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Von Klaus Büstrin 4Musik und Texte aus dem Klos- ter Stift zu Heiligengrabe bringt eine CD zu Gehör. Sie erscheint nun zum Abschied von Friederike Rupprecht aus ihrem Amt als Äbtis- sin am 10. Januar. Darin sind auch ihre von dem Potsdamer Kompo- nisten Gisbert Näther vertonten Se- gensworte eingeflossen. Die promo- vierte Theologin blättert und liest nicht nur in alten Büchern, ihr eige- nes Schreiben hat sie als spirituel- len Impuls für sich und andere ent- deckt. Das kurz vor Weihnachten erschienene „Heiligengraber Ge- betsbüchlein“ ist dafür ein bewe- gendes Beispiel. Dass sie eines Tages von Karls- ruhe nach Heiligengrabe gehen würde, also in die brandenburgi- sche Provinz, das lag zunächst außerhalb ihrer Gedankenwelt. „Das Thema Heiligengrabe erreich- te mich, als ich noch Gemeinde- pfarrerin war. Da ich mich damals um drei heranwachsende Söhne zu kümmern hatte, entschloss ich mich erst 2001 nach dem Frühruhestand in die Prignitz zu gehen“, berichtet die Äbtissin. „Es war für mich eine neue Aufgabe. Mir ging es damals zunächst um den Aufbau einer geistlichen Gemeinschaft und um die Möglichkeit, für Gäste einen Impuls gebenden Ort der Ruhe und Besinnung zu schaffen.“ Das Kloster Stift Heiligengrabe ist ein Ende des 13. Jahrhunderts gegründetes, ursprünglich von Zis- terzienserinnen bewohntes Kloster. Um es als Wallfahrtsort interessant zu machen, entstand die Legende vom heiligen Blut und dem heiligen Grab. Als sich im 16. Jahrhundert der Landesherr, Kurfürst Joachim II., dem reformatorischen Bekennt- nis Martin Luthers anschloss, wei- gerten sich die Nonnen vehement, doch erfolglos gegen eine Verein- nahmung. Aus dem Zisterziensie- rinnenkloster wurde ein Damen- stift, dem bis 1945 auch eine weit über die Prignitz hinaus bekannte Schule für adlige Mädchen ange- gliedert war. Durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen wurde vieles abge- brochen. Doch mit dem Einzug der vertriebenen Diakonissen des Frie- denshortes aus Oberschlesien und ihrer segensreichen Arbeit für Wai- senkinder ab 1946 begann eine neue Geschichte. „Das Kloster Stift blieb erhalten.“ Nur wenige Stifts- damen lebten weiterhin in Heili- gengrabe. Äbtissin war ab 1952 für die nächsten 43 Jahre die ehemalige Stiftsschülerin und Pfarrerin von Heiligengrabe, Ingeborg-Maria Freiin von Werthern. Sie setzte sich zu DDR-Zeiten gegen mancherlei Anfeindungen dafür ein, dass das Kloster ein Ort christlicher Begeg- nung bleiben konnte. „Für mich sowie für die Stifts- frauen – drei vor Ort und neun ex- ternen – waren von Anfang an die Gebetszeiten und die Einkehrzeiten Grundpfeiler der Konzeption“, sagt Friederike Rupprecht. Sie sollten die geistliche Prägung von Heiligen- grabe erkennbar machen. „Natür- lich war das geistlich-kulturelle Konzept immer gekoppelt mit den Fragen der Wirtschaftlichkeit, der Sanierung und Restaurierung der historischen Gebäude, der Wirkung in die Region und darüber hin- aus.“ Die Angebote im Veranstal- tungskalender sind vielfältig. Neben den Einkehrzeiten, Seminaren, Ausstellungen, Publikationen fin- den vor allem die Konzerte große Resonanz. Diese werden auch von Menschen aus Berlin und dem Um- land gern besucht. Derzeit wird eine neue Dauerausstellung über Heiligengrabe erarbeitet. Für das Projekt „Erforschung des ehemali- gen Museums 1910 bis 1945“ wur- de dem Kloster Stift der Initiativ- preis der Ostdeutschen Sparkassen- stiftung verliehen, das Fördergeld wird nun in die neue Dauerausstel- lung einfließen. 