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"Mindfulness-Based Childbirth and Parenting" Ein Literaturreview zur Auswirkung einer achtsamen Geburtsvorbereitung auf das perinatale Angst- und Stressempfinden der Frau Bachelor-Thesis Gabriela Ricklin Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit Bachelor of Science Hebamme Brugg, 2017

Mindfulness-Based Childbirth and Parentingf8a38b97-0bd3-424a-b773-3de25... · 2019. 2. 16. · oder Zilgrei-Übungen beinhalten (Schäfers, 2013). Meditation und Yoga bilden den Kern

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  • "Mindfulness-Based Childbirth

    and Parenting"

    Ein Literaturreview

    zur Auswirkung einer achtsamen Geburtsvorbereitung

    auf das perinatale Angst- und Stressempfinden der Frau

    Bachelor-Thesis

    Gabriela Ricklin

    Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit

    Bachelor of Science Hebamme

    Brugg, 2017

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    2

    Widmung

    Diese Arbeit widme ich meiner Kommilitonin Nadine von Däniken. Leider war es ihr

    nicht vergönnt, ihren Traumberuf auszuüben, denn sie ist während der Ausbildung

    schwer erkrankt und verstorben.

    Liebe Nadine, ich werde dich immer in meinem Hebammen-Herzen tragen. Danke für

    deine Freundschaft.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    3

    INHALTSVERZEICHNIS

    1 Abstrakt 5

    2 Einleitung 6

    2.1 Problembeschreibung und Relevanz 6

    2.2 Ziele 8

    2.3 Fragestellungen 8

    2.4 Eingrenzung des Themas 9

    3 Theoretische Grundlagen 10

    3.1 Definitionen 10

    3.1.1 Angst und Furcht 10

    3.1.2 Stress 11

    3.1.3 Achtsamkeit 11

    3.1.4 Zentrale Begriffe 11

    3.1.5 Zusammenfassung 12

    3.2 Neuroendokrinologie von Angst und Stress 12

    3.2.1 "Dreieiniges Gehirn" 12

    3.2.2 Das autonome Nervensystem 13

    3.2.3 Oxytocin 14

    3.2.4 Physiologische Vorgänge beim Angst- und Stressempfinden 14

    3.2.5 Perinatales Angst- und Stressempfinden 16

    3.2.6 Zusammenfassung 16

    3.3 Stresstheoretische Modelle 17

    3.3.1 Transaktionales Stressmodell von Lazarus und Folkman 17

    3.3.2 Selbstwirksamkeit 18

    3.3.3 Zusammenfassung 19

    3.4 Mindfulness-Based Childbirth and Parenting 19

    3.4.1 Das MBCP-Programm 20

    3.4.2 Zusammenfassung 22

    4 Methode 23

    4.1 Literaturrecherche 23

    4.2 Ein- und Ausschlusskriterien 23

    4.3 Auswahl der Studien 24

    4.4 Analyse der Studien 25

    5 Ergebnisse 26

    5.1 Vorstellung der Studien 26

    5.1.1 Taylor et al. (2016) 26

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    4

    5.1.2 Ahmadi und Bagheri (2017) 28

    5.1.3 Beattie et al. (2017) 30

    5.1.4 Duncan et al. (2017) 32

    5.1.5 Muthukrishnan et al. (2016) 34

    5.1.6 Narimani und Musavi (2014) 36

    5.1.7 Yazdanimehr et al. (2016a) 37

    5.1.8 Yazdanimehr et al. (2016b) 39

    5.2 Kritische Würdigung der Studien 45

    5.3 Synthese der relevanten Ergebnisse 55

    6 Diskussion 58

    6.1 Angst und Stress 58

    6.2 Geburtserleben 59

    6.3 MBCP-Programme 60

    6.4 Übertragbarkeit auf die Schweiz 61

    6.5 Auswirkung für den Beruf der Hebamme 61

    6.6 Weiterer Forschungsbedarf 62

    6.7 Stärken und Limitationen der Bachelor Thesis 63

    7 Schlussfolgerung 64

    8 Literaturverzeichnis 66

    9 Abbildungsverzeichnis 74

    10 Tabellenverzeichnis 74

    11 Abkürzungsverzeichnis 75

    12 Glossar 76

    13 Anhang 78

    13.1 Informationen zu MBCP als Kurs und Ausbildung 78

    13.1.1 MBCP Kurs in der Schweiz 78

    13.1.2 Ausbildungen in Deutschland und der Schweiz 78

    13.1.3 Berufsverband MBSR in der Schweiz 78

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    5

    1 ABSTRAKT

    Einleitung und Ziele: Perinatales Angst- und Stressempfinden kann weitreichende

    Auswirkungen haben. Mindfulness-Based Childbirth and Parenting (MBCP) soll dem

    entgegenwirken und zu einem positiven Geburtserleben führen. Die Publikationen über

    Mindfulness bzw. Achtsamkeit haben sich seit 2002 vervielfacht. Die Bachelor-Thesis

    soll die Auswirkungen von MBCP auf das perinatale Angst- und Stressempfinden so-

    wie das Geburtserleben der Frau aufzeigen und eine evidenzbasierte Empfehlung für

    die Durchführung vorgeburtlicher MBCP-Programme in der Schweiz geben.

    Theoretischer Hintergrund: Achtsamkeit hat seinen Ursprung im Buddhismus. MBCP

    ist eine praxisorientierte und systematische Methode der Geburtsvorbereitung. Es soll

    das allgemeine Anspannungsniveau, aufgezeigt im Angst-/Stressmodell, senken, die

    Selbstwirksamkeit (Selbstwirksamkeitsmodell) erhöhen und eine effektive Bewälti-

    gungsfähigkeit (transaktionales Stressmodell) von Angst und Stress geben.

    Methode: Die Beantwortung der Fragestellungen erfolgte mittels eines Literaturreviews

    und der systematischen Analyse und Gegenüberstellung eines Reviews und sieben

    randomisiert-kontrollierter Studien aus bedeutenden medizinischen Datenbanken.

    Ergebnisse: MBCP senkt das Angst- und Stressempfinden innerhalb der Interventi-

    onsgruppe signifikant. Das Geburtserleben wird positiv beeinflusst. Die Programme un-

    terscheiden sich markant.

    Diskussion: Die Ergebnisse müssen differenziert betrachtet werden. Die Studien mit

    aktiver Kontrollgruppe sind stärker zu gewichten. Die Aussagekraft wird durch die un-

    terschiedlichen Programme begrenzt. Eine Übertragbarkeit der Studien auf die

    Schweiz ist gegeben. MBCP könnte verschiedene Vorteile für die Hebammenarbeit mit

    sich bringen. In der Ausbildung ist MBCP bzw. Achtsamkeit kein proaktives Thema.

    Teilaspekte davon werden jedoch aufgegriffen.

    Schlussfolgerung: MBCP ist eine weitere effektive Möglichkeit zur Geburtsvorberei-

    tung ohne evidenzbasierte Empfehlung für ein bestimmtes Programm. Die Partner soll-

    ten immer mit einbezogen werden. Die Forschung mit einer aktiven Kontrollgruppe,

    qualitative und quantitative Studien zum Geburtserleben und solche, die sechs Monate

    nach der Geburt durchgeführt werden, könnten weitere Aufschlüsse über den Vorteil

    gegenüber anderen Geburtsvorbereitungskursen geben. Interessierte Hebammen fin-

    den Ausbildungskurse in der Schweiz und in Deutschland. Die Schulung von Achtsam-

    keit bedeutet die Schulung in Lebenskompetenz.

    Schlüsselwörter: Achtsamkeit, Geburtsvorbereitung, MBCP, Angst, Stress

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    6

    2 EINLEITUNG

    Let go into full acceptance of the present moment, including how you are feeling

    and what you perceive to be happening. For these moments, don't try to change

    anything at all, just breathe and let go. Breathe and let be (Kabat-Zinn, 1984, S.

    12).

    Auf den Moment achten, spüren, wie man sich fühlt, was man wahrnimmt, ohne es än-

    dern zu wollen. Atmen und loslassen. So die Definition von Mindfulness nach Kabat-

    Zinn (1984), Molekularbiologe und Gründer der Stressklinik am Medical Center in Mas-

    sachusetts, USA. Mindfulness, in Deutsch Achtsamkeit, findet in der westlichen Welt

    immer mehr Beachtung. Die Publikationen haben sich von 2002 bis 2012 verzehnfacht

    (Abb. 1), steigen weiter an (Kabat-Zinn, 2013) und werden immer überzeugender (Ka-

    bat-Zinn, 2016). Die Psychologie entdeckte die Achtsamkeit in den letzten 30 Jahren.

    Den Ursprung hat sie im Buddhismus und besagt, dass alle Wahrnehmungen wertfrei

    betrachtet werden sollen. Achtsamkeit sollte in allem Körperlichen, bei Gefühlsreaktio-

    nen, in Gemütszuständen und in Berührungspunkten mit der Natur geschult werden.

    Dies bildet bis heute die Basis aller Meditationspraktiken (Kuschel, 2016).

    Abb. 1: Publikationen zu Achtsamkeit 1980–2012 (Kabat-Zinn, 2013)

    2.1 Problembeschreibung und Relevanz

    Eine Schwangerschaft bedeutet eine grosse Veränderung im Leben einer Frau und

    kann, abgesehen von einer Schwangerschaftsunterbrechung, nicht rückgängig ge-

    macht werden. Das wirkt zuweilen angstauslösend, sagt Lukesch (1981), da die Frau

    direkt körperlich betroffen ist und sie bei allfälligen Komplikationen unmittelbar gefähr-

    det sein kann. Die zwei häufigsten Ängste von Schwangeren in der Schweiz beschrei-

    ben Geissbühler, Zimmermann und Eberhard (2005) für Nulli- und Mehrpara, ob das

    Kind gesund ist und Schmerzen. Die befragten Frauen gaben noch weitere Ängste an,

    wie die Ungewissheit, was auf sie zukommt, keine Kraft zu haben, alleine zu sein, die

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    7

    Kontrolle über sich selber zu verlieren, zu versagen oder sich blöd anzustellen. Diese

    Ängste nehmen mit steigender Parität ab. Anders bei der Angst vor einem Kaiser-

    schnitt, welche bei Secundipara am höchsten ist und die Angst vor Blutungen, deren

    Ausprägung keinen Zusammenhang mit der Parität aufweist.

    Angst kann bewusst oder unbewusst wahrgenommen werden und wirksam sein. Sie

    führt aber immer zu einer Anspannung im Körper und Geist, welche schlussendlich als

    Stress resultiert (Haimerl, 2015; Ruthe, 2013). Negativer Stress, wie Überanstrengung,

    und Überforderung, kann auch Auslöser von Angst sein, so Ruthe (2013) weiter.

    Vermehrte Angst und Stress kann für die Frau folgende Auswirkungen haben:

    Frühgeburt (Klabbers, Wijma, Paarlberg, Emons & Vingerhoets, 2014)

    erhöhte Geburtsdauer (Adams, Eberhard-Gran & Eskild, 2012)

    mehr geburtshilfliche Interventionen (Fenwick et al., 2015)

    erhöhte Raten elektiver Sectiones (Fenwick et al., 2015; Nieminen, Stephans-

    son & Ryding, 2009; Ryding et al., 2015)

    mehr postpartale Depression (Gosselin, Chabot, Béland, Goulet-Gervais & Mo-

    rin, 2016)

    Schlaflosigkeit, Kreuz- und Kopfschmerzen, Harndrang oder Darmstörungen,

    erhöhter Blutdruck, Schwächung des Immunsystems oder Erhöhung des Blut-

    zuckerspiegels (Ruthe, 2013)

    erhöhtes Risiko für ein negatives Geburtserlebnis (Elvander, Cnattingius & Kje-

    rulff, 2013)

    Als mögliche Konsequenz für das Kind beschreibt Glover (2014) emotionale Probleme,

    Symptome der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung oder beeinträchtigte ko-

    gnitive Entwicklung bei pränataler Angst und Stress der Mutter.

