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136 G. M~LORNY: spiegeln die Werte fiir gebundenes Kreatin die tats~chlichen Phospho- kreatinwerte gut wieder. Dagegen lagen die Werte ffir gebundenes Kreatin um durchschnittlich 30°/o niedriger Ms die Werte fiir s~ure- labiles Phosphat. Die sogenannte labile Phosphatfraktion enth~lt daher in sauren Extrakten der Gehirnrinde auger Phosphokreatin noch eine andere Phosphatverbindung. Diese Verbindung ist in saurer Molybdat- 15sung erheblich unbest~ndiger als Phosphokreatin. Protoveratrin und Strophanthin verursachten w~hrend 20- bis 80minutiger Inkubation bei erhShtem O2-Verbrauch eine 20 45~oige Verminderung des Phosphokreatingehalts gegenfiber den Kontroll- werten. ]:)as anorganische Phosphat war entsprechend vermehrt. Der Gehalt an Phosphat, das durch 10minutiges Kochen in 1 N/Salzs~ure abgespalten werden konnte, war nicht wesentlich ver~ndert. Fo]gender Zusammenhang zwischen den hier gezeigten Wirkungen des Protoveratrins und Strophanthins und der friiher beschriebenen Stimu- lierung der Glykolyse und Atmung der Gehirnrinde durch diese Phar- maka 3,4 ist nicht unwahrscheinlich: Die prim/~r auftretende Stoff- wechselver~nderung ist die Anreicherung an Na+ oder der damit zu- sammenh/~ngende Verlust yon K +. Dies kSnnte auf Sch/~digung des aktiven, energieverbrauchenden Transportmechanismus beruhen, der zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung normaler Kationenkonzen- trationsgra~lienten zwischen Zellinnerem und AuBenfliissigkeit dient. Der gestSrte Transportmechanismus verschleiBt zus~tzliche Energie, und diese wird geliefert durch vermehrten Abbau yon energiereichem Phos- phat. Die sich daraus ergebende ErhShung des Gehalts an anorganischem Phosphat und Phosphatacceptoren gibt den AnstoB zu beschleunigter Glykolyse und Atmung. Literatur 1 MARTIN,J. B., and D. M. DOTY: Analyt. Chemistry 21, 965 (1949). - - 2 TE~- NI~R, C., L. V. EGGLESTONand H. A. KREBS: Biochemic. J. 47, 139 (1950). -- a WOLL~B~RGER,A. : Federat. Proc. 9, 326 (1950). - - 4 WOLLENBERGER, A. : Bio- chemic. J. 61, 68 (1955). G. MALORNY (Kiel): Mineralverschiebungen und Gewebsgasiinderungen bei verschiedenen Kollapszustiinden und ihre BeeinfluBbarkeit dutch Antihistaminica Im Kollaps kommt es infolge Kreislaufversagens zu einer Verschlech- terung der Gewebeventilation. Sic ist charakterisiert durch eine Hypoxie, die yon einer Kohlens~urerfickstauung begleitet ist. Das VerhMten der differenten Gewebsgase COs und O3 wurde am Pneumoperitoneum des

Mineralverschiebungen und Gewebsgasänderungen bei verschiedenen Kollapszuständen und ihre Beeinflußbarkeit durch Antihistaminica

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Page 1: Mineralverschiebungen und Gewebsgasänderungen bei verschiedenen Kollapszuständen und ihre Beeinflußbarkeit durch Antihistaminica

136 G. M~LORNY:

spiegeln die Werte fiir gebundenes Kreat in die tats~chlichen Phospho- kreatinwerte gut wieder. Dagegen lagen die Werte ffir gebundenes Kreat in um durchschnittlich 30°/o niedriger Ms die Werte fiir s~ure- labiles Phosphat. Die sogenannte labile Phosphatfraktion enth~lt daher in sauren Ext rak ten der Gehirnrinde auger Phosphokreatin noch eine andere Phosphatverbindung. Diese Verbindung ist in saurer Molybdat- 15sung erheblich unbest~ndiger als Phosphokreatin.

Protoveratr in und Strophanthin verursachten w~hrend 20- bis 80minutiger Inkubat ion bei erhShtem O2-Verbrauch eine 20 45~oige Verminderung des Phosphokreatingehalts gegenfiber den Kontroll- werten. ]:)as anorganische Phosphat war entsprechend vermehrt. Der Gehalt an Phosphat, das durch 10minutiges Kochen in 1 N/Salzs~ure abgespalten werden konnte, war nicht wesentlich ver~ndert.

