7
1 Systematisch falsch ist hingegen die in vielen Büchern zu findende Unterteilung in Mineralstoffe und Spurenelemen- te, da sie eine Differenzierung anhand unterschiedlicher Kriterien vornimmt. „Mineralstoffe“ zielt auf den anorga- nischen Charakter der Substanzen, während „Spurenele- mente“ dem quantitativen Aspekt Rechnung trägt. Mineralstoffe gehören wie Vitamine zu den klassischen Mikronährstoffen, die schon lange bekannt und mitt- lerweile in vielfacher Hin- sicht untersucht sind. Zu- nehmend zeigt sich, dass ihr Funktionsspektrum weitaus breiter ist als früher angenommen. Deshalb finden sie inzwischen mehr Beachtung als noch vor ei- nigen Jahren, insbesondere im Hinblick auf die langfristige Gesunderhaltung und die Vermeidung chronischer Erkrankungen. Auch in der adjuvanten Ernährungstherapie gewin- nen Mineralstoffe an Bedeutung. Nicht zu- letzt deshalb finden entsprechende Produkte verstärkt Eingang in das Apothekensortiment. In diesem und dem nächs- ten Beitrag der Artikel- serie soll an ausgewähl- ten Beispielen ein Überblick über aktuelle Aspekte von Mineralstoffen gegeben werden. Ernährungsphysiologische Bedeutung In der Ernährungswissenschaft werden unter dem Begriff Mineralstoffe alle anorganischen Nährstof- fe zusammengefasst, unabhängig davon, in wel- cher Bindungsform sie vorkommen bzw. welche Aufgaben sie erfüllen. Traditionell erfolgt eine Differenzierung der Mineralstoffe in Mengen- und Spurenelemente. Als Mengenelemente gelten da- nach Mineralstoffe, die im Organismus in einer Konzentration von > 50 mg/kg Körpergewicht vorliegen. Spurenelemente finden sich hingegen nur in einer Konzentration von < 50 mg/kg Kör- pergewicht 1 . Eine Ausnahme hierbei bildet Eisen, das in einer Konzentration von etwa 60 mg/kg Körpergewicht im Organismus vorliegt, aber den- noch aufgrund seiner Funktion und Wirkungswei- se den Spurenelementen zugerechnet wird. Unter praktischen Gesichtspunkten ist diese Differenzie- rung allerdings ohne Bedeutung. Während die 13 heute bekannten Vitamine in ihrer ernährungsphysiologischen Bedeutung recht gut charakterisiert werden können, sind die Kenntnis- se bei einigen Mineralstoffen deutlich lückenhaf- ter. Tabelle 1 fasst die wichtigsten Funktionen der Mineralstoffe zusammen. Sie sind dabei vor allem beteiligt an der Ausbildung von Ionengradienten, der Osmoregulation, der Signaltransduktion und der Synthese der Hartgewebe. Beson- ders vielfältig ist ihre Bedeutung als Be- standteil oder Cofaktor von Enzymen. Wie auch bei den Vitaminen zeigt sich, dass diese vielfältigen Wirkungen nicht nur in lange be- kannten Funktionsbereichen zum Tragen kommen, sondern auch in präventiver und therapeutischer Hinsicht eine Rolle spielen. Bei verschiedenen Mineralstoffen ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt, ob sie im menschlichen Körper eher zufällig vorkom- men oder aber eine physiologisch definierte Funktion erfüllen. Entsprechend können für solche Substanzen bislang weder Mangeler- scheinungen beschrieben werden, noch ist bekannt, in welcher Menge diese gegebenen- falls zuzuführen sind. Ein Beispiel hierfür ist Silicium, das sich in Tierexperimenten als notwendig für die Quervernetzung der Muco- polysaccharide erwiesen hat [60]. Es ist zu E RNÄHRUNG H EUTE Mineralstoffe – ist eine Supplementierung immer sinnvoll? Nr. 8 | 24.02.2005 145. J AHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 111 | 1 Qualifizierte Ernäh- rungsberatung in der Apotheke, Teil 5 Von Olaf Hülsmann, Alexander Ströhle, Maike Wolters und Andreas Hahn EISENSPÄNE, SALZKRISTALLE, MUSCHELSCHALEN Die Natur bietet ein breites Spektrum an Mineralstoffquellen. Foto: Photocase.de

Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

1 Systematisch falsch ist hingegen die in vielen Büchern zufindende Unterteilung in Mineralstoffe und Spurenelemen-te, da sie eine Differenzierung anhand unterschiedlicherKriterien vornimmt. „Mineralstoffe“ zielt auf den anorga-nischen Charakter der Substanzen, während „Spurenele-mente“ dem quantitativen Aspekt Rechnung trägt.

Mineralstoffe gehören wie Vitamine zuden klassischen Mikronährstoffen, die schon

lange bekannt und mitt-lerweile in vielfacher Hin-sicht untersucht sind. Zu-nehmend zeigt sich, dass

ihr Funktionsspektrum weitaus breiter istals früher angenommen. Deshalb finden sieinzwischen mehr Beachtung als noch vor ei-nigen Jahren, insbesondere im Hinblick aufdie langfristige Gesunderhaltung und dieVermeidung chronischer Erkrankungen. Auchin der adjuvanten Ernährungstherapie gewin-nen Mineralstoffe an Bedeutung. Nicht zu-letzt deshalb finden entsprechende Produkte

verstärkt Eingang in dasApothekensortiment. Indiesem und dem nächs-ten Beitrag der Artikel-serie soll an ausgewähl-

ten Beispielen ein Überblick über aktuelleAspekte von Mineralstoffen gegeben werden.