    Die Prävalenz von Frauen mit Angst und Stress in der Schwangerschaft wird in der Li-

    teratur unterschiedlich angegeben. Erklärungen dafür sind kulturelle Faktoren oder ver-

    schiedene Methoden bei der Erhebung (Hall et al. 2009). Geissbühler et al. (2005) be-

    ziffern bei Erstgebärenden etwas Angst bei 67.8% und hohe Angst bei 5.7% der Frau-

    en. Die Erhebung in sechs europäischen Ländern ergab eine durchschnittliche Angst in

    der Schwangerschaft von 11% (Lukasse, Schei & Ryding, 2014). Beim Stressempfin-

    den gibt es weniger Angaben über die Prävalenz. Loomans et al. (2013) berichten von

    25% der Schwangeren, welche in irgendeiner Form Stress erleben.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    8

    Aus Sicht der Hebammen ist es wichtig, dass die Frauen ihre Ängste loslassen können

    (Salomonsson, Wijma & Alehagen, 2008). Das kann mit einer Vorbereitung auf die Ge-

    burt geschehen und hat einen positiven Einfluss auf die Angst (Geissbühler et al. 2005;

    Karabulut, Potur, Merih, Mutlu & Demirci, 2016), den Stress (Koushede et al. 2013)

    und die Reduktion elektiver Sectiones (Fenwick et al., 2015; Rouhe et al., 2013; Stoll &

    Hall, 2012). Das Angebot an Geburtsvorbereitungskursen ist vielfältig und kann unter

    anderem Elemente aus der Autosuggestion, Meditation, Tai-Chi, Yoga, Feldenkrais-

    oder Zilgrei-Übungen beinhalten (Schäfers, 2013).

    Meditation und Yoga bilden den Kern des Mindfulness-Based Stress Reduction

    (MBSR). Ein Programm zur Stressbewältigung durch Achtsamkeit, welches 1979 von

    Jon Kabat-Zinn in den USA entwickelt wurde. Der positive Effekt von MBSR auf die

    Reduktion von Angst, Stress und Depression sowie den Umgang mit Schmerzen und

    Krankheiten wurde in zahlreichen Studien belegt (Khoury, Sharma, Rush & Fournier,

    2015; Meissner, 2015).

    Das Mindfulness Based Childbirth and Parenting-Programm (MBCP) ist eine von

    Nancy Bardacke 1998 weiterentwickelte Form des MBSR zur Vorbereitung auf die Ge-

    burt. Es ist eine praxisorientierte und systematische Methode und erhöht die Selbst-

    wirksamkeit, was zu einer Reduktion von Angst und Stress führt (Byrne, Hauck, Fisher,

    Bayes & Schultze, 2013). Eine hohe Selbstwirksamkeit ist ein wichtiger Faktor für das

    positive Erleben der Geburt (Schwartz et al. 2015).

    2.2 Ziele

    Mittels Studien soll die Auswirkung von MBCP-Programmen auf das perinatale Angst-

    und Stressempfinden sowie das Geburtserleben der Frau aufgezeigt werden. Infolge-

    dessen soll eine evidenzbasierte Empfehlung für die Durchführung vorgeburtlicher

    MBCP-Programme für die Schweiz gegeben werden können.

    2.3 Fragestellungen

    Welche Auswirkungen hat die Teilnahme an einem MBCP-Programm auf das

    perinatale Angst- und Stressempfinden der Frau?

    Welche Auswirkungen hat die Teilnahme an einem MBCP-Programm auf das

    Geburtserleben der Frau?

    Welches MBCP-Programm kann gemäss Evidenzlage für die Schweiz empfoh-

    len werden?

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    9

    2.4 Eingrenzung des Themas

    Der Fokus der Bachelor-Thesis liegt auf den Auswirkungen des perinatalen Angst- und

    Stressempfindens und dem Geburtserleben von Frauen. Es werden gesunde Nulli- und

    Mehrpara mit einer physiologisch verlaufenden Einlingsschwangerschaft berücksich-

    tigt, welche an einem MBCP-Programm teilgenommen haben. Es werden nur Pro-

    gramme einbezogen, die von Jon Kabat-Zinn oder Nancy Bardacke entwickelt wurden,

    um eine Vergleichbarkeit herstellen zu können. Da die Angebote der meisten Pro-

    gramme nur für die Frauen gelten, werden Partner der Schwangeren ausgeklammert,

    obwohl auch sie unter Ängsten und Stress leiden können und diese einen Einfluss auf

    die Schwangerschaft und die Geburt haben können (Hanson, Hunter, Bormann &

    Sobo, 2009; Kannenberg, Weichert, Rody & Banz-Jansen, 2016). Trotz der Vorzüge

    des MBSR auf die Vorbeugung von Depression (Khoury et al., 2015) und einer Gide-

    line des National Institute for Health and Care Excellence [NICE] (Meissner, 2015) für

    Patientinnen und Patienten nach drei oder mehr depressiven Episoden wird die Bear-

    beitung der Krankheit ausgeschlossen, da sie den Rahmen der Arbeit sprengen würde.

    Ebenfalls wird auf eine Auseinandersetzung von Ängstlichkeit und Phobie verzichtet,

    weil die Differenzierung nicht relevant für die Arbeit ist.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    10

    3 THEORETISCHE GRUNDLAGEN

    Dieses Kapitel definiert Angst, Furcht, Stress und Achtsamkeit sowie zentrale Begriffe

    der Bachelor-Thesis. Es bietet Hintergrundwissen über die Funktionsweise des Ge-

    hirns beim Empfinden von Angst und Stress. Stresstheoretische Modelle und das

    MBCP-Programm sind ebenfalls Gegenstand des Abschnittes.

    3.1 Definitionen

    3.1.1 Angst und Furcht

    Mit Anxiety und Fear gibt es im englischen Sprachgebrauch zwei Kernbegriffe, die

    Angst bezeichnen (Dehne, 2017). Angst, abgeleitet von lat. angustus (Heller, 1998),

    bedeutet eng, bedenklich oder schwierig (Pons Online-Wörterbuch, 2017a). Furcht wird

    in der Psychologie als Primäremotion genannt, die sich aus der Evolution entwickelt

    und den Menschen genetisch beeinflusst hat (Wenninger, 2000). Die Disparität zwi-

    schen Angst und Furcht wird auch in der Soziologie von Dehne (2017) beschrieben.

    Die Tabelle 1 zeigt verschiedene Definitionen in der Literatur auf. Bei der Angst wird

    auf Situationen verwiesen, in denen die Dinge ihre Vertrautheit verlieren. Demnach be-

    zieht sich die Furcht auf etwas Bestimmtes mit einem extrinsischen Auslöser, die Angst

    hingegen auf etwas Unbestimmtes mit einem intrinsischen Auslöser. So kann davon

    ausgegangen werden, dass Schwangere durchaus von Angst und/oder Furcht betrof-

    fen sein können. Angst und Furcht werden oft synonym verwendet.

    Tab. 1: Definitionen von Angst und Furcht

    Quelle Angst Furcht

    Pschyrembel, klinisches

    Wörterbuch (2011)

    (engl. anxiety, fear: unangenehm empfun-

    dener, eine Bedrohung oder Gefahr signa-

    lisierender Gefühlszustand; enthält unter

    Umständen Krankheitswert, wenn Angst

    ohne erkennbaren Grund bzw. infolge in-

    adäquater Reize ausgelöst und empfunden

    wird. Angst kann in unterschiedlichen

    Schweregraden und mit verschiedenen

    psychischen und physischen Symptomen

    auftreten.

    (engl.) fear: sog. Realangst; ob-

    jektbezogene Angst, die sich

    z.B. als Reaktion auf eine kon-

    krete Bedrohung bzw. Gefahr

    einstellt

    North American Nursing

    Diagnosis Association

    [NANDA]-Klassifikation

    (2010)

    Unbestimmtes Gefühl des Unbehagens

    oder der Bedrohung, das von einer auto-

    nomen Reaktion begleitet wird (häufig un-

    bestimmte oder dem Individuum unbekann-

    te Quelle); eine Besorgnis, die durch die

    vorweggenommene Gefahr hervorgerufen

    wird. Es ist ein Warnsignal für drohende

    Gefahr und ermöglicht dem Individuum,

    Massnahmen zum Umgang mit der Gefahr

    einzuleiten.

    Reaktion auf eine wahrgenom-

    mene Bedrohung, die bewusst

    als Gefahr erkannt wird.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    11

    3.1.2 Stress

    Stress, aus dem Englischen stammend, bedeutet Druck, Belastung, Spannung (Pons

    Online-Wörterbuch, 2017c). Der Begriff wurde ursprünglich in der Physik als Kraft, die

    auf einen Körper einwirkt und eine Beanspruchung und Deformation hervorruft, defi-

    niert (Krohne, 2010). 1914 wurde Stress beim Menschen erstmals wissenschaftlich er-

    wähnt. Cannon (zitiert nach Hüther, 2013, S. 28), führte den Begriff Stress als "Fight-

    or-Flight-Verhalten" ein, da er die Bedeutung der Katecholamine auf den Organismus

    erkannte. Verschiedene Definitionen von Stress sind in untenstehender Tabelle 2 auf-

    geführt. Die Unterscheidung von Eu- und Distress, von positiv und negativ behaftetem

    Stress, wurde von Selye (1974) geprägt und kann auch in der Schwangerschaft vorge-

    nommen werden.

    Tab. 2: Definitionen von Stress

    Quelle Stress

    Pschyrembel, klinisches Wörterbuch

    (2011)

    (engl. stress: Druck, Belastung, Spannung) Reaktionen des Or-

    ganismus (erhöhte Sympathikusaktivität, vermehrte Ausschüt-

    tung von Stresshormonen u.a.). Eustress: kurz dauernde physio-

    logische Anpassung an alltägliche Anforderungen, die (geistig

    und körperlich) anregend und leistungssteigernd wirkt, Energie-

    bereitstellung durch Gluconeogenese; Distress: Entstehung

    durch ungenügende Adaptation des Körpers an Belastungen o-

    der infolge Diskrepanz zwischen Anforderungen und subjektivem

    Bewältigungsverhalten

    NANDA-Klassifikation (2010) übermässige Anzahl und Arten der Herausforderungen, die

    Handlung erfordern

    3.1.3 Achtsamkeit

    Laut Duden (online, 2017) bedeutet achtsam: aufmerksam, wachsam, vorsichtig oder

    sorgfältig. Gemäss Kabat-Zinn (1990, zitiert nach Heidenreich & Michalak, 2006, S. 11)

    ist "achtsam sein" eine Form von Aufmerksamkeitslenkung, die "absichtsvoll", "nicht

    wertend" und "auf das bewusste Erleben des gegenwärtigen Augenblicks" fokussiert

    ist. Obwohl Achtsamkeit aus dem Buddhismus stammt, kann es in Unabhängigkeit von

    religiösen, spirituellen und kulturellen Werten erlernt und praktiziert werden (Bardacke,

    2016a).

    3.1.4 Zentrale Begriffe

    Die zentralen Begriffe für diese Bachelor-Thesis werden nachstehend, alphabetisch

    geordnet, festgelegt. Andere Begriffe und Definitionen für die Verständlichkeit sind im

    Glossar (Punkt 12) zu finden.

    Angst: Angst beinhaltet die Definitionen aus der Tabelle 1. Falls in den Studien die

    Angst näher erklärt wird (z.B. Angst vor dem Geburtsschmerz), wird diese benannt.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    12

    Geburtserleben: Das Geburtserleben ist ein subjektives Empfinden. Die Schlüssel-

    wörter der Aussagen werden folglich inhaltlich unverändert wiedergegeben.

    Mindfulness Based Childbirth and Parenting-Programm: Als Mindfulness Based

    Childbirth and Parenting-Programm, nachfolgend MBCP genannt, werden verschiede-

    ne Programme bezeichnet, welche auf der Achtsamkeitslehre von Jon Kabat-Zinn zum

    besseren Umgang mit Stress, Angst und Krankheit und/oder der Weiterentwicklung für

    die Geburtshilfe von Nancy Bardacke basieren.

    Stress: Die erhöhte physische oder psychische Beanspruchung oder Belastung wird

    als Stress bezeichnet und bezieht sich auf die Definitionen in der Tabelle 2.