2017 soll sie eröff- net werden. Bei der Verleihung des Ver- dienstordens des Landes Branden- burg an Friederike Rupprecht im Sommer 2015 sagte Ministerpräsi- dent Dietmar Woidke, durch den Tatendrang der Äbtissin sei ein wichtiges kulturelles Erbe erhalten geblieben. Ihre Nachfolgerin wird die westfälische Pfarrerin Erika Schweizer.< Gottesdienst zur Einführung von Äbtissin Erika Schweizer und Verabschiedung von Äbtissin Friederike Rupprecht am 10. Ja- nuar, um 14 Uhr. Im Klosterstift zum Heiligengrabe, Stiftgelände 1, 16909 Heiligengrabe Aus Stadt und Land www.die-kirche.de | Nr. 2 | 10. Januar 2016 8 Von Andrea von Fournier 4Pfarrer Bernhard Schmidt und Pfarrerin Heike Benzin von der Ge- meinsamen Leitung des Kirchen- kreises Falkensee stellten 2009 bei ihrer Frühjahrssynode ein Projekt vor, mit dem die Zeestower Kirche westlich Berlins saniert und zur ers- ten Autobahnkirche am Berliner Ring gestaltet werden sollte. Da- mals lag das Gotteshaus bereits seit drei Jahrzehnten im Dornröschen- schlaf. Der Bauzustand war katastro- phal, die Anlagen rings herum strotzten vor Unkraut, alten Grab- steinen und Rost. Es gab gute Grün- de für dieses Sanierungs- und Nut- zungskonzept. Eine Gemeinde, die sich ständig versammelt hätte, fand sich in dem knapp 670-Seelen-Dorf nicht mehr. Wer Gottesdienste be- suchen wollte, war längst in andere Kirchen ausgewichen. Mit Hilfe vie- ler enthusiastischer Mitstreiter aus Falkensee, Berlin und dem Umland, mit Ämtern, Spendern und Förde- rern konnte 2014 eine schmucke Autobahnkirche durch Bischof Markus Dröge eingeweiht werden. In und um die „Tankstelle für die Seele“ entstand alles Notwendige für den Rastenden. In der Kirche zogen zwölf großformatige Ölbilder beidseits des Altars das Augenmerk auf sich. Der Berliner Künstler Vol- ker Stelzmann hat sie 1988 geschaf- fen. Sie zeigen die Apostel in zeitge- nössischem Antlitz als Landstrei- cher. Bibelerzähler Jochem Westhof hat zu jedem der „Berufenen“ einen Text verfasst, den man per Code aufs Smartphone laden oder auf einer Postkarte mitnehmen kann. „Erstaunlich, wie sich alles gefügt hat“, so Volker Stelzmann damals erfreut. Er hoffte, dass seine zwölf „Berufenen“ in Zeestow viele Be- trachter finden würden. Das kann Pfarrer Bernhard Schmidt nach 18 Monaten nur beja- hen. Heute hat sich die Kirche, de- ren Turm man bis zur Autobahn sieht, etabliert. Mit zahllosen positi- ven „Nebeneffekten“. Stelzmanns Kunstobjekte, die der Kirchenkreis inzwischen erwerben konnte, sind ein Magnet. Besucher kommen aus der Region und ganz Deutschland, auch Gruppen wie Pilger, Biker, Pfarrkonvente. Manche lassen sich vorher Postkarten mit den „Berufe- nen“ schicken. Dann stellen sie sich zu den „Apostelandachten“ ein, die mindestens einen der dargestellten Landstreicher und den dazugehöri- gen Bibeltext des Apostels zum Thema haben. Dabei wird eine Brücke von der Bibel zu den jetzt Lebenden ge- schlagen. Zum ersten „Berufenen“, Thomas, predigte Bischof Markus Dröge. Bernhard Schmidt, Rajah Scheepers und Kollegen aus dem Kirchenkreis, der Baptistenpfarrer aus Elstal und der Kunstbeauftragte der EKBO hielten Andachten. „Mindesten 20, manchmal aber auch 100 Besucher können wir be- grüßen“, freut sich Bernhard Schmidt. Ein fester Stamm von 20 bis 25 Leuten habe sich bereits ge- bildet. Eigentlich seien sie jetzt ein- mal rum mit den zwölf Aposteln. „Andererseits haben wir uns gesagt: Die Bibeltexte, über die gepredigt wird, sind ja auch immer wieder dieselben, also warum nicht auch zweimal über dasselbe Bild nach- denken?