auswertung 32

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C. Ergebnisse 34

I. Auswertung der Blinkreflexantworten 34

1. Inzidenzen der konditionierten Antworten 34

2. Befunde der Extinktion 36

3. Timing der konditionierten Antworten (CR Onset und CR Peaktime) 36

4. Integral der Größe konditionierter Antworten (CR Area und CR Area bei

Intervall 50ms) 41

5. Spontan-und Alpha-Blinkrate 45

6. Auswertung der ersten 20 ungepaarten (unkonditionierten) Trials (UR) 46

D. Diskussion 49

I. Effekte der transkraniellen Gleichstromstimulation auf das Cerebellum 49

1. Einfluss der tDCS auf die Inzidenz konditionierter Blinkreflexantworten

während der Akquisition und Konsolidierung 49

2. Einfluss der tDCS auf das Timing und die Größe von konditionierten

Blinkreflexantworten 53

3. Einfluss der tDCS auf Extinktion der akquirierten Blinkreflexantworten 55

4. Neurophysiologischer Hintergrund modulierter Kleinhirnfunktionen 57

II. Ausblick 60

1. Limitierende Faktoren für konstante Reproduzierbarkeit von tDCS Effekten

am Kleinhirn 60

2. Verbesserung der Reproduzierbarkeit und der Wirkungsweise der tDCS 60

E. Zusammenfassung 63

Literaturverzeichnis 64

Abbildungsverzeichnis 73

Tabellenverzeichnis 74

Anhang 75

Danksagung 89

Lebenslauf 90

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A. Einleitung

I. Einführung

Das Cerebellum ist zu einem erheblichen Anteil in das Erlernen, die Koordination und die

Feinabstimmung von Bewegungsabläufen eingebunden. Es stellt eine bedeutende

Koordinationseinheit für unsere Motorik dar. In den letzten Jahren ergaben sich auch

Hinweise auf eine Beteiligung an kognitiven Funktionen. Das Cerebellum plant

Bewegungen derart genau, dass etwa beim Greifen von Gegenständen diese nicht

verfehlt werden, wir nicht zu fest oder zu locker zugreifen oder aber auch das

Gleichgewicht bei allen möglichen Handlungen beibehalten können.

Das Cerebellum spielt insbesondere eine zentrale Rolle für das Erlernen von motorischen

Vorgängen. Hier werden motorische Antworten moduliert und die Muskelaktivität

koordiniert. Dieser Bewegungsentwurf gelangt dann über den Thalamus zum Motorkortex

im Großhirn, dann weiter über die Pyramidenbahn zum Rückenmark und zu den

betreffenden Muskeln (Trepel 2017). Ein sehr gut erprobtes Modell für die

kleinhirnabhängigen Lernvorgänge stellt die klassische Blinkreflexkonditionierung dar

(Gerwig et al., 2007; Heiney et al., 2014). Dazu wird wie in früheren Versuchen auch in

dieser Arbeit ein konditionierter Stimulus, ein Ton, in einer festgelegten Reihenfolge

zeitlich vor einem unkonditionierten Stimulus, einem Luftstoß lateral des Auges appliziert.

Nach wiederholter Präsentation der Stimuli kommt es zum Erlernen der konditionierten

Reaktion, die mit einem Schluss des Augenlides schon nach dem Ton einhergeht (Gerwig

et al., 2007).

Die Bedeutung des Cerebellums für diese Art des assoziativ-motorischen Lernens wurde

durch tier- wie humanexperimentelle Studien bestätigt. Zuerst konnte in

tierexperimentellen Studien gezeigt werden, dass die Blinkreflexkonditionierung nach

Kleinhirnläsionen beeinträchtigt ist (Yeo et al., 1984). Danach folgten Studien bei

Menschen mit Kleinhirnerkrankungen. Auch bei diesen war die Konditionierungsrate, im

Gegensatz zu gesunden Kontrollen, beeinträchtigt. Je nach vorliegender

Kleinhirnerkrankung und Ausdehnung der Läsion sind diese Feinabstimmungen sowie das

Erlernen von Bewegungen und die Konditionierung unterschiedlich deutlich beeinträchtigt

(Gerwig et al., 2010; Ernst et al., 2016; Tran et al., 2017).

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In den letzten Jahren ergaben sich Hinweise für mögliche therapeutische Effekte bei

Anwendung der trankranieller Gleichstromstimulation über Arealen des Großhirns. Mit

dieser nicht-invasiven Stimulation konnte in verschiedenen Studien mit Patienten, die z.B.

einen Schlaganfall erlitten hatten, gezeigt werden, dass Besserungen der motorischen

oder sprachlichen Leistung, je nach Ort der Stimulation am Gehirn und Läsion des

Patienten, möglich sind (Hummel et al., 2005; Baker et al., 2010). Studien, in denen die

transkranielle Gleichstromstimulation am Cerebellum angewandt wird, sind bislang nicht

so zahlreich und Effekte der Stimulation sind nicht einheitlich beschrieben. Jedoch könnte

es möglich sein, auch Funktionen des Cerebellums mit tDCS zu modulieren und diese

Stimulation zukünftig unter therapeutischen Aspekten bei degenerativen

Kleinhirnerkrankungen oder ischämischen Kleinhirnläsionen zu etablieren.

In einer früheren Studie unserer Arbeitsgruppe zur „Evaluation der Effekte schwacher

transkranieller Gleichstromstimulation des Kleinhirns auf assoziativ motorische

Lernvorgänge am Beispiel der Blinkreflexkonditionierung.“ (Bearbeitungsnummer der

Ethik-Kommission: 12-4943-BO) konnte gezeigt werden, dass die transkranielle

Gleichstromstimulation (tDCS) des Kleinhirns implizite motorische Lernvorgänge,

beispielhaft untersucht für die Blinkreflexkonditionierung, bei jungen und gesunden

Probanden moduliert (siehe auch Zuchowski et al., 2014). Unter Anwendung der anodalen

tDCS verbesserte sich die Akquisition, bei kathodaler tDCS war sie reduziert im Vergleich

zur sham Stimulation. Eine nachfolgende Studie von Beyer et al. (2017) untersuchte die

Blinkreflexkonditionierung an weiteren 30 jungen und gesunden Probanden unter

Stimulation von anodaler, kathodaler oder sham Stimulation. Es zeigten sich aber keine

signifikanten Unterschiede für die Konditionierungsraten zwischen den drei Gruppen.

Das Ziel der vorliegenden Studie war es zum einen, die Befunde von Zuchowski et al.

(2014) unter Verwendung von anodaler und sham Stimulation ohne jedoch kathodale

Stimulation zu replizieren. Zudem sollte überprüft werden, ob Langzeiteffekte der tDCS

auf die Konditionierungsleistung, d.h. im Vergleich nach einem Tag, einer Woche und vier

Wochen nach Stimulation nachweisbar sind. Diese Erkenntnisse könnten einen wichtigen

Beitrag zur Entwicklung möglicher therapeutischer Verwendungen der tDCS bedeuten.

Vorab sollen noch die anatomischen und physiologischen Grundlagen zur Funktionsweise

des Cerebellums ausgeführt werden, die für das weitere Verständnis der Arbeit hilfreich

sind.

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II. Anatomie des Cerebellums

1. Makroskopischer Aufbau des Cerebellums

In den folgenden Kapiteln wird unter Einbezug des Lehrbuches „Trepel, Neuroanatomie

Funktion und Struktur“ die makroskopische und mikroskopische Anatomie dargestellt. Das

Cerebellum ist in der hinteren Schädelgrube zu finden und sitzt der Medulla oblongata

und dem Pons von dorsal auf. Es wird von einer Duraduplikatur, dem Tentorium cerebelli,

überdacht, sodass es vom Cerebrum getrennt ist. Des Weiteren ziehen von oben und

unten das Velum medullare superius und inferius vom Cerebellum zum Mesencephalon

und zur Medulla oblongata und bilden das Dach des vierten Ventrikels. Von außen

erkennt man die Aufteilung in zwei Hemisphären und den dazwischen liegenden Vermis.

Kaudal auf der ventralen Seite beidseits des Vermis sieht man den Flocculus. Diese

paarige Struktur ist mit dem Nodulus, dem unteren Teil des Vermis, verbunden. Diese

Verbindung wird der Lobus flocculonodularis genannt. Außerdem besitzt das Cerebellum

ventral kranial einen Lobus anterior und durch die Fissura prima abgegrenzt auch einen

Lobus posterior. Kaudal neben dem Vermis findet man die Kleinhirntonsillen als Teil der

Hemisphären. Das Cerebellum ist mit dem Hirnstamm durch drei Stiele verbunden, über

die verschiedene Tractus verlaufen. Diese nachfolgend beschriebenen Tractus dienen der

Übermittlung von Efferenzen vom Cerebellum und dem Empfang von Afferenzen zum

Cerebellum:

Afferenzen EfferenzenPedunculus cerebellaris inferior

Tractus vestibulocerebellaris

Tractus olivocerebellaris

Tractus spinocerebellaris posterior

Tractus reticulocerebellaris

Tractus cerebellovestibularis

Tractus cerebelloolivaris

Pedunculus cerebellaris medius

Tractus pontocerebellaris

Pedunculus cerebellaris superior

Tractusspinocerebel-laris anterior und superior

Tractus cerebellothalamicus

Tractus cerebellorubralis

Tabelle 1: Es werden die Afferenzen und Efferenzen der Pedunculi cerebellaris inferior,

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medius und superior dargestellt. In der ersten Zeile finden sich die Afferenzen und die

Efferenzen des Pedunculus cerebellaris inferior, in der zweiten Zeile ist die Afferenz zum

Pedunculus cerebellaris medius. In der dritten Zeile werden die Afferenzen und

Efferenzen des Pedunculus cerebellaris superior präsentiert.

Das Cerebellum lässt sich funktionell in das Vestibulo-, Spino- und Pontocerebellum

einteilen. Das Vestibulocerebellum erhält seine Afferenzen von den Vestibulariskernen

und somit Informationen über Körperlage und Bewegungen. Es entsendet Efferenzen zu

den okulomotorischen Zentren der Formatio reticularis und zu den Vestibulariskernen.

Das Vestibulocerebellum hat somit Einfluss auf die Feinabstimmung von

Augenbewegungen und die Stützmotorik des Rumpfes. Es wird durch den Lobus

flocculonodularis repräsentiert.

Das Spinocerebellum erhält seine Afferenzen vor allem vom Rückenmark über die

Stellung von Rumpf und Extremitäten und den Tonus der Muskulatur. Es entsendet seine

Efferenzen über die Formatio reticularis und den Ncl.ruber zurück zum Rückenmark,

sodass der Muskeltonus und die Bewegungen reguliert werden können. Es wird durch

den Vermis und die paravermale Zone repräsentiert.

Das Pontocerebellum bekommt seine Afferenzen über den Pons und den unteren

Olivenkernkomplex. Seine Efferenzen gelangen zum Ncl. ruber und zum Thalamus. Das

Pontocerebellum ist für das Erlernen und für die Feinabstimmung von willkürlichen

Zielbewegungen verantwortlich. Es wird durch die beiden Hemisphären repräsentiert

(Trepel 2017).

Im Kleinhirnmarklager befinden sich vier bilateral liegende Nuclei cerebelli in der Nähe

des vierten Ventrikels (Tellmann et al., 2015). Der größte Kern ist der Ncl. dentatus, der in

beiden Kleinhirnhemisphären im Pontocerebellum liegt. Medial davon befindet sich der

Ncl. emboliformis, der auch Ncl. interpositus anterior genannt wird und wiederum medial

davon der Ncl. globosus, auch Ncl. interpositus posterior genannt. Der anteriore und der

posteriore Anteil, die in der paravermalen Region liegen, bilden den Ncl. interpositus

(Tellmann et al., 2015). Beide Kerne haben eine Verbindung zum spinocerebellären Teil

des Cerebellums. Ganz medial findet man den Ncl. fastigii, der in Verbindung mit dem

Vestibulocerebellum steht. Die Kerne sind über die Kleinhirnschenkel verbunden und

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können somit Afferenzen und Efferenzen austauschen (Tellmann et al., 2015). Früher

wurde angenommen, dass die Kerne lediglich an motorischen Funktionen beteiligt sind,

doch neuere Studien konnten darlegen, dass sie auch an kognitiven Funktionen beteiligt

sind (Timmann 2012). Des Weiteren wurde festgestellt, dass der anteriore Teil des Ncl.

interpositus eine wichtige Rolle bei der Blinkreflexkonditionierung spielt (Übersicht bei:

(Freeman and Steinmetz 2011).

2. Mikroskopischer Aufbau des Cerebellums

Das Cerebellum gliedert sich in Rinde und Marklager. Im Marklager befinden sich die

Kerne, sowie afferente und efferente Bahnen. Die Rinde des Cerebellums ist in drei Teile

unterteilt. Man unterscheidet von innen nach außen:

Körnerschicht (Stratum granulosum)

Purkinje-Zellschicht (Stratum purkinjense)

Molekularschicht (Stratum moleculare)

Das Stratum granulosum besteht zum größten Teil aus Körnerzellen sowie Golgizellen. In

der Mitte befindet sich das Stratum purkinjense. Es enthält die Purkinjezellen, die von

speziellen Astrozyten, auch Bergmann-Glia genannt, umhüllt werden. Die Purkinjezellen

spielen eine wichtige Rolle, da sie als zentrale Schaltstelle die Impulse aufnehmen und

als einzige Zellen Efferenzen an die Kleinhirnkerne weiter geben. Das Stratum moleculare

enthält vor allem marklose Nervenfasern der Neurone, die aus allen drei Rindenschichten

stammen. Dabei handelt es sich um Dendriten der Purkinjezellen und um afferente Moos-

und Kletterfaseraxone. Außerdem befinden sich in dieser Schicht Korbzellen und

Sternzellen, die über Synapsen Einfluss auf die Informationsweiterleitung der

Purkinjezellen haben (Trepel 2017).

III. Physiologie des Cerebellums

1. Neurale Verschaltung des Cerebellums

Das Verschaltungsprinzip gliedert sich in drei verschiedene Afferenzen zum Kortex des

Cerebellums. Dazu gehören die Moosfaserafferenzen und die Kletterfaserafferenzen.

Die Moosfasern stammen aus den Ncll. pontis, den Ncll. vestibulares und dem

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Rückenmark. Sie geben ihre Afferenzen an die Körnerzellen im Stratum granulosum über

Synapsen weiter, indem sie den exzitatorisch wirkenden Transmitter Glutamat freisetzen.

Die Körnerzellen projizieren die erhaltene Erregung wiederum mit Hilfe des Transmitters

Glutamat über ihre Parallelfasern auf die Dendritenbäume der Purkinjezellen und auf

Korb-und Sternzellen im Stratum moleculare. Gleichzeitig werden die Körnerzellen über

Golgizellen an gemeinsamen Glomerula cerebellaria über GABA gehemmt.

Die Korb- und Sternzellen wirken über ihren Neurotransmitter GABA hemmend auf die

Purkinjezellen. Somit werden die Purkinjezellen gleichzeitig durch die Korb- und

Sternzellen gehemmt und durch die Parallelfaserafferenzen der Körnerzellen erregt.

Die Kletterfasern stammen aus den Ncl. olivares inferiores und erreichen das Cerebellum

über Dendriten der Purkinjezellen. Der hier vorrangige Transmitter ist ebenfalls Glutamat.

Die Purkinjezellen gelten als Zentrum für die Regulation der Afferenzen und geben nach

Summation der Erregung und Hemmung die passende inhibitorische Efferenz über den

Transmitter GABA an die Kleinhirnkerne weiter. Die Bedeutung dieser anatomischen und

physiologischen Begebenheiten für assoziativ-motorische Lernvorgänge wird in den

folgenden Kapiteln ausführlich beschrieben (Trepel 2017).

2. Rolle des Cerebellums für die Motorik

Das Cerebellum stellt eine wesentliche Schnittstelle für das Erlernen, die Steuerung und

die Feinabstimmung der Stützmotorik, Ziel- und Sprechmotorik sowie für die Blickmotorik

dar. Es ist in einem komplexen Regelkreis eingebunden, der im Folgenden näher erläutert

wird. Die Absicht, eine Bewegung durchzuführen, entsteht wahrscheinlich im limbischen

System. Diese Information wird an den motorischen Assoziationskortex in der

Großhirnrinde weitergeleitet, der einen Bewegungsentwurf plant. Um diesen Entwurf zu

vervollständigen, muss er zum Motorkortex, zu den Basalganglien und zum Cerebellum

weitergeleitet werden. Motorische Entwürfe, insbesondere die Feinmotorik betreffend,

werden im Cerebellum moduliert, und die Muskelaktivität wird adaptiv koordiniert. Dabei

werden vor allem Muster von Bewegungsabläufen und Gelenkstellungen abgestimmt.

Anschließend wird dieser modifizierte Bewegungsplan als Efferenz zum Thalamus

geleitet, der ihn wiederum auf den motorischen Kortex projiziert. Von hier aus gelangt die

Information über die Pyramidenbahn zum Rückenmark und in die Peripherie.

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Diese vielfältigen und komplexen Aufgaben sind auf das Spino-, Vestibulo- und

Pontocerebellum verteilt. Die drei Anteile erhalten ihre Afferenzen aus unterschiedlichen

Regionen, verarbeiten diese und geben die Informationen über Efferenzen an die

Zielgebiete weiter. Die Informationen werden über drei verschiedene Bahnen, den

Pedunculus cerebellaris superior, medialis und inferior weitergeleitet.

Diese Afferenzen werden über verschiedene Fasern zu den Purkinjezellen transportiert.

Hier werden die Informationen moduliert und auf die Kerne des Cerebellums projiziert.

Diese Efferenzen gelangen dann hauptsächlich über den Pedunculus cerebellaris

superior zum Thalamus, Ncl.ruber, den Ncll. vestibulares und zur Formatio reticuaris.