    3.1.5 Zusammenfassung

    Angst in der Schwangerschaft bezieht sich auf etwas Unbestimmtes, wie die Unge-

    wissheit, was auf die Frau zukommt. Die Sectio ist ein Beispiel für Furcht, etwas Be-

    stimmtes. Stress kann durch Angstempfinden entstehen. Umgekehrt kann Stress am

    Arbeitsplatz oder im Privatleben auch Angstauslöser sein. Achtsamkeit ist eine speziel-

    le Form von Aufmerksamkeitslenkung und wird im MBCP gelehrt, mit dem Ziel, die

    Angst und den Stress zu reduzieren.

    3.2 Neuroendokrinologie von Angst und Stress

    Nachfolgend werden die Strukturen im Gehirn und die Vorgänge bei Angst und Stress

    sowie der Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt aufgezeigt.

    3.2.1 "Dreieiniges Gehirn"

    MacLean (zitiert aus Bardacke, 2016a; Lexikon der Neurowissenschaft, 2000) stellt das

    menschliche Gehirn aus drei hierarchisch organisierten Komponenten dar (Abb. 2). Sie

    sind unterschiedlich entstanden, aber neuronal miteinander verbunden. Die jüngeren

    Hirnteile werden von den älteren beeinflusst. Im Hirnstamm und den benachbarten

    Strukturen liegt das "Reptilienhirn" oder Hirnstamm, das älteste Areal. Es erzeugt vor-

    programmiertes Verhalten, wie z.B. Herzschlag, Blutdruck, Atmung, Muskelbewegun-

    gen und Gleichgewicht. Das "Altsäugerhirn" liegt darüber und ist jünger. Es korrespon-

    diert mit dem limbischen System und koordiniert die Signale von und zur Grosshirnrin-

    de. Ausserdem reguliert es die Gefühle und Bereitschaft, wie Sexualtrieb oder Aggres-

    sion, emotional gefärbte Erinnerungen und die Aufmerksamkeit. Auch sind dort emoti-

    onale Bedürfnisse von Nähe, Ruhe und Geborgenheit verankert. Mit der Entwicklung

    des "Neusäugerhirns", insbesondere dem Neocortex, wurde kognitives Verhalten mög-

    lich (Sprache, abstraktes logisches Denken, Gedächtnis, Selbstwahrnehmung). Dieser

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    13

    Teil des Gehirns lässt Zukunftsdenken und Sorgen entstehen. Es hat Analysefähigkei-

    ten, um Vergangenes aufzuarbeiten und Probleme zu lösen.

    In der Schwangerschaft und der Geburt sollte demnach die Aktivierung des "Reptilien-

    hirns" gefördert bzw. die des "Neusäugerhirns" gehemmt werden. Hier setzt MBCP an,

    indem es durch das Praktizieren von Achtsamkeit Ruhe und Wohlgefühl das limbi-

    schen Systems unterstützt und die Aktivität des Neocortex' hemmt.

    Abb. 2: "Dreieiniges Gehirn" (Lexikon der Neurowissenschaft, 2000)

    3.2.2 Das autonome Nervensystem

    Das Nervensystem setzt sich aus dem zentralen Nervensystem (Gehirn und Rücken-

    mark), dem peripheren Nervensystem (Spinal- und Hirnnerven) und dem autonomen

    Nervensystem zusammen. Das autonome Nervensystem (ANS), auch vegetatives Ner-

    vensystem genannt, ist das Steuerzentrum für die unwillkürlichen Vorgänge im Körper.

    Es setzt sich aus dem parasympathischen Nervensystem (PNS), kurz Parasympathi-

    kus, und dem sympathischen Nervensystem (SNS), kurz Sympathikus, zusammen.

    Das PNS ist ein System der Ruhe und Bindung, welches auf dem Hormon Oxytocin

    (vgl. 3.2.3) basiert und mit positiven Gefühlen und Interaktionen, wie Vertrauen, Zufrie-

    denheit, Neugier, Heilung und Wachstum, assoziiert wird. Das SNS steuert die Kampf-

    oder Flucht-Reaktion. Bei Angst werden die Stresshormone Adrenalin und Noradrena-

    lin (als Adrenalin zusammengefasst) aktiviert und ermöglichen so die Verteidigung oder

    Flucht. PNS und SNS ergänzen einander im stetigen Wechselspiel. Als Vermittler der

    beiden Systeme wirkt der Hypothalamus, welcher die Signale der Amygdala empfängt.

    Dabei hat die Wahrnehmung und Bewertung der inneren und äusseren Situationen ei-

    nen grossen Einfluss (Bardacke, 2016a). Alle oben erwähnten Bereiche gehören unter

    anderem zum limbischen System, der Funktionseinheit zur Verarbeitung emotionaler

    Impulse.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    14

    3.2.3 Oxytocin

    Das Oxytocin ist, wie vorgängig erwähnt, mit dem PNS verbunden und spielt in der Er-

    öffnungsphase der Geburt eine wichtige Rolle. Oxytocin wird in kleinen Mengen vom

    Hypophysenhinterlappen abgegeben und gelangt über die Blutbahn zur Gebärmutter

    und den Rezeptoren auf der Oberfläche. Dort regt es die Muskelzellen dazu an, sich zu

    verkürzen. Eine Kontraktion entsteht. Ist während der Geburt eine optimale Umgebung

    für die Frau geschaffen worden und fühlt sich die Frau der Aufgabe gewachsen, wird

    genügend Oxytocin produziert, sodass sich alle Muskelfasern in der Gebärmutter stark,

    koordiniert und regelmässig zusammenziehen können. Um das zu erreichen, spielt das

    Potenzial der Achtsamkeit eine zentrale Rolle (Bardacke, 2016a). Die Abbildung 3 ver-

    deutlicht das Zusammenspiel von Oxytocin und Gebärmuttermuskulatur.

    Abb. 3: Die Gebärmutter in der Schwangerschaft und während der Eröffnungsphase (Bardacke, 2016a)

    3.2.4 Physiologische Vorgänge beim Angst- und Stressempfinden

    Angst beeinflusst den ganzen Organismus, wie die Tabelle 3 aufzeigt. Betroffen sind

    das Zentralnervensystem, das vegetative Nervensystem, das endokrine und muskuläre

    System sowie das Immunsystem (Krohne, 2010). So können verschiedene, von der

    Norm abweichende, Parameter in einer Schwangerschaftskontrolle zu einem Gespräch

    über Angst und Stress führen und die Frau kann für eine achtsame Lebensweise sen-

    sibilisiert werden. Das fördert die Aktivierung des SNS und begünstigt somit Ruhe und

    Bindung.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    15

    Tab. 3: Beispiele körperlicher Beeinflussung bei Angst und Stress (Krohne, 2010)

    Körpersystem Beeinflussung

    zentralnervös elektrische Aktivität im Gehirn

    peripherphysiologisch kardiovaskuläre Reaktionen

    Herzrate

    Blutvolumen

    Blutdruck

    muskulär elektrische Muskelaktivität

    Atemfrequenz

    okuläre Prozesse

    Augenbewegung

    Pupillenweite

    Lidschlag

    endokrinologisch Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse

    adrenokortikotropes Hormon (ACTH)

    Kortisol

    Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenmark-Achse

    Adrenalin

    Noradrenalin

    immunologisch Aktivität der natürlichen Killerzellen

    Anzahl der T-Lymphozyten

    zelluläre Immunreaktionen auf latentes Herpesvirus

    Die Abbildung 4 gibt eine Orientierung über die Hirnstrukturen. Sobald der Hippo-

    campus einen Reiz wahrnimmt, reagiert die Amygdala. Dabei sendet der Hypotha-

    lamus Signale an die Hypophyse und via Blut an die Nebennieren, die Adrenalin aus-

    stossen (Bardacke, 2016a).

    Abb. 4: Hirnstrukturen (Herschkowitz & Chapman Herschkowitz, 2009)

    Das Adrenalin wiederum erhöht den Gefässwiderstand der Arteriae uterinea und die

    Blutzufuhr zur Gebärmutter wird dadurch gedrosselt (Glover, 1999). So lassen sich ei-

    nige Auswirkungen von Angst und Stress, wie unter 2.1 beschrieben, erklären.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    16

    3.2.5 Perinatales Angst- und Stressempfinden

    Angst kann bei einer erhöhten seelischen und körperlichen Anspannung leichter auftre-

    ten (Margraf & Schneider, 2009), was die Abbildung 5 verdeutlicht. Wenn das Anspan-

    nungsniveau einer Frau niedrig ist, bedarf es eines sehr starken Stressors, damit die

    Angstschwelle überschritten wird. Andererseits reicht bei einem hohen Anspannungs-

    niveau ein schwacher Stressor, um die Angstschwelle zu überschreiten.

    Abb. 5: Angst-Stress-Modell (in Anlehnung an Margraf & Schneider, 2009)

    Lukesch (1981, S. 40) bemerkt, dass die Erreichung der Angstschwelle durch die Dau-

    er der Schwangerschaft und einen sich langsam aufstauenden Erregungszustand ge-

    geben ist. Er beschreibt dies vor allem für das letzte Schwangerschaftsdrittel, wo die

    Geburt unausweichlich näher rückt. Der soziale Rollendruck hat dabei einen grossen

    Einfluss, sich auf die Mutterschaft freuen zu müssen und die Geburt als "freudiges Er-

    eignis" zu bejahen.

    3.2.6 Zusammenfassung

    Für die Schwangerschaft und die Eröffnungsphase der Geburt spielt das "Altsäu-

    gerhirn" bzw. das limbische System eine grosse Rolle. Beim Angst- und Stressempfin-

    den wird von den Nebennieren, auf Anregung des limbischen Systems, Adrenalin aus-

    geschüttet, was weitreichende Folgen haben kann (siehe 2.1). Angst wird leichter aus-

    gelöst, wenn das allgemeine Anspannungsniveau erhöht ist. Demnach ist es wichtig,

    dass eine Frau entspannt und gelassen in die Schwangerschaft und Geburt einsteigt

    bzw. bei einem erhöhten Anspannungsniveau Wege findet, dieses zu reduzieren. Hier

    setzt MBCP an, das unter 3.4 näher erläutert wird.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    17

    3.3 Stresstheoretische Modelle

    Es gibt zahlreiche Stressmodelle. Sie werden unterschieden in reizorientierte, reaktion-

    sorientierte und kognitive Stressmodelle. Letztere betrachten die kognitiven und emoti-

    onalen Bewertungsprozesse der Person auf eine belastende Situation und ihre verfüg-

    baren Möglichkeiten für eine erfolgreiche Bewältigung (Richter & Hacker, 1998).

    3.3.1 Transaktionales Stressmodell von Lazarus und Folkman

    Lazarus und Folkman (zitiert in Kauffeld, 2011; Lukesch, 1981) beschreiben in ihrem

    kognitiven Stressmodell drei Bewertungsprozesse (Abb. 6) zur Beurteilung einer Situa-

    tion, die auch parallel zueinander ablaufen können. Bei der primären Bewertung stellt

    sich die Frage, ob die Situation für die Person irrelevant oder günstig-positiv ist und

    keiner Anpassung bedarf oder ob die Situation stressend ist, was eine Anpassung not-

    wendig macht. Wird ein möglicher Verlust oder Schaden aus der Situation erwartet,

    kann daraus Trauer, Wut, Hilflosigkeit oder auch Verzweiflung resultieren. Wenn die Si-

    tuation als Bedrohung gesehen wird, kann es bei der Person Angst auslösen. Falls die

    Situation jedoch als Herausforderung angesehen wird, kann sie, zumindest zeitweise,

    als positive Aktivierung angesehen werden. Meist ist einer dieser drei Kognitionen do-

    minant. Falls die erste Einschätzung eine Bedrohlichkeit signalisiert, folgt die sekundä-

    re Bewertung. Hier schätzt die Person die persönliche und situative Bewältigungsfähig-

    keit ein, welche sich auf die eigenen Ressourcen bezieht. Diese Ressourcen können

    intellektueller, materieller, körperlicher oder sozialer Art sein. Nach dem Bewältigungs-

    versuch, z.B. von neuen Überlegungen oder Hinweisen von aussen oder von Rück-

    meldungen über die eigene Reaktion und deren Konsequenzen, erfolgt eine Neuein-

    schätzung durch die Person. Dabei wird überprüft, ob die Situation entschärft werden

    konnte, die Bedrohung weiter besteht oder ob es zu einer Schädigung kam. Das

    Durchlaufen des Zyklus von Primär-, Sekundär- und Neubewertung wird laufend fortge-

    führt. Vorwiegend handelt es sich dabei um automatische und intuitive Prozesse.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    18

    Abb. 6: Transaktionales Stressmodell nach Lazarus und Folkman

    Wenn eine Schwangere als Beispiel eine mögliche Dammverletzung als stressend

    empfindet, kann daraus Trauer, Wut, Hilflosigkeit oder Verzweiflung entstehen. Wenn

    sie der Gedanke stresst, von der Ärztin, welche sie nicht mag, entbunden zu werden,

    kann sie das als Bedrohung wahrnehmen und dabei Angst empfinden (vgl. Abb. 6).