“, erklärt Pfarrer Schmidt. Das unterscheide wohl auch gute von anderer Kunst, dass man immer mehr sieht, je länger man hinschaut. Und die Gemeinde sieht es genauso. Denn eine solche gibt es erfreulicherweise inzwischen wie- der und sie wird immer größer. In- zwischen gab es die erste Taufe ei- nes Zeestower Babys. Die langjähri- ge Ortsvorsteherin, die die Schlie- ßung des Gotteshauses immer be- dauerte, ist wieder in die Kirche eingetreten. Zum zweiten Mal gab es im vergangenen Jahr mit großem Erfolg einen Zeestower Advents- markt in und um die Kirche, die nun wieder eine lebendige Ortsmit- te ist.< Mehr sehen, je länger man hinschaut Predigt vor Ölgemälden: Die Apostelandachten in der Autobahnkirche Zeestow beleben Kirche und Ort „Einen Ort der Ruhe und Besinnung schaffen“ Seit 2001 war Friederike Rupprecht Äbtissin des Kloster Stifts Heiligengrabe. Am 10. Januar wird sie aus diesem Amt verabschiedet Meldungen Elektronische Gesundheits- karte für Flüchtlinge Berlin/epd4Flüchtlinge in Berlin bekommen seit dem 1. Januar ge- nerell die elektronische Gesund- heitskarte. Die Asylsuchenden er- halten bei ihrer Registrierung statt des bisher üblichen „Grünen Scheins“ zunächst eine Anmelde- bescheinigung zu einer der teilneh- menden Krankenkassen, teilte die Kassenärztliche Vereinigung mit. Diese gelte als papiergebundener Behandlungsausweis und werde später durch eine elektronische Gesundheitskarte ersetzt. Bislang mussten Asylbewerber mindestens 15 Monate im Land leben, bevor sie die elektronische Gesundheits- karte bekamen.< Sternmarsch gegen neue Tagebaue Cottbus/Guben/epd4Mehr als 800 Menschen haben am Sonntag in der Lausitz gegen den geplanten Tagebau-Jänschwalde-Nord protestiert. An dem Sternmarsch aus den von der Abbaggerung be- drohten Dörfern Atterwasch, Kerk- witz und Grabko bei Guben betei- ligten sich nach Angaben der Grü- nen Liga neben Bewohnern und Vertretern von Bürgerinitiativen auch Umweltaktivisten aus Polen. Erstmals nahm mit der Berliner Staatssekretärin für Justiz und Ver- braucherschutz, Sabine Toepfer-Ka- taw (CDU), ein Mitglied des Berli- ner Senats offiziell teil. Sie verwies darauf, dass in Berlin über alle Par- teigrenzen hinweg neue Braunkoh- le-Tagebaue abgelehnt würden. Die 2016 anstehenden Verhandlungen über den gemeinsamen Landesent- wicklungsplan, müssten genutzt werden, um einen mittelfristigen Ausstieg festzuschreiben.< Die Autobahnkirche ist täglich von 8 bis 18 Uhr geöffnet. „Apostel - andachten“ finden in der Regel am ersten Sonntag im Monat um 14 Uhr statt, die nächste am 7. Februar 2016. Weitere Termine unter www.autobahnkirche-zees- tow.de/veranstaltungen Autobahnkirche Eine Andacht in der Autobahnkirche Zeestow vor den Apostelbildern von Volker Stelzmann. Foto: Andrea von Fournier Friederike Rupprecht war Pfarrerin in Karlsruhe, bevor sie in die Prignitz kam. Foto: Susanne Liedtke