Fo]gender Zusammenhang zwischen den hier gezeigten Wirkungen des Protoveratr ins und Strophanthins und der friiher beschriebenen Stimu- lierung der Glykolyse und Atmung der Gehirnrinde durch diese Phar- maka 3,4 ist nicht unwahrscheinlich: Die prim/~r auftretende Stoff- wechselver~nderung ist die Anreicherung an Na+ oder der damit zu- sammenh/~ngende Verlust yon K +. Dies kSnnte auf Sch/~digung des aktiven, energieverbrauchenden Transportmechanismus beruhen, der zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung normaler Kationenkonzen- trationsgra~lienten zwischen Zellinnerem und AuBenfliissigkeit dient. Der gestSrte Transportmechanismus verschleiBt zus~tzliche Energie, und diese wird geliefert durch vermehrten Abbau yon energiereichem Phos- phat . Die sich daraus ergebende ErhShung des Gehalts an anorganischem Phosphat und Phosphatacceptoren gibt den AnstoB zu beschleunigter Glykolyse und Atmung.

Literatur

1 MARTIN, J. B., and D. M. DOTY: Analyt. Chemistry 21, 965 (1949). - - 2 TE~- NI~R, C., L. V. EGGLESTON and H. A. KREBS: Biochemic. J. 47, 139 (1950). - - a WOLL~B~RGER, A. : Federat. Proc. 9, 326 (1950). - - 4 WOLLENBERGER, A. : Bio- chemic. J. 61, 68 (1955).

G. MALORNY (Kiel): Mineralverschiebungen und Gewebsgasiinderungen bei verschiedenen Kollapszustiinden und ihre BeeinfluBbarkeit dutch Antihistaminica

I m Kollaps kommt es infolge Kreislaufversagens zu einer Verschlech- terung der Gewebeventilation. Sic ist charakterisiert durch eine Hypoxie, die yon einer Kohlens~urerfickstauung begleitet ist. Das VerhMten der differenten Gewebsgase CO s und O 3 wurde am Pneumoperitoneum des

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Kaninchens geprfift. Als Gasanalysenger~t diente der Mikrogasanalysator nach SCHOLA~I)ER (1947).

Nach intravenSser Histamingabe von 1,1 mg/kg im Mittel steigt die CO2-Spannung von 46,7 auf 59,2 mm Hg an, w~hrend die O~-Spannung yon 38,1 auf 26,8 mm Hg absinkt. Die ~nderungen sind statistiseh gesiehert. Zur Priifung der Frage, inwieweit dureh die vorherige Gabe yon Antihistaminsubstanzen die t5dliehe Histaminwirkung bek~mpft werden kann (siehe aueh HAAs, 1952), haben wir ein Schema der Histamin- applikation entwickelt, das eine GewShnung verhindert. In Abst~nden yon 15--30 min werden steigende Histamindosen i.v. verabfolgt, an- gefangen mit 0,3 mg/kg und zun~ehst jeweils nur um 0,1 mg/kg steigend, sp~te r mit verk/irzten Zeitintervallen und verdoppelten Dosen. In Kontrollversuehen t r i t t der Tod naeh der 3.--5. Injektion unter den Erscheinungen eines Kollapses mit Lungensperre ein. Injiziert man einem Kaninchen vorher 5 mg/kg N-(2'-Trimethylammonium-2'-methyl- ~thyl)-phenothiazin-hydroxyd (,,Padisal", W.Z.), so vertr~gt das Tier die 60--100faehe Histaminmenge intravenSs. Am Ende eines solchen Ver- suehs ist pC02 nicht erhSht, pO 2 aber wegen der vasoplegisehen Wirkung des Padisal deutlieh abgesunken. Oft seheinen die Tiere sieh in einem Pr~kollaps zu befinden, der aber iiberwunden wird. ,,Atosil" (W.Z.) ist etwa halb so wirksam wie Padisal. Noeh geringer ist die Sehutz~rkung des ,,Megaphen" (W.Z.).

Im orthostatisehen Kollaps sind die Gewebsgas~nderungen starker ausgepr~gt als im Histaminkollaps, da hier aul~er dem Kreislanf die Atmung besonders stark betroffen ist; pCO~ steigt um 46,7% an, pO~ f~llt um 44,3% ab. Antihistaminiea verhindern nicht den Eintr i t t des Kollapses. Bei der Wiederbelebung komm~ es ziemlich raseh zur Nor- malisierung der Gewebsgasverh~ltnisse.