Nach Summation der verschiedenen Afferenzen werden diese Informationen durch die

Purkinjezellen verarbeitet und als Efferenz weiter an die Kleinhirnkerne geleitet. Diese

Aktivität der Purkinjezellen wirkt inhibitorisch auf die Kerne. Die Kleinhirnkerne projizieren

wiederum exzitatorisch auf den Thalamus, der inhibitorisch auf den Motorkortex wirkt,

somit die motorische Aktivität hemmt (Grimaldi et al., 2016; Trepel 2017).

Dies bedeutet, dass die Abstimmung motorischer Funktionen von der Aktivität der

Purkinjezellen abhängig ist. Je stärker die Hemmung der Kleinhirnkerne durch die

Purkinjezellen ist, desto schwächer ist deren exzitatorische Wirkung auf den Thalamus

und desto höher ist die motorische Aktivität. Andersherum ist die motorische Aktivität am

niedrigsten, je schwächer die Efferenz der Purkinkjezellen an die Kleinhirnkerne ist. Denn

dann findet wiederum eine schwächere Hemmung der Kleinhirnkerne statt, diese können

den Thalamus stärker aktivieren, sodass der Thalamus den Motorkortex stärker hemmt.

Dieser funktionelle Zusammenhang wird auch als Cerebellar brain inhibition (CBI)

bezeichnet (Grimaldi et al., 2016).

3. Rolle des Cerebellums für kognitive Funktionen

Verschiedene Studien, die sich in den letzten Jahren mit cerebellären Läsionsstudien und

mit funktionellem MRT und PET des Cerebellum beschäftigten, geben Hinweise darauf,

dass das Cerebellum an höheren kognitiven Funktionen beteiligt ist. Vor allem die

posterolateralen Anteile des Cerebellums sollen an der Kognition beteiligt sein (Timmann

2012). Es konnte dargelegt werden, inwieweit verschiedene Bereiche des Cerebellums

bei kognitiven Aufgaben aktiviert werden. Schmahman und Sherman (1998) untersuchten

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20 Patienten mit Kleinhirnläsionen. Dabei stellten sie fest, dass Läsionen des posterioren

Lobus und Vermis zu einer exekutiven Dysfunktion mit gestörter Handlungsplanung und

zu Einschränkungen des Arbeitsgedächtnisses wie auch der Sprechflüssigkeit führen.

Läsionen im anterioren Lobus führen lediglich zu geringen Einschränkungen in diesen

Bereichen. Basierend auf diesen Befunden wurde der Begriff des „cerebellar cognitive

affective syndrome“ geprägt. Dies lässt sich auf gestörte Verbindungen zwischen dem

limbischen, präfrontalen, parietalen, temporalen und posterioren Kortex mit dem

Cerebellum zurückführen. Vor allem die posterioren inferioren Anteile des Cerebellums

scheinen besonders wichtig für die Kognition zu sein, während die vermalen Regionen

u.a. für affektive Funktionen wichtig zu sein scheinen (Schmahmann und Sherman 1998).

IV. Cerebellum und Lernvorgänge

1. Klassische Konditionierung

Die behavioristische Lerntheorie der klassischen Konditionierung wurde im Jahre 1927

von Iwan Petrowitsch Pawlow durch Studien mit einem Hund begründet (Tan et al., 2017).

Pavlov präsentierte dem Hund einen Glockenton als konditionierten Stimulus während

des Fressens, der als unkonditionierter Stimulus galt. Nach einer Trainingsphase

präsentierte er dem Hund nur noch den Glockenton und sah als Reaktion, dass der Hund

vermehrt Speichel produzierte, so als ob man ihm etwas zu fressen geben wollte. Somit

hatte er zeigen können, dass der Hund beide Reize miteinander verknüpft hatte und ein

Lernvorgang stattgefunden hatte. Er zeigte damit, dass die Vorgänge bei der klassischen

Konditionierung auf einer physiologisch bestehenden Verbindung zwischen einem

unkonditionierten Stimulus und einer unkonditionierten Reaktion basieren (Tan et al.,

2017). Bei der klassischen Konditionierung wird ein unkonditionierter Stimulus (US)

präsentiert. Dieser US löst eine unkonditionierte Reaktion (UR) aus. Während der

Konditionierung wird ein konditionierter Stimulus (CS) in zeitlichem Zusammenhang mit

dem US präsentiert. Nachdem CS und US mehrfach zusammen präsentiert wurden,

entsteht eine konditionierte Reaktion (CR), die dann auch bei alleiniger Präsentation des

konditionierten Stimulus ausgelöst wird (Wu et al., 2012).

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2. Neurophysiologie des Blinkreflexes

Zunächst wird der physiologische Blinkreflex erläutert. Es handelt sich hierbei um einen

oligosynaptischen Reflexbogen, der im Hirnstamm geschlossen wird (Hacke 2010). Der

Blinkreflex kann durch taktile oder optische Reize ausgelöst werden und dient dem Schutz

des Auges. Die Afferenz wird bei taktilen Reizen über den 1.Trigeminusast weitergeleitet,

bei optischen Reizen über den N.opticus. Der erste Trigeminusast, der N. ophthalmicus,

teilt sich u.a. in den N. nasociliares auf. Er zieht durch die Orbita und gibt Äste an das

Ganglion ciliare ab, das für die sensible Versorgung des Bulbus oculi und der Cornea

zuständig ist. Sobald ein optischer oder taktiler Reiz registriert wird, wird diese Information

im Trigeminuskomplex über den Colliculus superior oder den Nucleus ruber zur Formatio

reticularis weitergeleitet. Danach gelangt die Afferenz zum Kern des N. facialis in den

Hirnstamm. Von hier wird die Information als Efferenz zum M. orbicularis oculi, der über

den N. facialis innerviert wird, weitergeleitet und es kommt zum Lidschluss (Gerwig et al.,

2007; Hacke 2010; Trepel 2017).

Für die Blinkreflexkonditionierung ist das Kleinhirn von großer Bedeutung. Der CS, meist

ein Ton, gelangt zunächst zu den Kleinhirnkernen. Die Moosfasern, die von den pontinen

Kernen ausgehen, bringen die Information betreffend des CS zum Kleinhirn. Der US,

meist ein Luftstoß, wird über die trigeminalen Kerne zur hinteren unteren Olive projiziert.

Zur gleichen Zeit wird der US von trigeminalen Kernen über den Hirnstamm zu anderen

Kernen, wie den Kernen des N.facialis projiziert und dadurch entsteht die unkonditionierte

Reaktion. Die Information über den US wird über Kletterfasern, die ihren Urspung in der

unteren Olive haben, zum Kleinhirn transportiert (Gerwig et al., 2007; Linden 2003). Des

Weiteren spielt die Longterm-Depression (LTD) eine wichtige Rolle bei diesem

Lernvorgang. Bei wiederholter Präsentation von gepaarten CS und US kommt es zur LTD

in den exzitatorischen Synapsen zwischen den Purkinjezellen und den Parallelfasern.

Dadurch wird die Aktivität der Purkinjezellen reduziert. Dies hat zur Folge, dass die

Inhibierung auf die Kleinhirnkerne abnimmt, diese in der Aktivität zunehmen und es zum

leichteren und besseren Lernen kommt bzw. eine CR generiert wird (Linden 2003). Es

wurden aber in den letzten Jahren auch Hinweise auf zusätzliche Mechanismen

gefunden, die zum Lernen beitragen, z.B. die prä-und postsynaptische Longterm-

Potentiation (LTP) der Parallelfasern, LTP der Kletterfasern, LTP an den inhibitorischen

Interneuronen an den Synapsen der Purkinjezellen und Langzeitveränderungen an

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Synapsen und anderen Teilen der Kleinhirnkerne (De Zeeuw und Yeo 2005).

Abbildung 1: Die durch den periorbitalen unkonditionierten Stimulus (US) und durch den

konditionierten Stimulus (CS) bedingte neuronale Aktivität wird durch das

Kletterfasersystem und das Moos-/Parallelfaser-System vermittelt. Diese

Informationsströme konvergieren auf cerebelläre Purkinjezellen. Wiederholte CS/US

Paarungen resultieren in LTD von jenen exzitatorischen Synapsen zwischen

Parallelfasern und Purkinje-Zellen, die zu einer Aktivität der Kletterfasern führen. Dies

kann die durch den Ton hervorgerufene Aktivität der Purkinjezellen verringern. Dadurch

wird die inhibitorische synaptische Aktivität der Pukrinjezellen zu den tiefen

Kleinhirnkernen gedämpft. Die Disinhibition der Kleinhirnkerne führt zu erhöhter Aktivität in

diesen Strukturen, was zum zeitlich genau adaptiert erlernten Blinkreflex führt (die

konditionierte Reaktion CR) (Abbildung mit freundlicher Erlaubnis von Linden D. J. (2003):

From Molecules to Memory in the Cerebellum. Science. 301, 1682-1685.

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3. Blinkreflexkonditionierung – tierexperimentelle Befunde

Die klassische Konditionierung des Blinkreflexes ist eine in neurophysiologischen

Untersuchungen häufig angewandte Methode, um assoziativ-motorische Lernvorgänge zu

untersuchen. Es handelt sich hierbei um ein robustes, gut reproduzierbares und daher ein

tierexperimentell häufig verwendetes Modell. Läsionsstudien wie auch bildgebende

Studien haben zeigen können, dass sich die tierexperimentellen Befunde auch auf den

Menschen übertragen lassen (Gerwig et al., 2007). Dabei ergab sich, dass sowohl der

cerebelläre Kortex wie auch die Kleinhirnkerne bei diesem Lernvorgang beteiligt sind

(Übersicht in De Zeeuw und Yeo 2005). Die sog. Delay-Konditionierung, bei dem ein

konditionierter (CS) und unkonditionierter (US) Reiz zeitlich überlappen und zeitgleich

enden, ist in charakteristischer Weise über cerebelläre Funktionen vermittelt. Diese Art

der Konditionierung ist vom Cerebellum abhängig, sodass sie zur Untersuchung bzw.

Überprüfung cerebellärer Funktionen genutzt werden kann. Dem Kleinhirn werden dabei

Aufgaben in der Generierung und Speicherung, aber auch in der motorischen Expression

und dem exakten Timing gelernter motorischer Antworten (CR, konditionierte Antwort)

zugeschrieben (Gerwig et al., 2007).

4. Blinkreflexkonditionierung - humanexperimentelle Befunde

Humanexperimentell sind diese Vorgänge mittlerweile detailliert untersucht und zeigen

viele Parallelen zu den tierexperimentellen Befunden (Übersicht in Gerwig et al., 2007).

Unter Verwendung des Delay-Paradigmas weisen Studien beim Menschen

übereinstimmend auf eine Beteiligung des Kleinhirns bei der Blinkreflexkonditionierung

hin. Im Rahmen von Kasuistiken und in Gruppenanalysen waren Patienten nach

unterschiedlichen cerebellären Schädigungen in der Konditionierungsleistung

beeinträchtigt (Woodruff-Pak et al., 1996; Bracha et al., 1997; Gerwig et al., 2003; Ernst et

al., 2016; Tran et al., 2017).

Mit Hilfe der kranialen 3D MRT-Diagnostik konnte von unserer Gruppe gezeigt werden,

dass die aus Tierexperimenten für assoziatives Lernen bekannten kritischen Areale im

oberen Anteil der Kleinhirnhemisphäre auch beim Menschen für die Lernleistung

entscheidend sind. Auch der Ncl. interpositus scheint von wesentlicher Bedeutung für die

Blinkreflexkonditionierung zu sein (Gerwig et al., 2005). Kortikale Läsionen führen ebenso

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deutlich wie Kernläsionen zur Minderung der Konditionierungsrate (Gerwig et al., 2003).

Zudem ergab sich, dass ein wesentliches Phänomen des Lernens, das genaue Timing der

konditionierten Antwort, nach Läsionen vorwiegend des anterioren Teiles der oberen

Kleinhirnhemisphäre, gestört ist. Hingegen scheint ein weiter posterior gelegenes

Rindenareal die eigentliche Assoziationsleistung zu vermitteln (Gerwig et al., 2005). Auch

bei rein kortikalen Läsionen des Kleinhirns bleiben Defizite der Lernleistung trotz

wiederholten Trainings bestehen. Vor allem bei Läsionen unter Einbeziehung von Lobulus

VI und Crus I ist die Blinkreflexkonditionierung stark beeinträchtigt (Gerwig et al., 2010).

Eine Beeinträchtigung der Blinkreflexkonditionierung wurde auch bei einer Reihe anderer

Erkrankungen gesehen, bei denen keine wesentlichen strukturellen Veränderungen des

Kleinhirns nachweisbar sind, aber Befunde aus Verhaltensexperimenten auf eine

cerebelläre Funktionsstörung hinweisen. Kronenbuerger et al. (2007) zeigten eine

signifikante Reduktion der Lernrate bei der Blinkreflexkonditionierung bei Patienten mit

essentiellem Tremor. Auch bei Patienten mit einer Migräne konnte nachgewiesen werden,

dass die Rate an konditionierten Antworten geringer war, als in der Kontrollgruppe ohne

Migräne (Gerwig et al., 2014). Die Konditionierung des Blinkreflexes ist demnach eine

sehr empfindliche Methode zum Nachweis einer auch subklinischen Dysfunktion des

Kleinhirns beim Menschen.

V. Nicht-invasive Stimulationsverfahren

Seit einigen Jahren erlauben repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) und

transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) durch Änderung des

Ruhemembranpotentials die Induktion und Modulation neuronaler Aktivität und

neuroplastischer Veränderungen im Großhirn und im Kleinhirn (Übersicht in Van Dun et

al., 2017).

1. Grundlagen der transkraniellen Magnetstimulation (TMS)

Die rTMS ruft durch repetitiv induzierte elektrische Felder an den Zellmembranen über die

Stimulationsdauer hinaus anhaltende Veränderungen der Erregbarkeit hervor.

Niederfrequente rTMS über dem Kleinhirn führt zu inhibitorischen Phänomenen mit

nachfolgender Störung von Zielbewegungen (Ugawa et al., 1995; Miall et al., 2007).

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2. Grundlagen der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS)

Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) erzielt prolongierte neuronale

Erregbarkeits- und Aktivitätsänderungen im menschlichen Gehirn über Veränderungen

des neuronalen Membranpotentials. In Abhängigkeit von der Stimulationspolarität, anodal

oder kathodal, kann die kortikale Exzitabilität erhöht oder vermindert werden. Bei

ausreichender Stimulationsdauer halten diese Veränderungen nach Beendigung der

Stimulation an (Nitsche und Paulus 2000, 2001). Die Dauer der Nacheffekte lässt sich

durch die Wahl adäquater Stimulationsdauer und -intensität beeinflussen. Die Nacheffekte

sind NMDA-Rezeptor abhängig (Liebetanz et al., 2002) und bis zu einer Dauer von 30

Minuten beobachtet worden. Die tDCS ist sowohl im motorischen als auch im

präfrontalen, visuellen und somatosensorischen Kortex effektiv (Nitsche et al., 2003a;

Rogalewski et al., 2004; Antal et al., 2006). Hierbei eignet sich die tDCS zur Modulation

neuroplastischer Vorgänge, wie übungsabhängiger Neuroplastizität (Antal et al., 2004).

Die Stimulation wird mit Stromstärken, die unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen,

vorgenommen. Hinsichtlich der Anwendung der tDCS über dem Kleinhirn gibt es bisher

nur vergleichsweise wenige Arbeiten. Die Effekte der tDCS am cerebellären Kortex und

sekundär auf motorische Funktionen von Hirnstamm und Großhirn sind sehr gut

charakterisiert bei Galea et al. (2009). Durch Messungen der Exzitabilität am primär

motorischen Kortex mittels TMS und dadurch Bestimmung intrakortikaler Inhibition und

Fazilitierung ergaben sich Hinweise, dass die kathodale cerebelläre tDCS die Purkinjezell-

Exzitabilität mindern und anodale tDCS diese erhöhen kann und es daher auch zur

Abnahme des inhibitorischen Tonus auf den primär motorischen Kortex kommen kann

(Galea et al., 2009).

3. Mögliche unerwünschte Effekte der Stimulation

Die Stimulation wird mit niedrigen Stromstärken, die im Laufe des Experimentes unterhalb

der Wahrnehmungsschwelle liegen, vorgenommen (z.B. 0,057 mA pro cm2). Der

Stimulator ist ein batteriebetriebener Gleichstromstimulator. In vorangegangenen Studien

wurde bei längerer Stimulationsdauer die neuronenspezifische Enolase (NSE), ein

empfindlicher Parameter bei Schädigungen von Nervenzellen, bestimmt. Die Serum-NSE-

Konzentration zeigte auch nach 13 minütiger transkranieller anodaler und 9 minütiger

kathodaler Gleichstromstimulation keinen Anstieg, sodass auch in dieser Studie mit

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maximal 24 minütiger Stimulationsdauer keine Nervenschädigungen zu erwarten sind.

Darüber hinaus wurden diese Untersuchungsprotokolle zwischenzeitlich an über 3000

Probanden und zahlreichen Laboren in den letzten Jahren verwendet ohne Berichte von

ernsthaften unerwünschten Effekten (Übersicht bei Nitsche et al., 2008). Selten traten

vorübergehend Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Hautreizungen im Bereich der

Elektroden auf, die sich relativ schnell und vollständig zurückbildeten. Weiterhin berichtet

ein Teil der Probanden über einen metallartigen Geschmack. Auch nach eigenen

Erfahrungen können unter den angewandten niedrigen Stromstärken unerwünschte

Wirkungen in Form von Kribbelparästhesien unterhalb den Elektroden auftreten, die

jedoch nach einer mehrminütigen Stimulationszeit nicht mehr wahrgenommen werden.

Neuronale Schädigungen nach transkranieller Gleichstromstimulation sind unter

Berücksichtigung der Sicherheitskriterien von Agnew und McCreery (1987) nicht zu

erwarten (Iyer et al., 2005; Liebetanz et al., 2009).