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Von Klaus Büstrin

4Musik und Texte aus dem Klos-ter Stift zu Heiligengrabe bringteine CD zu Gehör. Sie erscheintnun zum Abschied von FriederikeRupprecht aus ihrem Amt als Äbtis-sin am 10. Januar. Darin sind auchihre von dem Potsdamer Kompo-nisten Gisbert Näther vertonten Se-gensworte eingeflossen. Die promo-vierte Theologin blättert und liestnicht nur in alten Büchern, ihr eige-nes Schreiben hat sie als spirituel-len Impuls für sich und andere ent-deckt. Das kurz vor Weihnachtenerschienene „Heiligengraber Ge-betsbüchlein“ ist dafür ein bewe-gendes Beispiel.Dass sie eines Tages von Karls-

ruhe nach Heiligengrabe gehenwürde, also in die brandenburgi-sche Provinz, das lag zunächstaußerhalb ihrer Gedankenwelt.„Das Thema Heiligengrabe erreich-te mich, als ich noch Gemeinde -pfarrerin war. Da ich mich damalsum drei heranwachsende Söhne zukümmern hatte, entschloss ich micherst 2001 nach dem Frühruhestandin die Prignitz zu gehen“, berichtetdie Äbtissin. „Es war für mich eineneue Aufgabe. Mir ging es damalszunächst um den Aufbau einergeistlichen Gemeinschaft und um

die Möglichkeit, für Gäste einenImpuls gebenden Ort der Ruhe undBesinnung zu schaffen.“ Das Kloster Stift Heiligengrabe

ist ein Ende des 13. Jahrhundertsgegründetes, ursprünglich von Zis-terzienserinnen bewohntes Kloster.Um es als Wallfahrtsort interessantzu machen, entstand die Legendevom heiligen Blut und dem heiligenGrab. Als sich im 16. Jahrhundertder Landesherr, Kurfürst JoachimII., dem reformatorischen Bekennt-nis Martin Luthers anschloss, wei-gerten sich die Nonnen vehement,doch erfolglos gegen eine Verein-nahmung. Aus dem Zisterziensie-rinnenkloster wurde ein Damen-stift, dem bis 1945 auch eine weitüber die Prignitz hinaus bekannteSchule für adlige Mädchen ange-gliedert war. Durch den Zweiten Weltkrieg

und seine Folgen wurde vieles abge-brochen. Doch mit dem Einzug dervertriebenen Diakonissen des Frie-denshortes aus Oberschlesien undihrer segensreichen Arbeit für Wai-senkinder ab 1946 begann eineneue Geschichte. „Das Kloster Stiftblieb erhalten.“ Nur wenige Stifts-damen lebten weiterhin in Heili-gengrabe. Äbtissin war ab 1952 fürdie nächsten 43 Jahre die ehemalige

Stiftsschülerin und Pfarrerin vonHeiligengrabe, Ingeborg-MariaFreiin von Werthern. Sie setzte sichzu DDR-Zeiten gegen mancherleiAnfeindungen dafür ein, dass dasKloster ein Ort christlicher Begeg-nung bleiben konnte.„Für mich sowie für die Stifts-

frauen – drei vor Ort und neun ex-ternen – waren von Anfang an dieGebetszeiten und die EinkehrzeitenGrundpfeiler der Konzeption“, sagtFriederike Rupprecht. Sie solltendie geistliche Prägung von Heiligen-grabe erkennbar machen. „Natür-lich war das geistlich-kulturelleKonzept immer gekoppelt mit denFragen der Wirtschaftlichkeit, derSanierung und Restaurierung derhistorischen Gebäude, der Wirkungin die Region und darüber hin-aus.“ Die Angebote im Veranstal-

tungskalender sind vielfältig. Nebenden Einkehrzeiten, Seminaren,Ausstellungen, Publikationen fin-den vor allem die Konzerte großeResonanz. Diese werden auch vonMenschen aus Berlin und dem Um-land gern besucht. Derzeit wirdeine neue Dauerausstellung überHeiligengrabe erarbeitet. Für dasProjekt „Erforschung des ehemali-gen Museums 1910 bis 1945“ wur-

de dem Kloster Stift der Initiativ-preis der Ostdeutschen Sparkassen-stiftung verliehen, das Fördergeldwird nun in die neue Dauerausstel-lung einfließen. 2017 soll sie eröff-net werden. Bei der Verleihung des Ver-

dienstordens des Landes Branden-burg an Friederike Rupprecht imSommer 2015 sagte Ministerpräsi-dent Dietmar Woidke, durch denTatendrang der Äbtissin sei ein

wichtiges kulturelles Erbe erhaltengeblieben. Ihre Nachfolgerin wirddie westfälische Pfarrerin ErikaSchweizer.<