Ernährungsphysiologische Bedeutung

In der Ernährungswissenschaft werden unter demBegriff Mineralstoffe alle anorganischen Nährstof-fe zusammengefasst, unabhängig davon, in wel-cher Bindungsform sie vorkommen bzw. welcheAufgaben sie erfüllen. Traditionell erfolgt eineDifferenzierung der Mineralstoffe in Mengen- undSpurenelemente. Als Mengenelemente gelten da-nach Mineralstoffe, die im Organismus in einerKonzentration von > 50 mg/kg Körpergewichtvorliegen. Spurenelemente finden sich hingegennur in einer Konzentration von < 50 mg/kg Kör-pergewicht1. Eine Ausnahme hierbei bildet Eisen,das in einer Konzentration von etwa 60 mg/kgKörpergewicht im Organismus vorliegt, aber den-noch aufgrund seiner Funktion und Wirkungswei-se den Spurenelementen zugerechnet wird. Unterpraktischen Gesichtspunkten ist diese Differenzie-rung allerdings ohne Bedeutung.

Während die 13 heute bekannten Vitamine in ihrerernährungsphysiologischen Bedeutung recht gutcharakterisiert werden können, sind die Kenntnis-se bei einigen Mineralstoffen deutlich lückenhaf-ter. Tabelle 1 fasst die wichtigsten Funktionen derMineralstoffe zusammen. Sie sind dabei vor allembeteiligt an der Ausbildung von Ionengradienten,

der Osmoregulation, der Signaltransduktionund der Synthese der Hartgewebe. Beson-ders vielfältig ist ihre Bedeutung als Be-standteil oder Cofaktor von Enzymen. Wieauch bei den Vitaminen zeigt sich, dass diesevielfältigen Wirkungen nicht nur in lange be-kannten Funktionsbereichen zum Tragenkommen, sondern auch in präventiver undtherapeutischer Hinsicht eine Rolle spielen.

Bei verschiedenen Mineralstoffen ist nachwie vor nicht eindeutig geklärt, ob sie immenschlichen Körper eher zufällig vorkom-men oder aber eine physiologisch definierteFunktion erfüllen. Entsprechend können fürsolche Substanzen bislang weder Mangeler-scheinungen beschrieben werden, noch istbekannt, in welcher Menge diese gegebenen-falls zuzuführen sind. Ein Beispiel hierfür istSilicium, das sich in Tierexperimenten alsnotwendig für die Quervernetzung der Muco-polysaccharide erwiesen hat [60]. Es ist zu

ERNÄHRUNG HEUTE

Mineralstoffe –ist eine Supplementierungimmer sinnvoll?

Nr. 8 | 24.02.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |111|1

Qualifizierte Ernäh-

rungsberatung in der

Apotheke, Teil 5

Von Olaf Hülsmann,

Alexander Ströhle,

Maike Wolters und

Andreas Hahn

EISENSPÄNE, SALZKRISTALLE, MUSCHELSCHALEN Die Natur bietetein breites Spektrum an Mineralstoffquellen.

Foto

: Ph

otoc

ase.

de

Page 2: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

vermuten, dass dies auch beim Menschen eine Rol-le spielt, wenngleich ein Nachweis noch aussteht.Auch bei anderen (Ultra)Spurenelementen ist bis-

lang, vorwiegend aus methodischen Gründen, nichtgeklärt, inwieweit ihnen eine Funktion zukommt(s. Kasten „Möglicherweise essenzielle Ultraspuren-elemente“).

Versorgung mit Mineralstoffen

Insgesamt ist – wie auch bei den Vitaminen – inDeutschland die Versorgung mit den meisten Mi-neralstoffen gesichert. In einigen Fällen, z. B. beiNatrium, Chlorid und Phosphat, überschreitet die

ERNÄHRUNG HEUTE

2|602| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 24.02.2005 | Nr. 8

Möglicherweise essenzielleUltraspurenelementeVanadium ArsenSilicium ZinnNickel BorAluminium

Tab. 1: Vorkommen und Funktionen ausgewählter Mineralstoffe

Mengenelemente (Elektrolyte)Element Funktionsbereiche Vorkommen

Natrium Osmoregulation, Aufrechterhaltung des Zellmembran- ubiquitär, v. a. Wurstwaren, Hartkäse,potenzials, Enzymaktivierung, epithelialer Nährstoff- Fertiggerichte, Brot sowie Dosengemüsetransport

Kalium Osmoregulation, Aufrechterhaltung des Zellmembran- Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Vollkorn-potenzials, Cofaktor im Intermediärstoffwechsel produkte

Calcium Mineralisation des Knochengewebes und der Zahnhart- Milch, Milchprodukte, Kohl, Haselnüsse,substanz, Cofaktor im Intermediärstoffwechsel, Betei- Mandeln, Trink- und Mineralwasserligung an der Signaltransduktion, neuro-muskuläreErregung, Blutgerinnung

Magnesium Mineralisation des Knochengewebes und der Zahnhart- Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte, Vollkorn-substanz, Cofaktor im Intermediärstoffwechsel, insb. bei getreide, grünes Gemüse, Trink- und der Energiegewinnung, neuro-muskuläre Erregung Mineralwasser

Chlorid Osmoregulation, Regulation des Säure-Basen-Haushalts, ubiquitär, insbesondere Fleisch- undBildung von Magensäure Wurstwaren, Hartkäse, Brot sowie Dosen-

gemüse

Phosphor Aufbau energiereicher Phosphatverbindungen (z. B. ATP), Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fleischwaren,Knochenmineralisation, Regulation des Säure-Basen-Haus- Fertigproduktehalts, Beteiligung an der Signaltransduktion