4. Befunde mit tDCS am Cerebrum

In bereits zahlreichen Studien wurde das Cerebrum bereits mit tDCS stimuliert und einige

Autoren konnten exzitatorische Effekte bei Stimulation mit anodaler tDCS darlegen. Bei

der Alzheimer-Erkrankung konnte bei Stimulation des temporo-parietalen Kortex mit

anodaler tDCS gezeigt werden, dass sich die Worterkennung und Worterinnerung

verbesserten (Ferrucci et al., 2008). Des Weiteren gibt es Studien, in denen Patienten

nach einem Schlaganfall bei vorhandener Aphasie, Paresen oder anderen motorischen

Defiziten, mit tDCS stimuliert wurden. Dabei führte anodale tDCS des primär motorischen

Kortex M1 der betroffenen Seite zu einer Verbesserung der motorischen Funktion der

Hand, die mit dem „Jebsen Taylor Handfunktionstest“, mit dem wichtige alltägliche

Handfunktionen getestet werden, evaluiert wurden (Hummel et al., 2005). Baker et al.

(2010) konnte mit anodaler tDCS bei Aphasie die Wortfindung verbessern. Studien, die

zur Therapie von Dystonien mit tDCS durchgeführt wurden, zeigten keine signifikanten

Ergebnisse im Vergleich von anodaler mit sham tDCS (Buttkuss et al., 2011).

5. Befunde mit tDCS am Cerebellum

Im Gegensatz zum Großhirn ist die transkranielle Gleichstromstimulation am Cerebellum

nur wenig angewendet worden. Es konnte schon gezeigt werden, dass mit anodaler

Gleichstromstimulation die assoziativ-motorischen Lernvorgänge am Cerebellum

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beeinflusst werden können, sodass das Lernen schneller und effektiver war (Zuchowski et

al., 2014). Nitsche und Paulus (2000) legten dar, dass man in Abhängigkeit von der

Polarität der tDCS die Erregbarkeit des Cerebellums ändern kann. So führte anodale

Stimulation zu einer Zunahme und kathodale Stimulation zu einer Abnahme der

Erregbarkeit. Bei Galea et al. (2009) ergab sich, dass tDCS in anodaler und kathodaler

Polarität Auswirkungen auf die Inhibition des primär-motorischen Kortex durch das

Kleinhirn (CBI, „cerebellar brain inhibition“) hatte. Anodale Stimulation des Kleinhirns

führte zu einer Zunahme und kathodale zu einer Abnahme der CBI. CBI gilt als

neurophysiologische Grundlage der Beeinflussung des primär-motorischen Kortex durch

das Kleinhirn und wird deshalb häufig zur indirekten Messung der Kleinhirnexzitabilität

genommen (Galea et al., 2009).

Eine Arbeit aus unserer Gruppe von Zuchowski et al. (2014) untersuchte die

Blinkreflexkonditionierung unter Anwendung von tDCS unterschiedlicher Polaritäten an

jeweils drei Gruppen mit je 10 Probanden. In der Gruppe, die die anodale Stimulation

erhielt, zeigte sich eine signifikant erhöhte Akquisition der konditionierten Antworten. Die

Lernrate war durch die anodale Stimulation erhöht worden. Bei Anwendung der

kathodalen Stimulation zeigte sich eine signifikant verminderte Lernrate im Vergleich zur

sham und anodalen Stimulation (Zuchowski et al., 2014). Eine weitere Arbeit (Beyer et al.,

2017) versuchte diese Ergebnisse zu reproduzieren. Es wurden auch jeweils drei

Gruppen mit je 10 Probanden untersucht. Unter Verwendung anodaler Stimulation konnte

jedoch keine signifikant gesteigerte Lernrate gesehen werden, ebenso wie die kathodale

Stimulation keine signifikant verminderte Lernrate aufwies (Beyer et al., 2017).

Anzumerken ist jedoch, dass in der Versuchsanordnung bei Beyer et al. (2017) veränderte

Bedingungen vorlagen durch eine schon vor Beginn der Akquisition begonnene tDCS

(sog. Off-line Stimulation).

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VI. Fragestellung

Im Gegensatz zum Cerebrum sind Effekte der transkraniellen Gleichstromstimulation am

Cerebellum nur wenig erforscht. Es konnte in vorhergehenden Arbeiten gezeigt werden,

dass mit anodaler Gleichstromstimulation die assoziativ-motorischen Lernvorgänge

insofern beeinflusst werden, dass das Lernen schneller und effektiver war. Mit Einsatz von

kathodalen Stimulationsverfahren ergab sich, dass die Lernvorgänge langsamer ablaufen

und Lernraten vermindert sind (Stagg et al., 2011; Zuchowski et al., 2014).

Zielsetzung dieser Studie war es, die klassische Delay-Konditionierung des Blinkreflexes

bei jungen und gesunden Probanden nach Stimulation des Cerebellums mit tDCS zu

untersuchen. Entsprechend der Ergebnisse von Zuchowski et al. (2014) führte die

anodale Stimulation zu einer beschleunigten Blinkreflexkonditionierung. In der

vorliegenden Arbeit sollte überprüft werden, ob die Ergebnisse von Zuchowksi et al.

(2014) repliziert werden können, zum anderen sollte die Langzeitwirkung von tDCS über

einen Zeitraum von 4 Wochen auf den Lerneffekt beobachtet werden.

Auch in dieser Arbeit wurde die Wirkung der anodalen Stimulation gegen eine

Kontrollgruppe mit sham Stimulation verglichen. Mit der anodalen Stimulation sollte durch

eine Zunahme der Exzitabiltät der Purkinjezellen ein schnellerer und effektiverer

Lernvorgang erreicht werden.

Die unterschiedlichen Lernraten der beiden Stimulationsgruppen wurden an vier Tagen

(Tag 1, Tag 2, Tag 8 und Tag 29) miteinander verglichen. Die Stimulation erfolgte lediglich

an Tag 1, nicht an den weiteren Untersuchungstagen. Es sollten Effekte der tDCS über

einen längeren Zeitraum, also die Konsolidierung und Retention gelernter Antworten

betreffend, über einem Monat evaluiert werden. Außerdem sollten in beiden

Stimulationsgruppen mögliche Auswirkungen auf die Extinktion analysiert werden.

Im Falle einer Zunahme von Lernleistungen unter bzw. nach anodaler tDCS könnte dies in

der Art von Bedeutung sein, dass zukünftig auch motorische Lernleistungen der Patienten

mit cerebellären Erkrankungen nach tDCS verbessert werden könnten. Diese Studie sollte

auch untersuchen, inwieweit die Blinkreflexkonditionierung einen aussagekräftigen

Parameter für Effekte der transkraniellen Gleichstromstimulation am Cerebellum

darstellen kann. Die zu vergleichenden Parameter in beiden Stimationsgruppen sind die

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Rate der konditionierten Antworten (CR Inzidenz), die CR Onset, CR Peaktime, CR Area,

CR Area bei 50 ms (Int 50). Bei der CR Inzidenz handelt es sich um die Rate der

konditionierten Antworten, die pro Tag und pro Proband erfasst wurde. Bei CR Onset und

CR Peaktime handelt es sich um Zeitparameter. CR Onset beschreibt den Zeitpunkt, an

dem die konditionierte Blinkreflexantwort einsetzt, CR Peaktime beschreibt die Zeit bis zur

maximalen Amplitude der EMG-Aktivität, zudem wurde die Dauer des Blinkreflexes

bestimmt. Die CR Area entspricht der Fläche des Integrals, die durch die konditionierten

Antworten eingenommen wurde. Die Fläche unter der Kurve nach einem standardisierten

Intervall von 50ms, d.h. die Größe der CR Area, die in den ersten 50ms der Antwort

gebildet wurde, entspricht dem Parameter CR Area bei Intervall 50 ms (Int 50) und wurde

auch ausgewertet.

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B. Probanden und Methoden

I. Probandenkollektiv

An den Vorversuchen haben zwei Probanden teilgenommen. Die beiden Probanden

wurden entsprechend des Versuchaufbaus vorbereitet. Sie wurden neurologisch, unter

Einbezug der „International Cooperative Ataxia Rating Scale“ (ICARS) und der „Scale for

the Assessment and Rating of Ataxia“ (SARA), untersucht, füllten Fragebögen aus und

unterschrieben die Einverständniserklärung. Die Probanden saßen auf einem Stuhl und

schauten während des Versuches einen Stummfilm. Sie trugen eine Vorrichtung auf dem

Kopf mit der Luftdüse, Kopfhörer, sowie die Elektroden für die tDCS Stimulation. Es wurde

das nachfolgende, ausführlich erläuterte Versuchsprotokoll durchgeführt. Mit Hilfe der

Vorversuche wurde der Versuchsablauf überprüft und nach Zeitmessung die Dauer der

Stimulation für einen Zeitraum von 24 Minuten ermittelt. Weitere 40 Probanden nahmen

an den Hauptversuchen teil, bestehend aus 20 weiblichen und 20 männlichen Probanden

im Alter von durchschnittlich 23,4 ± 2,7 Jahren (Altersspanne 18-34 Jahre). Bei den

Probanden handelte es sich um gesunde Personen ohne Anfallsleiden,

Kleinhirnerkrankungen oder Migräne. Die Probanden wurden anhand folgender Kriterien

ausgewählt:

Aufgrund der zu erwartenden besseren Konditionierungsleistung im jüngeren Lebensalter

sollten männliche wie weibliche gesunde Probanden zwischen dem 18. und 35.

Lebensjahr eingeschlossen werden. In nachfolgender Tabelle werden weitere Ein- und

Ausschlusskriterien gezeigt.

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Einschlusskriterien Ausschlusskriterien

Mindestalter 18 Jahre, Höchstalter 35 Jahre Alter <18 Jahre oder >35 Jahre

Einverständnis der Probanden Psychiatrische Erkrankungen, akut oder in

der Vorgeschichte

Rechtshändigkeit Anfallserkrankung (Epilepsie), Migräne oder

andere neurologische Erkrankungen, akut

oder in der Vorgeschichte

Metallimplantate im Kopf oder

Herzschrittmacher, ferromagnetische

Objekte / andere Objekte mit Risiken für

den Kontakt mit den Elektroden

Hautveränderungen im Bereich der

Elektroden

Schwangerschaft oder Stillperiode

Vorliegen einer gravierenden internistischen

Vorerkrankung

Drogen-, Medikamenten- und/oder

Alkoholabhängigkeit

Nicht geschäftsfähige Personen und

Personen in behördlicher oder gerichtlicher

Betreuung

Tabelle 2: Ein-und Ausschlusskriterien für eine Teilnahme an der Studie. Sobald eines

dieser Ausschlusskriterien vorlag, konnte keine Teilnahme an der Studie erfolgen.

1. Vorbereitung der Probanden

Ein Antrag mit der Auftragsnummer 15-6402-BO vom 29.04.2015 war der

Ethikkommission der Universität Duisburg-Essen vorgelegt und ein Votum eingeholt

worden. Die Probanden wurden darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an der Studie

freiwillig ist und, dass sie jederzeit abgebrochen werden kann. Die Probanden wurden

über den Zweck der Untersuchung sowie den damit verbundenen Aufwand und die

Freiwilligkeit der Teilnahme schriftlich und mündlich aufgeklärt. Das Einverständnis der

Probanden erfolgte schriftlich und wurde von diesen gemäß den Vorschriften der

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Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen unterschrieben. Sie wurden über

den Versuchsablauf und die transkranielle Gleichstromstimulation aufgeklärt. Zusätzlich

wurde auf dem gleichen Formular die schriftliche Einwilligung zur Erhebung und

Weiterverarbeitung der Daten gemäß Datenschutzgesetz festgehalten. Die

unterschriebenen Einverständniserklärungen wurden zu den Akten genommen und mit

den Unterlagen dokumentiert. Die Probanden bekamen eine Kopie des unterschriebenen

Einverständnisbogens und das Informationsblatt ausgehändigt. Es erfolgte eine

neurologische Untersuchung der Probanden, sowie die Untersuchung auf cerebelläre

Symptome mit Hilfe der „International Cooperative Ataxia Rating Scale“ (ICARS) und der

„Scale for the Assessment and Rating of Ataxia“ (SARA). Dies wurde nach

entsprechender Einarbeitung durch die Autorin vorgenommen.

II. Versuchsaufbau

1. Versuchsablauf

Der Versuch beinhaltete vier Tage. Die Probanden wurden jeweils an Tag 1, 2, 8 und 29

untersucht. Sie saßen an allen vier Tagen in einem ruhigen Raum auf einem Stuhl

gegenüber einem circa 2 m entfernten Bildschirm, über den ein Stummfilm gezeigt wurde,

um eine Ermüdung zu vermeiden. An Tag 1 fanden zudem die Aufklärung, sowie die

neurologische Untersuchung der Probanden statt. An allen vier Tagen erfolgten die

Blinkreflexkonditionierung sowie die Aufzeichnung der Blinkreflexantworten.

Für die Blinkreflexkonditionierung wurde zunächst ein neutraler Reiz als konditionierter

Stimulus (CS), in unserem Fall ein Ton, einem unkonditionierten Stimulus (US), hier einem

Luftstoß neben das Auge, dargeboten. Durch Applikation des US seitlich des Auges wurde

eine unkonditionierte Reaktion (UR), also ein reflektorisches Schließen des Augenlides

hervorgerufen. Wenn CS und US wiederholt gepaart dargeboten wurden, erlernten die

Probanden, unbewusst das Auge als Reaktion schon auf den vorhergehenden CS zu

schließen. Es wurde die Delay-Konditionierung verwendet. Hierbei wurde der

konditionierte Stimulus zeitlich überlappend zum unkonditionierten Stimulus präsentiert.

Dabei endeten US und CS gleichzeitig.

Tag 1 bildete die Akquisitionsphase, in der die Probanden konditioniert wurden, auf den

zunächst neutralen Stimulus, den Ton, zu blinzeln. Es erfolgte zunächst zu Beginn die

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Applikation von 20 ungepaarten randomisierten Trials bestehend aus 10 Luftstößen (US)

und 10 Tönen (CS), die in einem zufälligem Abstand von 20-39 s dargeboten wurden.

Dieser Durchgang hatte eine Dauer von 9.15 Minuten. Danach folgten 100 gepaarte CS-

US Trials. Es wurden in jedem Durchgang ein Ton und ein Luftstoß appliziert. Zwischen

den einzelnen Durchgängen bestand ein Intervall zufällig gewählter Dauer zwischen 20-

35 s. Während der ersten Hälfte der Akquisitionsphase (50 gepaarte Reize) erfolgte die

tDCS über der rechten Hemisphäre des Cerebellums, ipsilateral zur Blinkreflexableitung.

Die gepaarten Reize wurden entsprechend einer Delay-Konditionierung mit folgendem

Zeitablauf präsentiert: Für jeden Durchgang begann nach 310 ms für die Dauer von 540

ms die Präsentation eines 1000 Hz Tones. Der Luftstoß begann nach 750 ms und endete

bei 850 ms zusammen mit dem Ton. Diese 100 gepaarten Durchgänge (Trials) hatten eine

Gesamtdauer von 48.24 Minuten.

An den darauffolgenden Tagen 2, 8 und 29 folgte die Konsolidierungsphase, in der die

erlernte Konditionierung noch weiter verfestigt wurde. Tag 2 und 8 starteten sofort mit 50

gepaarten CS-US Trials für eine Dauer von 15.07 Minuten ohne die Verwendung von

tDCS und ohne ungepaarte Trials. Tag 29 begann mit 50 gepaarten Trials für die Dauer

von 24.30 Minuten.

Anschließend folgte an Tag 29 in den letzten Durchgängen eine Extinktionsphase, die

man auch als Auslöschungsphase bezeichnen kann. Hier wurden 30 ungepaarte Trials für

eine Dauer von 14.39 Minuten, in denen nur der Ton (CS) dargeboten wurde, präsentiert,

um festzustellen, wie schnell die Probanden die Konditionierung wieder verlernten.

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Abbildung 2a: Versuchsprotokoll Tag 1 Akquisition: Die Blinkreflexkonditionierung erfolgte

mittels Delay-Konditionierung. Der Ton (CS) wird durch die hellblaue Farbe, der Luftstoß

(US) durch die graue Farbe mit den dargestellten Zeitparametern repräsentiert. Zu Beginn

erfolgte die randomisierte Darbietung von jeweils 10 ungepaarten CS und US Trials für die

Dauer von 9.15 Minuten. Anschließend erfolgte die Akquisitionsphase mit 100 gepaarten

CS/US Trials für 48.24 Minuten, sowie die Applikation von tDCS in der ersten Hälfte der

Akquisitionsphase. Hier überlappten der CS und US.

Abbildung 2b: Versuchsprotokoll Tag 2 und 8 Konsolidierung: Der Ton (CS) wird hellblau,

der Luftstoß (US) grau dargestellt. An beiden Tagen erfolgte die Delay-Konditionierung

mittels 50 gepaarter CS/US Trials für 15.07 Minuten.

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Abbildung 2c: Versuchsprotokoll Tag 29 Konsolidierung und Extinktion: Der Ton (CS)

wird hellblau, der Luftstoß (US) grau dargestellt. Es wurden 50 gepaarte CS/US Trials für

24.30 Minuten präsentiert. Anschließend erfolgte die Extinktionsphase mit 30 singulären

CS Trials für eine Zeitdauer von 14.39 Minuten.

