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_____ Mitte der 60er Jahre des letzten Jahr- hunderts konnte der große Bedarf an Lkws in der damaligen Sowjetunion durch beste- hende Hersteller nicht mehr gedeckt wer- den. Dies führte 1969 zur Entscheidung der Regierung, in Nabe- rezhnye Chelny, in der Provinz Tatarstan, neue Werke für den Bau von Nutzfahrzeugen, Bussen und Motoren zu errichten — die Geburtsstunde der Kamaz-Gruppe. Heute zählt das Unternehmen, an dem Daimler Trucks betei- ligt ist, zu den größten Lkw- und Dieselmotor-Her- stellern der Welt. Die Unternehmensgruppe beschäftigt rund 50 000 Mitarbeiter in 52 Firmen. Dazu gehören auch Anfang der 70er-Jahre gegründete Guss- und Schmiedewerke, die heute in der Kamaz Metallurgie AG vereint sind. Gefertigt werden in dem nach ISO 9001 und ISO 14001:2004 zertifi- zierten Werk Schmiede- teile für Lkws, Pkws, Werk- stücke für Kraftaggregate sowie Ersatzteile mit einem Gewicht von 0,1 bis 120 kg in Warmstanz- prozessen. Die Produktionskapazität beträgt rund 200 000 Tonnen pro Jahr. Ein Teil der Produktion wird nach Westeuropa, China und in die USA exportiert. Mit optimalem Preis-Leistungs- Verhältnis überzeugt Vor der mechanischen Bearbeitung der Schmiedeteile müssen die Teile entzun- dert werden. Dies erfolgte bis vor Kurzem manuell in einem Frei- strahlhaus sowie in ein- fachen Strahlanlagen, die sich in unterschiedlichen Fertigungshallen befan- den. Da sowohl die Kapazi- tät als auch das Ergebnis dieser Lösung die gestie- genen Anforderungen nicht mehr erfüllen konn- te, wandte sich Kamaz an fünf russische und inter- national tätige Hersteller von Strahlsystemen. Neben der Vorgabe SA 2,5 für die im Strahlprozess zu erreichende Oberflä- chenqualität, einer maxi- malen Taktzeit von 25 Minuten und der Anbin- dung an die bestehende Produktion, wurden hohe Wirtschaftlichkeit sowie die Anpassung der Anla- gen an die baulichen Gege- benheiten (beispielsweise kein Fundament) gefor- dert. Drei Hersteller, dar- Strahlen von Einzelteilen und Schüttgut Mehr Wirtschaftlichkeit beim Entzundern Gestiegene Fertigungskapazitäten ebenso wie höhere Ansprüche an die Oberflächenqualität machten im Schmiedewerk der russischen Kamaz-Gruppe die Investition in neue Strahlsysteme erforderlich. Hohe Anforderungen stellte das Unternehmen dabei nicht nur an die Taktzeit und das Strahlergebnis, sondern auch an die Wirtschaftlichkeit des Prozesses. Die Muldenband-Strahlanlage wird durch ein Doppelkippsystem beschickt. Es gewährleistet die 100-prozentige Entleerung der Transportbehälter. 72 JOT 6.2010 strahlen

Mehr Wirtschaftlichkeit beim Entzundern

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_____ Mitte der 60er Jahre des letzten Jahr-hunderts konnte der große Bedarf an Lkws in der damaligen Sowjetunion durch beste-hende Hersteller nicht mehr gedeckt wer-den. Dies führte 1969 zur Entscheidung der Regierung, in Nabe-rezhnye Chelny, in der Provinz Tatarstan, neue Werke für den Bau von Nutzfahrzeugen, Bussen und Motoren zu errichten — die Geburtsstunde der Kamaz-Gruppe. Heute zählt das Unternehmen, an dem Daimler Trucks betei-ligt ist, zu den größten Lkw- und Dieselmotor-Her-stellern der Welt. Die Unternehmensgruppe beschäftigt rund 50 000 Mitarbeiter in 52 Firmen. Dazu gehören auch Anfang der 70er-Jahre gegründete Guss- und Schmiedewerke, die heute in der Kamaz Metallurgie AG vereint sind. Gefertigt werden in dem nach ISO 9001 und ISO 14001:2004 zertifi-zierten Werk Schmiede-teile für Lkws, Pkws, Werk-stücke für Kraftaggregate sowie Ersatzteile mit einem

Gewicht von 0,1 bis 120 kg in Warmstanz-prozessen. Die Produktionskapazität beträgt rund 200 000 Tonnen pro Jahr. Ein Teil der Produktion wird nach Westeuropa, China und in die USA exportiert.