SpurenelementeElement Funktionsbereiche Vorkommen

Eisen Sauerstofftransport, Bestandteil verschiedener Enzyme Fleisch, Fleischwaren, Hülsenfrüchte, Samen,und anderer Proteine (u. a. im Energiewechsel, bei Bio- Nüsse, Vollkornproduktetransformationen, Synthese verschiedener Hormone undTransmitter sowie bei der antioxidativen Abwehr)

Zink Cofaktor zahlreicher Enzyme im Protein-, Energie- und Fleisch, Fleischwaren, Hülsenfrüchte, Samen,Nucleinsäurestoffwechsel, Regulation der Genexpression, Nüsse, VollkornprodukteImmunabwehr

Chrom Signaltransduktion von Insulin Fleisch, Innereien, Eier, Vollkornprodukte,Pilze

Mangan Bestandteil verschiedener Enzyme (u. a. bei der antioxida- Schwarzer Tee, Vollkornprodukte, Nüssetiven Abwehr, der Harnstoffsynthese, Knorpelsynthese)

Molybdän Cofaktor verschiedener Enzyme, z. B. im Nucleotidstoff- Hülsenfrüchte, Getreide, Gemüse, Milch-wechsel produkte

Kupfer Bestandteil von Enzymen, u. a. bei der antioxidativen Kakao, Nüsse, Fische, Schalentiere, Voll-Abwehr sowie im Eisenstoffwechsel kornprodukte

Selen Cofaktor von Enzymen (antioxidative Abwehr, Jodstoff- Fleisch, Fleischwaren, Eier, Nüsse, Samen,wechsel), Bestandteil weiterer Proteine (Wirkung teilweise Pilzeunklar)

Iod Bestandteil der Schilddrüsenhormone Jodsalz, Seefische, Krustentiere

Fluor Mineralisation des Knochengewebes und der Zahnhart- Fisch, Schwarzer Tee, z. T. Mineralwassersubstanz, bakteriostatische Wirkung

Page 3: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

Aufnahme sogar deutlich die Empfehlung undliegt bisweilen unerwünscht hoch. Dies ist primärein Indiz für die vielfach ungünstige Lebensmittel-auswahl, die dadurch charakterisiert ist, dass zu ei-nem hohen Anteil stark verarbeitete Produkte wiez. B. Fertiggerichte aufgenommen werden. Aberauch Wurst und Käse tragen wesentlich zur Auf-nahme dieser Mineralstoffe bei. Andererseits wer-den die aus präventiver Sicht wünschenswertenMineralstoffe wie Kalium und Magnesium viel-

fach in zu geringer Menge aufgenommen. Sie fin-den sich vorzugsweise in Gemüse, Obst und Voll-kornprodukten. Besonders kritisch ist die Versor-gungssituation auch bei Jod und Calcium. Nebendiesen Mineralstoffen, deren Zufuhr in weiten Tei-len der Bevölkerung problematisch ist, zeigen sichweitere Versorgungslücken an bestimmten Sub-stanzen in einzelnen Bevölkerungsgruppen. Kri-tisch sind z. B. Eisen bei Schwangeren und Sport-lern (siehe Kasten „Mineralstoffmangel durchsportliche Aktivität?“) und Zink bei Senioren.

Präventive und toxische Effektevon MineralstoffenVerglichen mit Vitaminen stoßen Mineralstoffe –auch in den Augen des Verbrauchers – auf einspürbar geringeres Interesse. Echte Mangeler-scheinungen sind mit Ausnahme von Jodid kaumzu finden. Dabei sollte aber nicht übersehen wer-den, dass bestimmte Mineralstoffe jenseits derMangelvermeidung Effekte im Hinblick auf diePrävention chronischer Erkrankungen besitzen.Entsprechende Hinweise existieren u. a. für Kali-um [36, 20], Magnesium [45, 51, 4], Calcium [84,24] und Selen [14, 77]. Bei einigen Substanzenwurden zudem diätetisch-therapeutische Eigen-schaften nachgewiesen, so z. B. für Zink bei deraltersbedingten Makuladegeneration [1], die in-zwischen auch genutzt werden. Dabei kommenzum Teil sehr hohe Dosierungen zum Einsatz, waseinmal mehr die Frage aufwirft, bis zu welcherHöhe diese Mikronährstoffe bedenkenlos aufge-nommen werden können.Um die Bevölkerung vor den unerwünschten Wir-kungen einer überhöhten Nährstoffzufuhr zuschützen, sind deshalb wissenschaftlich toxikolo-

ERNÄHRUNG HEUTE

Nr. 8 | 24.02.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |603|3

Mineralstoffmangel durch sportliche Aktivität?

Viele Sportler supplementieren Mineralstoffe, weil sie ver-meintliche Verluste über den Schweiß kompensieren wollen.Diese Sichtweise bedarf einer differenzierten Betrachtung. Mitdem Schweiß werden überwiegend Natrium und Chlorid ausge-schieden, die beide in großen Mengen mit der Nahrung zuge-führt werden. Die Verluste an Magnesium und Calcium sindhingegen vergleichsweise gering und erfordern für sich genom-men noch keine Supplementierung [54]. Anders ist die Situati-on bei verschiedenen Spurenelementen. So führen bereits brei-tensportliche Belastungen zu Schweißverlusten von etwa einemLiter pro Stunde. Damit verbunden sind erhebliche Verluste anEisen (0,2 – 0,5 mg/l), Zink (0,4 – 0,8 mg/l) und Kupfer (0,5 –0,9 mg/l) [2]. Da insbesondere Ausdauersportler häufig eine

niedrige Zinkzufuhr aufweisen [44] und auch die Eisenversor-gung oft unzureichend ist [59, 69], sollte diesen Elementen imZusammenhang mit körperlicher Aktivität verstärkt Aufmerk-samkeit gewidmet und ggf. durch Supplementation eingegriffenwerden. Angesichts der allgemein unzureichenden Versor-gungslage sind auch die Jodverluste über den Schweiß (30 –40 µg/l) kritisch zu beurteilen [52]; diese sind bei leistungs-

sportlichen Aktivitäten auch mit Verwendung von jodiertemSpeisesalz nicht mehr über die Nahrung auszugleichen, sodasshier eine prophylaktische Gabe sinnvoll wäre.