2. Aufzeichnung der Blinkreflexkonditionierung

Die Untersuchung wurde in Anlehnung an frühere Paradigmen zur Konditionierung des

Blinkreflexes und Stimulation mit tDCS unserer Arbeitsgruppe durchgeführt (Gerwig et al.,

2003, 2005; Zuchowski et al., 2014; Beyer et al., 2017). Zunächst wurde die Gesichtshaut

der Probanden entfettet und die Elektromyographieelektroden zur Aufzeichnung des

Blinkreflexes angebracht. Die Platzierung der Elektroden erfolgte direkt unterhalb des

unteren Augenlides und nasal 0,5 cm medial des Auges auf beiden Seiten, sodass die

Blinkreflexantworten vom ipsi- und kontralateralen M. orbicularis oculi abgeleitet werden

konnten. Außerdem wurde eine Erdung am linken Unterarm angebracht. Danach

bekamen die Probanden eine Vorrichtung aufgesetzt, ähnlich einem Stirnband, an dessen

Seite eine Luftdüse befestigt war (siehe Abbildung 3). Der Blinkreflex wurde durch einen

Luftstoß (unkonditionierter Reiz, US; Dauer = 100 ms, Intensität ursprünglich 400kPa, aus

der Düse am Kopfteil 110kPa) ausgelöst. Die Luftdüse war so eingestellt, dass der

Luftstoß auf der Haut ca. 10 mm neben der Außenkante des Auges aufkam. Über

Kopfhörer, die die Probanden trugen, wurde ipsilateral ein Ton (1000 Hz, 70dB) von 540

ms Dauer als konditionierender Reiz (CS) appliziert. Ein Hintergrundrauschen von 60dB

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wurde bilateral kontinuierlich über die Kopfhörer zusätzlich appliziert, um die Probanden

vor Geräuschen aus der Umgebung möglichst abzuschirmen.

Während des Versuches wurden die Blinkreflexantworten rechts und links über die

Elektromyographie-Elektroden über zwei getrennte, gleichgerichtete Kanäle mit einer

(zehnfachen) Vorverstärkung, Bandpaß-gefiltert (100 Hz < f < 2 KHz) und über ein

modulares Daten-Aufnahmesystem einem Standard Computer zugeführt. Es wurde eine

spezielle Software „Diadem“, welche von der Firma National Instruments Corporation

programmiert wurde, verwendet. Das Programm hatte eine Echtzeit-Ausgabe der beiden

Kanäle, sowie eine Darstellung der Luftstöße und Töne, die appliziert wurden. Vor der

Aufnahme der Muskelaktivität durch das oben genannte Computerprogramm, wurden die

Grundlinien der zwei Kanäle kontrolliert. Nach Aufzeichnung erfolgte die Auswertung mit

der Software „Goldfinger“.

Abbildung 3: Versuchsaufbau: Es wird der Aufbau des Versuches am Beispiel der Autorin

dargestellt. Im linken Bild sind die Elektromyographie-Elektroden an beiden unteren

Augenlidern, sowie nasal beidseits fixiert worden. Im mittleren Bild wird die Position der

Stimulationselektroden gezeigt. Die aktive Elektrode ist am rechten Hinterkopf und die

Referenzelektrode ipsilateral am M.buccinator platziert worden. Im rechten Bild wurden

das Kopfteil mit der Luftdüse, sowie die Kopfhörer angebracht.

3. Vorbereitung der transkraniellen Gleichstromstimulation

Die Stimulation wurde mit einer an den etablierten Sicherheitskriterien (Agnew and

McCreery 1987) orientierten, üblichen Intensität von 2 mA bei entsprechender Größe der

Elektroden (5 x 7cm = 35 cm2 ; 0,057 mA pro cm2 ), die mit einem von der Firma

neuroConn entwickelten, eine konstante Stromstärke liefernden Gleichstromstimulator

(neuroConn DC-Stimulator Plus; neuroConn GmbH, Seriennummer 0371) verbunden

waren, für die erste Hälfte der Akquisitionsphase an Tag 1 (24 Minuten Dauer) mit

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entweder anodaler Polarität oder im sham Modus durchgeführt. Dazu wurden die

Elektroden in Schwämmchen gelegt, die mit NaCl Lösung befeuchtet waren, um die

elektrische Leitfähigkeit zu verbessern. Die tDCS-Reizelektrode wurde vertikal über der

rechten Kleinhirnhemisphäre platziert, mit dem Zentrum der Elektrode 3 cm lateral des

Inion. Die Referenzelektrode wurde, auch in vertikaler Richtung, auf der Wange über dem

rechten M. buccinator positioniert. Die Elektroden wurden mit Hilfe von

Klettverschlussbändern an den Positionen am Kopf gehalten. Zur Verblindung der

Stimulationsart wurde eine Liste von einer Person, die nicht im Versuchsablauf involviert

war, erstellt. Diese Liste beinhaltete 40 fünfstellige Zahlencodes, jeweils 10 Codes für

weibliche und männliche Probanden für anodale Stimulation und jeweils 10 Codes für

weibliche und männliche Probanden für sham Stimulation. Somit konnte eine einheitliche

Gruppenverteilung und eine Verblindung der Versuchsleiterin und der Probanden

gewährleistet werden. Die Zuordnung der Codes war weder der Versuchsleiterin, noch

den Probanden bekannt. Nach Platzierung der Elektroden und des Kopfteils wurde einer

der Zahlencodes in den Stimulator eingegeben, der bestimmte, ob die tDCS mit anodaler

Polarität oder im sham Modus, als Placebo-Bedingung, erfolgte. In der Verum-Bedingung

wurde für eine Dauer von 24 Minuten stimuliert. Im sham Modus, der Placebo-Bedingung,

wurde für 30 Sekunden stimuliert. Danach stellte das Gerät den Strom selbstständig ab.

Bei beiden Bedingungen wurde zu Beginn und zum Ende des Stimulationsintervalls

jeweils für 30 Sekunden der Strom rampenförmig hoch - und darauf wieder

herunterreguliert. Da es sich um sehr schwache Ströme handelte und die Herauf- und

Herunterregulierung über 30 Sekunden gewählt war, war der Unterschied zwischen

Verum- und Sham-Bedingung nicht zu bemerken, somit wurde die Verblindung zusätzlich

bestmöglich aufrechterhalten.

Abbildung 4: NeuroConn DC Stimulator: Darstellung eines NeuroConn DC Stimulators

mit zwei verbundenen Elektroden, die mit Schwämmchen bezogen wurden.

30

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4. Daten der elektromyographischen Aufzeichnung

Die Auswertung wurde mit der Software „Goldfinger“ und der Software IBM SPSS

Statistics von SPSS Inc. in der 21. Version durchgeführt.

Mittels der Software „Goldfinger“ wurde das elektromyographische Signal nach der

Messung über einen Filter von 100 Hz gegeben und in den Ableitungen des linken und

rechten Auges halbautomatisch nach vorhandenen konditionierten Antworten gesucht. Als

konditionierte Antworten wurden die Blinkreaktionen zwischen 460 ms und 750 ms

gewertet. Durchgänge in denen eine Blinkantwort zwischen 0 ms und 310 ms vorhanden

waren, wurden in der statistischen Auswertung nicht berücksichtigt, diese Antworten

wurden als spontane Blinks gewertet (Bracha et al., 1997). Es wurden nicht nur die

Inzidenz der konditionierten Antworten an allen 4 Tagen, sondern auch die Zeitparameter

(CR Onset, CR Peaktime), sowie die Variablen CR Area und CR Area bei Intervall 50 ms

(Int50) untersucht.

Der CR Onset wurde bei Anstieg der EMG Aktivität auf 7,5% der maximalen EMG Aktivität

gemessen. CR Peaktime wurde als die Zeit der maximalen Amplitude vor Eintreffen des

US definiert. Der US Onset wurde als 0 ms definiert und die vorausgehenden Variablen

CR Onset und CR Peaktime wurden als negative Werte in [ms] ausgedrückt. Des

Weiteren wurde für die Auswertung die Entwicklung der CR Area analysiert. Dabei handelt

es sich um die Fläche des Integrals, die unter der Kurve der konditionierten Antworten

eingenommen wurde. Die Fläche unter der Kurve nach einem standardisierten Intervall

von 50 ms, d.h. die Größe der CR Area, die in den ersten 50 ms der Antwort gebildet

wurde, wurde auch ausgewertet. Für die Auswertung der CR Area und der CR Area bei

Intervall 50 ms erfolgte eine Normalisierung. Für jeden Probanden wurde ein Mittelwert

der CR Area von Tag 1 gebildet. Dieser Mittelwert wurde jeweils als 100% gesetzt.

Danach wurden die Werte für CR Area der anderen Tagen pro Proband auf den jeweiligen

Mittelwert als prozentualer Anteil angegeben, um einen Vergleich zwischen den

Probanden zu gewährleisten. Das gleiche Verfahren wurde bei den Werten für die CR

Area bei Intervall 50 ms angewandt.

Außerdem wurden die alpha-Blinkreaktionen durchgängig gezählt. Als alpha-

Blinkreaktionen werden diejenigen Antworten gewertet, die bis zu 150 ms nach Beginn

des CS, in der Zeit zwischen 310 ms und 460 ms, aufteten. Diese gelten als reaktive

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Antworten auf den Ton, aber nicht als konditionierte Antworten (Woodruff-Pak et al.,

1996). 60 Sekunden vor Beginn der Versuche wurde an allen 4 Tagen gezählt, wie oft die

Probanden spontan blinzeln. Mit dieser Auswertung sollte untersucht werden, ob es schon

vor Versuchsbeginn stärkere Blinkraten in einer der beiden Gruppen gibt, wodurch die

Ergebnisinterpretation beeinflusst werden könnte. Zusätzlich wurden die Zeitparameter

Onset, Peaktime und Durms (Duration = Zeitintervall zwischen UR Onset und US Onset)

der unkonditionierten Reflexantworten (UR) an Tag 1 während der ersten 20 ungepaarten

Trials ausgewertet.

5. Statistische Auswertung

Pro Tag wurden 10 Trials zu einem Block zusammengefasst. An Tag 1 gab es 100 Trials,

die zu 10 Blöcken zusammengefasst wurden. An Tag 2 und 8 gab es 50 Trials, die zu 5

Blöcken zusammengefasst wurden. An Tag 29 gab es 80 Trials, 50 gepaarte Trials und 30

Extinktions CS-alone Trials. Daraus ergaben sich 5 gepaarte Blöcke und 3

Extinktionsblöcke. An allen Tagen wurde jede konditionierte Antwort als 10% gewertet,

d.h. dass man bei einem Block mit 10 Trials als Maximalwert 100 % erreichen konnte. Die

Prozente an konditionierten Antworten wurden pro Proband und pro Tag

zusammengezählt und in Tabellen eingetragen. Die weiteren statistischen Berechnungen

erfolgten mit Hilfe der Mixed Model Analyse in SPSS. Die Analysen wurden mit dem

prozentualen Anteil der CR Inzidenzen als abhängige Variable durchgeführt. Als

Innersubjektfakor wurde die Variable „Block“ 1-10 (10 Blöcke mit jeweils 10 gepaarten

Trials an Tag 1), „Block“ 1-5 (5 Blöcke mit jeweils 10 gepaarten Trials an den Tagen 2, 8

und 29) gewählt. Für die Extinktion wurde „Block“ 1-3 mit jeweils 10 ungepaarten CS-

alone Trials genommen. Der Zwischensubjektfaktor war die Stimulationsgruppe, der die

anodale mit der sham Stimulation vergleicht. Eine weitere Analyse wurde für das Timing

der konditionierten Antworten mit CR Onset und CR Peaktime, sowie für die CR Area und

CR Area bei Intervall 50 ms als abhängige Variable durchgeführt. In der Mixed Model

Analyse wurde eine Verbundsymmetrie für die festen Effekte der Gruppe, des

Stimulationstyps und der Anzahl der Variablen angenommen. Unterschiede in den

endgültigen Lernindizes wurden mit den fixierten Effekten der Gruppen- und

Stimulationsart getestet. Die unbekannten Parameter in allen gemischten Modellen

wurden über eine beschränkte Maximum-Likelihood-Schätzung geschätzt, und berichtigte

Typ-III-Fehler für die festen Effekte wurden angegeben. Die Freiheitsgrade wurden über

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die Satterthwaite Approximation geschätzt. Die beschriebenen linearen gemischten

Modelle sind im Wesentlichen einer ANOVA mit wiederholten Messungen ähnlich,

erlauben jedoch, für eine kontinuierliche Covariate zu steuern. Darüber hinaus wurden

Ordnungseffekte analysiert, indem der Messtag als Faktor anstelle des Stimulationstyps

sowohl für Zielfehler als auch für endgültige Lernindizes getestet wurde. Das

Signifikanzlevel wurde für folgende Auswertungen auf p<0,05 festgelegt. Die p-Werte von

paarweisen Vergleichen wurden für Mehrfachvergleiche unter Verwendung der

Bonferroni-Korrektur angepasst.

Die Daten des CR-Timings, der spontanen Blinkrate, der alpha-Blinkreaktionen und der

unkonditionierten Blinkreflex-Antworten in den ersten 20 Trials wurden mit Hilfe der

ungepaarten t-Tests zwischen den Stimulationsgruppen verglichen.

Am Ende dieser Auswertung erfolgte die Zuordnung der Probanden zur Gruppe „anodale“

und auf „sham“ Stimulation. Die anodale Stimulation wurde mit „1“ und die sham

Stimulation mit „2“ benannt.

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C. Ergebnisse

I. Auswertung der Blinkreflexantworten

1. Inzidenzen der konditionierten Antworten

Während der Akquisition an Tag 1 stiegen die Inzidenzen der konditionierten Antworten

von Block 1 bis Block 5 in beiden Gruppen gleich stark an. Von Block 6 bis Block 10

stiegen die CR Inzidenzen in der anodalen Gruppe etwas stärker an, am Ende von Tag 1

zeigte sich ein Anstieg in der anodalen Gruppe auf 60%, in der sham Gruppe auf 50%.

Insgesamt betrug der mittlere Wert der konditionierten Antworten in der anodalen Gruppe

58,5 5,4% und war nicht signifikant höher als der Mittelwert in der sham Gruppe mit 52,2

5,4%. Für Tag 1 zeigte sich insgesamt eine Tendenz für eine bessere Lernrate unter

anodaler Stimulation im Vergleich zur sham Stimulation, jedoch ohne signifikanten Effekt

[F(1, 75) = 0,8; p = 0,37].

Ab Beginn der Konsolidierungsphase mit Tag 2 lagen die CR Inzidenzen in beiden

Gruppen bei ca. 80%. Im Verlauf von Tag 2, sowie Tag 8 und 29 gab es nur kleine

Unterschiede in der Größe der CR Inzidenz zwischen beiden Gruppen, die in Abbildung 5

dargestellt werden. Während der Konsolidierung war der mittlere Wert der konditionierten

Antworten in der anodalen Gruppe mit 79,5 4,5% nicht signifikant höher als der

Mittelwert der sham Gruppe mit 78,5 4,5%. Insgesamt zeigte sich während der

Konsolidierungsphase an Tag 2, 8 und 29 kein signifikanter Unterschied zwischen den

Gruppen [F(1, 72) = 0,02; p = 0,88].

Es zeigte sich insgesamt kein signifikanter Stimulationseffekt während der Akquisition und

Konsolidierung an den vier Tagen [F(1, 38) = 0,07; p = 0,79]. Es ergab sich jedoch ein

signifikanter Blockeffekt [F(14, 944) = 9,1; p < 0,001] und ein signifikanter

Lernphaseneffekt [F(2, 73) = 47,8; p < 0,001] über alle vier Tage in beiden Gruppen

unabhängig von der Stimulation. Damit wurde deutlich, dass in beiden Gruppen eine

Verbesserung der Konditionierungsraten über die Tage stattgefunden hat. Des Weiteren

zeigte sich kein signifikanter Stimulation x Block-Effekt [F(14, 944) = 1,1; p = 0,39], jedoch

ein signifikanter Stimulation x Lernphasen-Effekt [F(2, 73) = 3,6; p = 0,032]. Der

Stimulation x Block x Lernphasen-Effekt war signifikant [F(22, 944) = 13,1; p < 0,001].

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Abbildung 5: Dargestellt wird die mittlere Rate der CR Inzidenz je Block in Prozent plus

Standardabweichungen für alle vier Versuchstage für die anodal und die sham stimulierte

Gruppe. Die anodal stimulierte Gruppe wird durch blaue Balken, die sham stimulierte

durch grüne Balken präsentiert. Jeder Block beinhaltet 10 Trials. An Tag 1 erfolgt die

Applikation von tDCS unterschiedlicher Polarität während der ersten Hälfte der

Akquisitionsphase von Block 1 bis Block 5. tDCS wird durch den roten Pfeil symbolisiert.

Bei Tag 29 wird die Extinktion von Block 6 bis Block 8 dargestellt. An Tag 1 zeigt sich eine

Tendenz zu einer höheren Konditionierungsleistung in der anodal stimulierten Gruppe,

jedoch ohne signifikanten Effekt. An Tag 2, 8 und 29 zeigt sich kein signifikanter

Unterschied in der Konditionierungsleistung zwischen beiden Gruppen. Die

Extinktionsphase an Tag 29 zeigt eine signifikante Abnahme der CR Inzidenz in der

anodalen Gruppe im Vergleich zur sham Gruppe.

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2. Befunde der Extinktion

Während der Extinktionsphase an Tag 29 von Block 6 bis Block 8 stellt sich in Abbildung 5

eine Abnahme der konditionierten Antworten in beiden Gruppen dar. Der mittlere Wert der

konditionierten Antworten in der anodalen Gruppe betrug 22,3 5,3% und war signifikant

kleiner [F(1; 95) = 5,4; p=0,022] als der Mittelwert in der sham Gruppe mit 39,8 6,1%. In

der Mixed Model Analyse zeigte sich auch eine signifikante Abnahme der konditionierten

Antworten während der Extinktion [Block Effekt: [F(14,944) = 9,2; p < 0,001];

Lernphaseneffekt (Akquisition an Tag 1 vs. Konsolidierung an den Tagen 2, 8, 29 vs.

Extinktion an Tag 29): [F(2, 73) = 47,8; p < 0,001]. Außerdem zeigte sich in der

Extinktionsphase im Vergleich zu den anderen Tagen ein Stimulationseffekt mit

schnellerer Abnahme der CRs in der anodalen Gruppe verglichen zur sham Gruppe

(Stimulation x Lernphaseneffekt: [F(2, 73) = 3,6; p = 0,032]; Stimulation x Lernphase x

Block Effekt: [F(22, 944) = 13,1; p < 0,001].