Mit optimalem Preis-Leistungs- Verhältnis überzeugtVor der mechanischen Bearbeitung der Schmiedeteile müssen die Teile entzun-dert werden. Dies erfolgte bis vor Kurzem

manuell in einem Frei-strahlhaus sowie in ein-fachen Strahlanlagen, die sich in unterschiedlichen Fertigungshallen befan-den. Da sowohl die Kapazi-tät als auch das Ergebnis dieser Lösung die gestie-genen Anforderungen nicht mehr erfüllen konn-te, wandte sich Kamaz an fünf russische und inter-national tätige Hersteller von Strahlsystemen. Neben der Vorgabe SA 2,5 für die im Strahlprozess zu erreichende Oberflä-chenqualität, einer maxi-malen Taktzeit von 25 Minuten und der Anbin-dung an die bestehende Produktion, wurden hohe Wirtschaftlichkeit sowie die Anpassung der Anla-gen an die baulichen Gege-benheiten (beispielsweise kein Fundament) gefor-dert. Drei Hersteller, dar-

Strahlen von Einzelteilen und Schüttgut

Mehr Wirtschaftlichkeit beim EntzundernGestiegene Fertigungskapazitäten ebenso wie höhere Ansprüche an die Oberflächenqualität machten im Schmiedewerk der russischen Kamaz-Gruppe die Investition in neue Strahlsysteme erforderlich. Hohe Anforderungen stellte das Unternehmen dabei nicht nur an die Taktzeit und das Strahlergebnis, sondern auch an die Wirtschaftlichkeit des Prozesses.

Die Muldenband-Strahlanlage wird durch ein Doppelkippsystem beschickt. Es gewährleistet die 100-prozentige Entleerung der Transportbehälter.

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unter die Rösler Oberflächentechnik, wur-den von Kamaz eingeladen, ihre Konzepte in einer „Wettbewerbspräsentation“ vor-zustellen, in der die technische Lösung und die kaufmännischen Bedingungen bewertet wurden. Obwohl Rösler nicht der günstigste Anbieter war, erhielt das Unter-merzbacher Unternehmen für seine kun-denspezifisch ausgelegte Hängebahn-Durchlaufanlage RHBD 15/20-T und die Muldenband-Chargenanlage RMBC 8.2-SB den Zuschlag. „Rösler hat uns Anlagen-systeme mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis geboten. Außerdem sind die zukunftsorientierten technischen Details so an unsere Anforderungen angepasst, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern können. Und nicht zuletzt sind die Strahlsysteme von Rösler bereits ent-sprechend der russischen GOST-R zertifi-ziert“, begründet Kalaschnikov, Chefinge-nieur der Schmiedeproduktion bei Kamaz Metallurgie AG, die Entscheidung.

Effiziente Bearbeitung unterschiedlichster Schmiedeteile Die auf die speziellen Anforderungen des Schmiedebetriebs ausgelegte Hänge-

bahn-Durchlaufanlage für das Bearbei-ten einzelner Stahlteile verfügt über eine 1500 x 2000 mm (B x H) große Strahl-kammer, die einen effektiven Strahlbe-reich von 1500 Traubendurchmesser bietet. Ausgelegt ist die RHBD 15/20-T für ein maximales Chargengewicht von 800 kg. Das getaktet arbeitende Hänge-bahn-Transportsystem ist auf robusten Stahlträgern aufgebaut — was eine fun-damentlose Konstruktion ermöglicht — und mit drei Aufnahmevorrichtungen ausgestattet. Dadurch kann gleichzeitig bestückt, gestrahlt und entladen werden. Das Teilespektrum umfasst beispielswei-se Vorderachsträger, Querlenker, Stabi-lisatoren, Gelenkteile und Ösen mit Abmessungen von 350 x 120 x 330 mm bis 1120 x 580 x 1260 mm (L x B x H) und Einzelgewichten zwischen 9,3 und 45 kg. Direkt nach dem Schmieden durchlaufen die Teile die Anlage zum Entzundern und Entrosten. Nach der mechanischen Bearbeitung kann in der RHBD außerdem ein Shotpeening durch-geführt werden. Für die verschiedenen Werkstücke und Prozesse sind teilespe-zifische Programme in der Anlagensteu-

erung hinterlegt, die einfach und sicher über das Bedienpanel ausgewählt wer-den.

Um bei allen der in Größe, Gewicht und Geometrie unterschiedlichen Schmiedeteile ein gleichmäßiges und reproduzierbares Ergebnis zu erzielen, sind in der Strahlzone verschiedene Stel-lungen festgelegt, in denen eine gleich-zeitig rotierende und oszillierende Bewe-gung der Gehänge stattfindet. Dies gewährleistet, dass das Strahlmittel in verschiedenen Winkeln auf die Teile trifft und alle Bereiche optimal gestrahlt werden.

Die erforderliche Strahlintensität stel-len drei Hochleistungs-Schleuderräder Hurricane H 32 mit einer Antriebsleis-tung von jeweils 11 kW sicher. Sie sind als wartungsfreundliche Einscheiben-Schleuderräder ausgeführt, die einen schnellen Wechsel der Wurfscheiben ermöglichen. Die optimale Platzierung und erforderlichen Neigungswinkel der Schleuderräder ermittelte Rösler in 3D-Simulationen des Strahlprozesses.

Um die kurze Taktzeit zu realisieren, die je nach Verzunderungsgrad und Geo-

Die Muldenband-Strahlanlage in Schwerlast-Ausführung ist mit zwei wartungsfreundlichen Hoch-leistungs-Schleuderrädern mit jeweils 22 kW Antriebsleistung ausgestattet. Sie bieten die erfor-derliche Power, um bis zu 8 Ton-nen Schmiedeteile in einer Stunde zu bearbeiten.