    Falls sich die Frau nun nicht imstande fühlt, mit diesen Situationen umzugehen, kann

    sie das sehr belasten und die in 2.1 beschriebenen Auswirkungen von Angst und

    Stress hervorrufen. Das MBCP bietet hier einen Weg, wie Angst und Stress reduziert

    werden können und die Frau an Bewältigungsfähigkeit bzw. Selbstwirksamkeitserwar-

    tung gewinnt. Dass die Selbstwirksamkeit eine zentrale Rolle spielt, wurde bereits in

    der Einleitung erwähnt und wird im nächsten Kapitel aufgenommen.

    3.3.2 Selbstwirksamkeit

    Selbstwirksamkeit wird von Bandura (1977) als subjektive Überzeugung erklärt, mit der

    eine Situation zum gewünschten Ziel führt und dies aufgrund einer angebrachten

    Handlung mithilfe eigener Fähigkeiten. Dazu sind zwei Bestandteile notwendig. Zum

    einen die Ergebniserwartung (outcome expectations) und zum anderen die Selbstwirk-

    samkeitserwartung (efficacy expectations). Die Ergebniserwartung ist die Einschätzung

    einer Person, ob ein bestimmtes Verhalten (behavior) zu einem bestimmten Ergebnis

    (outcome) führt. Die Selbstwirksamkeitserwartung beschreibt, ob die Person überzeugt

    ist, diese Handlung ausführen zu können (Abb. 7). Ist die Selbstwirksamkeitserwartung

    tief, kann rascher Stress entstehen.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    19

    Abb. 7: Konzept der Selbstwirksamkeit (Bandura, 1977)

    Ist beispielsweise eine Schwangere überzeugt, dass sie mit ihrer Atemtechnik (Ergeb-

    niserwartung) mit dem Geburtsschmerz nicht klarkommen wird, weil sie die Umsetzung

    als schwierig ansieht (Selbstwirksamkeitserwartung), hat sie eine tiefe Selbstwirksam-

    keit. Daraus kann Stress entstehen und die Auswirkungen von 2.1 begünstigen.

    3.3.3 Zusammenfassung

    Das transaktionale Stressmodell beinhaltet drei Stufen: primäre Bewertung der Situati-

    on, sekundäre Bewertung über die persönliche Bewältigungsfähigkeit und Neubewer-

    tung nach der Bewältigung oder Handlung. Dieser Zyklus erfolgt fortlaufend und meist

    automatisch. Das Selbstwirksamkeits-Modell umfasst die Ergebniserwartung mit der

    Frage, ob die Handlung zum Ziel führt, und die Selbstwirksamkeitserwartung mit der

    Frage, ob sich die Person die Handlung zutraut. Beide Modelle beschreiben in ähnli-

    cher Weise, dass die persönliche Bewältigungsfähigkeit bzw. eine hohe Selbstwirk-

    samkeit eine wichtige Voraussetzung darstellt, um eine Situation erfolgreich meistern

    zu können. MBCP bildet die Grundlage hierfür und wird nachfolgend vorgestellt.

    3.4 Mindfulness-Based Childbirth and Parenting

    Wie in der Einleitung erwähnt, entstand MBCP durch Bardacke (2013, 2016b) als Wei-

    terentwicklung des MBSR, welches sie bei Kabat-Zinn erfahren konnte. Die Motivation

    dafür entstand aufgrund des Wunsches, Achtsamkeit in die Geburtshilfe einfliessen zu

    lassen. Sie wollte helfen, den körperlichen und emotionalen Stress einer Schwanger-

    schaft, welcher weiter an die nächste Generation weitergegeben werden kann, die

    Angst vor der Geburt und die damit verbundenen Schmerzen sowie die lebenslange

    Reise, die das Elternsein bedeutet, meistern zu können. Kabat-Zinn unterstützte sie bei

    diesem Vorhaben. Zu Beginn vermittelte Bardacke das Programm bei sich zu Hause

    und wechselte 2007 an das Osher Center for Integrative Medicine in San Francisco

    [UCSF]. Innerhalb von 15 Jahren hielt Bardacke über 70 Gruppenkurse ab und gab die

    Vorzüge der Achtsamkeit an mehr als 1500 Teilnehmende weiter (2016b).

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    20

    3.4.1 Das MBCP-Programm

    Bardacke (2016a, S. 17) betont, dass es in ihrem neunwöchigen Programm hauptsäch-

    lich um die "Vermittlung von Lebenskompetenz" geht. Dabei soll das Tempo verlang-

    samt, das Stillsitzen eingeübt und der Blick nach innen gerichtet werden. Sie spricht

    vor jedem Kurs mit den werdenden Eltern und erklärt, dass die Bereitschaft, an sechs

    Tagen der Woche täglich eine halbe Stunde zu meditieren, unabdingbar für eine Teil-

    nahme am Kurs ist. Bardacke (2013, 2016b) erklärt zu ihren Vorträgen, dass die Lekti-

    onen drei Stunden dauern und verschiedene Übungen beinhalten. Eine wichtige Übung

    ist der Body Scan, bei dem der Fokus auf jeden Körperteil gerichtet wird. Die Meditati-

    on hat ebenfalls einen grossen Stellenwert im Programm und wird unter anderem im

    Sitzen und beim Gehen eingeübt. Achtsame Bewegungen werden aus dem Yoga her-

    angezogen. Achtsamkeit soll aber auch etappenweise in den Alltag integriert werden,

    beim Essen, Duschen usw. Bei der Rosinenübung z.B. (Bardacke, 2016a) wird eine

    Rosine achtsam mit allen Sinnen erforscht: vom Anschauen (Form, Farbe, Beschaf-

    fenheit, Lichteinfall auf der Oberfläche), Fühlen (Festigkeit, Beschaffenheit), Hören

    (während des Rollens zwischen den Fingern), Riechen (Unterschied der Nasenlöcher),

    der Erwartungshaltung, während die Rosine zum Mund geführt wird und dort auf der

    Zunge liegt, bis zum Schmecken im Mund und dem Wahrnehmen, was beim Schlu-

    cken geschieht. Bei jeder Übung oder achtsamen Handlung, so Bardacke (2016b) wei-

    ter, wird auch der Atem mit einbezogen. Das Ziel soll sein, Moment für Moment und

    Atem für Atem zu nehmen. Der Geist soll im Augenblick konzentriert sein und nicht in

    die Vergangenheit oder die Zukunft abdriften. Falls dies geschieht, soll das bewusst

    wahrgenommen und dann wieder bewusst losgelassen werden. Neben den achtsamen

    Elementen werden auch geburtshilfliche Informationen zu den Vorgängen im Körper

    vermittelt. Ein weiterer Aspekt des Programmes ist die Kommunikation, welche durch

    die Frage-Antwort-Meditation geschult wird. Dabei wird in genau festgelegter Form die

    Achtsamkeit des Sprechens und Zuhörens trainiert. Eine für die Geburt wichtige Übung

    stellt die Schmerzübung dar. Dabei wird während einer Minute, der Länge einer Wehe,

    eine Hand in Eiswasser getaucht und die Achtsamkeit geübt. Achtsamkeit wird ausser-

    dem an einem Intensivtag praktiziert, an dem an der Ausdauer gearbeitet wird. Nach

    der Geburt gibt es ein Treffen mit den Kursteilnehmenden, um rückblickend den Kurs

    zu evaluieren und die aktuelle Auseinandersetzung mit Achtsamkeit zu besprechen.

    Eine Übersicht über einen Teil der Übungen und Inhalte des MBCP-Programmes, wel-

    che im Buch Der achtsame Weg durch Schwangerschaft und Geburt beschrieben wer-

    den, gibt die Tabelle 4 (Bardacke, 2016a).

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    21

    Tab. 4: Inhalte des MBCP-Programmes

    Woche formale Praxis informelle Praxis/Übungen

    1 Atemmeditation im Sitzen "Mit dem Baby sein"

    Rosinenübung

    2 Atemmeditation im Sitzen

    Body-Scan

    eine Mahlzeit achtsam essen

    Atemmeditation

    "Mit dem Baby sein"

    3 Atemmeditation im Sitzen

    Body-Scan

    Achtsamkeit im Alltag

    Atemmeditation

    "Mit dem Baby sein"

    Tagebuch mit einem angenehmen Ruhe-und-Bin-

    dung-Erlebnis führen (ein Eintrag/d) mit Reflexion

    am Ende der Woche

    Thema Schmerz und Angst

    4 Atemmeditation, alternativ o-

    der zusätzlich mit "Drei-

    Minuten-Atemraum"

    Yogaübung und Body-Scan im

    Wechsel

    Schmerzübung

    Bewusstsein auf Stressreaktionen

    Schmerzübung im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag

    Tagebuch mit einem unangenehmen, stressigen

    oder einengenden Ereignis führen (ein Eintrag/d)

    5 Atemmeditation, alternativ o-

    der zusätzlich mit "Drei-

    Minuten-Atemraum"

    Yogaübung und Body-Scan im

    Wechsel

    Schmerzübung

    Berührungsübung mit Partner

    Tönen

    reaktive Momente im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag - achtsamer Stuhlgang

    "Drei-Minuten-Atemraum" im Alltag

    Schmerzübung im Alltag

    6 Atemmeditation im Wechsel

    mit Body-Scan oder Yoga-

    übung

    Schmerzübung

    reaktive Momente im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag - achtsamer Stuhlgang

    "Drei-Minuten-Atemraum" im Alltag

    Schmerzübung im Alltag

    Tag der Achtsamkeit, 7 Stunden

    7 Atemmeditation im Wechsel

    mit Body-Scan oder Yoga-

    übung

    Liebende-Güte-Meditation

    Schmerzübung

    reaktive Momente im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag - achtsamer Stuhlgang

    "Drei-Minuten-Atemraum" im Alltag

    Schmerzübung im Alltag

    8 Praktizierung einer Übung der

    Wahl

    Schmerzübung

    reaktive Momente im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag - achtsamer Stuhlgang

    "Drei-Minuten-Atemraum" im Alltag evtl. mit Lie-

    bende-Güte-Meditation

    Schmerzübung im Alltag

    9 Praktizierung einer oder meh-

    rerer Übungen der Wahl

    Schmerzübung

    reaktive Momente im Alltag

    "Mit dem Baby sein"

    Achtsamkeit im Alltag - achtsamer Stuhlgang

    "Drei-Minuten-Atemraum" im Alltag evtl. mit Lie-

    bende-Güte-Meditation

    Schmerzübung im Alltag

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    22

    3.4.2 Zusammenfassung

    MBCP ist ein Programm zur Schulung der Achtsamkeit. Dabei geht es darum, Schritt

    für Schritt die Achtsamkeit zu lernen und in den Alltag zu integrieren. Das Ziel ist es,

    körperlichen und emotionalen Stress während der Schwangerschaft und die Angst vor

    der Geburt zu reduzieren und die Eltern auf die Zeit mit dem Baby vorzubereiten. Das

    Programm soll auch für das ganze Leben Kompetenzen mitgeben. Die Abbildung 8

    zeigt die Auswirkungen von Achtsamkeit bzw. Unachtsamkeit auf den Organismus und

    schliesst den Bogen zu den vorherigen Abschnitten.

    Abb. 8: Die Macht der Achtsamkeit

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    23

    4 METHODE

    Die Fragestellungen wurden anhand eines Literaturreviews beantwortet. Nachfolgend

    werden die Recherche sowie die Ein- und Ausschlusskriterien für die Literatur darge-

    stellt. Danach werden die Auswahl und die Analyse der Studien beschrieben.