3. Timing der konditionierten Antworten (CR Onset und CR Peaktime)

Der CR Onset näherte sich in beiden Gruppen während der vier Versuchstage dem US

an. Es zeigte sich eine stärkere Annäherung des CR Onset in der anodalen Gruppe im

Vergleich zur sham Gruppe. Diese Annäherung wird in nachfolgender Abbildung 6

dargestellt. Der Beginn des US wurde als 0 ms festgelegt. In folgender Tabelle werden die

Mittelwerte des CR Onset der konditionierten Reaktionen in beiden Stimulationsgruppen

für alle vier Versuchstage dargestellt.

Anodal [ms] Sham [ms]

CR Onset Akquisition Tag 1

-123,5 7,6 -131,6 7,7

CR Onset KonsolidierungTag 2, 8, 29

-141,9 7,4 -161,2 7,4

CR Onset ExtinktionTag 29

-144,5 9,1 -159,1 8,7

Tabelle 3: In den Zeilen werden die Mittelwerte des CR Onset der konditionierten

Reaktionen Standardabweichungen in Millisekunden (ms) dargestellt. In den Spalten

werden die Stimulationsmodi aufgeteilt. Der Beginn des unkonditionierten Stimulus (US)

wurde als 0 ms festgelegt. Die dargestellten Zeiten der CR Onset geben den Abstand der

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konditionierten Reaktionen von dem unkonditionierten Stimulus wieder.

In der statistischen Auswertung ergab sich jedoch für die Variable CR Onset kein

signifikanter Stimulationseffekt [F(1, 39) = 2,7; p = 0,1]. Es zeigte sich aber ein

signifikanter Lernphasen- [F(2, 75) = 11,4; p < 0,001] und ein signifikanter Block Effekt

[F(14, 873) = 2,2; p = 0,006] unabhängig von der Stimulation. Das bedeutet, dass es in

beiden Gruppen eine zunehmende Annäherung des CR Onset zum US im Verlauf der

Tage gibt, welche in der anodalen Gruppen etwas deutlicher war, aber nicht statistisch

signifikant wurde. Hinsichtlich der Stimulation zeigte sich weder bei der Stimulation x

Block Interaktion [F(14, 873) = 1,3; p = 0,19], noch bei der Stimulation x Lernphasen

Interaktion [F(2, 75) = 0,3; p = 0,7] ein signifikanter Effekt. Es ergab sich jedoch bei

Stimulation x Lernphase x Block Interaktion ein signifikanter Effekt [F(22, 879) = 1,6; p =

0,026]. Bei Vergleich der einzelnen Phasen zeigt sich, dass sich die CR Onset Werte

signifikant ändern. Es lag eine signifikante Änderung im Vergleich der Akquisitionsphase

(Tag1) mit der Konsolidierungsphase (Tage 2, 8, 29) vor (p < 0,001) und eine signifikante

Änderung im Vergleich der Akquisitionsphase (Tag1) mit der Extinktion (p = 0,002). Im

Vergleich der Konsolidierungsphase mit der Extinktion gab es keine signifikante Änderung

(p = 1,0).

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Abbildung 6: Dargestellt wird die mittlere Rate des CR Onset je Block in Prozent plus

Standardabweichungen für alle vier Versuchstage für die anodal und die sham stimulierte

Gruppe. Die anodal stimulierte Gruppe wird durch blaue Balken, die sham stimulierte

durch grüne Balken präsentiert. Jeder Block beinhaltet 10 Trials. An Tag 1 erfolgt die

Applikation von tDCS unterschiedlicher Polarität während der ersten Hälfte der

Akquisitionsphase von Block 1 bis Block 5. tDCS wird durch einen roten Pfeil dargestellt.

Bei Tag 29 wird die Extinktion von Block 6 bis Block 8 dargestellt. Der Beginn des US

wurde als 0 ms definiert. Negative Werte beziehen sich auf die Zeitspanne vor dem US.

Über die vier Versuchstage zeigte sich in beiden Gruppen eine Annäherung an den US,

die in der anodalen Gruppe deutlicher war. Somit zeigte sich ein leicht späteres Auftreten

der CR in der anodalen Gruppe.

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Der CR Peaktime zeigte im Verlauf der Versuchstage in beiden Stimulationsgruppen

höhere Werte auf, die in der anodal stimulierten Gruppe höher als in der sham Gruppe

waren. Diese Änderung wird in nachfolgender Abbildung 7 dargestellt. Der Beginn des

US wurde als 0 ms festgelegt. In folgender Tabelle werden die Mittelwerte des CR

Peaktime der konditionierten Reaktionen in beiden Stimulationsgruppen für alle vier

Versuchstage dargestellt.

Anodal [ms] Sham [ms]

CR Peaktime Akquisition Tag 1

- 88,4 7,1 - 92,8 7,2

CR Peaktime KonsolidierungTag 2, 8, 29

- 98,3 6,8 -113,2 6,9

CR Peaktime Extinktion Tag 29

- 113,6 8,6 - 120,7 8,2

Tabelle 4: In den Zeilen werden die Mittelwerte des CR Peaktime der konditionierten

Reaktionen Standardabweichungen in Millisekunden (ms) dargestellt. In den Spalten

werden die Stimulationsmodi aufgeteilt. Der Beginn des unkonditionierten Stimulus (US)

wurde als 0 ms festgelegt. Die dargestellten Zeiten der CR Peaktime geben den Abstand

der konditionierten Reaktionen von dem unkonditionierten Stimulus wieder.

In der statistischen Auswertung zeigte sich für die Variable CR Peaktime kein signifikanter

Stimulationseffekt [F(1, 40) = 1,2; p = 0,26]. Es ergab sich aber ein signifikanter

Lernphasen- [F(2, 78) = 8,5; p < 0,001] und ein signifikanter Block Effekt [F(14, 874) = 1,7;

p = 0,035] unabhängig von der Stimulation. Im Hinblick auf die Stimulation zeigte sich bei

der Stimulation x Block-Interaktion [F(14, 874) = 1,7; p = 0,048], nicht aber bei der

Stimulation x Lernphase-Interaktion [F(2; 78) = 0,4; p = 0,65], ein signifikanter Effekt. Es

fand sich jedoch bei der Stimulation x Lernphase x Block-Interaktion ein signifikanter

Effekt [F(22, 880) = 1,6; p = 0,034]. Wenn man die einzelnen Phasen miteinander

vergleicht, sieht man, dass sich die CR Peaktime Werte im Vergleich signifikant ändern.

Es lag eine signifikante Änderung im Vergleich der Akquisitionsphase (Tag1) mit der

Konsolidierungsphase (Tag 2, 8, 29) vor (p = 0,027) und eine signifikante Änderung im

Vergleich der Akquisitionsphase (Tag1) mit der Extinktion vor (p < 0,001). Im Vergleich der

Konsolidierungsphase mit der Extinktion ergab sich keine signifikante Änderung (p =

0,23).

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Abbildung 7: Dargestellt wird die mittlere Rate der CR Peaktime je Block in Prozent plus

Standardabweichungen für alle vier Versuchstage für die anodal und die sham stimulierte

Gruppe im Vergleich gezeigt. Die anodal stimulierte Gruppe wird durch blaue Balken, die

sham stimulierte durch grüne Balken präsentiert. Jeder Block beinhaltet 10 Trials. An Tag

1 erfolgt die Applikation von tDCS unterschiedlicher Polarität während der ersten Hälfte

der Akquisitionsphase von Block 1 bis Block 5. tDCS wird durch den roten Pfeil

symbolisiert. Bei Tag 29 wird die Extinktion von Block 6 bis Block 8 dargestellt. Der Beginn

des US wurde als 0 ms definiert. Negative Werte beziehen sich auf die Zeitspanne vor

dem US. Über die vier Versuchstage erreichte die anodal stimulierte Gruppe höhere

Werte als die sham Gruppe. Somit zeigte sich ein späteres Auftreten der maximalen

elektromyographischen Aktivität der Blinkreflexantwort in der anodal stimulierten Gruppe

im Vergleich zur sham Gruppe.

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4. Integral der Größe konditionierter Antworten (CR Area und CR Area bei Intervall

50ms)

Die Mittelwerte der CR Area werden in nachfolgender Tabelle 5 für beide

Stimulationsgruppen über alle Versuchstage gezeigt.

Anodal [%] Sham [%]

CR Area Akquisition Tag 1

94,4 12,6 94,2 16,2

CR Area Konsolidierung Tag 2,8, 29

145,3 12,2 187,4 12,1

CR Area Extinktion Tag 29

90,2 16,2 150,4 15,4

Tabelle 5: In den Zeilen werden die Mittelwerte der CR Area der konditionierten

Reaktionen Standardabweichungen in Prozent (%) dargestellt. In den Spalten werden

die Stimulationsmodi aufgeteilt.

Die Änderung der CR Area wird im nachfolgenden Diagramm 8 gezeigt. Die Größe der

gelernten Antworten (CR Area) nahm in beiden Gruppen an Tag 1 zu. Eine weitere

Größenzunahme zeigte sich an den Folgetagen (Block Effekt, Lernphasen Effekt: p <

0.001). Diese Größenzunahme war signifikant geringer in der anodalen Gruppe verglichen

zur sham Gruppe (Stimulationseffekt [F(1, 38) = 6,4; p = 0.015]. Es ergab sich auch ein

Lernphasen- [F(2, 89) = 19,2; p < 0,001] und ein Block-Effekt [F(14, 875) = 3,4; p < 0,001]

unabhängig von der Stimulation. In Zusammenschau mit der Stimulation zeigte sich

weder bei der Stimulation x Block Interaktion [F(14, 875) = 0,3; p = 0,97], noch bei

Stimulation x Lernphase Interaktion [F(2; 89) = 2,4; p = 0,09] ein signifikanter Effekt. Man

fand auch keinen signifikanten Effekt bei der Stimulation x Lernphase x Block Interaktion

[F(22, 881) = 1,2; p = 0,19]. Wenn man die einzelnen Phasen miteinander vergleicht,

ergibt sich, dass sich die Werte der CR Area signifikant ändern. Es lag eine signifikante

Änderung im Vergleich der Akquisitionsphase (Tag 1) mit der Konsolidierungsphase (Tag

2, 8, 29) vor (p < 0,001), aber keine signifikante Änderung im Vergleich der

Akquisitionsphase (Tag 1) mit der Extinktion vor (p = 0,15). Im Vergleich der

Konsolidierungsphase mit der Extinktion fand sich eine signifikante Änderung (p = 0,002).

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Abbildung 8: Dargestellt wird die mittlere Rate der CR Area je Block in Prozent plus

Standardabweichungen für alle vier Versuchstage für die anodal und die sham stimulierte

Gruppe. Die anodal stimulierte Gruppe wird durch blaue Balken, die sham stimulierte

durch grüne Balken präsentiert. Jeder Block beinhaltet 10 Trials. An Tag 1 erfolgte die

Applikation von tDCS unterschiedlicher Polarität während der ersten Hälfte der

Akquisitionsphase von Block 1 bis Block 5. tDCS wird durch den roten Pfeil symbolisiert.

Bei Tag 29 wird die Extinktion von Block 6 bis Block 8 dargestellt. Es zeigte sich über alle

Versuchstage eine Größenzunahme der CR Area, die in der anodal stimulierten Gruppe

geringer ausfiel als in der sham stimulierten Gruppe. In der Extinktion zeigte sich eine

signifikante Abnahme der CR Area in der anodalen Gruppe.

Die Mittelwerte der CR Area bei Intervall 50 ms werden in nachfolgender Tabelle 6 für

beide Stimulationsgruppen über alle Versuchstage gezeigt.

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Anodal [%] Sham [%]

CR Area bei Intervall 50 ms Akquisition Tag 1

101,3 9,7 99,4 11,5

CR Area bei Intervall 50 ms KonsolidierungTag 2, 8, 29

119,6 9,4 147,2 9,4

CR Area bei Intervall 50 ms Extinktion Tag 29

88,3 12,1 124,4 11,5

Tabelle 6: In den Zeilen werden die Mittelwerte der CR Area bei Intervall 50 ms der

konditionierten Reaktionen Standardabweichungen in Prozent (%) dargestellt. In den

Spalten werden die Stimulationsmodi aufgeteilt.

Im Intervall von 50ms nahm die Größe der gelernten Antworten (CR Area) in beiden

Gruppen an Tag 1 zu. Eine weitere Größenzunahme ergab sich an den darauf folgenden

Tagen. Diese Größenzunahme war signifikant geringer in der anodalen Gruppe verglichen

zur sham Gruppe (Stimulationseffekt: [F(1, 36) = 4,4; p = 0.041]. Es zeigte sich auch ein

signifikanter Lernphasen- [F(2, 81) = 5,8; p = 0,004] und ein signifikanter Blockeffekt

[F(14, 870) = 5,4; p < 0,001] unabhängig von der Stimulation. In Zusammenschau mit der

Stimulation zeigte sich weder bei der Stimulation x Block Interaktion [F(14, 870) = 1,4; p =

0,12], noch bei der Stimulation x Lernphase Interaktion [F(2, 81) = 1,4; p = 0,23] ein

signifikanter Effekt. Es fand sich auch kein signifikanter Effekt bei der Stimulation x

Lernphase x Block Interaktion [F(22, 875) = 1,2; p = 0,21]. Wenn man die einzelnen

Phasen miteinander vergleicht, ergibt sich, dass sich die Intervall-50ms Werte im

Vergleich signifikant ändern. Es zeigte sich eine signifikante Änderung im Vergleich der

Akquisitionsphase (Tag 1) mit der Konsolidierungsphase (Tag 2, 8, 29) vor (p < 0,001),

aber keine signifikante Änderung im Vergleich der Akquisitionsphase (Tag 1) mit der

Extinktion (p = 1,0). Im Vergleich der Konsolidierungsphase mit der Extinktion ergab sich

ebenfalls eine signifikante Änderung (p = 0,016).

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Abbildung 9: Dargestellt wird die mittlere Rate der CR Area bei Intervall 50 ms (Int50) je

Block in Prozent plus Standardabweichungen für alle vier Versuchstage für die anodal und

die sham stimulierte Gruppe. tDCS wird durch einen roten Pfeil symbolisiert. Bei Tag 29

wird die Extinktion von Block 6 bis Block 8 dargestellt. Die anodal stimulierte Gruppe wird

durch blaue Balken, die sham stimulierte durch grüne Balken präsentiert. Jeder Block

beinhaltet 10 Trials. An Tag 1 erfolgt die Applikation von tDCS unterschiedlicher Polarität

während der ersten Hälfte der Akquisitionsphase von Block 1 bis Block 5. Beide Gruppen

zeigten im Verlauf eine Größenzunahme der CR Area bei Intervall 50 ms, die in der

Extinktion eine signifikante Abnahme zeigte.

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5. Spontan-und Alpha-Blinkrate

Die spontane Blinkrate wurde pro Proband vor Versuchsbeginn für 60 Sekunden an den

Tagen 1,2, 8 und 29 notiert und ausgewertet.

Anodal [Blinkantworten/60s] Sham [Blinkantworten/60s]

Tag 1 17,0 4,0 17,8 4,1

Tag 2 17,0 3,7 17,6 3,9

Tag 8 18,1 3,8 18,6 4,3

Tag 29 17,2 3,5 17,7 3,8

Tabelle 7: In den Zeilen werden die Mittelwerte Standardabweichungen der spontanen

Blinkrate 60 Sekunden vor Versuchsbeginn für alle Versuchstage gezeigt. In den Spalten

werden die Stimulationsmodi aufgeteilt.

Abbildung 10: Dargestellt werden die Mittelwerte der Spontanblinkrate für alle

Versuchstage für beide Versuchsgruppen gezeigt. Die anodale Gruppe wird mit blauen

Balken und mit „1“, die sham Gruppe mit grünen Balken und „2“ dargestellt.

In der Auswertung fand sich eine leichte Zunahme der spontanen Blinkrate über die vier

Tage. Die sham Gruppe zeigte eine etwas höhere Spontanblinkrate, die aber im Vergleich

zur anodalen Gruppe an keinem der vier Tage signifikant höher lag (Spontanblinkrate x

Stimulation: alle p Werte > 0,4).

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Die alpha-Blinkrate wurde im Abschnitt zwischen 310 ms und 460 ms pro Proband und

pro Tag gezählt und ausgewertet. Hier wurden auch Mittelwerte mit T-Tests berechnet. Bei

der alpha-Blinkrate betrug der Mittelwert in der anodalen Gruppe 1,1 1,5 und der

Mittelwert in der sham Gruppe 1,2 1,5. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede

bezüglich der alpha-Blinkrate zwischen beiden Gruppen (p = 0,67).

Abbildung 11: Dargestellt werden die Mittelwerte der alpha-Blinkrate für alle

Versuchstage für beide Versuchsgruppen. Die anodale Gruppe wird mit blauen Balken

und mit „1“, die sham Gruppe mit grünen Balken und „2“ dargestellt.

6. Auswertung der ersten 20 ungepaarten (unkonditionierten) Trials (UR)

Für die ersten 20 ungepaarten Trials an Tag 1 wurden die Variablen UR Onset, Duration

und Peaktime zwischen der anodalen und der sham Gruppe verglichen.

Für die Variable UR Onset betrug der Mittelwert in der anodalen Gruppe 45,2 9,9ms

und der Mittelwert in der sham Gruppe 51,3 15,1ms während der ersten 20 ungepaarten

Trials. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen (p =

0,17). Für die Variable Duration betrug der Mittelwert in der anodalen Gruppe 119,3 34,8

ms und der Mittelwert in der sham Gruppe 117,8 49,9 ms während der ersten 20

ungepaarten Trials. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden

Gruppen (p = 0,09). Für die Variable UR Peaktime betrug der Mittelwert in der anodalen

Gruppe 103,8 13,1ms und der Mittelwert der sham Gruppe betrug 107,8 7,2 ms

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während der ersten 20 ungepaarten Trials. Es zeigten sich keine signifikanten

Unterschiede zwischen beiden Gruppen (p = 0,2).