Beim sogenannten ES~4ARcH-Kollaps, der nach dem L5sen einer kfinstliehen Blutleere (4 Std) entsteht, zeigen sieh im Verhalten der Gewebsgase einige Besonderheiten. Man unterseheidet hier 2 Stadien: 1. ein prim~res Schockstadium, das dureh die starke sensible Reizung der abgesehntirten Nerven und G e f ~ e entsteht - - pCO 2 ist eher erniedrigt als erhSht, pO~ sinkt bereits ab - - , und 2. ein sekund~res Kollaps- stadium, das sieh erst nach dem LSsen der Blutsperre entwiekelt. Dieser Zustand ist irreparabel. In die geschi~digte Muskulatur und in die Haut strSmt extracellul~re Fliissigkeit ein, und es entwiekelt sieh ein m~ehtiges, lokalisiertes 0dem. Das Wasser wird den fibrigen Geweben des KSrpers entzogen, vor allem dem Blur. Es entsteht ein Volumenmangelkollaps. Die C02-Spannung steigt yon 42,6 auf 47,9 mm Hg an, w~hrend die O n- Spannung von 41,7 auf 27,4 mm Hg absinkt. Nach KOLETSKY U. GUSTAFSON (1954) verl~ngert bei der Rat te eine Infusion yon 0,9% NaC1- LSsung die ~berlebensieit um etwa 2 Std. Naeh eigenen Versuchen wird

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durch Padisal der Todeseintritt nicht verhindert, sondern nur etwas ver- zSgert. Demnach scheint der Ausschwemmung sogenannter histamin- i~hnlicher Substanzen eine untergeordnete Bedeutung zuzukommen.

Im Wasser- und Mineralhaushalt sind bei allen Kollapsformen Ver- schiebungen zu beobachten. Sie sind verh/~ltnism/iftig geringgradig beim Histaminkollaps und beim orthostatischen Kollaps. Hier ist z. B. der K +- Gehalt des Serums, abgesehen yore Terminalstadium, nicht erhSht. Man beobaehtet im Gegenteil eine deutliche K+-Aufnahme in die Muskulatur, die yon einer m~l]igen ErhShung des Na-Gehaltes begleitet ist. Diese Zu- nahme des Gesamtbasengehaltes ist als wirksame Regulation gegen die drohende CO2-Acidosis zu deuten (MALoRN¥, 1948). - - Einschneidende Ver/~nderungen im Mineralhaushalt treten hingegen beim ESMRACH- Kollaps auf. Besonders betroffen ist die dutch die Blutsperre gesch/idigte Muskulatur. Hier sinkt der K+-Gehalt der Trockenmuskelfaser yon 406 auf 219 mMol ab, w~hrend das Faser-Natrium yon 22,4 auf 36,7 mMol ansteigt. RAVIN, I)ENSON U. JENSEN (1954) geben auf Grund ihrer Ab- schniirungsversuche an der Ratte wesentlich hShere Na+-Aufnahmen an. ])a sich abet in ihren Versuchen der Cl--Gehalt des Muskels fast ebenso stark vermehrt, kann es sich nicht um echte Na+-Aufnahmen gehandelt haben, sondern vorwiegend um einen NaC1-Eintritt in den gesch~digten Muskel. Die Trockensubstanz des Muskels nimmt in den eigenen Ver- suchen wegen Einstroms extracellul/irer Flfissigkeit yon 23,2 auf 17,9% ab. Dementsprechend steigen im Blut Trockensubstanz und H/~matokrit an. Ferner nimmt im Serum sowohl der absolute als auch der spezifische Kolloiddruck zu. Dies deutet auf eine ErhShung des Wasserbindungs- vermSgens der Serumeiweil~kSrper bin. Der giinstige EinfluB der NaC1- Infusion ist weniger auf eine ,,Aufffillung der Na-Depots im unverletzten Muskel" zurfickzuffihren, als auf eine Abs/ittigung der Serumeiweii~- kSrper mit Wasser. Hierdurch wird dem Volumenmangelkollaps ent- gegengearbeitet. - - In den eigenen Versuchen wird nach dem L6sen der Blutsperre keine Na+-Abgabe aus der im Kreislauf belassenen Muskulatur beobachtet, wohl dagegen ein NaC1-Verlust der Haut. Dem unverletzten Muskel kommt aber insofern eine grol]e Bedeutung zu, als er das vom gesch/£digten Gewebe abgegebene K + in grot~en Mengen aufzunehmen vermag. Im Mittel wird hier eine K+-Zunahme yon 24 mMol beobachtet. Auf diese Weise wird ein bedrohlicher K+-Anstieg im Blut tange hintan- gehalten.

L i t e r a t u r

HAAS, H.: Histamin u. Antihistamine, Bd. II. Aulendorf/W. : Editio Cantor 1 9 5 2 . - KOLETSKY, S., and G. E. GUSTAFSON: Amer. J. Physiol. 178, 229--232 (1954).- MALORN¥, G.: Arch. exper. Path. u. Pharmakol. 205, 684--729 (1948). - - RAVIN, H. A., J. R. DENSON and H. JE~SE~: Amer. J. Physiol. 178, 419--426 (1954). - - SCROLANDER, P. F.: J. of Biol. Chem. 167. ~35--250 (19471.