    4.1 Literaturrecherche

    Studien für die Beantwortung der Fragestellungen wurden in verschiedenen medizini-

    schen Datenbanken gesucht (vgl. 4.3). Die Recherche erfolgte anhand von Schlüssel-

    wörtern und MeSH-Begriffen (Tab. 5). Mithilfe des Trunkierungszeichens* wurde ein

    grösserer Suchraum abgedeckt. Zu verknüpfende Schlüsselwörter wurden mit dem

    Operator AND verbunden. Weiter wurde die Suche in Journals, auf Google Scholar

    oder über Referenzen in Literaturverzeichnissen ausgedehnt.

    Tab. 5: Schlüsselwörter und MeSH-Begriffe

    Deutsch Englisch

    Population Schwangerschaft

    Geburt

    perinatal*

    prenatal*

    pregnan*

    childbirth

    birth*

    Setting Hebamme

    Achtsamkeit

    midwife*

    mindfulness

    mbct

    mbcp

    Phänomen Angst

    Stress

    fear*

    anxiety*

    stress*

    experience

    4.2 Ein- und Ausschlusskriterien

    Einschlusskriterien:

    Frauen mit physiologischer Einlingsschwangerschaft

    qualitative und quantitative Studien

    Erscheinungsjahr 2007 bis 2017

    Studien in englischer und deutscher Sprache

    Achtsamkeitsprogramme auf der Grundlage von Kabat-Zinn oder Bardacke

    Ausschlusskriterien:

    Frauen mit einer psychischen oder physischen Grunderkrankung oder in der

    Schwangerschaft erworbenen Erkrankung

    postpartale Depression

    Abänderungen des Programmes aufgrund religiöser Motive

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    24

    4.3 Auswahl der Studien

    Die Suche nach Literatur für die Beantwortung der Fragestellung erstreckte sich vom

    15.5.17 bis 12.6.17. Es wurden insgesamt 132 Treffer in den Datenbanken Medline via

    PubMed, Livivo, PsychInfo, Cinahl, Medline via Ovid, Midirs via Ovid und PubMed so-

    wie per Handsuche auf Google Scholar oder durch persönliche Mailanfrage bei For-

    scherinnen erzielt. Dabei erfolgten in den Datenbanken mehrere Suchdurchgänge mit

    verschiedenen Kombinationen von Suchbegriffen. Die Handsuche in den Journals Die

    Hebamme und Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft brachte keine neu-

    en Ergebnisse. Nach Ausschluss der Doppelfunde (n=20), unpassender Titel (n=55)

    und Abstracts (n=41) blieben 16 Treffer für die Volltextanalyse. Hieraus konnte ein Re-

    view und sieben Studien aufgrund der unter 4.2 erwähnten Kriterien eingeschlossen

    werden. Eine Studie ist von 2014, da sie nicht im Review von 2016 enthalten ist. Die

    anderen Studien sind alle von 2016 und 2017. Bei den Studien Yazdanimehr, Omidi,

    Akbari und Sadat, (2016a) sowie Yazdanimehr, Omidi, Sadat, und Akbari (2016b) han-

    delt es sich um die gleiche Stichprobe mit zwei unterschiedlichen Fragestellungen. Die

    Abbildung 9 zeigt die zusammengefasste Abfolge der Auswahl der Studien. Die detail-

    lierte Literaturrecherche ist im Anhang unter 13.2. ausgewiesen.

    Abb. 9: Literaturrecherche

    Im Folgenden werden jeweils der Review an erster Stelle und die Studien in alphabeti-

    scher Reihenfolge der Autorinnen und Autoren genannt. Die Tabelle 6 zeigt eine Über-

    sicht der Auswahl mit Nennung der Autorenschaft, des Titels, des Landes und des Jah-

    res der Veröffentlichung.

    Total Ergebnisse n=132 (Datenbanken n=129, Handsuche n=3)

    nach 1. Reduktion n=112 (Ausschluss Doppelfunde n=20)

    nach 2. Reduktion n=57 (Ausschluss Titel n=55)

    nach 3. Reduktion n=16 (Ausschluss Abstract n=41)

    nach 4. Reduktion n=8 (Ausschluss Volltextanalyse n=8)

    Einschluss Total

    Review n=1

    Studien n=7

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    25

    Tab. 6: Übersicht der ausgewählten Studien

    Autoren, Autorinnen Titel Land/Jahr

    Taylor, B.L., Cavanagh, K. &

    Strauss, C.

    The Effectiveness of Mindfulness-Based Intervetions

    in the Perinatal Period: A Systematic Review and

    Meta-Analysis

    USA

    2016

    Ahmadi, L. & Bagheri, F. The effectiveness of educating mindfulness on anxie-

    ty, fear of delivery, pain catastrophizing and selecting

    caesarian section as the delivery method among nul-

    liparous pregnant women

    Iran

    2017

    Beattie, J., Hall, H., Biro, M.A.,

    East, Ch. & Lau, R.

    Effects of mindfulness on maternal stress, depres-

    sive symptoms and awareness of present moment

    experience: A pilot randomised trial

    Australien

    2017

    Duncan, L., Cohn, M.A., Chao,

    M.T. Cook, J.G., Riccobono, J. &

    Bardacke, N.

    Benefits of preparing for childbirth with mindfulness

    training: a randomized controlled trial with active

    comparison

    USA

    2017

    Muthukrishnan, S., Jain, R., Kohli,

    S. & Batra, S.

    Effect of Mindfulness Meditation on Perceived Stress

    Scores and Autonomic Function Tests of Pregnant

    Indian Women

    Indien

    2016

    Narimani, M. & Musavi, S.K.S. Effectiveness of mindfulness based cognitive therapy

    on anxiety, stress and depression of pregnant you-

    ths: A randomized clinical trial

    Iran

    2014

    Yazdanimehr, R, Omidi, A., Akbari,

    H. & Sadat, Z.

    Mindfulness Training and Quality of Life Among Pre-

    gnant Females: A Randomized Clinical Trial

    Iran

    2016a

    Yazdanimehr, R, Omidi, A., Sadat,

    Z. & Akbari, H.

    The Effect of Mindfulness-integrated Cognitive Be-

    havior Therapy on Depression and Anxiety among

    Pregnant Women: a Randomized Clinical Trial

    Iran

    2016b

    4.4 Analyse der Studien

    Die Qualität des Reviews und der Studien wurde mit validen Arbeitsinstrumenten sys-

    tematisch beurteilt. Für den Review handelt es sich um die Kriterien des Public Health

    Resource Unit [PHRU] (2006). Für quantitative Studien um diejenigen von Law, Ste-

    wart, Pollok, Letts, Bosch und Westmorland (1998). Dabei werden unter anderem Risi-

    ken für systematische Fehler, Aspekte der Ethik (Achtung der Würde des Menschen,

    Gutes tun und nicht schaden und Gerechtigkeit), Glaubwürdigkeit der Ergebnisse und

    die Nützlichkeit für die Fragestellung geprüft. Die Levelzuteilung erfolgte über die „5

    Evidence-Levels“ von Madjar und Walton (2001). Die Tabelle der differenzierten Beur-

    teilung ist im Anhang 13.3 abgelegt. Dort können auch die Beschreibungen der ver-

    wendeten Erhebungsinstrumente nachgelesen werden.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    26

    5 ERGEBNISSE

    Die Studien werden einzeln vorgestellt und nachfolgend kritisch gewürdigt. Danach

    werden die Ergebnisse in den Untergruppen Angst, Stress, Geburtserleben und Pro-

    gramme zusammengefasst.

    5.1 Vorstellung der Studien

    Folgende Punkte werden im Review zusammengefasst: Ziel, Studiendesign, Zeitraum,

    Begründung der Auswahl, Länder der Studien, Fragebögen, Messinstrumente, Pro-

    gramme, Datenerhebung und -analyse, Ergebnisse und der Wert für die Fragestellung.

    Bei den Studien sind folgende Punkte berücksichtigt: Ziel, Stichprobenbeschrieb, Me-

    thode, Studiendesign, Messverfahren und -instrumente, Programm, Datenanalyse, Er-

    gebnisse und der Wert für die Fragestellung. Die Tabelle 7, im Anschluss der Studien-

    beschreibungen, vermittelt eine Zusammenfassung hinsichtlich des Ziels der Studien,

    der Stichprobenwahl, der verwendeten Instrumente, des Forschungsdesigns und der

    Analyse, der Art und Dauer der Intervention, relevanter Ergebnisse und des Evidenzle-

    vels.

    5.1.1 Taylor et al. (2016)

    The Effectiveness of Mindfulness-Based Interventions in the Perinatal Period: A Sys-

    tematic Review and Meta-Analysis.

    Das Ziel des Reviews aus den USA war es, die Wirksamkeit von Achtsamkeitspro-

    grammen in der Schwangerschaft auf Depression, Angst, Stress und Achtsamkeitsfä-

    higkeit systematisch zu überprüfen. Die Recherche erfolgte von 2005 bis Ende Februar

    2016.

    Eingeschlossen wurden quantitative und qualitative Studien mit Definitionen der Acht-

    samkeitsprogramme auf der Basis von Jon Kabat-Zinn und Nancy Bardacke. Ausge-

    schlossen wurden andere Programme oder Studien, welche nur einen Teilaspekt der

    Achtsamkeit beinhalteten, sowie Studien nach Kindsverlust.

    Es wurden 11 Studien aus den USA, drei aus Australien und je eine aus Spanien,

    Neuseeland und Hong Kong mit insgesamt 563 Teilnehmerinnen ausgewertet. Alle 17

    Studien hatten ein quantitatives Design. Acht Studien ergänzten die Daten mit qualita-

    tiven Interviews. Acht Studien wurden mit einer Kontrollgruppe durchgeführt. Zur An-

    wendung kamen verschiedene Fragebögen zur Erhebung von Depression, Angst,

    Stress und Achtsamkeit. Das Programm wurde in 16 Fällen als Gruppenkurs angebo-

    ten. Ein Kurs fand als Onlinevariante statt. Die Dauer der Lektionen variierte von 45

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    27

    Minuten bis 3 Stunden plus ein Schweigetag von 7 Stunden in einem Programm. Ein

    Programm wurde als Wochenendkurs angeboten.

    Die Mittelwerte, Standardabweichungen und Anzahl der Teilnehmerinnen wurden ex-

    trahiert in vor der Intervention und nach der Intervention. Falls es Lücken im Datensatz

    gab, wurden die Autoren der jeweiligen Studie um eine Begründung angefragt. Um die

    methodische Qualität der Studien beurteilen zu können, bildeten die Autorinnen Indexe

    und beurteilten sie mit der Jadad-Skala (klar beschriebenes Protokoll, ausgebildet in

    Achtsamkeitslehre und verblindete Therapeuten, Randomisierung und Verblindung der

    Teilnehmerinnen, Kontrollgruppe und Stichprobengrösse). Zum Einsatz kamen ver-

    schiedene Analysemethoden (inverse Varianzmethode, SPSS-Makros, Review Mana-

    ger Version 5.2, Q-Statistik, ANOVA). Die Studien wurden als heterogen beurteilt und

    deswegen kam der Hedge's g für die Vergleichbarkeit der Variablen als Effektstärken-

    mass zum Einsatz (Hedge's g 0.2=klein, Hedge's g 0.5=mittel, Hedge's g 0.8=gross).

    Um den Einfluss einer weiteren Variable zu beurteilen, kam die Moderationsanalyse

    zum Einsatz. Die qualitativen Aussagen wurden mit thematischer Analyse, Inhaltsana-

    lyse und thematischer Kodierung oder interpretativer phänomenologischer Analyse

    ausgewertet.

    Ergebnisse: Bei den quantitativen Ergebnissen zeigten sich innerhalb der Interventi-

    onsgruppe signifikante kleine bis mittlere Verbesserungen in den Variablen Depression

    in 15 Studien (n=354): g=0.47, p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    28

    Studien), aufmerksame Präsenz (in zwei Studien), positive Interaktion mit Part-

    ner/Partnerin/Baby (in zwei Studien), entspannend (in einer Studie), hilft im Alltag mit

    schon vorhandenen Kindern (in einer Studie), hilft eigenes Potential zu erkennen (in

    einer Studie), hilft eigene Wünsche zu äussern und zu vertreten (in einer Studie), hilft

    Symptome von Depression zu erkennen und darauf zu reagieren (in einer Studie), hilft

    Verständnis für die Frau und SS zu entwickeln (in einer Studie), Auseinandersetzung

    mit der Vaterrolle (in einer Studie), allgemein gute Stimmung (in einer Studie), guter

    Schlaf (in einer Studie). Als einzig negativer Aspekt wurde von zwei Frauen der Kurs

    als "Mumbo Jumbo" gewertet, was so viel wie Hokuspokus oder Quatsch bedeutet

    (Pons Online-Wörterbuch, 2017b). Neutrale Aspekte waren: bereits genügend Unter-

    stützung vorhanden (in einer Studie) und herausfordernde Hausaufgaben (in einer

    Studie).