Insgesamt ergaben sich für diese Variablen keine signifikanten Unterschiede in beiden

Gruppen während der ersten 20 ungepaarten Trials.

Abbildung 12a: Dargestellt werden die Mittelwerte der UR Onset für die ersten 20

ungepaarten Trials an Tag 1. Die anodale Gruppe wird mit blauen Balken und mit „1“, die

sham Gruppe mit grünen Balken und „2“ dargestellt.

Abbildung 12b: Dargestellt werden die Mittelwerte der UR Peaktime für die ersten 20

ungepaarten Trials an Tag 1. Die anodale Gruppe wird mit blauen Balken und mit „1“, die

sham Gruppe mit grünen Balken und „2“ dargestellt.

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Abbildung 12c: Dargestellt werden die Mittelwerte der UR Duration (Durms) für die

ersten 20 ungepaarten Trials an Tag 1. Die anodale Gruppe wird mit blauen Balken und

mit „1“, die sham Gruppe mit grünen Balken und „2“ dargestellt.

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D. Diskussion

I. Effekte der transkraniellen Gleichstromstimulation auf das Cerebellum

1. Einfluss der tDCS auf die Inzidenz konditionierter Blinkreflexantworten während

der Akquisition und Konsolidierung

In der vorliegenden Arbeit ergab sich kein signifikanter Unterschied in der Inzidenz

konditionierter Blinkreflexantworten zwischen der anodalen und der sham Gruppe.

Während der Akquisition an Tag 1 lag der Mittelwert der konditionierten Antworten in der

anodalen Gruppe mit 58,5 5,4% nicht signifikant höher als der Mittelwert in der sham

Gruppe mit 52,2 5,4%. Während der Konsolidierungsphase an den Tagen 2, 8 und 29

zeigte sich ebenso kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen, der Mittelwert

der konditionierten Antworten war in der anodalen Gruppe mit 79,5 4,5% nicht signifikant

höher als der Mittelwert in der sham Gruppe mit 78,5 4,5%. Es zeigte sich somit

insgesamt kein signifikanter Stimulationseffekt in den vier Tagen.

Ein Teil der vorliegenden Studie diente der Frage der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse

von Zuchowski et al. (2014) aus unserer Arbeitsgruppe. Die Autoren konnten mit der tDCS

über dem Kleinhirn für die Blinkreflexkonditionierung signifikante Unterschiede in Bezug

auf die Lernrate der konditionierten Antworten im Vergleich zwischen den

Stimulationsgruppen (anodal, kathodal, sham) darlegen. In der anodal stimulierten

Gruppe war die Lernrate signifikant erhöht im Vergleich zur sham Gruppe, während sie in

der kathodalen Gruppe erniedrigt war (Zuchowski et al., 2014). Diese Ergebnisse konnten

mit der vorliegenden Studie, sowie in einer vorangehenden Studie von Beyer et al. (2017)

nicht reproduziert werden. Beyer et al. (2017) untersuchten, ob die Lage der

Referenzelektrode und die tDCS Auswirkungen auf die CR Inzidenz, sowie CR Timing

Parameter in drei verschiedenen Stimulationsgruppen (anodal, kathodal, sham) hatte. Bei

Verwendung einer Referenzelektrode über dem ipsilateralen M. deltoideus fanden sich

keine signifikanten Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen, während man bei

Verwendung einer Referenzelektrode über dem ipsilateralen M. buccinator eine

tendenziell, jedoch ebenfalls nicht signifikant höhere CR Inzidenz in der anodalen und

kathodalen Gruppe im Vergleich zur sham Gruppe beobachten konnte (Beyer et al.,

2017).

Ein möglicher Unterschied, der die mangelnde Reproduzierbarkeit der Befunde erklären

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könnte, ist, dass in der Studie von Zuchowski et al. (2014) während der kompletten

Akquisitonsphase, in der vorliegenden Studie jedoch nur während der ersten Hälfte

stimuliert wurde. Allerdings waren bei Zuchowski et al. (2014) die Unterschiede in den

Konditionierungsraten zwischen den drei Gruppen schon zu Beginn der ersten Hälfte der

Akquisitionsphase sichtbar, was eine Bedeutung der Stimulationsdauer für diese

Unterschiede wenig wahrscheinlich macht. Es könnten auch größere interindividuelle

Unterschiede in der Konditionierungsleistung, die weiter unten bezüglich anderer Studien

ebenfalls als Einflussgrößen diskutiert werden, beim Erlernen der

Blinkreflexkonditionierung als wesentlicher Faktor für die divergenten Ergebnisse bei

Zuchowski et al. (2014) und der vorliegenden Studie herangezogen werden.

Auch andere Arbeitsgruppen versuchen, Befunde unter Verwendung der tDCS am

Kleinhirn zu reproduzieren. Galea et al. (2011) konnten in einer Studie, die die

Treffsicherheit in einer visuomotorischen Aufgabe unter cerebellärer anodaler und sham

Stimulation untersuchte, zeigen, dass die anodal stimulierten Probanden signifikant

bessere Leistungen aufwiesen. Die Ergebnisse konnten in einer Studie von Jalali et al.

(2018) nicht reproduziert werden. Es ergaben sich bei der visuomotorischen Aufgabe im

Vegleich von anodaler und sham Stimulation bei 34 Probanden keine signifikanten

Unterschiede zwischen beiden Stimulationsgruppenruppen (Jalali et al., 2018). Die

fehlende Signifikanz könnte durch zu wenige Probanden oder auch durch interindividuelle

Wirkungsweise der tDCS erklärbar sein (Jalali et al., 2018).

Die Effekte der cerebellären tDCS sind in Bezug auf die derzeitige Datenlage als

uneinheitlich zu bewerten. Eine Studie von Cantarero et al. (2015) konnte eine

Verbesserung der Lernleistung in der cerebellär anodal stimulierten Gruppe darlegen.

Cantarero et al. (2015) führten ihre Studie mit 3 Versuchsgruppen, anodal, sham und

kathodal, durch. Ziel der Studie war es, ob und inwieweit tDCS unterschiedlicher Polarität

in Höhe von 2mA für die Dauer von 20 Minuten über der rechten cerebellären Hemisphäre

einen Einfluss auf das Ausführen einer visuomotorischen Aufgabe hatte. Ebenso konnten

Studien zu motorischen Lernaufgaben von Hardwick und Celnik (2014), sowie mit

sprachlichen Aufgaben mit Messung der Antwortlatenz bei tDCS unterschiedlicher

Polarität (anodal, kathodal, sham) von Miall et al. (2016) eine Verbesserung der

Lernleistung in den cerebellär anodal stimulierten Gruppen darlegen. Andere Studien mit

cerebellärer anodaler tDCS beschrieben, wie von Conley et al. (2016) und Jalali et al.

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(2017) jedoch allenfalls geringe oder fehlende Effekte auf das motorische Lernen (Conley

et.al., 2016; Jalali et al., 2017). Eine mögliche Erklärung für die verschiedenen

Studienergebnisse könnte eine unterschiedliche inter- und intraindividuelle

Ansprechbarkeit auf diese Form der Stimulation sein. In einer Studie von Fricke et al.

(2011) zeigten sich Unterschiede der tDCS Wirksamkeit bei Testung unterschiedlicher

tDCS Stimultionsprotokolle. Die Autoren erklären diesen Effekt mit einer von der

Stimulationszeit abhängigen neuronalen Plastizität, sodass auch die Verwendung eines

passenden Stimulationsprotokolles für die tDCS Wirksamkeit von Bedeutung ist (Fricke et

al., 2011). Arbeiten von Horvath et al. (2016) und Dyke et al. (2016) zeigten sogar

intraindividuelle Unterschiede in der tDCS Wirksamkeit in derselben Probandengruppe bei

mehrfacher Testung. So ergaben 9 Stimulationssitzungen bei Horvath et al. (2016)

intraindividuelle Unterschiede in der tDCS Wirksamkeit. Ebenso zeigten Labruna et al.

(2016) in ihrer Studie mit Hilfe von Messungen der motorisch evozierten Potentiale, dass

die tDCS Wirksamkeit zwischen den Probanden variierte.

Eine weitere mögliche Ursache für variable Ergebnisse könnte die Elektrodenplatzierung

sein. Eine Studie von Rampersad et al. (2014) zeigte, dass der Hauptstromfluss über der

Kleinhirnhemisphäre unter der Anode fließt. Die höchsten Stromflüsse wurden im

inferioren Teil des Kleinhirns unter der Fissura prima gefunden. Das bedeutet, dass bei

einer Elektrodenposition 3cm rechts lateral des Inions verstärkt die inferioren Anteile und

weniger die anterioren und superioren posterioren Anteile des Kleinhirns stimuliert werden

(Rampersad et al., 2014). Die für die Blinkreflexkonditionierung wichtigen Areale Crus I

und Lobulus VI befinden sich im superioren posterioren Teil des Kleinhirns (Gerwig et al.,

2010; Ramnani et al., 2000) und könnten bei dieser Elektrodenposition womöglich nicht

ausreichend stimuliert werden. Eine Arbeit von Parazzini et al. (2014) stellte jedoch fest,

dass Variationen in der Elektrodenplatzierung am Cerebellum nur zu wenig

Veränderungen in der Stromverteilung führten, sodass eine andere Elektrodenplatzierung

wahrscheinlich zu keiner zufriedenstellenden Verbesserung der tDCS Wirksamkeit führen

würde. Vielmehr würden interindividuelle anatomische Unterschiede eine Rolle für die

tDCS Wirksamkeit spielen, da man bei Individuen mit derselben Elekrodenplatzierung

nicht zwangsläufig auch das gewünschte Areal stimulieren würde. Die

Elektrodenplatzierung dürfte in der vorliegenden Arbeit nicht die Erklärung für die fehlende

Reproduzierbarkeit der Effekte der anodalen tDCS darstellen, denn es wurde die

identische Elektrodenplatzierung wie in der Arbeit von Zuchowski et al. (2014) gewählt.

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Eine weitere mögliche Erklärung für die ähnlichen und nicht signifikant unterschiedlichen

Lernraten zwischen anodaler und sham tDCS könnte darin liegen, dass das Ansprechen

auf die tDCS noch von weiteren individuellen Faktoren abzuhängen scheint. Ein

zwischenzeitlich nachgewiesener Faktor stellt der BDNF-Polymorphismus (brain-derived

neutrotrophic factor) dar. BDNF spielt bei der synaptischen Plastizität eine wichtige Rolle.

Bei Applikation von tDCS findet eine erhöhte Sekretion des BDNF statt und neuronale

Signaltransduktionsrezeptoren werden aktiviert (Fritsch et al., 2010; Antal et al., 2010).

Eine Studie von Cheeran et al. (2008) konnte darlegen, dass die Anwesenheit von BDNF

bei den Probanden wichtig für die Wirksamkeit von tDCS ist. Zudem könnte man die tDCS

Ansprechbarkeit durch eine Anpassung der tDCS Stimulationsprotokolle auf den

einzelnen Probanden erhöhen, ähnlich wie es bei transkranieller magnetischer Stimulation

(TMS) durchgeführt wird. Bei Verwendung von TMS am motorischen Kortex wird je nach

Proband die Stimulationsintensität auf die individuelle TMS Sensitivität bezogen

angewendet. Die Verwendung von tDCS jedoch erfolgt bisher nach dem gleichen

Protokoll für alle Probanden in Studien (Labruna et al., 2016). Eine neurophysiologische

Möglichkeit, die individuelle Ansprechbarkeit auf die tDCS zu prüfen, könnte auch in der

Applikation von TMS und Messung der motorisch evozierten Potentiale bei den

Probanden sein. Labruna et al. (2016) führten Messungen der motorisch evozierten

Potentiale mittels TMS vor und nach anodaler oder kathodaler Stimulation durch. Nach

anodaler Stimulation zeigten sich höhere Amplituden motorisch evozierter Potentiale bei

Probanden, die sensitiver für die TMS waren (Labruna et al., 2016). Ob dies für

cerebelläre Fragestellungen ebenso möglich ist, muss in zukünftigen Studien untersucht

werden.

Eine inhomogene Gruppenverteilung könnte in der vorliegenden Studie auch eine

mögliche Erklärung für die vorliegenden Ergebnisse sein. Eine Testung des BDNF-

Polymorphismus und ggf. die Untersuchung mittels TMS könnten Möglichkeiten

darstellen, um geeignete Probanden und somit aussagekräftigere Studienergebnisse

erzielen zu können.

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2. Einfluss der tDCS auf das Timing und die Größe von konditionierten

Blinkreflexantworten

In der vorliegenden Studie fand sich eine Modulation des Timings und der Größe der

konditionierten Blinkreflexantworten in Abhängigkeit von der Polarität der Stimulation. Eine

zeitliche Adaptation des Beginns der konditionierten Antworten an den Luftstoß war in

beiden Gruppen vorhanden, d.h. der CR Onset näherte sich im Verlauf der Versuchstage

den US an. Diese Verschiebung war in der anodalen Gruppe etwas deutlicher als in der

sham Gruppe. In der statistischen Auswertung zeigte sich jedoch für die Variable CR

Onset kein signifikanter Stimulationseffekt. Es ergab sich jedoch ein signifikanter

Lernphasen- und ein signifikanter Blockeffekt unabhängig von der Stimulation. Für die

Variable CR Peaktime ergaben sich vergleichbare Befunde wie für die Variable CR Onset.

Vorbefunde zur zeitlichen Adaptation des CR Onset sind uneinheitlich. In der Studie von

Zuchowski et al. (2014) fanden sich im Laufe der Konditionierung eine signifikante

Verschiebung des CR Onset in Richtung des CS in der anodal stimulierten Gruppe im

Vergleich zur sham und kathodal stimulierten Gruppe. Dieser Unterschied ist aber

aufgrund der verminderten Konditionierungsleistung mit nur wenigen auswertbaren

Antworten in der kathodalen Gruppe nicht sicher zu verwerten (Zuchowski et al., 2014).

Beyer et al. (2017) konnten keine wesentliche Verschiebung des CR Onset während der

Blinkreflexkonditionierung im Vergleich zwischen der anodalen, kathodalen und der sham

Gruppe finden. In einer weiteren Arbeit von Tran et al. (2017), die die

Blinkreflexkonditionierung zwischen einer gesunden Kontrollgruppe und Frühgeborenen,

die zum Zeitpunkt der Testung im Mittel 19,4 Jahre alt waren, verglich, zeigte sich in der

Kontrollgruppe eine Adaptation des CR Onset in Richtung des Beginns des US. Diese

Beobachtungen zum Verhalten des CR Onsets von Tran et al. (2017) und der

vorliegenden Studie stimmen mit einigen anderen Studien überein. Frühere Studien von

Boneau (1958) und Prokasy et al. (1963) ergaben ebenfalls bei gesunden Probanden mit

zunehmender Konditionierungsleistung, ohne Stimulation, eine Verschiebung des CR

Onset in Richtung des US. Im Vergleich dazu gibt es einige human- und

tierexperimentelle Studien, in denen das Verhalten des CR Onset bei Vorhandensein

cerebellärer Läsionen untersucht wurde. Perrett et al. (1993) und Gerwig et al. (2005)

beschreiben, dass kortikale Neurone im Lobus anterior des Cerebellums für die zeitliche

Anpassung des CR Onset an den US von Bedeutung zu sein scheinen. Die Arbeit von

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Gerwig et al. (2005) ergab, dass das CR Onset während der Blinkreflexkonditionierung

bei cerebellären Läsionen in Richtung des CS verschoben war, also das sich das Timing

verschlechterte. Diese Befunde werden durch tierexperimentelle Arbeiten, wie von

Koekkoek et al. (2003) gestützt, die bei Läsionen ein ähnliches Verhalten des CR Onset

zeigen. Koekkoek et al. (2003) führten die Blinkreflexkonditionierung mit transgenen

Mäusen durch, deren LTD der Parallelfasern des Kleinhirns durch eine Inhibierung der

Purkinjezelle beeinträchtigt war. Sie zeigten, dass das Timing der transgenen Mäuse im

Vergleich zur nicht-mutierten Kontrollgruppe beeinträchtigt war, in der sich das CR Onset

bis kurz vor das US verschob (Koekkoek et al., 2003).

Einige tierexperimentelle Studien zeigen, dass eine zeitlich adaptierte konditionierte

Antwort bei der Delay-Blinkreflexkonditionierung von einer Abnahme der

Purkinjezellaktivität während des CS abhängig ist (Hesslow et al., 1994; Jirenhed et al.,

2007; Rasmussen et al., 2008). Befunde von Linden (2003), Medina et al. (2001) und

Buonomano und Mauk (1994) erklären, dass eine zeitlich adaptierte Blinkreflexantwort

zum US von mehreren Synapsen im Kleinhirn abhängig ist. Die Darbietung mehrfach

gepaarter CS und US führt zu einer zeitlichen Adaptation der konditionierten Antwort des

Blinkreflexes bis kurz vor dem Luftstoß. Dieser Vorgang lässt sich durch LTD erklären.

Dabei werden Lernvorgänge auf neuronaler Ebene durch die simultane synaptische

Aktivität an Parallelfasern durch Moos- und Kletterfaserafferenzen ausgebildet. Die

simultane Aktivierung der den US vermittelnden Kletterfasen und der den CS

vermittelnden Moosfasern führt zur LTD der exzitatorisch wirkenden Parallelfaser-

Purkinjezell-Synapsen, die bis kurz vor dem US aktiviert sind. Diese Kletterfaserafferenz

führt zu einer Abnahme der Purkinjezell-Aktivität und einer reduzierten Hemmung des Ncl.

interpositus, sodass eine zeitlich adaptierte Blinkreflexantwort kurz vor dem US erfolgt.