Tab. 2: Zufuhrempfehlungen und toxikologische Kenndaten der einzelnen Mineralstoffe {32, 22]

Nährstoff Einheit Zufuhrempfehlung NOAEL1 UL2 Maximale Aufnahme(25 – 51 Jahre) über Supplemente bei

Gesundenm w

Calcium mg 1000 2500 2500 1000

Magnesium mg 400 310 250 2503 250

Eisen mg 10 15 65 153 15

Kupfer mg 1 – 1,5 1 – 1,5 10 5 1

Zink mg 10 7 50 25 10

Mangan mg 2 – 5 2 – 5 10 – 1

Jod µg 200 200 1800 600 150

Chrom µg 30 – 100 30 – 100 1000 250 50

Molybdän µg 50-100 50 – 100 9004 600 200

Selen µg 30 – 70 30 – 70 850 300 150

1 No Observed Adverse Effect Level2 Tolerable Upper Intake Level3 Wert gilt speziell für Zufuhr aus Supplementen!4 Werte aus Tierversuchen pro kg Körpergewicht

Page 4: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

verfügbar und gelangt leicht über einen vesikulä-ren Mechanismus in die intestinale Mucosa. Dem-gegenüber finden sich in pflanzlicher Nahrungpraktisch ausschließlich anorganische Eisenverbin-dungen, in denen das Spurenelement vorwiegendin dreiwertiger Form vorliegt und vor seiner Ab-sorption reduziert werden muss. Dies begründetdie insgesamt geringere Bioverfügbarkeit auspflanzlichen Lebensmitteln. Allerdings können re-duktiv wirksame Substanzen die Verfügbarkeit er-heblich steigern; andererseits finden sich in derNahrung Inhibitoren (s. Tab. 3), die als Komplex-bildner wirken und das Eisen der Absorption ent-ziehen. Auch bei isolierter Aufnahme hoher Men-gen an Zink wurde eine Hemmung der Eisenab-sorption beschrieben, in komplexen Mahlzeitenund physiologischen Mengen hatte dies allerdingskeinen Einfluss [17, 66]. Zusätzlich zu den ge-nannten Nahrungsfaktoren wirkt sich der Eisensta-tus eines Menschen auf die Absorption aus. Insbe-sondere Nicht-Häm-Eisen wird in Abhängigkeitvom Eisenbedarf des Organismus aufgenommen.So steigt die Absorptionsrate im Verlauf derSchwangerschaft bei gesunden Frauen auf einMehrfaches an [6]; auch bei Personen mit entleer-ten Eisenspeichern wurde eine erhöhte intestinaleAufnahme gemessen [67]. Auf die Häm-Eisen-Aufnahme nimmt der Versorgungsstatus keinenkurzfristigen Einfluss [38, 67]; langfristig scheintallerdings auch hier ein Regulationsmechanismuszu existieren [76, 34].

Wie Abbildung 1 verdeutlicht, steht das Plasmaei-sen im Zentrum des Eisenstoffwechsels. Im Orga-nismus (Gesamtbestand 3 – 5 g) liegt Eisen inzwei unterschiedlichen Formen vor. In Hämprotei-nen (Hämoglobin, Myoglobin und Cytochrome)

gische Grenzwerte zu definie-ren, die langfristig nicht über-schritten werden sollten (s. a.Teil 2 der Serie, DAZ Nr. 49/2004, S. 65 f). Wie Tabelle 2zeigt, ist der Bereich zwischenbislang empfohlener Zufuhr unddem Grenzwert für eine sichereAufnahme (UL, Tolerable Up-per Intake Level) bei Mineral-stoffen im Allgemeinen wesent-lich geringer als bei den meistenVitaminen. Die dort aufgeführ-ten Höchstwerte für Supplemen-te sind nur in Bezug auf gesun-de Personen zu sehen, bei denenkein besonderes Ernährungser-fordernis vorliegt. Bei entspre-chender therapeutischer Not-wendigkeit und unter laborche-mischer Kontrolle sind – wiebei Vitaminen – auch höhereGaben denkbar. Wie schon lan-ge am Beispiel des Fluorids be-kannt, liegen erwünschte undunerwünschte Wirkungen häufigeng zusammen: Eine erhöhteAufnahme des – inzwischen imÜbrigen als essenziell erkannten – Spurenelemen-tes bis zu ca. 0,05 mg/kg Körpergewicht steigertbei Kindern die Festigkeit der Zähne. Schon ge-ringfügig höhere Mengen können langfristig zu ei-ner Zahnfluorose führen. Die „Janusköpfigkeit“[40] von Mineralstoffen soll nachfolgend am Bei-spiel des in dieser Hinsicht sehr kontrovers disku-tierten Spurenelements Eisen dargestellt werden.