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Kontakt: Rösler Oberflächentechnik GmbH, Untermerzbach,

Tel. 09533 924-802, www.rosler.com

metrie der Schmiedewerkstücke zwi-schen 10 und 20 Minuten liegt, sind die Schleuderräder mit Schotts ausgestattet. Diese schieben sich nach Ende der fest-gelegten Strahlzeit bei unterbrochener Strahlmittelzufuhr automatisch vor die Auswurföffnungen, so dass die Tür der Strahlkammer auch bei weiterlaufenden Schleuderrädern geöffnet werden kann.

Ein optimaler Verschleißschutz und damit eine lange Lebensdauer der Anla-ge ist durch die aus 10 mm starkem, widerstandsfähigem Manganstahl beste-hende Strahlkammer gewährleistet. In besonders beanspruchten Bereichen erhöhen spaltfrei angeordnete, auswech-selbare Platten aus dem hochfesten Material die Verschleißfestigkeit. Außer-dem sorgt die als Doppel-Kaskaden-

windsichtung ausgeführte Strahlmittel-aufbereitung dafür, dass abgelöste, Ver-schleiß verursachende Verschmut-zungen schnell und zuverlässig aus dem Strahlmittel entfernt werden.

8 Tonnen Schmiedeteile innerhalb 1 Stunde strahlenDie Muldenband-Chargenanlage RMBC 8.2-SB ist bei Kamaz für die wirtschaft-liche Bearbeitung von derzeit 5 bis 36 kg schweren Stahl-Schmiedeteile wie bei-spielsweise Achsschenkel, Flanschga-beln und Kreuzstücke als Schüttgut im Einsatz. Da die Anlage für Teile mit einem Einzelgewicht von bis zu 150 kg ausgelegt ist, bietet sie Reserven für zukünftige Entwicklungen. „Gefallen hat uns bei diesem Strahlsystem auch das maximale Chargengewicht von zwei Ton-

nen und die robuste Heavy-Duty-Ausfüh-rung“, erklärt der Chefingenieur. Dazu zählen die Innenauskleidung aus hoch-verschleißfestem Hart-Manganstahl, das widerstandsfähige Stahl-Gliederband zur Durchmischung der Werkstücke sowie die Konzeption ohne Schrauben und Muttern in der Strahlkammer. Bei der RMBC 8.2-SB läuft der Prozess eben-falls vollautomatisch entsprechend den in der Anlagensteuerung hinterlegten, teilespezifischen Programmen ab. Nach dem Einstellen der Transportbehälter in die Beschickungseinrichtung sorgt ein Doppelkippsystem für deren 100-prozen-tige Entleerung. Sobald die Tür der Strahlkammer geschlossen ist, strahlen zwei Hochleistungs-Schleuderräder des Typs Hurricane H 42 das Strahlmittel auf die Schmiedeteile. Die hohe Antriebs-leistung von jeweils 22 kW sowie die permanente Umwälzung der Teile durch das Stahl-Plattenband in der 800 Liter fassenden Strahlkammer ermöglicht dabei die zuverlässig gleichmäßige und gründliche Entfernung von Zunder und Rost innerhalb einer kurzen Taktzeit. Diese beträgt — je nach Verzunderungs-grad — zwischen 10 und 20 Minuten. Ein interessanter Nebeneffekt ist das Shot-peening der Werkstücke während des eigentlichen Strahlprozesses. Anschlie-ßend werden die Teile in einen Trans-portbehälter ausgegeben und zum Lager für Weitertransport zu den Werken für mechanische Bearbeitung transportiert. Die Strahlmittelaufbereitung erfolgt auch bei der RMBC durch eine Doppel-Kaskadenwindsichtung.

„Die neuen Strahlsysteme ermöglichen uns die effektive und wirtschaftliche Bearbeitung unserer Schmiedeteile. Sicherheit bietet uns dabei auch, dass Rösler mit einer eigenen Niederlassung in Russland vertreten ist. Denn wir legen großen Wert auf einen guten Service und eine schnelle Ersatzteilversorgung“, so Kalaschnikov abschließend. Doris Schulz

In der Muldenband-Chargenanlage werden verschiedene andere Schmiedeteile, wie zum Beispiel diese Flanschgabel, als Schüttgut entzundert und entrostet. Dabei ist eine Oberflächen-qualität von SA 2,5 zu erreichen.

Ein Teil der geschmiedeten Werk-stücke, wie dieser Träger der Vor-derachse, werden in der Hänge-bahn-Durchlaufanlage entzundert und entrostet. Nach der mecha-nischen Bearbeitung kann in der Anlage auch ein Shotpeening zur Verdichtung der Oberflächen durchgeführt werden.

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Hubert Spielvogel KG, StrahlmittelwerkMindelheimer Straße 68

D-86381 Krumbach-NiederraunauTelefon: 08282/4649 und 4676, Telefax: 08282/61979

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