    Der Review konnte signifikante Verbesserung in der Reduktion von Angst und Stress

    innerhalb der Interventionsgruppe nachweisen, aber keine signifikanten Vorzüge zwi-

    schen den Interventionsgruppen und Kontrollgruppen ableiten. Eine signifikante Re-

    duktion von Depression und Angst konnte jedoch bei Frauen mit einer Vorgeschichte

    von Depression und Angst im Vergleich zur Kontrollgruppe aufgezeigt werden. Allge-

    mein wird die Teilnahme an einem Programm als positiv gewertet.

    5.1.2 Ahmadi und Bagheri (2017)

    The effectiveness of educating mindfulness on anxiety, fear of delivery, pain catastro-

    phizing and selecting caesarian section as the delivery method among nulliparous

    pregnant women.

    Diese aus Teheran (Iran) stammende quantitative Studie befasste sich mit der Frage,

    welche Auswirkungen die Achtsamkeitsmethode auf die Empfindung von Angst, Angst

    vor dem Geburtsschmerz, das Katastrophieren des Schmerzes und den Wunsch zur

    Sectio hat.

    Für die Studie einschliessende Kriterien waren iranische Nullipara mit Einlingsschwan-

    gerschaft, die Äusserung von Angst (über dem Median des Spielberg State-Trait

    Anxiety Inventory) und der Wunsch nach einer Sectio. Ausgeschlossen wurden Frauen

    mit Konsum von Psychopharmaka, Risikoschwangere und lückenhafter Teilnahme am

    Interventionsprogramm. Die Frauen wurden über die Studie und die Ausstiegskriterien

    informiert und gaben ihre schriftliche Zustimmung für die Mitarbeit. Ebenfalls wurde die

    Erlaubnis des betreuenden Arztes eingeholt. Eine Ethikkommission genehmigte die

    Studie.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    29

    Die Studienteilnehmerinnen wurden randomisiert in zwei Gruppen eingeteilt. Die Inter-

    ventionsgruppe nahm an einem achtwöchigen Programm teil. Die wöchentlichen Lekti-

    onen à 90 Minuten basierten auf dem Achtsamkeitsmodell von Nancy Bardacke. In je-

    der Lektion wurde die Achtsamkeitsmeditation eingeübt. Zudem wurde Wissen über die

    psychobiologischen Prozesse der Schwangerschaft, den Geburtsverlauf, das Wochen-

    bett und das Stillen vermittelt und es wurden verschiedene Strategien für die physische

    und psychische Schmerzbewältigung und die Sensibilisierungsfähigkeit für den All-

    tagsstress gelehrt. Die Teilnehmerinnen verpflichteten sich zudem, die Meditations-

    übungen in Hausaufgaben sechs Mal pro Woche für 30 Minuten zu wiederholen. Die

    Kontrollgruppe nahm an einem Geburtsvorbereitungskurs ohne Achtsamkeitstraining

    teil.

    Die Dauer der Studie erstreckte sich von Juni bis November 2016. Vor dem Start der

    Studie gab es keine Unterschiede der Gruppen bezüglich der empfundenen Angst, der

    Angst vor dem Geburtsschmerz, dem Katastrophisieren des Schmerzes und dem

    Wunsch nach einer Sectio. Es wurden drei Fragebögen eingesetzt:

    Spielberg State-Trait Anxiety Inventory (STAI) zur eigenen Einschätzung und

    Ausprägung von Angst. Cronbach's α State 0.84, Trait 0.76

    Childbirth Attitude Questionnaire (CAQ) zur Einstellung auf die Geburt. Cron-

    bach's α 0.85

    Pain Catastrophizing Scale (PCS) mit Fragen über vergangene Schmerzerleb-

    nisse. Cronbach's α 0.67-0.92

    Die Daten wurden mit der SPSS-Software und dem unabhängigen t-Test, X2-Test und

    Fisher-Test analysiert. Mittels der Kovarianzanalyse (ohne Angabe des Testes) wurden

    die Ergebnisse der Gruppen verglichen. Das Signifikanzniveau wurde auf 0.05 festge-

    legt. Vor dem Start des Interventionsprogramms gab es keine Unterschiede der Grup-

    pen bezüglich der empfundenen Angst, der Angst vor dem Geburtsschmerz, dem Ka-

    tastrophisieren des Schmerzes und dem Wunsch nach einer Sectio (p>0.05).

    Ergebnisse: Nach der Intervention fielen sämtliche untersuchten Variablen signifikant

    zugunsten der Interventionsgruppe aus (p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    30

    Die Studie weist aus, dass das Achtsamkeitsprogramm die Angst, die Angst vor dem

    Geburtsschmerz und das Katastrophisieren des Schmerzes signifikant reduziert und

    den Wunsch, vaginal zu gebären, signifikant erhöht.

    5.1.3 Beattie et al. (2017)

    Effects of mindfulness on maternal stress, depressive symptoms and awareness of

    present moment experience: A pilot randomised trial.

    Das Ziel der australischen Studie aus dem Monash-Viertel in Melbourne war, die

    Durchführbarkeit und Akzeptanz der Teilnehmerinnen eines Achtsamkeitsprogrammes

    zu eruieren sowie Veränderung des wahrgenommen Stresses von depressiven Symp-

    tomen und das Bewusstsein der aktuellen Empfindungen aufzuzeigen.

    Die Teilnehmerinnen waren in der 24.–28. SSW, Nulli- und Mehrpara, verschiedener

    Nationalitäten, älter als 18 Jahre und hatten eine Einlingsschwangerschaft. Ausge-

    schlossen wurden Analphabetinnen und Frauen mit einer möglichen Depression (≥13

    Punkte beim vorgängig ausgefüllten Edinburgh Postnatal Depression Scale, EDPS).

    Für die Studie wurde ein quantitatives Design gewählt und durch ein semistrukturiertes

    Telefoninterview und Tagebucheinträge der Teilnehmerinnen qualitativ ergänzt. Die

    Frauen gaben schriftlich ihr informiertes Einverständnis zur Teilnahme und wurden

    randomisiert in eine Interventionsgruppe und eine aktive Kontrollgruppe eingeteilt. Die

    Studie wurde durch eine Ethikkommission genehmigt.

    Das Programm für die Interventionsgruppe dauerte acht Wochen. Das wöchentliche

    Achtsamkeitstraining à zwei Stunden wurde von einer darin ausgebildeten Person, ba-

    sierend auf der Achtsamkeitstheorie für Schwangere von Nancy Bardacke, geleitet.

    Auch wurden andere Modelle von Achtsamkeit integriert, z.B. eine kognitive Verhal-

    tenstherapie, um Körperempfindungen zu identifizieren, oder ein Modell mit Schwer-

    punkt der Partnerschaft. Jede Lektion wurde mit einer Übung in Achtsamkeit begon-

    nen, gefolgt von einem achtsamen Bewegungsteil, einem Austausch der Erfahrungen

    und Bedenken der letzten Woche in Bezug auf Gedanken, Emotionen und körperli-

    chem Befinden. Der anschliessende Theorieteil war passend zu den Fragen und Be-

    denken aufgebaut mit darin eingebetteten Übungen. Es gab für jede Woche Hausauf-

    gaben, welche besprochen wurden, und zum Schluss folgte eine Meditationsübung für

    die Verbindungsschulung mit dem Baby. Die aktive Kontrollgruppe, geleitet durch eine

    Hebamme, sollte sich als Gruppe selber unterstützen. Jedes Treffen begann mit einem

    offenen Austausch, gefolgt von der Möglichkeit, Bedenken zu äussern und Fragen zu

    stellen und die Themen unterstützt zu diskutieren. Es folgte ein Übungs- und Theorie-

    teil und zum Schluss wurde die Runde wieder für den offenen Austausch geöffnet. In

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    31

    beiden Gruppen wurden ähnliche Themen besprochen, wie Stressmanagement, ge-

    dankliche Emotionen, Körperempfindungen, Wohlbefinden, Vorbereitung auf die Ge-

    burt und das Wochenbett – sie wurden aber unterschiedlich gestaltet. In beiden Grup-

    pen war eine Führung im Gebärsaal zwischen der 5. und 7. Woche geplant. Es fanden

    zwei Kurssequenzen während der Studie statt.

    Vor dem Start des Programmes, nach Abschluss und sechs Wochen später kamen

    nachfolgende, validierte Fragebögen zur Anwendung und wurden mit MANOVA aus-

    gewertet:

    Perceived Stress Scale (PSS-10) als Gradmesser für den empfundenen Stress.

    Cronbach's α 0.78

    Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) zur Selbsteinschätzung der

    Stimmungslage der letzten sieben Tage. Cronbach's α 0.87

    Mindfulness Attention Awareness Scale (MAAS), um die Achtsamkeit auf aktu-

    elle Handlungen zu erfahren. Cronbach's α 0.87

    Um die Outcomeparameter der Geburt zu erfassen kam die Software Birthing Outco-

    mes System (BOS) zum Einsatz. Die Parameter zur Geburt waren der Geburtsbeginn,

    die Geburtsart, der 1- und 5-Minuten-Apgar, mütterliche Komplikationen, mütterliche

    Analgesie und Komplikationen beim Baby.

    Ergebnisse: Es gab Verbesserungen innerhalb beider Gruppen, aber keine signifikan-

    ten Unterschiede zwischen den Gruppen aus allen Fragebögen und bei allen drei Er-

    hebungszeitpunkten [empfundener Stress (PSS) p=0.82, depressive Symptome

    (EPDS), p=0.72, achtsames Bewusstsein (MAAS), p=0.69]. Direkt nach dem Kurs war

    in beiden Gruppen das Stressempfinden am tiefsten und stieg dann wieder an, aller-

    dings auf ein tieferes Niveau als bei der ersten Befragung. In der Interventionsgruppe

    galt das Gleiche auch für die Symptome einer Depression. Nicht so bei der Kontroll-

    gruppe. Da wurde das tiefste Niveau sechs Wochen nach dem Kurs ausgewiesen. In

    beiden Gruppen stieg die Achtsamkeit kontinuierlich an. In der Interventionsgruppe je-

    doch etwas höher.

    Die Themen der qualitativen Analyse konnten zusammengefasst werden in Freiset-

    zung von Stress und Loslassen von Emotionen, erhöhtem Bewusstsein für Emotionen

    und Körperempfindungen, Akzeptieren, was und wie etwas passiert, ebenso sich selbst

    und andere, Optionen für die Verringerung von Stress während Schwangerschaft und

    Geburt und Verbindung und Empathie für sich selber, das Baby und andere. Die Aus-

    sagen waren durchweg erfreulich. Ebenfalls äusserten sich die Teilnehmerinnen zum

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    32

    Achtsamkeitsprogramm grundsätzlich positiv, hatten jedoch noch Verbesserungsvor-

    schläge anzumerken. So wurden beispielsweise die Erhöhung der Lektionen auf mehr

    als zwei Stunden angeführt, weitere Fortsetzung der Treffen über einen längeren Zeit-

    raum nach Kursende, um die Achtsamkeit in der Praxis zu unterstützen, und der Ein-

    bezug des Partners während ein paar Lektionen, um ihm die Thematik näherzubringen.

    Die Durchführbarkeit und Akzeptanz des Programmes durch die Teilnehmerinnen

    konnte bestätigt werden. Die Studie zeigt keine signifikanten Ergebnisse zwischen den

    Gruppen aufgrund eines Achtsamkeitsprogrammes auf die Stressreduktion, Symptome

    von Depression und Erhöhung der Achtsamkeit sowie die Parameter Geburtsbeginn,

    Geburtsmodus, 1-Minuten- und 5-Minuten-Apgar, mütterliche Komplikationen, kindliche

    Komplikationen und mütterliche Analgesie auf.