Eisen – ein „Klassiker“ im neuen Licht

Eisen ist ein Übergangsmetall und liegt in der Na-tur vorwiegend in zweiwertiger (Fe2+) und drei-wertiger (Fe3+) Form vor. In Lebensmitteln ist dasSpurenelement weit verbreitet, wobei der Beitrageines Nahrungsmittels zur Eisenversorgung weni-ger von seinem absoluten Eisengehalt, sondern vorallem von der Bindungsform sowie der Anwesen-heit absorptionsfördernder und -hemmender Be-gleitstoffe abhängt. Lebensmittel tierischen Ur-sprungs enthalten zu etwa 70% porphyringebunde-nes Hämeisen in Form von Hämoglobin und Myo-globin. Dieses Eisen ist durch die Lipophilie desRingsystems, nicht wegen seines Redoxstatus, gut

ERNÄHRUNG HEUTE

4|604| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 24.02.2005 | Nr. 8

Tab. 3: Einfluss von Nahrungsfaktoren auf dieEisenabsorption

Fördernde Faktoren Hemmende Faktoren

Oligosaccharide OxalatOrganische Säuren Gerbsäuren,Vitamin C Phosphat,

Ballaststoffe, CalciumsalzePharmaka (Acetylsalicylsäureund Antazida)

ABB. 1: PLASMAEISEN steht im Zentrum des Eisenstoffwechsels [nach 15]

Gra

fik:

Büh

ler

Page 5: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

dient es als Zentralatom eines Porphyrinringgerüs-tes; in Nicht-Häm-Proteinen (Metalloenzyme undFe-S-Proteine) ist es an eine Proteinkette gekop-pelt. Rund 60% des Körpereisens sind im Hämo-globin lokalisiert und für den Sauerstofftransporterforderlich. Etwa 5% des Eisens liegen als Myo-globin vor und dienen als Sauerstoffreservoir desMuskels, nur etwa 300 mg des Eisens finden sichin Häm- oder Nicht-hämhaltigen Enzymen. Zurersten Kategorie zählen z. B. die an der Signal-transduktion beteiligte Guanylat-Cyclase, die NO-Synthase sowie verschiedene Cytochrome, dieElemente der Atmungskette bilden und an derElektronenübertragung beteiligt sind. Auch Enzy-me des antioxidativen Systems, Peroxidase undKatalase, fallen in diese Gruppe. Unter den nicht-hämhaltigen Enzymen kommen insbesondere deneisenhaltigen Metalloenzymen vielfältige Funktio-nen zu. Hierzu gehören etwa Dioxygenasen undeinige Monooxygenasen, die Hydroxylierungsre-aktionen katalysieren. Über diese Funktion ist Ei-sen z. B. an der Eicosanoid-, Carnitin-, Kollagen-und Neurotransmittersynthese beteiligt. Weitere ei-senabhängige Funktionen sind die Immunabwehr,die DNA-Synthese sowie die Desaturierung derFettsäuren.

Eisenversorgung der Bevölkerung

Weltweit ist der Eisenmangel das am häufigstenauftretende Nährstoffdefizit. Obwohl die Versor-gungslage in Deutschland und anderen westlichen

Industrieländern weniger kritisch ist, finden sichauch hier suboptimale Versorgungszustände. Jenach verwendetem Indikator müssen unter den25 – 44-jährigen Personen etwa 10 – 14% derFrauen und 3 – 10 % der Männer als defizitär ein-gestuft werden [43, 49, 21]. Besonders kritisch istzudem die Situation bei jungen Mädchen zu Be-ginn der Pubertät. Bei Sportlern wurde in denmeisten Studien ebenfalls eine erhöhte Häufigkeitunzureichender Eisenversorgung festgestellt, ins-besondere bei weiblichen Ausdauersportlern [13,64, 59].

Risikofaktoren für eine mangelhafte Versorgungsind vegetarische Kost (s. Kasten „Eisenversor-gung bei vegetarischer Ernährung“), Geburt meh-rerer Kinder und geringer Bildungsstand [80]. BeiFrauen ist vor allem die große interindividuelleSchwankungsbreite der Blutverluste durch Mens-truation zu berücksichtigen, die durch die Art derKontrazeption beeinflusst wird. So sinken die Ei-senverluste durch die Einnahme oraler Kontrazep-tiva; bei Verwendung von Intrauterinpessaren stei-gen sie hingegen deutlich an [33].

Eisen – ein Risikofaktorfür Myocardinfarkte?Ein Initialschritt bei der Entstehung der Athero-sklerose ist die oxidative Modifikation von Poly-enfettsäuren an der Oberfläche von LDL-Parti-keln. Derartig modifizierte LDL (ox-LDL) sindentscheidend am degenerativen Umbau der Gefäß-wand beteiligt. Entsprechend wird den Mechanis-men, die zu einer LDL-Oxidation beitragen, be-sondere Aufmerksamkeit gewidmet. Freie Eisen-ionen können über die Fenton- und die Haber-Weiss-Reaktion zur Entstehung von reaktiven Sau-erstoffspezies beitragen (s. Kasten „Fenton- undHaber-Weiss-Reaktion“). Deshalb scheint ein Zu-sammenhang zwischen dem Körperbestand an Ei-

sen und der oxidativen Belastung plausibel. DieDiskussion um negative Effekte einer hohen Ei-senzufuhr wurde insbesondere durch eine Studieaus Finnland angefacht, in der ein erhöhtes KHK-Risiko bei Personen mit hohen Ferritinspeicherngefunden wurde [68]. In dieser Studie an 1931Männern war ein hoher Serumferritinspiegel miteinem erhöhten Herzinfarktrisiko assoziiert. In ei-ner Folgeauswertung nach 6 Jahren [78] ergabsich bei Männern mit einer Eisenaufnahme vonmehr als 16 mg/d ein um den Faktor 2,4 erhöhtesRisiko für Herzinfarkt gegenüber denjenigen miteiner unter diesem Wert liegenden Zufuhr. Inwie-weit diese Beobachtungen tatsächlich kausaler Na-tur sind, bleibt fraglich. Möglicherweise sind Ei-senzufuhr und Eisenbestand des Körpers hierbei