Gottesdienst zur Einführung vonÄbtissin Erika Schweizer und Verabschiedung von Äbtissin Friederike Rupprecht am 10. Ja-nuar, um 14 Uhr. Im Klosterstiftzum Heiligengrabe, Stiftgelände 1,16909 Heiligengrabe

A u s S t a d t u n d L a n d www.die-kirche.de | Nr. 2 | 10. Januar 20168

Von Andrea von Fournier

4Pfarrer Bernhard Schmidt undPfarrerin Heike Benzin von der Ge-meinsamen Leitung des Kirchen-kreises Falkensee stellten 2009 beiihrer Frühjahrssynode ein Projektvor, mit dem die Zeestower Kirchewestlich Berlins saniert und zur ers -ten Autobahnkirche am BerlinerRing gestaltet werden sollte. Da-mals lag das Gotteshaus bereits seitdrei Jahrzehnten im Dornröschen-schlaf. Der Bauzustand war katastro-

phal, die Anlagen rings herumstrotzten vor Unkraut, alten Grab-steinen und Rost. Es gab gute Grün-de für dieses Sanierungs- und Nut-zungskonzept. Eine Gemeinde, diesich ständig versammelt hätte, fandsich in dem knapp 670-Seelen-Dorfnicht mehr. Wer Gottesdienste be-suchen wollte, war längst in andereKirchen ausgewichen. Mit Hilfe vie-ler enthusiastischer Mitstreiter ausFalkensee, Berlin und dem Umland,mit Ämtern, Spendern und Förde-rern konnte 2014 eine schmuckeAutobahnkirche durch BischofMarkus Dröge eingeweiht werden. In und um die „Tankstelle für die

Seele“ entstand alles Notwendigefür den Rastenden. In der Kirchezogen zwölf großformatige Ölbilderbeidseits des Altars das Augenmerkauf sich. Der Berliner Künstler Vol-

ker Stelzmann hat sie 1988 geschaf-fen. Sie zeigen die Apostel in zeitge-nössischem Antlitz als Landstrei-cher. Bibelerzähler Jochem Westhofhat zu jedem der „Berufenen“ einenText verfasst, den man per Codeaufs Smartphone laden oder auf einer Postkarte mitnehmen kann.„Erstaunlich, wie sich alles gefügthat“, so Volker Stelzmann damalserfreut. Er hoffte, dass seine zwölf„Berufenen“ in Zeestow viele Be-trachter finden würden. Das kann Pfarrer Bernhard

Schmidt nach 18 Monaten nur beja-hen. Heute hat sich die Kirche, de-ren Turm man bis zur Autobahnsieht, etabliert. Mit zahllosen positi-ven „Nebeneffekten“. StelzmannsKunstobjekte, die der Kirchenkreisinzwischen erwerben konnte, sindein Magnet. Besucher kommen ausder Region und ganz Deutschland,auch Gruppen wie Pilger, Biker,Pfarrkonvente. Manche lassen sichvorher Postkarten mit den „Berufe-nen“ schicken. Dann stellen sie sichzu den „Apostelandachten“ ein, diemindestens einen der dargestelltenLandstreicher und den dazugehöri-gen Bibeltext des Apostels zumThema haben. Dabei wird eine Brücke von der

Bibel zu den jetzt Lebenden ge-schlagen. Zum ersten „Berufenen“,Thomas, predigte Bischof MarkusDröge. Bernhard Schmidt, Rajah