(Buonomano und Mauk 1994; Medina et al., 2001; Linden 2003). Einige Arbeiten von

Gormezano und Moore (1969) und Kehoe und Macrae (2002) zeigten, dass eine

charakteristische Eigenschaft der konditionierten Antworten deren zeitliche Adaptation mit

einer maximalen Amplitude kurz vor dem US ist.

Auch die Größe der gelernten Antworten (CR Area) wurde untersucht. Sie nahm in beiden

Gruppen an Tag 1 zu. Eine weitere Größenzunahme zeigte sich an den Folgetagen mit

einem signifikantem Block- und Lernphasen Effekt. Diese Größenzunahme war signifikant

geringer in der anodalen Gruppe verglichen zur sham Gruppe. Es ergab sich zudem auch

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ein Lernphasen- und ein Blockeffekt unabhängig von der Stimulation. Unterschiede

könnten sich dadurch ergeben, dass anodale Stimulation einen detrimentären Effekt auf

die CR Inzidenz, somit zu einer signifikanten Verringerung im Vergleich zu sham während

der Extinktion führte, der im nachfolgenden Abschnitt diskutiert wird.

Tran et al. (2017) führten ebenfalls eine Untersuchung der Variable CR Area durch. Es

zeigte sich mit zunehmender Konditionierung eine Zunahme der CR Area in der

Kontrollgruppe im Vergleich zur Gruppe der Frühgeborenen. Die Größenzunahme in der

vorliegenden Arbeit bei gesunden Probanden, sowie in der Kontrollgruppe bei Tran et al.

(2017) stimmen mit Studien von Boneau (1958), Prokasy et al. (1963) und Freeman

(2014) überein, die bei intaktem Cerebellum mit zunehmender Konditionierungsleistung

eine Zunahme der Größe der konditionierten Antworten darlegen konnten. Auch Perrett et

al. (1993) zeigten tierexperimentell nach cerebellären Läsionen, dass die Amplituden der

konditionierten Antworten vom Cerebellum abhängig sind. Dies erklärt die verminderte

Größe bei Frühgeborenen im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe bei Tran et al.

(2017).

3. Einfluss der tDCS auf Extinktion der akquirierten Blinkreflexantworten

Während der letzten drei Blöcke an Tag 29 wurde lediglich der CS dargeboten. Bei

mehrfacher Präsentation von ungepaarten CS kommt es zur Extinktion, zum „Verlernen“

der zuvor akquirierten CR (Gerwig et al., 2007; Jirenhed und Hesslow 2016). Hier war

insbesondere die Frage von Interesse, ob die tDCS Auswirkungen auf die Extinktion hat.

Im vorliegenden Probandenkollektiv fiel die Anzahl der konditionierten Antworten während

der Extinktion signifikant ab. Dies wurde in einem signifikanten Block Effekt und

Lernphasen Effekt (d.h. Akquisition an Tag 1 vs. Konsolidierung an den Tagen 2, 8, 29 vs.

Extinktion an Tag 29) deutlich. In der Extinktion-Phase zeigte sich im Vergleich zu den

anderen Tagen ein Stimulationseffekt mit schnellerer Abnahme der CRs in der anodal

stimulierten Gruppe verglichen zur sham Gruppe. In der Studie von Zuchowski et al.

(2014) ergab sich zu Beginn in der anodal stimulierten Gruppe eine etwas schnellere

Abnahme der CR während der Extinktion im Vergleich zu den anderen Gruppen, jedoch

ohne signifikanten Unterschied. Beyer et al. (2017) konnten keinen signifikanten Effekt der

CR Abnahme während der Extinktionsphase im Vergleich der Stimulationsmodi darlegen.

Tran et al. (2017) fanden in der Versuchsgruppe, sowie der Kontrollgruppe eine

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erniedrigte CR Inzidenz während der Extinktion, jedoch keinen signifikanten Unterschied

zwischen beiden Gruppen.

Es gibt einige Studien, deren Befunde dafür sprechen, dass die Extinktion von

konditionierten Blinkreflexantworten kein passiver, sondern ein aktiver Lernprozess ist, der

vom Kleinhirn, von neuronaler Plastizität und möglicherweise auch vom Hippocampus

abhängig ist (Medina et al., 2002; Robleto et al., 2004). Man nimmt an, dass die Extinktion

der akquirierten Antworten eine Kombination aus „Verlernen“ und einer neu erlernten

Inhibition ist (Medina et al., 2002; Robleto et al., 2004; Hu et al., 2015). Der Prozess des

Verlernens findet wahrscheinlich primär im cerebellären Kortex statt, während die

präfrontalen Areale und der Hippocampus für die gelernte Inhibition verantwortlich zu sein

scheinen. Es wird zudem angenommen, dass die während der Extinktion neu gelernte

Inhibition über die Amygdala zum Kleinhirn geleitet wird (Hu et al., 2015). Für die

Akquisition der Konditionierung wird der konditionierte Stimulus (CS) über das Mossfaser-

und Parallelfasersysteme zum Kleinhirn transportiert. Der unkonditionierte Stimulus (US)

wird über die Kletterfasern aus der unteren Olive zum Kleinhirn geleitet. Zudem wird

angenommen, dass es zu einer verminderten Inhibition der Kleinhirnkerne durch die

Purkinjezellen bei mehrfacher Präsentation des CS und zum Erlernen der konditionierten

Antwort (CR) kommt (De Zeeuw und Ten Brinke 2015; Ten Brinke et al., 2015). Hesslow

und Ivarsson (1994) zeigten, dass die inhibierende Wirkung der Kleinhirnkerne auf die

untere Olive sowohl für die Akquisition, als auch für die Extinktion wichtig ist. Während der

alleinigen Präsentation von CS Trials in der Extinktion kommt es durch das Fehlen der US

zu einer verminderten Erregung der unteren Olive. Zudem wird die untere Olive durch die

Kleinhirnkerne inhibiert. Dadurch kommt es zu einer verringerten Aktivität der

Kletterfasern, die zur Extinktion der CR führt (Medina et al., 2002; Ten Brinke et al., 2015).

In einer tierexperimentellen Studie stellten Medina et al. (2002) dar, dass die Kletterfasern

und damit auch die untere Olive von großer Bedeutung für die Extinktion sind. Dazu

wurde bei Kaninchen der Blinkreflex konditioniert und die Extinktion nach Gabe

unterschiedlicher Infusionen in neuronale Strukturen beobachtet. Die Gruppe, die

Infusionen mit reversiblen an Synapsen wirkenden GABA Antagonisten Picrotoxin in die

kontralaterale inferiore Olive erhalten hatte und somit die inhibitorische Afferenz zu den

Kletterfasern gehemmt wurde, zeigte keine Extinktion. Im Gegensatz dazu ergab sich bei

Kaninchen, die keine Infusion oder eine Infusion mit künstlicher cerebrospinaler

Flüssigkeit erhalten habe, eine erhaltene Extinktion. Infusionen, die die exzitatorische

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Afferenz zu den Kletterfasern inhibierten, führten zu einer Induktion der Extinktion (Medina

et al., 2002). Medina et al. (2002) schließen aus ihren Beobachtungen, dass eine

transiente Inhibierung der Kletterfasern die Extinktion induziert. Des Weiteren nehmen

Medina et al. (2001) an, dass auch die Longterm-Potentiation (LTP) und Longterm-

Depression (LTD) eine Rolle bei der Extinktion spielen. Eine Verringerung der

Kletterfaseraktivität würde zu einer Induktion von LTP führen (Medina et al., 2001).

In der vorliegenden Studie zeigte sich, dass bei anodaler cerebellärer tDCS die Extinktion

der konditionierten Antworten signifikant beschleunigt war. Die Befunde legen nahe, dass

durch eine anodale Stimulation die CR schneller gelernt werden können, aber auch eine

schnellere Extinktion erfolgt. Eine mögliche Ursache des schnelleren Verlernens wäre ein

detrimentärer Effekt der anodalen tDCS auf hinsichtlich der Güte der gelernten Antworten.

Galea et al. (2009) konnten die Modulation der Exzitabilität des Kleinhirns bei Anwendung

von tDCS in unterschiedlicher Polarität darlegen. Zudem wird vermutet, dass die

Nacheffekte der tDCS zum Teil auch auf der Induktion von LTP und LTD beruhen (Nitsche

und Paulus 2000). In der vorliegenden Studie könnte die Applikation von anodaler tDCS

zu einer verminderten Konsolidierung oder zu einer Beschleunigung des Prozesses des

Verlernens der konditionierten Antworten geführt haben. Es wird angenommen, dass

anodale tDCS zu einer Modulation des Aktivitätsniveaus der Kletterfasern führen könnte

und somit zu einer beschleunigten Extinktion geführt haben könnte.

4. Neurophysiologischer Hintergrund modulierter Kleinhirnfunktionen

Die Effekte der tDCS auf Strukturen des cerebellären Kortex sind noch nicht im Detail

geklärt. Physiologisch haben die Purkinjezellen eine inhibitorische Wirkung auf die

Kleinhirnkerne. Diese haben eine aktivierende Wirkung auf die kontralateralen Kerne des

Thalamus, die wiederum hemmend auf den primär-motorischen Kortex wirken. Es wird

angenommen, dass durch anodale tDCS die Erregbarkeit der Purkinjezellen erhöht wird

und sie somit die Kleinhirnkerne stärker hemmen können. Dadurch kommt es zu einer

geringeren Aktivierung der Thalamuskerne, die dadurch den primär-motorischen Kortex

weniger stark hemmen können und somit die kortikale Aktivierung zunimmt (Galea et al.,

2009; Grimaldi et al., 2016). Die Applikation der kathodalen Stimulation soll die Aktivität

der Purkinjezellen verringern. Dadurch werden die Kleinhirnkerne weniger inhibiert und

können stärker die Thalamuskerne aktivieren, die hemmend auf den primär-motorischen

Kortex wirken, was zur Verminderung der kortikalen Aktivierung führt (Galea et al., 2009;

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Grimaldi et al., 2016). Es liegt daher nahe, dass die anodale tDCS zu einer Zunahme des

inhibitorischen Tonus der Purkinjezellen führt und deren Inhibition auf den primär-

motorischen Kortex herabsetzt, während kathodale Stimulation die Inhibition erhöht

(Galea et al., 2009). Basierend auf diesen Befunden ist davon auszugehen, dass die

tDCS die Erregbarkeit der cerebellären Purkinjezellen in polaritätsspezifischer Weise

moduliert. In weiteren Arbeiten legten die Autoren eine raschere adaptive Lernleistung

nach anodaler tDCS über dem Kleinhirn dar (Galea et al., 2011; Jayaram et al., 2011).

Die Applikation von tDCS führt zudem auch zu einer Modulation der gelernten

Blinkreflexantworten durch Änderung der Exzitabilität des Kleinhirns (Galea et al., 2009).

Von besonderer Bedeutung für das Erlernen des Blinkreflexes sind die Strukturen Crus I

und Lobulus VI im oberen Anteil der Kleinhirnhemisphäre (Ramnani et al., 2000; Gerwig et

al., 2010). Galea et al. (2009) konnten mit Hilfe der Messung inhibitorischer Effekte am

primär-motorischen Kortex durch das Kleinhirn (CBI, „cerebellar brain inhibition“) die

Modulation der Exzitabilität des Kleinhirns bei Anwendung von tDCS in unterschiedlicher

Polarität darlegen. Dafür wurden die Amplituden der motorisch-evozierten Potentiale

(MEP) über dem primär motorischen Kortex vor und nach der Stimulation gemessen

(Galea et al., 2009). Anodale Stimulation des Kleinhirns führte zu einer Zunahme und

kathodale Stimulation des Kleinhirns zu einer Abnahme der CBI. Die CBI gilt als

Effektgröße der Modulation der Exzitabilität des primär-motorischen Kortex durch das

Kleinhirn und wird deshalb in mehreren Studien häufig zur indirekten Messung auch der

Kleinhirnaktivität herangezogen (Galea et al., 2009).

Nitsche und Paulus (2000) konnten zeigen, dass die Applikation der tDCS am

motorischen Kortex zu einer Verschiebung des Ruhemembranpotentials im stimulierten

Areal führt ohne jedoch ein Aktionspotential auszulösen. Durch diese Verschiebung kann

die Erregbarkeit und indirekt die Aktivität kortikaler Neurone verändert werden. Bei länger

anhaltender Stimulation halten diese Effekte über den Zeitraum der Stimulation hinaus an

(Nitsche und Paulus 2000). Humanphysiologische Studien mit tDCS wurden vor allem am

primären Motorkortex durchgeführt, da sich die Wirkungen der tDCS mit Aufzeichnung der

motorisch evozierten Potentiale (MEP) vor und nach der tDCS nachweisen lassen

(Nitsche und Paulus 2000). Die Autoren konnten somit darlegen, dass anodale tDCS die

Amplitude der MEP erhöhte, während kathodale die Amplitude der MEP erniedrigte. Es

wird auch angenommen, dass anhaltende Effekte der tDCS von intakten NMDA

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Rezeptoren abhängig sind, denn eine medikamentös induzierte Blockade der NMDA

Rezeptoren führt zu einer blockierten Verschiebung des Erregbarkeitsniveaus (Nitsche

und Paulus 2000). Einige Studien zeigten, dass diese Modulation auch abhängig von der

Stimulationsintensität ist, die sich aus der Stromstärke pro Flächeneinheit ergibt. Eine

Zunahme der Dauer der veränderten Exzitabilität resultierte aus einer länger andauernden

Stimulation (Nitsche und Paulus 2000; Nitsche und Paulus 2011). Diese Nacheffekte der

tDCS konnten insbesondere mit tierexperimentellen Studien untersucht werden. Dabei

ergab sich, dass synaptische Plastizität wie LTP und LTD auch von intakten NMDA

Rezeptoren abhängig sind. Deshalb wird angenommen, dass die Nacheffekte der tDCS

zum Teil auch auf der Induktion von LTP und LTD beruhen (Nitsche und Paulus 2000). Die

Anwendung der tDCS sollte durch die Modulation der NMDA Rezeptoren und der

Erregbarkeit bei anodaler Polarität das motorische Lernen fördern und bei kathodaler

Polarität reduzieren. Hinweise für diese Annahme konnten Nitsche et al. (2003a) mittels

einer Reaktionszeitaufgabe bei gesunden Probanden fnden. Diese mussten auf einen

räumlichen visuellen Stimulus mit einer kompatiblen Fingerbewegung antworten. Die

Probanden, die die anodale Stimulation erhielten, zeigten eine bessere Lernleistung

(Nitsche et al., 2003a). Des Weiteren sollen auch Mechanismen nicht-synaptischer

Plastizität für eine nachhaltige Wirkung der tDCS mitverantwortlich sein (Ardolino et al.,

2005).

Auf zellulärer und molekularer Ebene haben einige Studien versucht, mit Hilfe von

Pharmaka und Messung der intrazellulären Ionenkonzentration Erkenntnisse über die

Wirkungsweise von tDCS zu erbringen. Die Annahme, dass die anodale Stimulation einen

depolarisierenden Effekt und die kathodale einen hyperpolarisierenden Effekt auf die

Neurone hat, konnte in einer frühen tierexperimentellen Studie dargelegt werden (Purpura

und McMurtry 1965). In einer anderen tierexperimentellen Studie zeigte sich bei

Applikation von anodaler tDCS, dass es zu einer Zunahme der Calciumkonzentration in

kortikalen Neuronen der Ratten kam (Islam et al., 1995). Nitsche et al. (2003b) führten

daraufhin eine Studie zur Blockade der Calciumkanäle durch. Die neuronalen

Calciumkanäle wurden mit Flunarizin blockiert und es zeigte sich, dass die anodale

Stimulation weniger effektiv war (Nitsche et al., 2003b). Sie untersuchten in der gleichen

Studie die Rolle der Natriumkanäle bei der Wirksamkeit der tDCS, indem sie die

Natriumkanäle mit Carbamazepin blockierten. Daraufhin zeigten sich keinerlei Effekte der

tDCS auf die Exzitabilität (Nitsche et al., 2003b). Diese Ergebnisse deuten auf die

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Bedeutung intakter Calcium- und Natriumkanäle, sowie intakter NMDA Rezeptoren, wie

weiter oben angeführt, für die Wirksamkeit anodaler tDCS hin.

II. Ausblick

1. Limitierende Faktoren für konstante Reproduzierbarkeit von tDCS Effekten am

Kleinhirn

Es gibt mehrere Gründe, die eine mangelnde Reproduzierbarkeit der tDCS Effekte bei der

Blinkreflexkonditionierung erklären können. Ein limitierender Faktor für eine konstante

Reproduzierbarkeit stellt das offensichtlich stark variierende interindividuelle motorische

Lernverhalten dar, insbesondere für die Akquisition bei der Konditionierung des

Blinkreflexes (Stark-Inbar et al., 2017; Jalali et al., 2017). So fanden sich in der

vorliegenden Studie in den jeweiligen, gleichen Stimulationsgruppen Probanden mit sehr

guten und schlechten Konditionierungsleistungen, unabhängig von der applizierten

Stimulationsart. Auch die Empfindlichkeit des Ansprechens auf die tDCS variiert

interindividuell, was zu inkonstanten Ergebnissen führt (Wiethoff et al., 2014; Jalali et al.,

2017). Zudem bestehen auch interindividuelle anatomische Unterschiede, die eine

korrekte und suffiziente Platzierung der Elektroden erschweren (Parazzini et al., 2014).

2. Verbesserung der Reproduzierbarkeit und der Wirkungsweise der tDCS

Eine Möglichkeit, die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu verbessern und auch

signifikante Ergebnisse zu erhalten, wären die Applikation der tDCS an die anatomischen

Varianten anzupassen.