ERNÄHRUNG HEUTE

Nr. 8 | 24.02.2005 145. JAHRGANG | DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG |605|5

Eisenversorgung bei vegetarischer Ernährung

Eisen gilt als der kritische Nährstoff überhaupt bei vegetari-scher Ernährung. Insbesondere in der Laienpresse wird biswei-len der Eindruck erweckt, nur mit Fleisch sei eine ausreichen-de Eisenversorgung möglich. Im Hinblick auf die Bioverfügbar-keit des Mineralstoffes weisen Fleisch und Fleischwaren un-strittig Vorteile auf (s. Text). Allerdings zeigen verschiedeneStudien bei vegetarisch ernährten Personen eine teils deutlichhöhere absolute Aufnahme von Eisen im Vergleich zu Misch-köstlern [81, 16, 46, 82]. Die Frage ist daher, ob dies dieschlechtere Verfügbarkeit kompensieren kann.Allgemein steigt das Risiko eines Eisenmangels mit sinkendemFleischkonsum an [27]. Dies manifestiert sich vorwiegend inverringerten Eisenspeichern, was in Zeiten eines erhöhten Ei-senbedarfs, z. B. vor oder während einer Schwangerschaft, alsungünstig anzusehen ist [31, 16, 82]. Zeichen eines klinischenEisenmangels (vermindertes Serumeisen, niedrige Hämoglobin-werte) finden sich allerdings im Allgemeinen nicht häufiger alsbei Mischköstlern [37]. Grundsätzlich ist es somit möglich, miteiner vielseitigen vegetarischen Ernährung die Eisenversorgungsicherzustellen. Eine Kontrolle des Eisenstatus ist allerdings inZeiten eines erhöhten Nährstoffbedarfs (z. B. Schwangerschaft)notwendig.Problematisch ist die Situation hingegen bei extremen vegetari-schen Kostformen. So zeigen sich gehäuft Eisenmangelerschei-nungen und andere Nährstoffdefizite bei Veganern [81], beiRohköstlern [42] sowie bei makrobiotischer Ernährung [18].Diese Kostformen sind deshalb in der Praxis ohne Supplemen-tierung von Eisen, Vitamin B12, Vitamin D und Calcium nichtempfehlenswert.

Fenton- und Haber-Weiss-Reaktion

Fe2+ + H2O2 R OH + OH + Fe3+

˙ O2 + H2O2 R O2 + OH + OH

Page 6: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

nur ein Indikator einer bestimmten Ernährungs-weise, die aufgrund anderer Faktoren das Herz-Kreislauf-Risiko erhöht. Diese Interpretation wirdunterstützt durch Daten verschiedener anderer Un-tersuchungen, die keinen derartigen Zusammen-hang finden konnten [10, 72, 73, 56, 57, 28, 19].Auch die Tatsache, dass regelmäßiges Blutspendennicht mit einem verringerten KHK-Risiko einher-geht [3], spricht für einen nicht-kausalen Zusam-menhang. Übereinstimmend wird inzwischen da-von ausgegangen, dass die vorliegenden Dateninsgesamt keinen Zusammenhang zwischen demEisenstatus und der KHK-Inzidenz bestätigen [19,71, 50].

Anders stellt sich dies im Falle von Stoffwechsel-störungen wie der Hämochromatose dar. Diesemonogenetische Erkrankung ist dadurch charakte-risiert, dass die Patienten eine deutlich erhöhteEisenabsorption aufweisen. Homocygote Merk-malsträger weisen, meist im höheren Lebensalter,infolge der hieraus resultierenden schweren Eisen-überladung eine erhöhte Sterblichkeit an Herzin-farkt, Leberkrebs, Leberzirrhose und Diabetes auf[83]. Die heterozygote Variante der Erkrankung isthingegen nicht eindeutig mit einer geringeren Le-benserwartung verbunden [50, 10].

Im Gegensatz zu Herz-Kreislauf-Erkrankungenscheint Hämeisen epidemiologischen Daten zufol-ge das Risiko für die Entwicklung des Kolonkarzi-noms zu erhöhen [47]. Möglicherweise ist dies aufzytotoxische Effekte des Hämeisens und eine da-mit in Verbindung stehende Hyperproliferation desKolonepithels zurückzuführen, wie tierexperimen-telle Untersuchungen zeigen. Diese prokanzeroge-nen Effekte konnten bei Ratten durch die Gabevon Calcium deutlich reduziert werden [79, 74].