Scheepers und Kollegen aus demKirchenkreis, der Baptistenpfarreraus Elstal und der Kunstbeauftragteder EKBO hielten Andachten.„Mindesten 20, manchmal aberauch 100 Besucher können wir be-grüßen“, freut sich BernhardSchmidt. Ein fester Stamm von 20bis 25 Leuten habe sich bereits ge-bildet. Eigentlich seien sie jetzt ein-mal rum mit den zwölf Aposteln.„Andererseits haben wir uns gesagt:Die Bibeltexte, über die gepredigtwird, sind ja auch immer wiederdieselben, also warum nicht auchzweimal über dasselbe Bild nach-denken?“, erklärt Pfarrer Schmidt. Das unterscheide wohl auch

gute von anderer Kunst, dass manimmer mehr sieht, je länger manhinschaut. Und die Gemeinde siehtes genauso. Denn eine solche gibt eserfreulicherweise inzwischen wie-der und sie wird immer größer. In-

zwischen gab es die erste Taufe ei-nes Zeestower Babys. Die langjähri-ge Ortsvorsteherin, die die Schlie-ßung des Gotteshauses immer be-dauerte, ist wieder in die Kircheeingetreten. Zum zweiten Mal gabes im vergangenen Jahr mit großemErfolg einen Zeestower Advents-markt in und um die Kirche, dienun wieder eine lebendige Ortsmit-te ist.<

Mehr sehen, je länger man hinschautPredigt vor Ölgemälden: Die Apostelandachten in der Autobahnkirche Zeestow beleben Kirche und Ort

„Einen Ort der Ruhe und Besinnung schaffen“Seit 2001 war Friederike Rupprecht Äbtissin des Kloster Stifts Heiligengrabe. Am 10. Januar wird sie aus diesem Amt verabschiedet

M e l d u n g e n

Elektronische Gesundheits-karte für FlüchtlingeBerlin/epd4Flüchtlinge in Berlinbekommen seit dem 1. Januar ge-nerell die elektronische Gesund-heitskarte. Die Asylsuchenden er-halten bei ihrer Registrierung stattdes bisher üblichen „GrünenScheins“ zunächst eine Anmelde -bescheinigung zu einer der teilneh-menden Krankenkassen, teilte dieKassenärztliche Vereinigung mit.Diese gelte als papiergebundenerBehandlungsausweis und werdespäter durch eine elektronische Gesundheitskarte ersetzt. Bislangmussten Asylbewerber mindestens15 Monate im Land leben, bevorsie die elektronische Gesundheits-karte bekamen.<

Sternmarsch gegen neue Tagebaue Cottbus/Guben/epd4Mehr als800 Menschen haben am Sonntagin der Lausitz gegen den geplantenTagebau-Jänschwalde-Nord protestiert. An dem Sternmarschaus den von der Abbaggerung be-drohten Dörfern Atterwasch, Kerk-witz und Grabko bei Guben betei-ligten sich nach Angaben der Grü-nen Liga neben Bewohnern undVertretern von Bürgerinitiativenauch Umweltaktivisten aus Polen.Erstmals nahm mit der BerlinerStaatssekretärin für Justiz und Ver-braucherschutz, Sabine Toepfer-Ka-taw (CDU), ein Mitglied des Berli-ner Senats offiziell teil. Sie verwiesdarauf, dass in Berlin über alle Par-teigrenzen hinweg neue Braunkoh-le-Tagebaue abgelehnt würden. Die2016 anstehenden Verhandlungenüber den gemeinsamen Landesent-wicklungsplan, müssten genutztwerden, um einen mittelfristigenAusstieg festzuschreiben.<

Die Autobahnkirche ist täglich von8 bis 18 Uhr geöffnet. „Apostel -andachten“ finden in der Regel am ersten Sonntag im Monat um 14 Uhr statt, die nächste am 7. Februar 2016. Weitere Termineunter www.autobahnkirche-zees-tow.de/veranstaltungen

A u t o b a h n k i r c h e

Eine Andacht in der Autobahnkirche Zeestow vor den Apostelbildern von VolkerStelzmann. Foto: Andrea von Fournier

Friederike Rupprecht war Pfarrerin in Karlsruhe, bevor sie in die Prignitz kam. Foto: Susanne Liedtke