    5.1.4 Duncan et al. (2017)

    Benefits of preparing for childbirth with mindfulness training: a randomized controlled

    trial with active comparison.

    Die quantitative Studie von Duncan et al. (2017) überprüfte drei Hypothesen im Zu-

    sammenhang mit einem angepassten MBCP-Programm, durchgeführt als Wochen-

    endkurs von Freitagabend bis Sonntag. 1. Durch die Teilnahme am Programm erhöht

    sich die Selbstwirksamkeit, dadurch reduzieren sich die Angst, die schmerzhaften Er-

    wartungen an die Geburt und die Katastrophisierung von Schmerzen. 2. Durch die

    Übungen werden die Schmerzen bei der Geburt weniger stark empfunden und in nied-

    rigerem Masse Schmerzmittel notwendig, was die Geburtszufriedenheit steigen lässt.

    3. Nach dem Programm treten perinatal weniger Depressionssymptome auf, was somit

    einer postnatalen Depression entgegenwirkt.

    Die analysierten 29 Teilnehmerinnen aus Madison (Wisconsin, USA) waren Englisch

    sprechend, Nullipara mit geringen Risiken einer gesunden Einlingsschwangerschaft, im

    dritten Trimester, mit einer geplanten Krankenhausgeburt und der Bereitschaft für eine

    Randomisierung in eine Gruppe (Interventionsgruppe oder aktive Kontrollgruppe).

    Ausgeschlossen wurden Frauen mit einer Hochrisikoschwangerschaft, geplanter Sec-

    tio, Erfahrung mit Yoga oder Meditation und wenn sie an einem anderen, auf Achtsam-

    keit fokussierten Kurs teilnahmen. Die Frauen gaben nach den Informationen über die

    Studie ihre schriftliche Zustimmung. Der Ethik-Ausschuss der Humanforschung der

    Universität San Francisco stellte die Genehmigung zur Studie aus.

    Das Programm für die Interventionsgruppe heisst Mind in Labor (MIL): working with

    pain in childbirth und wurde als Kurzform aus dem neunwöchigen MBCP-Programm

    von Nancy Bardacke entwickelt. Die Kursleitung bestand aus einer Person mit Ausbil-

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    33

    dung in MBCP und einer Hebamme. Der Kurs begann am Freitagabend und dauerte

    bis Sonntag. Insgesamt waren es 18 Stunden mit Bildung in Achtsamkeit und Strate-

    gieentwicklung für die Bewältigung der Wehen. Die Lernziele waren in vier Bereiche

    eingeteilt: 1. Geburtsschmerz als unangenehme körperliche Empfindung und das An-

    nehmen seines Kommens und Gehens, 2. Angstverringerung durch das Entkoppeln

    der Sensorik als kognitive und affektive Komponente des Schmerzes, 3. Steigerung

    des Selbstbewusstseins durch Übungen zur Schmerzbewältigung (Hand in Eiswasser

    tauchen) und 4. das Einwickeln von persönlichen Strategien für die zwischenmenschli-

    che Beziehung und gegenseitige Unterstützung während der Geburt. Die Ziele sollten

    folgendermassen erreicht werden: Meditation über Körperwahrnehmung und achtsame

    Bewegungen mit Yoga, sitzende und gehende Meditation, achtsames Essen und ande-

    re tägliche Aktivitäten, Erlernen von Copingstrategien zum Thema Schmerz, Achtsam-

    keit beim Atmen, gegenseitige Berührungen und Körperbewegungen, Einsetzen von

    Tönen und Gesprächen über erfahrene Angst im Allgemeinen und Angst vor der Ge-

    burt. Verschiedene Hilfsmittel kamen zum Einsatz: Handouts, stimmliche Begleitung für

    die Meditation und Schmerz-Copingstrategien für zu Hause. Die Frauen in der aktiven

    Kontrollgruppe konnten aus einer Liste vergleichbarer Kurse einen für sich auswählen.

    Diesen Kursen fehlten Inhalte von Achtsamkeitsübungen, Yoga oder ähnliche Angebo-

    te, wie z.B. Hypnose.

    Um die Hypothesen zu bestätigen oder zu verwerfen, bedienten sich die Forscherinnen

    und Forscher folgender Fragebögen, welche vor und nach dem Kurs und nach der Ge-

    burt zum Einsatz kamen:

    Childbirth Self-Efficacy Inventory (CBSEI), der das Vertrauen der Frauen in ihre

    Fähigkeiten zur Bewältigung der Geburt misst (Selbstwirksamkeit). Cronbach's

    α 0.90

    Pain Catastrophizing Scale (PCS) mit Fragen über vergangene Schmerzerleb-

    nisse. Cronbach's α 0.92

    Visual Analog Scale (VAS), um den aktuell gefühlten Schmerz festzuhalten.

    Keine Angabe des Cronbach's α

    Wijma Delivery Experience Questionnaire (W-DEQ) um die Zufriedenheit wäh-

    rend der Schwangerschaft und der Geburt darzustellen. Cronbach's α 0.94

    Five Facet Mindfulness Questionnaire (FFMQ), der fünf Elemente von Acht-

    samkeit misst. Cronbach's α 0.75-0.91

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    34

    Multidimensional Assessment of Interoceptive Awareness (MAIA) misst das in-

    terozeptive (innere) Bewusstsein, Cronbach's α 0.66-0.87

    Center for Epidemiological Studies Depression Scale (CES-D) als Erfassung

    des gegenwärtigen Ausmasses depressiver Verstimmung, Cronbach's α 0.85-

    0.90

    Die Verwendung von Schmerzmitteln während der Geburt wurde als dichotome Variab-

    le kodiert. Zudem fand eine Befragung als Ergänzung zur Geburtszufriedenheit statt,

    welche eine Aussage über die Zufriedenheit der Betreuung gab.

    Die Variablen wurden als Mittelwerte ausgedrückt und mit dem t-Test ausgewertet. Die

    R-Statistik-Software wurde verwendet, um die verschiedenen Interventionsprogramme

    vergleichen zu können. Die Ausprägung einer Variablen wurde mit dem Dummy-

    Programm untersucht. Um eine Verzerrung auszuschliessen, kam bei lückenhaftem

    Fragebogen der Amelia II library algorithm zum Einsatz.

    Ergebnisse: Signifikante Unterschiede der Gruppen zugunsten der Interventionsgrup-

    pe gab es bei der Erhöhung der Selbstwirksamkeit (CBSEI, p=0.04) und der Erhöhung

    beim Körperbewusstsein (MAIA, p=0.03. Innerhalb der aktiven Kontrollgruppe wurde

    eine signifikante Erhöhung der Symptome einer Depression beim Follow-up nach der

    Geburt ausgewiesen (CES-D, p=0.04). Beim Gebrauch der Opiate stellten die Forsche-

    rinnen und Forscher eine Tendenz zur Signifikanz fest (p=0.12). In der Interventions-

    gruppe nahmen vier von 13 Frauen eine opiathaltige Analgesie in Anspruch. In der ak-

    tiven Kontrollgruppe waren es acht von 13 Frauen und somit doppelt so viele.

    Alle Variablen verbesserten sich zugunsten der Interventionsgruppe. Eine Signifikanz

    wurde bei der Erhöhung der Selbstwirksamkeit und der Erhöhung beim Körperbe-

    wusstsein ausgewiesen.

    5.1.5 Muthukrishnan et al. (2016)

    Effect of Mindfulness Meditation on Perceived Stress Scores and Autonomic Function

    Tests of Pregnant Indian Women.

    Diese quantitative Studie wurde zwischen Juli 2013 und Juli 2014 in Neu Delhi am

    Zentrumsspital Jamia Hamdard durchgeführt. Es beteiligten sich 74 indische Schwan-

    gere in der 12. SSW, welche mindestens 18 Jahre alt waren und Englisch oder Hindi

    lesen, schreiben und verstehen konnten. Die Forscherinnen vermerkten eine grosse

    Anzahl an Ausschlusskriterien (verschiedene Erkrankungen und Komplikationen wie

    Diabetes, Hypertonie oder Adipositas, Mehrlingsschwangerschaft, St.n. Abort ver-

    schiedener Ursachen, Schwangerschaft aus In-vitro-Fertilisation, St.n. Wachstumsre-

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    35

    tardierung, Präeklampsie, mütterliche strukturelle Abnormitäten, psychische Probleme,

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    36

    cold pressor Test – Veränderung des Blutdruckes bei Eintauchen der Hand in

    Eiswasser)

    mental arithmetic Test – Veränderung des Blutdruckes durch das Lösen von

    Rechenaufgaben

    Ruhepuls

    pressure product – Ruhepuls x systolischer Blutdruck

    Die Datenauswertung wurde von verblindetem, zuvor geschultem Personal vorge-

    nommen. Die Variablen wurden als Mittelwerte ausgedrückt und mit einem gepaarten

    und ungepaarten t-Test ausgewertet. Dabei kam die statistische Software SPSS zum

    Einsatz. Das Signifikanzniveau wurde auf 0.05 festgelegt.

    Ergebnisse: Nach der Intervention gab es folgende signifikante Unterschiede zwi-

    schen den Gruppen: tiefere Atemfrequenz (p=0.007), Stressreduktion PSS (p=0.000),

    gesteigerte Herzfrequenzvariabilität (p=0.000), tiefere Systole und Diastole beim cold

    pressor Test (je p=0.000) und bei der Systole mental arithmetic Test (p=0.000). Alle

    Werte fielen zugunsten der Interventionsgruppe aus. Bei all diesen Parametern gab es

    auch innerhalb beider Gruppen eine signifikante Verbesserung zwischen p=0.000 und

    p=0.042. Es gab bei allen Variablen Verbesserungen zugunsten der Interventionsgrup-

    pe, ausser beim diastolischen Blutdruckwert, der in beiden Gruppen gleich ausfiel. Die-

    se Werte waren nicht signifikant.

    Das Achtsamkeitsprogramm reduziert den Stress signifikant. Es wirkt sich positiv auf

    das parasympathische Nervensystem aus und ist ein starker Modulator des sympathi-

    schen Nervensystems.

    5.1.6 Narimani und Musavi (2014)

    Effectiveness of mindfulness based cognitive therapy on anxiety, stress and depres-

    sion of pregnant youths: A randomized clinical trial.

    Die Forscher der iranischen Studie widmeten sich der Frage, welche Wirkung das

    Achtsamkeitstraining auf Angst, Stress und Depressionen von schwangeren Jugendli-

    chen unter 20 Jahren hat. 30 Frauen, welche oben genannte Symptome äusserten,

    wurden zwischen Februar und Mai 2013 in Ardabil rekrutiert. Die Frauen wurden über

    die Studie informiert und gaben ihre Zustimmung zur Teilnahme. Für die Forschungs-

    frage wurde ein quantitatives Design gewählt. Die Zuteilung in die Interventionsgruppe

    und die Kontrollgruppe erfolgte randomisiert.

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    37

    Die Interventionsgruppe erhielt acht Sitzungen mit Achtsamkeitstraining nach dem

    Konzept von Jon Kabat-Zinn. Die Kontrollgruppe nahm an keiner Intervention teil.

    Zur Anwendung kamen zwei Fragebögen vor und nach der Intervention:

    Spielberg State-Trait Anxiety Inventory (STAI) zur eigenen Einschätzung und

    Ausprägung von Angst. Cronbach's α 0.90-0.92

    depression anxiety stress scales (DASS21) zum Erfassen von Depression,

    Angst und Stress. Keine Angabe des Cronbach's α

    Die Analyse erfolgte mit dem Software Programm SPSS und die Ergebnisse der Grup-

    pen wurden mit der Kovarianzanalyse MANOVA verglichen.

    Ergebnisse: Sämtliche untersuchten Variablen fielen signifikant und zugunsten der In-

    terventionsgruppe aus (Angst p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    38

    beinhaltete Techniken aus der Verhaltenstherapie und vertieften die Körperübungen.

    Schwerpunkt in Lektion sechs waren Rollenspiele zum Durchsetzungsvermögen und

    zwischenmenschlicher Beziehung. Der Schmerz und Strategien zur Bewältigung waren

    in der Lektion sieben zentral und in der letzten Lektion gab es eine Evaluation. Die

    Kontrollgruppe besuchten die üblichen Schwangerschaftskontrollen und erhielten eine

    Schulung des Geburtsablaufes. Gegen Ende der Studie erhielten die Teilnehmerinnen

    der Kontrollgruppe die schriftliche Beschreibung der Lektionen aus der Interventions-

    gruppe.