Calcium – nicht nur zurOsteoporoseprophylaxeUnter den Mineralstoffen nimmt Calcium nichtzuletzt wegen seiner Bedeutung bei Präventionund Therapie der Osteoporose eine besondereStellung ein. Wichtige Calciumlieferanten sind vorallem Milch und Milchprodukte, wobei insbeson-dere Hartkäsesorten hohe Gehalte aufweisen.Auch Trinkwasser kann je nach Härtegrad beacht-liche Mengen enthalten. Einige Gemüse wie Broc-coli, Grünkohl und Fenchel sowie verschiedeneNusssorten (Mandeln, Haselnüsse, Paranüsse) sindebenfalls reich an Calcium. Dagegen ist der Ge-halt von Obst, Fleisch und Fisch gering und trägtnur unwesentlich zur Bedarfsdeckung bei. Diehäufig gegebene Empfehlung, zur Sicherung derCalciumversorgung vermehrt Milch und Milchpro-dukte zu konsumieren, muss wegen des hohenFettgehaltes vieler Produkte allerdings differen-ziert betrachtet werden. Empfehlenswert als Calci-umlieferanten sind Lebensmittel mit einer hohenNährstoffdichte, die also bezogen auf ihren Ener-giegehalt vergleichsweise hohe Mengen des Mine-ralstoffs enthalten (s. Tab. 1).Calcium ist zusammen mit Phosphat in Form des

Hydroxylapatits [Ca10(OH)2(PO4)6] Bestandteil derKnochen und Zähne und bestimmt wesentlich dieFestigkeit dieser Gewebe. Etwa 99% des gesamtenCalciumbestands sind hier lokalisiert. Neben sei-ner Stützfunktion dient die Knochensubstanzgleichzeitig als Calciumdepot und ist somit einwichtiger Faktor für die Calciumhomöostase.Zwar ist die Konzentration von Calcium in denZellen der übrigen Gewebe sehr gering, dennochbesitzt es gerade hier wesentliche Funktionen alsSignalmolekül. So wird z. B. die Muskelkontrakti-on (elektromechanische Kopplung) durch die Frei-setzung von Calcium aus dem sarkoplasmatischenRetikulum eingeleitet. Bei der Reizübertragung imNervensystem führt der Einstrom von extrazellulä-rem Calcium während des Aktionspotenzials zur

Freisetzung von Neurotransmittern aus den Vesi-keln der Synapsen. Auch die Sekretion endokrinerDrüsen wie z. B. die Insulinausschüttung aus denβ-Zellen des Pankreas ist ein calciumabhängigerVorgang. Des Weiteren ist Calcium an der Aktivie-rung des Blutgerinnungssystems beteiligt, indemes mit Phospholipiden und GerinnungsfaktorenKomplexe bildet. Die Fähigkeit des Calciums, sichan Phospholipide zu binden, ist ebenfalls bedeut-sam für die Stabilisierung der Zellmembran sowiederen selektive Permeabilität. Innerhalb der Zellenassoziiert Calcium mit Calmodulin, einem spezifi-schen Polypeptid. Der Calcium-Calmodulin-Kom-plex bindet reversibel an verschiedene Kinasenund beeinflusst dadurch deren Aktivität. Auf dieseWeise wirkt Calcium als Cofaktor einiger Schlüs-selenzyme (z. B. von Glycogensynthese und Gly-colyse). Weiterhin reguliert Calcium die Aktivitätder Phospholipase A2 und ist damit in den Eicosa-noidstoffwechsel eingebunden.

Calcium in der Präventionkolorektaler KarzinomeWie bereits im 2. Teil dieser Serie dargestellt(DAZ Nr. 49/2004, S. 65 f), wird das Risiko fürDickdarm- und Mastdarmkrebs in erheblichemUmfang durch Ernährungsfaktoren beeinflusst.Ausgehend von tierexperimentellen Untersuchun-gen und Zellkulturversuchen ist bekannt, dass indiesem Zusammenhang auch Calcium eine Rollespielt. Der Mineralstoff übt offenbar einen direk-

ERNÄHRUNG HEUTE

6|606| DEUTSCHE APOTHEKER ZEITUNG | 145. JAHRGANG 24.02.2005 | Nr. 8

Die Serie im ÜberblickVon unserer Serie „Qualifizierte Ernährungsberatungin der Apotheke“ sind bisher erschienen:

J Teil 1: Von den Grundlagen zur Anwendung(DAZ Nr. 45/2004, S. 43 f.)

J Teil 2: Vitamine in der Prävention (DAZ Nr. 49/2004, S. 65 f.)

J Teil 3: Neue Erkenntnisse zu Vitamin D und Vitamin B12 (DAZ Nr. 2/2005, S. 49 f.)

J Teil 4: Sekundäre Pflanzenstoffe – die neuen„Vitamine“? (DAZ Nr. 5/2005, S. 73 f.)

Page 7: Mineralstoffe — ist eine Supplementierung immer sinnvoll? · 2018. 4. 16. · menteÒ dem quantitativen Aspekt Rechnung tr−gt. Mineralstoffe gehıren wie Vitamine zu den klassischen

ten Einfluss auf Signalwege in den Epithelzellenaus und modifiziert damit das Proliferations- undDifferenzierungsverhalten der Colonschleimhaut[61, 11]. Daneben hat sich gezeigt, dass Calciumin der Lage ist, freie Gallensäuren zu binden undhierdurch zu inaktivieren. Diese scheinen wesent-lich an der Entstehung von Dickdarm- und Mast-darmkrebs beteiligt, weil sie eine Hyperproliferati-on des Epithels induzieren [58].Für eine protektive Wirkung von Calcium bei die-sen Tumoren sprechen auch epidemiologische Da-ten, die einen inversen Zusammenhang zwischender Zufuhr an Calcium und dem Risiko für kolo-rektale Karzinome zeigen. Eine aktuelle Analysevon zehn Kohortenstudien mit insgesamt mehr als500.000 Teilnehmern ergab ein reduziertes Risikofür die Personen mit der höchsten Calciumzufuhr[12]. Unterstrichen wird dieses Ergebnis durch Be-funde, nach denen neben der Calciumzufuhr ausder Nahrung auch die Aufnahme des Mineralstof-fes aus Supplementen mit einer zusätzlichen unab-hängigen Risikoreduktion im Hinblick auf Carci-nome und Adenome des Dickdarms verbunden ist[55, 62].