Parazzini et al. (2014) führten dazu eine Studie durch, in der sie mit drei unterschiedlichen

Probandenmodellen, Mann „Duke“, Frau „Ella“ und Kind „Billie“ die Ausbreitung des

elektrischen Feldes und der Stromdichte bei Applikation von tDCS über dem Cerebellum

untersuchten. Sie konnten zeigen, dass die maximale Stromdichte über dem posterioren

Cerebellum lag und nur ein geringer Teil andere anatomische Strukturen erreichte. Die

Ausbreitung der Stromdichte über dem occipitalen Kortex betrug bei „Duke“ 4%, bei „Ella“

und Billie“ weniger als 1%, sodass die Hauptstromdichte über dem Cerebellum lag. Bei

„Billie“ kam es zusätzlich zu einer Ausbreitung der Stromdichte vor allem über dem

anterioren Teil des Cerebellums, worauf man bei Kindern und jugendlichen Probanden

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achten sollte. Untersuchungen des elektrischen Feldes ergaben bei allen drei Modellen

ein Maximum über dem Cerebellum. Es konnte gezeigt werden, dass die Effekte der

tDCS mehr von der anatomischen individuellen Variabilität als von geringen Änderungen

der Elektrodenplatzierung abhängen (Parazzini et al., 2014).

Des Weiteren könnte die Intensität der Stimulation erhöht werden, um die Effekte der

tDCS zu verbessern (Jalali et al., 2017). Zwar ergab sich aus bisherigen Daten, dass 1-2

mA für eine Wirksamkeit ausreichend sind (Woods et al., 2016), aber mehrere Arbeiten

konnten darlegen, dass auch Stromstärken bis zu 5mA am Cerebellum verwendet werden

können (Furubayashi et al., 2008; Bonaiuto und Bestmann 2015; Hämmerer et al., 2016).

In verschiedenen Arbeiten konnte mit höheren Stromstärken auch ein höheres

Erregbarkeitsniveau erzielt werden (Loo et al., 2012; Shiozawa et al., 2014). Andere

Autoren wie Ho et al. (2016) konnten mit höheren Stromstärken keine deutlicheren

Ergebnisse erzielen. Zudem wird diskutiert, dass nicht nur eine höhere Intensität, sondern

auch eine höhere Stromdichte von Bedeutung sein kann. Auch diesbezüglich sind die

Befunde heterogen. Bastani et al. (2013) fanden mit einer geringeren Stromdichte eine

höhere korticospinale Erregbarkeit als mit höheren Stromdichten. Des Weiteren wird die

Größe der Elektroden als möglicher Einflussfaktor auf die Wirksamkeit der tDCS

diskutiert. Einige Studien erzielten mit kleineren Elektroden gleiche oder eine höhere

Exzitabilität des Kortex als mit größeren Elektroden (Nitsche et al., 2007; Bastani et al.,

2013). Bastani (2013) erklären, dass möglicherweise größere Elektroden zusätzliche

Areale stimulieren würden, die den mototrischen Kortex inhibieren. Ho et al. (2016)

erreichten jedoch mit größeren Elektroden eine höhere korticale Exzitabilität im Vergleich

zu kleineren Elektroden. Sie erklären die Befunde durch womöglich eine bessere

Erreichbarkeit der zu stimulierenden Areale durch die größere Elektrode. Zu groß

gewählte Elektroden jedoch könnten durch eine diffuse Stromausbreitung eingeschränkte

Stimulationseffekte zur Folge haben. Des Weiteren spielt auch die Richtung des elektrisch

erzeugten Feldes in Bezug auf die Ausrichtung der neuronalen Strukturen und Axone für

die Wirksamkeit der tDCS eine wichtige Rolle (Ho et al., 2016). Einige Befunde legen

nahe, dass nicht allein die Größe der Elektroden und Erreichbarkeit zu stimulierender

Areale bedeutend ist, sondern auch deren Platzierung. Beyer et al. (2017) untersuchten

die Unterschiede in der Platzierung der Referenzelektrode. Bei Platzierung der

Referenzelektrode am M. buccinator fanden sich bei anodaler und kathodaler Stimulation

höhere CR Inzidenzen im Vergleich zu sham, bei Platzierung der Referenzelektrode über

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dem M. deltoideus zeigten sich keine Unterschiede in der CR Inzidenz zwischen den drei

Gruppen. Eine Erklärung hiefür könnte sein, dass man die Stimulationsintensität bei

Platzierung der Referenzelektrode extracephal anpassen muss, um die gleiche

Wirksamkeit wie bei einer cephalen Elektrode erzielen zu können, wie es von Moliadze et

al. (2010) berichtet wird. In der Zusammenschau dieser Vorbefunde sollten alle Parameter

wie Elektrodengröße, Ausrichtung und Platzierung der Elektroden, Stromintensität und

Stromdichte in zukünftigen Studien weiter untersucht und optimiert werden, um ein

wirksames Anwendungsprotokoll für die tDCS insbesondere am Kleinhirn zu erstellen, um

eine reproduzierbare Wirksamkeit der tDCS zu erzielen.

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E. Zusammenfassung

Die Blinkreflex-Konditionierung ist eine experimentell verwendete Form des assoziativen

motorischen Lernens, die wesentlich von der Integrität des Kleinhirns abhängt. In einer

Vorläuferstudie konnte gezeigt werden, dass anodale cerebelläre Gleichstromstimulation

(tDCS) den Erwerb, also das Erlernen von konditionierten Blinkreflex-Antworten (CRs)

beschleunigt. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Vorbefunde zu replizieren und

Langzeiteffekte von anodaler cerebellärer tDCS auf diesen Lernvorgang zu untersuchen.

Die Blinkreflex-Konditionierung wurde mit einem Standard-Delay-Paradigma in einem

randomisierten, sham-kontrollierten und doppelblinden Design an vier Tagen (Tage 1, 2, 8

und 29) bei insgesamt 40 jungen und gesunden Probanden durchgeführt. Am Ende von

Tag 29 schloss sich eine Extinktionsphase an. Eine Gruppe von 20 Probanden erhielt am

ersten Tag eine anodale Stimulation des Kleinhirns, die andere Hälfte der Probanden eine

sham Stimulation. Beide Gruppen zeigten einen signifikanten Lerneffekt an Tag 1, mit

weiterer Zunahme der Anzahl der CRs an Tag 2. Insgesamt ergab sich jedoch über alle 4

Tage hinweg während der Akquisition und Konsolidierung kein signifikanter

Stimulationseffekt bezüglich der Konditionierungsleistung in Form der CR Inzidenzen. Die

Anzahl der konditionierten Antworten fiel während der Extinktion signifikant ab, es zeigte

sich ein Stimulationseffekt mit schnellerer Abnahme der CRs in der anodalen Gruppe

verglichen zur sham Gruppe, was für ein rascheres Verlernen der zuvor akquirierten

Antworten nach anodaler tDCS spricht. Die Größe der gelernten Antworten (CR-Area)

nahm in beiden Gruppen an Tag 1 zu, eine weitere Größenzunahme ergab sich an den

Folgetagen. Diese Größenzunahme war jedoch in der anodalen Gruppe verglichen zur

sham Gruppe signifikant geringer. Somit führte anodale cerebelläre tDCS in der

vorliegenden Studie, anders als im Vorbefund, zwar nicht zu einer beschleunigten

Akquisition gelernter Antworten im Vergleich zu sham, jedoch war die Extinktion der CRs

signifikant beschleunigt. Als eine mögliche Ursache des schnelleren Verlernens ist ein

detrimentärer Effekt der anodalen tDCS auf die Güte der gelernten Antworten zu

diskutieren, der sich in einer verringerten Fläche der CR Area ausdrückt. Die vorliegende

Studie bestätigt, dass cerebelläre tDCS kleinhirnabhängiges, assoziativ-motorisches

Lernen beeinflussen kann. Zukünftige Studien sind notwendig, um zu klären, unter

welchen Voraussetzungen sich welche Lernparameter mittels tDCS beeinflussen lassen.

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schaubild zum Ablauf der klassischen Blinkreflexkonditionierung. Abbildung

entnommen und übersetzt aus Linden (2003)...................................................................15

Abbildung 2 a: Schaubild zum Versuchsprotokoll an Tag 1...............................................27

Abbildung 2 b: Schaubild zum Versuchsprotokoll an Tag 2 und Tag 8...............................27

Abbildung 2 c: Schaubild zum Versuchsprotokoll an Tag 29..............................................28

Abbildung 3: Darstellung des Versuchsaufbaus an der Autorin.........................................29

Abbildung 4: Darstellung eines NeuroConn DC Stimulators..............................................30

Abbildung 5: Diagramm mit Darstellung der mittleren Rate der CR Inzidenzen über alle

Versuchstage in beiden Gruppen.....................................................................................35

Abbildung 6: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs des CR Onset über alle

Versuchstage in beiden Gruppen.......................................................................................38

Abbildung 7: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs des CR Peaktime über alle

Versuchstage in beiden Gruppen.......................................................................................40

Abbildung 8: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der CR Area über alle Versuchstage

in beiden Gruppen..............................................................................................................42

Abbildung 9: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der CR Area im Intervall 50 ms über

alle Versuchstage in beiden Gruppen................................................................................44

Abbildung 10: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der Spontanblinkrate für alle

Versuchstage für beide Versuchsgruppen.........................................................................45

Abbildung 11: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der alpha-Blinkrate über alle

Versuchstage ....................................................................................................................46

Abbildung 12a: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der UR Onset für die ersten 20

ungepaarten Trials in beiden Gruppen...............................................................................47

Abbildung 12b: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der UR Peaktime für die ersten 20

ungepaarten Trials in beiden Gruppen...............................................................................47

Abbildung 12c: Diagramm mit Darstellung des Verlaufs der UR Duration für die ersten 20

ungepaarten Trials in beiden Gruppen...............................................................................48

73

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Tabellenverzeichnis:

Tabelle 1: Darstellung der Afferenzen und Efferenzen der Pedunculi cerebellaris inferior,

medius und superior des Cerebellums.................................................................................8

Tabelle 2: Darstellung der Ein- und Ausschlusskriterien der vorliegenden

Studie.................................................................................................................................24

Tabelle 3: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der CR Onset

gegenüber beiden Stimulationsgruppen............................................................................36

Tabelle 4: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der CR Peaktime

gegenüber beiden Stimulationsgruppen............................................................................39

Tabelle 5: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der CR Area

gegenüber beiden Stimulationsgruppen............................................................................41

Tabelle 6: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der CR Area bei

Intervall 50 ms gegenüber beiden Stimulationsgruppen....................................................43

Tabelle 7: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der Spontanblinkrate

gegenüber beiden Stimulationsgruppen............................................................................45

74

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Anhang

Abkürzungsverzeichnis

BDNF Brain-derived neurotrophic factor

CBI Cerebellar brain inhibition

cm Zentimeter

cm² Quadratzentimeter

CR Konditionierte Reaktion

CS Konditionierter Stimulus

dB Dezibel

EMG Elektromyographie

GABA Gamma-Aminobuttersäure

Hz Hertz

ICARS International Cooperative Ataxia Rating Scale

Int50 CR Area bei Intervall 50 ms

kHz Kilohertz

kPa Kilopascal

LTD Longterm-Depression

LTP Longterm-Potentiation

M. Musculus

m Meter

mm Milimeter

ms Milisekunde

min Minute

mA Miliampere

MEP Motorisch-evozierte Potentiale

MRT Magnetresonanz Tomographie

N. Nervus

Ncl. Nucleus

Ncll. Nuclei

NaCl Natriumchlorid

NMDA N-Methyl-D-Aspartat

NSE Neuronenspezifische Enolase

PET Positronen-Emissions-Tomographie

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rTMS reverse transkranielle Magnetstimulation

tDCS transkranielle Gleichstromstimulation

TMS Transkranielle Magnetstimulation

s Sekunde

SARA Scale for the Assessment and Rating of Ataxia

UR Unkonditionierte Reaktion

US Unkonditionierter Stimulus

Fragebogen zu tDCS am Ende des 1. Versuchstages

0123456789

10

Stimulationanodal

Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Glauben Sie eine echte Stimulation gehabt zu haben?

ja

nein

weiß nicht

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Den Probanden war es nicht sicher möglich zuerkennen welche Art von Stimulation sie hatten (p=0,57).

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0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Haben Sie die Stimulation während des Versuches als unangenehm empfunden?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Für viele Probanden war die Stimulation nichtunangenehm (p=0,42).

0

2

4

6

8

10

12

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Haben Sie während der Stimulation Missempfindungen gespürt?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Ungefähr die Hälfte der Probanden hatteMissempfindungen während der Stimulation (p=0,66).

77

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Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse die möglichenMissempfindungen dargestellt.

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Sehr wenige Probanden hatten nach der StimulationMissempfindungen (p <0,001).

78

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Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse die möglichenMissempfindungen dargestellt.

0

5

10

15

20

25

30

Ausreichend geschlafen?

Anzahl der Probanden

Haben Sie letzte Nacht ausreichend geschlafen?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden dargestellt, auf der x-Achsewird nach dem Schlaf gefragt. Die meisten Probanden haben in der Nacht vor demVersuch gut geschlafen (p=0,216).

79

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0

5

10

15

20

25

30

35

40

Hat dies die Konditionierung beeinflusst?

Anzahl der Probanden

Hat der Schlaf die Konditionierung beeinflusst?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden dargestellt, auf der x-Achsewird nach dem Schlaf gefragt. Viele Probanden denken, dass die Schlafmenge dieKonditionierung nicht beeinflusst hat (p=0,351).

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Alkoholkonsum

Anzahl der Probanden

Haben Sie am Abend zuvor Alkohol getrunken?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden dargestellt, auf der x-Achsewird nach Alkoholkonsum gefragt. Einige Probanden haben am Abend zuvorAlkohol getrunken (p=0,002).

80

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0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Anderer Konsum?

Anzahl der Probanden

Haben Sie andere stimulierende Substanzen konsumiert?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden dargestellt, auf der x-Achsewird nach anderem Konsum gefragt. Niemand hatte andere stimulierendeSubstanzen am Vortag konsumiert (p<0,001).

Awareness Fragebogen am Ende des letzten Versuchtages

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Nahezu alle Probanden haben erkannt, dass ein Tonregelmäßig gespielt wurde (p=0,02).

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Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Nahezu alle Probanden, in der anodalen Gruppejedoch einige mehr, haben erkannt, dass ein Luftstoß regelmäßig an das Augeplaziert wurde (p=0,03).

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Wurde der Ton immer auf derselben Seite wie der Luftstoß eingespielt?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Den Probanden, v.a. in der anodalen Gruppe, fiel esschwer zu erkennen, ob der Luftstoß immer auf der gleichen Seite präsentiertwurde (p=0,16).

82

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0

5

10

15

20

25

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Wurde der Ton im Seitenwechsel eingespielt?

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden in der anodalen Gruppe undalle Probanden der sham Gruppe haben erkannt, dass der Ton nicht imSeitenwechsel präsentiert wurde (p=0,002).

0

2

4

6

8

10

12

14

1618

20

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Der Ton hatte keine spezielle Reaktion zur Folge

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Einige Probanden haben gesagt, dass der Ton keinespezielle Reaktion hat (p=0,23).

83

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0

5

10

15

20

25

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Die Reaktion auf den Luftstoß ist ein Augenschluss

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Alle Probanden haben erkannt, dass als Reaktionauf den Luftstoß der Augenschluss folgt (p<0,001).

0

2

4

6

8

10

12

14

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Die Reaktion auf den Ton ist ein gelegentlicher Augenschluss

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Es fiel den Probanden schwer zu sagen, ob alsReaktion ein gelegentlicher Augenschluss erfolgte (p=0,55).

84

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02468

101214161820

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Zwischen Ton und Luftstoß bestand eine bestimmte Reihenfolge

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben richtig erkannt, dass eseine bestimmte Reihenfolge gab (p=0,002).

0

5

10

15

20

25

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Der Luftstoß kam direkt vor dem Ton

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben erkannt, dass derLuftstoß nicht vor dem Ton kam (p=0,041).

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0

5

10

15

20

25

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Der Luftstoß kam direkt nach dem Ton

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben erkannt, dass derLuftstoß nach dem Ton kam (p=0,041).

0

2

4

6

8

10

12

14

1618

20

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Der Ton kam direkt vor dem Luftstoß

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben erkannt, dass der Tonvor dem Luftstoß kam (p=0,002).

86

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0

5

10

15

20

25

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Der Ton kam direkt nach dem Luftstoß

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben erkannt, dass der Tonnicht nach dem Luftstoß kam (p=0,041).

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Ton und Luftstoß lagen zeitlich immer dicht beieinander

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Viele Probanden waren sich nicht sicher, ob diebeiden Reize immer dicht beieinander appliziert wurden (p=0,46).

87

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0

2

4

6

8

10

12

14

16

Stimulation anodal Stimulation sham

Anzahl der Probanden

Ton und Luftstoß lagen zeitlich gelegentlich dicht beieinander

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Viele Probanden waren sich nicht sicher, ob diebeiden Reize nur gelegentlich dicht beieinander gezeigt wurden (p=0,06).

0

2

4

6

8

10

12

14

1618

20

Stimulation anodal Stimulation sham

Anazhl der Probanden

Der Ton sagte voraus wann der Luftstoß kam

ja

nein

Auf der y-Achse werden die Anzahl der Probanden, auf der x-Achse dieStimulationsarten dargestellt. Fast alle Probanden haben gesagt, dass der Tonvoraussagte wann der Luftstoß kam (p=0,24).

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Danksagung

Ich möchte mich besonders bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. med. Marcus Gerwig,

sowie Frau Prof. Dr. med. Dagmar Timmann-Braun für die intensive und stets freundlche

Beratung und Unterstützung während der Erstellung dieser Arbeit bedanken.

Des Weiteren möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Motoriklabors am

Universitätsklinikum in Essen, insbesondere bei Frau Beate Brol, für die stets freundliche

Zusammenarbeit bedanken.

Weiterhin möchte ich mich bei meiner Familie für ihre Geduld und ihre Unterstützung

bedanken.

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Lebenslauf

Der Lebenslauf ist in der Online-Version aus Gründen des Datenschutzes nichtenthalten.

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