    Die Studie wurde zwischen Februar und Mai 2015 durchgeführt. Das Ziel war es, die

    Auswirkung der Achtsamkeitstherapie auf die Lebensqualität der Schwangeren mit un-

    tenstehendem Fragebogen zu untersuchen.

    Quality of life questionnaire (SF-36) zur Ermittlung der Lebensqualität. Keine

    Angabe des Cronbach's α

    Die Auswertung der Daten erfolgte mit dem ANOVA-Test und der SPSS-Software

    (Version 11.5). Aufgrund der Homogenität der Auswertung und der Vermutung einer

    Sphärizität wurde der Mauchly-Test durchgeführt (Sphärizität wurde nicht bestätigt,

    p=0.000, Greenhouse-Geisser=0.792)

    Ergebnisse: Vor der Intervention gab es keinen signifikanten Unterschied der Gruppen

    in allen Untergruppen bzgl. der Lebensqualität, p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    39

    dardabweichung 4.55). Einen Monat nach Ende des Programmes waren signifikante

    Unterschiede der Gruppen bei der emotionalen Rollenfunktion (Ausmass, in dem emo-

    tionale Probleme die Arbeit oder andere tägliche Aktivitäten beeinträchtigen; u.a. weni-

    ger Zeit für Aktivitäten aufbringen, weniger schaffen und nicht so sorgfältig wie üblich

    arbeiten) p=0.001, der sozialen Rollenfunktion p=0.02 und der allgemeinen Gesund-

    heitswahrnehmung p=0.01 zu verzeichnen. Der Interaktionseffekt (Zeit x Gruppe) war

    signifikant bei der emotionalen Rollenfunktion p0.05). Nach der Intervention und beim Follow-up nach einem Monat fielen

    die Depressions- und Angstreduktion signifikant zugunsten der Interventionsgruppe

    aus (p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    40

    Tab. 7: Zusammenfassung des Reviews und der Studien

    Review Ziel des Reviews Teilnehmerinnen

    der Studien

    Instrumente der

    Studien

    Design / Analyse

    des Reviews

    Intervention / Dauer

    in den Studien

    Relevante Ergeb-

    nisse der Studien

    Evidenzlevel Re-

    view

    Ta

    ylo

    r e

    t a

    l. (

    20

    16

    )

    Systematische Über-

    prüfung der Wirk-

    samkeit von Acht-

    samkeitsprogram-

    men in der Schwan-

    gerschaft auf De-

    pression, Angst,

    Stress und Acht-

    samkeitsfähigkeit

    n=563

    17 qualitative und

    quantitative Studien

    (Neuseeland, USA,

    Australien, Hong

    Kong, Spanien)

    2008-2016

    acht Studien ohne

    Kontrollgruppe

    neun Studien mit

    Kontrollgruppe

    Depression:

    EPDS; DASS-D;

    CES-D; BDI-II

    Angst:

    STA; DASS-A; PAS;

    BAI

    Stress:

    PSS; DASS-S

    Achtsamkeit:

    MAAS; FFMQ-NJ;

    Toronto Mindfulness

    Scale

    Über Mittelwerte,

    Standardabweichun-

    gen, Anzahl Teilneh-

    merinnen mit inverse

    Varianzmethode,

    SPSS-Makros, Re-

    view Manager Versi-

    on 5.2, Q-Statistik,

    ANOVA-Test,

    Hedge's g, Modera-

    tionsanalyse

    Gruppenkurs (18),

    Onlinekurs (1)

    Wochenende, 15 Le-

    ktionen, 4-10 Wo-

    chen

    Lektionen 45 Min bis

    3h plus Schweige-

    lektion 7h

    Vergleich vor/nach

    Intervention

    Angst 11 Studien:

    signifikante Verbes-

    serung g=0.36,

    p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    41

    Studie Ziel Stichprobe Instrumente Design / Analyse Intervention / Dauer Relevante Ergeb-

    nisse

    Evidenzlevel

    Ah

    ma

    di

    & B

    ag

    he

    ri (

    20

    17

    )

    Auswirkungen auf

    Empfindung von An-

    gst, Angst vor dem

    Geburtsschmerz,

    Katastrophieren des

    Schmerzes und

    Wunschsectiones

    n=38

    Interventionsgruppe

    (Achtsamkeitspro-

    gramm) n=19

    Kontrollgruppe (übli-

    che Vorbereitung)

    n=19

    Nullipara mit

    Wunsch zur Sectio,

    18.-28. SSW

    Spielberg State-Trait

    Anxiety Inventory

    (STA). Cronbach's α

    State 0.84, Trait 0.76

    Childbirth Attitude

    Questionnaire

    (CAQ). Cronbach's α

    0.85

    Pain Catastrophizing

    Scale (PCS). Cron-

    bach's α 0.67-0.92

    quantitativ, RCT

    X2-Test, t-Test und

    Fisher-Test

    Vergleich der Grup-

    penergebnisse mit-

    tels Kovarianzana-

    lyse

    Signifikanzniveau

    0.05

    Achtsamkeitsmedita-

    tion, Wissens- und

    Strategievermittlung,

    Hausaufgaben

    8 Wochen

    Lektion à 1.5h

    Alle Variablen signi-

    fikant und zugunsten

    der Interventions-

    gruppe

    Angst (p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    42

    Studie Ziel Stichprobe Instrumente Design / Analyse Intervention / Dauer Relevante Ergeb-

    nisse

    Evidenzlevel

    Du

    nc

    an

    , e

    t a

    l. (

    20

    17

    )

    Untersuch der Hypo-

    thesen:

    1) Reduktion der

    Angst und schmerz-

    haften Erwartungen

    an die Geburt, Er-

    höhung der Selbst-

    wirksamkeit, Reduk-

    tion der Katastro-

    phisierung des

    Schmerzes

    2) weniger

    Schmerzempfinden

    bei der Geburt, we-

    niger Einsatz von

    Schmerzmitteln,

    Steigerung der Ge-

    burtszufriedenheit

    3) geringere peri-

    natale Symptome für

    Depression, Entge-

    genwirken einer

    postnatalen Depres-

    sion

    n=30 zu Beginn

    n=28 nach dem In-

    terventionspro-

    gramm

    n=30 nach der Ge-

    burt

    n=29 für die Analyse

    drittes Trimenon,

    Nullipara, Einlings-

    schwangerschaft,

    geringe Risiken

    Childbirth Self-Effi-

    cacy Inventory

    (CBSEI), Cronbach's

    α 0.90

    Pain Catastrophizing

    Scale (PCS), Cron-

    bach's α 0.92

    Visual Analog Scale

    (VAS), Cronbach's α

    keine Angabe

    Wijma Delivery Ex-

    perienc Question-

    naire (W-DEQ),

    Cronbach's α 0.94

    Five Facet Mindful-

    ness Questionnaire

    (FFMQ), Cronbach's

    α 0.75-0.91

    Multidimensional As-

    sessment of Intero-

    ceptive Awareness

    (MAIA), Cronbach's

    α 0.66-0.87

    Center for Epidemio-

    logical Studies De-

    pression Scale

    (CES-D), Cronbach's

    α 0.85-0.90

    quantitativ, RCT

    t-Test

    keine Angabe zum

    Signifikanzniveau

    Paarkurs

    Bildung in Acht-

    samkeit und Strate-

    gieentwicklung für

    die Bewältigung der

    Wehen

    Wochenende

    18 Stunden

    Signifikanz zugun-

    sten der Interven-

    tionsgruppe

    Erhöhung der

    Selbstwirksamkeit

    (p=0.04)

    2 (Madjar et al.

    2001)

    Evidenz basierend

    auf einer oder meh-

    reren klinischen Ex-

    perimenten

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    43

    Studie Ziel Stichprobe Instrumente Design / Analyse Intervention / Dauer Relevante Ergeb-

    nisse

    Evidenzlevel

    Mu

    thu

    kri

    sh

    na

    n e

    t al.

    (2

    01

    6)

    Auswirkungen auf

    den empfundenen

    Stress und das ve-

    getative Nervensys-

    tems

    n=74

    Interventionsgruppe

    n=37

    Kontrollgruppe n=37

    Gesunde Inderinnen,

    ≥18 Jahre 12. SSW,

    Englisch oder Hindi

    (lesen, schreiben,

    verstehen), physio-

    logische Ein-

    lingsschwanger-

    schaft, keine Erfah-

    rung mit Meditation

    oder Entspannun-

    gstechniken

    Erhebung der Ge-

    sundheitsgeschichte

    mit einem Fragebo-

    gen

    Perceived Stress

    Scale (PSS),

    Cronbach's α keine

    Angabe

    Klinische Tests: sys-

    tolische und diasto-

    lische BD-Werte,

    Atemfrequenz, Herz-

    frequenzvariabilität,

    30:15 Ratio, S/L Ra-

    tio, HRV-According,

    cold pressor test,

    mental arithmetic,

    pressure product

    quantitativ, RCT

    ein- und doppelpa-

    ariger t-Test

    Signifikanzniveau

    0.05

    Technik (Erklärun-

    gen der Achtsamkeit,

    Zusammenhang mit

    der Schwanger-

    schaft), Praxisübun-

    gen (Achtsamkeits-

    Atemübungen im

    Sitzen, Liegen und

    Gehen), Rückmel-

    dungen

    Hausaufgaben 30

    Min. täglich

    Fünf Wochen, je

    zwei Lektionen pro

    Woche ohne Zeitan-

    gabe

    Signifikanz zugun-

    sten der Interven-

    tionsgruppe

    Reduktion Stress

    (p=0.000)

    2 (Madjar et al.

    2001)

    Evidenz basierend

    auf einer oder meh-

    reren klinischen Ex-

    perimenten

    Nari

    ma

    ni

    & M

    us

    av

    i

    (20

    14

    )

    Wirksamkeit von

    Achtsamkeitstraining

    auf Depressionen,

    Angst und Stress

    n=30

    Interventionsgruppe

    n=15

    Kontrollgruppe n=15

    Schwangere

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    44

    Studie Ziel Stichprobe Instrumente Design / Analyse Intervention / Dauer Relevante Ergeb-

    nisse

    Evidenzlevel

    Ya

    zd

    an

    ime

    hr

    et

    al. (

    20

    16

    a)

    Wirksamkeit der

    Achtsamkeitsthera-

    pie auf Depression

    und Angst überprü-

    fen

    n=80 bei Beginn

    n=63 nach Ab-

    schluss der Interven-

    tion

    n=63 ein Monat nach

    Abschluss der Inter-

    vention

    Gesunde Schwange-

    re, 2.-6. SS-Monat

    >13 Punkte in der

    Edinburgh Depressi-

    on Scale, >16 Punk-

    te in der Beck

    Anxiety Scale

    Edinburgh Postnatal

    Depression Scale

    (EPDS). Cronbach's

    α 0.82

    Beck Anxiety Inven-

    trory (BAI) Cron-

    bach's α 0.78-0.92

    quantitativ, RCT

    X2-Test, t-Test,

    ANOVA-Test

    keine Angabe zum

    Signifikanzniveau

    Grundprinzipien

    Achtsamkeit und At-

    mung, Körperscan

    Übung, Bewusstsein

    der Empfindungen,

    Zwischenmenschli-

    che Fähigkeiten,

    Durchsetzungsver-

    mögen und Rollen-

    spiel, Annahme und

    Bewältigung von

    Schmerz im Alltag

    8 Lektionen à 90 Mi-

    nuten

    Signifikanz zugun-

    sten der Interven-

    tionsgruppe bei der

    Angstreduktion

    nach der Intervention

    p

  • Achtsame Geburtsvorbereitung

    45

    5.2 Kritische Würdigung der Studien

    Review: Der Review beschreibt eine klar fokussierte Fragestellung, welche beantwor-

    tet wird.

    Das Vorgehen der Recherche wird detailliert belegt. Ein- und Ausschlusskriterien sind

    aufgeführt. Es werden relevante, aber heterogene Studien eingeschlossen, da sie zum

    Teil Frauen mit einer Vorgeschichte von Angst und Depression aufnahmen. Dies findet

    bei der Gegenüberdarstellung Berück