Auch Interventionsstudien konnten teilweise einenprotektiven Effekt einer Calciumsupplementationbelegen. So wurde in der „Calcium Polyp Preven-tion Study“ eine signifikante Senkung des Wieder-auftretens von Adenomen durch Gabe von 1200mg/d Calcium über vier Jahre beobachtet [5]. Aneinem kleineren Kollektiv und kürzerer Studien-dauer zeigte sich in der European Cancer Preventi-on Organisation Intervention Study nach Gabe von2000 mg/d Calcium ebenfalls ein verringertes Ri-siko, allerdings war hier das Ergebnis nicht signi-fikant [9].

Korrespondenzautor:

Prof. Dr. Andreas HahnUniversität Hannover, Institut für LebensmittelwissenschaftAbteilung für Ernährungsphysiologie und Humanernährung Wunstorfer Str. 14, 30453 HannoverTel. (05 11) 7 62-50 93, Fax (05 11) 7 62-57 29E-Mail: [email protected]

Literatur

[1] Age-Related Eye Disease Study Research Group (2001): Arandomized, placebo-controlled, clinical trial of high-dosesupplementation with vitamins C and E, beta carotene, and

zinc for age-related macular degeneration and vision loss:AREDS report no. 8. Arch Ophthalmol 119: 1417 – 1436.

[5] Baron, J. A., Beach, M., Mandel, J. S., van Stolk, R. U, Haile,R. W., Sandler R. S., Rothstein, R., Summers, R. W., Snover,D. C., Beck, G. J., Bond, J. H., Greenberg, E. R. (1999): Cal-cium supplements for the prevention of colorectal adenomas.N Engl J Med 340: 101 – 107.

[12] Cho, E., Smith-Warner, S. A., Spiegelman, D., Beeson, W. L,van den Brandt, P. A., Colditz, G. A., Folsom, A. R., Fraser,G. E., Freudenheim, J. L., Giovannucci, E., Goldbohm, R. A.,Graham, S., Miller, A. B., Pietinen, P., Potter, J. D., Rohan, T.E., Terry, P., Toniolo, P., Virtanen, M. J., Willett, W. C , Wolk,A., Wu, K., Yaun, S. S., Zeleniuch-Jacquotte, A., Hunter, D. J.(2004): Dairy foods, calcium, and colorectal cancer: a pooledanalysis of 10 cohort studies. J Natl Cancer Inst 96: 1015 –1022.

[14] Combs, G. F. Jr. (2004): Status of selenium in prostate cancerprevention. Br J Cancer 91: 195 – 199.

[15] Conrad, M. E. (1998): Introduction: iron overloading disor-ders and iron regulation. Semin Hematol 35: 1 – 4.

[16] Craig, W. J. (1994): Iron status of vegetarians. Am J Clin Nutr59 (Suppl.): 1233S – 1237S.

[20] Demigne, C., Sabboh, H., Remesy, C., Meneton, P. (2004):Protective effects of high dietary potassium: nutritional andmetabolic aspects. J Nutr 134: 2903 – 2906.

[25] Fomon, S. J., Drullis, J. M., Nelson, S. E., Serfass, R. E.,Woodhead, J. C., Ziegler, E. E. (2003): Inevitable iron loss byhuman adolescents with calculations of the requirement forabsorbed iron. J Nutr 133: 167 – 172.

[32] Hagenmeyer, M., Hahn, A. (2003): Die Nahrungsergänzungs-mittelverordnung (NemV): neue Regelungen, alte Probleme-und Höchstmengenempfehlungen. ZLR 30: 417 – 447.

[33] Hallberg, L., Hulthen, L. (2002): Perspectives on iron absorp-tion. Blood Cells Mol Dis 29: 562 – 573.

[35] Hambidge, M. (2003): Biomarkers of trace mineral intake andstatus. J Nutr 133: 948S – 955S.

[45] Laires, M. J., Monteiro, C. P., Bicho, M. (2004): Role of cel-lular magnesium in health and human disease. Front Biosci 9:262 – 276.

[50] Ma, J., Stampfer, M. J. (2002): Body iron stores and coronaryheart disease. Clin Chem 48: 601 – 603.

[52] Mao, I. F., Chen, M. L., Ko, Y. C. (2001): Electrolyte loss insweat and iodine deficiency in a hot environment. Arch Envi-ron Health 56: 271 – 277.

[59] Nickerson, H. J., Holubets, M. C., Weiler, B. R., Haas, R. G.,Schwartz, S., Ellefson, M. E. (1989): Causes of iron deficien-cy in adolescent athletes. J Pediatr 114: 657 – 663.

[68] Salonen, J. T., Nygssönen, K., Korpela, H., Tuomilekte, J.,Seppänen, R., Salonen, R. (1992): High scored iron levels areassociated with excess risk of myocardial infarction in easternFinish men. Circulation 86: 803 – 811.

[71] Sempos, C. T. (2002): Do body iron stores increase the risk ofdeveloping coronary heart disease? Am J Clin Nutr 76: 501 –503.

[84] Zemel, M. B. (2004): Role of calcium and dairy products inenergy partitioning and weight management. Am J Clin Nutr79: 907S – 912S.

Das vollständige Literaturverzeichnis finden Sie in der Online-Aus-gabe der DAZ unter www.deutsche-apotheker-zeitung.deBenutzername: apothekePasswort: daz

ERNÄHRUNG HEUTE